Nachhaltige Vorstandsvergütung - Entwicklung und neue Ansätze


Masterarbeit, 2011

134 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Themenstellung
1.2 Relevanz der Themenstellung
1.3 Formulierung der Forschungsfrage
1.4 Methodische Vorgehensweise
1.5 Aufbau der Arbeit

2 Das Agency Problem
2.1 Die Entstehung der Agency Theorie
2.2 Einführung in das Agency-Problem
2.2.1 Der Positivisten-Ansatz
2.2.2 Der Principal-Agent-Ansatz
2.3 Grundannahmen des Agency Problems
2.3.1 Die Problemstellung in der Praxis
2.3.2 Das Grundmodell
2.3.3 Erweiterungen des Modells
2.4 Der Beitrag der Agency-Theorie
2.5 Empirische Ergebnisse
2.6 Kritik an der Agency-Theorie

3 Rechtliche Grundlagen zur Angemessenheit der Managementvergütung
3.1 Die Gesetzeslage in Deutschland
3.1.1 Gesetzesentwurf der deutschen Bundesregierung zur Angemessenheit der Vorstandsvergütungen und Vorschläge des DGB-Bundesvorstandes zur Regulierung der Vorstandsvergütungen
3.1.2 Ergänzung des DGB-Vorstandes
3.2 Die Gesetzeslage in Österreich
3.3 Arbeiterkammerstudie zu Managementvergütung und Vorschläge zu mehr Transparenz und Nachhaltigkeit
3.4 Offenlegung und Transparenz
3.5 Vorstandsvergütung und der Corporate Governance Kodex
3.5.1 Der deutsche Kodex
3.5.2 Der österreichische Kodex
3.6 Die Rolle des Aufsichtsrats

4 Vorstandsvergütung in Relation zur Unternehmensperformance
4.1 DAX
4.2 ATX
4.3 Europa und der Rest der Welt

5 Vergütungskomponenten und Systeme zur leistungsabhängigen Vergütung
5.1 Fixgehalt
5.2 Variable Vergütungen
5.2.1 Aktien
5.2.2 Aktienoptionspläne
5.2.2.1 Anreizwirkung der Optionspläne
5.2.2.2 Anreizmessung von Optionsplänen
5.2.2.3 Repricing
5.2.2.4 Nachteile von Optionsplänen
5.3 Nebenleistungen
5.4 Vergütung auf Basis der Wertsteigerungsanalyse
5.4.1 Perspektive 1: Messung und Bewertung der Qualität von Führungsentscheidungen
5.4.1.1 Methode der wertorientierten Messung des Eigentümerwertes nach Rappaport
5.4.1.2 Szenario-Technik
5.4.2 Perspektive 2: Wertorientierte Bewertung der Qualität strategischer Entscheidungen

6 Neue Instrumente und Modelle
6.1 Formen von Optionsplänen
6.1.1 Performance Aktien
6.1.2 Aktien(-Optionen) mit Verfügungsrestriktionen
6.1.3 Phantom Aktien
6.1.4 Stock Appreciation Rights (SAR)
6.2 Aktienoptionen, direkte und indirekte Partizipation
6.3 Zeitversetzte und langfristige Boni
6.3.1 Konzept der Bonusbank
6.3.2 Konzept der Performancebetrachtung über die Gesamtlaufzeit
6.4 Berücksichtigung sozialer Kriterien
6.4.1 Erfolgskriterien nach dem EFQM-Konzept
6.4.2 Erfolgskriterien der Balanced Score Card
6.4.3 Einbindung der Erfolgsindikatoren in das Managementvergütungssystem
6.5 Das Kienbaum Trust-Modell
6.6 Gesamtvergütungskonzept von Kienbaum
6.7 Long-Term Incentive-Pläne (LTI) in Europa und der Welt

7 Praxisstudien
7.1 Wienerberger AG
7.1.1 Unternehmensvorstellung
7.1.2 Corporate Governance
7.1.3 Vergütung der Vorstände
7.1.4 Vergütungsstruktur 2002 bis 2008
7.1.5 Vergütungsstruktur 2009
7.1.6 Vergütungsstruktur 2010
7.1.6.1 Beispiel anhand des CEOs
7.1.7 Vor- und Nachteile
7.2 OMV AG
7.2.1 Unternehmensvorstellung
7.2.2 Corporate Governance
7.2.3 Vergütung der Vorstände
7.2.4 Vergütungsstruktur 2004 bis 2008
7.2.5 Vergütungsstruktur 2009
7.2.6 Vergütungsstruktur 2010
7.2.7 Nachhaltigkeitsmanagement bei der OMV AG

8 Conclusio

9 Literaturverzeichnis

Darstellungsverzeichnis

Darstellung 1: Managementvergütungen und Unternehmensentwicklung des DAX-

Darstellung 2: Prozentuelle Veränderung der Managementvergütung und der Unternehmensentwicklung des DAX-

Darstellung 3: Managementvergütungen und Unternehmensentwicklung des ATX

Darstellung 4: Prozentuelle Veränderung der Managementvergütung und der Unternehmensentwicklung des ATX

Darstellung 5: Vergütungshöhe europäischer Vorstände und Aufteilung zwischen Fixum und variablen Anteil

Darstellung 6: Wertorientierte Vergütungssysteme

Darstellung 7: Grundperspektiven der wertorientierten Leistungsmessung und Bewertung

Darstellung 8: Logik der wertorientierten Leistungsmessung und Bewertung

Darstellung 9: Vergütungsbestandteile traditioneller Vergütungspläne

Darstellung 10: Moderner Ansatz der Vergütungsstruktur

Darstellung 11: Möglichkeiten LTI-Programme in den Vergütungsplan zu integrieren

Darstellung 12: Long-Term Incentive-Plantypen nach Towers Perrin

Darstellung 13: Ermittlung der Bonuszahlungen

Darstellung 14: Grundkonzept des EFQM-Modells

Darstellung 15: Trust-Modell von Kienbaum

Darstellung 16: Beispiel eines Trust-Modells

Darstellung 17: Übersicht über eine Gesamtvergütungsstruktur

Darstellung 18: Modifikation vs. Neugestaltung

Darstellung 19: Beispiele zur Bemessungsgrundlage der variablen Vergütung

Darstellung 20: LTI-Pläne und Wohlstand

Darstellung 21: Verteilung der LTI-Plantypen in Österreich, Deutschland und der Schweiz

Darstellung 22: Verteilung der LTI-Plantypen in Österreich, Deutschland und der Schweiz

Darstellung 23: Vergütung der Wienerberger-Vorstände

Darstellung 24: Aktienoptienen der Wienerberger

Darstellung 25: Zuteilung der PSUs bei Wienerberger AG im Jahr 2010

Darstellung 26: Berechnungsformel der Auszahlungshöhe des Wienerberger AG LTI-Plans

Darstellung 27: Auszahlung bei LTI-Plänen der Wienerberger AG

Darstellung 28: Auszahlung des LTI-Plans anhand des CEOs der Wienerberger AG

Darstellung 29: Vergütung der Vorstände der OMV AG 2008 ohne

Aktienoptionspläne

Darstellung 30: Vergütung der Vorstände der OMV AG 2009 ohne

Aktienoptionspläne

Darstellung 31: Aktienoptionspläne als LTI-Instrument

Darstellung 32: Überlappende LTI-Pläne mit mehrjähriger Performance Beobachtung

Darstellung 33: LTI-Plan mit einjährigem Beobachtungszeitraum

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abstract

Management remuneration has become a public and political issue over the last years of recession and one of the largest economic crisis all over the world. Since decades there are scandals of managers cheating in their balances or laying off thousands of employees to raise the price of the shares of their corporations to earn a high bonus. How much managers should be allowed to earn and how per- formance contracts should look like is as well a controversial topic that on the one hand is more and more under public pressure and regulated by politicians, but on the other hand not very well defined by law and corporate governance codices.

This thesis describes the problem of moral hazard with the theoretical background of the principal-agent-theory and in praxis and then tries to answer the question if there is any relationship of economic performance of a corporation and the remu- neration of its managers. Later on systems and tools of fixed and variable remu- neration will be described with a focus on stock options and the ways how they can set wrong incentives. After that it will be shown how these tools can be used in a sustainable way and how remuneration of managers could look like that provide long term incentives for them and lead to a sustainable economic performance.

But not only economic sustainability will be discussed, but also social and ecological aspects of remuneration contract incentives will be a topic of this thesis.

But after a lot of scientific background given in the thesis there will be a description of some Austrian corporations that are listed on the stock market and how their remuneration systems looks like and has changed over the last years. In this chapter theory will be put into practice and it will be shown how those tools are used in real life.

It will show how sensitive those kinds of contracts are and how many dangers there are to set wrong incentives. Performance contracts are an important topic because of that and there are many mistakes to be avoided. That’s why consultants work constantly to increase their quality but that’s also the reason why they are getting more and more complex.

