Bilingualer Sachfachunterricht: Über die Möglichkeiten und Probleme bilingualen Sportunterrichts an Sekundarstufen


Examensarbeit, 2008

91 Seiten, Note: 1,5


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung
1.1 Begriffsbestimmung
1.2 Geschichte des bilingualen Unterrichts
1.3 Notwendigkeit und Ziele bilingualen Unterrichts
1.4 Formen bilingualen Unterrichts in Deutschland
1.5 Gegenwärtige Situation und Lehrerausbildung
1.6 Probleme bilingualen Unterrichts
1.7 Sachfachliches und sprachliches Lernen im bilingualen Unterricht

2. Bilingualer Sportunterricht
2.1 Struktur des Sportunterrichts und dessen Besonderheiten
2.2 Ziele im Sportunterricht
2.3 Ziele im bilingualen Sportunterricht
2.4 Möglichkeiten sprachlichen Lernens im bilingualen Sportunterricht

3. Unterricht an der Raichberg Realschule Ebersbach
3.1 Beschreibung der Situation und Rahmenbedingungen
3.2 Themenwahl und Begründung
3.3 Erste Unterrichtseinheit: Basketball
3.4. Zweite Unterrichtseinheit: Bodenturnen
3.5 Auswertung der Fragebögen
3.6. Vergleich mit einer vierten Klasse mit Grundschulenglisch
3.7 Dritte Unterrichtseinheit: Basketball
3.8 Auswertung der Fragebögen

4. Schlussfolgerungen und Fazit
4.1 Zur Notwendigkeit einer Vorlaufphase
4.2 Zur Eignung des Sportunterrichts als bilinguales Unterrichtsfach
4.3 Schwierigkeiten bei der Durchführung bilingualen Sportunterrichts
4.4 Modularisierung oder durchgängiger bilingualer Unterricht?
4.5 Abstract

5. Literaturverzeichnis

6. Anhang
6.1 Tabellenverzeichnis
6.2 Abbildungsverzeichnis
6.3 Fragebogen

„In einer arbeitsteiligen Welt haben Kooperationsfähigkeit und die Möglichkeit, sich anderen verständlich zu machen, die Bereitschaft, sich mit ihren Fragen auseinanderzusetzen, hohen Rang“

(Professor Dr. Hartmut von Hentig in der Einführung in den Bildungsplan 2004).

1. Einleitung

Seit Beginn der 1990er Jahre hat der bilinguale Sachfachunterricht eine enorme Entwicklung durchlebt. Neben einer starken Zunahme der Schulen, an denen bilingual unterrichtet wird und der Formen bilingualen Unterrichts, kam es auch zu einer Erweiterung des bilingualen Fächerkanons. Mit der Reform des Bildungsplans 2004 wurde der bilinguale Unterricht in den Leitgedanken einzelner Fächer erstmals als konkrete Vorgabe verankert. Ziel ist, dass bilinguale Module in möglichst vielen Fächern und Fächerverbünden zur Selbstverständlichkeit werden (Ministerium für Kultus, Jugend und Sport, 2006). Dennoch beschränkt sich die Auswahl der Fächer, die in der Praxis bilingual unterrichtet werden meist auf ein paar wenige.

In dieser Arbeit möchte ich zunächst die Entstehung des bilingualen Unterrichts und dessen Ziele skizzieren. Es soll aufgezeigt werden, welche Formen bilingualen Unterrichts praktiziert werden und welche Probleme auftreten können. Anschließend möchte ich im Hauptteil auf den Sport als bilinguales Unterrichtsfach eingehen. Anhand der bereits erschienenen Werke möchte ich die theoretischen Grundlagen und Hintergründe aufzeigen und auf Basis der von mir unterrichteten Stunden erörtern, inwiefern sich das Fach Sport als bilinguales Unterrichtsfach im Allgemeinen und als Einstiegsfach in den bilingualen Unterricht im Speziellen eignet.

1.1 Begriffsbestimmung

„Bilingualer Sachfachunterricht, dieser Begriff meine nicht, was er sagt, und sage nicht was er meint.“ (Breidbach, 2007). Auf diese Formel reduziert Breidbach (2007) die vielfache Kritik an diesem Begriff und die Verwirrung, die er mit sich bringt. Die tatsächlich praktizierte Form von bilingualem Unterricht läuft fast ausschließlich in einer Fremdsprache ab, ist somit also nicht wirklich bilingual. Eine tatsächliche Zweisprachigkeit der Lernenden kann er ehrlicherweise auch nicht zum Ziel haben (ebd.).

Neben weiteren Bezeichnungen für mehrsprachigen Unterricht wie Englisch als Arbeitssprache (EAA), inhaltsbezogener Fremdsprachenunterricht und fremdsprachlicher Sachfachunterricht (Vonderau, 2004) typologisiert Rymarczyk drei bilinguale Modelle, „[…]die sich in der Art und Funktion der zu erreichenden Bilingualität und Bikulturalität unterscheiden.“ (Rymarczyk, 2003, S. 26). So können bilinguale Modelle unterschieden werden, die zu einer zusätzlichen Zweitsprachenkompetenz, zu einer Angleichung an die Zielsprachengesellschaft oder zu einer sprachkulturellen Emanzipation in der Zielsprachengesellschaft führen (Rymarczyk, 2003). Da dies jedoch über die Bedeutung und das Modell bilingualen Unterrichts, welche für diese Arbeit von Bedeutung sind hinausgeht, soll an dieser Stelle nicht näher auf dieses Konzept eingegangen werden.

Ist im Folgenden von bilingualem Unterricht die Rede, ist damit das Unterrichten eines Sachfachs, das heißt eines nicht-sprachlichen Fachs gemeint, in dem eine Fremdsprache als Unterrichtssprache verwendet wird (Bayrisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus, 2002).

