Machbarkeitsstudie für ausgewählte E-Mobility-Konzepte für Deutschland 2020

Elektromobilität der Zukunft


Bachelorarbeit, 2011

83 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I Darstellungsverzeichnis

II Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung

2 Hightech-Strategie
2.1 Nationaler Entwicklungsplan Elektromobilität
2.2 Projektziel: Eine Million Elektrofahrzeuge

3 Mobilität
3.1 Individuelle Mobilität
3.2 Elektromobilität
3.2.1 Zwischenschritt Hybrid
3.2.2 Elektrofahrzeuge

4 Machbarkeitsstudie
4.1 Machbarkeit: Begriff und Abgrenzung
4.2 Analyse ausgewählter Mobilitätskonzepte

5 Projektumfeld
5.1 Historische Akzeptanz von Elektromobilität
5.2 Relevanz künftiger Elektromobilität
5.3 Elektromobilität in Städten
5.4 Electric Vehicle Index
5.5 Deutschland als Leitmarkt

6 Subventionen
6.1 Staatliche Förderung im In- und Ausland
6.2 Umweltprämie ohne Elektrofahrzeuge

7 Batterietechnologie
7.1 Batterieforschung
7.2 Batterieinnovationen

8 Ladekonzepte und -infrastruktur
8.1 Normalladung
8.2 Schnellladung
8.3 Induktionsladen
8.4 Batterieaustausch

9 Standardisierung und Normung

10 Energiewirtschaft
10.1 Energiemanagement
10.2 Abrechnungsprozess
10.3 Verminderung von Emissionen
10.4 Lobbyismus der Energie- und Mineralölkonzerne

11 Anforderungen
11.1 Die Rolle der deutschen Automobilbranche
11.2 Preispolitik

12 Ergebnisse der Machbarkeitsstudie und Ausblick

III Literaturverzeichnis

IV Verzeichnis Anhang

I Darstellungsverzeichnis

Abb. 1: Zeitliche Entwicklung von Elektromobilität in Deutschland aus politischer Sicht.

Abb. 2: Übersicht verschiedener Arbeitsgruppen zur Umsetzung der Mobilitätsstrategie.

Abb. 3: Modal Split nach Verkehrsaufwand; Anteil der Verkehrsträger in Prozent.

Abb. 4: Täglich zurückgelegte Wegstrecken mit dem Fahrzeug in Deutschland.

Abb. 5: Steigender Fahrzeugbestand in Deutschland seit 2006.

Abb. 6: Verschiedene Antriebskonzepte und deren überwiegende Primärenergienutzung.

Abb. 7: Aufbau eines Voll-Hybrid(oben, links), Plugin-Hybrid (oben, rechts) und eines Elektrofahrzeugs (unten).

Abb. 8: Zunahme des Verkehrsaufkommens, durch die flächenbezogene Ausweitung von Städten und das Bedürfnis erhöhter Lebensqualität.

Abb. 9: EVI-Messung der Erfolgsindikatoren für Elektromobilität von McKinsey.

Abb. 10: Im ersten EVI-Bericht liegt Deutschland noch auf dem dritten Platz (links); mittlerweile gilt selbst ein vierter Platz als gefährdet.

Abb. 11: Staatliche Förderung einzelner Länder für Elektromobilität bis 2015.

Abb. 12: Neuzulassungen in Deutschland pro Jahr; Besonderheit ist 2009 mit der Umweltprämie.

Abb. 13: Darstellung der möglichen Entwicklung von Batterietechnologien für Elektrofahrzeuge bis 2020.

Abb. 14: Ladestation von Park&Charge - Zufriedenstellende Technik, hoher Wiedererkennungswert und preiswerte Anschaffung sprechen für das System.

Abb. 15: Induktives Laden erfolgt schonend für die Batterie über Spulen z.B. integriert in der Straße, auf eigens dafür vorgesehenen Fahrspuren.

Abb. 16: Elemente der Normungs- und Standardisierungslandschaft und Zusammenhang mit der Regulierung.

Abb. 17: Standardstecker für Deutschland von MENNEKES (links) und ein möglicher Normungsablauf (rechts).

Abb. 18: Energieeinflüsse der Elektromobilität - wie eine künftige Abrechnung erfolgt, steht z.Zt. noch nicht fest, auch fehlen einheitliche Standards.

Abb. Austauschstation für die Batterie eines Elektrofahrzeuges von Better Place, binnen weniger Minuten.

Tabellen

Tab. 1: Betrachtung von Komplexität am Beispiel der Mobilitätsstrategie.

Tab. 2: Übersicht der Vor und Nachteile von Blei-Säure, Lithium-Ionen und NickelMetallhydrid Batterien.

Tab. 3: Auch Schnellladung benötigt immer noch mehr Zeit, als ein herkömmlicher

Tab. 4: Anstieg Stromverbrauch durch Elektrofahrzeuge.

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

Über ein Jahrhundert prägen Verbrennungsmotoren, verpackt in unterschiedlichen Fahrzeugmodellen, unser Straßenbild. Gegenwärtig feiert das Automobil seinen 125. Geburtstag. Fest steht, Carl Benz‘ einstige Idee von Mobilität wird in seiner heutigen Form nicht überleben.[1] Ingenieure wissen um die Probleme. Mit dem Beginn des 21. Jahrhunderts klettern die Rohstoffpreise ungebremst, bis in die Gegenwart auf ein 1,50€ je Liter Benzin. Ursache sind keinesfalls Engpässe einzelner Rohstoffe, sondern eine übergreifende Entwicklung der Nachfrage, verursacht durch das globale Wirtschaftswachstum, besonders in Schwellenländer wie China und Indien. Langfristig betrachtet werden fossile Rohstoffe tatsächlich knapp und unbezahlbar. Diskussion um „Peak Oil“, dem Ende der Ölvorräte sind realistisch und auch wenn fossile Vorräte unendlich wären, bestünde aufgrund von CO2- Emissionen Handlungsbedarf.[2] Ideale Bedingungen für den Vormarsch von Elektromobilität. Sollte aber alternativen Fahrzeugkonzepten die notwendige Reife fehlen, wird sich die Mobilität der Menschen noch stärker verändern als bisher angenommen. Länder dieser Welt wissen um die künftige Problematik und hoffen auf entsprechende innovative Konzeptentwicklungen, angeregt durch staatliche Förderung. Auf vielversprechende Ideen sowie Lösungen hofft auch die deutsche Bundesregierung und verfolgt seit 2008 die Mobilitätsstrategie mit dem Ziel „Eine Million Elektrofahrzeuge bis 2020“.

