Kompetenzentwicklung im betrieblichen Kontext

durch die Implementierung von Pair Programming als Form lern- und kompetenzförderlicher Arbeit


Hausarbeit, 2011

20 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Kompetenz und Kompetenzentwicklung
2.1 Genese des Kompetenzbegriffs
2.2 Eine Annäherung an den Kompetenzbegriff
2.3 Überlegungen zur Entwicklung von Kompetenz
2.4 Förderungswürdige Kompetenzen in der beruflichen Weiterbildung

3. Lern- und kompetenztheoretische Überlegungen
3.1 Informelles Lernen im Arbeitsprozess
3.2 Kriterien lern- und kompetenzförderlicher Arbeit

4. Pair Programming (PP)
4.1 Entstehung von Pair Programming
4.2 Pair Programming als Forschungsgegenstand
4.3 PP als Lernform im Arbeitsprozess
4.4 Lern- und Kompetenzentwicklung durch XP und PP

5. Rahmenbedingungen von PP

6. Mögliche Wirkung der Rahmenbedingungen von PP
6.1 Kompetenzentwickelnde Aspekte des arbeitsbezogenen Lernens
6.2 Kompetenzentwickelnde Aspekte des paarweisen Arbeitens
6.3 Kompetenzentwickelnde Aspekte der Rollenverteilung

7. Fazit

1. Einleitung

Kompetenzen und deren Entwicklung sind in aller Munde: Ob in bildungspolitischen Diskussionen, Einrichtungen beruflicher Aus- und Weiterbildung oder in der Personalwirtschaft. Was steckt hinter dem Kompetenzbegriff? Ist er nur eine Modeerscheinung, wie kritische Stimmen behaupten, oder beinhaltet er doch eine neue Qualität erwünschter oder sogar unentbehrlicher Befähigungen? Möglicherweise kann die vorliegende Hausarbeit einen Beitrag zur Beantwortung dieser Fragen leisten. In jedem Fall aber wird sie folgende Forschungsfrage beantworten: Bietet Pair Programming geeignete Rahmenbedingungen zur Förderung von Kompetenzentwicklung? Pair Programming (PP), zu deutsch „paarweises Programmieren“ ist eine in den 1990er Jahren von Kent Beck entwickelte Arbeitsmethode aus der IT- Branche. (Beck 2000) Dabei ist PP ist ein wesentliches Element von Extreme Programming (XP), einer agilen Softwaremethode. Höhere Produktqualität, schnelle und flexible Arbeitsweise sind die Ziele agiler Methoden, weshalb ihnen auch eine Verwandtschaft zur Lean Production nachgesagt wird. Die oben ganennten Ziele Agiler Methoden sind zunehmend wichtig im Kontext dynamischer Innovationsprozesse wie sie in der IT-Branche üblich sind.

Beim PP bearbeiten zwei Softwarentwickler an einem PC eine Aufgabe. Durch die paarweise Zusammenarbeit bei PP ist während des Arbeitsprozesses ein sozial-kommunikativer Austausch über fachliche Erfahrungen vorhanden. Dabei ist das vordergründige Ziel die Bewältigung einer Arbeitsaufgabe, z.B. das Programmieren einer Software. Dieses besondere Zusammentreffen von fachlichen, sozialen und individuellen Komponenten im Arbeitsprozess von Pair Programming könnte Anreize zur Kompetenzentwicklung bieten. Daher stellt sich die Frage, ob Rahmenbedingungen von PP identifiziert werden können, die in der bildungswissenschaftlichen Literatur als kompetenzförderlich gelten.

Die Basis für die aktuelle wissenschaftliche Diskussion über PP bieten u.a. Forschungsergebnisse vom Institut für Programmstrukturen und Datenorganisation. Deren Forschungen weisen einen Fokus auf ökonomische und qualitative Fragestellungen auf. Laurie Williams geht einen Schritt weiter. Von ihr existieren einige Veröffentlichungen, in denen sie neben ökonomischen und qualitativen auch die Effekte auf die Anwender von PP hinterfragt. Anette Brüggemann, Peter Dehnbostel und Matthias Rohs beforschen im Rahmen eines Modellversuchs mehrere IT-KMU. Unter anderem treffen sie auf eine Firma, die seit Gründung PP anwendet. Das Forschungsteam untersucht diese Methode hinsichtlich ihrer Kompetenzförderlichkeit, ohne jedoch Rahmenbedingungen für PP zu benennen.

