Webzines einer Fußballfangruppe: die „Ultras“

Eine diskursanalytische Untersuchung


Magisterarbeit, 2006

83 Seiten, Note: sehr gut


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I. EINLEITUNG
1. Fußballsport als Kultur und seine Entwicklung
2. Die Bedeutung der Fans im Fußballdiskurs
3. Tendenzen der deutschen Fußballfanszene: Das Neue Kritische Fantum
3.1 Die Ultras und die Selbstdarstellung einer Jugendsubkultur

II. DISKURSANALYSE
4. Die Methode
5. Das Material: Die Webzines
6. Der Kontext
6.1 Lagebesprechung: die Situation der Ultras
6.2. Die Institution: Sport
6.3. Das Medium: Internet
6.4 Die Betrachtung der gesellschaftlichen Gesamtsituation in Deutschland
7. Die Makrostruktur der Webzines
8. Die Aussagen
8.1 Der Subkultur-Aspekt
8. 2 Der Performanz-Aspekt

III. DER DISKURS - DIE SCHLUSSFOLGERUNG

IV. FAZIT

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1

Abbildung 2

Abbildung 3

Abbildung 4

Abbildung 5

“Some people believe football is a matter of life and death. I'm very disappointed with that attitude.

I can assure you it is much, much more important than that”1.

„Spieler kommen, Trainer gehen, Fans bleiben“2.

I. Einleitung

„Holt euch das Spiel zurück!“

- so titelte erst vor kurzem das deutschlandweite, vereinsungebundene Fanzine 11 Freunde in seiner Juni/Juli-Ausgabe 2005. Die Herausgeber, Reinaldo Coddou H. und Phillip Köster, dieses Fußballfanmagazines haben die Schlagzeile gewählt, wie sie in ihrer Ansprache schreiben, weil es das Leitmotiv des Kampfes (beginnend in den 1990er Jahren) der Fußballfans gegen die Vernichtung der Stehplätze und gegen den „überbordenen Kommerz“3 in den Stadien war und immer noch ist. Trotz der Erfolge, die Fans im Zuge eines gemeinschaftlichen Widerstands und Protests errungen haben, herrscht in den Stadionkurven ein Gefühl der Machtlosigkeit gegenüber den Entwicklungen, die den Profifußball zum Showbetrieb machen. Das (Fußball-)Spiel wurde der traditionellen Fankultur entfremdet. Die Einschnitte in die Fankultur hatten für die Anhänger nicht nur Konsequenzen in Bezug auf „ihren“ Sport, sondern auch auf ihr Leben. Aufgrund der Veränderungen, die die Fankultur im Fußball Mitte der 1990er Jahre fast lahm legte, kam es zu einem Aufbäumen der Fußballfans. Es entstanden neue Strömungen, die übergreifend als das Neue Kritische Fantum bezeichnet werden.

Diese Arbeit beschäftigt sich mit einer dieser neuen Tendenzen innerhalb der Fußballfankultur - mit den Ultras. Es gilt im Folgenden den Diskurs dieser besonderen Anhängerschaft im Fußballsport, mit Hilfe so genannter Webzines4, zu ermitteln und zu diskutieren. Im zweiten Teil widme ich mich der Diskursanalyse an sich und verfolge die methodischen Schritte, die mich zum Erfassen des Diskurses führen, damit im letzten Teil ein Fazit gezogen werden kann. Zunächst werde ich mich in den anschließenden einleitenden Kapiteln mit der Bedeutung des Fußballsports und seinen Fans für unsere deutsche, westlich-demokratische Gesellschaft und Kultur befassen. Außerdem werde ich, neben der Funktion der Fankultur für Fans und Gesellschaft, die Fangruppierung der Ultras genauer erläutern.

Des Weiteren möchte ich vorab darauf hinweisen, dass es sich aus formalen Gründen bei der Untersuchung von 20 ausgewählten Websites der Ultra-Gruppen ausnahmslos um deutsche handelt, da diese Magisterarbeit sonst aus dem Rahmen fallen würde. Die Anzahl der Webseiten scheint im Verhältnis zu den Großstädten in Deutschland repräsentativ zu sein. Es kommt hauptsächlich in den größeren Städten zu einem verstärkten erkennbaren Aktionismus dieser Anhängerschaft (, der sich auch im Internet präsentiert). Obwohl sich die Ultra-Szene nicht nur auf die erste und zweite Bundesliga beschränkt, ist aber die Ultra- Anhängerschaft der Vereine aus den ersten beiden Ligen größer und ihre Selbstmediatisierung, besonders durch das Internet, ausgeprägter.

1. Fußballsport als Kultur und seine Entwicklung

Seit den 1880er Jahren ist die Fußballberichterstattung ein fester Bestandteil der Lokalpresse5. 1978 sah ein Viertel der Weltbevölkerung das Weltmeisterschaftsendspiel im Fußball. Die Live-Übertragung des Fußballweltmeisterschafts-Finales 1994 gehörte bis dahin zum größten Fernsehereignis weltweit6. Diese Stationen in der Entwicklung des Fußballsports zeigen seine Bedeutung in unserer Gesellschaft, die keineswegs abzufallen droht. Auch heute noch nimmt der Fußball eine Ausnahmestellung ein und bei Betrachtung der weltweiten Einschaltquoten ist er die derzeit am stärksten wachsende (Zuschauer)Sportart7. Das Europameisterschaftsfinale 2004 ist mit 153 Millionen eingeschalteten Geräten zum größten TV-Ereignis weltweit geworden8. Somit kann festgestellt werden, dass der Fußballsport ein massenkulturelles Produkt ist, das sich auf der sozialen, der ökonomischen und auch auf der politischen Ebene in unserer postindustriellen Gesellschaft wieder findet.

