Organisationskultur und Innovationserfolg - Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Familienunternehmen und jungen Technologieunternehmen


Diplomarbeit, 2010

133 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

ABBILDUNGSVERZEICHNIS

TABELLENVERZEICHNIS

ANHANG

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

1. EINLEITUNG
1.1. PROBLEMSTELLUNG
1.2. ZIELSETZUNG DER ARBEIT
1.3. AUFBAU DER ARBEIT

2. GRUNDLAGENTEIL
2.1. DER RESSOURCENBASIERTE ANSATZ
2.2. ORGANISATIONSKULTUR
2.2.1. Definition und Abgrenzung
2.2.2. Modelle der Organisationskultur
2.3. INNOVATIONSERFOLG
2.4. UNTERNEHMENSTYP

3. EMPIRISCHE STUDIEN ZUM EINFLUSS VON ORGANISATIONSKULTUR AUF DEN INNOVATIONSERFOLG
3.1. ETABLIERTE UNTERNEHMEN
3.2. JUNGE TECHNOLOGIEUNTERNEHMEN
3.3. FAMILIENUNTERNEHMEN
3.4. ABLEITEN DER INNOVATIONSKULTUR
3.5. GEMEINSAMKEITEN UND UNTERSCHIEDE

4. DISKUSSION
4.1. METHODISCHE LIMITATION BEI DER MESSUNG VON ORGANISATIONSKULTUR
4.2. LIMITATIONEN DER VERWENDETEN STUDIEN UND BEGRIFFLICHKEITEN

5. FAZIT
5.1. ZUSAMMENFASSUNG
5.2. IMPLIKATION FÜR DIE PRAXIS
5.3. IMPLIKATION FÜR DIE FORSCHUNG

6. ANHANG
6.1. ETABLIERTE UNTERNEHMEN
6.2. JUNGE TECHNOLOGIEUNTERNEHMEN
6.3. FAMILIENUNTERNEHMEN

7. LITERATURVERZEICHNIS

ABBILDUNGSVERZEICHNIS

Abbildung 1: Typologisierung von Organisationskulturen

Abbildung 2: Drei Ebenen der Organisationskultur nach Schein

Abbildung 3: Organisationskulturmodell nach Schnyder

Abbildung 4: Radikale und inkrementale Innovationen

Abbildung 5: Eigenschaften des Innovationserfolges

Abbildung 6: MTMM Matrix zur Messung der Validität des OCAI / OCI Konstrukts

Abbildung 7: Wandlungsprozess der Organisationskultur

Abbildung 8: RBV zur Ermittlung der bestmöglichen Strategie

TABELLENVERZEICHNIS

Tabelle 1: Zwei Hauptrichtungen der Unternehmenskulturforschung

Tabelle 2: Merkmale einer informalen Organisation

Tabelle 3: Merkmale einer organischen Organisation

Tabelle 4: Liability of Newness

Tabelle 5: Liability of smallness

Tabelle 6: Liability of Uncertainty

Tabelle 7: Innovationsförderliche Vorteile reifer Großunternehmen und junger Technologieunternehmen

Tabelle 8: Empirischer Überblick indirekter Einflüsse der Organisationskultur auf den Innovationserfolg etablierter Unternehmen

Tabelle 9: Empirischer Überblick indirekter Einflüsse der Organisationskultur auf den Innovationserfolg etablierter Unternehmen

Tabelle 10: Empirischer Überblick moderierender Einflüsse der Organisationskultur auf den Innovationserfolg etablierter Unternehmen

Tabelle 11:Empirischer Überblick über den Einfluss der Organisationskultur auf den Innovationserfolg junger Technologieunternehmen

Tabelle 12: Empirischer Überblick über den Einfluss der Organisationskultur auf den Innovationserfolg etablierter Familienunternehmen

Tabelle 13: Innovationsförderliche Aspekte der Organisationskultur

Tabelle 14: Eigenschaften junger Technologieunternehmen

Tabelle 15: Determinanten junger Technologieunternehmen

Tabelle 16: Charakteristika von Familienunternehmen

Tabelle 17: Abkürzungen und Übersicht der Erfassungsansätze

ANHANG

Anhang 1: Dimensionen und Kulturtypen

Anhang 2: Innovationskultur- Werthaltungsprofil

Anhang 3: Abgrenzung junger Unternehmen in der Literatur

Anhang 4:Wachstumsphasen und Wachstumskrisen

Anhang 5: Generationenübergreifender Performancezyklus in Familienunternehmen

Anhang 6: Grenzübergreifende Unternehmensperformance durch stetige Innovationsschübe

Anhang 7: Überblick über Ansätze zur Erfassung der Organisationskultur (1/2)

Anhang 8: Überblick über Ansätze zur Erfassung der Organisationskultur (2/2)

Anhang 9: Denison Organizational Culture Model

Anhang 10:Innovationsschema erfolgreicher Familienunternehmen

Anhang 11:Empirischer Überblick direkter Einflüsse der Organisationskultur auf den Innovationserfolg etablierter Unternehmen

Anhang 12: Empirischer Überblick indirekter Einflüsse der Organisationskultur auf den Innovationserfolg etablierter Unternehmen

Anhang 13: Empirischer Überblick moderierender Einflüsse der Organisationskultur auf den Innovationserfolg etablierter Unternehmen

Anhang 14:Empirischer Überblick über den Einfluss der Organisationskultur auf den Innovationserfolg junger Technologieunternehmen

Anhang 15: Empirischer Überblick über den Einfluss der Organisationskultur auf den Innovationserfolg etablierter Familienunternehmen

Anhang 16: Studienanhang: Organisationskultur und Unternehmenserfolg

Anhang 17: Studienanhang: Sonstige Studien

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. EINLEITUNG

1.1. Problemstellung

„ Lässt sich Pizza auch mit Leberwurst belegen? “ Neue Kombinationen bekannter Produktionsfaktoren rufen im ersten Moment einstellungsbedingte Inkonsistenzen im Rahmen des S- O-R1 Modells hervor. (Böcker und Helm 2003, S.156) Und doch sind es ungewöhnliche Zusammenstellungen, durch welche erfolgreiche Innovationen hervorgebracht werden, wie das Beispiel der Schokolade mit Chili Extrakt zeigt.

Erfolgreiches Innovationsmanagement zu betreiben, ist kontextabhängig. Schumpeter (1931) schreibt in seinen Hypothesen Mark I und II, dass etablierte Unternehmen aufgrund ihres Größen- und Erfahrungsvorteils zu geringeren Kosten in Forschung, Entwicklung, Produktion und Kapitalbeschaffung gelangen. Demnach fällt es etablierten Unternehmen leichter den Prozess der „Schöpferischen Zerstörung“ einzuleiten und bewusst die Kannibalisierung von Produkten oder Dienstleistungen zugunsten neuer Einsatzfaktorkombinationen einzuleiten. Daraus schlussfolgernd ergibt sich eine deutlich schlechtere Ausgangslage für junge Techno- logieunternehmen im direkten Vergleich zu etablierten Familienunternehmen.

In der Literatur gibt es einen hitzigen Diskurs zu diesen Thesen, dessen Essenz ist, dass Schumpeters Hypothesen als empirisch nicht bestätigt gelten. Vielmehr gibt es inzwischen eine Vielzahl von Belegen dafür, dass die Beziehung zwischen „(…)entrepreneurship and economic performance is remarkably robust.“ (Audretsch 2002, S.1)

Dieser zweiten Annahme folgend, sind insbesondere junge Technologieunternehmen den etablierten Unternehmen im Innovationserfolg deutlich überlegen. Sie zeichnen sich durch eine, für „entrepreneurial behavior“ (unternehmerisches Verhalten) typische, risikofreudige, innovative Verhaltensweise aus und heben sich deutlich von nichttechnologieorientierten Un- ternehmensgründungen durch eine höhere Überlebenswahrscheinlichkeit und stärkere Be- schäftigungseffekte ab. (Roberts 1991, S.127; Kulicke 1993, S. 162f.; Pleschak und Werner 1998, S. 157; Wippler 1998, S. 1)

Interessant ist nun, wo diese Entrepreneurial Orientation verankert ist. Nicht wenige Wissen- schaftler gehen davon aus, dass der Grund hierfür in der Organisationskultur zu suchen ist. Damit wäre aber auch der Adaption dieser Organisationskultur für Familienunternehmen nichts im Wege und sie könnte, zusätzlich zum Größenvorteil, eine innovationsförderliche Organisationskultur aufbauen und gelänge dann erneut in eine bessere Position, als angreifende, junge Technologieunternehmen. Diese Arbeit widmet sich der Aufdeckung dieses bisher verborgenen Sachverhalts.

