Arbeit mit Ton im kunsttherapeutischen Kontext


Hausarbeit, 2001

17 Seiten


Leseprobe


1. Hinführung

1.1. Begründung zur Wahl des Themas

Mit dem Material Ton, kam ich erstmals in Berührung im Rahmen eines „Tonfeldes“, welches in der „Existentialpsychologischen Bil- dungsstätte, in Todmoos Rütte, Schweiz von Heinz Deuser entwi- ckelt wurde, „angeregt durch D. Kalffs (1966) Sandkastenspiel und dessen beindruckende projektive Valenz...“1 (Dora Kaffs Sandspiele erlauben dem Klienten eine Welz zu formen. In diesem formendem Tun liegt die therapeutische Bedeutung sowohl für den Therapeu- ten, als auch für den Klienten sich im Prozess des Gestaltens wahr- zunehmen.)

Dieses „Tonfeld“ besteht aus einer, mit Ton gefüllten, flachen (ca.5cm Höhe) Holzkiste. Der Klient sitzt vor diesem Feld mit ge- schlossenen Augen und arbeitet aus einem spontan-leiblichen Im- puls heraus mit dem Ton. Diese Arbeit hatte für mich sehr positive Auswirkungen in meinen gesamten Lebensbezügen, so dass ich selbst in der eigenen Arbeit mit erwachsenen Menschen und auch Kindern diese Form im Rahmen einer „Stressbewältigungsthera- pie“ anwandte. Diese Therapie bestand in erster Linie aus der Ver- mittlung des Autogenen Trainings, welches eingebettet war in Spiel und Kreativitätsausdruck im Malen und Tonen.

Gerade auch in diesem Rahmen konnte ich insbesondere die kathar- tische Abfuhrmöglichkeiten gestauter Emotionen vermuten, da die Klienten nach der Arbeit im Tonfeld ( z.T. nach eigener Aussage ) viel leichter und schon entspannter in eine Trainingseinheit des Autogenen Trainings einstiegen, und diese sehr viel intensiver (entspannender, leichter, ruhiger, gelöster, schöner) erlebten . Bei Kindern war es so, dass diese sich viel gelassener in die darauf folgende Ruhe- bzw. geführte Entspannungsphase einließen, wel- ches dadurch zu beobachten war, dass sie nicht soviel mit den „Gliedmaßen zappeln mussten“. Insbesondere bei den Kindern, die ansonsten sehr große Schwierigkeiten hatten, für eine Zeit, ganz ruhig und entspannt zu liegen.

Da ich diese, meine Arbeit, als Therapie ansah (das Autogene Trai- ning ist eine psychotherapeutische Methode) im Sinne von behan- deln und begleiten,2 möchte ich in dieser Arbeit den eigenen Hori- zont im Bereich der kreativen Therapie erweitern. Schon auch des halb, weil ich glaube, dieses Wissen und die Erfahrungen im späteren sozialpädagogischem Kontext einsetzen zu können.

1.2. Herangehensweise

Ich möchte mich in dieser Arbeit mit den, theoretischen Aspekten innerhalb einer bestimmten Therapierichtung, wie der Kunsttherapie auseinandersetzen, und gleichzeitig eine praktische Arbeit aus dem Bereich der „Integrativen Therapie“ mit Kindern in der Arbeit mit Ton, vorstellen, um u.a. den breiten und positiven Wirkungsbereich dieses Mediums aufzuzeigen.

Zunächst werde ich in einer allgemeinen Darstellung die Beschaffenheit des Tons, seinen Verwendungszweck darstellen und aus der Geschichte der Töpferkunst berichten.

In einem zweiten Schritt werde ich die Erlebnisqualität der Arbeit mit Ton, so wie ich sie selbst gerade aktuell erlebt habe, vorstellen. Um dann in Punkt 2 die allgemein, heilende Wirkung, in der psy- chotherapeutischen Arbeit, mit dem Ton vorstellen. Beide Schritte zeigen die „Erdverbundenheit“ des Tons als Naturmaterial. So ist gerade dieses Material hervorragend geeignet ein natürliches Be- dürfnis des Menschen, nämlich seine Kreativität im schöpferischen Prozess auszudrücken und damit gesund zu bleiben und/oder heil zu werden.

