Katharina II. die Große - Die Deutsche auf dem Zarenthron


Fachbuch, 2011

74 Seiten


Leseprobe


V180332

Ernst Probst

Katharina II. die Große

Die Deutsche auf dem Zarenthron

Russlands bedeutendste Kaiserin war Katharina II. die Große (1729–1796), geborene Sophie Auguste Friederike Prinzessin von Anhalt-Zerbst-Dornburg, russisch Jekaterina II Alexejewna genannt. In ihrer Regierungszeit von 1762 bis 1796 leitete sie den Aufstieg Russlands zur europäischen Großmacht ein. Ihr Hof in Sankt Petersburg galt als einer der kulturellen Mittelpunkte Europas. Der Appetit der Monarchin auf stramme Offiziere war so legendär wie ihre Kriegslust, ihre Machtgier und ihr Kunstsinn.

Sophie Auguste Friederike Prinzessin von Anhalt-Zerbst-Dornburg kam am 2. Mai 1729 als ältestes von fünf Kindern des preußischen Generals Christian August Fürst von Anhalt-Zerbst-Dornburg (1690–1747) aus dem Geschlecht der Askanier, und der Prinzessin Johanna Elisabeth von Holstein-Gottorf (1712–1760) im Schloss von Stettin (Pommern) zur Welt. In der Literatur wird sie meistens als Sophie oder Sophia von Anhalt-Zerbst erwähnt.

Sophie hatte vier Geschwister: Wilhelm Christian Friedrich (1730–1742), Friedrich August (1734–1793), Auguste Christine Charlotte (1736 geboren und gestorben) sowie Elisabeth Ulrike (1742–1745). Das Fürstentum, aus dem sie stammte, galt als eines der ärmsten und bedeutungslosesten in Deutschland. Ihr Vater residierte als General und Militärgouverneur des Königs von Preußen in Stettin.

Prinzessin Sophie von Anhalt-Zerbst-Dornburg verbrachte ihre Kindheit im Schloss in Stettin. Zeitweise besuchte sie adlige Verwandte in Braunschweig, Zerbst, Berlin und Varel.

Als Zehnjährige begegnete Sophie 1739 auf einem Familienfest im Eutiner Schloss erstmals ihrem späteren Bräutigam, dem ein Jahr älteren Karl Peter Ulrich Herzog von Holstein-Gottorf (1728–1762), auch Holstein-Gottorp. Dieser war der Sohn von Karl Friedrich, Herzog von Holstein-Gottorf (1700–1739), und von Anna Petrowna (1708–1728), der Tochter des russischen Zaren Peter I. der Große (1672–1725).

Anna Petrowna, die Mutter von Peter, war bereits wenige Monate nach der Geburt ihres Sohnes gestorben. Nach dem frühen Tod seines Vaters Karl Friedrich im Jahre 1739 wurde Peter im Alter von elf Jahren dessen Nachfolger als Herzog von Holstein-Gottorf. Diesen Titel behielt er bis zu seinem Tod.

Teile der schwedischen Stände wählten am 4. November 1742 Peter Herzog von Holstein-Gottorf, zum Thronfolger von Schweden. Doch Peter lehnte dieses Angebot ab.

Nach dem Tod des kinderlosen Fürsten Johann August von Anhalt-Zerbst am 7. November 1742 erlosch die Hauptlinie Anhalt-Zerbst. Nachfolger als Fürsten von Anhalt-Zerbst wurden der unverheiratete Johann Ludwig II. von Anhalt-Zerbst-Dornburg (1688–1746) und dessen Bruder Christian August von Anhalt-Zerbst-Dornburg, der Vater von Sophie.

Am 18. November 1742 ernannte die kinderlose Kaiserin Elisabeth Petrowna (1709–1762) von Russland ihren 14-jährigen Neffen Peter, den Sohn ihrer verstorbenen älteren Schwester Anna Petrowna, zu ihrem Thronfolger. Der Junge trat zum Russisch-Orthodoxen Glauben über, nahm den Namen Peter Fjodorowitsch an und wurde Großfürst.

Im Dezember 1742 zog die 13-jährige Sophie von Anhalt-Zerbst zusammen mit ihren Eltern in das Zerbster Schloss. Dort lebte sie nur etwas mehr als ein Jahr lang.

1744 lud die russische Zarin Elisabeth Petrowna die Fürstin Johanna Elisabeth von Anhalt-Zerbst mit ihrer 15-jährigen Tochter Sophie an ihren Hof ein. Sophie sollte die Braut für ihren Cousin zweiten Grades Peter, russisch Pjotr Fjodorowitsch, werden. Vor der Russlandreise, die sie im Januar 1744 in Zerbst antraten, machten die beiden Damen auf Wunsch von Friedrich II. dem Großen (1712–1786) in Berlin Station. An seiner Tafel versuchte der König von Preußen in kluger Voraussicht, die künftige Kaiserin von Russland für sich zu gewinnen. Nach weiteren Zwischenstationen, unter anderem in Reval und Sankt Petersburg, traf Sophie im Februar 1744 in Moskau ein. Ihre Mutter reiste unter einem falschen Namen als „Gräfin von Reinbek“ mit.