Das nachfolgende Kapitel zeigt die Entstehung des Projektziels im Rahmen der HightechStrategie sowie deren künftige Relevanz für die Entwicklung von Elektrofahrzeugen. Vergangene und kommende Etappen werden schrittweise dargestellt und die Bedeutung der Automobilbranche für den Industriestandort Deutschland aufgezeigt. Das dritte Kapitel betrachtet die Grundlagen von Mobilität, insbesondere die individuelle Beweglichkeit, inbegriffen täglich zurückgelegter Wegstrecken. Darauf aufbauend wird die zunehmende Elektrisierung von Fahrzeugantrieben vorgestellt, angefangen vom Hybrid bis zum reinen Elektroantrieb. Im vierten Kapitel wird die Vorgehensweise von Machbarkeitsstudien dargestellt. Erfolgversprechenden Konzepte der Elektromobilität werden auf Chancen, Risiken, Stärken und Schwächen untersucht. Das nachfolgende Kapitel verlässt nach einer kurzen Betrachtung der historischen Akzeptanz von Elektrofahrzeugen die theoretischen Grundlagen und betrachtet das künftige Umfeld, in dem sich die elektrischen Antriebsformen in den nächsten Jahren bewähren müssen. Die entscheidendsten Vorteile ergeben sich dabei in Großstädten. Das Kapitel schließt mit der Betrachtung des EVI - Index, eine bisher einzigartige Methode zur Bewertung von Elektromobilität in den verschiedenen Ländern im Vergleich miteinander. Es soll deutlich werden, welchen Stand Elektrofahrzeuge gegenwärtig in Deutschland besitzen und ob die Vorstellung einer Leitmarktposition tatsächlich realistisch ist. Im sechsten Kapitel werden staatliche Subventionen, sowohl in Deutschland als auch im Ausland, beleuchtet und dargestellt, dass die Umweltprämie von 2009 ausgerechnet Fahrzeuge ohne umweltschonende Aspekte förderte. Dem folgt das siebente Kapitel, mit einer Darstellung heutiger Batterietechnologie, inbegriffen zu erwartende Innovationen binnen der nächsten zehn Jahre. Die Batterie ist eine wichtige Komponente des Elektrofahrzeuges, die mit Hilfe verschiedener Systeme sowie variierenden Leistungen wieder aufladbar ist, vorgestellt im achten Kapitel. Daran anschließend steht die Betrachtung des Energiemanagements, intelligenter Netze und die Frage, ob Elektrofahrzeuge tatsächlich eine Alternative zum Fahrzeug mit Verbrennungsmotor darstellen. Die Untersuchung schließt mit der Betrachtung entsprechender Anforderungen gegenüber den deutschen Automobilherstellern und bezüglich der Preispolitik für Elektrofahrzeuge. Im letzten Kapitel folgt unter Berücksichtigung der Ergebnisse und Erkenntnisse der Machbarkeitsstudie eine Prognose der künftigen Entwicklung von Elektromobilität in Deutschland; denn letztendlich entscheiden Elektrofahrzeuge darüber, ob Deutschland auch in dieser Sparte eine führende Rolle einnehmen und die starke Exportposition in der Welt behaupten kann.

2 Hightech-Strategie

Die Politik schafft Rahmenbedingungen, wie im Fall der 2006 von der Bundesregierung verabschiedeten „Hightech-Strategie 2020“ (HTS), ein breitenwirksames und technologieübergreifendes Förderungsinstrument. Ziel ist bis in die Gegenwart der Ausbau Deutschlands zum dynamischsten und wissensbasierten Wirtschaftsraum. In entscheidenden Bedarfsfeldern und verbundenen Querschnittsaktivitäten stellte der Bund im Rahmen der HTS zwischen 2006 und 2009 Fördermittel von insgesamt 14,6 Milliarden Euro zur Verfügung in Form von Forschungsprämien, aufgewendet für Ideen und die Umsetzung innovativer Produkte, Verfahren oder Dienstleistungen. Die Höchstgrenze der Förderung je Projektauftrag liegt bei 100.000 Euro bzw. 25 Prozent des Nettovolumens.[3] Mit der HTS liegt erstmals ein Konzept in Deutschland vor, das die entscheidenden Akteure unter dem Innovationsgedanke vereint. Auch in Zukunft soll so die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands gewährleistet sein und die Leistungsfähigkeit seiner Forschungslandschaft erhöht werden. Handlungsbedarf der ersten Strategiefassung bestand in sehr allgemein formulierten Feldern wie Klima und Energie, Gesundheit, Mobilität und Sicherheit. In Folge der Förderung stieg die Lust der Unternehmen in Forschung- und Entwicklungsarbeit zu investieren. Verzeichnet wurde ein Anstieg von 19 Prozent zwischen 2005 und 2008.[4] Da die erste Fassung der HTS nach Aussage der Bundesregierung für erfolgreich erklärt wurde und sich Mobilitätsprojekte in der Umsetzungsphase befinden, beschloss die schwarz-grüne Bundesregierung am 14. Juli 2010 deren Fortführung und Weiterentwicklung. Erklärtes Ziel der folgenden Auflage ist es, Deutschland zum Vorreiter bei der Lösung globaler Herausforderungen zu machen und Antworten auf die pulsierenden Fragen des 21. Jahrhunderts zu geben. Forschungsziele sind künftig konkreter zu formulieren. Der Gesamtansatz bleibt bestehen, zugleich rücken neue Akzente ins Visier.

2.1 Nationaler Entwicklungsplan Elektromobilität

Ende 2007 stieg das Interesse an Elektromobilität, das seitdem ein zentrales Element des Energie- und Klimapakets (IEKP) der Bundesregierung ist. In der Folge fand im November 2008 die Nationale Strategiekonferenz Elektromobilität in Berlin statt. Es folgte die Veröffentlichung des Nationalen Entwicklungsplan Elektromobilität, im Rahmen der HTS. Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee betonte zu jener Zeit die Lage sehr treffend: "Autos, die ausschließlich mit fossilen Energiequellen fahren, sind langfristig Auslaufmodelle. Elektrofahrzeugen mit Batterie [...] gehört die Zukunft." Die schrittweise Entwicklung der Mobilitätsstrategie seit Beginn der HTS 2006 verdeutlicht die Abb. 1.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Zeitliche Entwicklung von Elektromobilität in Deutschland aus politischer Sicht.