Christoph Bremer weist darauf hin, dass die Entwicklungsphase des Fußballs, zwischen 1850 und 1900, kennzeichnend für die Entfaltung zum populären Zuschauersport in Großbritannien war9. Von dort aus verbreitete sich der Fußball (auch im Zuge des britischen Imperialismus) als moderner Sport weltweit. Die Wochenendfreizeit der Arbeiter, im Zuge der Industrialisierung, begünstigte diese populäre Entfaltung und bedeutete letztendlich den Durchbruch als Zuschauersport. Der Samstag wurde zum Fußballtag, da die Arbeit mittags bereits beendet und der Sonntag für die Kirche belegt war. „Es kam also zur Reinkarnation des Fußballs in die unteren Schichten der Bevölkerung - und hier in erster Linie in die Arbeiterklasse“10. Zwar kann der Fußball als beliebtester Zuschauersport in Deutschland nicht auf die Tradition der Arbeiterkultur zurückblicken, ist aber dennoch als Volkssport zu bezeichnen, dessen Charakter milieuübergreifend ist. Das Interesse am Fußball kennt auch in Deutschland keine sozialen Grenzen.

Doch mit der Einführung der Bundesliga 1963, und somit dem Fußball als Profisport, entwickelten sich die Bundesligavereine zu Wirtschaftsunternehmen, die auch kulturindustrielle Vermarktungsinteressen verfolgten. Der Verkauf von Übertragungsrechten der Spiele im Fernsehen stellt die Haupteinnahmequelle für die Bundesligavereine dar. Mittels Pay-TV stiegen die Einnahmen, durch den Verkauf der Fernsehrechte, so dass sie (mit dem Merchandising) 62% der Gesamteinnahmen der Vereine decken; nur 38% der Einnahmen enstehen durch Eintrittsgelder11. Wenn sich die Zuschauer die zusätzlichen Kosten des Pay-TVs nicht leisten konnten und sich entschlossen öfter ins Stadion zu gehen, ergaben sich auch hier finanzielle Probleme. Durch die Stadionkatastrophen in den 1980er Jahren, die fälschlicherweise den Fans zur Last gelegt wurden (oft waren die Probleme baufällige Stadien oder überfüllte Tribünen), kam es in vielen europäischen Stadien zu Umbauten, die die Stehplätze in Sitzplätze umwandelten. Neben Sicherheitsinteressen, gab es auch wirtschaftliche Interessen: für Sitzplätze konnten die Vereine höhere Eintrittspreise verlangen. Beginnend in den 1970er Jahren, als das Fernsehen anfing die Rahmenbedingungen des Fußballs zu diktieren, gab es in den Stadien mehr

Bereiche, in denen der Zuschauer relativ passiv das „Erlebnis“ Fußball verfolgen konnte. Die urtümliche Zuschauerkultur bestehend aus Arbeitern und Angestellten, die aus ihrer Sympathie für eine Mannschaft während des Spiels keinen Hehl machte und die bisher stark in der Mehrheit war, wurde nun auf die billige bzw. abgelegenen Plätze zurückgedrängt. Dieser Vorgang ist praktisch die Geburtsstunde der ‚Fankultur’ wie wir sie noch heute in den Stadien erleben. Als Folge der Abgrenzung zu einer Masse von Publikum, die das Spiel nun gemächlich auf einem überdachten Sitzplatz verfolgt, rotten sich die zurückgebliebenen „wahren Fans“ zusammen.

(Bremer 2003: 43)

Bremer weist darauf hin, dass Fußball als Zuschauersport bis in die 1980er Jahre hinein eine „zumeist männliche proletarische Angelegenheit“12 war, aber mit Beginn der 1990er Jahre zunehmend mehr „Angehörige der Mittel- und Oberschicht und auch Frauen“13 Fußballspiele besuchten, weil auch im Fußball seit den 1990er Jahren der Trend zur „Eventkultur“ herrscht.

Nach Bremer kann die Entwicklung des Fußballs in drei Phasen eingeteilt werden:

1. Fußball als Unterhaltung (Anfang und Mitte des 20. Jahrhunderts),
2. Fußball als Fansport (in den Stadien) und Fernsehsport (ab den 1960er Jahren) und
3. Fußball als ‚Event’ einer modernen Freizeitkultur (ab Ende der 1980er / Anfang der 1990er Jahre)14.

Durch die aktuelle] popkulturelle Vermarktung des Spiels und den daraus resultierenden Veränderungen, die die Fans entfremden, kommt es zu einem Verlust der sozialen Funktion des Fußballs. Viele Autoren, die den Sport als integralen Bestandteil des kulturellen und sozialen Lebens15 erkannt haben, weisen auf den Fußball als „Vergemeinschaftungsprinzip“16, durch die gemeinsame Identifikation mit einem Verein, hin. Außerdem beschreiben Brändle & Koller das Stadion als neuartige Form der Soziabilität, dem menschlichen Bedürfnis nach Gruppenbildung. Für die Fans stellt das Stadion zum Teil ein Refugium dar, um aus dem Alltag zu entfliehen und sich mit Gleichgesinnten innerhalb der (Stehplatz-) Kurve zu verbünden und zu verbinden. Doch mit der Entwicklung zum Showsport (Werbe- und Musikeinspielungen in den Stadien sind minutiös durchgeplant und verhindern das Einsingen des Fanblocks), der Vernichtung der traditionellen Stehplatz-Fankultur aufgrund ökonomischer Interessen (zumindest für Auswärtsfans ist die Anzahl der Stehplatzkarten heutzutage auf ein Minimum reduziert worden) und durch immer wiederkehrende Versuche der Spielplanänderung durch Fernsehanstalten, (damit zur Prime-Time gesendet werden kann,) ist auch im Fußball ein Bedeutungsverlust für die Fans zu erkennen. Traditionen und die Fußballgeselligkeit werden durch den neuen Showcharakter des Fußballs zerstört. Selbst bei Traditionsvereinen wie dem FC Barcelona, der zu den erfolgreichsten Fußballmannschaften weltweit gehört und Sponsorennamen auf den Trikots bisher abgelehnt hat, soll in der nächsten Saison Werbung auf den Trikots zu lesen sein17.

