Hetze oder Volksberuhigung?

Der NS-Film als Mittel der Propaganda


Facharbeit (Schule), 2011

16 Seiten, Note: sehr gut minus


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. EINLEITUNG

2. FILMPROPAGANDA IM DRITTEN REICH

3. FILMPROPAGANDA AM BEISPIEL VON „JUD SÜß“
3.1 ALLGEMEINES
3.2 HANDLUNG
3.3 WIRKUNG UND ZIELE

4. JUDENDARSTELLUNG AM BEISPIEL EINER DRUCKPUBLIKATION

5. DER UNTERHALTUNGSFILM - VOLKSBERUHIGUNG MIT INTENTION
5.1 ALLGEMEINES
5.2 HEINZ RÜHMANN UND DIE „STAATSPOLITISCH BESONDERS WERTVOLLEN“ UNTERHALTUNGSFILME

6. NS-SPUREN IM MÄRCHENFILM

7. FAZIT / ZUSAMMENFASSUNG

LITERATURVERZEICHNIS

1. Einleitung

Die Folgende Facharbeit befasst sich mit der Fragestellung „Hetze oder Volksberuhigung? - Der NS-Film als Mittel der Propaganda“. Ich habe mich für dieses Thema entschieden, weil mich der Zusammenhang zwischen Medien und Staat im Dritten Reich sehr interessiert und weil ich erfahren wollte, in welcher Art und Weise und ob das Regime die Menschen, in diesem Fall mit Hilfe des Films, gezielt manipulierte.

Anhand von Beispielen wird die Funktion und Wirkung des Filmes zur Durchsetzung der NS-Ideologie untersucht. Dabei werden zunächst einige historische Fakten der allgemeinen Filmpropaganda einleitend dargestellt, um anschließend Mittel, Wege und Intentionen der Propaganda am Beispiel des antisemitischen Hetzfilmes „Jüd Süß“ (1940) näher zu untersuchen. Den Antisemitismus aufgreifend wird eine Druckpublikation des Films „Der ewige Jude“ (1940) näher betrachtet und analysiert. Als Ausgleich dazu gehe ich danach auf die Komödie im Dritten Reich ein, die zur damaligen Zeit zur Ablenkung und Beruhigung des Volkes gedient hat und lege anhand von Unterhaltungsfilmen, in denen Heinz Rühmann die Hauptfigur verkörperte, die Wirkung auf das Volk und die Intention des Staates dar.

Nachdem ich dann kurz auf den Märchenfilm und dessen Motive eingehe, werde ich im anschließenden Fazit unter Beachtung der erarbeiteten Ergebnisse feststellen, ob und inwiefern die Filmpropaganda 1933-1945 als Hetze oder Volksberuhigung zu bewerten ist.

2. Filmpropaganda im Dritten Reich

„Propaganda [lat. Propagare >ausdehnen<] die, Form der Werbung, besonders für bestimmte geistige Ziele und polit., religiöse, wirtschaftl., aber auch künstler. oder humanitäre Ideen; allg. die publizist. Beeinflussung, ihre Inhalte und Methoden.“1

