Nachrichtenauswahl im Hörfunk

Welche Faktoren beeinflussen die journalistische Nachrichtenauswahl im Hörfunk?


Bachelorarbeit, 2011

70 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis:

1. Exposé

2. Die Notwendigkeit journalistischer Selektion
2.1 Informationsflut und Selektionszwang
2.2 PR und weitere Quellen

3. Moderne Nachrichten im Hörfunk
3.1 Aufgabe und Bedeutung von Hörfunknachrichten
3.2 Verschiedene Typen von Nachrichtensendungen
3.3 Vermittlungsformen von Nachrichten
3.4 Vermittlungsstile von Nachrichten

4. Nachrichtenwerttheorie
4.1 Forschungstraditionen der Nachrichtenwerttheorie
4.1.1 Die amerikanische Forschungstradition nach Lippmann
4.1.2 Die europäische Forschungstradition
4.1.3 Die deutsche Forschungstradition
4.2 Verwandte Modelle der Nachrichtenselektion
4.2.1 Gatekeeper-Forschung
4.2.2 News-Bias-Forschung

5. Hörfunknachrichten in der Forschung
5.1 Forschungsstand
5.2 Aktuellste Forschung im norddeutschen Raum nach Volpers, Schnier, Salwiczek
5.2.1 Untersuchungsgegenstand und Zielsetzung
5.2.2 Komplexitätsreduzierte Ergebniszusammenfassung

6. Leitfadeninterview mit Guido Schulenberg
6.1 Zusammenfassung des Interviews
6.2 Auswertung des Interviews

7. Fazit

8. Literaturverzeichnis

9. Anhang
9.1 Nachrichtenfaktoren im Vergleich
9.2 Datenergänzung zur Studie nach Volpers, Schnier und Salwiczek (2005)
9.2.1 Reichweite der untersuchten Sender
9.2.2 Nettosendezeit der Hauptnachrichten
9.2.3 Nachrichten im Internet
9.2.4 Themen der Berichterstattung
9.2.5 Raumbezug der Nachrichten
9.3 Vollständiges Leitfadeninterview/ Guido Schulenberg

Abstract:

The BA-Thesis „News selection in radio journalism“ from Benjamin Müller is trying to give an overview of the research in the selection of news in radio journalism. It tries to put these results in a new context for following empiric researches. The main question for this paper is: „Which factors affects the news selection in radio journalism?“ The volume of this paper is about 40 pages. First there is a theoretical access, which should be invigorated by three models of news selection and an analysis of a study of 20 radio broadcast stations in north Germany by Volpers, Schnier, Salwiczek (2005). For rounding off there is a guided interview with the news boss of Radio Bremen which involves four different programs in one broadcast station, to get an all-embracing result.

The main results of this paper are that the flood of information is getting bigger and bigger because of the professionalization of PR. Also a lot of structure elements like the format of a radio broadcast station are important for the selection of news. The news value is not that important for the selection as it is known in common because the selection is more automatically. A bigger factor for the selection is the gatekeeper model, so the personal orientation of the journalist and the organisation. At least a new and important factor for news selection in radio journalism is the local basis.

This paper gives the research in radio journalism a new perspective for following empiric research that could be based in the news values research, gatekeeper research or local basis research of news selection.

1. Exposé

„Sie gelten als die „Königsdisziplin im Radio“ - Nachrichten“ (Linke 2007, S. 9). Sie informieren die Menschen, geben ihnen Orientierung und eine Art eigenen Blickwinkel Ereignisse auf der ganzen Welt zu betrachten. Ihre Themen reichen von Lokal-, Regional- und Weltnachrichten bis hin zu Sport, Wetter und Verkehr. Aber, wer oder was entscheidet eigentlich, wann eine Nachricht zur Nachricht wird, bzw. ob sie letztendlich gesendet wird oder nicht? Seit den 20er Jahren befassen sich Forscher nun schon mit dieser Frage und entwickeln immer wieder neue Theorien, die immer komplexer werden. Das Radio als Medium wurde in der Forschungstradition oft vernachlässigt, obwohl Untersuchungen zeigen, dass die Menschen gerade durch das Radio oft als erstes von Ereignissen erfahren (vgl. Vowe, Wolling 2003, zit. nach Linke 2007, S. 9). Auch auf Zuschauerseite scheint das Radio als Informationsmedium einen hohen Stellenwert einzunehmen. So ermittelte die repräsentative ARD/ZDF-Studie „Massenkommunikation 2005“ (Ridder, Engel in Media Perspektiven 9/2005) das Interesse an aktueller Information als zweitwichtigstes Motiv der Hörer für das Einschalten eines Radioprogramms. Als erstes Motiv wurde „Weil es mir Spaß macht“ (Linke 2007, S. 9) genannt.