Bilingualer Unterricht meint hier also nicht, „[…] dass zwei Sprachen in gleicher Weise kompetent benutzt werden, sondern beschreibt den pragmatischen Zugriff des fremdsprachlichen Konzepts.“(Rymarczyk, 2003, S. 25).

„Bilingualer Unterricht, auf die kürzeste Formel gebracht, ist Unterricht in und durch zwei Sprachen und bezieht sich dementsprechend auf viele unterschiedliche Schulformen in den verschiedensten Milieus“ (Butzkamm zit. nach Rymarczyk 2003, S. 25).

Die Fremdsprache, die im bilingualen Unterricht zum Einsatz kommt, ist im Regelfall die erste Fremdsprache, in den meisten Fällen also Englisch, weniger häufig jedoch auch Französisch.

„Auf europäischer Ebene wird zunehmend der Begriff CLIL (Content and Language Integrated Learning) verwendet, der in treffender Weise die beiden Bezugspole [des inhaltlichen Lernens im Sachfach einerseits und des Sprachlernens andererseits] […] zum Ausdruck bringt“ (Wildhage, 2003, S. 13).

1.2 Geschichte des bilingualen Unterrichts

„Die Wurzeln des bilingualen Unterrichts in Europa liegen einerseits in Ländern, in denen mehrere Sprachen parallel gesprochen werden (z.B. in Luxemburg und der Schweiz), und andererseits im europäischen Gedanken, der bereits Ende der sechziger Jahre zum deutsch-französischen Freundschaftsvertrag führte und damit den Impuls für deutsch-französische Bildungsgänge primär im Grenzgebiet, aber auch in Bayern gab“ (Vonderau, 2004, S. 18).

Die anfangs mehrheitlich deutsch-französischen Züge werden mittlerweile zunehmend durch deutsch-englische Züge ersetzt, da durch die Globalisierung, die Vernetzung der Märkte weltweit, den Tourismus, die stetig steigenden Kommunikations- und Informationsmöglichkeiten sowie den fortschreitenden Trend zum Englischen als lingua franca, die englische Sprache für die heranwachsenden Generationen von immer größerer Bedeutung wird (Ministerium für Kultus, Jugend und Sport, 2006). Diese Entwicklung wird deutlich, wenn man betrachtet, dass sich die anfängliche Zahl von sieben Gymnasien mit englischsprachigen Zügen gegenüber 17 Gymnasien mit französischsprachigen Zügen zwischen 1969 und 1973 auf 77 erhöht hat (Finkbeiner, 2002).

Die Entwicklung der Angebote mehrsprachiger Züge hat sich in Deutschland sogar soweit fortgesetzt, dass neben den meist vertretenen Sprachen Englisch und Französisch auch andere, wie Griechisch, Italienisch, Niederländisch, Portugiesisch, Russisch, Spanisch, Türkisch und Tschechisch bilingual unterrichtet werden (ebd.). Bilingualer Unterricht findet dabei zwar immer noch weitgehend an Gymnasien statt, die Zahl der Real- und Grundschulen mit bilingualem Angebot hat sich jedoch stark vergrößert. So gibt es alleine in Baden-Württemberg mittlerweile sieben Schulen mit bilingualen Profilen.[1] Angebote bilingualen Unterrichts gibt es bisher vorwiegend in den Fächern des gesellschaftswissenschaftlichen Bereichs, insbesondere Erdkunde, Geschichte und Politik bzw. Sozialkunde (Finkbeiner, 2002).

Das Fach Sport zählt nach wie vor eher zu den Exoten unter den bilingual unterrichteten Fächern. Der Grund dafür liegt wohl darin, dass Sport auf den ersten Blick wenig Potential für bilingualen Unterricht bietet, da der Unterricht auf körperlicher Aktivität und Spiel basiert und die Sprache eine eher untergeordnete Rolle spielt. Inwieweit dies tatsächlich zutrifft, soll im Laufe dieser Arbeit geklärt werden.

1.3 Notwendigkeit und Ziele bilingualen Unterrichts

Neben der, mit der Globalisierung des gesellschaftlichen, politischen und ökonomischen Lebens verbundenen Relevanz einer erhöhten Fremdsprachenkompetenz wird diese auch in beruflicher Hinsicht immer bedeutsamer. Der Bedarf an Fremdsprachenkenntnissen wird deutlich, wenn man sich die Bemühungen vieler Firmen vor Augen führt, ihre Mitarbeiter in speziellen Sprachkursen fortzubilden (Wode, 1995).

Ein weiteres Beispiel stellen große, international agierende Konzerne dar. Man hat hier deutlich bessere Chancen, wenn man sich auf Stellenausschreibungen, die zu einem beachtlichen Teil international sind, auf Englisch bewirbt (Fishman, 1999). Auch die Kommunikationssprache innerhalb solcher Firmen ist häufig Englisch (ebd.). Die hohen Anforderungen an eine fremdsprachliche Kompetenz beinhaltet dabei neben den formal-sprachlichen und metasprachlichen Kenntnissen (language awareness) auch Wissen über andere Völker, Verständnis für andere Kulturen, Bereitschaft zum Sprachenlernen und vor allem Kommunikationsfähigkeit und Kommunikationsinteresse (Finkbeiner, 2002). Diesen Anforderungen kann ein Fremdsprachenunterricht in der Schule nicht gerecht werden. Auch eine Erhöhung der Stundenzahl im fremdsprachlichen Unterricht kann dabei zu keinem befriedigenden Ergebnis führen. „Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, die Zielsprache nicht nur in den hierfür vorgesehenen Unterrichtsstunden zu erlernen, sondern auch fachübergreifend anzuwenden“ (Ministerium für Kultus, Jugend und Sport, 2006, S. 6).