Der Fußballsport taucht als kulturelle Institution auch auf politischer Ebene auf, weil er für die Anhängerschaft besondere Werte besitzt und für viele Menschen eine Sozialisationsfunktion darstellt, auf der sie ihre Identität aufgebaut haben. Im Sport spiegeln sich die Werte unserer postindustriellen Gesellschaft wider. „Grundsätzlich kann unterstellt werden, dass die Politik wohl vor allem deshalb den Diskurs des Fußballs aufgreift, weil dieser in nahezu allen europäischen Gesellschaften einen besonderen kulturellen und ökonomischen Stellenwert, sowie Züge einer säkularen Religion besitzt“18. Da Desmond Morris Fußball als das „Sportereignis des 20. Jahrhunderts schlechthin“19 bezeichnet, denn er wird „von mehr Kulturen übernommen, von mehr Völkern gespielt und von weit mehr Zuschauern verfolgt als irgendein anderer Sport in der Geschichte der Menschheit“20, scheint er für seine Anhänger eine besondere gesellschaftliche Funktion und kulturelle Bedeutung zu haben.

2. Die Bedeutung der Fans im Fußballdiskurs

Der Fußballsport hat erst durch „seine“ Zuschauer den hohen Stellenwert erlangt, der ihn zu eben dem Sportereignis des 20. Jahrhunderts macht. Vereine schmücken sich gerne mit den Fans, die mit ihren Gesängen und Choreographien für tolle Stimmung und Atmosphäre in den Stadien sorgen, um so medienwirksam mit dem Spiel zu werben und mehr zahlende Zuschauer anzulocken. In den Medien wird allerdings hauptsächlich ein negatives Image von Fußballfans verbreitet. In diesem Zusammenhang wird fast nur über Hooligans und Gewalt berichtet, obwohl sich viele Fangruppen, wie die Schickeria München erklärt, explizit von Gewalt und Hooliganismus abgrenzen: „In Deutschland wehren sich viele Ultragruppierungen gegen rechte Einflüsse“21. Doch die Vereine und Ligen wissen um die Bedeutung der Fans für den Fußball, sei es aus Gründen der Attraktivität oder Wirtschaftlichkeit. Der Präsident der Deutschen Fußballliga wird auf der eigenen Homepage folgendermaßen zitiert: „Die Fans sind für die Bundesliga die wichtigste Basis“22.

Dennoch gilt es für die hegemonialen Kräfte des Fußballdiskurses das Ungleichgewicht zu ihren Gunsten zu erhalten und die Fans auf der anderen Seite mit Schikanen und ungerechtfertigten repressiven Maßnahmen zu unterdrücken und ihre Belange zu ignorieren, damit die Fußballwirtschaft in ihrem Sinne weiter existieren kann. Doch durch Fanvereinigungen und vereinsübergreifende Organisation ist in der Öffentlichkeit ein größeres Bewusstsein für die Belange der Fans entstanden. In den vergangenen Jahren wurde die Organisation FARE

(Football Against Racism Europe) mit zahlreichen internationalen Preisen ausgezeichnet, darunter so bedeutsame wie der „UEFA Charity Award 2001“, der MTV „Free Your Mind“ Award 2002, sowie der erste Jean Kahn Preis der Europäischen Stelle zur Beobachtung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit (EUMC) im vergangenen Jahr23. Trotz ihres sozialen Engagements werden Fans oft von Medien, Vereinsvorständen, etc. über einen Kamm geschert und diskreditiert, um ihre Vormachtsstellung zu erhalten.

Während Bundesliga Vereine wie der FC Bayern München, ganz im Sinne der von Foucault (1974) beschriebenen Ordnung des Diskurses, Strategien der Selektion, Organisation sowie Kanalisation des Diskursfeldes deutscher Fußballsport verwenden und auch Drohkulissen aufbauen, um die Kommunikation in ihrem Interesse zu beeinflussen, wollen einzelne Fraktionen der Fanszene ein Gegengewicht zur Dominanz der Ökonomie bilden und aktiv an der Vereinspolitik mitwirken.

(Schwier & Fritsch 2003: 131)

Selbst in der Rubrik Politik der Zeitung Die Zeit ist im Online-Archiv zu lesen, dass der Sport nicht durch Pay-TV monopolisiert werden darf, denn „der Sieg des Pay-TV wäre das Ende der ‚Grundversorgung’, zu der auch der Fußball als Kulturerscheinung gehört“24. Die Bedeutung des Spiels für die Fans beschreibt Christian Bromberger wie folgt: „Fußball ist in seiner gegenwärtigen Organisation - von lokalen und regionalen Ligen bis zur Weltmeisterschaft - ganz offensichtlich ein Forum für den Ausdruck kollektiver Identitäten und lokaler bzw. regionaler Feindschaften“25.