1.2. Zielsetzung der Arbeit

Diese Arbeit widmet sich der Darstellung einer innovativen Organisationskultur auf Basis eines theoretischen Ebenenmodells nach vorheriger Klärung ihrer theoretischen Verwendbar- keit. Als Gütemaß dient hierbei der Innovationserfolg. Im Rahmen der Analyse empirischer Ergebnisse wird diese Arbeit insofern eine Eingrenzung erfahren, als dass insbesondere die jungen Technologieunternehmen mit den Familienunternehmen verglichen werden. Auch die Unternehmenstypen sind in ihren Merkmalen zunächst theoretisch herzuleiten um im empiri- schen Teil die Frage zu beantworten, wo genau letztlich die Unterschiede und Gemeinsamkei- ten der organisationkulturellen Innovationserfolgsforschung, betrachtet nach Unternehmens- typ, liegen.

Auf Basis der erarbeiteten Daten wird diese Arbeit die Fragen beantworten, ob die Organisationskultur Basis eines nachhaltigen Wettbewerbsvorteils im Sinne des Ressource-Based View (RBV) darstellen kann und wenn ja, wie diese auszugestalten ist. Beachtet wird dabei, ob bestimmte Organisationskulturtypen oder Charakteristika den Innovationserfolg implizit fördern und ob diese Kulturen auf beliebige Organisationen übertragbar sind.

Auf Basis der ermittelten Daten, insbesondere der Modelle der Erfassung von Organisations- kultur, wird sich diese Arbeit den Schwächen der Organisationskultur als Einfluss]faktor im Sinne des RBV stellen und die angewandte Methodik in Frage stellen. Ebenso werden exemp- larisch häufig verwendete Methoden rezitiert und betrachtet um einen Überblick über die an- gewandte statistische Methodik zu erhalten. Implikationen für Forschung und Praxis schließen diese Arbeit.

1.3. Aufbau der Arbeit

Zuerst wird die Theorie des Resource-Based View erläutert um dann die begrifflichen Ab- grenzungen der verwendeten Begriffe vorzunehmen. Im Grundlagenteil wird anhand der Ab- grenzung zwischen Ebenen- und Typologiemodell der Organisationskultur entschieden. Auf dieser Basis wird im Hauptteil ein empirischer Überblick über die den derzeitigen For- schungsstand auf dem Gebiet gegeben. Eine Übersicht der Gemeinsamkeiten und Unterschie- de in Bezug auf die Ausprägung innovationserfolgsrelevanter Kulturdimensionen schließt den Hauptteil.

Anschließend folgt eine Diskussion um die verwendeten theoretischen Modelle und die Methodik der verwendeten Studien.

Im darauffolgenden Punkt wird ein Fazit geschlossen in dem diese Arbeit zusammengefasst wird und Implikationen sowohl für die Forschung als auch für die Praxis abgegeben werden.

Im Anhang befinden sich alle relevanten Studien zu dieser Arbeit mit der Stichprobe der etablierten Unternehmen, der jungen Technologieunternehmen, der Familienunternehmen sowie Studien, die ebenfalls von Interesse sein können, den Zusammenhang aber nicht direkt, indirekt oder moderierend erklären.

2. GRUNDLAGENTEIL

2.1. Der ressourcenbasierte Ansatz

Wernerfelt, als Namensgeber des resourcenbasierten Ansatzes (RBV) versteht unter einer Resource „anything which could be thought of as a strength or weakness of a given firm“ (Wernerfelt, 1984, S. 172) Diese Definition führte zu zahlreichen unterschiedlichen Auffas- sungen und Anwendungen, was auf weiträumige Interpretationsspielräume zurückgeführt wurde. (Priem und Butler, 2001, S. 22) Ausgangspunkt des RBV ist die Informationsasym- metrie aufgrund derer unterschiedliche Ertragserwartungen entstehen. Die Ertragserwartung führt zu einer entsprechenden Ressourcenauswahl, die der Erreichung des anvisierten Ver- wendungszwecks dienen soll.

Das Ziel des RBV ist es, den Erfolg von Unternehmen zu erklären. Erfolgsunterschiede werden mit der Heterogenität der Ressourcen erklärt. Allgemein wird der RBV als „link between a firm’s internal characteristics and performance” betrachtet. (Barney 1991, S. 100) Empirisch bestätigt wurde die zugrunde liegende Annahme über die ressourcenbasierte Abweichung in Erträgen durch Knyphausen (1993, S.773), Rasche (1994, S.4) sowie Barney und Arikan (2001, S.146). Letztere geben einen Überblick über die empirischen Studien.

Kern des RBV sind Ressourcen. Sie werden in tangible und intangible Ressourcen unter- schieden. (Wernerfelt, 1984, S.172) Tangible Ressourcen beinhalten physische Gegenstände, intangible Ressourcen immaterielle Gegenstände. Beispiele für tangible Ressourcen sind ma- terielle, finanzielle und humane Ressourcen. Beispiele für intangible Ressourcen sind intellek- tuelle Verfügungsrechte, Urheberrechte, Markennamen, Know-How und Organisationskultur sowie -struktur. (Hall, 1992)

Unterschiedliche Unternehmenserfolge erklärt der RBV anhand der Eigenschaften von Ressourcen. Demnach ist eine Ressource ein nachhaltiger Wettbewerbsvorteil, wenn sie die VRIN -Kriterien erfüllt. (Barney, 1991; Amit und Schoemaker, 1993; Peteraf, 1993) Die VRIN Kriterien lauten:

1. Valuable - Wertvoll. Die bessere Wahrnehmung von Kundenbedürfnissen ermöglicht effektiveres Arbeiten, (Bogner und Thomas, 1994; Verdin und Williamson, 1994) während die günstigere Befriedigung von Kundenbedürfnissen einen höheren Effizi- enzgrad im Vergleich zu Wettbewerbern beschreibt. (Hunt und Morgan, 1995, S.7; Barney, 1986a; Peteraf, 1993; Mahoney und Prahalad, 1992, S. 370; Conner, 1991, S. 131) Durch den Einsatz dieser Ressource erlangt die Unternehmung eine positive Nettowertschöpfung. (Barney 1991, S. 99; Amit und Schoemaker 1993, S. 36)
2. Rare - Selten. Um nachhaltig einen Wettbewerbsvorteil darzustellen, muss die Res- source von wenigen, oder bestenfalls, einem Unternehmen besitzt werden. Der Preis der Ressource spiegelt dessen erwartete, zukünftige, diskontierte Einnahmen wider. (Barney, 1986a, S. 1232-1233; Dierickx und Cool, 1989, S. 1504; Barney 1991, S. 100).
3. In-imitable - Schwer kopierbar. Wenn eine Ressource nur durch eine einzige Unter- nehmung kontrolliert wird, kann Sie eine Quelle für einen Wettbewerbsvorteil sein. (Barney, 1991, S. 70) Dieser Vorteil wird dadurch nachhaltig, dass Wettbewerber auch in Zukunft nicht in der Lage sein werden, diese Ressource zu kopieren. (Peteraf, 1993, S. 183; Barney, 1986b, S. 658). Auch und gerade stillschweigendes Wissen (tacit knowledge) der Organisation ist hiermit gemeint. Conner und Prahalad (1996, S. 477) bezeichnen die wissensbasierten Ressourcen als die Essenz des RBV, was deren Wichtigkeit hervorhebt.

Fünf Eigenschaften ermöglichen die Feststellung der Nicht-kopierbarkeit:

a. Causal ambiguity - Der Ursache-Wirkungszusammenhang ist unklar. (Di- erickx und Cool, 1989).
b. History - Mit fortschreitendem Alter gewinnt die Organisation an Erfahrung. In wiederkehrenden Situationen wird auf vorhandenes Wissen zurückgegriffen, welches nicht kopierbar ist.
c. Legal property rights - Eigentumsrechte schützen vor der Imitation durch Wettbewerber, die sehr wohl in der Lage sind, die Ressource zu kopieren - es aber rechtlich untersagt ist. Patente, Warenzeichen, Urheberrechte schützen geistiges Eigentum.
d. Social complexity - Soziale Komplexität besteht, wenn Ressourcen auf kom- plexen, sozialen Beziehungen basieren. (Barney, 1986b). Obwohl es unter gro- ßem Aufwand möglich ist, eine sozial komplexe Ressource wie Kultur zu spe- zifizieren, bedeutet es nicht, dass sie auch reproduziert werden kann. Außer- dem muss der Nettoertrag größer sein als die durch die Spezifikation entste- henden Aufwendungen, damit die Ressource weiterhin wertvoll ist.
e. Time compression diseconomies - Der Zeitbezug bezieht sich auf die benötigte Zeit, um Ressourcen durch Lernen, Erfahrungen, firmen-spezifisches Wissen oder Training zu imitieren. (Dierickx and Cool, 1989) Vorrübergehend mag eine Ressource kopierbar sein, über den Zeitverlauf jedoch entwickelt sich die Ressource, so dass ein neuer Imitationsprozess vom Wettbewerber eingeleitet werden muss.

4. Non-substitutable - Nicht Ersetzbarkeit. Dierickx und Cool (1989, S. 1509) und Bar- ney (1991, S. 111) schreiben, dass seltene, wertvolle und schwer kopierbare Ressourcen erst dann nachhaltig zu einem Wettbewerbsvorteil werden, wenn Wettbewerber nicht die Möglichkeit besitzen, die betreffende Ressource zu einem lohnenswertem Preis durch eine andere Ressource auszutauschen.