Im November 2008 entstand auf der Nationalen Strategiekonferenz Elektromobilität das Ziel, zum Leitmarkt dieser Sparte zu werden und entsprechende Stückzahlen elektrisch betriebener Fahrzeuge zu verkaufen. Ein erster Schritt war die Aufnahme der Zusammenarbeit der Bundesregierung mit Frankreich im Mai 2009, insbesondere was die Punkte Standardisierung, Normung, industrielle Partnerschaften und gemeinsame Modellregionen anbetrifft. Gemeinsam wollten beide Länder von den Erfahrungen des Anderen profitieren. Im Februar 2010 entsteht zur weiteren Unterstützung, Konkretisierung und Organisation die Gemeinsame Geschäftsstelle Elektromobilität (GGEMO), eine einheitliche Anlaufstelle für Wirtschaft und Wissenschaft. Nach einem erneuten Appell der Bundeskanzlerin Angela Merkel bei einem Spitzengespräch der Bundesregierung mit Industrie, Wissenschaft und sonstigen Akteuren, gründet sich am 3. Mai 2010 die Nationale Plattform Elektromobilität (NPE). Diese besteht aus Vertretern der Politik, Industrie, Wissenschaft sowie Verbrauchern. Letztlich liegt die Verantwortung der NEP, bestehend aus einem Lenkungskreis sowie sieben Arbeitsgruppen (siehe Abb. 2), in der Einbindung und Koordinierung existierender Forschungsnetzwerke und beteiligter Stakeholdern.[5]

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Abb. 2: Übersicht verschiedener Arbeitsgruppen zur Umsetzung der Mobilitätsstrategie.[6]

Im Rahmen des Nationalen Entwicklungsplanes Elektromobilität dient die Plattform einer weiteren Konkretisierung, Steuerung, Umsetzung der Maßnahmen und Zielvorgaben unter Einbezug künftiger Klima- und Energieprobleme.

Im November 2010 erscheint der erste Zwischenbericht der Nationalen Plattform für E- Mobilität und zeigt die bisherige Entwicklung in Deutschland. Obwohl effektives Handeln aller Akteure gefragt ist, zeigt der Bericht, dass bedeutende Probleme der Elektromobilität bis heute ungeklärt sind, obwohl die Zielformulierung seit über zwei Jahren existiert. Die im Jahr 2008 auf der Nationalen Strategiekonferenz Elektromobilität genannten Defizite bestehen immer noch. Für das Frühjahr 2011 wird ein zweiter Bericht erwartet.[7] Interessant ist auch die Entwicklung des Fahrzeugbestands reiner Elektrofahrzeuge. Zu Beginn der HTS 2006 liegt dieser bei 1931 EV. Vier Jahre später vermeldet das BKA nur noch 1588 Registrierungen. Positiv zu vermerken ist gegenwärtig die stetige Steigerung der Verkaufszahlen von Hybridfahrzeugen, nämlich von 5.971 HEV im Jahr 2006 auf 28.862 HEV in 2010.[8]

2.2 Projektziel: Eine Million Elektrofahrzeuge

Bundesumweltminister Sigmar Gabriel formulierte einst das Ziel der bis heute bestehenden Mobilitätsstrategie: „Bis 2020 sollen eine Million am Stromnetz aufladbare Elektrofahrzeuge und so genannte Plugin-Hybrid-Fahrzeuge auf deutschen Straßen fahren“.[9] Diese Zahl schließt nicht näher spezifizierte Fahrzeuge mit Elektroantrieb ein und stellt das minimale Ziel der Strategie dar. Der Bundesverband eMobilität in Deutschland rechnet sogar mit 4,5 Millionen Elektrofahrzeugen, sodass eine Million als ein sehr vorsichtiges Ziel beschrieben werden kann. Weiterhin erklärt die Bundesregierung, dass bis zum Jahr 2030 über fünf Millionen Fahrzeuge elektrisch angetrieben sind und bis 2050 der Stadtverkehr vorwiegend ohne fossile Brennstoffe auskommen soll.[10] Für das Vorhaben stellt die Bundesregierung von 2009 bis 2011 Fördermittel aus dem Konjunkturpaket II in Höhe von 500 Millionen Euro und weitere Mittel aus dem Bundesressort zur Verfügung.

Mobilität kann nicht mehr nur beanspruchen, sicher und komfortabel zu sein. Effizienzsteigerung und Ressourcenschonung werden wichtiger denn jemals zuvor. Umweltverträgliche Mobilität heißt die Strategie, denn nur ein sowohl effizienter als auch sauberer Transport kann dem künftigen Aufkommen gerecht werden und dadurch zugleich dem Hauptproblem des 21. Jahrhunderts, dem Klimawandel, entgegenwirken sowie die Abhängigkeiten von endenden Ressourcen vermindern.[11] Die schrittweise Elektrifizierung der Straßenfahrzeuge, angefangen von Hybridkonzepten bis hin zum komplett elektrisch betriebenen Auto, eröffnet die Option auf eine zukunftsfähige Mobilität. Nur so bietet sich die Chance, die Abhängigkeit vom Erdöl zu reduzieren und die Emissionen im Straßenverkehr zu minimieren.[12]

Zukunftsfähige Technologien zu entwickeln erfordert allerdings gerade in Hinblick auf das Automobil weitreichendes Umdenken. Mit dem Wandel hin zur Elektromobilität zeichnet sich eine Zeitenwende ab. Autos "Made in Germany" sind seit 125 Jahren weltweit geschätzt und gefragt. Die Branche beschäftigt Millionen Menschen. Beispielsweise steht in Deutschland jeder siebente Erwerbstätige direkt oder indirekt mit der Automobilindustrie in Verbindung. Für die Wirtschaft und den Technologiestandort Deutschland spielt also das Automobil eine wichtige Rolle und soll deshalb auch zum Leitmarkt für Elektromobilität werden.[13] Die Fördermittel aus dem Konjunkturpaket II werden für Forschung und Entwicklung, Marktvorbereitung und Markteinführung von elektrisch betriebenen Fahrzeugen in Deutschland aufgewendet. Zur Umsetzung des Nationalen Entwicklungsplans müssen möglichst zügig Schlüsseltechnologien für energieeffiziente, ressourcenschonende, sichere, bezahlbare und leistungsfähige Elektrofahrzeuge entwickelt und diese Fahrzeuge in signifikanten Stückzahlen auf den Markt gebracht werden. Gefördert werden Arbeiten in den Bereichen Gesamtfahrzeugsysteme, Batterieentwicklung und -integration, Energiemanagement sowie die entsprechende Werkstoff- und Materialforschung.[14] Die Umsetzung der Mobilitätsstrategie sieht kurzfristig die Optimierung von Verbrennungsmotoren vor, die aber endende Rohstoffe nutzen. Mittel- bis langfristig visiert die Forschung und Entwicklungsarbeit alternative Kraftstoffe, Antriebssysteme, und Speichertechnologien an. Darüber hinaus ist das Ziel, den benötigten Strom ausschließlich aus erneuerbaren Energien zu erzeugen. Nur auf diesem Wege ist eine individuelle Mobilität unabhängig von begrenzten fossilen Rohstoffen möglich. Geht diese Strategie nicht auf, so endet die Förderung als Nicht- oder nur Teilrealisierung. Damit ist das Projekt eines der wohl riskantesten sowie teuersten der HTS und könnte bei Nichtgelingen dem Industriestaat Deutschland entscheidenden Schaden zufügen.[15]