1 Einleitung

1.1 Themenstellung

Zu Beginn der 1990er Jahre wurde festgestellt, dass der Vermögenszuwachs der Aktionäre in großen Kapitalgesellschaften kaum in Zusammenhang mit der Vergü- tung der Manager stand. So wurde in einer Studie von Jensen und Murphy aus dem Jahre 1990 festgestellt, dass ein Vermögenszuwachs von 1000 US-Dollar für die Ak- tionäre sich nur mit 3,25 US-Dollar auf die Vergütung des Managers auswirkte.1

In Folge stieg der Anteil aktienkursbasierender Vergütung, und vor allem dessen Anteil an der Gesamtvergütung, dramatisch an. Ebenso stieg das öffentliche Interesse, sowie das Interesse der Wissenschaft, an diesem Thema an.2

Die Vergütung eines CEO eines S&P 500 Unternehmens stieg in den Jahren 1970 bis 1996 im Median um mehr als das Doppelte. Die Gesamtvergütung, die auch Bar- zahlungen, Aktien und Aktienoptionen berücksichtigt, stieg um das Vierfache.3 Im Jahr 1992 verdienten die Manager des Standard & Poor’s 500 Index 11 Milliarden US-Dollar in Aktienoptionen. Im Jahr 2000 waren es bereits 119 Milliarden US- Dollar.4

Was die Thematik in Zeiten der Krise besonders in den Blickpunkt des öffentlichen Interesses bringt, ist die Proportion des Anstieges der Entlohnung von Führungskräf- ten zu den Mitarbeitern der Unternehmen. Betrachtet man im Zeitraum von 1993 bis 2003 die jeweils fünf Spitzenführungskräfte börsennotierter Unternehmen5, so wird das Gesamtvolumen der Vergütungen auf 350 Milliarden US-Dollar geschätzt. Gleichzeitig stieg auch der Anteil der aggregierten Gewinne dieser Gesellschaften, die zur Managementvergütung verwendet wurden, in den Jahren 1993 bis 1995 um 5%. In den Jahren 2001 bis 2003 waren es bereits 9,8%. Das durchschnittliche Ge halt eines CEOs eines S&P 500 Unternehmens stieg in den Jahren 1980 bis 2001 um 700%, während sich der Reallohn eines Industriearbeiters in der gleichen Zeitspanne um 15% erhöhte. Ein CEO verdiente laut mehreren Studien6 ungefähr 300 mal mehr als ein durchschnittlicher Industriearbeiter.7

In Europa gab es eine ähnliche Entwicklung, wenn auch nicht in diesen Extremen, wie es im angloamerikanischen Raum der Fall ist. Betrachtet man zum Beispiel die CEOs der 100 größten deutschen Unternehmen zwischen 1976 und 2005, so stiegen deren Gehälter im Schnitt um 7,45% im Jahr (von 225000 Euro auf durchschnittlich 1,8 Millionen Euro). In der Zeitspanne von 2002 bis 2006 war die Steigerung der CEOs der DAX-30 Unternehmen knapp 50%, jene der europäischen Stoxx-50 Unter- nehmen 60%.8

Obwohl Managementvergütungen in der Regel im angloamerikanischen Raum höher und stärker an die Ergebnisse der Unternehmen gebunden sind kommt die aktuelle Krise aus den USA. Also kann durch eine starke Beteiligung des Managements in Form von Aktien und Optionsmodelle nicht sichergestellt werden, dass das Manage- ment auch langfristig im Sinne des Unternehmens handelt. Vielmehr haben auch die- se Vergütungssysteme massive Schwächen und fördern oft eine übertriebene Risi- kobereitschaft oder Maßnahmen, die den Aktienkurs kurzfristig steigen lassen, ohne substantiellen Gewinn für die Anteilseigner. Fehlanreize in der Managementvergü- tung müssen aber nicht nur aus einem ökonomischen Standpunkt gesehen werden. Vielmehr umfassen Sie auch ethische, soziale und ökologische Aspekte.

Seit 2005 gibt es in Deutschland das Vorstandsvergütungsoffenlegungsgesetz, dass es ermöglicht Einblick in die Höhe und Struktur der Vergütung zu nehmen. Diese Studien zeigen aber klar, dass in den meisten Kapitalunternehmen keine Rücksicht auf soziale und ökologische Kennzahlen genommen wird, wenn es um die Definition der Ziele bei der variablen Vergütung geht.9

Besonders in den letzten Jahren der Krise sind die hohen Bonifikationen der Mana ger, trotz teilweiser bescheidener bis hin zu defizitärer Unternehmensperformance, stark ins öffentliche Interesse gerückt. Gerade bei den Banken, die teilweise nur durch staatliche Förderung überleben konnten, war die öffentliche Empörung groß, als nach Zuschuss der Gelder der Steuerzahler, noch Boni in Millionenhöhe an die Manager ausbezahlt wurden, was sich dann weltweit auch zu einer Angelegenheit der Politik entwickelt hat. Nachdem AIG staatliche Förderungen in Milliardenhöhe in Anspruch nahm und gleichzeitig hohe Bonuszahlungen an das Management aus- schüttete, reagierte die Politik mit der Androhung eines Gesetzes, dass eine 90%ige Versteuerung von Managementboni vorsah. Daraufhin verzichteten die Manager auf die Auszahlung der Bonuszahlungen.

Diese Thematik des öffentlichen Interesses hat aber auch eine sehr praktische Rele- vanz innerhalb eines Unternehmens. Laut einer Studie von Liebig und Schupp10 empfinden 23% der befragten in Deutschland die Einkommen der Manager als über- trieben hoch und das unabhängig von den Einkommen der Befragten. Cowherd und Levine11 stellten zudem fest, dass wenn die Lohndisparität zwischen Mitarbeitern und dem Topmanagement geringer ist, sogar die Produktqualität, infolge einer höheren Identifikation mit den Unternehmenszielen, die vom Management ausgegeben wur- den, steigt.

Ein anderes prominentes Beispiel der „Pay-without-performance“ war Harry Roels, der 2002 den Energieriesen RWE als Vorstandschef übernahm. Er bekam 1,5 Millio- nen Euro Antrittsgeld und ging daraufhin erst einmal mehrere Monate auf Urlaub. Er verkaufte in den folgenden fünf Jahren viele Teile des Unternehmens und machte RWE zu einem reinen Energielieferanten. Die Dividende stieg jedoch und der Kurs vervierfachte sich in dieser Periode. Die Erlöse der Verkäufe wurden jedoch nicht weiter investiert. Mit Ende des Vertrages hat Herr Roels mehr als 40 Millionen Euro bezogen, das meiste davon aus Optionspaketen. Teilweise wurde in den Zielen defi niert, dass es schon genug ist, wenn der Aktienkurs des Stromkonzerns das schlech teste Viertel des Mitbewerbes outperformed.12

Viele Studien versuchen die Determinanten zu untersuchen, die die Höhe der Mana- gementvergütung bestimmen.13 Es wurden unterschiedliche Größen untersucht, wie zum Beispiel Leistung, Unternehmensgröße, Corporate Governance (Eigentümer- struktur, Investoren, etc.), Kontingenzfaktoren und natürlich ganz besonders der Un- ternehmenserfolg. Tosi14 stellt erschreckenderweise fest, dass nur 5% der der Ent- lohnungsvarianz durch den wirtschaftlichen Erfolg erklärt werden können, während die Unternehmensgröße 40% erklärt.15 Auch in Deutschland kommt man in empiri- schen Untersuchungen zu ähnlichen Ergebnissen. In Untersuchungen über die DAX 30 Unternehmen kommen Schmidt und Schwalbach16, sowie Lindstädt17 ebenfalls zu der Erkenntnis, dass die Vergütung der Manager nicht eng mit ökonomischen variab- len, wie der Eigenkapitalrendite oder dem Shareholder Return, verknüpft ist. Generell ist die Orientierung am Shareholder Value ein gewichtiger Kritikpunkt, wenn er als einziges Wertkriterium herangezogen wird. Dadurch würden ökologische und gesell- schaftliche Faktoren nicht berücksichtigt und falsche Anreize für das Management gesetzt. Ein Beispiel aus Deutschland, dass Aufsehen erregte, war jenes der Deut- schen Bank. Die Bank hatte Rekordumsätze zu verzeichnen und strich dennoch 6400 Arbeitsplätze in den Jahren 2004 und 2005. Problematisch dabei ist, dass die hohen Gehälter des Managements nicht selten auf diese Art von Maßnahmen zu- rückzuführen sind.18

Einige Studien, wie die von Deckop et al. (2006)19, McGuire et al. (2003)20 und Aro- ra/Alam (2005)21 über die Auswirkung langfristiger Anreize stimmen darüber überein, dass kurzfristige Anreize negative Auswirkungen auf die Corporate Social Perfor mance (CSP) hat.22 Andere Studien zeigen eindeutig den positiven Zusammenhang zwischen der Anteilseignerschaft und CSP23, sowie eine negative Korrelation zwi- schen Anteilseignerschaft des Managements und illegalen Aktivitäten im Unterneh- men.24

Jedoch entpuppt sich die Verfolgung des Stakeholderansatzes sehr oft als reine Rhetorik. Besonders in den U.S.A. wurde seit dem Fall Dodge gegen Ford Motor Co. aus dem Jahre 1919 die absolute Vorrangstellung der Anteilseigner gegenüber ande- rer Anspruchsgruppen festgelegt. Handlungen des Managements sollten sich aus- schließlich auf die kurzfristige Profitmaximierung der Aktionäre fokussieren. Diese Entscheidung des Michigan Supreme Court war lange Zeit richtungsweisend:

A business corporation is organized and carried on primarily for the profit of the stockholders. The powers of the directors are to be employed for that end.