Hinter der Forschungsfrage dieser Arbeit steht ein umfassenderes Interesse mit folgender Frage: Kann es eine Arbeitsgestaltung geben, die durch das Lernen im Arbeitsprozess eine Unterstützung für Lernende bietet, die ihnen dabei hilft, mögliche defizitär entwickelte Kompetenzen weiter zu entwickeln, insbesonde- re dann, wenn es sich dabei um grundlegende Kompetenzen handelt? Kompe- tenzentwickelnde Formen der Arbeitsgestaltung könnten hier anknüpfen und eine Brücke schlagen, damit das Subjekt die Möglichkeit zur Kompetenzent- wicklung erhält.

Die männliche Form wird in dieser Arbeit ausschließlich wegen besserer Lesbarkeit angewendet und meint immer beide Geschlechter.

2. Kompetenz und Kompetenzentwicklung

2.1 Genese des Kompetenzbegriffs

Wie kommt es zur Konjunktur des Kompetenzbegriffs? Zum einen hat sich der Kompetenzbegriff im Zeitverlauf gewandelt. Noch vor Beginn moderner Kompetenzforschungen wurde er im Sinne von Zuständigkeit verwendet (vgl. Erpenbeck, Sauter 2007, S. 63). Dies sollte nicht mit der Bedeutung des Kom- petenzbegriffs in der derzeitigen bildungswissenschaftlichen Diskussion verwechselt werden, welche folgend entfaltet wird. In der bildunswissenschaftlichen Diskussion hat der Kompetenzbegriff die Begriffe Bildung und (Schlüssel-)Qualifikation seit Mitte der 1990er Jahre weitgehehend abgelöst. (vgl. Schiersmann 2007, S.50) Dehnbostel begründet die Durchsetzung des Kompetenzbegriffs mit der neuen Orientierung auf das Lernen im Arbeitsprozess. Während früher die Vermittlung von Fachwissen üblicherweise durch Qualifizierungen neben der Arbeit statt fand, wird heute vermehrt das Lernen im Arbeitsprozess gefordert. (Dehnbostel 2010, S. 19 u. 55-56) Der Kompetenzbegriff fügt sich sehr gut in diesen Kontext ein, weil er auf eine umfassende Handlungskompetenz abzielt, die vermehrt an Bedeutung gewinnt.

Schiersmann nennt drei Gründe für die Durchsetzung des Kompetenzbegriffs: Zunehmende Nichtstandardisierbarkeit von beruflichen Handlungssituationen, zunehmende Nichtreproduzierbarkeit von Tätigkeiten, begleitet von gleichzeitiger Unsicherheit sowie zunehmende Brüchigkeit der Erwerbsbiografien. Derzeit wird der Kompetenzbegriff inflationär verwendet, was auch zu dessen semantischer Unschärfe beiträgt. (Linten, Prüstel 2010, S.3) Gibt es dennoch einen griffigen und allgemein verständlichen Kompe- tenzbegriff?

2.2 Eine Annäherung an den Kompetenzbegriff

Auf der Suche nach einem konsensualen Kompetenzbegriff wird deutlich, dass es diesen (derzeit) nicht gibt. Erpenbeck und Sauter bestätigen dies (vgl. auch Schiersmann 2007, S.52) Sie formulieren folgende Arbeitsdefinition: „ Unter Kompetenzen verstehen wir Dispositionen zur Selbstorganisation, also Selbstorganisationsdispositionen “ [Hervorhebung im Original] (Erpenbeck, Sauter 2007, S. 63) An anderer Stelle werden Werte als konstituierende Basis von Kompetenzen betrachtet und der Wille als deren Realisationsvermögen. [Hervorhebungen im Original] (vgl. Erpenbeck, Heyse 2007, S. 22) Gnahs trägt eine etwas prägnantere Erläuterung zum Kompetenzbegriff bei und weist darin auch auf dessen Verhältnis zur Performanz hin. Unter Performanz wird der Ausdruck bzw. das Sichtbarwerden von Kompetenz verstanden: „Jedes Individuum besitzt spezifische Kenntnisse, Fertigkeiten, Werte und Haltungen sowie Dispositionen und Motivationen, die im Bedarfsfall eingesetzt werden können.“ [Hervorhebung im Original] (Gnahs 2010, S. 23)

In einer Handlungssituation reagiert das Individuum situations- bzwkontextspezifisch unter Anwendung dieser persönlichen Voraussetzungen, wobei die Kompetenz zur Performanz wird (vgl. 2010, S. 23)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: „Kompetenz und Performanz“ (Gnahs 2010, S. 23)