3 Mobilität

3.1 Individuelle Mobilität

Individuelle Mobilität ist jene Form von Fortbewegung bei freier Wahl der Fortbewegungsart, -zeit und -strecke. Der motorisierte Individualverkehr (MIV) besteht hauptsächlich aus dem Kraftfahrzeugverkehr. Eingeschlossen sind auch Fußgänger, Fahrräder und Motorräder, nicht aber öffentliche Verkehrsmittel. Bei der Betrachtung von Mobilität dürfen Begrifflichkeiten wie Verkehr und Transport nicht fehlen. Transport durch Verkehr ermöglicht für Personen sowie Güter schnelle Ortsveränderungen. Gleichzeitig sind Transportmöglichkeiten in Form von Verkehrsträgern die Basis sozialen ökonomischen Aufschwungs und Wohlstands. Der Straßenverkehr ist dabei nur ein Bereich des Gesamtverkehrs.[16] Der MIV mit einem Kraftfahrzeug macht über drei Viertel aller zurückgelegten Personenkilometer aus und ist damit allen anderen Verkehrsmitteln überlegen. Allerdings, wie in der Abb. 3 ersichtlich, ist der MIV-Anteil rückläufig, spekulativ durch den Anstieg der Kraftstoffpreise.

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Abb. 3: Modal Split nach Verkehrsaufwand; Anteil der Verkehrsträger in Prozent.[17]

Die Überlegenheit im Vergleich zu anderen Verkehrsmitteln resultiert aus den Vorteilen dieser Fortbewegungsmöglichkeit. Individuelle Mobilität schafft Flexibilität, bringt Unabhängigkeit und bietet einen hohen Komfort besetzt mit Bequemlichkeitsmotiven. Nicht verwunderlich, dass die durchschnittliche Kilometerleistung noch stetig steigt, zuletzt auf jährlich 13.000 km. Während in einigen Regionen ein Rückgang des Verkehrsaufkommens zu erwarten ist, wird in Ballungsräumen der Verkehr massiv zunehmen. Mittlerweile entfällt auf einen Haushalt mehr als ein Fahrzeug. Laut Voraussagen des Bundesumweltamtes wird diese Zahl noch steigen und zwar von gegenwärtig 600 Millionen auf eine Milliarde Fahrzeuge im Jahr 2015. Bis 2050 rechnet man mit zwei Milliarden Fahrzeugen weltweit. Für Deutschland wird bis 2018 ein neunprozentiger Anstieg erwartet.[18] Der heutige Kraftfahrzeugbestand liegt bei über 50,1 Millionen Fahrzeugen. Welche Wegstrecken dabei durchschnittlich zurückgelegt werden, verdeutlicht die Abb. 4.

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Abb. 4: Täglich zurückgelegte Wegstrecken mit dem Fahrzeug in Deutschland.[19]

Es wird ersichtlich, dass kurze Distanzen bis zu zehn Kilometern rund 30 Prozent aller täglichen Fahrten ausmachen. Eine Strecke unter 20 Kilometern entspricht ungefähr der Hälfte aller zurückgelegten Entfernungen. Über 85 Prozent aller Fahrten überschreiten nicht die tägliche Kilometerleistung von 70 Kilometern. Außerdem liegen durchschnittlich 80 Prozent aller jährlichen Fahrten unter 40 Kilometern und nur 38 Prozent aller zurückgelegten Wege sind beruflich bedingt; der sehr viel größere Teil entfällt auf den privaten Sektor. Eine Untersuchung des BKA ergab, dass Wegstrecken in Städten mit dem Fahrrad bis zu einer Entfernung von drei Kilometer am schnellsten zurückzulegen sind, wobei die Nutzung eines PKW keine Zeitersparnis bringt. Die Abb. 5 zeigt die steigende Entwicklung des Fahrzeugbestandes und verdeutlicht seinen bisherigen Zuwachs seit 2008.

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Abb. 5: Steigender Fahrzeugbestand in Deutschland seit 2006.[20]

Der ersichtliche Einbruch zwischen 2007 und 2008 ist auf Grund einer Definitionsänderung entstanden, die künftig stillgelegte Fahrzeuge nicht länger einbezieht. Die blaue Säule markiert das Jahr 2009 mit der sogenannten Abwrackprämie, in der Neuwagenkäufe durch die Bundesregierung eine Bezuschussung erhielten.[21]

3.2 Elektromobilität

Der Begriff Elektromobilität ist sehr dehnbar und stammt vom lateinischen mobilitas, zu Deutsch Beweglichkeit mit Hilfe von Elektrizität[22] Dahinter verbirgt sich die Bewegung mit Hilfe eines elektrischen Antriebs, einschließlich Elektroautos, Elektrofahrräder aber auch Pedelecs (Fahrräder mit einem Elektromotor, der nur während des Tretens unterstützend aktiv ist) und Roller. Fokussiert wird in dieser Untersuchung der motorisierte Individualverkehr mit einem Personenkraftfahrzeug (PKW). Grundsätzlich kann man den Fahrzeugantrieb in drei Systeme unterscheiden, die sämtlich Energie zur Fortbewegung benötigen:

- Antrieb eines Verbrennungsmotors
- Hybridantrieb
- Reiner Elektroantrieb

Ihre Energie können alle drei Antriebsformen aus nichterneuerbaren Kraftstoffen, wie Erdöl oder -gas, Kohle und Kernenergie beziehen. Bei einem konventionellen Fahrzeug wird durch Verbrennung von Kraftstoff die notwendige Fahrenergie freigesetzt. Beim Elektrofahrzeug (kurz EV für Electric Vehicle) kommt die Energie von außen in Form von Strom, der in der Fahrzeugbatterie zwischengespeichert und wenn erforderlich, in Fahrenergie umgewandelt wird. Auch Elektrofahrzeuge können durch nichterneuerbare Energie angetrieben werden, was aber den Ausstoß von C02-Emissionen innerhalb der Kette nur vorverlagern würde. Umgekehrt ist es aber nicht möglich, einen Verbrennungsmotor mit Sonnen-, Wasser- oder Windenergie anzutreiben. Das obliegt ausschließlich dem EV. Lediglich die Nutzung von Biomasse in Form von Bioethanol ist denkbar, wobei die Meinungen diesbezüglich sehr auseinander gehen. Kurzum: Elektromobilität nimmt eine wichtige Rolle der Zukunft ein, da diese ausschließlich mit erneuerbaren Energien betrieben werden kann. Das Umweltbewusstsein und die Sensibilisierung für die Thematik steigen die letzten Jahre durch vermehrte Kommunikation und Informationen einer breiten Öffentlichkeit. Außerdem wachsen durch die Verbesserungen der Batterie- und Motorentechnik die Aufmerksamkeit sowie die Möglichkeiten einer zunehmenden Elektrifizierung der Fahrzeuge. Für einen weiteren Einstieg in die Thematik Elektromobilität folgt zunächst eine Charakterisierung von Elektro- und Hybridfahrzeugen.