In der Folge kam es aber in den USA in den letzten Jahrzehnten zu Veränderungen dieser gesetzlichen Normen, die Manager dazu veranlassen sollen, auch andere Interessensgruppen in ihre wirtschaftlichen Entscheidungen mit einzubinden. Zumindest nach außen hin wurde darauf der Shareholderansatz vom Stakeholderansatz abgelöst. In Deutschland ist die Gesetzgebung bereits seit längerer Zeit auf Mitbestimmung, insbesondere durch die Beschäftigten, verankert.25

Diese Einbindung der Interessen anderer Stakeholder hat aber laut Untersuchungen ebenfalls zum Großteil ökonomische Überlegungen im Hintergrund. So wurden 1600 Unternehmen befragt26 und 74 % der Unternehmen gaben wirtschaftliche Hinter- gründe als treibender Motor ihrer CSR-Aktivitäten an.27

Immer mehr werden Managementvergütungen als System zur Steuerung von Unter- nehmen verstanden, die professionelle Anreize für Vorstände bieten sollen, richtige Anreize zu setzen um Investoren zu befriedigen und das Unternehmen in eine gute Marktposition zu bringen. Die Vergütungssysteme sind starken Veränderungen aus- gesetzt. Immer mehr rücken nachhaltiges wirtschaftliches und ebenso nachhaltiges soziales und ökologisches Handeln in den Vordergrund um Stakeholder-Interessen zu berücksichtigen. Auf Grund dieser erhöhten Komplexität und Anforderungen an das Vergütungssystem haben sich viele (namhafte) Unternehmensberater auf die Gestaltung dieser Vergütungssysteme spezialisiert. Lange Zeit dominierte eine Kom- bination aus Fixum, Tantieme und Nebenleistungen die Verträge. In der Folge ging aber die Gewichtung des Fixgehaltes zurück und der variable Anteil stieg.28 In den letzten Jahren wurden die Anforderungen an die Vorstandsverträge durch Gesetzes- änderungen und Änderungen in den Corporate Governance Kodizes weiter erhöht. Nachhaltige Unternehmensführung, sowohl in wirtschaftlicher, als auch in nicht- ökonomischer Hinsicht, nimmt an Bedeutung zu und wird vermehrt in den variablen Bestandteil der Vergütungsverträge aufgenommen.

Und auch die Erfahrung zeigt, dass die Gestaltung der Vergütungssysteme eine ho- he Aufmerksamkeit auf die integrierten Faktoren bewirkt. Daher muss bei der Gestal- tung dieser Verträge beachtet werden, dass diese richtig gewichtet sind und sich nicht, besonders im Fall sich überschneidender Pläne, widersprechen. So wäre ein Wachstumsziel und gleichzeitig ein Ziel der Einsparung von Kosten kontraproduktiv. Aber auch nichtökonomische Faktoren gewinnen an Aufmerksamkeit in der Ver- tragsgestaltung.

1.2 Relevanz der Themenstellung

Wie bereits erwähnt ist besonders die Höhe der Managementvergütungen besonders in die öffentliche Kritik geraten. Aber auch der nachhaltige Aspekt der Vergütungsstruktur ist auf Grund vieler Skandale immer stärker in den Fokus der Öffentlichkeit und der Politik gerückt.

Thema der vorliegenden Arbeit sind die Vergütungsstrukturen für Vorstände mit einem besonderen Fokus auf die langfristig orientierte Komponente dieser Vergütungspläne, die derzeit einem starken Wandel unterliegen.

1.3 Formulierung der Forschungsfrage

Die Forschungsfrage, die in dieser Arbeit behandelt werden soll ist, welche Vor- und Nachteile die bisherigen Vergütungssysteme haben. In weiterer Folge soll die Entwicklung dieser Pläne dargestellt werden und die neuesten Entwicklungen, anhand von Praxisbeispielen und Modellen namhafter Unternehmensberater, dargestellt werden. Ein besonderer Fokus wird dabei darauf gelegt, wie Unternehmen versuchen einen langfristigen Anreiz in ihren Vergütungsplänen zu schaffen.

1.4 Methodische Vorgehensweise

Zunächst wurde durch eine intensive Literaturrecherche der theoretische Hintergrund beleuchtet. In weiterer Folge soll, ebenfalls durch Recherche der wissenschaftlichen Literatur, Artikel von Unternehmensberatern sowie dem Studium von Vergütungsbe- richten, kurz dargestellt werden, wie sich die Managementvergütungsstruktur verän- dert hat und in welcher Relation diese zu den Unternehmensergebnissen steht.

Alte und aktuelle Modelle werden ebenfalls durch das Erforschen wiisenschaftlicher Literatur dargestellt, während später versucht wird, moderne Modelle und deren Komponenten darzustellen. Dazu wird auf der einen Seite wieder die wissenschaftli- che Literatur herangezogen, jedoch stärker die der Unternehmensberater, die sich mit diesen Themen befassen. Dazu wurden diese kontaktiert und es wurden Präsen- tationen und Ansätze zur Verfügung gestellt. Um einen noch stärkeren Bezug zur Praxis herzustellen wurden qualitative Interviews durchgeführt und einige Geschäfts berichte, insbesondere die Vergütungsberichte und Nachhaltigkeitsberichte, analy siert.

1.5 Aufbau der Arbeit

Zunächst soll ein theoretischer Hintergrund der Problematik dargestellt werden, in- dem das Principal-Agent-Problem in der wissenschaftlichen Literatur dargestellt wird. In weiterer Folge wird sehr kurz die Entwicklung der Vorstandsgehälter in Relation zur Unternehmensentwicklung über einen relativ stark eingegrenzten Zeitraum dar- gestellt. Im nächsten Kapitel werden die rechtlichen Rahmenbedingungen der Vor- standsvergütung dargestellt, da diese in den letzten Jahren einem Wandel unterzo- gen waren.

Es folgen zwei Kapitel, die sich nicht ganz voneinander abgrenzen lassen. Zum ei- nen sollen die Vergütungssysteme der Vergangenheit, mit all ihren Vor- und Nachtei- len, dargestellt werden und in weiterer Folge deren Erweiterungen dargestellt wer- den, die längerfristige Aspekte integrieren sollen. Diese sind oft einfach Erweiterun- gen der „alten“ Systeme. Jedoch werden in dem zweiten der beiden Kapitel auch Systeme von Unternehmensberatern dargestellt. Dann folgt ein Kapitel, dass noch stärker in die Praxis gehen soll. Mit den Praxisstudien wird dargestellt, wie die neuen Vergütungssysteme bereits in die Praxis umgesetzt wurden, welche Vor- und Nachteile diese haben. In diesem Kapitel wird auch kurz der Wandel der Systeme in den letzten Jahren dargestellt.

2 Das Agency Problem

Die Agency-Theorie ist Teil der neuen Institutionenökonomik. Die Theorie geht auf die Arbeit von Jensen und Meckling29 zurück und beschreibt in der betriebswirtschaft- lichen Literatur den Zielkonflikt zwischen Inhabern eines Unternehmens (Prinzipal) und den Managern, die das Unternehmen für diese führen (Agent). Dem Agenten werden die Agenden der Geschäftsführung vom Prinzipal übertragen. Dabei hat er teilweise oder ganz die Entscheidungskompetenz im Unternehmen.30 Dieses Kapitel bezieht sich im Wesentlichen auf das Buch „Managementvergütung, Corporate Go- vernance und Unternehmensperformance“ von Christian Lazar (2007)31 und auf Ei- senhardt (1989)32.