Eine Ressource stellt im Sinne des RBV einen nachhaltigen Wettbewerbsvorteil dar, wenn sie wertvoll, selten, schwer kopierbar und nicht substituierbar ist. Wettbewerbsvorteile begründen sich vor allem in Kernkompetenzen. Somit ist nicht jede Ressource geeignet einen nachhalti- gen Wettbewerbsvorteil darzustellen. Beispielsweise der Laptop des Professors. Es stellt ei- nen tangiblen, physischen Vermögensgegenstand dar - ist also eine Ressource im Sinne des RBV. Zweifelhaft ist lediglich seine Eigenschaft als Wettbewerbsvorteil, da er zwar einen gewissen materiellen Wert besitzt, aber nicht selten ist. Solange es sich um ein industriell ge- fertigtes Massenprodukt handelt, ist das Wissen zur Herstellung zwar schwer zugänglich, aber mehr als einem Unternehmen bekannt. Durch die zumindest fehlende Seltenheit ist es kein Wettbewerbsvorteil. Zusätzlich können gewisse Eigenschaften, wie bspw. die Textverarbei- tung durch andere Ressourcen (Zettel und Stift) kompensiert werden.

Die Frage ist nun, ob und wie die Organisationskultur als nachhaltiger Wettbewerbsvorteil genutzt werden kann. Aus ressourcentheoretischer Sicht gilt Organisationskultur als wichtiger Bestandteil des Wettbewerbsvorteils, wenn sie zur Erreichung des Unternehmensziels beiträgt, selten ist und schwer zu imitieren ist. (Schreyögg, 1998, S. 437)

Im Kontext zur Aufgabenstellung ist Organisationskultur ein Bestandteil intangibler Ressourcen und im Detail organisationaler Ressourcen. (Vgl. Hungeling, 2008, S.67)

In Bezug auf die Aufgabenstellung dieser Arbeit reicht es nicht, wenn die Organisationskultur den VRIN Attributen entspricht, da es im Sinne des RBV lediglich zu einem nachhaltigen Un- ternehmenserfolg kommt. Untersucht werden soll der Innovationserfolg, weswegen in erster Instanz eine innovationsförderliche Organisationskultur für den Unternehmenstypus junges Technologieunternehmen respektive Familienunternehmen gefunden werden muss. Nachdem festgestellt wurde, welche Organisationskultur zu einer Innovationskultur führt, kann auf des- sen Nachhaltigkeit geprüft werden. Hier bietet sich ein Vergleich an, ob eine ggf. unterschied- liche Innovationskultur in Familienunternehmen bzw. jungen Technologieunternehmen mehr oder weniger Nachhaltigkeitsfaktoren im Sinne des RBV besitzt. Auch ist dies entscheidend, da der Innovationserfolg bei hoher Nachhaltigkeit einen höheren Stellenwert besitzt.

Festzuhalten ist, dass ein nachhaltiger Innovationserfolg angestrebt wird, welcher die vier Attribute wertvoll, selten, schwer kopierbar und nicht substituierbar besitzen soll. Folgend ein Überblick über die Organisationskultur.

2.2. Organisationskultur

2.2.1. Definition und Abgrenzung

„Nicht das Kapital, sondern der Geist der Arbeit ist die Seele der Unternehmung“, schreibt Nicklisch (1922, S.56) als Antwort auf den Taylorismus der 1920er Jahre. Der Geist der Gemeinschaft führt zu einer Einbeziehung der Mitarbeiter und verhindert Konsequenzen, die ein ausgeprägter Taylorismus mit sich bringt. (Nicklisch, 1932, S. 305)

Dieser frühe Ansatz spiegelt die Existenz dessen wieder, was in den 1980ern als Organisati- ons- respektive Unternehmenskultur diskutiert wurde. Als zentrale Ressource nachhaltigen Wettbewerbsvorteils wurde die Unternehmenskultur als Erklärungsansatz angeführt, weswe- gen japanische Firmen effektiver und effizienter wirkten. Sandig (1937, S.8) stellte früh fest, dass es dem Betrieb ohne Gemeinschaft in entscheidenden Augenblicken an Einheit und Schlagkraft fehlt. Kroeber und Kluckhohn (1952, S 357) haben 164 Definitionen für Kultur zusammengetragen. Das zeigt bereits die Vielschichtigkeit, mit dem Begriff Kultur insgesamt und der Organisationskultur im Speziellen. Um sich einer Definition zu nähern, wird zunächst ein Überblick über unterschiedliche Dimensionen und Betrachtungsweisungen gegeben. Da- rauf aufbauend wird der Begriff Organisationskultur von Organisationsklima abgegrenzt, so dass am Ende dieses Punktes eine klare Definition herausgearbeitet werden kann.

Ausgangspunkt der Einordnung von wichtigen theoretischen Ansätzen zur Organisationskultur ist der Vorschlag von Smircich (1983, S. 347-353). Sie unterscheidet die folgenden fünf Perspektiven, auf die sich ein Großteil der forschenden Wissenschaftler bezieht:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die interkulturelle Perspektive ist geprägt von Vergleichen zwischen Ländern. Landestypi- sche Merkmale werden unterschieden nach ihrer Struktur, ihrer Führung, ihren Mitarbeitern und ihrer Entscheidungsfindung. Diese interkulturelle Perspektive ist eng mit Hofstede ver- knüpft und hat zwar einen Einfluss auf die Wirkungsbeziehung zum Innovationserfolg, jedoch lediglich moderierender Natur. Er verändert signifikante Wirkungsbeziehungen nur marginal. Die empirische Forschung um das Forscherteam von Deshpandé hat sich in der Offenlegung um die Wirkungsbeziehung in unterschiedlichen Ländern verdient gemacht. Damit gerät das eigentliche Thema jedoch außer Acht, weswegen die Untersuchungen nur am Rande betrach- tet werden.

Unternehmenskultur ist ebenfalls ein Bestandteil der hat Kategorie. Bei der Unternehmens- kultur handelt es sich um die Kultur der Organisation. Kultur wird als ein Aspekt der Organi- sation betrachtet. Forschungsfragen richten sich hierbei auf die Erfassung von Zusammenhän- gen mit anderen Variablen der Organisation und deren Beziehung zu Umgebungsvariablen. Organisationskultur wird als übergreifender normativer Leim betrachtet, der die Organisation zusammenhält.

Unternehmenskultur und die interkulturelle Perspektive betrachten die Kultur als Variable. Entweder ist die Kultur ein Teil der Umwelt (interkulturell) oder ein Teil der Organisation (Unternehmenskultur). Damit kann Organisationskultur in diesem Zusammenhang als unabhängige Variable in Form einer Bedingung, als abhängige Variable in Form eines Ergebnisses, oder als Moderator Variable wirken.

Im Gegensatz dazu, betrachten Forscher der drei anderen Perspektiven, c, d und e, die Bedeutung der Organisation. Effektivität oder Ergebnisse sind explizit nicht Bestandteil des Interesses, weshalb sich eine erste Abgrenzung in dieser Arbeit auf das Verständnis von Organisationskultur im Sinne von interkultureller Perspektive und Unternehmenskultur, also Variablen a und b vornehmen lässt. (van Muijen 1998, S. 113f.)

Marré (1997, S.10) ordnet die Unternehmenskulturforschung in zwei Hauptrichtungen ein:

Tabelle 1: Zwei Hauptrichtungen der Unternehmenskulturforschung

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Marré (1997, S.10)

Zwei Ansätze zur Klärung der Organisationskultur werden diskutiert. Der Metaphern Ansatz ist zur Beantwortung der Fragestellung dieser Arbeit allerdings nicht geeignet, da Kultur als ein spontan entstandenes Ideensystem verstanden wird und somit nicht beobachtbar ist. Die Nicht-Beobachtbarkeit verhindert die Messung und damit auch die Erklärung von Unterschieden im Innovationserfolg, bezogen auf die Kulturdimensionen. (Vgl. Neubauer 2003, S. 20) Wie später allerdings noch zu sehen ist, tut diese Eingrenzung einer Vielzahl von Messmethoden der Organisationskultur keinen Abbruch.

Da es in Kapitel drei maßgeblich um die Beantwortung der Frage von Unterschieden und Gemeinsamkeiten in den Auswirkungen divergierender Dimensionen der Organisationskultur geht, ist es unabdingbar auf messbare Konstrukte der Organisationskultur zurückzugreifen. Daher bezieht sich diese Arbeit auf den Variablen-Ansatz womit insbesondere die funktiona- listischen Erklärungsansätze verbunden sind. Es interessiert hier der Zusammenhang von Va- riablen. Der Zugang zur Organisationskultur erfolgt durch Beobachtungen, Befragungen und Analysen vorhandener Daten. Ausgehend von einem starken Einfluss der Organisationskultur auf die Leistung der Mitarbeiter, korreliert diese auch mit dem Unternehmenserfolg im All- gemeinen und dem Innovationserfolg im Speziellen. Angemerkt werden muss, dass nur solche Variablen berücksichtigt werden können, die methodisch erfasst werden können (reduktionis- tischer Ansatz). Die Vorteile liegen in der Messbarkeit der Variablen (Quantifizierbarkeit, Skalierbarkeit, Metrisierung) und dessen statistischer Auswertung.