3.2.1 Zwischenschritt Hybrid

Die Brückentechnologie zwischen Verbrennungsmotoren und den elektrischen Antrieben ist die Entwicklung des Hybridfahrzeugs (HEV). Je nach Zielsetzung existieren unterschiedliche Varianten, wie der Micro-, Mild- oder Full-Hybrid. Grundsätzlich existieren zwei Hybridkonzepte: Der parallele Hybrid orientiert sich stark am Aufbau eines konventionellen Fahrzeugs, wogegen der serielle Hybrid vorwiegend dem eines reinen Elektrofahrzeugs ähnelt. Je höher also die Elektrifizierung des Antriebs, umso näher rückt der Hybrid an das reine EV, wie auch die Abb. 6 verdeutlicht. Hybridisches Fahren funktioniert durch die Kombination von zwei oder mehreren Antrieben. Das sind heutzutage in der Regel ein Verbrennungsmotor und mindestens ein batteriegespeister Elektromotor, die das Antriebsmoment erzeugen und sich idealerweise gegenseitig ergänzen.

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Abb. 6: Verschiedene Antriebskonzepte und deren überwiegende Primärenergienutzung.

Diese Antriebsform bündelt die Vorteile konventioneller Motoren mit denen von Elektromotoren. Besonders hinsichtlich des Wirkungsgrads wird eine viel höhere Effizienz erreicht und sobald einmal keine oder nur wenig Leistung notwendig ist, wird der Verbrennungsmotor sogar ganz ausgeschaltet. Außerdem ist es möglich, einen Teil der Antriebsenergie beim Bremsen zurückgewinnen. Die sogenannte Nutzbremsung beruht auf der Fähigkeit des Elektromotors, auch als Generator genutzt zu werden, wobei kinetische wieder in elektrische Energie umgewandelt wird und der Energiespeicher dadurch wieder aufgefüllt wird.

Der Trend zur Elektrifizierung ist bei den HEV besonders merkbar, denn der vorhandene Elektroantrieb derzeit konzipierter Fahrzeuge wird immer leistungsstärker. Eine Sonderform ist die Plugin Variante (PHEV), bei dem der Elektromotor und -speicher im Vergleich zum normalen Hybrid vergrößert und der Verbrennungsmotor verkleinert sowie die Möglichkeit des externen Aufladens z.B. an einer Steckdose am Stromnetz geschaffen wurde. Zunächst wird vollständig und ausschließlich die Batteriekapazität genutzt. Erst nachdem die Kapazität aufgebraucht ist, wird der Verbrennungsmotor zum weiteren Fortbewegen zugeschaltet.[23]Diese Form des Antriebs findet sich z.B. im Toyota Prius. Ein ähnliches Konzept eines PHEV verfolgen Fahrzeuge mit einem Range-Extender. Dabei dient nur noch ein kleiner Verbrennungsmotor zur Reichweitenerhöhung, sollte die Batterieladung über keine Kapazität mehr verfügen. Das ist nach rund 40 Kilometern der Fall und erst daraufhin wird der erforderliche Strom über einen Benzingenerator erzeugt. Das erste deutsche EV mit einer Range-Extender-Funktion ist der Opel Ampera, der für Ende 2011 erwartet wird. Ebenfalls denkbar ist, dass anstelle des Range-Extenders eine wasserstoffbetriebene Brennstoffzelle auf Basis eines Verbrennungsmotors zum Einsatz kommt. Dadurch würde rein elektrisches Fahren auch über lange Strecken möglich.[24]

Hybridfahrzeuge sind keine neue Erfindung, sondern seit vielen Jahren in Großserie produziert. Bis zu Beginn des Jahres 2011 wurden weltweit über drei Millionen Hybridfahrzeuge verkauft. Das erste und am meisten verkaufte HEV-Modell, mit über 70 Prozent der Umsätze, ist der Toyota Prius. Eine Monopolstellung ist in letzter Zeit durch das steigende HEV-Angebot aller Hersteller nicht mehr gegeben und der Hauptkonkurrent Honda steigert ebenfalls seine Verkaufszahlen in dieser Sparte. Der Trend scheint anzuhalten; die Anzahl der HEV wird sich von derzeit 16 auf 38 Serienmodelle bis zum Jahr 2013 weiter erhöhen.[25] Erwähnt sei noch, dass viele HEV-Modelle gegenüber Verbrennungsmotoren, durch deren Optimierung, kaum noch strategische Effizienzvorteile besitzen (z.B. sind Dieselmotoren ähnlich effizient, zumindest in Städten).

Zusammenfassend scheint sicher, dass der Markt in den nächsten Jahrzehnten von verschiedenen nebeneinander existenten Kraftstoffantriebsformen geprägt sein wird. Insbesondere der Marktanteil von Hybrid-Fahrzeugen als Brückentechnologie wird in den nächsten Jahren kontinuierlich steigen. Eine Eliminierung von Verbrennungsmotoren ist vorerst unrealistisch, besonders weil sich gegenwärtig noch erhebliche Effizienzpotenziale realisieren lassen.

3.2.2 Elektrofahrzeuge

Von einem Elektrofahrzeug ist die Rede, wenn vollständig auf einen Verbrennungsmotor im Fahrzeug verzichtet wird, wie in der folgenden Abb. 7 dargestellt.