Zur obigen Abbildung können folgende Erläuterungen gegeben werden: Wissen beeinhaltet abrufbare Fakten- und Regelkenntnisse. Im Begriff Fertigkeiten ist das sensumotorische Leistungsvermögen zusammengefasst, wie z.B. verschiedene Fingerfertigkeiten oder Techniken. Dispositionen meinen im Lebenslauf relativ stabile Persönlichkeitseigenschaften. Der Begriff Werte fasst persönliche Einstellungen zusammen, die im Kontext der sozialen Umwelt erworben wurden, wie etwa familäre, politische, kulturelle oder religiöse Haltungen. Motivationen sind mit persönlichen Interessen verbundene emotionale Beweggründe die als Handlungsauslöser wirksam werden können. [Hervorhebungen im Original] (vgl. Gnahs 2010, S. 25)

Der Kompetenzbegriff wird begrifflich weiter ausdifferenziert in Handlungskompetenz, die wiederum differenziert wird in Fach-, Personal- und Sozialkompetenz. Diese Arbeit orientiert sich an Dehnbostels Begriff von Handlungskompetenz und der Definition von Fach-, Personal- und Sozialkompetenz der Kultusministerkonferenz. Dehnbostel definiert berufliche Handlungskompetenz als „die Fähigkeit und Bereitschaft in beruflichen Situationen fach-, personal- und sozialkompetent zu handeln und seine Handlungsfähigkeit in beruflicher und gesellschaftlicher Verantwortung weiter zu entwickeln. Unte]r einer umfassenden beruflichen Handlungskompetenz ist die Einheit von Fachkompetenz, Sozialkompetenz und Personalkompetenz zu verstehen.“

(vgl. Dehnbostel 2007, S. 131)

Die Kultusministerkonferenz definiert Fach-, Personal- und Sozialkompetenz wie folgt:

„Fachkompetenz bezeichnet die Bereitschaft und Fähigkeit, auf der Grundla- ge fachlichen Wissens und Könnens Aufgaben und Problem zielorientiert, sachgerecht, methodengeleitet und selbständig zu lösen und das Ergebnis zu beurteilen.

Personalkompetenz bezeichnet die Bereitschaft und Fähigkeit, als individue- le Persönlichkeit die Entwicklungschancen, Anforderungen und Einschrän- kungen in Familie, Beruf und öffentlichem Leben zu klären, zu durchdenken und zu beurteilen, eigene Begabungen zu entfalten sowie Lebenspläne zu fas- sen und fortzuentwickeln. Sie umfasst personale Eigenschaften wie Selbst- ständigkeit, Kritikfähigkeit, Selbstvertrauen, Zuverlässigkeit, Verantwortungs- und Pflichtbewusstsein. Zu ihr gehören insbesondere auch die Entwicklung durchdachter Wertvorstellungen und die selbstbestimmte Bindung an Werte.

Sozialkompetenz bezeichnet die Bereitschaft und Fähigkeit, soziale Bezie- hungen zu leben und zu gestalten, Zuwendungen und Spannungen zu erfassen, zu verstehen sowie sich mit anderen rational und verantwortungsbewusst aus einanderzusetzen und zu verständigen. Hierzu gehört insbesondere auch die Entwicklung sozialer Verantwortung und Solidarität.“ [Hervorhebungen im Original] (KMK 1997, S.4)

2.3 Überlegungen zur Entwicklung von Kompetenz

Von grundlegendem Interesse für die Realisierung einer lern- und kompetenzförderlichen Arbeitsumgebung ist die Frage, wie das Subjekt Kompetenzen entwickeln kann. Dabei muss beachtet werden, dass Kompetenzen nicht wie Faktenwissen vermittelt werden können. Ein Beispiel dafür wäre auswendig gelernte Fakten, welche bekanntlich schwer übertragbar sind auf praktische Lebensbereiche. So können etwa Werte nicht durch wiederholendes Lernen angeeignet werden. (vgl. Erpenbeck, Sauter 2007, S. 25 - 26) Eine weitere Frage lautet: Kann Kompetenzentwicklung intendiert entwickelt werden? Als notwendige Voraussetzung dafür betrachten Erpenbeck und Sauter „besondere, ein Wertlernen einschließende Lernmethoden“.