Im bilingualen Unterricht wird die Fremdsprache zum Medium, in dem sachfachliche Inhalte vermittelt werden. Es vollzieht sich ein Wechsel vom Lernen der Fremdsprache zum Lernen in der Fremdsprache (Wildhage, 2003). Dadurch kommen die Schülerinnen und Schüler[2] auch in Kontakt mit authentischen, fremdsprachigen Texten, was wiederum zu einem verbesserten Verständnis für komplexe, fremdsprachliche Texte führt. Während der Fremdsprachenunterricht noch durch Lernen grammatikalischer und sprachlicher Strukturen und inszenierten, künstlichen Redeanlässen gekennzeichnet ist, kommt es im bilingualen Unterricht zu authentischen Redeanlässen. Die Schüler müssen das ausdrücken bzw. lernen auszudrücken, was sie denken und was sie inhaltlich zur sachfachlichen Thematik beitragen wollen. Der Fremdsprache kommt somit eine ganz andere Bedeutung zu. Da im bilingualen Sachfachunterricht nicht primär die Sprache bewertet wird, sondern Inhalte, die eben in der Fremdsprache ausgedrückt werden (focus on content before form), führt dies in vielen Fällen zu einer stärkeren mündlichen Beteiligung der Schüler, als dies etwa im Fremdsprachenunterricht der Fall wäre (Ministerium für Kultus, Jugend und Sport, 2006). Dadurch ist zu erwarten, dass die Schüler engagierter und selbstbewusster mit der Fremdsprache umgehen. Somit kommt es neben dem Lernen sachfachlicher Inhalte zu einer Verbesserung der Kommunikationsfähigkeit in der Fremdsprache und zu einem sichereren Fremdsprachengebrauch (confidence in using a language) (ebd.).

Ein entscheidender Punkt ist auch die Perspektive, die man in Bezug auf das Verhältnis von Sachfach und Fremdsprache einnimmt. Im Gegensatz zum Fremdsprachenunterricht sollte meiner Meinung nach das Sachfach im Vordergrund stehen und somit sollte die sprachliche Richtigkeit in den Hintergrund rücken. Das bedeutet jedoch nicht, dass man über sprachliche Fehler gänzlich hinweg sehen soll oder muss. Solche Fehler können teilweise nebenbei korrigiert werden (negotiation of meaning[3] ) und unter Umständen, sollte es sich um größere, evtl. auch häufig gemachte Fehler oder grammatikalische Strukturen handeln, mit dem Fremdsprachenlehrer besprochen werden, so dass dieser diese im Fremdsprachenunterricht thematisieren kann. Der sachfachliche Unterricht sollte sich jedoch zu keinem Zeitpunkt in einen Fremdsprachenunterricht verwandeln.

1.4 Formen bilingualen Unterrichts in Deutschland

Wenn im Folgenden verschiedene Formen bilingualen Unterrichts an deutschen Schulen dargestellt werden, bezieht sich dies ausschließlich auf das Regelschulwesen. Internationale, binationale oder europäische Schulen finden hier keine Berücksichtigung, da an diesen generell mehr als eine Sprache als Unterrichtssprache genutzt wird.

Durchgängiger bilingualer Unterricht

Von durchgängigem bilingualem Unterricht ist die Rede, wenn in einem Fach, einem Fächerverbund oder einem themenorientierten Projekt ein durchgängiger bilingualer Unterricht über ein Schuljahr stattfindet (Ministerium für Kultus, Jugend und Sport, 2006). Um die, durch die Verwendung der Fremdsprache auftretenden Einbußen in Bezug auf die Geschwindigkeit der sachfachlichen Progression zu kompensieren, sollten für den erhöhten Zeitbedarf zusätzliche Stunden aus der Kontingentstundentafel zur Verfügung gestellt werden (ebd.). Weiterhin müssen natürlich die schulorganisatorischen und personellen Voraussetzungen gegeben sein, um ein Fach, einen Fächerverbund oder ein themenorientiertes Projekt über ein Schuljahr hinweg durchgängig bilingual unterrichten zu können. Zu beachten ist, dass sich einzelne Bildungsstandards eher für die Verwendung der Fremdsprache, andere hingegen eher für die Verwendung der Muttersprache eignen.

Um eine „[…] Einsicht und Erkenntnis in die zunehmende Globalisierung […]“ (Bildungsplan für die Realschule, 2004, S. 116) der Schüler zu erreichen, eignet sich die Verwendung der Fremdsprache beispielsweise besser als für die Realisierung der „[…] Selbstreflexion der eigenen – auch geschlechtsspezifischen – Rolle der Mädchen und Jungen.“ (ebd.).

Bilinguale Module

Eine Möglichkeit das eben erwähnte Problem anzugehen, ist die Modularisierung der fachlichen Inhalte. Das bedeutet, dass einzelne Themen oder Themenbereiche eines Faches bzw. eines Fächerverbundes, die sich aufgrund ihrer Thematik besonders dafür eignen, bilingual unterrichtet zu werden, ausgewählt werden.

„Dieses Modell erlaubt einerseits eine größere Flexibilität bei der Umsetzung von bilingualem Unterricht und ermöglicht es interessierten Lehrkräften, mit kleineren Einheiten erste Erfahrungen zu sammeln. Andererseits erfordern die Module jedoch besondere personelle Voraussetzungen, da die Lehrenden in der Regel sowohl in der Fremdsprache als auch im Sachfach ausgebildet oder entsprechend fortgebildet werden müssen.“ (Ministerium für Kultus, Jugend und Sport, 2006, S. 8).

Bei der Auswahl der Module in den einzelnen Fächern muss dabei die Eignung der Inhalte aufgrund ihrer Anschaulichkeit oder ihrer geringen sprachlichen Komplexität für die Verwendung der Fremdsprache berücksichtigt werden. Relevant ist ebenfalls, ob die Thematik eine besondere Affinität zum Zielsprachenland aufweist (z.B. das Thema „Fast Food“ im Fach Mensch und Umwelt) und ob durch die Bilingualität spezielle interkulturelle Ziele verfolgt werden können (z.B. „American History“ im Fach Geschichte) (ebd.). Wenn die verschiedenen Module auch in keinem inhaltlichen Zusammenhang stehen müssen, so ist es doch von entscheidender Bedeutung, dass die zeitlichen Abstände zwischen dem Unterrichten einzelner Module nicht zu groß sind, um einen Zugewinn an Fremdsprachenkompetenz durch den bilingualen Unterricht zu gewährleisten (ebd.).

Projektartiger, fachübergreifender, bilingualer Unterricht

Unter Beteiligung verschiedener Fächer und Fächerverbünde kann durch projektorientiertes Arbeiten, welches im Bildungsplan der Realschule ausdrücklich gefordert wird, die fremdsprachliche Kompetenz weiter gefördert werden, wenn es zusätzlich zu den beiden anderen Organisationsformen durchgeführt wird (Ministerium für Kultus, Jugend und Sport, 2006). Bleibt projektorientiertes Arbeiten die einzige Form bilingualen Unterrichts, ist der sprachliche Zugewinn aufgrund des geringen Umfangs marginal.

1.5 Gegenwärtige Situation und Lehrerausbildung

Bevor die derzeitige Situation um die Ausbildung der Lehrkräfte und deren Zukunftsperspektive erläutert werden, sollen hier kurz die verschiedenen Profile von Lehrkräften dargestellt werden, die derzeit bilingualen Sachfachunterricht erteilen. Zunächst wären hier Muttersprachler der entsprechenden Zielsprache zu nennen, die eine deutsche Lehrbefähigung in einem entsprechenden Sachfach besitzen. Laut Abuja und Heindler (1993) bringen diese Personen den Vorteil mit, dass die sprachliche Authentizität gewahrt wird (zit. nach Rymarczyk 2003). Allerdings stellt sich dann folglich die Frage, „[…] warum dann der traditionelle […] [Fremdsprachenunterricht], der von Nicht-Muttersprachlern geführt wird, nicht auch als ergänzungsbedürftig charakterisiert wird.“ (Rymarczyk, 2003, S. 69). Das im deutschen Bildungswesen vorherrschende Lehrerprofil ist das des Nicht-Muttersprachlers mit einer Doppelfakultas, einer Lehrbefähigung in der Zielfremdsprache und einem entsprechenden Sachfach. Gegenüber Muttersprachlern bringen diese Lehrkräfte den Vorteil mit, dass sie eine besondere Sensibilität für die Lernschwierigkeiten ihrer Schüler besitzen, und zwar besonders dann, wenn die Erstsprache dieselbe ist (Dilk; Bremm zit. nach Rymarczyk 2003, S. 70). Ein weniger geläufiges und aufgrund der personellen und wirtschaftlichen Situation des Schulwesens nicht langfristig tragbares Profil stellt das Team aus Sachfachlehrer und Fremdsprachenlehrer dar. Auf dieses Profil könnte zurückgegriffen werden, wenn kein Lehrkörper mit einer entsprechenden Doppelfakultas zur Verfügung stünde (Rymarczyk, 2003). Ein weiteres Profil, das kritisch betrachtet wird, ist der Fachlehrer mit sehr guten Fremdsprachenkenntnissen. Selbst wenn die fremdsprachliche Kompetenz der Lehrperson gut ist, besitzt sie in der Regel nicht die nötigen fremdsprachendidaktischen Fähigkeiten um einen kompetenten bilingualen Unterricht durchzuführen (ebd.). Ein Muttersprachler ohne lokale Lehrbefähigung stellt das letzte Profil dar. Diese Personen können nur zusätzlich zu in Deutschland befähigten Lehrpersonen eingesetzt werden. Besitzt diese eine entsprechende Doppelfakultas, kann das Hinzuziehen eines Muttersprachlers eine höhere sprachliche Authentizität sowie eine binationale Erfahrung für die Schüler mit sich bringen (ebd.).

Die Ausbildung der Lehrkräfte in bilingualem Unterricht beruht auf der Überzeugung, dass eine Doppelqualifikation, eine Ausbildung in einer Fremdsprache und einem Sachfach, alleine nicht ausreicht (ebd.). Zusätzliche Qualifikationen in bilingualem Unterricht können sowohl von Lehramtsstudierenden während der ersten Ausbildungsphase erworben werden, als auch von Lehramtsanwärtern während oder nach der zweiten Ausbildungsphase. Studierende, die keine Fremdsprache studieren oder studiert haben, können durch den Nachweis von entsprechenden Sprachkenntnissen, beispielsweise durch die Vorlage eines TOEFL-Tests oder eines Cambridge Certificate of Proficiency, ebenfalls eine bilinguale Zusatzqualifikation erwerben (Finkbeiner, 2002). Seit dem Wintersemester 1999/2000 gibt es an der Bergischen Universität Gesamthochschule Wuppertal in Nordrhein-Westfalen, an der Ruhr-Universität Bochum, der Universität Köln und an der Universität Dortmund das Studienangebot „Bilinguales Lehren und Lernen“ (ebd.) Auch in der zweiten Ausbildungsphase gibt es an den staatlichen Seminaren für Lehrerbildung Möglichkeiten des Erwerbs einer Zusatzqualifikation „Bilinguales Lehren und Lernen“[4] . Studieninhalte solcher Zusatzqualifikationen sind der Erwerb von Arbeitstechniken für das Sachfach und die Fremdsprache, Einführungen in sachfachdidaktische und methodische Aspekte bilingualen Unterrichts sowie sprachpraxisbezogene Übungen und schulpraktische Studien im bilingualen Sachfachunterricht (ebd.; Finkbeiner, 2002).

„Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf der Vermittlung von Lern- und Arbeitstechniken und Lernstrategien sowie Kommunikationsstrategien für den bilingualen Sachfachunterricht. In diesen, die Lerner autonomisierenden Bereichen wird insbesondere auf die Vermittlung solcher Strategien Wert gelegt, die beispielsweise ein Fachgespräch auch bei möglicherweise fehlenden Fachtermini in Gang halten.“ (Finkbeiner, 2002, S. 19).

1.6 Probleme bilingualen Unterrichts

„Eine von Finkbeiner (1995) durchgeführte Bedarfsforschung zur europäischen Dimension des Fremdsprachenlernens hat gezeigt, dass die interkulturelle Sensibilität innerhalb einer Handlungsfähigkeit mit Sprache eine große Rolle spielt – gerade auch für Auszubildende mit mittleren Abschlüssen. Daraus ergibt sich logisch die Forderung nach bilingualen Angeboten auch in den Real- und Hauptschulen, um die Fremdsprache im zukünftigen Berufsfeld als Arbeitssprache einsetzen zu können.“ (Finkbeiner, 2002, S. 23).

Da der Fokus bei der Einführung bilingualer Angebote jedoch stark bei den Gymnasien lag und sich bilinguale Angebote im Mittelstufenbereich noch im Aufbau befinden, gibt es für Realschulen verhältnismäßig deutlich weniger Erfahrungen, auf die zurückgegriffen werden können (Finkbeiner, 2002). Die Erfahrungen, die an Gymnasien gewonnen wurden können zwar durchaus auch Impulse für bilinguale Angebote an Realschulen geben, jedoch muss berücksichtigt werden, dass gegenüber des handlungsorientierten Charakters von Realschulen die Entscheidungen für bilinguale Angebote an Gymnasien meist unter akademischen und abschlussrelevanten Gesichtspunkten getroffen werden (ebd.).

Weitere Problem- und Entscheidungsfelder strukturellen und organisatorischen Charakters sind die Entscheidungsfindung für ein bestimmtes Sachfach unter Berücksichtigung der Eignung für die Schüler, die Elternberatung, die Bereitschaft der Schüler solche Angebote wahrzunehmen und nicht zuletzt das personale Problem, da schlichtweg nicht genügend ausgebildete Lehrkräfte vorhanden sind (ebd.).

Die Frage ob die Vorlaufphase, eine Zeit des verstärkten Fremdsprachenunterrichts vor einem bilingualen Unterricht, wie sie beispielsweise Finkbeiner beschreibt unabdingbar ist, soll für den bilingualen Sportunterricht am Ende dieser Arbeit, unter Berücksichtigung der von mir gemachten praktischen Erfahrungen erörtert werden.

Neben diesen primären Problemen stellen sich immer noch etliche, nicht minderwichtige Fragen, die die Unterrichtspraxis betreffen. Obwohl die Anzahl bilingualer Angebote stetig wächst, scheint die Produktion entsprechender Lehrmaterialien nicht damit einher zu gehen. Für den bilingualen Unterricht gibt es nur eine sehr kleine Anzahl von Lehrwerken. Es stellt sich also die Frage, welche Materialien für einen bilingualen Unterricht verwendet werden können. Übersetzungen deutscher Lehrwerke sind für den bilingualen Unterricht sowohl aus fremdsprachendidaktischer wie auch aus sachfachdidaktischer Sicht nicht geeignet. Aus denselben Gründen ist es auch nicht möglich (ausschließlich) auf authentische Materialien aus dem Zielsprachenland zurückzugreifen. Zum einen sind diese Lehrbücher auf Muttersprachler ausgelegt, zum anderen befinden sie sich unter Umständen auf einem ganz anderen inhaltlichen Niveau (Rymarczyk, 2003).

Weiterhin sollen die Schüler, die ein Sachfach bilingual unterrichtet bekommen den gleichen Kenntnisstand erreichen wie Lernende, die dasselbe Sachfach in ihrer Muttersprache unterrichtet bekommen. Daraus folgt, dass speziell für den bilingualen Unterricht konzipierte Lehrwerke von Nöten sind. Da selbiges Angebot jedoch sehr stark eingeschränkt ist, sieht die Praxis so aus, dass bilingual unterrichtende Lehrerinnen und Lehrer selbst in der Verantwortung stehen und Materialien sehr oft selbst erstellen müssen.

Ein zweites, die Praxis unmittelbar betreffendes Problem, ist das Fehlen eines einheitlichen, didaktischen Konzepts für den bilingualen Sachfachunterricht. Dieses Problem kann als Resultat zweier unterschiedlicher Sichtweisen in Hinblick auf die Akzentuierung des bilingualen Sachfachunterrichts gesehen werden. Das Konzept des Fremdsprachenlernens über Fachinhalte beschreibt eine starke Akzentuierung des Lernens der Fremdsprache. Diese Sichtweise wird gegenüber dem konventionellen Fremdsprachenunterricht häufig als eine bessere und effektivere Form des Fremdsprachenlernens angesehen (Zydatiß, 2002).

Gern und häufig wird dabei auf die bekannte Unterscheidung von Butzkamm zwischen „sprachbezogener und mitteilungsbezogener Kommunikation“ verwiesen (z.B. Black/Butzkamm 1977); und es werden (nicht selten recht pauschal und wenig differenziert) die kanadischen Immersionsversuche genannt, die die Überlegenheit dieser Form des impliziten, inhaltsbasierten Fremd- (oder Zweit-)sprachenlernens zweifelsfrei erwiesen hätten.