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Abb. 7: Aufbau eines Voll-Hybrid(oben, links), Plugin-Hybrid (oben, rechts) und eines Elektrofahrzeugs (unten).[26]

Die notwendige Energie stammt zumeist aus der Batterie, kann aber auch aus einer Brennstoffzelle, Solarmodulen oder über Oberleitungen bezogen werden. Bei der Brennstoffzelle handelt es sich allerdings nur um ein Energiewandlungssystem, nicht aber um einen Antrieb, da keine mechanische Energie zur Fortbewegung freigesetzt wird. Ein höherer Wirkungsgrad als bei Brennstoffzellenfahrzeugen wird durch die direkte Speicherung elektrischer Energie in einer Batterie erzielt. Damit stellt das batteriebetriebene EV gegenwärtig den besten und zudem einen praktikablen Ansatz dar.

Das Grundprinzip von Elektromotoren ist trotz verschiedener Bauformen immer identisch. Der Motor eines EV funktioniert nach dem Grundprinzip des elektromagnetischen Wandlers, wobei elektrische in mechanische Energie umgewandelt wird. Dabei wird die Kraft, ausgehend von einem Magnetfeld auf einem stromdurchflossenen Leiter einer Feldspule, durch ein Anziehen und Abstoßen in Bewegung umgesetzt.[27] Die notwendige Energie beziehen die Motoren aus der Batterie, die bei Nutzung der maximalen Kapazität wieder aufgeladen werden muss. Die bereitgestellte Energie versorgt durch einen oder mehrere Antriebsmotoren entweder das gesamte Fahrzeug oder jedes einzelne Rad für sich. Ein entsprechendes Batteriemanagement sorgt dafür, dass alle Batterien die benötigte Leistung liefern und zuverlässig arbeiten. Das erhöht die Lebenszeit, Wirtschaftlichkeit und Zuverlässigkeit der Batterien. Auf eine weitere, noch detailliertere Betrachtung des Aufbaus und der Funktionsweise soll an dieser Stelle verzichtet werden. Vielmehr interessieren die positiven Eigenschaften gegenüber den Verbrennungsmotoren.

Vorteilhaft ist die Umweltverträglichkeit aufgrund einer überlegenen Energieeffizienz, Abgasfreiheit und einer geringen Geräuschintensität, was die Lebensqualität in Städten erheblich erhöhen würde. Störungen wie beim Verbrennungsmotor bleiben bis zu einer Geschwindigkeit von 50 km/ h aus, nur bei höheren Geschwindigkeiten überwiegen wie bei allen Fahrzeugtypen die Straßengeräusche. Weitere entscheidende Stärken liegen im schnelleren Ansprechverhalten des Elektromotors, einer vergleichsweise schnellen Beschleunigung und einem hohen Wirkungsgrad. Von Interesse ist dabei die Energie, die tatsächlich beim Elektromotor ankommt. Der Wirkungsgrad ist mit rund 80 Prozent und teilweisen Angaben von bis zu 95 Prozent sehr hoch. Es wird ein nahezu ideales Zugkraftangebot erreicht.[28] Der größte Energieverlust entsteht neben dem Laden und Entladen durch das Selbstentladen der Batterie. Im Vergleich zu Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor, deren theoretischer Wirkungsgrad bei nur 45 Prozent liegt, ist dieser aber bei EV sehr hoch. Auf Grund des reibungsarmen Wirkungsprinzips und dem relativ einfachen Systemaufbau mit wenigen beweglichen Teilen, ist der elektrische Antrieb außerdem sehr wartungsarm und robust, denn es fehlen Komponenten wie der Tank, die Auspuffanlage, das konventionelle Getriebe und die Kupplung.[29] Insgesamt besticht das EV gegenüber konventionellen Fahrzeugen.

Damit erscheint das EV als das überlegene Konzept, wenn da nicht bekannte Probleme wie die beschränkte Reichweite von ungefähr 100 Kilometern, das Batteriegewicht und die unbekannte Lebensdauer der Batterien wären. Nach Herstellerangaben variieren die Angaben zur Lebensdauer bei einer Laufleistung von 100.000 bis 160.000 Kilometern bzw. ungefähr fünf Jahre. Auch die Höchstgeschwindigkeit von durchschnittlich 120 km/h unterliegt im Vergleich mit dem konventionell angetriebenen Fahrzeug. Betrachtet man allerdings die Ausführung der täglich zurückgelegten Wegstrecken in Abschnitt 2., so sind die defizitären Merkmale der geringen Reichweite und Geschwindigkeit irrelevant. Denn bei einer innerstädtischen Geschwindigkeitsbegrenzung in Deutschland von 50 km/ h und zumeist nur zurückgelegten Kurzstrecken, betreffen die Nachteile tatsächlich nur einen sehr geringen Anteil von Fahrten.[30]

4 Machbarkeitsstudie

4.1 Machbarkeit: Begriff und Abgrenzung

Machbarkeitsstudien, im Englischen als „Feasibility Study“ bezeichnet, sind Überprüfungen möglicher Lösungsansätze für ein Projekt bezüglich seiner Durchführbarkeit, insbesondere, wenn Zweifel an der Erreichbarkeit der Ziele bestehen. Die Schritte einer Machbarkeitsstudie sind an keine Norm gekoppelt. Viel zu stark variieren die Anforderungsparameter von Projekt zu Projekt. Das Prozessmodell für Projekte der DIN 69901:2009 kennt hierfür aber einen eigenständigen Prozess, nämlich D.8.3 "Machbarkeit bewerten" als Mindeststandard. Eine Evaluierung ist im Rahmen einer Nutzwert-, Wirtschaftlichkeitsanalyse oder wie im vorliegenden Fall auf Basis einer SWOT-Analyse möglich.[31]

Eine SWOT Überprüfung erfolgt durch die Bewertung aller bislang vorliegenden Informationen, auf der Basis eines Vergleichs von Stärken und Schwächen sowie unter Abwägung von Chancen und Risiken. Im Mittelpunkt steht die Frage, ob die Umsetzung des Projektziels mit den zur Verfügung stehenden Mitteln, in der anvisierten Zeit, mit verfügbaren Ressourcen realisierbar ist. Auf diesem Weg könnten Fehlinvestitionen verhindert werden. Derartige Studien dienen im Projektalltag als notwendige Voruntersuchung, wenn der definierte Problembereich sehr komplex ist und große Risiken mit sich bringt. Scheint ein Projekt machbar und die Entwicklung ist freigegeben, so sollte „diese Priorität im Vergleich zu anderen Projekten erhalten“.[32]