„The directors of such companies, however, being the managers rather of other people’s money than of their own, it cannot well be expected, that they should watch over it with the same anxious vigilance with which the partners in a private copartnery frequently watch over their own.“33

2.1 Die Entstehung der Agency Theorie

Die Ursprünge der Agency-Theorie gehen auf eine Arbeit von Jensen und Meckling34 zurück. In den 1960igern und zu Beginn der 1970iger Jahre haben Wirtschaftswis- senschafter entdeckt, dass Individuen und Gruppen Risiko teilen (z.B. Arrow 1971; Wilson 1968). Diese Literatur beschrieb das Teilen von Risiko als ein Problem, das auftrat, wenn kooperierende Parteien verschiedene Einstellungen zu Risiko haben. Die Agency-Theorie hat dieses Problem insofern ausgeweitet, als das es auch das Problem behandelt, wenn Parteien verschiedene Ziele verfolgen.35 Hier ging es, wie eingangs erwähnt, darum, dass eine Partei (der Prinzipal) Arbeit an einen anderen (den Agenten) delegiert, der diese Arbeit dann ausführt. Die Agenten Theorie versucht im Wesentlichen zwei Problemstellungen zu lösen:

1. Das Problem, das entsteht, wenn der Prinzipal und der Agent verschiedene Ziele verfolgen und die Schwierigkeit für den Prinzipal, die Handlungen des Agenten zu überwachen, sowie die Kosten, die damit verbunden sind, wenn der Agent seine eigenen Ziele verfolgt. Hier besteht das Problem darin, dass der Prinzipal die Handlungen des Agenten nicht überwachen kann.

2. Das Problem der Risikoteilung, wenn der Prinzipal und der Agent verschiede- ne Einstellungen zu Risiko haben. Das Problem ist, dass der Prinzipal und der Agent auf Grund ihrer persönlichen Risikopräferenzen verschiedene Hand- lungsweisen bevorzugen würden.

Das Theorem beschäftigt sich damit, dem Agenten den effektivsten Vertrag, unter Berücksichtigung von Einflussfaktoren wie Risikoaversion, Eigeninteresse, Zielkon- flikten unter Mitgliedern der Organisation, usw., zu geben. Noch zu Beginn der 1990er Jahre wurde festgestellt, dass die Vergütung von Managern kaum mit der Entwicklung des Aktienkurses zusammenhing. Jensen und Murphy haben in ihrer Studie aus dem Jahre 1990 festgestellt, dass, wenn der Vermögensanteil der Aktio- näre um 1000 US-Dollar anstieg, die Managervergütung um nur 3,25 US-Dollar an- stieg.36

Die Struktur der Agency-Theorie reicht von einer Makroebene (wie regulatorische Themen) bis hin zu einer Mikroebene (wie diverse Eigeninteressen des Managers). Meistens wurde die Theorie aber auf Managerkompensation, Akquisitions- und Diversifikationsstrategien, Vorstandsbeziehungen, Eigentümer- und Finanzierungsstrukturen, vertikale Integration und Innovation bezogen.

Alles in allem geht es in dieser Theorie um die Beziehung zwischen Prinzipal und Agenten, die kooperieren sollen, aber verschiedene Ziele und Risikoeinstellungen haben.37

2.2 Einführung in das Agency-Problem

In Aktiengesellschaften gibt es zumeist eine Trennung zwischen den Anteilseignern und dem Management, das das Unternehmen führt. Das Agenten-Theorem be- schreibt den Interessenskonflikt dieser beiden Parteien, der in dieser Konstellation entstehen kann. Zum Beispiel könnte der Anteilseigner das Interesse an der Maxi- mierung des Unternehmenswertes haben, während der Manager eine persönliche Nutzenfunktion aufweist (wie zum Beispiel die Minimierung des Arbeitsleides).38

Die persönliche Nutzenmaximierung könnte zum Beispiel darin bestehen, dass der Agent Vorteile nicht-pekuniärer Art für sich nutzt, wodurch der Unternehmenswert reduziert wird. Das persönliche Ansehen könnte ebenfalls Teil der persönlichen Nut- zenfunktion des Agenten sein. Hier wird in der Literatur das Phänomen des „empire building“39 erwähnt in dem Manager dazu neigen in Projekte mit negativen Kapital- werten zu investieren und so das Kapital der Anteilseigner zu reduzieren.

Generell ist bei der Investitionspolitik ein Abweichen vom Optimum zu beobachten, dass sowohl in Form einer Überinvestition (wenn dadurch ein privater Nutzen für das Management entsteht), als auch einer Unterinvestition (wenn dadurch private Kosten für das Management entstehen) auftreten kann. Aggarwal und Samwick40 stellen da- bei fest, dass es bei 54% der Unternehmen in ihrer Stichprobe Unterinvestitionen gibt, währen 41% mit einem Überinvestitionsproblem zu kämpfen haben.

Von ihren Anfängen hat sich die Agency-Theorie in zwei Richtungen entwickelt:

1. In den Positivisten-Ansatz und den

2. Principal-Agent-Ansatz

2.2.1 Der Positivisten-Ansatz

Vertreter dieses Ansatzes haben sich darauf konzentriert Situationen zu identifizieren, in denen es wahrscheinlich ist, dass der Prinzipal und der Agent Ziele haben, die miteinander in Konflikt treten können, um dann die Mechanismen zu beschreiben, die das Handeln aus Eigeninteresse des Agenten limitieren können. Dieser Ansatz ist nicht so mathematisch, wie der Principal-Agent Ansatz. Er bezieht sich auch fast ausschließlich auf die Prinzipal-Agenten-Beziehung zwischen Eigentümern und Managern in großen, börsennotierten Unternehmen.

Aus einer theoretischen Perspektive versuchen die Positivisten die Führungsmechanismen zu beschreiben, die das Agentenproblem lösen. Zu diesen Mechanismen gibt es zwei Grundannahmen:

I. Wenn der Vertrag zwischen dem Prinzipal und dem Agenten erfolgsabhängig ist, besteht eine höhere Wahrscheinlichkeit, dass der Agent im Sinne des Prinzipals handelt.

II. Wenn der Prinzipal Informationen hat, mit dem er das Verhalten des Agenten beobachten kann, besteht eine höhere Wahrscheinlichkeit, dass der Agent im Sinne des Prinzipals handelt.

2.2.2 Der Principal-Agent-Ansatz

Vertreter des Principal-Agent Ansatzes beschäftigen sich mit eine generellen Theorie der Prinzipal-Agenten Beziehungen. Diese Theorie kann auf Arbeitgeber und Ange- stellte, Rechtsanwälte und Klienten, Käufer und Anbieter oder andere Agenten Be- ziehungen angewendet werden. Der Principal-Agent Theorie liegen klare Grundan- nahmen zu Grunde, die mathematisch bewiesen werden. Im Gegensatz zum Positi- vistenansatz ist der Principal-Agent Ansatz abstrakt und mathematischer.

Die beiden Strömungen ergänzen sich. Während der Positivistenansatz verschiede ne Möglichkeiten der Vertragsgestaltung betrachtet, versucht der Principal-Agent Ansatz herauszufinden, welcher Vertragstyp, unter variierenden Variablen wie Ergebnis, Risikoaversion, Information, usw., der Effektivste ist.41

2.3 Grundannahmen des Agency Problems

Das Agency-Problem geht grundsätzlich davon aus, dass Informationen zwischen Prinzipal und Agenten asymmetrisch verteilt sind und, dass beide Parteien opportu- nistisch handeln. Arrow42 unterscheidet zwei Formen der Asymmetrie von Informati- onen, nämlich die der „Hidden Action“ und der „Hidden Information“. Bei Hidden Ac- tion hat der Agent Alternativen, von denen der Prinzipal nichts weiß. Somit wählt der Agent die Alternative, die seinen persönlichen Nutzen maximiert. Dies wird in der Literatur auch „Moral Hazard“ genannt. Bei Hidden Action kann der Prinzipal den Agenten beobachten, jedoch verfügt der Agent über mehr Informationen und kann diese somit zum Nachteil des Prinzipals nutzen. Dies wird in der Literatur als „Adver- se Selection“ bezeichnet.

Bei der Agency-Theorie wird ein besonderes Augenmerk auf Anreizsysteme gelegt, mit denen man das Verhalten des Agenten bestmöglich steuern will, indem man die Interessen des Agenten möglichst deckungsgleich mit denen des Prinzipals gestalten will.

Naturgemäß liegt es im Interesse des Prinzipals eine hohe Rendite mit dem eingesetzten Kapital zu erwirtschaften. Der angestellte Manager hat die Aufgabe den Unternehmenswert zu maximieren. Wie kann nun gewährleistet werden, dass der Manager sinnvoll mit der ihm anvertrauten Verantwortung umgeht?

Die Lösung, die das Modell darstellt ist ein Anreizvertrag, der zur Risikoteilung führen soll. Der Anreizvertrag koppelt die Entlohnung des Managers an den Erfolg des Un- ternehmens, indem er von einem, zumindest teilweise, variablen Gehalt für den Ma nager ausgeht. Dies soll den Effekt haben, dass es im Interesse des Managers ist eine positive Entwicklung des Unternehmenswertes herbeizuführen.43

2.3.1 Die Problemstellung in der Praxis

In der Praxis haben Manager natürlich einigen Spielraum ihren persönlichen Nutzen zu erhöhen. Zum Beispiel können Manager nicht-pekuniäre Vorteile haben, wie zum Beispiel einen übertrieben luxuriösen Firmenwagen oder teure Büroausstattung. Die Kosten hierfür tragen natürlich die Anteilseigner und der Unternehmenswert wird re- duziert.