Auch die Fans wissen, dass sie ein bedeutender Teil dieses Feldes sind, der für den kulturellen Erfolg des Spiels verantwortlich ist: „Wir sind die Hauptsache! WIR sind das Spiel und der Verein (bzw. dessen Reste). Wir sind der Grund, warum Fußball nach wie vor eine große Faszination auf Menschen jeder Altersklasse ausübt“26. Sie wollen sich „ihr“ Spiel erhalten und fordern es von der Wirtschaft und dem Medien-Sport-Komplex zurück. Das Motto „Reclaim the Game“ wurde Mitte der 1990er durch das neue kritische Fantum aufgegriffen, das sich erstmals organisiert gegen die hegemoniale Ordnung im Fußballsport auflehnte.

3. Tendenzen der deutschen Fußballfanszene: Das Neue Kritische Fantum

Vorab sei festgestellt, dass „Fußballfans keine homogene Gruppe“27 sind und es keine allgemein akzeptierte Definition des Fantums gibt28. Auch Garry Crawford verweist auf die Problematik, die sich daraus ergibt, Fans zu definieren oder kategorisieren. Er sieht „contemporary fan culture as a social career in which an individual’s location within this is both fluid and dynamic, and the nature of this community itself as (to a certain degree) permeable, as individuals move in or out of this within their everyday lives”29. Dennoch werden auch hinsichtlich des Fußballsports Versuche unternommen, zumindest Abstufungen zu machen:

auf der Basis europaweit erhobener Befragungsdaten hat

beispielsweise die Vermarktungsagentur Sportfive mit dem

‚Euphorischen’ (sehr hohes Interesse), dem Fußballfan (hohes

Interesse), dem ‚Begeisterungsfähigen’ (mittleres Interesse) und dem ‚Emotionslosen’ (geringes Interesse) vier Typen der persönlichen Bindung an diese Sportart skizziert, die sich hinsichtlich der Intensität des Informationsbedürfnisses und des dem Fußball gewidmeten Zeitbudgets, der Ausprägung von Expertentum, der auf das Spiel bezogenen Einstellungen sowie dessen Bedeutung für die eigene Lebensführung unterscheiden.

(Schwier & Fritsch 2003: 33)

Es kann jedoch kaum eine genaue Definition vorgenommen werden, da es unzählige, individuell motivierte Gründe für die Teilnahme am Fußballsport geben kann.

Ein Definitionsversuch, der dem allgemeinen Verständnis vom Begriff „Fan“ sehr nahe kommt und die wichtigsten Facetten umfasst, ist von Arndt Aschenbeck unternommen worden: „Fans zeichnen sich erstens durch ihre Treue zum Verein aus und schmücken sich zweitens mit äußeren Zeichen der Zugehörigkeit zum Verein bzw. Fanclub. Drittens stehen sie im Stadion in der Fankurve und feuern viertens die Mannschaft während des Spiels mit Rufen und Liedern an. Kennzeichnend für die Fans sind des Weiteren die Solidarität und das Gemeinschaftsgefühl sowie sechstens bestimmte Männlichkeitsnormen“30. Das neue kritische Fantum, das seinen Ursprung in England Mitte der 1980er Jahre hatte, bevor es sich wenige Jahre später auch in Deutschland etablierte, unterscheidet sich in seinem Interesse bezüglich des Fußballsports, das weit über das Spiel hinaus geht. Es geht nicht mehr nur um das Sportliche.

In der Ausbildung der neuen Fanbewegung spielen zum einen die Forderung zur Mitbestimmung am Fußballdiskurs und die Stärkung des Gemeinschaftsgefühls eine bedeutende Rolle. Mittels „eigenständiger und vereinsübergreifender Organisationen ‚von Fans für Fans’“31 kämpfen die kritischen Fans für „angemessene Mitbestimmungsrechte in der Vereins- bzw. Verbandspolitik“32 und wollen „die Öffentlichkeit für die Belange von Fußballanhängern sensibilisieren“33. Fanvereinigungen wie das B ü ndnis Aktiver Fu ß ballfans „zielen auf der einen Seite darauf ab, die Passivität zahlreicher Anhänger gegenüber den für sie nachteiligen Effekten der Kommerzialisierung des Fußballsports (z. B. reine Sitzplatzstadien, Spielplangestaltung) aufzubrechen und bemühen sich auf der anderen Seite ein Gegengewicht zu den gewaltorientierten, ausländerfeindlichen, rassistischen und sexistischen Tendenzen unter Fußballfans zu schaffen“34.

Das zweite bedeutende Merkmal dieser neuen Tendenz der Fußballfankultur stellt die Fanzine-Bewegung dar, die zugleich ihr Motor und Medium ist. „Der Begriff Fanzine steht allgemein für unabhängige Magazine („Zines“ oder „Mags“), die von engagierten Anhängern einer Sache für Gleichgesinnte gemacht werden“35. Diese Praxis des Fanzine- bzw. Webzine-Machens kann „als innovative, latent emanzipatorische und subversive Ausdrucksform von Fußballanhängern verstanden werden“36. Es herrscht die Annahme, dass die fußballspezifische Fanzine-Kultur, aus der Spannung entspringt, die durch die kommerzielle Vermarktung des Fußballsports und seinem Potential an Unabhängigkeit erzeugt wird37.