Dies möchte ich aufzeigen in den darauffolgenden Schritten in der Auseinandersetzung mit dem Ton im Kunsttherapeutischen Kon- text. Bei den Studien zur Kunsttherapie fiel mir jedoch auf, dass diese wohl eine eigene Fachrichtung ist, aber nichts desto trotz in den meisten Fällen innerhalb einer integrativen Therapieform an- gewandt wird.

Ich beleuchte daher die gesellschaftlich-kulturellen Hintergründe zur Entwicklung der Kunsttherapie, als „Mutter“ vieler anderer kreativen Therapieformen, und deren psychologische Motivation. Wobei ich in einem vorgeschalteten Schritt versuche, den Begriff der „Therapie“ zu erläutern.

Anschließend werde ich innerhalb der, von Petzold, gegründeten „Integrativen Kindertherapie“, an einem praktischen Beispiel, die Arbeit einer zu formenden Menschengestalt aus Ton aufzeigen; und dadurch den kunsttherapeutischen Aspekt in eben diese integrative Form eingliedern.

In den Schlussgedanken werde ich u.a. den breiten Geltungsbereich der Arbeit mit Ton aufzeigen und Dr. Eckehard Schiffer, Chefarzt der Abteilung für Psychosomatik am Christlichen Krankenhaus in Quakenbrück, zu Wort kommen lassen, indem er( zitiert in einem Zeitungsbericht) die Wichtigkeit des kreativen Tun `s im Rahmen der Suchtprävention hervorhebt.

2. Allgemeine Darstellungen zum Gestaltungsmaterial Ton

2.1. Beschaffenheit - Verwendungszweck - Geschichte

Ton ist ein klastisches Sedimentgestein und setzt sich ab im Meer, in Seen und Flüssen. Da Ton an sich unverfestigt ist wird er auch als Lockerungssediment bezeichnet.

Tone nehmen große Mengen an Wasser auf (bis zu 70%) und quel- len dabei auf. Sie setzen sich zusammen aus Tonmineralien, z.B. Kaolin, aus verwitterten Resten anderer Mineralien wie Quarz, Feldspat oder Glimmer, sowie aus organischen und amorphen Be- standteilen.

Ton-Keramiken sind Erzeugnis aus gebranntem Ton bzw. Kaolin- haltigen Massen und werden heute zu technischen, kunsthandwerk- lichen und künstlerischen Zwecken verwand. ( Bau-, Geschirr-, Sa- nitär-, Dental- und Schneidekeramik.)Darüber hinaus findet der Ton Verwendung im kunstpädagogischen Werkunterricht an Schu- len.

Die Verwendung des Tons im therapeutischen Kontext ist ein weiterer und besonderer Verwendungszweck, weil es nicht um die Herstellung eines Gebrauchgegenstandes geht, sondern um den Menschen in seinem Gestaltungserleben, um die Heilung von inneren Verletzungen und auch um das Erlebnis von Freude und die (wieder-)Herstellung positiver Lebenseinstellung.

Wenn man in die Geschichte der Töpferkunst schaut, stellt man fest, dass Idolfiguren aus Ton schon im Jungpaläolithium und er- neut im Neolithium auftauchen. Die Scherben vorgeschichtlicher Keramiken bildeten dabei das Hauptmaterial um die zeitliche und räumliche Gruppierung von Kulturen zu bezeichnen und zu datie- ren.

So wurde u.a. unterschieden zwischen Band-, Becher- und Schnur- keramiken, die auf bestimmte Hochkulturen, wie die Samarrakultur im Nördlichen Irak, im 6. Jt. ( weibliche Gesichtsgefäße, Schalen ) hinweisen.

Selbst die Töpferscheibe ist schon seit dem 4.JT. in Mesopotamien bezeugt. Ebenso ist man in der Lage, an der Art der verwendeten Lasuren Kulturen zu klassifizieren.

Das antike Griechenland kannte die „hohe Gefäßkunst“ mit ihrer Vasenmalerei, die Römer entwickelten die „Terra sigillata“. Aber auch in Ostasien bildete sich eine lange keramische Tradition, die bis in das 5.Jt. zurückzuverfolgen ist.

2.2. Erlebnisqualität Ton

In meiner eigenen, aktuellen Arbeit mit Ton, im Rahmen der Fachdidaktik Werken möchte ich die Erfahrungen, die ich mit diesem Material gesammelt habe, darstellen.