Es gibt aber auch Phänomene, die mit dem persönlichen Ansehen des Managers zu tun haben. Diese stehen oft in positiver Relation zur Unternehmensgröße. Zum Bei- spiel sei hier das Problem des „Empire-Building“ erwähnt. Dies kann zur Folge ha- ben, dass sogar Projekte mit negativen Kapitalwerten realisiert werden, um die Un- ternehmensgröße zu steigern, was aber wiederum Vermögen der Aktionäre vernich- tet. Die Gefahr, dass der Manager zu Empire-Building neigt, ist dann sehr groß, wenn das Unternehmen über einen hohen freien Cash-flow verfügt. Empirische Arbeiten können dieses Problem bestätigen.

Es gibt aber in der Praxis nicht nur das Überinvestitionsproblem, sondern auch ein Unterinvestitionsproblem. Beim Unterinvestitionsproblem werden Projekte mit positi- ven Nettokapitalwerten nicht getätigt, weil der Manager dadurch persönliche Kosten zu tragen hat.44

Shleifer und Vishny45 beschreiben in ihrer Studie aus dem Jahre 1989 managerspe- zifische Investments. So versuchen sich Manager im Unternehmen festzusetzen (zu entrenchen), indem sie spezielle Investitionen durchführen, dass es den Anteilseig- nern auf Grund des sehr spezifischen Know-hows sehr schwer gemacht wird, sie zu ersetzen. In Folge hat das Management einen höheren persönlichen Spielraum, der sich durch eine sehr hohe Vergütung oder durch den Genuss nicht-pekuniärer Vortei le auswirken kann.46

2.3.2 Das Grundmodell

Das Grundmodell besteht aus zwei Akteuren, nämlich dem Prinzipal und dem Agen- ten und geht von einem Zielkonflikt der beiden aus. Ebenso wird von einem leicht messbarem Endergebnis ausgegangen, sowie, dass der Agent risikoaverser als der Prinzipal ist.47 48 Dem Agenten wird nun ein Vertrag vom Prinzipal angeboten, den er annehmen oder ablehnen kann. Damit der Agent den Vertrag annimmt wird ihm eine Vergütung angeboten. Damit der Vertrag angenommen wird muss der erwartete Nut- zen zumindest dem Reservationsnutzen des Agenten entsprechen. Der Reservati- onsnutzen ist jener Nutzen, den der Agent alternativ, ohne Unterzeichnung des Ver- trages, haben würde.49 Der Reservationsnutzen ist jener Nutzen, den der Agent auch hätte, würde er sich mit dem Unternehmen nicht einigen können. Im Falle einer Eini- gung wird ein Vertrag für eine bestimmte Periode abgeschlossen und der Agent hat ein gewisses Aktivitätsniveau durchzuführen.

Der Ansatz im Grundmodell kann in verschiedenen Fällen beschrieben werden:

1. Der erste Fall ist simpel gestaltet. Information ist vollständig vorhanden und der Prinzipal weiß, wie der Agent handelt (dies führt im mathematischen Modell zur „first-best“ Lösung). Wenn der Prinzipal nun das Verhalten des Agenten „kauft“ ist ein Vertrag sinnvoller, der sich auf das Verhalten des Agenten bezieht, als einer, der sich auf Ergebnisse bezieht. Denn dies würde zwangsläufig Risiko auf den Agenten umwälzen, von dem ja ange- nommen wird, dass er risikoaverser als der Prinzipal ist.

2. Im zweiten Fall weiß der Prinzipal nicht genau, wie die der Agent handelt (dies führt im mathematischen Modell zur „second-best“ Lösung). Unter der Annahme, dass der Agent Eigeninteressen hat, könnte der Agent, muss aber nicht, so gehandelt haben, wie vertraglich vereinbart. Der Konflikt tritt also auf, weil verschiedene Ziele vorhanden sein könnten und der Prinzipal nicht genau feststellen kann, ob der Agent vertragsgemäß gehandelt hat. Hier könnte also zum Beispiel entweder ein Moral Hazard oder Adverse Selection vorliegen.

In diesem Fall hat der Prinzipal zwei Möglichkeiten. Die erste ist, dass er versucht das Verhalten des Agenten stärker zu kontrollieren, indem er in Informationssysteme investiert. Diese Informationssysteme sollen das Verhalten des Agenten beobachten und dem Prinzipal offenbar machen.

Dies führt zur dritten Grundannahme der Agententheorie:

III. Informationssysteme haben einen positiven Effekt auf verhaltensbasierenden

Verträge und einen negativen Effekt auf ergebnisbasierenden Verträge.

Die zweite Möglichkeit ist, einen ergebnisorientierten Vertrag aufzusetzen. Dieser soll den Agenten insofern motivieren, als dass er die eigenen Ziele und die des Prinzipals möglichst deckungsgleich macht. Allerdings muss der Agent den Preis des Transfer- risikos bezahlen.

Risiko ist natürlich insofern ein Thema, als dass das Ergebnis des Unternehmens nicht nur rein vom Arbeitseinsatz des Agenten abhängt, sondern sehr viele externe Faktoren mitspielen. Dies könnten politische Entscheidungen, das Handeln des Mitbewerbs, technologische Veränderungen oder die generelle Konjunktur sein. Dies alles beeinflusst das Geschäftsergebnis und steht nicht unter der Kontrolle des Agen- ten. Dies bedeutet nicht nur eine gewisse Unplanbarkeit, sondern Risiko, dass von irgendjemandem getragen werden muss. Wenn nun externe Risiken niedrig sind, bietet sich ein ergebnisorientierter Vertrag an, da die Kosten, das Risiko auf den Agenten zu verlagern, niedrig sind. Je höher allerdings das Risiko ist, desto höher werden die Kosten das Risiko auf den Agenten umzuwälzen. Dies führt uns zur vierten Grundannahme des Agency-Problems:

IV. Je höher die externen Risiken sind, desto stärker sollte der Agentenvertrag verhaltensorientiert sein und desto weniger ergebnisorientiert.

2.3.3 Erweiterungen des Modells

Dieses Modell kann natürlich in vielen Varianten erweitert werden. Eine Variante wäre das Risikoverhalten des Agenten zu verändern. Wissenschaftliche Arbeiten zeigen, dass Individuen in ihrem Risikoverhalten stark variieren.50 Je stärker die Risikoaversion des Agenten abnimmt, desto attraktiver ist es, Risiko auf den Agenten zu verlagern, indem man ihm einen ergebnisorientierten Vertrag anbietet. Umgekehrt steigen die Kosten, dies zu tun, je risikoaverser der Agent ist.

V. Die Risikoaversion des Agenten steht in einem positiven Verhältnis zu verhal- tensorientierten Verträgen und in einem negativen Verhältnis zu ergebnisori- entierten Verträgen.

Genauso kann man umgekehrt sagen, dass, je risikoaverser der Prinzipal ist, desto attraktiver wird es für ihn sein, Risiko auf den Agenten abzuwälzen.

VI. Die Risikoaversion des Prinzipals steht in einem negativen Verhältnis zu ver haltensorientierten Verträgen, während sie in einem positiven Verhältnis zu ergebnisorientierten Verträgen steht.

In einer anderen Erweiterung könnte man die Grundannahme der Zielkonflikte auf- weichen. Es könnte zum Beispiel keinen Zielkonflikt geben, wenn es sich um ein Fa milienunternehmen handelt. Wenn es keinen Zielkonflikt gibt, wird sich der Agent so verhalten, wie es der Prinzipal wünscht, unabhängig davon, ob sein Verhalten beobachtet wird oder nicht. Wenn der Zielkonflikt zwischen Prinzipal und Agenten abnimmt nimmt auch die Attraktivität eines ergebnisorientierten Vertrages ab und das Thema der Risikoverteilung wird wichtiger. Unter der Annahme, dass der Agent risikoavers ist, wird ein verhaltensorientierter Vertrag attraktiver.

VII. Der Zielkonflikt zwischen Prinzipal und Agent steht in einer negativen Relation zu verhaltensorientierten Verträgen und in einer positiven zu ergebnisorientierten Verträgen.

Eine andere mögliche Erweiterung der Theorie bezieht sich auf die Aufgabe des Agenten, zum Beispiel die Programmierbarkeit seiner Tätigkeit, die die Beobachtbarkeit der Tätigkeit des Agenten beeinflusst. Programmierbarkeit ist der Grad zu dem angemessenes Verhalten des Agenten im Vorhinein spezifiziert werden kann. Zum Beispiel hat ein Kassierer an der Kassa eines Lebensmittelgeschäftes eine höhere Programmierbarkeit als ein Unternehmer in einem hochtechnologisierten Unternehmen. Hier wird so argumentiert, dass eine höhere Programmierung zu einer leichteren Beobachtbarkeit führt und leichter zu evaluieren ist. Demnach wird daraus geschlossen, dass je höher die Programmierbarkeit der Aufgabe des Agenten ist, desto attraktiver ein verhaltensorientierter Vertrag ist, weil es leichter ist Informatio- nen über die Arbeit und das Verhalten des Agenten zu bekommen. Deshalb werden hochprogrammierbare Positionen, in denen fast vollständige Information vorhanden ist, wie zum Beispiel die Position des Kassierers, mit verhaltensorientierten Verträgen ausgestaltet werden. Diese verhaltensorientierten Verträge sind zum Beispiel Bezah- lung auf Stundenbasis, während zum Beispiel Unternehmer eher mit einem ergeb- nisbasierenden Vertrag ausgestattet werden.

VIII. Aufgabenprogrammierbarkeit steht in einer positiven Relation zu verhaltens orientierten Verträgen und in einer negativen Relation zu ergebnisbasierenden Verträgen.

Eine andere aufgabenorientierte Komponente ist die Messbarkeit des Ergebnisses.51 Im Grundmodell wird davon ausgegangen, dass die Ergebnisse leicht messbar sind. Manche Projekte gehen aber über einen sehr langen Zeitraum, benötigen möglicherweise Joint-Venture-Teams und resultieren möglicherweise nicht sofort in positiven Ergebnissen. In diesem Fall ist das Ergebnis schwer in einem bestimmten Zeitfenster messbar. Wenn die Resultate schwer messbar sind, sind naturgemäß ergebnisbasierende Verträge unattraktiver. Im Gegensatz dazu sind diese Verträge umso attraktiver, je besser das Ergebnis messbar ist.

IX. Die Messbarkeit des Ergebnisses steht in einer negativen Relation zu verhal tensorientierten Verträgen und in einer positiven Relation zu ergebnisorientierten Verträgen.

Abschließend kann man aber auch sagen, dass, wenn der Prinzipal und der Agent eine langfristige vertragliche Beziehung eingehen, der Prinzipal den Agenten mit der Zeit kennenlernt und so sein Verhalten besser einschätzen kann. Auf der anderen Seite ist die Informationsasymmetrie in kürzeren Verträgen wahrscheinlich größer und deshalb sind verhaltensorientierte Verträge attraktiver.

X. Die Länge der Prinzipal-Agenten Beziehung steht in einer positiven Relation zu verhaltensorientierten Verträgen und in negativer Relation zu ergebnisori- entierten Verträgen.52

2.4 Der Beitrag der Agency-Theorie

Die Agency-Theorie zeigt die Wichtigkeit von Anreizsystemen und Eigeninteressen in Organisationen und sie erinnert uns daran, dass Individuen in Organisationen von Eigeninteressen getrieben sind. In der Agency-Theorie gibt es auch zwei ganz spezi- fische Ansätze des Denkens in Organisationen. Der erste ist der Umgang mit Infor- mation. In der Agency-Theorie wird Information wie ein Gut behandelt, dass Kosten hat und gekauft werden kann. Dies zeigt die Wichtigkeit formeller (wie Budgetierung und Aufsichtsrat) und informeller Informationssysteme auf. Organisationen können in Informationssysteme investieren um Opportunismus der Agenten zu kontrollieren.

Der zweite Beitrag der Agency-Theorie sind die Risikoimplikationen. Organisationen haben eine ungewisse Zukunft. Sie kann Wohlstand bringen aber auch den Bankrott. Diese Zukunft ist nur zum Teil von den Mitgliedern der Organisation gesteuert. Exter- ne Faktoren wie Regulierungen der Regierung, das Aufkommen neuer Mitbewerber oder technische Innovationen können den Erfolg beeinflussen. Unsicherheit wird in einem Risiko-Nutzen-Kompromiss betrachtet, nicht nur in Form der Unfähigkeit vo- rausplanen zu können. Der Ansatz ist, dass die Ergebnisunsicherheit, gekoppelt mit dem Willen oder dem Unwillen Risiko zu akzeptieren den Vertrag zwischen Prinzipal und Agenten beeinflussen sollte.53

2.5 Empirische Ergebnisse

Forscher aus mehreren Disziplinen haben empirische Studien über die Agency- Theorie gemacht. Ältere Studien haben schon in den frühen 1980er Jahren (Amihud und Lev54 ) untersucht warum Firmen Mischkonzernzusammenschlüsse durchführen. Generell sind solche Zusammenschlüsse nicht im Interesse der Aktionäre, da diese direkt über ihr Aktienportfolio diversifizieren können. Im Gegensatz dazu können sol- che Mergers aber für Manager interessant sein, die sonst wenige Möglichkeiten ha- ben ihr eigenes Risiko zu diversifizieren. Die beiden Autoren haben dies nun in Zu- sammenhang damit gesetzt, ob ein Unternehmen eigentümerkontrolliert (zum Bei spiel in dem es einen Großaktionär gab) oder managerkontrolliert war (ohne Großak tionär). Im Einklang mit der Agency-Theorie wurde dabei festgestellt, dass Unter- nehmen signifikant öfter diese Art von Mergers machen, die managerkontrolliert sind.

Ebenfalls in den frühen 1980er Jahren haben Walking und Long55 den Widerstand von Managern bei Übernahmeangeboten analysiert. In ihrer Studie wurden 105 gro- ße US-amerikanische Unternehmen untersucht, die zwischen 1972 und 1977 Ziel eines Übernahmeversuchs waren. Hier ist Widerstand gegen Übernahmeversuche ebenfalls nicht im Interesse der Aktionäre, aber im Interesse des Managers, da er im Zuge einer Übernahme seine Position als Manager in diesem Unternehmen verlieren könnte. Hier haben empirische Untersuchungen gezeigt, dass Manager, die ergeb- nisbezogene Verträge hatten, dazu tendierten, keinen Widerstand gegen Übernah- meangebote zu leisten.

Ende der 1980er Jahre untersuchte Kosnik56 den Board of Directors57 als Informationsmechanismus. Er untersuchte 110 US-amerikanische Unternehmen die Greenmailziele58 zwischen 1979 und 1983 waren. Kosnik untersuchte, mit dem theoretischen Hintergrund der Agency-Theorie und der Hegemonietheorie, den Zusammenhang der Charakteristika des Board of Directors und, ob Greenmail bezahlt wurde. Greenmail zu zahlen liegt nicht im Interesse der Aktionäre. Unternehmen, in denen ein höherer Anteil an externen Boardmitgliedern existiert, haben diesen Greenmailattacken eher widerstanden.

Argawal und Mandelker59 haben anhand von 209 Unternehmen, die in den Jahren von 1974 und 1982 an Akquisitionen und Veräußerungen teilgenommen haben, un- tersucht, ob ein Zusammenhang zwischen Aktien- und Aktienoptionsbesitz des Ma nagements und den für Aktionäre vorteilhaften Investitionsentscheidungen besteht.

Generell kann laut dieser Studie gesagt werden, dass Manager eher zu Akquisitionen neigen, die weniger Risiko beinhalten, sowie zu einer Finanzierung durch weniger Schulden. Wenn Manager selbst Aktien halten (und somit einen ergebnisorientierten Vertrag haben) sind ihre Finanzierungsentscheidungen zumeist konform mit den Interessen der Aktionäre.60

Obwohl es in Aktiengesellschaften keine 100%ige Beteiligung der Manager gibt zeigen empirische Studien zu LBOs und MBOs, dass durch eine höhere Beteiligungsquote des Managements die Unternehmen profitabler werden. Es zeigt sich hier also auch in der Praxis, dass Manager mit eigenem Geld anders umgehen, als mit dem Fremder, seien es auch die eigenen Auftraggeber. Ebenso zeigen diese Studien, dass die Agencykosten durch die hohe Beteiligung gesenkt werden.61 Durch den hohen Verschuldungsgrad bei LBOs ist die Konsequenz oft eine Konzentration auf das Kerngeschäft und Manager werden dadurch sehr sensibel unnötige Investitionen zu vermeiden. DeAngelo, DeAngelo und Rice stellen somit fest, dass LBOs eine effiziente Form darstellen Agency Probleme zu minimieren.62

2.6 Kritik an der Agency-Theorie

Eine Vielzahl der Theoretiker sieht in der Agenturtheorie die Lösung für die Span- nungsfelder zwischen Management und Anteilseignern. Die Lösung zu den Proble- men in der Realität (außerhalb der reinen Theorie) soll darin bestehen, die Verträge der variablen Bestandteile, besser auszuformulieren. Frey und Osterloh63 gehen mo- tivationstheoretisch an die Thematik heran und argumentieren, dass die Grundüber- legungen der Agenturtheorie zu kurz greifen, da „Unternehmen eher als Bündel von Pool-Ressourcen betrachtet werden müssen, denn als Nexus individueller Verträge“.64

Rost und Osterloh65 argumentieren, dass Pay-for-Performance eine Managementmethode ist, die, wie sie empirisch nachweisen, sogar negativ mit der Unternehmensperformance zusammenhängt.

3 Rechtliche Grundlagen zur Angemessenheit der Managementvergütung

Die aktuelle Krise hat neuerlich eine politische Diskussion über die Reglementierung und Transparenz von Managementgehältern ausgelöst. Allerdings hatte das Thema der Angemessenheit auch in der Vergangenheit juristische und öffentliche Relevanz. Allerdings hatten die gesetzlichen Maßnahmen zumeist keinen langfristigen Erfolg und es war zu beobachten, dass die Vergütungen in der nachfolgenden Zeit trotzdem weiter erhöht wurden.66 Im folgenden Kapitel werden kurz die Gesetzeslage und die Transparenzvorschriften am Beispiel Deutschland beschrieben. Ebenso werden die Vorschläge der deutschen SPD zur Angemessenheit der Managemententlohnung skizziert.

3.1 Die Gesetzeslage in Deutschland

Aus dem Jahre 1869 stammen die ersten gesetzlichen Regelungen, die im Allgemei- nen Deutschen Handelsgesetzbuch zu finden waren, und in denen noch eine staatli- che Genehmigung erforderlich war. Es gab aber keine Aussagen hinsichtlich der An- gemessenheit der Vergütungen.67 Die einzige Einschränkung von der freien Verein- barkeit der „Besoldung“ war die „Einhaltung der Grenze von Treu und Glauben“. Zwar war es gesetzlich nicht erforderlich, dass Vorstandsmitglieder Aktien des Un- ternehmens halten das sie führen, jedoch war es üblich in die meisten Satzungen einen Passus aufzunehmen, in dem Vorstandsmitglieder eine gewisse Anzahl an Aktien zu hinterlegen hatten, um die Vergütung an die wirtschaftliche Entwicklung zu koppeln.68

Im Jahr 1869 wurde im §243 HGB zum ersten Mal zwingend der Aufsichtsrat als Kontrollorgan für den Vorstand festgelegt.69

In den 1920er Jahren gab es ein enormes Wachstum, was in den folgenden 1930ern zu einer der schwersten Wirtschaftskrisen führte, die die Welt je erlebt hat. Nachdem aber freie Vertragsgestaltung bei der Ausgestaltung der Vorstandsverträge bestand, wuchsen diese in ungeahnte Höhen, fern jeglicher Relation zu den Aufgaben der Vorstände und der wirtschaftlichen Lage der Unternehmen. Erschwerend kam hinzu, dass es damals eine hohe Inflation gab. So wurden selbst in Phasen, in denen Unternehmen wirtschaftlich schwer angeschlagen waren oder sogar vor dem finanziellen Bankrott standen hohe Remunerationen ausbezahlt. Zusammen mit der Inflation und den „Sicherheitszuschlägen“ für Vorstandsmitglieder entwickelten sich die Gehälter weiter in ungeahnte Höhen.70

1931 führten dann schließlich die extrem hohen Gehälter der Vorstände zur Zeiten der Weimarer Reichsverfassung dazu, dass eine Notverordnung erlassen wurde, die die Vergütungen regeln sollte. Durch die Verordnung konnte die Vergütung nachträglich herabgesetzt werden.71

Im Jahr 1937 wurde dann in Deutschland zum ersten Mal durch ein Gesetz die „An- gemessenheit der Vergütung von Vorständen“ im § 78 Abs. 1 AktG geregelt, wobei der Aufsichtsrat dafür zu sorgen hatte, dass die Vergütung in Relation zur Leistung des Managers und zur wirtschaftlichen Lage des Unternehmens stehen sollte.72

Im Jahr 1965 wurden im deutschen Aktiengesetz im § 87 Abs. 1 die Grundsätze für Vorstandsmitglieder festgelegt. Zwar ist der Aufsichtsrat für die angemessene Festlegung der Vergütung verantwortlich, hat aber nur in Ausnahmefällen (wenn sich die Lage der Gesellschaft wesentlich verschlechtert) die Möglichkeit, diese nachträglich herabzusetzen (§ 87 Abs. 2). Dies gilt aber nicht für Ruhegehälter, Hinterbliebenenbezüge oder ähnliche Leistungen, mit Ausnahme des § 242 BGB, nach dem Ruhegehälter herabgesetzt werden dürfen.73

§ 87 Abs. 1 im deutschen Aktiengesetz legt fest, dass der Aufsichtsrat auf die Angemessenheit der Vorstandsvergütung zu achten hat.74

„ Der Aufsichtsrat hat bei der Festsetzung der Gesamtbezüge des einzelnen Vor standsmitglieds (Gehalt, Gewinnbeteiligungen, Aufwandsentsch ä digungen, Versicherungsentgelte, Provisionen und Nebenleistungen jeder Art) dafür zu sorgen, dass die Gesamtbezüge in einem angemessenen Verh ä ltnis zu den Aufgaben des Vor standsmitglieds und zur Lage der Gesellschaft stehen. Dies gilt sinngem äß für Ruhegehalt, Hinterbliebenenbezüge und Leistungen verwandter Art. “ 75

Der Begriff der „Angemessenheit“ ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, der üblicher- weise durch die Judikatur und durch die Literatur erklärt werden soll. Heins (2006)76 hat sich, aufbauend auf der bestehenden Judikatur und Literatur, umfassend mit der Auslegung dieses Paragraphen auseinandergesetzt. Er definiert mit den „Aufgaben des Vorstandes“ dessen Qualifikation, Erfahrung und Branchenkenntnis. Ebenso spielt es eine Rolle, in welchem Umfang das Vorstandsmitglied seinen Aufgaben nachkommen kann (z.B. durch die Übernahme anderer Aufgaben in Aufsichtsräten anderer Aktiengesellschaften).77

Ein weiterer relevanter Gesichtspunkt ist die „Lage der Gesellschaft“. Angemessen kann eine hohe Entlohnung aber sowohl bei einer guten, als auch bei einer schlech- ten Lage der Gesellschaft sein, wenn die Vergütung in schlechter Lage damit ge- rechtfertigt wird, dass es nur so möglich war oder ist, ein Management mit entspre- chenden Fähigkeiten und Qualifikationen zu werben oder zu halten und das hohe Gehalt somit als Risikoprämie verstanden werden kann. Jedoch wird im Gesetzestext selber nicht näher darauf eingegangen, was mit der Lage des Unternehmens ge- meint ist und welche Indikatoren und Größen für die Beurteilung dieser Lage heran- gezogen werden sollen. Die Gesetzeskommentierung weist darauf hin, dass „nicht nur die Vermögenswerte sondern die gesamten Verhältnisse der Unternehmen78 relevant sind und zur Bewertung der Lage herangezogen werden sollen. Hier soll der Aufsichtsrat einen Fremdvergleich vornehmen.79 Kienbaum80 schlägt in seinen Empfehlungen für die Umsetzung des VorstAG vor, zur Angemessenheit das Kienbaum Scoring-Modell heranzuziehen, dass als Vergleichsgruppe Unternehmen unter Berücksichtigung der Branche, Unternehmensgröße, Organisationsstruktur, Ressortverantwortlichkeit und Ertragslage heranzieht. Besondere Gründe zur Abweichung von einer marktüblichen Vergütung sollen dokumentiert werden.

Problematisch ist, dass es kaum Judikatur zu diesem Paragraphen gibt und er daher auch teilweise als „dead letter law“, also als totes Recht, dass zwar festgeschrieben steht, jedoch in der Praxis nicht judiziert wird, bezeichnet wird. Auf Grund der relativ wagen Formulierung des Gesetzestextes gibt es einen großen Spielraum, wie die Lage des Unternehmens und das Aufgabengebiet des Vorstandes zu verstehen ist. Hier hat der Aufsichtsrat einen sehr großen Ermessensspielraum und die Überprü- fung der Angemessenheit ist beinahe unmöglich, da es durch die Rechtsprechung keine Anhaltspunkte gibt und auch der Corporate Governance Kodex, in dem die Angemessenheit der Vorstandsvergütung ebenfalls thematisiert wird, keine konkrete- ren Hinweise gibt. Nur die Begrenzung der Nebenleistungen, wie sie im Punkt 4.2.3 des deutschen Kodex erwähnt werden, können als eine Aussage zur Nicht- Angemessenheit interpretiert werden.81

Heins (2006)82 hat folgende Fragen ausgearbeitet, die sich der Aufsichtsrat bezüglich der Angemessenheit stellen sollte:

1. Sind alle Vergütungsbestandteile dem Grunde nach zulässig?

Wurden geltende Gesetze verletzt? Wurde der Corporate Governance Kodex verletzt?

2. Ist die Gesamthöhe der Vergütung angemessen?

Dies wird in der Regel durch Fremdvergleiche gemessen. Es kann aber naturgemäß nur die Marktkonformität, nicht aber die absolute Angemessenheit, ermittelt werden und es gilt zu hinterfragen, ob nicht auch die am Markt üblichen Entlohnungen unangemessen sind oder sein könnten.

