Antiamerikanismus in Lateinamerika am Beispiel der Länder Mexiko und Chile


Hausarbeit, 2010

17 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Forschungsstand

3. Definition Antiamerikanismus

4. Theorie des Kulturtransfers

5. Antiamerikanismus in Mexiko - Ausprägungen - Gründe - Ausdrucksform - Begrifflichkeit

6. Antiamerikanismus in Chile - Ausprägungen - Gründe - Ausdrucksform - Begrifflichkeit

7. Vergleich - Gemeinsamkeiten und Unterschiede

8. Abschlussbemerkungen

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die Vereinigten Staaten von Amerika ziehen die Welt gleichermaßen an, wie sie sie abschrecken. Amerika - das Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Amerika - vom Tellerwäscher zum Millionär. Amerika - die Weltpolizei. Amerika versucht, überall auf der Welt präsent zu sein. Frieden und Demokratie sollen überall herrschen. Doch die Anwesenheit und das Handeln der USA werden nicht von allen Weltbürgern geschätzt. Einige wehren sich gegen die Bevormundung. In dieser Seminararbeit wird dem Sachverhalt der Gegenwehr auf den Grund gegangen. Als Beispiel werden die lateinamerikanischen Länder Mexiko und Chile und ihre jeweiligen Beziehungen zu den Vereinigten Staaten von Amerika untersucht. Die Kernfragestellung dieser Arbeit lautet daher: Wie hat sich der Antiamerikanismus in Mexiko und Chile jeweils entwickelt? Welche Unterschiede und Gemeinsamkeiten sind erkennbar?

Für Mexiko wird der Zeitraum von 1848-2000 behandelt, wobei der Fokus auf dem ersten Drittel des 20. Jahrhunderts liegt. Für Chile wird der Zeitraum von 1900-1970 näher betrachtet, der Fokus entspricht dem oben genannten.

Ziel dieser Seminararbeit soll die Gewinnung eines Überblicks über die Ausprägungen, die Gründe, die Ausdrucksform, sowie die geschichtliche Entwicklung an Hand von Beispielen des Antiamerikanismus sein.

Zu Beginn erfolgt eine Begriffserläuterung des Antiamerikanismus. Hieran schließt sich die Abgrenzung der Begriffe persönlicher und kollektiver Antiamerikanismus an. Daraufhin wird die Theorie des Kulturtransfers erläutert. Diese spielt eine gewichtige Rolle, denn das Hegemonialstreben sowie der Export amerikanischer Sitten, Gebräuche und Denkstrukturen werden oftmals als kulturelle Bedrohung empfunden. Es folgt die Begründung, weshalb Mexiko und Chile als Beispielländer ausgewählt wurden. Nach der Darstellung der Fallbeispiele, in denen es um die Ausprägungen, die Gründe, die Ausdrucksform, Begrifflichkeiten und vor allem um die historische Entwicklung des Antiamerikanismus geht, werden diese im Hinblick auf ihre Gültigkeit in Mexiko und Chile miteinander verglichen. Dem Aufzeigen der Gemeinsamkeiten und Unterschiede folgen eine kurze Zusammenfassung, das Fazit der Seminararbeit sowie ein Ausblick.

2. Forschungsstand

Das Phänomen Antiamerikanismus gibt es nach Meinung vieler Forscher schon seit langem. Laut Georg Kreis, Professor für Neuere Allgemeine Geschichte an der Universität Basel und Leiter des Europainstituts, hat sich das Interesse der Forscher am Phänomen aber erst in den letzten Jahren spürbar gesteigert (vgl. Kreis 2007, 17). Vor allem Paul Hollander, Dan Diner, Andrei S. Markovitz sowie Jan C. Behrends, Arpad von Klimó und Patrice G. Poutrus haben sich intensiv mit dem Antiamerikanismus beschäftigt (vgl. ebd. 17). Die genannten Autoren lehren bzw. lehrten unter anderem an der Universität von Massachusetts, an der Hebräischen Universität Jerusalem sowie an der Humboldt- Universität in Berlin und sind in vielfältigen Forschungseinrichtungen tätig.

Den mexikanischen Antiamerikanismus haben hauptsächlich John A. Britton und Mary Louise Pratt untersucht. Die Aussagen zum chilenischen Antiamerikanismus stammen größtenteils von Stefan Rinke. Die für die Seminararbeit verwendeten Quellen sind überwiegend deutsch- und englischsprachiger Natur und beinahe ausschließlich in Sammelwerken zu finden.