Großfürst Peter war beim ersten Treffen mit Prinzessin Sophie in Russland 16 Jahre alt, sah gut aus, war aber klein und kindlich und sprach mit seiner Braut nur über Spielzeug und Soldaten. In ihren Memoiren gestand Katharina II. später, mehr als an der Person des Bräutigams sei sie an der russischen Krone interessiert gewesen. Sophie trat am Tag der Heiligen Peter und Paul in Moskau feierlich vom evangelisch-lutherischen zum orthodoxen Glauben über und lernte rasch die russische Sprache. Einen Tag später verlobte sich die Prinzessin von Anhalt-Zerbst am 29. Juni 1744 nach dem julianischen Kalender bzw. am 10. Juli 1744 nach dem gregorianischen Kalender mit Großfürst Peter. Zu Ehren von Jekaterina I. (1684–1727), der Mutter der regierenden Kaiserin Elisabeth Petrowna, erhielt sie den Namen Jekaterina (Katharina) Alexejewna.

Rund ein Jahr später, am 21. August 1745 nach dem julianischen Kalender bzw. am 10. Juli 1745 nach dem gregorianischen Kalender, heiratete die 16-jährige Katharina den 17 Jahre alten Großfürsten Peter. Danach musste Katharina zehn Jahre lang eine qualvolle Ehe mit dem launischen und bösartigen Großfürsten ertragen, der von schwacher Statur war.

Bereits in der Hochzeitsnacht zeigte sich, dass Großfürst Peter nur wenig Interesse und Zuneigung für Katharina empfand. Als seine frischvermählte Gattin im Schlafgemach auf ihn wartete, kam er spät nachts betrunken von der Feier zu ihr. Vielleicht hätte er aber auch nüchtern wenig ausrichten können, da er angeblich impotent war.

Die lebensfrohe und intelligente Großfürstin Katharina musizierte gern und las viel. Zu ihrer Lektüre gehörten vor allem historische und politiktheoretische Werke. Ihr lag viel daran, Politik besser zu verstehen. Über die Vorgänge am russischen Kaiserhof war sie immer gut informiert. Sie besuchte auch jeden russisch-orthodoxen Gottesdienst.

Im Gegensatz dazu lebte Großfürst Peter in Oranienbaum (heute Lomossow) in seiner eigenen Welt. Seine Tante hatte ihm zur Hochzeit mit Katharina das Schloss von Menschikow geschenkt. Dort hielt sich Peter mit seinen holsteinischen Freunden auf. Er hatte eine Vorliebe für alles Preußische und hier vor allem für das Militär. Peter führte einen intensiven Briefwechsel mit dem von ihm glühend verehrten Friedrich II. von Preußen. Er stellte eine eigene Garde aus 1.500

holsteinischen Offizieren und Soldaten auf und trug gerne eine preußische Uniform. Damit zog er sich den Unwillen der Kaiserin Elisabeth Petrowna zu, die eine tiefe Abneigung gegen Preußen hatte.

Anfangs bezog Großfürst Peter seine Gattin Katharina noch in seine Spiele mit den kleinen Soldatenfiguren ein und ließ sie eine preußische Uniform tragen. Bald aber hatten beide keinen Bezug mehr zueinander.

Johanna Elisabeth von Holstein-Gottdorf, die Mutter von Katharina, lebte zwei Jahre lang am Hof der russischen Zarin Elisabeth Petrowna. Dort war sie in zahlreiche Intrigen verstrickt, geriet in Spionageverdacht und durfte auf Anordnung der Zarin nicht mehr schriftlich mit ihrer Tochter Katharina verkehren. Nach dem Tod ihres Ehegatten 1747 wurde Johanna Elisabeth Regentin für ihren Sohn Friedrich August in Anhalt-Zerbst. Bereits zuvor hatte die Fürstin großen Anteil an der Landesregierung in Anhalt-Zerbst. 1751 stieg ihr Bruder Adolf Friedrich (1710–1771) zum König von Schweden auf.

Die jungen Eheleute Paul und Katharina pflegten – teilweise mit gegenseitigem Einverständnis – ihre Liebschaften. Nach neunjähriger Ehe brachte die 25 Jahre alte Katharina am 1. Oktober 1754 einen Sohn zur Welt, den späteren Zar Paul I. (1754–1801). Obwohl es damals Gerüchte über eine Affäre der Großfürstin gab, erkannten ihr Ehemann und die Kaiserin Elisabeth Petrowna diesen Sohn namens Paul Petrowitsch als legitim an.