Besonders beliebt sind in diesem Zusammenhang Verweise auf Krashen (1985), der mit seiner These vom „comprehensible input“ einen willkommenen theoretischen Überbau zu einer sich seit gut 30 Jahren konsolidierenden Praxis lieferte. Die Rezeption der sogenannten Inputtheorie war umso leichter, weil sich bei Krashen höchst eingängige Zitate finden ließen; etwa „verständlicher Input“ ist „the only true cause of second language acquisition“ oder (geradezu apodiktisch-axiomatisch): „subject-matter teaching is language teching …and that is what immersion has told us“ (Zydatiß, 2002, S. 33).

Das Konzept des Fachunterrichts in einer anderen Sprache hingegen steht dem eben beschriebenen gegenüber, da Vertreter der Sachfächer teilweise erhebliche Probleme mit dieser Instrumentalisierung des Sachlernens für ein besseres Fremdsprachenlernen haben (Zydatiß, 2002). Hallet erläutert sein Modell des „Bilingual Triangle“ folgendermaßen:

„Solange aber bilingualer Fachunterricht als language instruction angesehen und Konzepte fremdsprachendidaktisch hergeleitet werden, kann die Entwicklung einer Didaktik des bilingualen Sachfachunterrichts nicht vorankommen. Vielmehr muss ernst genommen werden, dass es sich zuallererst um Fach unterricht handelt – in einer fremden Sprache. Didaktische Konzepte müssen hier ihren Ausgang nehmen“ (Hallet zit. nach Zydatiß 2002, S. 34).

Diese beiden unterschiedlichen Positionen machen deutlich, dass ein didaktisches Konzept für bilingualen Unterricht unter explizitem Bezug auf eine Theorie der Schule noch fehlt (Zydatiß, 2002).

1.7 Sachfachliches und sprachliches Lernen im bilingualen Unterricht

Aus den bereits beschriebenen Positionen gehen unterschiedliche Konzepte betreffend der primären Ziele hervor, die in einem bilingualen Unterricht angestrebt werden sollen. Das zentrale Argument der Vertreter des Konzepts des Fremdsprachenlernens über Fachinhalte ist, dass bilingual unterrichtete Schüler eine höhere sprachliche Kompetenz erwerben als monolingual unterrichtete (Bredenbröker, 2000).

Dafür angeführte Argumente sind beispielsweise, dass

„[…]die Sprache im bilingualen Unterricht nicht Unterrichtsgegenstand sondern Unterrichtsmedium ist und die Lernenden deshalb mitteilungsorientiert und weniger sprachorientiert sind. Fremdsprachenlernen finde also auf „nicht-linearem“ Wege statt; die Fremdsprache werde quasi „nebenbei im Handlungszusammenhang des sachfachlichen Lernkontextes erworben (Bonnet, Breidbach, Hallet 2003: 175); nach der Unterscheidung Krashens von Lernen (learning) und Erwerben (acquisition) fremdsprachlicher Kenntnisse (Krashen 1981; Krashen, Terrell 1983) wäre der bilinguale Sachfachunterricht […] also als Erwerbssituation par excellence einzustufen“ (Rottmann 2006, S. 55).

Weiterhin wird angeführt, dass durch die authentischere Verwendung der Sprache im bilingualen Unterricht als im Fremdsprachenunterricht die Schüler mit einer höheren Aufmerksamkeit und Motivation agieren und somit die Sprache mit größerer Tiefe verarbeiten (Edmondson, 1997). Rottmann (2006) führt zusätzlich noch an, dass schlicht durch das quantitativ höhere Maß an fremdsprachlichem Input im Vergleich mit monolingual Unterrichteten, eine erhöhte sprachliche Kompetenz zu erwarten sei.

Von Seiten des Fremdsprachenlernens wird dem bilingualen Unterricht folgendes Lernpotential zugeschrieben:

- konstruktivistisches, selbstbestimmtes und eigenverantwortliches Sprachenlernen (im Gegensatz zum prozessorientierten Sprachlernen des traditionellen Fremdsprachenunterrichts),
- Lerngewinne in den vier klassischen Sprachfertigkeiten (Hören und Sprechen, Lesen und Schreiben),
- Zugewinne an metasprachlichen Fähigkeiten: Sprachbewusstheit (Language Awareness),
- Erwerb interkultureller Kompetenz,
- Erwerb von Fachwissen bei gleichzeitiger Ausbildung einer „doppelten Fachsprachlichkeit“ und
- besondere Forderung und Förderung allgemeiner Lern- und Arbeitstechniken (z.B. Erschließung von fremdsprachlichen Sachtexten) (Breidbach, 2002).

Diese Argumente können zum Teil auch durch empirische Studien belegt werden. So führte Winfried Bredenbröker (2000) Ende der 1990er Jahre eine zwei Jahre dauernde Untersuchung der sprachlichen Komponente des bilingualen Sachfachunterrichts durch. Es wurden dabei insgesamt 195 Schüler der Klassenstufen 7 und 8 an verschiedenen Schulen in Niedersachsen in drei Testserien, bestehend aus C-Test[5], Leseverständnistest und Grammatiktest, untersucht. Aus diesen Tests ging hervor, dass die globale Sprachkompetenz der bilingual unterrichteten Schüler im Vergleich zu den nicht bilingual Unterrichteten im Zeitraum von zwei Jahren stärker zugenommen hat. Weiterhin kam man zu dem Ergebnis, dass sich die allgemeine Sprachfähigkeit der bilingual Unterrichteten vergleichsweise homogener entwickelt hat (ebd.).