Abschließend weisen Schwier und Fritsch auf drei Hauptmerkmale, nach Aschenbeck, hin, die für das Selbstverständnis der kritischen Fanszene charakteristisch sind:

1) Das neue Fantum kombiniert die Leidenschaft für das Spiel und den jeweils unterstützten Club mit einer nachdenklichen, skeptischen und abwägenden Haltung zur konkreten Vereinspolitik und zur gesamten Kommerzialisierung des Fußballsports.
2) Für die neuen Formen des Fantums ist ferner das „Drumherum“ des ganzen Spieltags (u. a. Atmosphäre, An- und Abreise, Partys) nahezu genau so wichtig wie das eigentliche Fußballspiel. Mit seiner Spaßorientierung und Tendenz zur Ästhetisierung erscheint das neue Fantum dabei gleichzeitig als ein Erlebnisprojekt (z. B. Groundhopping).
3) In der Tradition des Slogans „Holt euch das Spiel zurück“ geht es den kritischen Fußballfans schließlich darum, die Entwicklung des Fußballsports und der dazugehörigen Fankultur über Prozesse der demokratischen Willensbildung von den Rängen aus zu beeinflussen, also sich selbst auch aktiv für Faninteressen zu engagieren. (Schwier & Fritsch 2003: 39;40)

3.1 Die Ultras und die Selbstdarstellung einer Jugendsubkultur

Entstanden aus der kritischen Fanbewegung, etablierte sich der Ultra- Gedanke bei einer Minderheit von Fußballfans gegen Ende der 1990er in Deutschland. Die Fankultur der Ultras hebt sich durch ihre ausgeprägte Tendenz zur Selbstdarstellung ab, die sich sowohl im Stadion als auch im Internet zeigt. Neben dem Widerstand gegen den Kommerz im Fußballsport, rücken sie ihre Selbstinszenierung und das Stimmungserlebnis im Stadion in den Mittelpunkt. Da die Ultras zu den kritischen Fans zählen, wehren sie sich gegen die Reduktion des Fanseins auf eine passive Konsumentenrolle und praktizieren die aktive Teilhabe am Fußballdiskurs38. Jürgen Schwier beurteilt die Entstehung des Ultra-Tums wie folgt: „Die Ultra-Bewegung antwortet auf die Transformation des Fußballsports zum Medienspektakel mit ebenso erlebnisorientierter wie widerspenstiger Theatralisierung und Selbstmediatisierung des Fantums“39.

Mit ihren Supporter-Shows, also ihren Choreografien in den Stadionkurven, geht es nicht mehr nur um die akustische und optische Unterstützung „ihrer“ Mannschaft auf dem Spielfeld, sondern um den „Wettstreit um die beste Darstellungskunst und den höchsten Unterhaltungswert“40. „Nicht zuletzt mit ihren Choreographien, Spruchbändern und Aktionen zelebrieren sie einen Kult der Sichtbarkeit und feiern sie sich selbst“41. Durch ihre ganze Existenz zieht sich ein roter Faden performativer Handlungen. Schwier nennt die Zielperspektiven der deutschen Ultra-Bewegung als die „Gestaltung eines besonders erlebnisintensiven, öffentlichkeitswirksamen Supports und damit verbunden die eigene Vormachtsstellung in der Fankurve“42 in einem Wettstreit um Stil. Nicht zu vergessen ist das Hauptanliegen des kritischen Fantums, die Entwicklungen im Fußballsport und die dazugehörige Fankultur „über Prozesse der demokratischen Willensbildung von den Rängen aus zu beeinflussen“43.

Dennoch erscheint diese, grundsätzlich als eigenständige Jugendsubkultur zu betrachtende, Fankultur als ein Erlebnisprojekt44, durch ihre Inszenierungsvielfalt und dem Bestreben nach Partizipation. Die Selbstdarstellung der Ultras bezieht sich nicht nur auf das Stadion, sondern ist auch im Internet, auf ihren Homepages, zu erkennen. „Die Selbstmediatisierung des eigenen Tuns und des eigenen Images ist zweifelsohne ein genuines Merkmal der deutschen Ultra-Bewegung, wobei das World Wide Web des Internet von Anfang an als Leitmedium fungiert“45. Außerdem dient das Medium auch zur Identitätsarbeit und neben der Vernetzungsfunktion innerhalb der Ultraszene auch zu PR- Zwecken46, um die Massenmedien und ihre Botschaften zu unterlaufen.

Die Ultras unterscheiden sich von anderen Fangruppen auch durch ihr „Bemühen um Distinktion“47. Sie grenzen sich nicht nur bewusst von Vereinen, Vorständen und Produzenten der Kulturindustrie Fußball, sondern auch durch die Darstellung ihres eigenen Stils, von anderen Fan- /Ultragruppierungen, ab. Ein ironisches Moment dieser, für das Image des Fußballfans positiven, Aktionsform des Fan-Seins, scheint folgender Aspekt zu sein: Obwohl die Ultras die Kommerzialisierung und die kulturindustrielle Vermarktung des Fußballsports und den dazugehörigen Medien-Sport-Komplex verurteilen, findet ihre Fankultur durch die Kurven- Shows „die ausdrückliche Unterstützung von Massenmedien und Fußballbranche, sie scheint ohne Weiteres optimal zur Unterhaltungs- und Eventorientierung des professionellen Sports zu passen“48.