Organisationskultur in einem Unternehmen beinhaltet somit das gelernte Erfahrungswissen einer Organisationseinheit (Schein 1992, S. 15). Es entwickelt sich fortlaufend, indem ihre Mitglieder Erfahrungen sammeln und bewerten. Lösungen, die sich als nützlich erweisen und sich wiederholt bewährt haben, werden in die Organisationskultur integriert. (Kotter und Heskett 1992, S. 15) Nützliche Verhaltensweisen werden institutionalisiert und bilden so Teil des kulturellen impliziten Wissens. (Herbig und Dunphy 1998, S. 14) Mit Hilfe von Sozialisa- tionsprozessen wird dieses Wissen an neue Mitglieder weitergegeben und so verstärkt und gefestigt. Hieraus entstehen im Laufe der Zeit Handlungsroutinen. (Hauschildt 2004, S. 404) Definitorisch schlägt sich dies in der dieser Arbeit zugrunde liegenden Definition von Schein (1992, S.12) nieder:

„ Organisationskultur ist ein Muster gemeinsam geteilter Grundannahmen, das eine gegebene Gruppe zur Bewältigung der Probleme der externen Anpassung und der internen Integration erfunden hat, entdeckt oder entwickelt hat - und das gut genug funktioniert hat, um es als gültig anzusehen, und das deshalb neuen Mitgliedern zu vermitteln ist, damit sie in der richtigen Weise diese Probleme wahrnehmen, denken und fühlen. “

Oft werden Organisationskultur und Unternehmenskultur synonym verwendet. Bei der Literaturrecherche wurde dies berücksichtigt. Dennoch wird an diese Stelle darauf aufmerksam gemacht, dass eine Organisation auch auf nicht wirtschaftliche Interessen ausgelegt sein kann (z.B. eine öffentliche Forschungsinstitution), während bei einem Unternehmen das Gewinnmaximierungskalkül des Unternehmens implizit unterstellt wird. Gerade bei der Beziehung zum Innovationserfolg spielen nicht-wirtschaftliche Interessen ebenfalls eine Rolle, weshalb die Organisationskultur ein bewusst umfassenderes Konzept darstellt.

In der Literatur wird der Organisationskultur Begriff häufig von weiteren sozialwissenschaft- lichen und psychologischen Begriffen abgegrenzt, die für diese Arbeit von geringer Relevanz sind. Ein häufig in der Betriebswirtschaft abgegrenzter Terminus ist das Organisationsklima. Unterschiede ergeben sich aus der Ableitungsrichtung. So stammt der Klimabegriff aus der Psychologie, der Kulturbegriff aus der Anthropologie. Organisationsklima wird definiert als Wahrnehmung der Prozeduren und Bedingungen in einer Unternehmung. Viel beachtet ist der funktionalistische Ansatz, nach dem Organisationsklima ein zur Organisationskultur komple- mentäres Konstrukt darstellt. Denison (1996, S.645) stellte letztendlich allerdings klar, dass es zwar verschiedene Forschungs-Paradigmen gibt, die Vorgehensweise der Forscher jedoch gleich ist. Der wahre Unterschied liegt nicht in der Erhebung, sondern in der Interpretation. Dieses Plädoyer beendete die Debatte. In dieser Arbeit bezieht sich das Organisationsklima auf die bewusste, qualitativ bewertende Wahrnehmung des Arbeitsumfeldes mit starkem Be- zug zur Mitarbeitermotivation, während hingegen die Organisationskultur in weiten Teilen unbewusst ist, nicht wahrgenommen wird und sich auf implizite Werte und Normen bezieht.

Organisationsklima kann hierbei als ein Teilaspekt der Organisationskultur verstanden werden. (McMurray 2003, S.1f.)

2.2.2. Modelle der Organisationskultur

Bei der Charakterisierung verschiedener Arten von Organisationskulturen werden zwei Ansätze verfolgt. Die Literatur unterscheidet zwischen typologieorientierten und dimensionsoder ebenenorientierten Ansätzen. (Derenthal 2009, S. 27f.)

Typologisierungsmodelle entstanden aus dem Wunsch herauszufinden, welche entscheidenden Faktoren die japanischen Unternehmen im Vgl. zu den US-amerikanischen Pendants Anfang der 1980er Jahre so erfolgreich machen. Eines der ersten Modelle liefert Ouchi (1981). Dieses und Weitere, typologieorientierte Ansätze, bilden auf Basis verschiedener Kriterien unterschiedliche Idealtypen der Organisationskultur ab. Die von Quinn (1988, S.51) aufgestellte, von Cameron und Freeman (1991, S. 27 & 29) empirisch bestätigte Competing Values Typologie findet in der Literatur Aufmerksamkeit, ist in Bezug auf die Innovationserfolgforschung jedoch wenig präsent.

Das Competing Values Framework (CVF oder CVM, für Model) unterscheidet zwischen einer internen und externen Orientierung, sowie zwischen organischen und mechanischen Prozes- sen. Als Ergebnis entstehen vier idealtypische Organisationskulturen: Clan, Adhocracy, Hierachy und Markt-Kultur. Die Hierarchie Kultur besitzt ein hohes Maß an Arbeitsstandardi- sierung und Formalisierung und ist in Großunternehmen weiter verbreitet, während die Adhocracy Kultur die Wichtigkeit von Innovationen und Unternehmertum betont. Marktori- entierte Kulturen sehen die Orientierung am Kunden und dem Wettbewerb als Schlüssel zum Erfolg, während sich die Clan Kultur durch eine familienorientierte Atmosphäre auszeichnet. Diese, so die Annahme, findet sich eher in mittelständischen und familiengeprägten Unter- nehmen.

Abbildung 1: Typologisierung von Organisationskulturen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Cameron und Freeman (1991), S.27/29 und Quinn (1988), S.51

Ebenbasierte Modelle der Organisationskultur

Das populärste Ebenenmodell stammt von Schein (1984). Er unterscheidet drei Ebenen der Organisationskultur und nimmt an, dass sie sich wechselseitig beeinflussen. (Vgl. Abb. 2) Auf der untersten Ebene befinden sich Überzeugungen und Annahmen über grundsätzliche Dinge wie menschliches Verhalten, Wahrheit/Lüge und Zeit. Diese Annahmen sind für Men- schen selbstverständlich und auch häufig nicht bewusst. Sie sind schwer zu erfassen da sie nicht sichtbar sind. Auf der mittleren Ebene befinden sich öffentlich propagierte Werte, Nor- men und Regelungen. Die Aspekte der Organisationskultur, die sich auf dieser Ebene einord- nen lassen, sind den Mitgliedern der Organisation zum Teil bewusst und zum Teil auch un- bewusst. Sie sind darüber hinaus eher nicht sichtbar. Sichtbares Verhalten befindet sich auf der obersten Ebene der Artefakte.

Abbildung 2: Drei Ebenen der Organisationskultur nach Schein

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Schein (2003), S.31

Die Entschlüsselung der Organisationskultur nach Schein soll im Idealfall durch einen exter- nen Forscher als Beobachter geschehen. Es wird betont, dass es ein Wissenschaftler sein soll, der zunächst alleine beobachtet und im Anschluss gemeinsam mit den Organisationsmitglie- dern diese Resultate deutet. Grundannahmen in Hypothesenform werden mittels Fragebögen, Dokumentenanalysen und formalen Interviews überprüft. Eine formale Niederschrift folgt. Die Grundlage für das in dieser Arbeit später verwendete Modell der Innovationskultur bildet Schnyders Ebenenmodell (1989). Die unterste Ebene Schnyders Kulturmodell umfasst Wert- haltungen, Orientierungsmuster, kognitive Fähigkeiten, Normen, Sinnvermittlungspotentiale und Wissensbestandteile die von den Organisationsmitgliedern geteilt werden. Diese Ebene ist die elementarste und stellt den Kern der Kultur dar, daher auch der Name Kulturebene. Sie besteht aus drei Komponenten. Die evaluative Komponente umfasst Werte Normen und Orientierungsmuster, die kognitive Komponente Wissen, Kognitionen und Fähigkeiten der Organisationsmitglieder, während die dritte Komponente durch Sinnvermittlungspotentiale den Organisationsmitgliedern hilft, die soziale Wirklichkeit zu definieren, derer sie sich be- dienen um ihre Umwelt zu verstehen. Auf der Instrumentalebene werden von der Unterneh- mensleitung Regeln bestimmt um die Strategie umzusetzen. Auch mittel- und kurzfristige

Ziele finden dabei Beachtung im Sinne von Ausstattung mit Methoden. Die letzte Ebene steuert Prozesse durch Instrumente. Sie determinieren die Kommunikation, den Informationsfluss, Planungsabläufe und Produktionsprozesse. Eine Gegenseitige Beeinflussung der Ebenen wird, wie bei Schein, angenommen.