4.2 Analyse ausgewählter Mobilitätskonzepte

Anhand dieser Machbarkeitsstudie soll im Folgenden analysiert werden, ob das gesetzte Ziel der Bundesregierung „1 Million Elektrofahrzeuge für Deutschland bis 2020“ nach heutigem Stand realistisch ist. Dabei handelt es sich nicht um die Analyse technischer Machbarkeit, sondern aus einer allgemeinwirtschaftlichen Betrachtung. Das Projekt ist gegenwärtig bereits in vollem Gange. Die Projektgrundlage sowie damit verknüpfte Bedingungen sind in der HTS 2020 der Bundesregierung sowie im Nationalen Entwicklungsplan Elektromobilität definiert. Die Machbarkeitsstudie bezieht sich auf den Standort Deutschland und auf die Märkte der Automobilindustrie sowie der Energiewirtschaft im Zeitfenster bis 2020. Wichtige Komponenten sind die Umweltschädigung durch erhöhte C02-Emssionen und Rohstoffverknappung. Außer der technologischen Reife von Infrastruktur und Batterie sind unter anderem die Akzeptanz seitens der Nutzer und die Unterstützung der Politiker sowie die Mitwirkung von Akteuren aus Wirtschaft und Wissenschaft entscheidende Betrachtungsobjekte. Es soll versucht werden, die Frage zu klären, ob das Projekt überhaupt in dem zeitlichen und räumlichen Umfang möglich sowie empfehlenswert ist. Es empfiehlt sich zunächst, die verschiedenen Konzeptdimensionen in Verbindung mit folgenden Gesichtspunkten zu betrachten:

- Akzeptanz von Elektrofahrzeugen in Deutschland
- Notwendigkeit staatlicher Subventionen für Elektrofahrzeuge
- Infrastrukturaufbau der Ladestationen für eine höhere Reichweite
- Standardisierung wichtiger Fahrzeugkomponenten
- Elektrofahrzeuge sind wichtig für den Umweltschutz der Zukunft
- Politik hat eine unterstützende Funktion entgegen dem Lobbyismus

Wie die Tab.1 sichtbar macht, ist die die Aufgabenstellung aufgrund etlicher betroffener Bereiche und gegenseitiger Wechselwirkungen sehr komplex. Ein ähnliches Projekt hat in der Vergangenheit nicht existiert und erfordert deshalb die Zusammenarbeit aller Akteure, auch wenn die Interessenlage unterschiedlicher kaum sein könnte.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab. 1: Betrachtung von Komplexität am Beispiel der Mobilitätsstrategie[33].

Im Weiteren sollen die nachfolgenden Hypothesen im Rahmen dieser Untersuchung bestätigt oder widerlegt werden:

- Die Aufgeschlossenheit der Gesellschaft gegenüber den sich abzeichnenden Veränderungen ist eine Grundvoraussetzung für die Umsetzung der klima- und wirtschaftspolitischen Ziele.
- Elektromobilität erhöht die Lebensqualität in Städten durch verminderten Lärm und Emissionen.
- Deutschland wird zum Leitmarkt für Elektromobilität und kann dadurch die Führungsrolle der Automobil- und Zulieferindustrie behaupten.
- Die Akzeptanz und Marktentwicklung der Elektromobilität muss durch einen geeigneten regulatorischen Rahmen und zu prüfende Anreizsysteme unterstützt werden.
- Bis 2015 werden die Forscher eine neue Generation von leistungsfähigen, bezahlbaren, sicheren und langlebigen Batterien entwickeln.
- Zur Beschleunigung der Markteinführung von Elektrofahrzeugen gehört auch die Schaffung einer bedarfsgerechten Infrastruktur für das Laden der Fahrzeuge.
- Mit der Elektromobilität wird die Strategie „weg vom Öl“ weiter umgesetzt und liefert einen wichtigen Beitrag künftiger Mobilität.
- Die Stromnetze in Deutschland werden durch Nutzung moderner Informationstechnologien und die Integration von Elektrofahrzeugen effizienter.
- Die Elektromobilität leistet einen signifikanten Beitrag zum Erreichen der Klimaschutzziele.

5 Projektumfeld

Die Aufgeschlossenheit der Gesellschaft gegenüber den sich abzeichnenden Veränderungen ist eine Grundvoraussetzung für die Umsetzung der klima- und wirtschaftspolitischen Ziele.

5.1 Historische Akzeptanz von Elektromobilität

Die Entwicklung der E-Mobilität beginnt bereits 1821 mit der Erfindung des Elektroantriebs und der elektromagnetischen Rotation durch Michael Faraday. Doch nicht ein Verbrennungsmotor war lange Zeit der größte Kontrahent des Elektrofahrzeugs: Das Pferd war es, weil es in Anschaffung und Haltung wesentlich günstiger war.[34] Ähnlich verhält es sich in der Gegenwart: Benzin-oder Dieselfahrzeugen sind in der Produktion und im Verkaufspreis wesentlich günstig als Elektrofahrzeuge. Ein kurzer Rückblick soll dabei helfen, die Entwicklung und den heutigen Stand besser zu verstehen. Historische Ausschmückungen der Ursprungsgeschichte bleiben allerdings in dieser Untersuchung unbeachtet.

Das erste praxisreife, dreirädrige Elektroauto präsentierte 1881 Gustave Trouve. Schon acht Jahre später stellte Camille Jenatzy in einem nahezu lautlosen Elektrofahrzeug einen neuen Geschwindigkeitsrekord mit 105,88 km/h auf. Damals war nicht entschieden, welche Antriebsart sich bei Automobilen durchsetzen würde. Elektrofahrzeuge zogen die Menschen zu Beginn des 20. Jahrhunderts auf Grund ihrer Schnelligkeit an. Beispielhaft lag der Anteil 1901 in New York bei 50 Prozent. Der Höhepunkt wurde 1912 mit 20 EV- Herstellern erreicht und andere Antriebsarten bildeten nur die Minderheit. Die Produktion von 1907 bis 1941 der Firma Detroit Electric betrug über 12.000 Elektrofahrzeuge und 530 Elektro-LKW. Demgegenüber stand die Erfindung des elektrischen Anlassers für den Ottomotor und die Einführung der Massenproduktion sowie Fließbandarbeit durch Henry Ford. In Folge dessen stieg die Produktivität von Benzin- und Dieselfahrzeugen, der Preis sank und die Verkaufszahlen erhöhten sich. Zwischen 1908 und 1927 lag der Absatz des Modell T bei 15 Millionen verkauften Exemplaren.[35] Durch die erstarkende petrochemische Industrie mit Unternehmen wie Exxon oder Shell, den Herstellern chemischer Produkte aus Erdöl und Erdgas, schrumpfte das Interesse am elektrischen Fahrzeug immer mehr und gleichzeitig sank die Forschungsarbeit auf diesem Gebiet.