Obwohl sich Vereine, Verbände und Medien gerne mit den Choreographien der Ultras schmücken, sind sie „aus der Sicht des Fußballsystems immer auch ein wilder, unkalkulierbarer Faktor, der ungefiltert Einfluss auf den Event und die Anhängerschaft nehmen will“49. Die Mächtigen des Fußballdiskurses wollen ihre hegemoniale Vormachtstellung erhalten und sehen eine Gefahr in der Widerspenstigkeit dieser Bewegung. Die Ultras wollen die Prozesse der Ökonomisierung im Fußballsport aufhalten, die die Werte „ihres“ Sports und Elemente ihrer sozialen Beziehungen und Identitäten schwinden lassen. „Mit ihrer Ausdrucksproduktivität, ihrer Erlebnis- und Spaßorientierung inszenieren die Ultras ein vitales und subversiv-ironisches Gegenmodell zum Bedeutungsverlust der Fans im professionellen Fußballsport“50. Festzustellen, was ferner den Diskurs der Ultras selbst ausmacht, gilt es im Folgenden, im Rahmen der historischen Diskursanalyse, zu erörtern.

II. Diskursanalyse

4. Die Methode

Der Diskursbegriff per se ist sicherlich nicht einfach zu handhaben und die Diskursanalyse gehört nicht zu den unproblematischen wissenschaftlichen Methoden, da ein „Mangel an methodischer Grundlegung“51 herrscht. Dennoch habe ich mich für diese Vorgehensweise entschieden, um auf empirischer Grundlage die Wirklichkeitsauffassungen innerhalb einer Fankultur abzubilden. Die Methode der Diskursanalyse bietet forschungspraktische, direkte Bezüge zum Material und verhilft dem Forscher die Weltanschauung der untersuchten Gruppe zu erkennen.

Meine Arbeit richtet sich nach dem Verfahren einer Diskursanalyse, das Achim Landwehr in seinem Buch Geschichte des Sagbaren. Einf ü hrung in die historische Diskursanalyse beschreibt. Es geht nicht mehr um die spekulative Frage was hinter dem Text steht, sondern die Methode widmet sich der foucaultschen Idee der „Positivität von Aussagen“52. „Ein Ansatz, der stattdessen die Aussage als Faktum und Ereignis akzeptiert und zum Gegenstand der Analyse macht, verspricht daher überzeugendere Ergebnisse“53. Der Vorteil und das Überzeugende dieser Analysemethode ist die Abwendung von dem subjektiven und problematischen „Verstehen“: „Es geht nicht mehr darum, den ‚eigentlich gemeinten’ Sinn herauszupräparieren. Vielmehr rücken die Bemerkungen über Zustände und Ordnungen in den Mittelpunkt“54.

Eben diese Zustände und Ordnungen dieser subkulturellen Gruppierung der Fußballfans gilt es hier herauszufiltern. Das Ziel dieser Arbeit ist es, auch die Bedeutung der Fankultur für Sport, Kultur und Gesellschaft zu untersuchen. Des Weiteren besteht die Intention dieser Analyse in der kulturellen und sozialen Einordnung dieser Fankultur in das Leben westlicher Industrienationen, um ihren Bezug und ihr Verhältnis zur Gesellschaft zu erkennen. Folglich widme ich mich im achten Kapitel der Analyse der Aussagen, um so den Diskurs der Ultras zu erörtern.

Über die Relevanz der Diskursanalyse zitiert Landwehr Norman Fairclough, der die Wechselwirkung zwischen Handlung und Struktur beziehungsweise Gesellschaft betont. Insbesondere Texte seien „eine bedeutsame Form sozialer Handlung“55, die diese Dialektik verdeutlichen, „da sie sowohl strukturell geformt sind als auch ihrerseits Strukturen formen“56. Des Weiteren wird bei Landwehr darauf hingewiesen, „dass Texte ein Barometer, um nicht zu sagen das einzige Barometer sind, um Wandel und Veränderung sichtbar zu machen“57. Ein anderer Grund für eine Diskursanalyse besteht in ihrem emanzipatorischen und aufklärerischen Potential, „insofern sie selbstverständlich gewordene Machtverhältnisse ebenso aufzeigt wie alternative Handlungsmöglichkeiten“58. Das Anliegen dieser Arbeit liegt eben auch darin, durch den Spiegel der Fußballfankultur und ihrer Aussagen, Erkenntnisse über kulturelle und gesellschaftliche Zustände und Phänomene zu gewinnen. Die Methode der Diskursanalyse scheint sich als passend für all diese Fragen zu erweisen.

5. Das Material: Die Webzines

Der Untersuchungsgegenstand dieser Arbeit stellt den Umfang von 20 Webseiten verschiedener Ultra-Gruppierungen dar, die auch als Webzines bezeichnet werden. Webzine bzw. E-Zine ist die Internetversion der so genannten Fanzines. Als Fanzine wird ein unabhängiges, kritisches Magazin von Fußballanhängern bezeichnet59, das von den Fans selbst in printform herausgegeben wird. Die Bedeutung der Fanzines im Fußballsport wurde bereits im dritten Kapitel erläutert. Die Untersuchung bezieht sich auf die statischen Texte der Websites und nicht auf die dynamischen Inhalte, wie zum Beispiel die Aussagen in Gästebüchern oder Foren. Der Zugang zu den Foren ist für Nicht-Mitglieder verweigert. Jedes Mitglied besitzt ein Passwort und eine Benutzerkennung, um auf diese Seiten Zugriff zu erlangen.