Daher erscheint es wichtig, das Radio als Informationsmedium näher zu beleuchten. Für die nachfolgende Studie möchte ich mich speziell auf die journalistische Nachrichtenauswahl und somit auf die Produzentenseite beziehen. Dies scheint notwendig, da es zwar einige Studien zum Rezeptionsverhalten von Radionachrichten gibt, allerdings nur sehr wenige Studien, die sich mit der Nachrichtenauswahl befassen. Die Gründe hierfür scheinen einen ökonomischen Hintergrund zu haben, da viele Studien der Hörfunkforschung von öffentlich- rechtlichen Hörfunkanstalten selbst oder von Organisationen, wie z.B. dem Verband Privater Rundfunk und Telekommunikation (VPRT), welcher die Interessensvertretung privater elektronischer Medienunternehmen stellt, in Auftrag gegeben werden und diese aus wirtschaftlichen Gründen mehr Interesse am Hörverhalten von Rezipienten, als am Auswahlverhalten von Produzenten haben (vgl. Primavesi 2007, S. 37). In den letzten 15 Jahren lassen sich aufgrund ökonomischer und technischer Entwicklungen - Stichworte sind hier Kommerzialisierung und Digitalisierung - eine Reihe von medienübergreifenden Veränderungen beobachten (vgl. Maier et al. 2003, S. 13). Die Annahme, dass in immer kürzerer Zeit, von immer weniger Journalisten, immer mehr Nachrichtenplätze gefüllt werden müssen, wird auch in anderen Studien, wie z. B. „Die Souffleure der Mediengesellschaft“ (Weischenberg 2006) belegt. Auch der Trend zum Infotainment lässt sich medienübergreifend feststellen, wie es z. B. in „Infotainment: zwischen Bildungsanspruch und Publikumserwartung; wie unterhaltsam darf Information sein?“ (Klöppel 2008) beschrieben wird.

In einem ersten einleitenden Teil werde ich zunächst auf die Notwendigkeit journalistischer Selektion eingehen.

Der zweite große Teil meiner Arbeit soll einen Überblick über modernen Radionachrichten und deren Bedeutung für die Selektionsentscheidungen von Journalisten geben. Ich möchte weiter auf die Nachrichtenwerttheorie eingehen, welche als Grundlage der Selektion von Nachrichten für alle Medien gilt. Nachdem ich die Forschungtraditionen und moderne Weiterentwicklungen dargelegt habe, werde ich außerdem auf verwandte Modelle der Nachrichtenwerttheorie eingehen, welche die Nachrichtenauswahl direkt beeinflussen. Anschließend werde ich speziell auf die Hörfunkforschung eingehen und den aktuellen Forschungsstand darstellen. Anhand der Studie „Nachrichten im Hörfunk - Ein Vergleich der Nachrichtenprofile norddeutscher Radioprogramme“ (Volpers, Schnier, Salwiczek 2005) werde ich danach nochmals genauer auf den norddeutschen Raum eingehen, welcher in der Hörfunkforschung oft vernachlässigt wurde.

In einem dritten Teil werde ich zur Abrundung, der von mir gewonnenen Erkenntnisse aus der Forschungs- und Datenanalyse, ein Leitfadeninterview mit Guido Schulenberg, dem Nachrichtenchef von Radio Bremen, durchführen, welches weitere Erkenntnisse liefern soll und eine gute Vergleichbarkeit mit der Studie von Volpers, Schnier und Salwiczek (2005) bietet.

Meine Ergebnisse werde ich in einem Fazit festhalten und versuchen eine eigene Einschätzung für kommende Entwicklungen zu liefern. Ich werde außerdem eine kritische Betrachtung vornehmen, welche auf Schwierigkeiten der Selektion hinweisen wird.

Meine Arbeit hat nicht den Anspruch neue Erkenntnisse im Bereich der Nachrichtenauswahl im Hörfunk zu schaffen, viel mehr soll sie den aktuellen Forschungsstand abbilden und diesen in einen neuen Zusammenhang einordnen, um eine Grundlage für weitere empirische Forschungen zu schaffen.

2. Die Notwendigkeit journalistischer Selektion

2.1 Informationsflut und Selektionszwang

Journalisten sehen sich heute einer wahren Informationsflut gegenüber. Alleine der Basisdienst der Deutschen Presseagentur (DPA) bedient die Redaktionen deutscher Medien mit knapp 750 Meldungen und Berichten pro Tag (vgl. Maier et al. 2003, S. 27). Hinzu kommen weitere Geschichten, welche von anderen Medien, den so genannten Leitmedien, geliefert werden, außerdem eigene Recherchen von Journalisten der jeweiligen Redaktion und sogar das Publikum ist heute in der Lage Themenwünsche zu äußern und sich somit aktiv an der Programmgestaltung zu beteiligen. Bei dieser Fülle an Informationen scheint es klar, dass eine Selektion stattfinden muss. Diese extreme Vielzahl an Informationen, welche bereits durch verschiedenste Instanzen vorgefiltert ist, muss auf ein Minimum reduziert werden, welches dann tatsächlich in den Nachrichten oder im laufenden Programm eines Radiosenders auftaucht. Daher gehört die Auswahl von aktuellen, relevanten und für die Rezipienten interessanten Ereignissen auch zu einer der Hauptaufgaben des journalistischen Arbeitens (vgl. Maier et al. 2010, S. 13).

Schon Walter Lippmann stellte 1922 in seinem Text „The nature of news“ über die Entstehung von Nachrichten fest: „All the reporters in the world working all the hours of the day could not witness all happenings in the world. There are not a great many reporters. And none of them has the power to be in more than one place at a time. Reporters are not clairvoyant, they do not gaze into a crystal ball and see the world at will, they are not assisted by thought-transference. Yet the range of subjects these comparatively few men manage to cover would be a miracle indeed, if it were not a standardized routine” (Lippmann 1922, S. 338 in Maier et al. 2010, S. 14).