3. Sind die einzelnen Vergütungsbestandteile der Höhe nach und im Verhältnis zueinander angemessen?

Hier soll speziell das Verhältnis zwischen den fixen und variablen Gehaltsbestandteilen überprüft werden.83

3.1.1 Gesetzesentwurf der deutschen Bundesregierung zur Angemessenheit der Vorstandsvergütungen und Vorschläge des DGB-Bundesvorstandes zur Regulierung der Vorstandsvergütungen

Die deutsche Bundesregierung hat im Jahr 2009 einen Entwurf für das VorstAG vor- gelegt, der die Angemessenheit der Vorstandsvergütungen sowie die Transparenz sicherstellen soll. Man hat, so in der Formulierungshilfe des Gesetzesentwurfes, aus der aktuellen Krise gelernt und ist zu der Erkenntnis gekommen, dass falsche Anrei- ze in der Struktur der Vergütung zur Aufnahme unverantwortlichen Risikos führen kann, das dem nachhaltigen wirtschaftlichen Erfolg der Unternehmen im Wege steht.84

Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass der Aufsichtsrat bei der Festsetzung der Ge- samtbezüge solche Anreize zu setzen hat, dass die nachhaltige Unternehmensent- wicklung gewährleistet werden kann. Aktienoptionen können künftig nur mehr nach vier, nicht mehr nach zwei, Jahren gelöst werden. Ebenso soll es dem Aufsichtsrat leichter gemacht werden Vorstandsvergütungen herabzusetzen und parallel soll die Haftung der Aufsichtsratsmitglieder für unangemessene Vergütungsfestsetzung un- terstrichen werden.

[...]


1 Vgl. Lazar (2007), S.1 und Jensen/Murphy (1990b), S.225ff.

2 Vgl. Lazar (2007), S.1.

3 Lazar (2007), S.2.

4 Vgl. Eckhardstein/Konlechner (2008), S. 10.

5 Mit einer Marktkapitalisierung von mehr als 50 Millionen US-Dollar.

6 Bebchuk/Grinstein (2004), Göx (2004), Moriarty (2005), Bebchuk/Fried (2003, 2005) sowie Osterloh/Frey (2005).

7 Vgl. Eckhardstein/Konlechner (2008) S. 10.

8 Vgl. Göx (2004).

9 Vgl. Eckhardstein/Konlechner (2008) S. 1.

10 Liebig/Schupp, (2004).

11 Cowherd/Levine, (1992).

12 Manager Magazin 7/07, S. 39.

13 Vgl. Barkema/Gomez-Meija (1998).

14 Tosi (2000).

15 Vgl. Eckhardstein/Konlechner (2008) S. 11.

16 Vgl. Schmidt/Schwalbach (2007) S. 111-122.

17 Vgl. Lindstädt/Rapp/Wolff (2008) S. 109-110.

18 Vgl. Eckhardstein/Konlechner (2008) S. 18.

19 Vgl. Deckop/Merriman/Gupta (2006).

20 Vgl. McGuire/Dow/Argheyd (2003).

21 Vgl. Arora/Alam (2005).

22 Vgl. Eckhardstein/Konlechner (2008) S. 27.

23 Vgl. Johnson/Greening (1999) sowie Bass/Simerly/Li (1997) und Mahoney/Thorne (2005).

24 Vgl. McKendall/Sanchez/Sicilian (1999).

25 Vgl. Eckhardstein/Konlechner (2008) S. 30.

26 Die Befragung stammt aus dem Jahr 2005. Im international survey of corporate responsibility reporting wurden die Top 100 (in den USA die Top 250) Unternehmen aus 16 Ländern befragt.

27 Vgl. Eckhardstein/Konlechner (2008) S. 31.

28 Vgl. Eckhardstein/Konlechner (2008) S. 53-54.

29 Jensen/Meckling (1976).

30 Jensen/Meckling (1976) S. 308.

31 Lazar (2007).

32 Eisenhardt (1989).

33 Smith (1776, Nachdruck 1871) S. 586.

34 Jensen/Meckling (1976).

35 Vgl. Jensen/Meckling (1976) und Ross (1973).

36 Vgl. Lazar (2007) S. 1 und Jensen/Murphy (1990b) S. 225ff.

37 Vgl. Eisenhardt (1989) S. 57-58.

38 Shleifer/Vishny (1997) S. 740ff.

39 Baumol (1959).

40 Aggarwal/Samwick (2003a) S. 22ff.

41 Vgl. Eisenhardt (1989) S. 59-60.

42 Arrow, (1985) S. 37ff.

43 Vgl. Lazar (2007) S. 10-11.

44 Vgl. Lazar (2007) S. 8-9.

45 Vgl. Shleifer/Vishny (1989) S. 123.

46 Vgl. Lazar (2007) S. 9.

47 Der Grund dafür ist, dass der Agent nicht in der Lage ist, seine Anstellung zu diversifizieren, während der Prinzipal seine Investments sehr wohl diversifizieren kann (er sollte risikoneutral sein).

48 Vgl. Eisenhardt (1989) S. 61.

49 Vgl. Lazar (2007) S. 12.

50 Vgl. MacCrimmon/Wehrung (1986).

51 Vgl. Anderson (1985) und Eisenhardt (1985).

52 Vgl. Eisenhardt (1989), S.60-63

53 Vgl. Eisenhardt (1989) S.64-65.

54 Vgl. Amihud/Lev (1981).

55 Vgl. Walking/Long (1984).

56 Vgl. Kosnik (1987).

57 In den U.S.A. gibt es kein duales System, wie in Europa, wo Aufsichtsrat und Vorstand getrennt sind, sondern nur das gemeinsame „Board of Directors“.

58 Greenmail bedeutet, dass jemand so viele Aktien eines Unternehmens kauft, dass dies als Gefahr einer versuchten Übernahme verstanden wird, um dann die Aktien an das Zielunternehmen zu einem teuren Preis zurück zu verkaufen, damit diese die Übernahme verhindern.

59 Argawal/Mandelker (1987).

60 Vgl. Eisenhardt (1989) S. 68-69.

61 Vgl. Lazar (2007) S. 27.

62 Vgl. DeAngelo/DeAngelo/Rice (1984) S.391ff.

63 Frey/Osterloh (2005).

64 Eckhardstein/Konlechner (2008) S. 17.

65 Rost/Osterloh (2008).

66 Vgl. Grattenthaler (2007), S.29

67 Vgl. Anschütz (1870), S.516

68 Vgl. Grattenthaler (2007), S.30

69 Vgl. Grattenthaler (2007), S.30

70 Vgl. Grattenthaler (2007), S.31

71 Vgl. Grattenthaler (2007), S.32

72 Vgl. Grattenthaler (2007), S.32

73 Vgl. Kropff (1965), S. 111

74 Vgl. Eckhardstein/Konlechner (2008), S. 33

75 Deutsches Aktiengesetzbuch

76 Vgl. Heins (2006)

77 Vgl. Eckhardstein/Konlechner (2008), S. 33

78 Heins (2006)

79 Vgl. Eckhardstein/Konlechner (2008), S. 34

80 Vgl. Kienbaum (2010), Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung (VorstAG), Keinbaum Sustainable Pay Plan - Empfehlung zur Umsetzung des VorstAG, Jänner 2010

81 Vgl. Eckhardstein/Konlechner (2008), S. 34-35

82 Vgl. Heins (2006)

83 Vgl. Eckhardstein/Konlechner (2008) S.35

84 Vgl. Formulierungshilfe für die Fraktionen der CDU/CSU und SDP, Stand 7.3.2009

Ende der Leseprobe aus 134 Seiten

Details

Titel
Nachhaltige Vorstandsvergütung - Entwicklung und neue Ansätze
Hochschule
Fachhochschule des bfi Wien GmbH
Note
2
Autor
Jahr
2011
Seiten
134
Katalognummer
V173664
ISBN (eBook)
9783656007159
ISBN (Buch)
9783656007500
Dateigröße
1778 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Vergütung, Management, leistungsbezogene Vergütung, DAX, ATX, Vergütungssysteme, Nachhaltigkeit, neue Varianten, HR, neu, LTI, STI, Unternehmensperformance, Corporate Governance, nachhaltig, Managementvergütung, neue Systeme, Vergütungskomponenten, perform, Principal Agent, Vertragsgestaltung, Pay for Performance, Vorstand, Agency, Prinzipal, Agent, Angemessenheit, Transparenz, Kodex, Aufsichtsrat, Aktien, Optionsplan, Optionspläne, Aktienoptionspläne, variabel, Fixgehalt, Anreizwirkung, Wertsteigerungsanalyse, Performance-Aktien, Phantom, Stock Appreciation Rights, SAR, Boni, EFQM, Balanced Score Card, Trust Modell, CEO
Arbeit zitieren
Alexander Scherlacher (Autor:in), 2011, Nachhaltige Vorstandsvergütung - Entwicklung und neue Ansätze, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/173664

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