In dieser Arbeit soll nicht der Diskurs über bestimmte Fankulturen untersucht werden, sondern die Widmung gilt hier dem Diskurs der Fankultur der Ultras, einer bestimmten Gruppierung von Anhängern des Fußballsports. Folglich war das Material so auszuwählen, dass die Erkenntnisse der Analyse aus den Aussagen der Fans selbst gewonnen werden konnten. Die Stimme der Fans war bis Ende der 1990er nur durch die traditionellen Fanzines zu hören, die nach wie vor von den Fanclubs publiziert werden. Durch den einfachen Zugang zum Internet und seine Wirksamkeit und hohe Verbreitungsmöglichkeiten, fanden auch viele Fangruppierungen den Weg ins Netz ; mittlerweile gibt es vermutlich mehr

Webzines, die zudem oft noch umfangreicher sind als die gedruckten Fanzines - unter anderem aus finanziellen Gründen. „Dennoch existieren 2003 noch immerhin ca. 20 alternative, ironisch-distanzierte Fanzines…“60, neben vielen anderen Ausprägungen61. Anfang des 21. Jahrhundert entwickelte sich eine neue Form der kritischen Fanzines, die Ultra- Fanzines, die die kritischen Töne zu den problematischen Entwicklungen im Profisport beibehalten haben62. Hinzu kommen hier jedoch in großem Ausmaß die Dokumentation der eigenen Kurven-Choreographien, sowie ein Rückgriff auf die „subjektive Spielberichtskultur der traditionellen Fanzines aus den Anfängen der 1990er“63.

Fanzines wie auch Webzines bewegen sich normalerweise außerhalb des kommerziellen Medienmarktes und unternehmen so den Versuch eine Gegenöffentlichkeit zu schaffen64. Sie stehen in der Regel in Opposition zur Gesamtgesellschaft, wie sich in der Analyse zeigen wird. Genau diese Stimme der subkulturellen Minderheit „Fußballfan“ von der „anderen Seite“ der Fußballwelt, mittels digitaler Webzines verbreitet, ist der Untersuchungsgegenstand dieser Arbeit. Durch die mittlerweile verbreitete Herstellung von Websites bzw. E-Zines, mithilfe des Internets, wird eine „Medienöffentlichkeit ‚von unten’“65 geschaffen. Nach der Meinung von Schwier und Fritsch spricht einiges dafür, „dass sich die Nutzung der digitalen Medien und die ‚Vernetzung’ bestimmter Gruppen von Fußballanhängern zugleich als Symptom und als Motor für Wandlungstendenzen der Fankultur interpretieren lässt“66.

Auch für den Forscher ist, neben dem hohen Aktualitätsgrad, der unkomplizierte Zugriff auf die Texte im Internet ein großer Vorteil. Nichtsdestotrotz ist die Aktualität des Internets auch ein Nachteil bei länger andauernden Untersuchungen, da es oft passiert, dass eine Homepage plötzlich vorübergehend nicht mehr zugänglich ist, weil sie umgestaltet oder überarbeitet wird. Dennoch bietet das Material wertvolle Texte aus der Perspektive dieser speziellen subkulturellen Gruppierung, um mit der folgenden Analyse den Diskurs der Ultras zu dechiffrieren.

6. Der Kontext

Den Korpus dieser Untersuchung stellen die Webzines der Ultras dar, die, wie bereits erwähnt, die erweiterte bzw. digitale Form der (Print-)Fanzines sind und im Falle des Fußballsports von „subkulturellen Strömungen der Fußballanhänger“67 getragen werden. Die Webzines scheinen zwar hauptsächlich für Gleichgesinnte zu sein, was die Foren und Gästebücher auf den Internetseiten zeigen, aber sie enthalten auch eine Botschaft an die gesamte Welt des Fußballs, die auf die Rechte und Interessen der Fans aufmerksam machen soll.

Die Ultras erklären oft auf ihren Homepages, dass politische Einstellungen in ihrer Kurve keine Plattform haben und dennoch sind ihre Aussagen häufig politisiert. Trotzdem betonen einige Ultras, dass politische Gedanken bei ihnen ausgeklammert werden. „Als Gruppe handeln wir komplett autonom und ohne jeglichen politischen Hintergedanken“68, erklärt die Gruppierung der Psychopathen aus Nürnberg. Ein Grund für diese Ablehnung von Politik oder politischen Aussagen könnte die Angst sein, in die stereotypische rechtsextreme und gewalttätige Schublade gesteckt zu werden, die die Medien gerne aufziehen, wenn sie über Fans berichten. Die Unsicherheiten und die Ambivalenz gegenüber dem Thema „Politik in der Kurve?“ wird in folgender Passage des Textes der Ultra- Gruppe namens Schickeria M ü nchen deutlich:

Wenn man sich denn daran machen will uns irgendwie politisch einzuordnen, wird man zu folgendem Ergebnis kommen: Das Spektrum im „Harten Kern“ der Gruppe, speziell der Führungscrew, geht von einer mitdenkenden, kritischen Mitte bis hin zu einer alternativen Linken. Will man dies in Zahlen ausdrücken, kommt man auf vielleicht 50% eher „Linke“ und 50% eher kritische Mitte, wobei es natürlich keine so klare Trennung gibt, sondern die Übergänge fließend sind. Es gibt also durchaus ein breiteres Bild von Ansichten und verschiedenen Auffassungen und diese Vielfalt halten wir auch für sehr wichtig. Die allen gemeinsame eindeutige Basis lautet allerdings: Für gewissenlose Geldgeier, Rassisten und Faschisten ist in unserer Mitte kein Platz! Diese Grundwerte versucht der „Harte Kern“ somit auch vorzuleben und an neue und jüngere Mitglieder weiterzuvermitteln. Aufgrund eben dieser Einstellungen und des Auftretens der meisten Leute des „Harten Kerns“ der Münchner Ultraszene wurde uns von einigen die Frage gestellt, ob wir (externe) Politik in die Kurve hineintragen wollen. Nein, das wollen wir nicht! Sind wir dann gegen jegliche Politik in der Kurve? Nein, auch das sicher nicht! Folgen wir nur einem momentanen Modetrend, Ultragruppen einen „pseudo-linken“ Anstrich zu geben? Nein, dies noch viel weniger! Denn was andere diesbezüglich machen interessiert uns im Wesentlichen nicht - wir verfolgen unseren eigenen Stil, allerdings nicht ohne immer wieder über den Tellerrand hinauszublicken, denn Wissen ist Macht!

