Zu: Sherry Turkle - Leben im Netz (Identität in Zeiten des Internet)


Hausarbeit (Hauptseminar), 2002

12 Seiten, Note: sehr gut


Leseprobe


Sherry Turkle – Leben im Netz
Identität in Zeiten des Internet

Eine Arbeit von: Marc Hollenstein 
mit einer Zusammenfassung vom 2. Teil, 4. Kapitel, Simulation als bare Münze
und anschließender Diskussion
UE: Identität und Identitätsstörungen II

 

Von Träumen und wilden Tieren
4. Simulation als bare Münze

„Simulation für bare Münze zu nehmen bedeutet, dass wir Programme als soziale Akteure behandeln, mit denen wir „ins Geschäft“ kommen können, sofern sie funktionieren. So gesehen verdient die Frage, ob Menschen oder Maschinen die besseren Psychotherapeuten sind, eher empirische Untersuchungen als philosophische Spekulationen.“ (Simulation als bare Münze, S. 164)

Sherry Turkle beschreibt in diesem Kapitel die Entwicklung des Bezugs zwischen Mensch und Computer anhand von Psychotherapeutenprogramme. Generell sieht sie den Menschen als soziales Wesen, das mit anderen kommunizieren will. Aus Kommentaren von Leuten, die DEPRESSION 2.0 benutzt haben (Es handelt sich hierbei um ein Computerprogramm, das auf die Behandlung von Depression spezialisiert ist und sich selbst als Psychotherapeut vorstellt), geht hervor, dass sie es zwar „plump“ finden, aber seine Hilfe größtenteils gern in Anspruch nehmen, ohne sich darüber den Kopf zu zerbrechen. Personen können diesem Programm alles Mögliche anvertrauen und diese Erfahrung dann mit der Bemerkung abtuen: „Es ist ja nur ein Programm.“ Ende der siebziger Jahre hörte man oft die Bemerkung: „Es behagt mir nicht, mich mit einer Maschine zu unterhalten, als wäre sie eine Person.“ Heute dagegen sagen viele Leute eher so etwas wie: „Psychotherapie ist das, was der Psychotherapeut tut.“ Oder: „Ich bezweifle, dass die heutigen Maschinen den Anforderungen gewachsen sind, aber höchstwahrscheinlich sind bessere in der Entwicklung. Zeigen Sie mir das Programm, das sie haben. Vielleicht wird es mich überzeugen.“

Das erste Computerprogramm, das sich „selbst“ als Psychotherapeuten vorstellte, hieß ELIZA (1966). Ursprünglich wurde es zu anderen Zwecken entwickelt, weshalb dann auch sein Erfinder Weizenbaum als einer der schärfsten Kritiker hervorgetreten war. Grundlegend war dem Programm, dass die Antworten des Patienten lediglich gespiegelt werden mussten. Damit schien man mit dem Computer kommunizieren zu können. Zunächst glaubte Weizenbaum noch, dass die leicht erkennbaren Beschränkungen von ELIZA die Benutzer davon abhalten würden, sich richtig darauf einzulassen. Doch er irrte sich. Selbst User, die wussten und verstanden, dass ELIZA nicht wissen und nicht verstehen konnte, wollten sich dem Programm anvertrauen. Weizenbaum, der von den Nazis aus Deutschland floh, fühlte sich durch die Vorstellung, dass Menschen einen Computerpsychotherapeuten akzeptieren, an die emotionale und moralische Gleichgültigkeit erinnert, die den Holocaust ermöglicht hatte. Darüber hinaus wies er stets darauf hin, dass ein Computerprogramm niemals ein selbst haben könne und wenn ein Computer „Ich verstehe“ sagt, so ist das eine Lüge, die keine Grundlage für eine Psychotherapie darstellen kann.

Kenneth Colby, der ebenfalls an der Entwicklung dieses Programms beteiligt war, sah die Dinge anders und entwickelte ein ELIZA-ähnliches System namens SHRINK. Er meinte, dass es sehr wohl eine gesunde therapeutische Beziehung zwischen Menschen und Computern geben könne; schließlich stand ja ein menschlicher Therapeut, wenn er auch nicht direkt präsent war, gleichsam hinter dem Programm. Colby betrachtete das Gehirn als Hardware und das Verhalten als Software. Für ihn waren somit Geisteskrankheiten Softwarefehler bzw. Programmierfehler, die man beheben kann. Vorteile des Computers sah er vor allem auch in den niedrigen Kosten, der Bequemlichkeit und der Konstanz – Computer haben keine Probleme. Auch seien sie völlig wertneutral und schüchtern niemanden ein.

[...]

Ende der Leseprobe aus 12 Seiten

Details

Titel
Zu: Sherry Turkle - Leben im Netz (Identität in Zeiten des Internet)
Hochschule
Universität Wien  (Psychologisches Institut)
Note
sehr gut
Autor
Jahr
2002
Seiten
12
Katalognummer
V17399
ISBN (eBook)
9783638219853
ISBN (Buch)
9783638774789
Dateigröße
491 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Arbeit im Querformat.
Schlagworte
Sherry, Turkle, Leben, Netz, Zeiten, Internet)
Arbeit zitieren
Mag. Marc Hollenstein (Autor:in), 2002, Zu: Sherry Turkle - Leben im Netz (Identität in Zeiten des Internet), München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/17399

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