Der Sohn Paul stammte vermutlich von dem gut aussehenden Kammerherrn Graf Sergei Saltykow (1726–1765), den Katharina um 1751 als Geliebten genommen hatte. Paul wurde sofort nach der Geburt von seiner Mutter getrennt und von der Kaiserin Elisabeth Petrowna, also seiner Großtante, erzogen. Saltykow hat man vom Hof entfernt und als Sonderbotschafter zum König von Schweden geschickt, um die Geburt des künftigen russischen Thronerben zu verkünden. Katharina ernannte ihn später zum russischen Gesandten in der Freien und Hansestadt Hamburg.

Katharina genießt den zweifelhaften Ruf, sexbesessen und machtgierig gewesen zu sein. In der Literatur werden mehr als zwanzig Liebhaber von ihr erwähnt. Nur die wenigsten ihrer Liebhaber durften sich in ihre Politik einmischen, wenngleich sie dies oft versuchten. Nach der Trennung wurde keiner ihrer Liebhaber verfolgt, bestraft oder sonstwie benachteiligt. Stattdessen erhielten viele von ihnen großzügige Geschenke.

Ungeachtet der Neutralität von Anhalt-Zerbst zu Beginn des „Siebenjährigen Krieges“ (1756–1763) beherbergte die Mutter von Katharina den französischen Marquis de Fraigne, der als Spion beschuldigt wurde. Der Preußenkönig Friedrich II. ließ deswegen Anhalt-Zerbst militärisch besetzen. Die Fürstin Johanna Elisabeth von Anhalt-Zerbst floh 1758 nach Paris, wo sie unter dem Namen „Gräfin von Oldenburg“ lebte und zwei Jahre später starb.

Im Juni 1757 trat Russland auf der Seite von Österreich und Frankreich in den „Siebenjährigen Krieg“ ein. Vergeblich versuchte Großfürst Peter in einem Brief an Wilhelm von Fermor (1714–1774), den Oberkommandierenden der russischen Truppen, diesen zum Einlenken gegen die Preußen zu bewegen.

Während der unglücklichen Ehe mit Großfürst Paul brachte Katharina auch die Tochter Anna (1757–1759) zur Welt. Historiker streiten darüber, ob dieses Mädchen von ihrem Ehemann Peter oder von einem ihrer Geliebten, nämlich Graf Saltykow oder Graf Poniatowski, stammt.

Nach dem Tod der Zarin Elisabeth Petrowna am 25. Dezember 1761 (julianischer Kalender) bzw. am 5. Januar 1762 (gregorianischer Kalender) regierte Peter III., der ein starker Trinker und schwacher Denker war, nur etwa ein halbes Jahr lang als Kaiser. Laut Online-Lexikon „Wikipedia“ war Paul III. ein unausgeglichener, gehemmter junger Mann, den zudem Pockennarben entstellten. Auf Gemälden wird er mehr oder minder sympathisch dargestellt. Angeblich fühlte sich Paul III. durch den Vergleich mit seinem berühmten Großvater, Zar Peter I. der Große (1672–1725), unter Druck gesetzt.

Bereits während der Trauertage benahm sich Peter III. sehr albern, was seine Frau Katharina sowie große Teile des Kaiserhofes und des russischen Volkes verärgerte. Bei seinem Regierungsantritt erließ Peter III. eine Amnestie für politische Häftlinge. Damals wurde Peter III. von dem schwedischen Historiker Magnus Jacob von Crusenstolpe (1795–1865) mit folgenden Worten beurteilt: „... der Großfürst war als inkonsequent und bizarr bekannt, der Kaiser zeigte sich gerecht, geduldig, verträglich und aufgeklärt. Alle höheren Staatsbeamten behielten ihre Ämter. Seinen Feinden verzieh er, auch wenn sie sich gegen ihn höchst unwürdig benommen hatten ...“

Der russische Kaiser Peter III. befand sich bei Amtsantritt in einer kuriosen Lage. Einerseits war er ein Bewunderer des Preußenkönigs Friedrich II., andererseits kämpfte Russland im „Siebenjährigen Krieg“ damals gegen Preußen. Peter III. riss die Außenpolitik herum, schloss am 5. Mai 1762 Frieden mit Preußen und stellte anschließend Friedrich II. ein Hilfskorps von 15.000 Soldaten zur Verfügung. Viele Historiker nehmen an, dass diese Wendung Preußen vor der sicheren Niederlage im „Siebenjährigen Krieg“ rettete. Peter III. wollte auch mit seiner Geliebten Elisabeth Woronzow (1743–1782) und einem Expeditionskorps in seine holsteinische Heimat reisen, um einen Krieg gegen Dänemark zu führen.

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Details

Titel
Katharina II. die Große - Die Deutsche auf dem Zarenthron
Autor
Jahr
2011
Seiten
74
Katalognummer
V173009
ISBN (eBook)
9783640931217
ISBN (Buch)
9783640931248
Dateigröße
7267 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Schlagworte
katharina, große, deutsche, zarenthron
Arbeit zitieren
Ernst Probst (Autor:in), 2011, Katharina II. die Große - Die Deutsche auf dem Zarenthron, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/173009

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