Die Propaganda war zweifelsohne ein Werkzeug, welches maßgeblich für den Aufstieg der NSDAP (ab 1933) in Deutschland verantwortlich war. Es wurde die ideologische Schwäche des Nationalsozialismus versteckt und in politische Stärke verwandelt. Adolf Hitler beschrieb in seinem Buch „Mein Kampf“, dass jede politische Propaganda nur dann erfolgreich sein könne, wenn diese auf ein Massenpublikum ziele.2 Der Film als modernes Massenbeeinflussungsmittel wurde schon früh erkannt. Kein Medium wirkte direkter, überzeugender und nachhaltiger auf die Menschen ein.3 Während der Weimarer Republik (1918/19 - 1933) gab es bereits Filme von Reden einflussreicher NS-Oberhäupter, die als Wahlspots auf Parteiveranstaltungen eingesetzt wurden. Im Zuge der Machtergreifung wurde das deutsche Filmwesen institutionalisiert und unter anderem durch die Errichtung der Reichsfilmkammer, in der jeder Filmschaffende Mitglied sein musste, völlig von oben gesteuert. Dies hatte zur Folge, dass Tausende von Juden und politisch anders Denkenden aus der Filmbranche ausgeschlossen wurden. Aus dem Lichtspielgesetz von 1934 geht hervor, dass Filme, welche "das nationalsozialistische, religiöse, sittliche oder künstlerische Empfinden“ verletzten, ohne weiteres verboten werden durften. Nicht nur allein die Filmproduktion wurde staatlich kontrolliert, auch die Filmkritik war betroffen. Jede Kritik oder individuelle Wertung konnte durch einen Erlass verboten werden - Die „Filmbetrachtung“, welche sich auf die vom Regime genehmen Inhaltsbeschreibungen zu beschränken hatte, löste die subjektive Filmkritik ab4. Reichsminister Joseph Goebbels galt fortan als oberster Filmherr und griff immer mehr persönlich in die Filmproduktion ein, indem er Besetzungslisten, Schnitte, Schauspieler und sogar Dialogtexte in Drehbüchern bestimmte. Dieses Handeln wurde mit der Änderung des Lichtspielgesetzes 1935 legitimiert, indem es heißt: „Unabhängig von dem Verfahren vor der Filmprüfstelle und der Filmoberprüfstelle kann der Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda (...) das Verbot eines Films aussprechen, wenn er es aus dringenden Gründen des öffentlichen Wohls für erforderlich hält.“5 Der Film wurde also zum idealen Instrument, um eine ideologische Gleichschaltung zu bezwecken, vor allem durch Emotionalität und das „Appellieren an den Instinkt“ (Zit. nach Goebbels). Um das ideologische Bild des Führertums, die Überlegenheit der arischen Rasse und die Unbezwingbarkeit des eisernen Willens zur scheinbaren Wirklichkeit werden zulassen, spielten die über 5.000 Kinos im Deutschen Reich eine zentrale Rolle. Sie mussten dafür sorgen, die Propagandafilme angemessen in ihr Programm aufzunehmen und zu präsentieren. Aus der herkömmlichen Vorführung eines Films wurde eine bedeutende, nationalsozialistische Kulturfeier - Das Kino war nun ein „Lichtspieltheater“ und dessen Betreiber wurde „Intendant eines Volkstheaters“.6 Neben der Propagierung des Führerprinzips, Antisemitismus oder Feindpropaganda als Filminhalt, gehörte die überwiegende Menge der während des Dritten Reiches produzierten Filme dem Genre der Komödie, des Musikfilms oder der leichten Unterhaltung an (heitere Filme). Während in diesen Produktionen keine offene Propaganda zu erkennen war, dienten sie doch indirekt dem Regime, indem sie von Sorgen und Problemen des Volkes ablenkten. Insgesamt wurden rund 1200 Spielfilme produziert und vielfache „Kulturfilme“ und Sach-/Dokumentationsfilme über naturwissenschaftliche, kulturelle oder Allgemeine Themen. Ihr Ende fand die Filmindustrie des deutschen Reiches ab Herbst 1944 - Viele Studioanlagen und Kinos waren zerstört, was Goebbels bis zuletzt versuchte mit improvisierten Lichtspielorten auszugleichen.7 Bevor sich Joseph Goebbels am 01. Mai 1945 zusammen mit seiner Frau und Kindern aufgrund Deutschlands Ausweglosigkeit umbringt, hält er seine letzte Rede an die Mitarbeiter: „Meine Herren, in hundert Jahren wird man in einem schönen Farbfilm die schrecklichen Tage zeigen, die wir durchleben. Möchten Sie nicht in diesem Film eine Rolle spielen? Halten Sie jetzt durch, damit die Zuschauer in hundert Jahren nicht johlen und pfeifen, wenn Sie auf der Leinwand erscheinen."8

