Das Petrusgrab in Rom als Beweis für den dortigen Aufenthalt des Apostels?

Eine Auseinandersetzung mit der Quellenlage


Facharbeit (Schule), 2011

21 Seiten, Note: 1,0 (15 Punkte)


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. War Petrus in Rom? - Einführung in die Fragestellung

3. Das Petrusgrab als ein möglicher Beweis für seinen Aufenthalt
3.1. Argumentation für die Grablegung in Rom
3.1.1. Literarische Hinweise
3.1.2. Archäologische Hinweise.
3.2. Argumentation gegen die Grablegung in Rom
3.3. Zusammenfassung und Kritik

4. Weitere Hinweise für Petri Aufenthalt in Rom
4.1. Literarische Hinweise
4.2. Die Petrustradition

5. Schlussbetrachtung

6. Literaturverzeichnis

7. Anhang

7.1. Anlagen

1. Einleitung

Ein einziges großes Kunstwerk: riesige Marmorsäulen, edle Kunstwerke aus Gold und Mosaik, Schmuckstücke der bedeutendsten Künstler der Geschichte - der Petersdom. Gelingt es, den Blick von all dem abzuwenden, blickt man in strahlende Gesichter, die fasziniert und beeindruckt sind von der unglaublichen Weite des Raumes und all dem Glanz der Petersbasilika. Vor dem riesigen Hochaltarziborium Berninis versammeln sich Pilger der verschiedensten Nationen an der Confessio: sie alle schauen über die 92 ewigen Lichter hinab zum „Grab“ des heiligen Petrus. Bei einem Blick nach oben zur Kuppel Michelangelos erkenne ich die lateinische Inschrift: „Tu es Petrus et super hanc petram aedificabo ecclesiam meam et tibi dabo claves regni caelorum.“1, in der deutschen Übersetzung: „Du bist Petrus, und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen, und Dir gebe ich die Schlüssel zum Himmelreich.“ (Mt 16, 18). Mit diesen Worten soll Jesus sich der Bibel zufolge an Simon Barjona, genannt Petrus, gewandt haben.

Während ich noch von der Pracht des Doms beeindruckt bin, halte ich ein stilles Gebet, verlasse die Kirche und beginne mir, trotz tiefer Glaubensüberzeugung, irgendwann die Frage zu stellen, ob Petrus nun tatsächlich in Rom war und ob ich wirklich in der Basilika stand, die über seinem Grab errichtet worden ist. Heute, etwa 2000 Jahre nachdem Jesus der Überlieferung zufolge die oben genannten Worte zu seinem Jünger sprach, fragen sich noch viele neben mir: Ist Petrus nun „der Felsen“? Hat er tatsächlich einst den Weg nach Rom auf sich genommen um die heilige Botschaft Christi zu verkünden bevor er dort eines Märtyrertodes starb? Ist er tatsächlich der Grundstein der Kirche und das wahre Fundament von Sankt Peter? Mit diesen Fragen beschäftigen sich Forscher, Kritiker und auch Geistliche schon seit etwa 700 Jahren, doch das Problem scheint unlösbar. Offenbar gibt es für die Wissenschaft keine eindeutigen Belege, um diese Frage mit präziseren Antworten als „eventuell“ oder „wahrscheinlich“ zu beantworten.

Das zu Beginn geschilderte Erlebnis nehme ich zum Anlass, mich im Rahmen meiner Facharbeit ebenfalls der Frage nach dem Aufenthalt des heiligen Petrus in Rom zu widmen und einige Hinweise genauer zu untersuchen. Meinen Schwerpunkt setze ich bei der Grablegung Petri in Rom und versuche -bildlich gesprochen- anhand einiger Indizien Licht in die vatikanischen Grotten unter Sankt Peter zu bringen.

Deshalb werde ich zunächst in Kapitel 2 erläutern, wie Petri Aufenthalt in Rom und sein dortiges Wirken aus kirchlicher Sicht beschrieben wird. Anschließend werde ich in Kapitel 3 auf das Petrusgrab als Indiz für seinen Romaufenthalt eingehen und aufzeigen, was gegen die Grablegung in Rom spricht. In Kapitel 4 werde ich meine Untersuchung hinsichtlich weiterer Hinweise für Petri Aufenthalt in Rom vorstellen, dazu gehören literarische Schlüsselstellen sowie die lange und konstante Petrustradition seiner Grabverehrung in Rom. Zuletzt stelle ich in Kapitel 5 meine Schlussbetrachtung vor.