Lippmann erkennt schon früh, dass nicht alleine die Redaktion für die Beschaffung und Auswahl von Nachrichten verantwortlich sein kann, sondern verschiedene Instanzen an diesem Ablauf beteiligt sein müssen. Schulz (2004) beschreibt dies mit dem Begriff der „Nachrichtenkette“. Er geht dabei von vielen lokalen Journalisten aus, die Nachrichten an Nachrichtenagenturen weitergeben und diese wiederum von den Nachrichtenagenturen vorselektiert und international verbreitet werden. Walter La Roche (2008, S. 17) vermutet, dass nur gut ein Viertel aller Agenturmeldungen tatsächlich durch die Medien übertragen werden. Diese Vermutung wurde in einer stichprobenartigen Erhebung vom 9. und 10. März 2009 für Zeitung und Fernsehen bestätigt. Die vier wichtigsten Nachrichtenagenturen in Deutschland (Deutsche Presseagentur (DPA), Associated Press (AP), Agance France Press (AFP) und Reuthers) verbreiteten am 09. März 2009 genau 427 politische Meldungen. Von diesen Meldungen tauchten 38 in der Süddeutschen Zeitung, 37 in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und 14 in der BILD auf. Für das Fernsehen lag die Zahl deutlich niedriger. Hier tauchten fünf Meldungen in der Tagesschau, vier in der ZDF-Nachrichtensendung, drei in RTL- aktuell und zwei in den Sat.1 News auf (vgl. Maier et al. 2010, S. 15). Für das Radio wurde keine Erhebung vorgenommen, allerdings deutet der geringe Sendeplatz pro Nachrichtensendung, die Anzahl der pro Tag gesendeten Nachrichten und die komplexitätsreduzierte Konstruktion von Radionachrichten darauf hin, dass es zu einem ähnlichen Ergebnis, wie bei den Fernsehnachrichten kommen würde.

2.2 PR und weitere Quellen

Nachdem wir gesehen haben, welche Masse an Ereignissen alleine von Nachrichtenagenturen an die Journalisten herangetragen werden, gilt es nun die weiteren Bereiche zu erfassen, welche eine unglaubliche Fülle an Informationen für die Redaktionen liefern.

Einen immer größeren Stellenwert nehmen hier Öffentlichkeits- und PR- Abteilungen ein, welche sich nach Weischenberg, Malik und Scholl (2006) deutlich professionalisiert haben. „Immer mehr gesellschaftliche Akteure versuchen mit immer ausgefeilteren Methoden, ihren Anliegen über die journalistische Berichterstattung öffentliche Aufmerksamkeit und Legitimation zu verschaffen“ (Weischenberg et al. 2006, S. 122). Auch die Journalisten bestätigen in der repräsentativen Umfrage nach Weischenberg et al. (2006) die stetige Zunahme von Pressemitteilungen. Knapp 60 Prozent der befragten Journalisten gaben an, dass ihrer Meinung nach zu viele Pressemitteilungen produziert werden.

„Damit entsteht ein großer Selektionsdruck in den Redaktionen, die aus dem eigenen Material das Wichtige und Interessante herausfiltern, irrelevante oder zweifelhafte Informationen aussortieren müssen, ohne bemerkenswerte Ereignisse und Entwicklungen zu übersehen“ (ebd., S. 123). Hier sind wir erneut bei der eingangs erwähnten Kommerzialisierung der Medien angelangt, denn immer weniger Journalisten, müssen diese Masse an Informationen sichten und bewerten. 1933 wurde die Gesamtzahl der Journalisten in Deutschland noch auf knapp 54.000 geschätzt. Im Jahr 2005 geht Weischenberg nur noch von knapp 48.000 Journalisten aus und das obwohl die Anzahl der selbstständigen Medienredaktionen in Deutschland um zwischenzeitlich mehr als 500 gestiegen ist (ebd., S. 34 ff.).

Neben der PR werden nach der Weischenberg-Studie (2006) die eigenen Kollegen und das Publikum von den befragten Journalisten als wesentlich wichtigerer Faktor eingeschätzt. Besonders andere Medien, die sogenannten Leitmedien, sind für Journalisten eine sehr zuverlässige Quelle, welche gerne verwendet wird. Durch die Beobachtung anderer Medien wird sichergestellt, dass die eigene Redaktion keine wichtigen Ereignisse übersehen hat (vgl. Maier et al. 2010, S. 16- 17). Die Themen werden dann neu aufbereitet und in der Redaktionssprache „weiter gedreht“, also mit neuen Aufhängern versehen (vgl. Linke 2007, S. 31). Ein weiteres Instrument, welches für fast alle Nachrichten unabdingbar ist, ist die Recherche: „Recherche ist unverzichtbares Instrument journalistischer Sorgfalt. Zur Veröffentlichung bestimmte Informationen (...) sind mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen und wahrheitsgetreu wiederzugeben. Ihr Sinn darf durch Bearbeitung (...) weder entstellt noch verfälscht werden. Unbestätigte Meldungen, Gerüchte und Vermutungen sind als solche erkennbar zu machen“ (Sorgfaltspflicht im Deutschen Pressekodex.; zit. nach Linke 2007, S. 32).