Abbildung 3: Organisationskulturmodell nach Schnyder

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Schnyder (1989) und Stremming (2009, S.87)

2.3. Innovationserfolg

Ausgehend der Definition und Abgrenzung einer Innovation, wird dieser Abschnitt klären was im Folgenden unter Innovationserfolg verstanden wird. Dabei vereint der Innovationserfolg mehrere Items, welche durch Hauschildt und Salomo (2007) in drei Kategorien separiert wurde. Folgend die Herleitung der Definition einer Innovation, dessen Abgrenzung, sowie die Definition von Innovationserfolg und dessen Bestandteile.

Der Begriff Innovation geht etymologisch auf das lateinische „novus“ (neu) und dem daraus abgeleitetem „innovatio“ (Neuerung, Neuheit) zurück. (Vahs und Burmester 2005, S.45) Neuheit ist demnach das Kernelement der Innovation. (Weyrich 1997, S. 41) In den Wirtschaftsbereich wurde der Innovationsbegriff von Schumpeter eingeführt. Erstmals erwähnte er sie in Form der sch ö pferischen Zerst ö rung. (Schumpeter 1931, S. 100f.) Das sch ö pferische Element ist die Kombination bekannter oder neuer Produktionsfaktoren zu einem neuen Produkt oder Prozess. Das zerst ö rerische Element ist die Kapitalisierung existierender Produkte oder Prozesse. Schumpeters Überlegungen führten zur Erkenntnis, dass Innovationen elementare Voraussetzung für nachhaltigen Unternehmenserfolg darstellen. (Vgl. Brockhoff 1999, S.1) Basierend auf Schumpeters Überlegungen ergeben sich viele Definitionen in der Literatur. Drei häufig genannte Definitionen sind z.B.:

„Unter einer Innovation soll hier der gesamte Prozess der Erforschung, Entwicklung und Anwendung einer Technologie verstanden werden. Dieser Prozess besteht definitionsgemäß also aus mehreren aufeinander folgenden Phasen (Subprozessen), die sich analytisch unterscheiden lassen.“ Uhlmann (1978, S. 41)

„Die Umwandlung von Geld in Wissen ist Forschung, die Umwandlung von Wissen in Geld ist Innovation.“ Mirow (1998, S. 485)

„Liegt eine Erfindung vor und verspricht sie wirtschaftlichen Erfolg, so werden Investitionen für die Fertigungsvorbereitung und die Markterschließung erforderlich, Produktion und Marketing müssen in Gang gesetzt werden. Kann damit die Einführung auf dem Markt erreicht werden oder ein neues Verfahren eingesetzt werden, so spricht man von einer Produktinnovation oder einer Prozessinnovation“ Brockhoff (1992, S. 28)

Unterschiede und Gemeinsamkeiten der Definitionen ergeben sich durch unterschiedliche Ausprägungen der Einzelaspekte einer Innovation. Sie unterscheiden sich nach der/dem (Vgl. hier und im Folgenden Hauschildt und Salomo 2007, S. 3-31)

- Inhalt/Qualität (Worin besteh die Innovation?) Intensität (Wie neu?)
- Subjektivität (Neu für wen?)
- Prozess (Womit beginnt/endet ein Innovationsprozess?)
- Normativ (Neu = erfolgreich?)

Die inhaltliche Dimension beinhaltet marktfähige Produkt- und interne Prozessinnovationen. (Gemünden, Ritter und Heydebreck 1996, S. 455)

Prozessinnovationen erhöhen die Effizienz, während Produktinnovationen einen neuen Zweck erfüllen, oder einen bestehenden Zweck unter Einsatz neuer Produktionsfaktoren zu erfüllen. Die Intensitätsdimension misst die Veränderung zum Status Quo. Dichotome Ansätze unter- scheiden zwischen kontinuierlichen und diskontinuierlichen oder inkrementellen und radika- len Innovationen. Die Entwicklung des ersten Flachbildschirms z.B. ist als radikale Innovati- on einzustufen, was ursächlich an dem hohen Neuartigkeitsgrad sowohl für die Kunden als auch für den Hersteller liegt. (Vgl. im Folgenden Chandy und Tellis 1998; Kleinschmidt und Cooper 1991, S. 244)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Radikale und inkrementale Innovationen

Um den Innovationserfolg nicht unnötig stark einzugrenzen, unterscheidet die vorliegende Arbeit zwar zwischen inkrementeller und radikaler Innovation, grenzt den Innovationsbegriff jedoch nicht unnötig ein. Eine Innovation liegt demnach auch bei niedriger Kunden- und Her- stellersicht vor.

Ist die Innovation an sich getätigt, muss im weiteren Verlauf dessen Erfolg gemessen werden. Die subjektive Dimension fragt nach der Beurteilung der Innovation durch das Individuum. Um nicht einem Ein-Personen-Bias zu erliegen, wird in dieser Arbeit ein größerer Rahmen gezogen. Für die Determinanten der Erfolgswirkungen ist es Entscheidend ob es sich aus der Sicht des Managements und der Mitarbeiter um eine Innovation handelt.(Garcia und Calantone 2002, S. 113) Ebenfalls gilt als innovativ, was in der Branche und am Markt aus Sicht des Kunden (Garcia und Calantone 2002, S.113) innovativ ist.

Die prozessuale Dimension beschreibt alle Innovationsaktivitäten als Prozess von der Ideen- findung zur Markteinführung. Unter der normativen Dimension werden Innovationen als In- vestitionen unter Risiko und Unsicherheit behandelt. (Hauschildt und Salomo 2007, S. 527) Unsicher sind Innovationen aufgrund ihres hohen Fehlschlagrisikos und dem damit verbunde- nen geringen Markterfolg. (Homburg und Pflesser 2000, S. 452) Wichtige Bedeutung kommt der normativen Dimension im Bereich der Innovationserfolgsmessung zu Teil. Am Markt eingeführte Innovationen erreichen einen wirtschaftlichen Erfolg nach Überwindung der Adoptionsphase. Aufgrund des zu betrachtenden Innovationserfolges junger Technologieun- ternehmen und der dort eingegrenzten Phasen, ist der wirtschaftliche Erfolg nicht Bedingung für den Innovationserfolg. Vielmehr ist er eine der drei Erfolgsgruppen als Bestandteil.

Das Ziel dieser Arbeit ist es, die Einflüsse der Organisationskultur auf den Innovationserfolg zu untersuchen. Der Erfolg der betrachteten Organisationskultur muss sich daher am Zielerreichungsgrad der Innovation messen lassen. Aufgrund der Vielzahl an Kennzahlen zur Erfassung des Innovationserfolgs muss vor dessen Definition ein kurzer Überblick gegeben werden. Zudem muss festgestellt werden, dass gerade bei jungen Unternehmen eine Ex-Post Erfolgsmessung anhand von noch nicht eingeführten Produkten schwerlich möglich ist. (Vgl. Krieger 2005, S.29; Schlaak 1999, S. 102; Hauschildt 1997, S.387)

Pappas und Remer (1985) schlagen drei Ansätze vor:

- Qualitativer Ansatz
- Quantitativ-metrischer Ansatz
- Semi-quantitativer bzw. nicht metrischer Ansatz.

Da insbesondere junge Technologieunternehmen aufgrund langer F&E Laufzeiten gemäß der gewählten Definition maximal in der Bewährungsphase stehen, ist es nicht sinnvoll quantita- tive Ansätze zu verfolgen. Eine Innovation ist eine Investition in die Zukunft und zuerst mit Aufwand und erst in den Phasen nach der Bewährung mit Ertrag verbunden. Erfolgsgrößen müssen (1) den Innovationen einzeln zuzuordnen sein, (2) anhand eines vorher festgelegtes Ziels gemessen werden, (3) den Zusammenhang mit wirtschaftlichem Erfolg abbilden, (4) umfassend den Erfolg während des Prozesses abbilden. (Vgl. Krieger 2005, S.29f.)

Mögliche Erfolgsgrößen

Laut Gerpott (2005) gibt es nicht den ziel- und situationsabhängigen Kriterienansatz zur In- novationserfolgsmessung. Er bezieht sich auf Brockhoff (1999) u.a. und schlägt die Eintei- lung in input-bezogene, prozess-bezogene, sowie output-bezogene Erfolgsgrößen vor. Input- bezogene Erfolgsgrößen orientieren sich bspw. an dem F&E Budget je Mitarbeiter um einen Rückschluss auf den Innovationserfolg zu ziehen. Es wird eine Korrelation vermutet, obwohl dadurch eher Rückschlüsse auf die Innovationsorientierung getätigt werden können, als das es als unabhängige Erfolgs-Variable bestehen kann. Prozessbezogene Erfolgsgrößen kommen dem Problem, dass der wirtschaftliche Erfolg erst nach der Markteinführung messbar ist, bei. Unter Einbezug der drei Kriterien

(1) Qualität & Leistung,

Die Qualität eines Produktes ergibt sich aus dessen technischer Leistung sowie der kundenorientierten Funktionsfähigkeit. (Beal und Lockamy 1999, S. 79)

(2) Zeit,

Aufgrund des kürzer werdenden Produktlebenszyklus ‘ bei steigender Entwick lungskomplexität entsteht ein stärkerer Innovationsdruck. Das Ziel ist, die Entwicklungszeit gering zu halten um einen schnellen Markteintritt zu fokussieren. (Geschka 1993, S. 18)

(3) Kosten & Budget,

Ziel ist, das veranschlagte Budget einzuhalten. Für junge Technologieunternehmen sogar noch elementarer, als für Familienunternehmen

wird der erwartete anstatt des realisierten Innovationserfolges mit einbezogen. (Krieger 2005, S.30) Weil diese Arbeit gezielt junge Technologieunternehmen betrachtet, muss die prozessbezogene Erfolgsgröße mit zum Innovationserfolg gehören.

Als dritte Dimension des output-orientierten Erfolgsmaßes folgt diese Arbeit den Ausführun- gen von Hauschildt und Salomo (2007, S.532; Vgl. Abb. auf der folgenden Seite) Demnach wird der Gesamtnutzen von drei Kategorien bestimmt. Direkte Technische Effekte bezeichnen spezifische Messwerte der Produktqualität, wie etwa Leistung (z.B. PS/KW) oder Verbrauch (Kraftstoff-Normverbrauch je 100 Km), während indirekte Technische Effekte Lernerfolge, Erfahrungsgewinn, Wissenssteigerung, Transfereffekte auf andere Produkte, sowie Werbe- Sicherungs- und Abwehreffekte oder die Offenbarung von Schwachstellen be- nennen. Direkt messbare ökonomische Effekte beziehen sich auf eine Steigerung von Umsatz sowie Gewinn und Deckungsbeitrag, erlangte Subventionen sowie gesunkene Kosten. Indi- rekte ökonomische Effekte beziehen sich auf die Umsatzdegression von Wettbewerbern, oder einer Kostenerhöhung der selbigen. Der Marktanteil ist ein geeigneter Gradmesser für den erzielten Wettbewerbsvorteil. Ökonomische Effekte beziehen sich maßgeblich auf den Zeit- punkt nach der Festlegung des Dominanten Designs, weshalb die Kategorie des Ökonomi- schen Nutzens maßgeblich für Familienunternehmen von Interesse ist. (Utterback und Aber- nathy 1975, S.645)

Abbildung 5: Eigenschaften des Innovationserfolges

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Hauschildt und Salomo (2007) S. 532

Sonstige Effekte beziehen sich nach Hauschildt und Salomo auf die individuelle oder systembezogenen Ebene. Die individuelle Ebene bezeichnet die Selbstverwirklichung des Innovators oder dessen wissenschaftliche Anerkennung. Soziale Umwelt- und Autonomieeffekte beschreiben die Systembezogene Ebene.

2.4. Unternehmenstyp

Zunächst wird das junge Technologieunternehmen definiert und auf Grundlage vorhandener Literatur spezifiziert. Im Anschluss folgt das Familienunternehmen.

Junge Technologieunternehmen

Die Abgrenzung des Terminus jung ist keineswegs trivial. In der Literatur wird ein offener Austausch hierüber geführt, anhand welches Ansatzes ein Unternehmen zu beurteilen ist. Das Alter, als naheliegendste aller Determinanten, scheidet als Beurteilungsgrundlage aufgrund seiner mangelnden Aussagekraft und der mannigfaltigen Einflusswirkungen und Ausprägun- gen auf und von Unternehmungen aus. Da Forschung und Entwicklung als Grundlage für Produkt-, Prozess- und Dienstleistungsinnovationen dienen, ist die Branchenzugehörigkeit der entscheidende Faktor.

Die durchschnittliche Entwicklungsdauer eines Pharmaunternehmens bspw. beträgt acht bis zwölf Jahre. (Miller, 2004, S. 9) Es sind demnach die Verhältnisse, welche determinieren, ob eine Unternehmung jung ist. Die ausgewertete Literatur enthält zumeist einzelne Aspekte um junge Unternehmen zu beschreiben. Daher wurden die einzelnen Aspekte einer jungen Unternehmung zusammengefasst und in drei Kategorien untergliedert.

1. Zweiteilige Ansätze

Eine zweiteilige Betrachtungsweise bedeutet, dass es immer genau zwei gegensätzliche Dimensionen mit unterschiedlichen Ausprägungen gibt. Eine der ältesten Ausführungen findet sich bei Roethlisberger und Dickson (1939, S. 525ff.). Dort wurden formale und informale Organisationen unterschieden, wobei jungen Unternehmungen eher informale Organisationseigenschaften zugesprochen wurden. (Mintzberg, 1983, S. 123; Mintzberg et al. 1996, S. 217; Schefczyck und Pankotsch, 2003, S. 139f.) Als Grund wurde genannt, dass sich die Formalisierung der Organisation durch das junge Alter noch nicht herausgebildet hat, anders als bei etablierten Unternehmen. (Schefczyk und Pankotsch, 2003, S. 126)

Als weitere Ausführung, um junge Unternehmen im Rahmen zweiteiliger Ansätze zu beschreiben, dient die Unterscheidung zwischen mechanischer und organischer Natur. (Burns und Stalker, 1961, S.96) Organisch beschreibt demnach grob definierte Aufgaben, das Fehlen von Regeln und etablierten Prozessen, die unklaren Zuständigkeiten und Verantwortungsbereiche, wirre Kommunikationskanäle, subjektive Anreizsysteme und Personalpolitik, sowie informale Prozesse. Mechanistisch beschreibt das genaue Gegenteil. (Robey, 1991, S.88) Junge Unternehmungen sind tendenziell organischer Natur. (Kao, 1989, S.399)

Eine dritte, aber empirisch widersprüchliche Abgrenzung junger Unternehmen, bezieht sich auf den Grad der Kontrolle. So sollen wenige Mitarbeiter wenig Kontrolle und im Endeffekt eine hohe Innovativität bedeuten. (Shepard, 1967, S. 470 basierend auf den Überlegungen von Burns und Stalker, 1961, S. 96ff)

Empirisch wurde diese These sowohl bestätigt (Johne, 1984 S. 212ff.) als auch widerlegt (Albers und Eggers, 1991, S. 52ff.). Diese Inkonsistenz ist auch der Grund, weshalb sich diese Dimension nicht durchsetzen konnte.

Tabelle 2: Merkmale einer informalen Organisation

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Hungeling 2008

Tabelle 3: Merkmale einer organischen Organisation

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Hungeling 2008

Die Forschung hat sich von diesem Ansatz der zweiteiligen Ansätze abgewandt. Grund ist, dass in der Realität nicht zwei gegensätzliche, sondern eine Vielzahl unterschiedlicher Dimensionen auf die Unternehmung einwirken. (Hungeling, 2008, S. 19)

2. Evolutionstheoretischer Ansatz

Annahme des evolutionstheoretischen Ansatzes ist, dass ein Unternehmen überlebt, wenn es den Selektionsprozess in Form organisationaler Herausforderungen meistert. Gruber (2004, S.

82 und 2004a, S.170) beschreibt die Sterblichkeit von Organisationen als organisationale Anfälligkeit, auch „liablilites“.

Er kategorisiert drei liablities. Die „Liablity of Newness“ basierend auf Stinchcomb (1965, S.148) nach der junge Unternehmen besonders anfällig gegenüber kontextuellen Änderungen sind. Kontextuelle Änderungen sind in diesem Zusammenhang die Veränderung der Rolle des Gründers und der Mitarbeiter durch sich ändernde Zuständigkeiten, die Abhängigkeiten unter noch einander unbekannten Personen, sowie die instabilen Beziehungen zu Vertragspartnern. Erweitert wurde diese „Liability of Newness“ durch Brüderl und Schüssler (1990, S.533) durch die zeitversetzte Sterblichkeit von jungen Unternehmen. Diese „Liability of Adolescence“ wird mit dem Aufbrauchen des Anfangsbestands an Ressourcen begründet.

Zusätzlich zum Alter wurde auch die Größe des Unternehmens in den Erklärungsansatz mit eingebunden. (Aldrich und Auster, 1990, S. 33) Junge Unternehmen sind in der Tendenz deutlich kleiner, weshalb eine „Liability of Smallness“ festgestellt wurde. Knappe Ressourcen und ein früher Stand auf der Erfahrungskurve hindern bei der Erzielung von Größenvorteilen („economies of scale“). Dieser Wettbewerbsnachteil kann zu verfrühter Sterblichkeit führen. (Brüderl und Schüssler, 1990, S. 533) Nicht empirisch geprüft, aber dennoch bei Gruber (2004, S. 81) aufgeführt ist die „Liability of Uncertainty“. Da Chancen und Risiko korrelieren, (Bleicher, 2001, S. 648) ergeben sich bei junger, chancenreicher Unternehmertätigkeit auch Risiken. Diese sind mit der liability of Uncertainty gemeint.