2. War Petrus in Rom? - Einführung in die Fragestellung

Nach Ansicht der katholischen Kirche ist Petrus der erste Bischof von Rom - und somit auch selbst in Rom gewesen. Die ihm von Jesus persönlich zugesprochene Schlüsselgewalt sowie die Apostolische Sukzession begründen daher die Primatstellung des Papstes. Die Frage nach dem Aufenthalt des Apostels in Rom wird daher nicht unberechtigt „heiß diskutiert“. „Von der Kreuzigung und Bestattung [Petri] in den Neronischen Gärten berichtete erstmals Bischof Eusebius im 4. Jahrhundert“.2 Nach christlicher Überlieferung reiste er nach Rom und bekehrte dort Menschen zum Glauben an Jesus Christus. Als direkter Zeuge Jesu Auferstehung berichtete er von seinen Erlebnissen und traf an diesem Ort sogar den Apostel Paulus, mit dem er gemeinsam Kaiser Neros Hofkünstler Simon Magus überführte. Als der Magier daraufhin bei seiner Flugkunst tödlich stürzte, ließ der zornige Kaiser die beiden Jünger Jesu in das Gefängnis Carcere Mamertino werfen.3 Unter der Herrschaft Neros wurden viele Christen festgenommen und zum Tode verurteilt, unter dem Vorwand, sie seien für den Brand von Rom im Jahre 64 n. Chr. verantwortlich. So wurden auch die beiden Apostelfürsten Opfer einer Intrige Neros, dem bald übrigens selbst die Schuld für den großen Brand zugeschoben wurde. Nach kirchlicher Überlieferung gelang es Petrus jedoch, aus dem Gefängnis zu flüchten. An der Stadtgrenze Roms begegnete ihm Jesus. Dieser stellte ihm die Frage: „Quo vadis dominae?“ (dt.: „Wohin gehst du, Herr?“) Daraufhin antwortete Jesus: „Venio Romam iterum crucifigi.“ (dt.: Ich gehe nach Rom, um mich erneut kreuzigen zu lassen!“)

Daraufhin beschloss Petrus nach Rom zurückzukehren, wo er anschließend den Märtyrertod erlitt. Aus freiem Willen ließ er sich, um nicht denselben Tod wie Jesus zu sterben, mit dem Kopf nach unten kreuzigen.4 Die Hinrichtung fand nach der Überlieferung im Neronischen Zirkus statt, nahe dem Gelände, auf dem heute der Petersdom steht.5 Anschließend wurde Petri Leichnam, wie die meisten der in diesem Zirkus Exekutierten, in einer Nekropole in den vatikanischen Gärten neben dem Zirkus Kaiser Neros begraben.

“Anderer Überlieferung nach wurde er zusammen mit dem des Paulus zunächst auf einem alten Friedhof an der Via Appia Antica beigesetzt, in den Katakomben des Sebastian […].

Petrus' Reliquien wurden dann umgebettet an die Stelle, über der Kaiser Konstantin 324 die älteste Peterskirche errichten ließ6 […]. Den Auftrag zur vollständigen Erneuerung dieser immer mehr zerfallenden Kirche erteilte Papst Nikolaus 1452, im Jahr 1626 konnte dieses Bauwerk, der Petersdom, fertig gestellt und eingeweiht werden. Unter dem Hochaltar werden Petrus' Gebeine verehrt.“7

Doch seit dem Mittelalter wird die Gründung der Gemeinde durch Petrus, sein dortiger Märtyrertod sowie seine Grablegung in Rom häufig infrage gestellt. „Das Schweigen der Bibel [sei] ganz entscheidend“, so Oscar Cullmann in „Petrus: Jünger - Apostel -Märtyrer“.8 Papst Pius XII. forderte als erster Papst eindeutige Beweise und gab den Auftrag, Grabungen unter dem Petersdom durchzuführen.

3. Das Petrusgrab als möglicher Beweis für seinen dortigen Aufenthalt

Über das Thema, ob der heilige Petrus nun wirklich in Rom begraben wurde, streiten Wissenschaftler, Geistliche und Laien seit einiger Zeit. Bislang gibt es keine eindeutigen Beweise, die eine Grablegung des Apostels in Rom, zumindest für Kritiker, eindeutig genug belegen. Leider kann die Existenz einer dortigen Grabstätte Petri seinen Aufenthalt ebenfalls nicht ausreichend belegen -schließlich könnten die Gebeine nach seinem Tod umgebettet worden sein. Dennoch ist es wahrscheinlich, dass Petri sterbliche Überreste dort beigesetzt wurden, wo sein Martyrium stattfand. Darüber, dass er tatsächlich den

Märtyrertod erlitt, bestehen kaum Zweifel. Bei der Frage nach dem Ort des Geschehens ist man sich, wie gesagt, noch uneinig.