Dem entgegen stehen die Vertreter des Sachfachunterrichts im Medium der Fremdsprache mit der Forderung, dass es keine Einbußen des sachfachlichen Lernens zu Gunsten eines Fremdsprachenlernens geben darf. Die Fremdsprache müsse im bilingualen Unterricht eine rein funktionale Rolle spielen, damit der Unterricht nicht in einen Sprachunterricht ausarte (Rottmann, 2006).

„Deshalb wird dafür plädiert, die Lernziele für fremdsprachliches und sachfachliches Lernen strikt zu trennen und vor allem auch die curricularen Anforderungen des Sachfaches – egal, ob monolingual oder bilingual unterrichtet – parallel präsent zu halten“ (Rottmann, 2006, S. 58).

Grundsätzlich sollen für den bilingualen Unterricht jedoch die Richtlinien, Lehrpläne und Anforderungen für das fremdsprachliche und für das Sachfach gelten (Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland, 1999).

Dieser Grundsatz führt unweigerlich zu einer dritten Perspektive. Für diese stellt sich die Frage, welchen Ertrag das Sachfachlernen der Fremdsprache bringen kann und umgekehrt; wie sich das Medium der Fremdsprache positiv auf das Sachfachlernen auswirken kann (Rottmann, 2006). In Hinblick auf diese Frage betont Vollmer die Bedarfslage und das Potential bilingualen Unterrichts wie folgt:

„Diese Debatte im Verhältnis von Inhalts- und Sprachenlernen ist bei uns bislang kaum breiter rezipiert und mit hiesigen Diskussionen verknüpft worden. Sie bedeutet eine entschiedene Neubestimmung und Herausforderung für die inzwischen fast eingefahrenen Wege bilingualen Lernens. Denn es handelt sich hier um nichts weniger als um einen dritten Typ von Spracherwerb: nämlich weder um eine Rückkehr zu einem grammatikorientierten noch um einen ausschließlich inhaltsorientierten Ansatz, sondern um eine verbindende Variante, die im Wesentlichen zwar an der Vermittlung von Fachinhalten mit Hilfe der Zielsprache als Arbeitsprache festhält, die (focus on form / negotiation of form) in sich aufgreift, soweit dies nötig und zur Unterstützung der Lernenden in ihrem Bemühen um inhaltliche Genauigkeit im Verstehen und in der Präzisierung ihrer Aussagen richtig erscheint. Diese „aufgeklärte“ Variante, ist in Nordamerika in den letzten Jahren unter dem Stichwort focus on form diskutiert worden (vgl. etwa Doughty/Williams 1998). Dabei kennt man inzwischen eine ganze Bandbreite von Erfolg versprechenden Verfahren der punktuellen Fokussierung der Lernaufmerksamkeit auf ihr sprachliches Repertoire und auf die sprachliche Form der inhaltlichen Äußerung, ohne dass der kommunikative Gesamtzusammenhang wesentlich unterbrochen wird“ (Vollmer, 2000, S. 53).

Neben den positiven Auswirkungen auf die Sprachkompetenz, die bereits erläutert wurden, gibt es einige Ausführungen, die deutlich machen, dass bilingual unterrichtete Schüler den nicht bilingual Unterrichteten inhaltlich in nichts nachstehen, sondern teilweise sogar Vorteile aufweisen können.

So wurde an der Universität Düsseldorf von einer Geschichtsdidaktikerin eine Befragung der Geschichtslehrerinnen und –lehrern durchgeführt. Von diesen wurden verschiedene Chancen genannt, die der bilinguale Sachfachunterricht bieten würde:

- Die Kenntnisse der Lernerinnen und Lerner seien wegen erhöhter Aufmerksamkeit besser gefestigt.
- Die Zusammenhänge würden besser begriffen und besser im Gedächtnis behalten.
- Die Unterrichtskonstellation ermögliche einen Perspektivenwechsel, eine Perspektiverweiterung.
- Es würde ein besseres Verständnis der Zielsprachenkultur und somit eine Stärkung der Völkerverständigung erreicht.
- Sowohl Schülerinnen und Schüler als auch Lehrerinnen und Lehrer erreichten eine stärkere fachsprachliche Differenzierung (alle Angaben: Müller-Schneck zit. nach Lamsfuß-Schenk 2002, S. 191-192).

Vollmer (2000) beschreibt darüber hinaus, dass die Lernerinnen und Lerner durch die kleinschrittigere Erschließung eines Unterrichtsgegenstandes oder Sachverhaltes in fachlicher Hinsicht vom bilingualen Unterricht profitieren. Dasselbe Phänomen beschreibt Lalla:

„In den meisten muttersprachlichen natur- und gesellschaftswissenschaftlichen Fächern erfolgt die Auswertung [von Diagrammen u.ä.] […] in der Regel „automatisch“. Die Gefahr dabei ist, dass die Beschreibung und Interpretation nicht korrekt und in der richtigen Reihenfolge ausgeführt werden“ (Lalla, 2002, S. 227).

Lalla (2002) beschreibt, dass sich die bei bilingual unterrichteten Lernerinnen und Lernern besser geschult- und praktizierten study skills[6] positiv auf den Lernzuwachs auswirken können.

Im Sinne dieses dritten Konzepts bin ich der Meinung, dass bilingualer Sachfachunterricht das fachliche Lernen im Vordergrund halten sollte bzw. gewährleistet sein muss, dass das Lernen im Sachfach nicht durch die Einführung der Fremdsprache leidet. Sachlernen und Sprachlernen sind jedoch nicht strikt von einander zu trennen und eine Integration von Sach- und Sprachlernen kann positive Auswirkungen auf den Lernzuwachs der Schüler haben.