Wie schon erwähnt, hat Ton einen sehr hohen Wassergehalt, wobei unterschieden wird zwischen fettem ( sehr wasserhaltig ) und mage- rem (weniger Wasser) Ton. Auch die Schamottierung ist unter- schiedlich und der Ton ist von daher auch in der Verarbeitung un- terschiedlich zu handhaben. Ton ist nur in seinem festen Zustand zu bearbeiten. Er sollte immer gut in Folie oder/und feuchten Tüchern eingepackt werden, um ein austrocknen zu vermeiden. Dies gilt insbesondere für Werkstücke, die man aus Zeitgründen erst zu ei- nem späteren Zeitpunkt fertig stellen kann.

Er lässt sich gut mit den Händen kneten, wobei schon ein gewisser Kraftaufwand nötig ist; er wird bei längerem Kneten etwas zäher und trockener - man kann jedoch mit wenig Wasser den Ton wie- der geschmeidig machen. Zuviel Wasser würde ihn allerdings brei- ig und matschig werden lassen. Zum Formen ist er dann nicht mehr gut geeignet.

Die Beschäftigung war für mich zunächst das Kneten, wieder ver- formen, in neue Formen bringen, flach klopfen, eine Kugel formen, aus der Kugel eine Schale formen und wieder zusammendrücken etc. Der Ton lässt sich schlagen, kann geworfen, gemischt und mit andersfarbigem Ton, auseinandergerissen und wieder neu zu einem Klumpen zusammengefügt werden. Die wichtige Erfahrung dabei war, dass erstens der Ton nicht zu zerstören war, es blieb immer Ton und zweitens, dass Fehler z.B. korrigierbar sind. Dabei ist die Bearbeitung an sich wenig strukturiert und die Bearbeitungstechnik kann der Aufgabe ( je nachdem, was wie hergestellt wird ) ange- passt werden.

Die Formgebung selbst erfordert relativ viel manuelle Geschicklichkeit und ein räumliches Vorstellungsvermögen. Angenehm empfand ich, dass im Sitzen, wie auch im Stehen gearbeitet werden kann und insbesondere zum „schlagen“, kneten und ausrollen des Tons ist größerer Kraftaufwand notwenig, der im Stand besser aufgebracht werden kann.

Ton ist relativ billig zu kaufen und in Geschäften für Bastelbedarf, in einigen Baumärkten und u.U. auch direkt bei Ziegelwerken zu erhalten.

Es ist ein sehr sauberer Werkstoff, da in trockenem Zustand wie Staub zu entfernen. So ist es möglich mit wenig Aufwand in jedem Raum mit diesem Werkstoff zu arbeiten.

3. Ton in der therapeutischen Arbeit

3.1. Therapie - eine Begriffserklärung

Der Begriff der Therapie ist ein gängiger Sammelbegriff insbesondere für die Wissenschaftsbereiche der Medizin, der Psychologie und der Psychiatrie. Er umfasst alles Bemühen, Störungen und Leidenzustände aufzuheben oder zu lindern. Therapie soll möglichst eingebettet sein in Vor- und Nachsorge.

Die traditionelle Unterscheidung zwischen symptomatischer und ursächlicher Therapie ist, nicht zuletzt in der Diskussion um das sogenannte medizinische Modell, hinfällig geworden. Auch hier finden die Lebensund Verhaltensweisen des Einzelnen bei körperlichen Störungen, wohl Beachtung, werden jedoch in der medizinisch-therapeutischen Praxis, aufgrund fehlender, einheitlicher gesetzlicher Grundlagen, selten zu koordiniertem therapeutischem Handeln miteinbezogen.

Die Arbeit der psycho- oder sozialtherapeutischen Praxis kann sich, nur in Ausnahmefällen, auf gesicherte, objektive wissenschaftliche Theorien berufen, im Gegensatz zur medizinisch-therapeutischen Praxis des Arz- tes.

Grundlage der Psychotherapie war die Tiefenpsychologie nach Freud mit der Psychoanalyse. Als Gegenströmung dazu entwickelte sich die Lern- und Verhaltenspsychologie, woraus viele andere Ansätze und Methoden entstanden.

Neben den Verhaltens- und Gesprächstherapien, die noch immer im Vordergrund stehen gibt es z.B. die Gestalttherapie, Bioenergetik, Grup- pentherapie, Transaktionsanalyse, Kunsttherapie, Integrative Therapie u.v.a.m.