Der tägliche Aufwand für die Recherche und Themenauswahl (inkl. Onlinerecherche), wird 2005 auf knapp 216 Minuten, also knapp 3,5 Stunden beziffert (vgl. Weischenberg et al. 2006). Wichtig bei der Recherche ist es, nach privilegierten Quellen und nicht privilegierten Quellen zu unterscheiden. Als privilegiert gelten die großen Nachrichtenagenturen (Voraussetzung: Das Thema wurde erkennbar umfassend recherchiert) und amtliche Quellen, wie Polizei, Feuerwehr, Staatsanwaltschaft oder Tatsachen-Feststellungen rechtskräftiger Urteile. Diese Quellen können im Gegensatz zu nicht privilegierten Quellen, wie PR-Meldungen oder anderen, bedenkenlos verwendet werden (Linke 2007, S. 34).

3. Moderne Nachrichten im Hörfunk

3.1 Aufgabe und Bedeutung von Hörfunknachrichten

Der Markt der Radionachrichten ist sehr umfangreich, hinzu kommen außerdem noch Printmedien und Fernsehen, welche die Rezipienten über neue Ereignisse informieren. Das Radio scheint hierfür als sogenanntes „Nebenbei-Medium“ allerdings besonders gut geeignet, weil es fast an jedem Ort empfangbar ist und oft im Auto auf dem Weg zur Arbeit, im Bad bei der morgendlichen Dusche oder später im Büro gehört wird. Daher haben Radionachrichten einen zentralen Stellenwert zur „Erstinformation“ der Rezipienten und werden speziell am Morgen sehr stark genutzt, um sich einen ersten Überblick über die Geschehnisse der Nacht zu machen. Sie informieren das Publikum hauptsächlich darüber, ob sich in der Nacht etwas wesentliches ereignet hat, oder ob die Welt noch so ist, wie sie am Abend zuvor war (vgl. Schönbach, Goertz 1995, S. 14). Diese Zeit, in der die „Morning Shows“ der Sender angesiedelt sind, gilt als die einschaltstärkste des gesamten Tages. Nachdem die Nutzungskurve des Radios nach dieser Stoßzeit zurückgeht, steigt sie um die Mittagszeit und in den frühen Abendstunden wieder an. Auffällig ist hierbei, dass der Zeitpunkt des Einschaltens jeweils zu den vollen Stunden um 12, 15, 16, 17 und 18 Uhr liegen (vgl. Klingler, Müller 2004, S. 416; zit. nach Volpers, Schnier, Salwiczek 2005, S. 23). Dieses Verhalten ist ein weiterer Indikator, welcher auf die Wichtigkeit von Radionachrichten innerhalb eines Programms hindeutet. Daher erscheinen auch News Kampagnen der meist privaten Anbieter, wie der Beginn von Nachrichten um „zehn vor“ einer vollen Stunde zweifelhaft. Der Gedanke, dass jede Informationsstrecke automatisch einen Wegschaltimpuls beim Hörer auslöst, sollte daher überdacht werden (vgl. Peters 2003, S. 8). Peters stellt in seiner Studie fest, dass gerade zu den Nachrichten eines Programms eher hingeschaltet wird, als abgeschaltet (ebd., S. 203). Außerdem hält er fest, dass Hörer im direkten Vergleich von Nachrichten, eher ausführlichere Nachrichten bevorzugen (ebd.). Auch in anderen Studien wird diese Feststellung von Peters belegt. Bei der Frage nach den am wenigsten verzichtbaren Elementen eines Radioprogramms z. 6 B., erreichten die Nachrichten den ersten Platz (vgl. Simon 1998, S. 192; Vowe, Wolling 2004, S. 148; zit. nach Volpers, Schnier, Salwiczek 2005, S. 24). Hierbei übernehmen Nachrichten die Aufgabe den Tages- und Nachtablauf zu strukturieren und einen sicheren Rahmen zu schaffen, welcher den Hörer sofort über Unvorhergesehenes und Neues informiert (vgl. Haug 1999, S. 3; zit. nach Volpers, Schnier, Salwiczek 2005, S. 24). Der Tagesverlauf von Radionachrichten bzw. der Hörernutzung derer, lässt sich grob in drei Abschnitte gliedern, in denen Nachrichten mit jeweils unterschiedlichen Erwartungen genutzt werden:

- Die morgendliche „Prime Time“ informiert über aktuelle Geschehnisse der Nacht und dient als informativer Start in den Tag
- Die Nachrichten zur Mittagszeit geben einen ersten Überblick über das aktuelle Tagesgeschehen (vgl. Schönbach, Goertz 1995, S. 14)
- Die Nachmittags- und Abendnachrichten geben einen Gesamtüberblick über alle wichtigen Ereignisse eines Tages (ebd.)