2. Bilingualer Sportunterricht

Während in den bisherigen Ausführungen die Prinzipien bilingualen Unterrichts im Allgemeinen erläutert wurden, soll im folgenden Teil nun auf die Besonderheiten des bilingualen Sportunterrichts eingegangen werden.

2.1 Struktur des Sportunterrichts und dessen Besonderheiten

Wenn man sich mit dem Fach Sport als bilingualem Unterrichtsfach auseinandersetzt, vor allem wenn man Aussagen über dessen Eignung (auch im Gegensatz zu anderen Fächern) machen will, stellt sich zunächst die Frage, durch was der Schulsport gekennzeichnet ist und was dessen Besonderheiten sind. Zunächst ist der Schulsport ein Fach wie jedes andere, das bedeutet,

„[…]dass der Sportunterricht Unterricht ist. D.h. der einzelne Schüler kann sich die Zeiten des Sporttreibens (Stundenplan), den Sportlehrer (von der Schulleitung einer Klasse zugewiesen, die anderen Teilnehmer (Klassenkameraden oder oft auch aus mehreren Klassen zusammengesetzte „Sportklassen“) nicht selbst aussuchen, sondern sie sind festgelegt“ (Horn, 2002, S. 134).

Sport wird in der Schule im bundesdeutschen Durchschnitt etwa mit drei Stunden pro Woche unterrichtet.[7]

Neben einer generellen Gleichheit aller Fächer gibt es jedoch einige Spezifika, die den Sportunterricht deutlich von anderen Fächern unterscheidet. Zunächst ist der Ort, an dem der Sportunterricht stattfindet, ein anderer. Dieser ist kein Klassenzimmer, sondern eine Sporthalle, eine Schwimmhalle oder ein Sportplatz – je nach Stundenthema und/oder Wetterlage. Diese Räumlichkeiten bringen weitere Unterschiede mit sich, so sitzen die Schüler im Sportunterricht nicht, wie es in anderen Fächern die Regel ist, auf Stühlen vor dem Lehrer, sondern bewegen sich meist, mehr oder weniger frei, in einem relativ großen Raum. Dieses offene Setting bringt einen erheblichen organisatorischen Aufwand mit sich. Nicht zuletzt weil sich nach Möglichkeit immer alle Schüler bewegen bzw. aktiv sein sollen und es dabei nicht möglich ist, ständig alle im gleichen Ausmaß zu beaufsichtigen, sind die organisatorischen Anforderungen an den Lehrer im Sportunterricht enorm. Darüber hinaus herrscht im Sportunterricht immer eine gewisse Grundlautstärke, sei es durch das eben erwähnte Problem verursacht oder durch andere Klassen, die in anliegenden Hallenteilen Sportunterricht haben. Somit sind die Bedingungen für die Kommunikation zwischen Lehrern und Schülern im Gegensatz zu anderen Fächern, bei denen dieses Problem nicht besteht, erschwert.

Auf der anderen Seite wird die Atmosphäre im Sportunterricht durch das eben erwähnte offene Setting von Seiten der Schüler, im Gegensatz zum Unterricht in anderen Schulfächern, oft als angenehmer empfunden.

Ein Aspekt, der dies noch verstärkt ist das grundlegende Prinzip eines jeden Sportunterrichts: Bewegung, körperliche Aktivität und Spiel.

Sportunterricht wird von der Mehrheit der Schüler als freudvoll empfunden, was wiederum eine erhöhte Motivation der Schüler und eine größere Beteiligungsbereitschaft mit sich bringt (Horn, 2008)

[...]


[1] Landesbildungsserver Baden-Württemberg. Verfügbar unter http://www.schule-bw.de/unterricht/faecher/englisch/bilingual/realschule/ [12.3.08]

[2] zu Gunsten des Leseflusses wird nicht an allen Stellen die Doppelform Schülerinnen und Schüler verwendet. Ist aus sprachlichen Gründen nur die maskuline Form angeführt, so meine ich inhaltlich auch die feminine Version.

[3] Negotiation of meaning steht für eine Form der indirekten Fehlerkorrektur. Dabei wird nicht einfach die korrekte Lösung vorgegeben, sondern durch (teilweises) Wiederholen der Äußerung und das Einbinden in einen erweiterten Kontext korrigiert.

[4] Staatliches Seminar für Didaktik und Lehrerbildung. Verfügbar unter http://www.rs.seminar-schwaebisch-gmuend.de/ [12.3.08]

[5] C-Tests sind schriftliche integrative Sprachtests zur Messung des allgemeinen Sprachstandes in der Muttersprache oder in einer Fremdsprache.

[6] Als study skills bezeichnet Lalla hier das Auswerten von Untrerrichtsmaterial wie Karten, Diagramme, Tabellen etc.(geography skills), communicative skills und basic speech functions (beschreiben, erklären, schlussfolgern, evaluieren) (ebd.).

[7] Schulsportstudie 2004 – Sportunterricht in Deutschland. Verfügbar unter http://www.sportunterricht.de/news/sprintkommentare2.html [12.3.08]

Ende der Leseprobe aus 91 Seiten

Details

Titel
Bilingualer Sachfachunterricht: Über die Möglichkeiten und Probleme bilingualen Sportunterrichts an Sekundarstufen
Hochschule
Pädagogische Hochschule in Schwäbisch Gmünd
Note
1,5
Autor
Jahr
2008
Seiten
91
Katalognummer
V170313
ISBN (eBook)
9783640890576
ISBN (Buch)
9783640890590
Dateigröße
734 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Bilingualer Unterricht, Bilingualer Sachfachunterricht, Bilingualer Sportunterricht
Arbeit zitieren
Michael Kruschhausen (Autor:in), 2008, Bilingualer Sachfachunterricht: Über die Möglichkeiten und Probleme bilingualen Sportunterrichts an Sekundarstufen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/170313

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