3.1. Argumentation für die Grablegung

Um die Grablegung Petri in Rom zu belegen, haben Experten recherchiert und einige literarische sowie archäologische Hinweise entdeckt. Archäologen können heute anhand vieler Indizien die Ereignisse der Geschichte ziemlich genau rekonstruieren, und beispielsweise „relativ schlüssig belegen, dass [das] Armengrab [unter Sankt Peter] von frühster Zeit eine Stätte großer Verehrung war und durch alle Epochen blieb.“9 Auch die literarischen Zeugnisse, die ich im Folgenden nenne, können heute als „echt“ bezeichnet werden, auch wenn diese Echtheit nicht von allen bestätigt wird - aber bekanntlich gibt es immer Befürworter und Gegner einer These.

3.1.1. Literarische Hinweise

„[Dass] die Peterskirche über dem Grab der Apostels Petrus errichtet worden ist, gehört zu den ältesten Lehren der katholischen Kirche. Das früheste Zeugnis, das auf die Möglichkeit einer solchen Grabstätte hinweist, stammt bereits aus einem Theologendisput des zweiten Jahrhunderts nach Christus. Damals hatte sich in Kleinasien eine christliche Sekte gebildet, deren Mitglieder sich "Kataphrygier" nannten. Die Anführer dieser Sekte versuchten ihre Rechtgläubigkeit durch die Behauptung zu beweisen, [dass] sie die Gebeine des Apostels Philippus […] besäßen.“10

Von Eusebius von Cäsarea, einem Bischof, Kirchenpolitiker und -historiker11 stammt nun folgende Überlieferung: der römische Presbyter Gaius soll sich um 200 n. Chr. mir folgendem Argument an den Wortführer dieser eben genannten Sekte gewandt haben:

„Ich kann die Siegesdenkmäler[gr.: Tropaien] […] der Apostel zeigen. Denn wenn du zum Vatikan gehen willst oder zur Straße nach Ostia, so wirst du die Siegesdenkmäler jener finden, die diese Kirche (in Rom) gegründet haben.“12 „Unter einem "Tropaion" […] verstand man ein Erinnerungsmal, das die frühen Christen häufig an solchen Stellen errichteten, wo Märtyrer ihren Verfolgern zum Opfer gefallen waren.“13 Nun ist es sehr wahrscheinlich, dass mit diesem Tropaion die Aedicula gemeint ist, die sich unter dem Petersdom befindet und auf die ich im folgenden Kapitel näher eingehen werde. Dass dieses Monument aber nicht einfach willkürlich von jenen, die Petri Grab eindeutig in Rom sehen wollen, als Grab interpretiert wurde, lässt sich aus dem Kontext erschließen. Die wenig angesehenen Kataphrygier, auch Montanisten genannt, hatten es sich zum Ziel gemacht, ihre Autorität durch das Grab des Jüngers Philippus in Kleinasien zu bekräftigen und ihre Sonderlehre zu legitimieren.

„Dagegen setzte Gaius nun die Autoritäten der Kirche Roms, konkret die Gräber der Apostelfürsten. […] [Er] spitzt dies [sogar] auf ihr Martyrium zu, indem er vom Grab als Tropaion […] spricht. […] Die Gräber […] sind für Gaius „Siegesdenkmäler“, insofern die Apostel in ihrem Leib den Tod besiegt haben.“14

Dass sich dieses Siegesdenkmal nicht im Neronischen Zirkus, am Ort Petri Hinrichtung, sondern außerhalb auf einem Gräberfeld befindet, lässt darauf schließen, dass es nicht nur zur Markierung des Ortes des Martyriums dient, sondern tatsächlich ein Grab besitzt.15

Abgesehen von dem Disput zwischen Gaius und den Montanisten schildert Eusebius in seinen Schriften: „Wie berichtet wird, wurde Paulus eben in Rom unter Nero enthauptet und Petrus gekreuzigt. Dieser Bericht wird bestätigt durch die noch bis heute erhaltenen Namen Petrus und Paulus in den römischen Zömeterien.“16 Mit dieser Aussage drückt der Kirchenvater seine Überzeugung aus, dass Todesort und -ursache beider Apostel bekannt sind. Die Namen in den römischen Zömeterien sind ein weiteres Indiz dafür, dass Petrus von Beginn an in Rom gekannt und verehrt wurde. Sie können zwar nicht mit absoluter Sicherheit seine dortige Grabstätte bezeugen, lassen jedoch trotzdem auf eine sehr frühe römische Petrusverehrung schließen und deuten auf die Besonderheit der Stadt Rom in Hinblick auf den Apostel hin.

3.1.2. Archäologische Hinweise

Nach dem Tod von Pius XI. waren Bauarbeiter im Jahr 1939 von seinem Nachfolger Papst Pius XII. damit beauftragt worden, auf Wunsch des Verstorbenen ein Grab in den Grotten unterhalb der Peterskirche auszuheben.

[...]


1 siehe Abb. 1 im Anhang auf Seite 20

2 http://www.heiligenlexikon.de/Literatur/Grab_des_Petrus.html

3 ebenda

4 vgl. http://www.verlag-bischoff.de/public_vfb/pages/de/family/wissen_und_lehre/2011-02-hw.html

5 diese Überlieferung stammt z.T. aus den apokryphen Petrusakten, die um 180 - 190 n. Chr. entstanden sind (siehe auch Kapitel 4.1)

6 des Weiteren vertritt die katholische Kirche die Auffassung, dass der Schädel Petri sich gemein-sam mit dem von Paulus im Tabernakel über dem Hochaltar in der Lateranbasilika befindet

7 http://www.heiligenlexikon.de/BiographienP/Petrus.htm

8 Peter Nathan, zitiert nach: http://www.visionjournal.de/visionmedia/article.aspx?id=5820

9 Matthias König, Weihbischof in Paderborn: „Grab des hl. Petrus unter St. Peter in Rom“, 2011

10 „DER SPIEGEL“, Ausgabe 52/1955, unbekannter Verfasser, entnommen aus: http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-41960818.html

11 vgl. „DER SPIEGEL“, Ausgabe 15/1972, unbekannter Verfasser, entnommen aus: http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-42971914.html

12 Euseb. hist. eccl. 2,25,7; entnommen aus: Heid, Stefan; „Blutzeuge - Tod und Grab des Petrus in Rom“, 1. Auflage 2010; Verlag Schnell & Steiner GmbH in Regensburg, S. 158

13 „DER SPIEGEL“, Ausgabe 52/1955, unbekannter Verfasser, entnommen aus: http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-41960818.html

14 Heid, Stefan; „Blutzeuge - Tod und Grab des Petrus in Rom“, 1. Auflage 2010; Verlag Schnell & Steiner GmbH in Regensburg, S. 159

15 ebenda

16 Hist.eccl. 2,25,5; entnommen aus: http://www.zenit.org/article-17020?l=german

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Das Petrusgrab in Rom als Beweis für den dortigen Aufenthalt des Apostels?
Untertitel
Eine Auseinandersetzung mit der Quellenlage
Hochschule
Haranni-Gymnasium, Herne
Note
1,0 (15 Punkte)
Autor
Jahr
2011
Seiten
21
Katalognummer
V172417
ISBN (eBook)
9783640923731
ISBN (Buch)
9783640923656
Dateigröße
668 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
„Du bist Petrus, und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen“ (Mt 16, 18). Mit diesen Worten soll Jesus sich der Bibel zufolge an seinen Jünger Simon Barjona gewandt haben. Heute fragen sich noch viele: Ist Petrus nun „der Felsen“? Hat er tatsächlich einst den Weg nach Rom auf sich genommen um die heilige Botschaft Christi zu verkünden bevor er dort eines Märtyrertodes starb? Mit diesen Fragen beschäftigt man sich schon seit etwa 700 Jahren, doch das Problem scheint unlösbar. Auch ich habe mich im Rahmen meiner Facharbeit diesem Thema gewidmet und einige Hinweise genauer untersucht.
Schlagworte
Petrus, Simon Barjona, Petrusgrab, Petrus in Rom, Apostelfürsten, Apostel
Arbeit zitieren
Jessica Bischof (Autor:in), 2011, Das Petrusgrab in Rom als Beweis für den dortigen Aufenthalt des Apostels?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/172417

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