Diese Strukturierung des Hörerverhaltens berücksichtigen viele Nachrichtenredaktionen bei der Gestaltung der Nachrichtensendung. So werden die Frühnachrichten meist am späten Vormittag aktualisiert und die zweite Aktualisierung findet meist am späten Nachmittag statt. Hier werden zusätzlich zu den Mittagsnachrichten ausführlichere Informationen bzw. Neuerungen durch O- Töne, Interviews usw. verwendet. Dieser Verlauf innerhalb eines Tages entspricht allerdings dem Idealfall und lässt sich nicht auf alle Nachrichtenredaktionen anwenden (vgl. Volpers, Schnier, Salwiczek 2005, S. 24). Für meine Arbeit ist dieser Umstand von besonderer Bedeutung, da er einen Überblick darüber gibt, wie häufig Informationen während eines Tages aktualisiert werden und so die Kapazität von Ereignissen, die innerhalb des Tagesverlaufs gesendet werden, bestimmt. Somit liegt hier eine regulierende Größe der Nachrichtenselektion vor.

3.2 Verschiedene Typen von Nachrichtensendungen

Nachrichtensendungen lassen sich aufgrund ihrer Platzierung innerhalb des Programms und ihres zeitlichen Umfangs auf folgende drei Kategorien reduzieren:

- Hauptnachrichten
- Kurznachrichten
- Nachrichtentelegramm

(vgl. Volpers, Schnier, Salwiczek 2005, S. 25)

Die Hauptnachrichten werden bei den meisten Sendern in der Regel zur vollen Stunde platziert. Einige Sender setzen die Nachrichten allerdings bewusst fünf oder zehn Minuten früher an, um so das Programmformat zu schärfen und sich von anderen Sendern abzuheben (vgl. Linke 2007, S. 16). So lautet der Claim von 106!8 rock’n pop z. B. „immer 10 Minuten früher informiert“ (vgl. Volpers, Schnier, Salwiczek 2005, S. 25). Die Hauptnachrichten unterscheiden sich, in größerem Umfang und Bandbreite der Nachrichtengebung, von den Kurznachrichten. Die Dauer variiert, je nach Sender, zwischen zwei und zehn Minuten. Die jeweiligen Nachrichten erhalten in den Hauptnachrichten mehr Sendezeit und werden oft durch O-Töne, Interviewelemente oder ähnliches ergänzt. Die Kurznachrichten werden von den meisten Sendern immer zur halben Stunde eingesetzt, bei manchen Sendern allerdings nur in der „Prime Time“. Hier werden die Meldungen sehr knapp formuliert, als reine Sprechermeldungen vorgetragen. Hier liegt die Varianz der Sendung zwischen einer und drei Minuten, was immer von der jeweiligen Länge der Hauptnachrichten abhängig ist. Die Nachrichtentelegramme dagegen sind noch kürzer als die Kurznachrichten und dauern in der Regel gerade mal 45 Sekunden. Die Meldungen werden hier auf die aller Wichtigsten beschränkt, sehr knapp formuliert und mit hoher Sprechgeschwindigkeit vorgetragen. In den Kurz- und Telegrammnachrichten, finden sich ausschließlich Meldungen, die bereits in den Hauptnachrichten verwendet wurden (ebd.).

Oft unbeachtet und trotzdem ein elementarer Inhalt aller Nachrichtenformate sind die Servicemeldungen und das Wetter, welche an dieser Stelle erwähnt werden sollten. Sie dienen zwar nicht zur Inhaltsanalyse von Themengebieten, wie sie durch die Nachrichtenwerttheorie vorgenommen werden soll, ist aber ein eindeutiger Einschaltimpuls für die Rezipienten, wobei der Service nochmals höheren Stellenwert als das Wetter einnimmt. Im weiteren Verlauf der Arbeit werde ich diese festen Größen im Programm als gegeben verstehen und daher nicht gezielt darauf eingehen, sondern mich auf die reinen Nachrichtenmeldungen an sich beziehen. Auf inhaltlicher Ebene lassen sich nach Volpers, Schnier und Salwiczek (2005) drei Gruppen bilden:

- Universelle Nachrichten
- Regionale Nachrichten
- Ressort-Meldungen

(Volpers, Schnier, Salwiczek 2005, S. 25)

Mit den Universellen Nachrichten, sind thematisch und räumlich nicht eingeschränkte Nachrichten gemeint, welche im allgemeinen Verständnis unter Nachrichten verstanden werden. Der Hörer erwartet grundsätzlich eine umfassende Berichterstattung, mit welcher durch die Regional-Nachrichten allerdings gebrochen wird. Sie beziehen sich auf eine Berichterstattung unterhalb der Landesebene, bleiben thematisch jedoch universell. Hier wird oft das landesweite Programm für kurze Zeit aufgeschaltet, sodass die jeweiligen Nachrichten einer Region nur auf der bestimmten Regionalfrequenz zu hören sind. Meist liefern Regionalstudios die Themen zu ihrer bestimmten Region und beliefern die Hauptnachrichten damit (vgl. Volpers, Schnier, Salwiczek 2005, S. 26). Ressort-Meldungen bezeichnen dagegen so genannte Special-Interest- Bereiche, wie Sport, Börse, Kultur usw.). Diese Nachrichten werden meist auf gesonderten Sendeplätzen ausgestrahlt und werden nur bei Ereignissen, welche für die Allgemeinheit wichtig sind, in das übrige Nachrichtenprogramm aufgenommen. Die Ressort-Meldungen werden offiziell nicht als Nachrichten deklariert, da sie oft gesponsort werden. Der Rundfunkstaatsvertrag regelt aber eindeutig in § 8 Abs. 6: „Nachrichtensendungen und Sendungen zum politischen Zeitgeschehen dürfen nicht gesponsort werden“ (zit. nach Volpers, Schnier, Salwiczek 2005, S. 26). Die Ressort-Sendungen sind hier nochmals eindeutig von thematischen Bündelungen innerhalb einer universellen Nachrichtensendung zu unterscheiden, wie z. B. der Sportblock am Ende einer Hauptnachrichtensendung (vgl. Volpers, Schnier, Salwiczek 2005, S. 26).