(Erpenbeck, Sauter 2007, S. 68) Weiterhin sei ein kommunikativer Situationskontext zwingend für intendierte Kompetenzentwicklung. (vgl. Erpenbeck, Sauter 2007, S. 91) Außerdem fassen Erpenbeck und Sauter folgende „ Formen der Kompetenzentwicklung durch Kompetenztrainig “ [Hervorhebung im Original] (Erpenbeck, Sauter 2007, S. 125) zusammen: Eher praktische Methoden mit Verankerung in realen Handlungskontexten und eher auf Individual- oder Gruppentraining gerichtete Methoden. [Im Original mit Gedankenstriche] (vgl. Erpenbeck, Sauter 2007, S. 125) Zur Kompetenzentwicklung in der „ allgemeinen und beruflichen Bildung “ [Hervorhebung im Original] fordern sie „reflexive Lernkonzepte“, die insbesondere Selbst- und Fremdreflexion berücksichtigen. Darin sehen sie die wichtige Voraussetzung erfüllt, dass die mit dem „Lernen verbundenen irritierenden, labilisierenden Erfahrungen zum wesentlichen Teil der Lern- und Handlungsfähgkeit“ werden. (Erpenbeck, Sauter 2007, S. 84) Welche Voraussetzungen für Kompetenzentwicklung ergeben sich also zusammenfassend?

- Kompetenzentwicklung kann nur selbstreflexiv und selbstgesteuert vom Subjekt aus erfolgen, da Kompetenzen nicht vermittelt werden können.
- Kompetenzen können nur kontextspezifisch entwickelt werden (vgl. Kap. 2.1):
- im kommunikativen Situationskontext
- in einer realen Handlungssituation
- durch praktische Anwendung (Contra „Auswendiglernen“)
- mit im Kontext enthaltenen Werten

2.4 Förderungswürdige Kompetenzen in der beruflichen Weiterbildung

Heyse und Erpenbeck konstatieren im Kontext zunehmender Komplexität und dynamischer Veränderungen von Arbeitsanforderungen einen Bedeutungsgewinn personaler und sozialer Kompetenzen. (Heyse, Erpenbeck 1997, S. 212) Dehnbostel schlägt eine gleichwertige Betrachtung von Fach-, Sozial- und Personalkompetenzen vor, da die Fachkompetenz nur in der Integration von fachübergreifenden Kompetenzen eingelöst werden könne. (vgl. Dehnbostel 2010, S. 20) Für die Autorin ergibt sich als übergeordnetes Ziel einer lern- und kompetenzförderlichen Arbeitsgestaltung die Befähigung zur umfassenden Handlungskompetenz.

[...]

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Kompetenzentwicklung im betrieblichen Kontext
Untertitel
durch die Implementierung von Pair Programming als Form lern- und kompetenzförderlicher Arbeit
Hochschule
FernUniversität Hagen  (Fakultät für Kultur- und Sozialwissenschaften)
Veranstaltung
Modul 3D - Betriebliches Lernen und Organisationsentwicklung
Note
2,0
Autor
Jahr
2011
Seiten
20
Katalognummer
V171305
ISBN (eBook)
9783640906048
Dateigröße
1044 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Auszug aus Bewertungs-Kommentar: - schlüssig begründete FF - neben FF weiter aufgeworfene Fragen werden unzureichend beantwortet - Erläuterung zum Aufbau der HA fehlt - gut gelungener Grundlagenteil (Ansätze Kompetenzentwicklung u. Lernen im Arbeitsprozess - wäre noch besser, wenn Definitonen miteinander verglichen worden wären - so ist es zu deskriptiv geworden - zu knappe Auswertung der FF - Auftritt von Redundanzen (bes. bei Beschreibung von PP) - breite Literaturauswahl - HA ist sprachlich und formal einwandfrei - Unterkapitel 4.1 und 4.3 zu "klein" - hätten zusammengefasst sein können
Schlagworte
Pair Programming, Kompetenzentwicklung, betriebliche Weiterbildung, lern- und kompetenzförderliche Arbeit, Hausarbeit, Bachelor Bildungswissenschaft, FernUniversität in Hagen, Modul 3D, Betriebliches Lernen, Organisationsentwicklung, Agile Methode, Extreme Programming, Informelles Lernen, Lernen im Arbeitsprozess, informelles Lernen im Arbeitsprozess, 3D
Arbeit zitieren
Ulrike Glembotzky (Autor:in), 2011, Kompetenzentwicklung im betrieblichen Kontext, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/171305

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