Tabelle 4: Liability of Newness

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: In Anlehnung an Gruber (2004), S. 80f. und Hungeling (2008), S. 24

Tabelle 5: Liability of smallness

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: In Anlehnung an Gruber (2004), S. 80f. und Hungeling (2008), S. 24

Tabelle 6: Liability of Uncertainty

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: In Anlehnung an Gruber (2004), S. 80f. und Hungeling (2008), S. 24

3. Lebenszyklusmodell-Ansätze

Die Abgrenzung eines jungen Technologieunternehmens kann weder durch den Dichotomie Ansatz noch durch den Evolutionstheoretischen Ansatz final abgegrenzt werden. Daher entstand das Lebenszyklusmodell. Es beinhaltet drei Ströme: Krisenmodelle, Marktentwicklungsmodelle und Metamorphose- oder Phasenmodelle. (Starbuck, 1971, S. 275; Nathusius, 1979, S.104; Kaiser und Gläser, 1999, S.11)

Krisenmodelle gehen davon aus, dass ein Unternehmen sich durch zu bewältigende Krisen am Ende eines Lebenszyklus‘ weiterentwickelt. Marktentwicklungsmodelle ziehen das Produkt als Bewertungskriterium heran. Da sowohl Krisen- als auch Marktentwicklungsmodelle das Alter nur mittelbar oder gar nicht als Einflussfaktor betrachten, sind diese Modelle zur Beschreibung junger Unternehmen nicht geeignet. (Nathusius, 1979, S. 108)

Phasenabgrenzende Metamorphosemodelle hingegen sind durchaus hilfreich. Sie teilen das Unternehmen in drei bis sechs Phasen gemäß ihrem Entwicklungsstand ein. Die Phasen implizieren einen Unterschied gemäß Alter. Unklar hingegen ist, in welcher Phase der Übergang eines alten zu einem jungen Unternehmen stattfindet.

Kaiser und Gläser (1999, S. 11) haben eine Studie hervorgebracht, welche als ein aggregierter Ablauf aller Phasenmodelle verstanden werden kann. Diese Metaphasen sind die Ideenphase, die Planungsphase, die Errichtungsphase, die Bewährungsphase, die Wachstumsphase, die Konsolidierungsphase und die zweite Wachstumsphase. Aus Übersichtlichkeitsgründen be- findet sich die Tabelle im Anhang 3 und zeigt den Zusammenhang lebenszyklischer Beiträge und der Metaphasen. Hungeling (2008, S. 27) hat hierfür das Modell von Kaiser und Gläser (1999, S. 11) um einige Phasen ergänzt. Für diese Arbeit wird die Grenze bei der Bewäh- rungsphase gesetzt. Das heißt, Unternehmungen, welche die Bewährungsphase noch nicht verlassen haben, bzw. die Wachstumsphase noch nicht erreicht haben, gelten als jung. Damit sind junge Unternehmungen bereits gegründet und nehmen Markttätigkeiten wahr. Aber der Take off ist noch nicht geschehen. Damit ist auch der hypothetische Fall abgedeckt, dass ein Unternehmen aus der Pharmabranche zum Beispiel 6 Jahre benötigt, um ihr erstes Produkt zur Marktreife zu bringen

Technologieorientierung

Aus der Kombination von Charakteristika junger Unternehmen und der jetzt folgenden Technologieorientierung ergibt sich die letztlich gültige Definition.

Unter technologiebasierten Unternehmen, technologieorientierten oder auch Technologieun- ternehmen2 werden „Unternehmen im verarbeitenden Gewerbe, deren Geschäftszweck vor allem in der Vermarktung von Gütern und Dienstleistungen besteht, die auf der Verwertung neuer technologischer Ideen, Forschungsergebnisse oder Systeme basieren.“ (Vgl. Kulicke, 1993, S.14)

Die Fokussierung auf den technologischen Bereich im Unternehmen ist durch den „productive differentiation imperative“ zu erklären. Junge Technologieunternehmen sind davon abhängig, dass ihre Produkte schnell zur Marktreife gelangen. Daher ist die Übernahme technischen Wissens aus der Wissenschaft notwendig. (Kazanjian und Drazin, 1989, S. 1492) Der starke Fokus auf technologische Aspekte bewirkt eine Vernachlässigung der kaufmännischen Prozesse. Die Herstellung einer ausgeglichenen Balance zwischen technologischen und kaufmännischen Fähigkeiten werden von Chamanski und Waago (2001, S. 205) als eine der wesentlichen Ziele junger Technologieunternehmen angesehen.

Im Generellen sehen sich junge Technologieunternehmen den folgenden Herausforderungen gegenüber:

- Kaufmännische Tätigkeiten werden vernachlässigt. (Möller und Anttila 1987, S.185)
- Höherer Kapitalbedarf gegenüber nicht Technologieunternehmen
- Lange Entwicklungszyklen technologischer Produkte welche ohne Generierung von Umsätzen überbrückt werden müssen (Oakey 2003, S. 164)
- Höheres Risiko eines Fremdkapitalausfalls (Mason und Harrison 2004, S.313)
- Bündelung finanzieller und humaner Ressourcen in der F&E Abteilung um Produkt schnell zur Marktreife zu bringen. Vernachlässigung anderer Bereiche wie Marketing.
- Operative Ebene ist wichtiger als strategische („Doing first imperative“) (Mintzberg und Westley 2001, S.93)

Σ Drei zentrale Charakteristika: Technologischer Fokus, geringe Finanzkraft, hohe Anzahl notwendiger Aktivitäten. Es wird vermutet, dass die Charakteristika bei Familienunternehmen genau invers ausgeprägt sind. Dessen Herleitung folgt nun.

Familienunternehmen

Familienunternehmen nehmen im deutschsprachigen Raum eine bedeutende Stellung ein und leisten darüberhinaus einen wichtigen Beitrag zu unserem Wachstum und unserer Stabilität. (Shanker und Astrachan 1996; Klein 2000; Handler 1991, S. 21; Tio und Kleiner 2005: 142). 85% aller Unternehmen der OECD - Länder sind Familienunternehmen, wobei diese Wich- tigkeit in Zentraleuropa (Neubauer und Lank 1998, S. 115; Van den Berghe und Carchon 2003, S. 171) generell und den USA (Astrachan und Shanker 2003, S. 211) zwar nachlässt, die Familienunternehmen aber dennoch den Großteil der Unternehmenstypen stellen. Wirtschaftlich bedeutend sind sie, da sie 35% aller Unternehmen im S&P500 oder dem For- tune 500 Index stellen. (Anderson und Reeb 2003, S. 1302; Lee 2006, S. 103).

In Deutschland und Österreich werden ca. 80% und in der Schweiz ca. 75% aller Unternehmen von Familien kontrolliert. (Wiedmann 2002, S. 41f; Hennerkes 1998a, S.19) Diese hohe Zahl der Familienunternehmen ist auch auf eine verbesserte Wettbewerbsposition zurückzuführen. Unter Beachtung des ressourcenbasiertem Ansatzes sind vor allem Innovation dazu in der Lage die VRIN Kriterien zu erfüllen und so zu einem nachhaltigen Wettbewerbsvorteil zu gelangen und eine verbesserte Wettbewerbsposition zu erreichen. (Damanpour, Szabat und Evan 1989; Zahra, Hayton und Salvato 2004).

Gerade der Innovationsbezug in Familienunternehmen ist empirisch wenig erforscht. (Leenen 2005, S. 2) Das zeigt sich auch in der Aussage von Gudmundson, Tower und Hartmann (2003, S.3): „Research examining the relationship between innovation and ownership struc- ture appears to be nonexistent.“ Für Bergfeld et al. (2009, S. 4) ist dies besonders deshalb fragwürdig, da Familienstrukturen die Unternehmenslandschaft in Deutschland, Österreich und der Schweiz in einem hohen Teil bestimmen. Im gleichen Atemzug ist das Management von Innovationen, dem stetigem Wandel sowie generationenübergreifender Weiterentwick- lung von höchster Wichtigkeit um Wachstum und Erfolg zu sichern. Als Beispiel führen Bergfeld et al. (2009, S.4) das „Land der Ideen“ an, welches als Initiative der Bundesregie- rung ausgerufen wurde und den Weg in die innovative Wissensgesellschaft bereiten soll. Ein exzellentes Beispiel, ist die Zentralbibliothek für Wirtschaftswissenschaften, welche die Ver- fügbarkeit von Wissen deutlich steigert. Damit soll z.B. die Position der Hidden Champions gestärkt werden, da es sich bei denen vielfach um Deutsche Großunternehmen wie auch Klein- und Mittelständler handelt, die von Familien gesteuert werden (Simon 2007). Das kon- sequente Innovationsmanagement stellt demnach für Familienunternehmen eine elementare Herausforderung dar, die von höchster Wichtigkeit fürs unternehmerische Überleben ist. (Bergfeld 2009)

Die Untersuchung der Innovativität von Familienunternehmen wird maßgeblich von drei wissenschaftlichen Arbeiten determiniert, von denen zwei für diese Arbeit relevant sind:

- Gudmundson, Tower und Hartmann (2003) erfassen in einer empirischen Studie den Einfluss von Organisationskultur, der Eigentümerstruktur (Familienunternehmen vs. Nicht-Familienunternehmen) und Kundentypen (B2B, B2C) und stellen fest, dass Familienunternehmen innovativer sind als nicht Familienunternehmen.
- Leenen (2005) beschäftigt sich mit der Frage, welche Treiber von Innovationen in Familienunternehmen vorherrschen, weshalb Innovationsprojekte eingeleitet werden, dem Intensitätsgrad der Innovation, ob eher Prozess- oder Produktinnovationen hervorgebracht werden und wie Organisationskultur Führungsstil, sowie die Nachfolge im Unternehmen geregelt ist.
- Bergfeld et al. (2009) untersuchen das Innovationsverhalten von erfolgreichen großen deutschen Mehrgenerationen-Familienunternehmen. Der Beitrag versucht, die For- schungsfrage zu beantworten: „Durch welches Verständnis von und welche Kontrolle über Innovation haben sich große Mehrgenerationen-Familienunternehmen in Deutschland entwickelt?“ Anstelle von „Stagnation aus Tradition“ zeigen sie eine aus- geprägte „Tradition der Innovation“ um langfristigen Wohlstand, Wachstum und Überlebensfähigkeit sicherzustellen.