Das Random House College Dictionary definiert “Anti-americanism” als “opposed or hostile to the U.S., its principles, or its policies.” (Stein 1984, 58). Durch diese sehr kurze und bündige Definition wird bereits deutlich, dass Antiamerikanismus sich nicht nur auf einen Teilbereich der amerikanischen Gesellschaft beschränkt. Etwas klarer formuliert dies Paul Hollander:

3. Definition Antiamerikanismus

“Anti-Americanism is a predisposition to hostility toward the United States and American society, a relentlessly critical impulse toward American social, economic, and political institutions, traditions, and values; it entails an aversion to American culture in particular and its influence abroad, often also contempt for the American national character (or what is presumed to be such character) and dislike of American people, manners, behavior, dress and so on; rejection of American foreign policy and a firm belief in the malignity of American influence and presence anywhere in the world.”

(Paul Hollander 1992, 339)

Der Antiamerikanismus enthält viele Ansatzpunkte für Kritik: Es geht um Oberflächlichkeit, Dekadenz, Materialismus, Sitten- und Kulturlosigkeit, einseitige Gewinnsucht und die Überlegenheits- und Missionsidee Amerikas (vgl. Kreis 2007, 10). Kreis unterscheidet des Weiteren zwischen drei Dimensionen:

- dem politischen
- dem kulturellen sowie
- dem sozialen Antiamerikanismus (vgl. ebd. 11).

Die Bezeichnung ist sozusagen Programm. Der politische Antiamerikanismus beschäftigt sich mit dem machtpolitischen Aspekt. Der kulturelle Antiamerikanismus behandelt die Verbreitung der nordamerikanischen Zivilisation über Amerikas Grenzen hinweg. Der soziale Antiamerikanismus berücksichtigt den Aspekt der Gesellschaftsordnung; die USA werden nicht für den Sozialismus oder Merkantilismus verantwortlich gemacht, sondern für den weltweiten Kapitalismus (vgl. ebd. 11).

Diese Vielfalt mag verantwortlich dafür sein, dass vor allem die Eliten und die gebildeten Bürger der Nachbarstaaten den Antiamerikanismus verinnerlichen und somit zu Trägern dessen werden (vgl. ebd. 11). Das Phänomen sei zudem vielseitig. Es diene einerseits der Reflektion interner Konflikte, andererseits unterstütze das Vorhandensein des Antiamerikanismus die “Bildung und Stärkung kollektiver Identitäten” (Kreis 2007, 15). Die regionale Perspektive vollendet das große Ganze. Hollander differenziert zwischen inländischem und ausländischem Antiamerikanismus. Beim ausländischen Antiamerikanismus unterscheidet er zwischen dem Dritte Welt Antiamerikanismus, dem Westeurop ä ischen Antiamerikanismus und dem offiziellen, staatlich gesteuerten, sowjetischen und chinesischen Antiamerikanismus (vgl. Hollander 1992, 341).

Im Folgenden wird unter anderem vom persönlichen und kollektiven Antiamerikanismus die Rede sein. Der persönliche Antiamerikanismus beschreibt die Situation, in der ein Individuum direkt von amerikanischen Handlungen negativ betroffen ist. Der kollektive Antiamerikanismus beschreibt dagegen die Situation, in der eine ganze Nation oder ein Großteil der Nation sich gegen die Vereinigten Staaten von Amerika stellt.

Wie schon in der Einleitung erwähnt, sind die Vereinigten Staaten von Amerika für viele ein faszinierendes Land. Wer in Amerika erfolgreich ist, der hat es sozusagen geschafft. Dort werden Trends gesetzt und gelebt. Es dauert zwar eine Weile, bis diese Neuerungen auch den Rest der Welt erreichen. Aber erst einmal angekommen, werden Innovationen oft stolz imitiert. Aber der Schein trügt. Nicht alles ist Gold was glänzt. Oft ist der stattfindende Kulturtransfer Auslöser des Antiamerikanismus. Auf Aktion folgt Reaktion.