3. Filmpropaganda am Beispiel von „Jud Süß“

3.1 ALLGEMEINES

„Harlan9 Film ‚Jud-Süß‘. Ein ganz großer, genialer Wurf. Ein antisemitischer Film, wie wir ihn uns nur wünschen können. Ich freue mich darüber“10 Joseph Goebbels’ Meinung zum antisemitischen Hetzfilm „Jud Süß“ von 1940 war durchweg positiv. Er selbst hatte den Film in Auftrag gegeben und dessen Produktion betreut. Auch bei der Uraufführung, am 5. September 1940 bei den Filmfestspielen in Venedig, erlebte der Film vor dem deutsch-italienischen Publikum eine sehr gute Resonanz.11 „Jud Süß“ wurde kurz nach Anfang des zweiten Weltkrieges produziert. Zu dieser Zeit wurden die Repressionsmaßnahmen gegen Juden in Deutschland verschärft. Im Punkt Produktion und Besetzung wurde kein Aufwand gescheut: Unter der Regie von Veit Harlan wurden die wichtigsten Rollen von prominenten Schauspielern wie Ferdinand Marian als Jud Süß, Heinrich George, Kristina Söderbaum oder Werner Krauss besetzt. Es wurden fast 6 Millionen Reichsmark eingespielt und mehr als 20 Millionen Zuschauer erreicht12 - „Jud Süß“ war einer der erfolgreichsten Hetzfilme gegen die Juden. Ein Kommentar der Nationalzeitung: „Nach übereinstimmenden Berichten aus dem ganzen Reich findet der Film Jud Süß eine anhaltend außerordentlich zustimmende Aufnahme. Das Urteil über einen Film sei selten so einheitlich gewesen wie bei dem Film Jud Süß, der zwar in der realistischen Darstellung abscheuerregender Episoden ungewöhnlich weit gehe, dabei aber künstlerisch vollauf überzeugend gestaltet und von einer Spannung sei, die einen nicht mehr loslässt.“13 Unter den Propagandafilmen wird „Jud Süß“ zu der von Joseph Goebbels bevorzugten „indirekten Propaganda“ gezählt. Im Vergleich zu Filmen wie „Der ewige Jude“, wird die antisemitische Intention dem Publikum verhüllt und eher unterbewusst vermittelt.14

3.2 HANDLUNG

Joseph Süß Oppenheimer war ein jüdischer Finanzbeamter, der aufgrund seiner fachlichen Kompetenz und seinen „weitverzweigten Verbindungen in ganz Europa“ sehr schnell eine Vormachtstellung am Hof einnahm - er wurde Finanzberater des rttembergischen Herzogs Karl Alexander (1684-1737) und erhielt verschiedene Privilegien. Die Steuerpolitik des Herzogs stieß bei den Landständen und der Bevölkerung auf große Ablehnung. Oppenheimer galt als Grund aller Missstände und wurde nach dem Tod des Herzogs aufgrund von Hochverrat, Beraubung der Staatskassen und Korruption zum Tode verurteilt und am 4. Februar 1738 vor den Toren Stuttgarts aufgehängt.15