(http://www.schickeria-muenchen.de, 06.10.2005)

Eine ausgeprägte politische Haltung gegenüber Jugend-, Fußball- und Fankultur wird besonders deutlich im Kapitel 8.1 Der Subkultur-Aspekt. In vielen Texten der Webzines ist von einem Kampf zu lesen, dem „Kampf gegen die ‚Fußball ohne Leidenschaft-Politik’ der Fußballmogule“69. Einige Ultra-Fangruppen erklären sich als Anhänger von der Vereinigung „Pro Fans“, die sich für die „Sozialfigur Fußballfan“70 einsetzt. Die Dachorganisation „Pro-Fans“ (ehemals „Pro 15:30) vereinigt eine solidarische Gemeinschaft von Fußballfans, die sich für die Faninteressen bezüglich des Fußballsports einsetzt, und somit ein politisches Interesse verfolgt.

Nicht nur für die Ultras, sondern für die Fußballfans im Allgemeinen bedeutet das Fansein ihr Leben, ihre sozialen Kontakte, ihre Freizeit, ihren Raum, den sie selbst (zumindest mit-) gestalten wollen. Durch die repressiven Maßnahmen der Obrigkeiten in Bezug auf den Fußballfan, wurde die Fankultur fast erstickt und somit auch die wichtigen Lebensräume und Werte, die damit verbunden sind. Aus dieser Position des am-Boden-liegens erstarkte der Fußballfan und entwickelte seineKultur weiter.

[...]


1 Bill Shankly (1913-1981), britischer Fußballmanager, http://www.shankly.com, 13. 11.2005

2 Dembowski 2004: 8

3 Coddou & Köster 2005: 5

4 Online-(Fan)Magazine

5 Brändele & Koller 2002: 75

6 König 2002: 13

7 http://www.allesaussersport.de/archiv/2005/01/01/einschaltquoten-weltweit/ , 02.12.2005

8 http://www.allesaussersport.de/archiv/2005/01/01/einschaltquoten-weltweit/ , 02.12.2005 5

9 Bremer 2003: 17

10 ebd. 16

11 Brändle & Koller 2002: 99

12 Bremer 2003: 48

13 ebd. 48

14 ebd. 50

15 Bremer 2003: 48

16 König 2002: 45

17 11 Freunde, Nr. 45, Juni/Juli 2005, 13

18 Schwier & Fritsch 2003: 5

19 Morris 1981: 14

20 ebd. 14

21 http://www.schickeria-muenchen.de, 02.12. 2005

22 http://www.dfl.de, 02.12.2005

23 http://www.aktive-fans.de, 02.12.2005

24 Uwe Wesel, Fu ß ball frei Haus: Sport darf nicht vom Pay-TV monopolisiert werden, http://www.zeit.de/archiv/1997/08/fussball.txt.19970214.xml?page=1, 02.12.2005

25 Bromberger 2003: 291

26 http://www.natural-born-ultras.de, 30.10.2005

27 Schwier & Fritsch 2003:33

28 ebd. 33

29 Crawford 2004: 21

30 Schwier & Fritsch 2003: 35

31 ebd. 37

32 ebd. 37

33 ebd. 37

34 Schwier & Fritsch 2003: 37

35 ebd. 49

36 ebd. 48

37 ebd. 48

38 Schwier & Fritsch 2003: 22, 39

39 Schwier 2005: 29

40 ebd. 29

41 ebd. 24

42 ebd. 23

43 Schwier 2005: 22

44 ebd. 22

45 ebd. 31

46 ebd. 31

47 ebd. 31

48 ebd. 30

49 Schwier 2005: 35

50 ebd. 34

51 Landwehr 2001: 103

52 Landwehr 2001: 81

53 ebd. 103

54 ebd. 103; 104

55 ebd. 169

56 ebd. 169

57 ebd. 169

58 Landwehr 2001: 169

59 Schwier & Fritsch 2003: 1

60 Dembowski 2004: 240

61 vgl. Schwier&Fritsch 2003: 49

62 Dembowski 2004: 240

63 ebd. 240

64 Schwier & Fritsch 2003: 49

65 ebd. 1

66 ebd. 1

67 Schwier & Fritsch 2003: 47

68 http://www.pn97.de, 06.10.2005

69 http://www.es97.de, 06.10.2005

70 Schwier & Fritsch 2003: 89

Ende der Leseprobe aus 83 Seiten

Details

Titel
Webzines einer Fußballfangruppe: die „Ultras“
Untertitel
Eine diskursanalytische Untersuchung
Hochschule
Universität Bremen
Note
sehr gut
Autor
Jahr
2006
Seiten
83
Katalognummer
V173958
ISBN (eBook)
9783640964543
ISBN (Buch)
9783640964840
Dateigröße
1592 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
webzines, fußballfangruppe, eine, untersuchung
Arbeit zitieren
Verena Blankenstein (geb. Jäckel) (Autor:in), 2006, Webzines einer Fußballfangruppe: die „Ultras“, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/173958

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