3.3 Vermittlungsformen von Nachrichten

Bei der Präsentation von Nachrichten lassen sich zwei Grundformen festhalten:

- Klassische Nachrichten
- O-Ton-Nachrichten

(vgl. La Roche, Buchholz 2004, S. 226-228)

Die klassischen Nachrichten bezeichnen reine Sprechermeldungen, welche ohne Einspielungen in einem einheitlichen Sprachstil verlesen werden. Die O-Ton- Nachrichten dagegen bedienen sich Statements, Interviewausschnitten oder ähnlichem, welche außerhalb des Studios aufgezeichnet wurden und an der passenden Stelle eingespielt werden. In den Hauptnachrichten wird von beiden Arten der Präsentation Gebrauch gemacht. In der Regel werden die Meldungen in räumliche - (international, national, regional) oder thematische Blöcke (Politik, Wirtschaft, Sport) gegliedert (vgl. Volpers, Schnier, Salwiczek 2005, S. 26). Die Dramaturgie ist dabei immer sehr stark vom Sender (Format) abhängig, wie es bereits in den vorangegangenen Punkten beschrieben wurde. Von immer gleichen Präsentationsformen, bis hin zu einem moderativen Nachrichtenstil, lassen sich hier viele Varianten finden. Auch bei der Trennung der Meldungen gibt es eine große Bandbreite von den klassischen Orts- und Thementrennungen, über akustische Trenner, bis hin zu Schlagzeilen vor jeder Meldung. Außerdem werden immer häufiger Zusatzelemente, wie der Name des Nachrichtensprechers, Claims, Jingles oder Teaser auf folgende Sendungen usw. in die Hauptnachrichtensendungen eingebaut. Es ist bei der Präsentation üblich, einzelne Nachrichten mehrmals täglich zu wiederholen. Folgende Formen dieser Wiederholungen können dabei auftreten:

- Wortlaut und Darstellungsform bleiben identisch
- Inhalt bleibt gleich, Wortlaut wird verändert
- Inhaltlich modifizierte Berichterstattung (ebd., S. 27)

Im letzten beschriebenen Fall handelt es sich im Grunde um eine „neue“ Nachricht, da sich bestimmte Sachverhalte verändert oder weiterentwickelt haben und somit um eine neue publizistische Leistung, was in den beiden anderen Fällen nicht der Fall ist (ebd.).

Die Qualität einer Nachrichtensendung ist daher immer an ihrer Aktualität, innerhalb des Tagesverlaufs (siehe Kapitel 3.2), zu messen, was auch in starkem Zusammenhang mit der Nachrichtenwerttheorie steht, auf welche später näher eingegangen wird.

3.4 Vermittlungsstile von Nachrichten

Der Vermittlungsstil einer Nachrichtensendung ist von Sender zu Sender sehr unterschiedlich und steht immer in engem Verhältnis zum Format eines Senders. Es wird versucht keinen Bruch zum laufenden Tagesprogramm entstehen zu lassen, was allerdings oft zu einer Verfremdung des konventionellen Nachrichtenstils führt und den Informationsgehalt einer Nachrichtensendung zu gefährden scheint (vgl. Volpers, Schnier, Salwiczek 2005, S. 26). „Konventionelle Hörfunknachrichten weisen ein gemäßigtes Sprechertempo, einen nüchternen Sprachduktus, eine klare Trennung der Meldungen untereinander, sowie die deutliche Abgrenzung von Nachricht und Kommentar auf“ (Volpers, Schnier, Salwiczek 2005, S. 26).

Trotz der konventionellen Art vieler Sender Nachrichten zu präsentieren, wird auch hier versucht, sich dem Format zu nähern, was durch Musikbetten, einem erhöhten Sprechtempo mit wenig Sprechpausen, Claims, Jingles oder ähnlichem versucht wird (vgl. Linke 2007, S. 19). Diese Stilelemente wurden seit der Einführung des dualen Systems in Deutschland 1985 oft von privaten Anbietern verwendet und sprangen später auch auf öffentlich-rechtliche Sender über, veränderten die Informationsgebung als solche allerdings nicht (vgl. u. a. Haaß 1994; vgl. Horsch, Ohler, Schwiesau (Hrsg.) 1994, S. 144).