4. Theorie des Kulturtransfers

Um das Phänomen des Antiamerikanismus in lateinamerikanischen Ländern umfassend bearbeiten zu können, bedarf es zunächst einer theoretischen Einführung zum Kulturtransfer. Vorherrschend auf diesem Gebiet der Kulturwissenschaften ist zur Zeit Hans-Jürgen Lüsebrink, Inhaber des Lehrstuhls Romanische Kulturwissenschaften und Interkulturelle Kommunikation an der Universität des Saarlandes. Er definiert Kulturtransfer als die “Vermittlung von kulturellen Texten, Objekten, Diskursen und Praktiken von einem - im Allgemeinen für Gesellschaften seit dem 18. Jahrhundert dominant national definierten, aber nach Subsystemen ausdifferenzierten - kulturellen System in ein anderes” (Lüsebrink 2008, 131).

Die Theorie resultiert aus drei Kernbestandteilen: den Dimensionen, den Prozessen sowie den Antriebskräften (vgl. ebd. 132ff.). Insgesamt gibt es drei Dimensionen, die beachtet werden müssen: die Ausgangskultur, kulturelle Artefakte wie z.B. Praktiken sowie die Zielkultur (vgl. ebd. 132). Für die Verzahnung dieser Dimensionen sind bestimmte Prozesse verantwortlich. Lüsebrink unterscheidet zwischen dem Selektionsprozess, dem Vermittlungsprozess sowie dem Rezeptionsprozess (vgl. ebd. 132). Aber weder der nach Quantität und Qualität differenzierende Selektionsprozess, noch der Vermittlungsprozess, der unter anderem zwischen institutioneller und medialer Vermittlung unterscheidet, erklären das Zustandekommen des Antiamerikanismus (vgl. ebd. 132). Deswegen muss der Prozess der Rezeption in den Mittelpunkt gestellt werden. Dieser Prozess thematisiert unter anderem die Übertragung, die produktive Rezeption sowie die Nachahmung (vgl. ebd. 132). Diese Teilaspekte stehen zwar in Zusammenhang mit dem Antiamerikanismus, erklären aber nicht seine Auslöser. Hier muss auf das Autorentrio Evans, Pucik und Barsoux verwiesen werden, dessen Aussage von Barmeyer (2007) zitiert wurde. Die Autoren fassen den Rezeptionsprozess weiter. Ihrer Ansicht nach kann die Rezeption jeweils in Form von Widerstand, Anpassung und Integration erfolgen. Das zentrale Stichwort ist der Widerstand gegen amerikanische Einflüsse. Widerstand und Antiamerikanismus können in dieser Arbeit sozusagen synonym verwendet werden. Dies wird deutlich bei der sich später anschließenden Betrachtung der Fallbeispiele.

Damit Prozesse ablaufen können, bedarf es laut Lüsebrink Antriebskräften bzw. Generatoren (vgl. ebd. 140). Wie bei den vorangegangenen Aspekten findet ebenfalls eine Dreiteilung statt. Ökonomische Interessen, politische und ideologische Zielsetzungen sowie emotionale bzw. affektive Faktoren treiben die Prozesse voran (vgl. ebd. 140). Hauptinteresse der wirtschaftlichen Sichtweise ist die effiziente Verbreitung. Grundlegende Bedingung hierfür sind Kenntnisse über den “Erwartungshorizont der Zielkultur bzw. einzelner Konsumentenschichten” (Lüsebrink 2008, 140). Institutionen, die als Kulturvermittler tätig sind, wie z.B. das Goethe-Institut für Deutschland, spielen eine gewichtige Rolle bei der politischen und ideologischen Zielsetzung. Emotionale Faktoren wie “Faszination, Identifikation, Hass” (Lüsebrink 2008, 141) spielen zwar in der Theorie eine kaum greifbare Rolle. In der Praxis aber, beim realen Antiamerikanismus, sind Hass und teils auch Faszination nicht zu übersehen. Diese Aussage wird durch die folgenden Ausführungen, die sich auf Mexiko und Chile beziehen, bekräftigt.

[...]

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Antiamerikanismus in Lateinamerika am Beispiel der Länder Mexiko und Chile
Hochschule
Universität Passau  (Lehrstuhl für Interkulturelle Kommunikation)
Veranstaltung
Wer beeinflusst wen? – Kulturtransfer in und zwischen Spanien & Lateinamerika, Phänomene wechselseitiger kultureller Beeinflussung
Autor
Jahr
2010
Seiten
17
Katalognummer
V175550
ISBN (eBook)
9783640971008
Dateigröße
576 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Antiamerikanismus, Chile, Mexiko, Kulturtransfer, Interkulturelle Kommunikation
Arbeit zitieren
Trish Kunz (Autor:in), 2010, Antiamerikanismus in Lateinamerika am Beispiel der Länder Mexiko und Chile, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/175550

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