3.3 WIRKUNG UND ZIELE

Das Ziel des von Veit Harlan produzierten „Jud Süß“ war, das Volk einvernehmlich gegen das Judentum aufzuhetzen und damit einhergehend das Judentum an sich und vor allem aus Deutschland zu vertreiben. Während dem Zuschauer im Vorspann noch suggeriert wird, dass „die im Film geschilderten Ereignisse [...] auf geschichtlichen Tatsachen [beruhen|“ [16], ist in der Realität ein starkes Abweichen von den baden- württembergischen Quellen17 zu erkennen, um beim Volk eine allgemeine Ablehnung von Menschen jüdischer Abstammung zu bewirken. Dies wird auch stark deutlich, wenn man die Inszenierung von Oppenheimer genauer betrachtet. Der Film zeigt ihn als „geldgierigen, egoistischen und triebhaften Menschen, der es besonders auf blonde Frauen abgesehen hat“. Der Judenhass des Publikums wird im Verlauf des Filmes immer mehr geschürt, was schließlich in der Vergewaltigung von Dorothea, Tochter eines Hofbeamten, und deren anschließendem Suizid gipfelt - Die Anklage, zitiert nach dem Reichskriminalgesetz, lautete: „So aber ein Jude mit einer Christin sich fleischlich vermenget, soll er mit dem Strang vom Leben zum Tode gebracht werden."18 Es wird fortwährend ein verbrecherischer Eindruck erzeugt, durch den Joseph Oppenheimer als Grund allen Übels dargestellt wird. Die anschließende Erhängung ist für den Zuschauer dann nur noch eine logische Konsequenz, die unter anderem aufgrund der „Rassenschande“ als „gerechte Strafe“ wahrgenommen wird. Um das Juden-Dasein abschließend zu denunzieren, winselt der jüdische Finanzberater während seiner Hinrichtung um Gnade. Die Schlussszene wurde noch

[...]


1 Brockhaus-Lexikon, Band 14 Pas-Qua. Wiesbaden 1984. S.290

2 STAHR, Gerhard: Volksgemeinschaft vor der Leinwand? S. 16

3 Ebd. S.22

4 filmportal.de: Hinweis zur Dokumentation der Filme der NS-Zeit. Stand: 25/03/11

http://www.filmportal.de/df/26/Artikel,,,,,,,,F3AC85FAEDC6AD14E03053D50B377C9C,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,.html

5 KLEINHANS, Bernd: Propaganda im Film des Dritten Reiches. Stand: 25/03/11 http://www.zukunft- braucht-erinnerung.de/drittes-reich/propaganda/217-propaganda-im-film-des-dritten-reiches.html

6 KLEINHANS, Bernd: Ein Volk, ein Reich, ein Kino. Lichtspiel in der Braunen Provinz. Köln 2003. S. 9-11

7 KLEINHANS, Bernd: Propaganda im Film des Dritten Reiches.

8 MOMMERT, Wilfried: „Drehen bis zum Untergang“. Stand: 25/03/2011 http://www.stern.de/politik/geschichte/ns-film-drehen-bis-zum-untergang-538367.html

9 Regisseur von „Jud Süß“

10 Die Tagebücher des Joseph Goebbels [Eintrag vom 18. September 1940]

11 Lebendiges Museum Online: Der Film „Jud Süß“. Stand: 25/03/11 http://www.dhm.de/lemo/html/wk2/kunst/judsuess/

12 STAHR, Gerhard 2001

13 Nationalzeitung vom 17. April 1935

14 VERHOFF, Volker: Analyse des antisemitischen Propagandafilmes Jud Süß. Stand: 25/03/11. http://www.zukunft-braucht-erinnerung.de/holocaust/antisemitismus/241-analyse-des-antisemitischen- propagandafilmes-jud-suess.html

15 Lebendiges Museum Online: Der Film „Jud Süß“

16 Film „Jud Süß“, 1940

17 Vgl. http://www.landesarchiv-bw.de/web/, Stand 25/03/11

18 Film „Jud Süß“, 1940

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Hetze oder Volksberuhigung?
Untertitel
Der NS-Film als Mittel der Propaganda
Hochschule
Städt. Heinrich-Heine-Gymnasium, Mettmann
Note
sehr gut minus
Autor
Jahr
2011
Seiten
16
Katalognummer
V171268
ISBN (eBook)
9783640905171
ISBN (Buch)
9783640905188
Dateigröße
499 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
ns propaganda, nazi, film, kino, drittes reich, lichtspiel
Arbeit zitieren
Christopher Schwab (Autor:in), 2011, Hetze oder Volksberuhigung?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/171268

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