Immer mehr rücken allerdings, gerade bei Jugendwellen, Stilmittel in den Mittelpunkt, welche sonst nur im moderierten Tagesprogramm zu finden waren. Moderationselemente werden verwendet, der Hörer mit „Du“ angesprochen, auf nachfolgende Sendungen oder Internetangebote verwiesen und überwiegend Themen aus dem Human-Touch Bereich ausgewählt, welche keinerlei politische, wirtschaftliche oder regionale Relevanz haben. Diese Nachrichten mit starker Formvarianz werden als „News-Show“ bezeichnet (vgl. Linke 2007, S. 17/18). Nach Frei (1997, S. 208) wird diese Bezeichnung im positiven Sinne, als exaktes Dokumentieren durch O-Töne, Korrespondentenberichte und pointierte Kommentare gedeutet. In der Realität entsteht allerdings immer mehr der Eindruck des Infotainment, welches die Nachrichtensendungen als „objektive“ Informationsinstanzen stark zu gefährden droht (vgl. Volpers, Schnier, Salwiczek 2005, S. 28).

4. Nachrichtenwerttheorie

Im Folgenden tauchen die Begriffe Nachrichtenfaktoren und Nachrichtenwert auf. Vorab möchte ich festhalten, dass sich in der deutschsprachigen Forschung diese beiden Begriffe unterscheiden. Schulz (1976) definierte diese beiden Begriffe für seine weitere Forschung. Demnach sind Nachrichtenfaktoren bestimmte Ereignismerkmale, durch deren spezifische Kombination und Intensität ein Ereignis seinen jeweiligen Nachrichtenwert erhält (vgl. Maier et al. 2010, 18/19).

4.1 Forschungstraditionen der Nachrichtenwerttheorie

4.1.1 Die amerikanische Forschungstradition nach Lippmann

Bereits 1922 befasst sich Walter Lippmann in seinem Buch „Public Opinion“ mit der Möglichkeit Informationen und deren Komplexität zu selektieren. Hierzu geht er davon aus, dass die Wirklichkeit zu komplex ist, um vom Menschen vollständig erfasst zu werden. Es bilden sich, so Lippmann, so genannte „Stereotypen“ heraus, welche die Komplexität vereinfachen und somit greifbar machen. Diese Annahme überträgt Lippmann auf die Nachrichten. Diese bilden nicht die Realität ab, sondern nur einen selektierten, stereotypisierten Ausschnitt der Realität (vgl. Lippmann 1922, S. 338 ff.). Basierend auf dieser Annahme stellt Lippmann erstmals die Frage nach bestimmten Kriterien, die ein Ereignis zu einer Nachricht werden lassen. Lippmann kreiert den Begriff „news values“ (Lippmann 1922, S. 348), welcher für ihn die Publikationswürdigkeit von Ereignissen als Resultat einer Kombination von Ereignisaspekten meint. Er schafft somit erstmals eine Art „Nachrichtenwert“. Lippmann nennt folgende Faktoren, die den Wert einer Nachricht ausmachen: Ungewöhnlichkeit, Bezug zu bereits eingeführten Themen, zeitliche Begrenzung, Einfachheit, Konsequenzen, Beteiligung einflussreicher oder bekannter Personen und Entfernung des Ereignisortes zum Verbreitungsgebiet des Mediums.

Da diese Faktoren allerdings nicht als standardisierte Auswahlkriterien vorliegen, und es doch ein ähnliches „Nachrichtenbild“ zu dieser Zeit zu geben scheint, wird hier erstmals die Frage nach journalistischen Berufsregeln, Merkmalen der Berufsgruppe und dem Berufs- und Rollenverständnis der Journalisten aufgeworfen, mit denen sich die „Gatekeeper“ und die „News Bias“-Forschung beschäftigt.

4.1.2 Die europäische Forschungstradition

Östgaard, vom Friedensforschungsinstitut Oslo, gilt als Begründer der Nachrichtenwerttheorie in Europa. Er fasste 1965 erstmals die Faktoren zusammen, die zur Nachrichtenauswahl dienten und versuchte sie zu benennen. Neben den politischen, wirtschaftlichen und organisatorischen Bedingungen, nennt Östgaard explizit die folgenden drei Nachrichtenfaktoren:

- Vereinfachung (simplification) - Die Medien wählen eher einfache
Ereignisse aus als komplexe, bzw. sie versuchen komplexe Ereignisse so zu vereinfachen, dass sie für das Zielpublikum leicht verständlich sind.
- Identifikation (identification) - Die Medien berichten eher über vertraute Ereignisse, da diese vom Publikum eher wahrgenommen werden. Verschiedene Faktoren wie räumliche -, zeitliche -, oder kulturelle Nähe, Elitepersonen und Personalisierung sind ausschlaggebend.
- Sensationalismus (sensationalism) - Die Medien berichten eher über Konflikte, gefährliche Situationen, Unfälle, Katastrophen oder Elemente von Dramatik, Emotionen und Erregung. Diese Tendenz ist sehr stark in der Boulevardpresse zu beobachten.

(vgl. Maier et al. 2010, S. 33/34)

Je mehr der oben genannten Aspekte ein Ereignis beinhaltet, umso größer ist die Chance, dass es publiziert wird. Diese Richtgröße bezeichnet Östgaard als „news barrier“. Außerdem nennt er die Ereignisdauer und die Anknüpfbarkeit an vorherige Berichterstattung als wichtige Publikationsfaktoren. Galtung/Ruge knüpfen direkt an die Erkenntnisse Östgaards an. Die beiden Sozialforscher, ebenfalls vom Friedensforschungsinstitut in Oslo, erarbeiteten 12 Faktoren zur Nachrichtenauswahl die bis heute das Grundgerüst für weitere Konkretisierungen oder Weiterentwicklungen in der Forschung bilden.