Ein weiterer negativer Punkt in der Akzeptanz von EV war der Aufbau einer Autobahninfrastruktur ab 1921. Autobahnen verbinden Städte sowie andere Länder miteinander und Verbrennungsmotoren ermöglichen im Gegensatz zu EV die Überwindung langer Entfernungen. Das Argument der geringen Reichweite hält sich bis in die Gegenwart und ist ein wichtiges Kriterium, um Abstand vom Kauf eines EV zu nehmen, weshalb das Fahrzeug bisher nur in der Nische überlebt hat.[36]

In den 70er und 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts beginnt der Blick auf die natürliche Ökosystemfunktion und die Problematik der Umweltverschmutzung, insbesondere durch Kohlenstoffdioxid. Auch durch eine drohende Ölkrise rückt der elektrische Antrieb verstärkt in den Vordergrund. Elektrizität glaubte man, sei eine ideale Antriebsquelle, zumal vor Tschernobyl, Atomstrom als günstig angesehen und kaum kritisiert war. Die Diskussion verlagerte sich in der Optimierung des Verbrennungsmotors. Erst in den 90er Jahren rückt E- Mobilität nach wiederholtem Smogalarm der höchsten Stufe in Los Angeles, in den Fokus. Die Umweltbehörde von Kalifornien erlässt 1990 ein neues Gesetz. Es schreibt Fahrzeugproduzenten vor, dass bis 1998 zwei Prozent des Gesamtfahrzeugbestands und bis 2003 sogar zehn Prozent der Fahrzeuge in Städten keine Emissionen mehr verursachen dürfen. Binnen kurzer Zeit übernahmen neun Bundesstaaten das Gesetz, worauf hin die Automobillobby reagierte. Gemeinsam mit der Politik wurde ein Kompromiss gefunden, der 1996 zur Rücknahme der Quote in allen Bundesstaaten führte.

Im Zusammenhang mit dem Gesetz entstanden dennoch einige EV-Fahrzeugkonzepte und Testflotten z.B. von Toyota, Ford und General Motors. Nur das letztgenannte Unternehmen aber erreichte mit dem EV1 tatsächlich ein alltagtaugliches, batterieelektrisch betriebenes Fahrzeug und produzierte zwischen 1996 und 1999 insgesamt 1117 Exemplare, die an ausgesuchte Kunden vergeben und für eine monatliche Leasingsrate von 500 Dollar genutzt werden konnten. Der Kauf des Fahrzeugs war per Vertrag ausgeschlossen und nach drei Jahren konnte der EV1 zurückgegeben werden. Im Jahr 2003 verlängert GM aber die Verträge nicht mehr und forderte die Rückgabe sämtlicher EV1, nach Konzernaussage wegen zu geringer Nachfrage und nicht mehr vorhandener Ersatzteile. Nur unter Protesten und großem Unverständnis der Nutzer erfolgte die letzte Rückgabe im Juli 2004. Anschließend wurden alle Exemplare, bis auf wenige Ausnahmen allerdings ohne Motor, verschrottet. Dadurch wurde erneut die Akzeptanz von Elektrofahrzeugen vermindert. Die Gründe sehen Experten im Lobbyismus der Ölkonzerne und anderer Fahrzeugproduzenten.[37]

[...]


[1] Mortsiefer, in Tagesspiegel (2011) S.13

[2] URL 1 : www.vdi.de (Innovationen)

[3] Vgl. Bundesministeriums für Bildung und Forschung (2007) S.1f.

[4] Vgl. Bundesministeriums für Bildung und Forschung (2010) S.8, S13

[5] Vgl. Bundesregierung (2009) S.6ff.

[6] Eigene Darstellung in Anlehnung: Bundesregierung – Organisation Nationale Plattform Elektromobilität

[7] Vgl. URL2 : www.bmwi.de (Elektromobilität)

[8] Vgl. Angaben von Anonym3,, Kraftfahrt-Bundesamt

[9] Vgl. URL3 : www.bundesregierung.de (Eine Million)

[10] Vgl. Bundesregierung (2009) S.17 ff.

[11] Vgl. URL4: www.hightechstrategie.de (Mobilität)

[12] Vgl. URL5: www.hightechstrategie.de (Das Auto)

[13] Vgl. URL6: www.bundesregierung.de (Die Automobilindustrie)

[14] Vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung (2009) S.5

[15] Vgl. URL7 : www.automobilwoche.de (Produktion)

[16] Vgl. Hardtke (2001) S.38

[17] Umweltbundesamt ( 2009) S.23

[18] Vgl. Klauke (2009) S.19

[19] Eigene Darstellung in Anlehnung an: Klauke (2009), S.18

[20] Eigene Darstellung - Daten: Anonym3, Kraftfahrt-Bundesamt, (2011)

[21] Datenauswertung : Anonym3, Kraftfahrt-Bundesamt (2011)

[22] Vgl. Weinreich (2004) S.43

[23] Vgl. Reif (2010, Konventioneller Antriebsstrang) S.8ff..

[24] Vgl. Pehnt (2007) S.374f.

[25] Vgl. URL8: www.manager-magazin.de

[26] Schäfer (2009) S.752f.

[27] Vgl. Heinloth (1996) S.181

[28] Vgl. Jendrischik, Hüpohl (2010) S.19f.

[29] Vgl. Mitschke, Wallentowitz (2004) S. 82 ff.

[30] Vgl. Klauke (2009) S.35ff.

[31] Vgl. Schönburg (2009) S.127ff.

[32] Angermeier (2005) S. 221

[33] Tab. in Anlehnung: Uecker (2006) S.139

[34] Wilhelm II, der König von Preußen und Deutschlands letzter Kaiser, sagte Anfang des 20. Jahrhunderts: „ Ich glaube an das Pferd. Das Automobil ist nur eine vorübergehende Erscheinung“.

[35] Vgl. von Heintze (2006) S.266f.

[36] Vgl. Helmers (2009) S.141

[37] Vgl. Sell (2007) S.4ff.

Ende der Leseprobe aus 83 Seiten

Details

Titel
Machbarkeitsstudie für ausgewählte E-Mobility-Konzepte für Deutschland 2020
Untertitel
Elektromobilität der Zukunft
Hochschule
Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin
Autor
Jahr
2011
Seiten
83
Katalognummer
V175235
ISBN (eBook)
9783640964260
ISBN (Buch)
9783640964710
Dateigröße
6032 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Elektromobilität, E-Mobilität, IKT, Ladeinfrastruktur, Batterietechnolgie, Leitmarkt, Subventionen, Prämie, Induktionsladen, Normung, Standard, Energiewirtschaft, Emissionen
Arbeit zitieren
Nancy Itzeck (Autor:in), 2011, Machbarkeitsstudie für ausgewählte E-Mobility-Konzepte für Deutschland 2020, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/175235

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