Vermutlich weil das Forschungsfeld Familienunternehmen nach wie vor in seinen Anfängen steckt, mangelt es an einer allgemein gültigen Definition. (Handler 1989, S. 255; Chittor und Das 2007, S.66; Craig und Lindsay 2002, S.416)

Die Anforderungen dieser Arbeit an eine klare Definition von Familienunternehmen muss die Unterscheidung zu gewöhnlichen Publikumsgesellschaften, Einzelunternehmern, sowie von klein- und Mittelunternehmen vornehmen, gerade wegen der häufigen Überschneidungen. So ist es z.B. im deutschsprachigen Raum nicht unüblich, dass Familienunternehmen implizit mit mittelständischen Unternehmen gleichgesetzt werden. Abgesehen von wenigen großen international agierenden Familienunternehmen gehören viele Familienunternehmen zum Mit- telstand, aber nicht alle Mittelständler sind Familienunternehmen. (Hennerkes 2004, S.16) Nach Durchsicht diverserer Definitionen ist eine Fokussierung auf den gehaltenen Teil am Eigenkapital feststellbar: Das Institut für Mittelstandsforschung definiert Familienunterneh- men als Unternehmen, in denen Eigentumsrechte und Führung in der Person des Unterneh- mens vereint sind. (Vgl. Schröer und Freund 1999) Westhead (1997, S.132) und Chua, Chrisman und Sharma (1999, S.28) definieren die Unternehmensführung durch den Eigentü- mer, wenn mind. 50% der Anteile des Unternehmens von Familienangehörigen gehalten wer- den, wobei Reimers (2004, S.11) diese Ansicht nicht teilt. Schwammig formulieren Habbershon und William (1999, S.7) das Familienunternehmen als einzigartiges Bündel von Fähigkeiten und Ressourcen, welches entstanden ist durch die Austauschbeziehungen zwi- schen Familie und Unternehmen. Ebenfalls schwammig und deshalb äußerst schwer zu opera- tionalisieren (Rössl et al. 2008, S. 3) ist die Definition von Hennerkes (2004, S. 16) nach wel- cher die Verbundenheit der Familienmitglieder gemeinsame Handlungsprinzipien implizieren, welche Basis der unternehmerischen Handlungen darstellen.

Licht ins Dunkel bringt schließlich Klein (2004). Sie schreibt (S. 18), dass drei Einflussfaktoren eine Rolle spielen:

1. Eigenkapital
2. Mitarbeit im Management & Unternehmen
3. Kontrolle

Mindestens einer der drei Faktoren muss vollständig von der Familie dominiert werden, dann handelt es sich um ein Familienunternehmen. Der Mindereinfluss eines Punktes kann durch einen anderen Punkt ausgeglichen werden. Notwendige Bedingung ist die Beteiligung am Eigenkapital und die dominierende Stellung der Familie im Unternehmen. Aus dieser Sicht werden Familienunternehmen als Unternehmen definiert, bei welchen das Eigentum auf eine oder mehrere Familienmitglieder und -stämme aufgeteilt ist und bei welchen, zusätzlich zum Unternehmer, wenigstens ein weiteres Familienmitglied im Unternehmen beschäftigt ist. (Rössl et al. 2008, S. 3; Carsrud 2006, S. 856; Lyman 1991, S.304; Covin 1999, S. 288; Rutherford, Muse und Oswald 2006, S. 318).

In dieser Arbeit muss die notwendige Bedingung der Eigenkapitalbeteiligung durch den Willen ergänzt werden, das Unternehmen langfristig im Besitz der Familie zu halten. Verbunden mit dem Besitzstand ist auch die Verteilung der Kontrolle auf mehrere Familienmitglieder, d.h. die strategische Mitarbeit ist Bedingung. (Barnes und Hershon 1976, S. 106; Astrachan und Shanker 2003, S. 211)

Diese beiden Bedingungen müssen als notwendige Bedingungen hinzukommen, weil sonst Unternehmen, selbst nur für einen bestimmten Zeitraum gegründet, bereits als Familienunternehmen anzusehen sind, sobald ein weiteres Familienmitglied auf operativer Ebene agiert und marginale Eigentumsanteile besäße.

Unter Einbezug der drei notwendigen Bedingungen soll in dieser Arbeit als Familienunter- nehmen gelten, wer folgende Eigenschaften besitzt: (Vgl. Rössl 2005, S.204; Rössl et al. 2008; S.4)

1. Mehrere Mitglieder einer Familie oder eines Clans halten Kapitalanteile
2. Die Kapitalanteile führen in der Summe zur Kapitalmehrheit
3. Strategische Entscheidungen werden von mehreren Familienmitgliedern aufgrund ih- rer Eigenkapitalanteile und/oder informeller Macht getätigt. Hierbei ist es irrelevant ob die Familie selbst das Management stellt, oder direkt kontrolliert
4. Die Familie befindet sich in existenzieller Abhängigkeit von der wirtschaftlichen Ent- wicklung des Unternehmens
5. Die Bedeutung des Unternehmens für die Familie ist daher groß und führt zum Wunsch, das Unternehmen auch zukünftig im Familienbesitz zu halten

Zusammenfassend liegen dieser Definition drei Grundannahmen nahe. Das Eigentümerrisiko wurde um die Existenzabhängigkeit ergänzt um marginale wirtschaftliche Tätigkeiten auszuschließen, ergänzt um die Entscheidungsgewalt.

Kritisch wäre hierbei anzumerken, dass z.B. Astrachan, Klein und Smyrnios (2002, S. 47) nicht den Einfluss der Familie „auf dem Papier“ als entscheidende deskriptive Variable erach- ten, sondern den Grad der Involviertheit der Unternehmerfamilie im Familienunternehmen.

Folgende Tabelle soll überblicksartig die Vorteile der beiden Unternehmenstypen gegenüber- stellen.

Tabelle 7: Innovationsförderliche Vorteile reifer Großunternehmen und junger Technologieunternehmen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: In Anlehnung an Wicher (1991) S. 162 f.; Fischl (2007), S.61

Nachdem zentrale Eigenschaften der Unternehmenstypen geklärt sind, wird der folgende Abschnitt einen kurzen Überblick über die Organisationskultur und den Innovationserfolg bieten. Zunächst werden die etablierten Unternehmen vorangestellt. Anschließend folgt eine Übersicht über bedeutende Studien getrennt nach den Stichproben für junge Technologieunternehmen und Familienunternehmen.

[...]


1 S-O-R steht für Stimulus, Variablen des Organismus und Reaktionsvariablen

2 Kulicke (1993, S.14) schreibt, dass die Begrifflichkeiten „technologieorientierte Unternehmen“ und „Technologieunternehmen“ synonym verwendet werden.

Ende der Leseprobe aus 133 Seiten

Details

Titel
Organisationskultur und Innovationserfolg - Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Familienunternehmen und jungen Technologieunternehmen
Hochschule
Christian-Albrechts-Universität Kiel
Veranstaltung
Gründungs- und Innovationsmanagement
Note
2,3
Autor
Jahr
2010
Seiten
133
Katalognummer
V174916
ISBN (eBook)
9783640956531
Dateigröße
2268 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
133 Seiten - umfassende Literaturrecherche - allg. Definition von jungen Technologieunternehmen, Familienunternehmen, Organisationskultur und Innovationserfolg
Schlagworte
Organisationskultur, schein, Innovationserfolg, Familienunternehmen, junge Technologieunternehmen, empirischer vergleich, Tabelle, Definition, Hausschildt, Cameron, freeman, Competing values, framework, diskriminanzvalidität, konvergenzvalidität, innovationskultur
Arbeit zitieren
Oliver Gätgens (Autor:in), 2010, Organisationskultur und Innovationserfolg - Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Familienunternehmen und jungen Technologieunternehmen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/174916

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