Sie gingen davon aus, dass Nachrichtenfaktoren nicht nur die Auswahl von Nachrichten bestimmen, sondern als allgemein-menschliche Selektionskriterien zu verstehen sind. Demnach können die Nachrichtenfaktoren nicht nur auf die Auswahl einer Nachricht von Journalisten, sondern auch auf die Publikumsvorstellung von Wirklichkeit und die Nachrichtenselektion projiziert werden. Basierend auf Mechanismen der Kognitionspsychologie der 1950er und 1960er Jahre, entstanden so folgende Nachrichtenfaktoren, die teilweise mehrere Teildimensionen enthalten:

- Frequenz - Je größer die Übereinstimmung von Ereignis- und Erscheinungsfrequenz, desto eher wird über das Ereignis berichtet.
- Aufmerksamkeitsschwelle - Ein Ereignis muss sich etablieren und die „news barrier" überwinden, bevor es in die Medien kommt.
- Eindeutigkeit - Je klarer und eindeutiger ein Ereignis ist, desto höher ist die Chance, dass es publiziert wird.
- Bedeutsamkeit - Ist der Rezipient von einem Ereignis selbst betroffen oder besteht eine kulturelle Nähe zum Ereignis, so wird es für ihn greifbarer und interessanter.
- Konsonanz - Das Ereignis sollte mit den Erwartungen des Rezipienten übereinstimmen und vorhersehbar sein.
- Überraschung - Ein Ereignis ist selten und ungewöhnlich. Es entspricht nicht den Erwartungen des Rezipienten.
- Kontinuität - Wurde bereits über das Thema berichtet, so ist die Wahrscheinlichkeit, dass es wieder publiziert wird sehr groß.
- Variation - Die Nachrichtenabfolge sollte vielseitig und von der Themenauswahl nicht immer gleich gestaltet werden.

Diese acht Faktoren werden von Galtung/Ruge als allgemeingültige Faktoren zur Auswahl von Nachrichten betrachtet. Zusätzlich fügen sie noch vier weitere hinzu, die sie allerdings aus europäischer Sicht nur für „nordwestliche“ Kulturen als gültig sehen (vgl. Maier et al. 2003, S. 33).

- Bezug zu Elitenationen - Sind für das Weltgeschehen wichtige Länder betroffen?
- Bezug zu Elitepersonen - Sind für das Weltgeschehen oder die Öffentlichkeit wichtige Personen betroffen?
- Personalisierung - Ist ein Ereignis auf persönliches Handeln zurückzuführen, wird es eher zur Nachricht.
- Negativismus - Negative Ereignisse werden grundsätzlich eher publiziert als positive, weil ihnen mehr Emotion, Dramatik und Sensation anhaftet. (vgl. Maier et al. 2010, S. 34-36)

Galtung/Ruge weisen darauf hin, dass ihre Liste von Nachrichtenfaktoren keinen Anspruch auf Vollständigkeit hat (1965, S. 71). Außerdem gehen sie davon aus, dass die Nachrichtenfaktoren nicht losgelöst voneinander, sondern im Zusammenhang betrachtet werden müssen. Sie nehmen folgende Hypothesen als Grundlage an, deren Kombination die Veröffentlichung eines Ereignisses beeinflusst:

- Selektions-Hypothese: Je mehr ein Ereignis den angeführten Kriterien entspricht, desto größer ist die Chance, dass es als Nachricht wahrgenommen wird.
- Verzerrungs-Hypothese: Wird ein Ereignis als Nachricht publiziert, werden die Aspekte hervorgehoben, die am stärksten den Nachrichtenfaktoren entsprechen.
- Replikations-Hypothese: Der Prozess der Selektion und Verzerrung findet auf allen Stufen der Übertragungskette vom Ereignis, bis zum Rezipienten statt.
- Additivitätshypothese: Je mehr Nachrichtenfaktoren ein Ereignis enthält, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass es zur Nachricht wird.
- Komplementaritätshypothese: Das Fehlen eines Nachrichtenfaktors kann durch das verstärkte Auftreten eines anderen ausgeglichen werden.
- Exklusionshypothese: Treffen für ein Ereignis zu wenig oder gar keine Nachrichtenfaktoren zu, so wird nicht darüber berichtet. (vgl. Maier et al. 2010, S. 22/23)

[...]

Ende der Leseprobe aus 70 Seiten

Details

Titel
Nachrichtenauswahl im Hörfunk
Untertitel
Welche Faktoren beeinflussen die journalistische Nachrichtenauswahl im Hörfunk?
Hochschule
Universität Bremen  (Kulturwissenschaft/ Medienwissenschaft)
Note
1,3
Autor
Jahr
2011
Seiten
70
Katalognummer
V172137
ISBN (eBook)
9783640919741
ISBN (Buch)
9783640919826
Dateigröße
2383 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
nachrichtenauswahl, hörfunk, welche, faktoren, nachrichtenauswahl, hörfunk
Arbeit zitieren
Benjamin Müller (Autor:in), 2011, Nachrichtenauswahl im Hörfunk, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/172137

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