„Die inzwischen überwundene Konfrontation zwischen Psychoanalyse und Verhaltenstherapie, die teilweise auch auf dem Arbeitsfeld der Sozi- alarbeit ausgetragen wurde, hat gezeigt, dass es durchaus nützlich sein kann, auf den Therapiebegriff gänzlich zu verzichten, zumal dieser im Gesundheitssystem der Bundesrepublik mit zahlreichen rechtlichen Problemen behaftet ist, sofern er nicht durch Mediziner ausgeübt wird.“3 Der Versuch, therapeutische oder heilkundliche Tätigkeiten auch im Be- reich der Sozialarbeit zu etablieren, ist solange offen, bis auf der einen Seite ein Psychotherapeutengesetz Gültigkeit erhält und auf der anderen Seite Dienstleistungen beispielsweise nach dem Bundessozialhilfegesetz ausdrücklich als Therapieanspruch artikuliert wird.

Allerdings ist z.B. im KJHG im vierten Abschnitt im § 27 Abs.3 „Hilfe zur Erziehung“ die „Gewährung pädagogischer und damit verbundener therapeutischer Leistungen“4 zumindest als Möglichkeit definiert, wenngleich nicht inhaltlich festgelegt.

Wenn man Therapie, aus dem Griechischen: Dienen, Helfen, (auch) als Dienstleistung definiert und dabei die heilkundlichen Therapieformen im Sinne ärztlicher Funktion ausklammert, so ist jede Hilfe zur Selbsthilfe auch eine Form von Therapie.

3.4. Ton, ein „archaisches Medium“

„Der Ton ist ein „archaisches Medium“. Er bringt uns in Kontakt mit der Erde der „terra genetrix“, aus deren Lehm ( hebr. adamah) der Adam ( = der Lehmgeformte ) der Protoplast gebildet wurde, wie der al- te Schöpfungsmythos vermeldet. In einer Vielzahl archaischer Mytholo- gien finden wir die Erzählung von der Formung des Menschen aus Ton, geschaffen als die „Puppe Gottes“, durch seinen göttlichen Atem ( hebr. ruach) belebt ( Petzold 1983b), tritt dieses Menschwesen nun ins Spiel auf die „Bühne dieser Welt“, spielt seinen Part im Drama des großen Welttheaters ( idem 1982b)“.

Die Verwendung von Ton in der kreativen Therapie ist darauf zurückzuführen, dass dieses Material Therapeuten und Klientel gleichermaßen fasziniert.

[...]


1 Zitiert nach: „Selbstdarstellung mit Ton und „projektives Tonfeld“ in der Integrativen Kindertherapie von: Hilarion Petzold, Edith Kirchmann in: „ Die neuen Kreativitätsthe- rapie“, Handbuch der Kunsttherapie/ Hrsg.: Hilarion Petzold, Ilse Orth Jungerfermann Verlag, Paderborn, 1990 ( Reihe : Kunst, Therapie, Kreativität, Bd. 8 ) 2. Aufl. 1991 Bd.2 S. 935

2 Vgl. : www.lebenskunst-als-lebenshilfe.de

3 Zitiert nach: “Fachlexikon der sozialen Arbeit“; Hrsg.: Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge; vierte, vollständig überarbeitete Auflage; Verl.: Kohlhammer, 1997; Seite 958f

4 „Gesetze für Sozialberufe“ Namos Verlag. Badeb-Baden, Hrsg.: Ulrich Stachscheit, Stand: 1.Sept., 1.Aufl. 00/01 SGB VIII Kinder - Und Jugendhilfe vom 26. Juni 1990 (BGB. I S. 1163, 1166) in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. Dezember 1998 ( BGB,I S. 3546) ( BGB. III 860-8)

5 Zitiert nach: „ Die neuen Kreativitätstherapien“ ( wie Anm.: 1) Seite937

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Arbeit mit Ton im kunsttherapeutischen Kontext
Hochschule
Katholische Fachhochschule Norddeutschland Vechta
Autor
Jahr
2001
Seiten
17
Katalognummer
V171508
ISBN (eBook)
9783640910946
ISBN (Buch)
9783640908981
Dateigröße
609 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
arbeit, kontext, Therapie mit Ton, Tonfeld, Integrative Therapie, Autogenes Training, Stressbewältigung, Katharis
Arbeit zitieren
Dipl. Sozialpädagogin Mechthild Nitsch (Autor:in), 2001, Arbeit mit Ton im kunsttherapeutischen Kontext, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/171508

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Arbeit mit Ton im kunsttherapeutischen Kontext



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden