Geoinformationen und Immobilienmarketing

Die Immobilie als Geoobjekt im Rahmen eines webbasierten Immobilienmarketings


Diplomarbeit, 2003

156 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Geoinformationen und Immobilienmarketing: Möglichkeiten und Tatsachen einer interdisziplinären Herangehensweise
1.2 Zielsetzung und Aufbau der Arbeit

2 Die Immobilie
2.1 Begriffsklärung
2.1.1 Der physische Immobilienbegriff
2.1.2 Der juristische Immobilienbegriff
2.1.3 Der wirtschaftliche Immobilienbegriff
2.1.4 Zusammenführung der verschiedenen Begriffsauffassungen
2.2 Klassifikation der Immobilien
2.2.1 Klassifikation nach Immobiliennutzer
2.2.2 Klassifikation nach Immobilienart
2.3 Immobilien und ihre Standorte
2.3.1 Standorte, Standorttheorien und Standortfaktoren
2.3.2 Standortansprüche ausgewählter Branchen
2.4 Zusammenfassung und Auswirkungen auf den Immobilienmarkt
3 Der Immobilienmarkt
3.1 Die Teilmärkte des Immobilienmarktes
3.1.1 Teilmärkte nach Art der Nutzung
3.1.2 Teilmärkte nach Entwicklungszustand
3.1.3 Teilmärkte nach räumlichen Kriterien
3.2 Marktpartner und Wettbewerbskräfte
3.3 Zusammenfassung und Auswirkungen auf das Immobilienmarketing

4 Das Immobilienmarketing
4.1 Begriffsklärung Marketing und Immobilienmarketing
4.2 Kommunikation und Kommunikationspolitik im Marketing
4.2.1 Die Integrierte Kommunikation
4.3 Die besondere Stellung des Immobilienmarketings und ihre Auswirkungen auf die Kommunikationspolitik
4.4 Die Kommunikationsinstrumente des Immobilienmarketings
4.4.1 Werbeträgerselektion und Zielgruppenorientierung
4.4.2 Die klassischen Werbeträger
4.4.3 Imageanzeigen
4.4.4 Immobilienanzeigen
4.4.5 Exposés
4.4.6 Ausblick und Zukunft der traditionellen Werbeträger
4.4.7 Die neuen Medien und Informationstechnologien
4.4.8 Auswirkungen der neuen Medien auf das Immobilienmarketing

5 Geodaten, Geoinformationen und ihre Präsentation im Internet
5.1 Die Immobilie als Geoobjekt
5.2 Geodaten, Geoinformationen und GIS
5.3 Das Internet
5.4 GIS und Internet
5.4.1 Web-Mapping und Web-GIS
5.4.2 Das Open GIS Consortium
5.4.3 Ausgewählte Beispiele für Web-Mapping-Dienste
5.5 3D-Visualisierung
5.5.1 Entwicklung und Begriffsklärung
5.5.2 Technische Möglichkeiten der 3D-Visualisierung
5.5.3 Geowissenschaftlich relevante Einsatzfelder der 3D-Visualisierung
5.6 Ausblick und Auswirkungen auf das Immobilienmarketing

6 Geoinformationen und Immobilienmarketing im Liegenschaftsfonds Berlin
6.1 Entstehung, Aufbau und Funktion des LFB
6.2 Das Marktumfeld des LFB
6.2.1 Die finanzielle und wirtschaftliche Situation Berlins
6.2.2 Zur Situation des Berliner Immobilienmarktes
6.3 Auswirkungen auf den LFB
6.4 Immobilienmarketing und Public Relations im LFB
6.4.1 Ausgangslage
6.4.2 Corporate Identity, Empfängerzielgruppen und Kernbotschaften
6.4.3 Die eingesetzten Werbeträger und Medien
6.4.4 Case Study: PR & Marketingmaßnahmen zum Verkauf von 14 ehemaligen Kitas
6.5 GIS, Geodaten und Geoinformationen im LFB
6.5.1 Geobasisdaten
6.5.2 Software
6.6 Zusammenfassung und Ausblick

7 Die Experteninterviews
7.1 Zielsetzung
7.2 Methodik
7.3 Die Leitfadengespräche
7.4 Protokollarische Zusammenfassung der Leitfadengespräche
7.4.1 PR & Marketing
7.4.2 Immobilienvermarkter
7.4.3 Geodatenmanager & Geoinformationsdienstleister
7.4.4 Wirtschaftsförderung & Investoren
7.5 Ergebnisse der Leitfadengespräche
7.5.1 Ist-Zustand und Potenzial von Geoinformationen im Immobilienmarketing
7.5.2 Anforderungen der Experten an den Prototypen

8 Umsetzung in einen Prototypen
8.1 Vorarbeiten & Abstimmung
8.2 Anforderungen & Standards
8.3 Aufbau der Oberfläche
8.4 Entwicklungswerkzeuge und -Umgebungen
8.5 Inhalte und Funktionen
8.5.1 Kartenmaterial
8.5.2 Sachdaten
8.5.3 3D-Modell von Berlin-Mitte (VRML)
8.5.4 Virtuelle Wohnungsbesichtigung (VRML)
8.5.5 360° Panoramaaufnahmen ausgewählter Objekte (QuickTimeVR)
8.5.6 Sonstige Inhalte
8.5.7 Kartenfunktionen
8.5.8 Standort- und Adresssuche
8.6 Arbeitsergebnis, Einsatz- und Integrations- sowie Verbesserungsmöglichkeiten

9 Fazit
9.1 Zusammenfassung und Einordnung der Ergebnisse in aktuelle Entwicklungen
9.2 Ausblick und Handlungsempfehlungen Quellenverzeichnis
9.3 Verwendete Literatur
9.4 Verwendete Onlinedokumente und -adressen
9.5 Experteninterviews
9.6 Weitere mündliche Quellen

Anhang

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 2.1: Klassifikation von Immobilien nach Nutzern

Abbildung 2.2: Klassifikation der Immobilie nach Immobilienarten

Abbildung 3.1: Teilmärkte nach Entwicklungskriterien

Abbildung 3.2: Strukturmodell Regionaler Immobilienmarkt

Abbildung 3.3: Wettbewerbskräfte und Einflussfaktoren in der Immobilienbranche

Abbildung 4.1: Die Elemente des Kommunikationsprozesses

Abbildung 4.2: Schema einer Zielgruppenbeschreibung

Abbildung 4.3: Typische Immobilienanzeigen deutscher Tageszeitungen

Abbildung 4.4: Beispiel für die Internetausgabe des Immobilienteils deutscher Tageszeitungen

Abbildung 4.5: Vor- und Nachteile von Internetanzeigen

Abbildung 5.1: Der Geodatenserver des Kommunalverbands Ruhrgebiet

Abbildung 5.2: Das Berliner 3D-Stadtmodell

Abbildung 5.3: 3D-Darstellung des US-amerikanischen Stadt Chicago

Abbildung 6.1: Preisentwicklung des Teilmarktes für den individuellen

Wohnungsbau in Berlin der Jahre 2001 und 2002

Abbildung 6.2: Die Umsatzentwicklungen auf dem Berliner Immobilienmarkt seit 1999

Abbildung 6.3: Ausschnitt aus dem Pressebereich der Internetseiten der Liegenschaftsfonds Berlin GmbH & Co. KG

Abbildung 6.4: Ausschnitt aus dem Onlinekatalog der Internetseiten der

Liegenschaftsfonds Berlin GmbH & Co. KG

Abbildung 6.5: Beispiel für eine Anzeigenserie Teil 1

Abbildung 6.6: Beispiel für eine Anzeigenserie Teil 2

Abbildung 6.7: Der Berliner Bodenrichtwertatlas im Intranet der Liegenschaftsfonds Berlin GmbH & Co. KG

Abbildung 8.1: Schematischer Aufbau des Prototypen

Abbildung 8.2: Extraktion von 2D-GIS-Daten für ein 3D-VRML-Modell

Abbildung 8.3: Die im Prototyp beispielhaft integrierte 3D-Wohnungsbesichtigung

Abbildung 8.4: Die im Prototyp eingesetzten Mapping-Funktionen

Abbildung 8.5: Die Eingabemaske der Standortsuche

Abbildung 8.6: Der in den bestehenden Internetauftritt integrierte Prototyp

Tabellenverzeichnis

Tabelle 2.1: Standortkriterien der Lebensmitteldiscounter ALDI, LIDL und PLUS

Tabelle 3.1: Grundstücksarten im Überblick

Tabelle 5.1: Mögliche Web-GIS-Kategorien nach den zur Verfügung gestellten Diensten

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

1.1 Geoinformationen und Immobilienmarketing: Möglichkeiten und Tatsachen einer interdisziplinären Herangehensweise

Marketing führt in der deutschen Immobilienbranche ein kümmerliches Dasein. Kleine Unternehmen verzichten oft ganz auf Marketingaktivitäten. Aber auch große Unternehmen mit nur einem Marketing- bzw. Öffentlichkeitsmitarbeiter sind keine Seltenheit. Und doch ist Marketing für jeden Teil der Branche überlebenswichtig.

Mit dieser Einschätzung beginnt das Fachmagazin IWR - IMMOBILIEN WIRTSCHAFT UND RECHT [2003, Onlinedokument] seine Ausschreibung zum Immobilien-Marketing-Award 2003.

Ein Grund für diesen Zustand könnte darin zu finden sein, dass viele Entscheider in der Immobilienwirtschaft noch immer die Auffassung vertreten, dass für eine von individuellen und hier v. a. räumlichen Faktoren bestimmten Ware wie die Immobilie die Gesetzmäßig- keiten der Markenkommunikation nicht gelten [vgl. SCHNITZMEIER 2001, S.171]. Pauschali- sierte Marketingkonzeptionen können aber letztlich keinem Produkt gerecht werden, vielmehr sind stets individuelle und produktspezifische Lösungen gefragt. Damit erscheinen die beson- deren Eigenschaften des Wirtschaftsgutes Immobilie auch nicht als Hinderungsgrund, sondern als Anregung für innovative und der Immobile entsprechende Marketingstrategien.

So existieren durchaus zahlreiche Beispiele für immobilienspezifische Marketing-Konzep- tionen, wie sie z. B. in dem im Jahr 2001 erschienenen Handbuch Immobilienmarketing [SCHULTE & BRADE 2001] thematisiert sind. In fast 50 Aufsätzen werden theoretische Grundlagen und praktische Fallbeispiele vorgestellt, die sich alle an den spezifischen Charakteristika des Wirtschaftsgutes Immobilie orientieren.

Einen Schwerpunkt bildet dabei der Einsatz des Internets, dem in der Immobilienbranche eine ständig steigende Bedeutung beigemessen wird.

So ist z. B. den Studien ImmoMedia-Report 2 [OBERMANN et al 2000] und ImmoMedia- Report 3 [OBERMANN et al 2002] zu entnehmen, dass der Einsatz dieses Mediums und hier v. a. die Visualisierung der angebotenen Objekte ein immer wichtiger werdender SchlüsselKapitel 1: Einleitung 2 faktor für den Vermarktungserfolg ist. „Je ausführlicher ein Objekt im Internet visualisiert und je präziser es beschrieben ist, desto größer ist der Erfolg beim Kunden“ [IMMOMEDIA CONSULT 2002a, Onlinedokument], so die Autoren der Studie, welche auf einer bundesweiten Befragung von 1.000 Unternehmen und Institutionen der Immobilienbranche basiert und einen recht umfassenden Überblick über die Immobilienbranche, deren Vertriebsprozesse und Marktpartner liefert.

Diese Situation zeigt auf der einen Seite den Bedarf nach der Verwendung von innovativen Kommunikationsmedien und Visualisierungstechniken im Immobilienmarketing, auf der anderen Seite wird die Ratlosigkeit hinsichtlich der Konzeption und Realisierung derartiger Technologien deutlich. Dies manifestiert sich auch in oben zitierter Studie, die auf lediglich drei von insgesamt 220 Seiten wenige Möglichkeiten der Immobilienvisualisierung behandelt.

Dabei könnte ein Blick in andere Disziplinen neue Möglichkeiten eröffnen, um die techno- logische Umsetzung einer adäquaten Objektvisualisierung zu konkretisieren. Diese inter- und multidisziplinäre Vorgehensweise wird im herkömmlichen Marketing schon lange praktiziert, womit sich diese Disziplin dadurch besonders dynamisch gestaltet, dass sie Erkenntnisse und Entwicklungen unterschiedlicher Bereiche besonders rasch aufnimmt, umsetzt und in den letzten Jahren v. a. von den Informationstechnologien und ‚Neuen Medien’ nachhaltig beein- flusst wurde.

In Bezug auf die Immobilienvisualisierung sind nach Auffassung des Autors von der Geo- informatik entscheidende neue Impulse zu erwarten, da Geoinformationen für die Darstellung räumlicher Sachverhalte, wie sie für die Immobilie bestimmend sind, schon länger verwendet werden.

Darüber hinaus wird in der Wirtschaft - und hier insbesondere in der Vermarktung - hoch- wertigen, verbindlich aufbereiteten und präsentierten Geoinformationen in wirtschaftlichen Entscheidungsprozessen eine ständig wachsende Bedeutung zugemessen. Dies belegen zahl- reiche Arbeiten, Studien und Untersuchungen [u. a. ØSTENSON 2001 / MATTHEWS 1996 / BKG - BUNDESAMT FÜR KARTOGRAPHIE UND GEODÄSIE 2002 / LUO 1997 / LANDTAG NORDRHEIN- WESTFALEN 1999 / DDGI - DEUTSCHER DACHVERBAND FÜR GEOINFORMATIONEN 2002 / BMWA - BUNDESMINISTERIUM FÜR WIRTSCHAFT UND ARBEIT 2003]. So kommt der Vorsitzen- de des Arbeitsbereiches ‚TC 211 Geographic Information / Geomatics’ der International Organization for Standardization (ISO) zu dem Ergebnis, dass rund 80 % aller privaten und geschäftlichen Entscheidungen auf der Basis räumlicher Informationen getroffen werden [vgl. ØSTENSON 2001, S. 16]. Auch der Minister für Wirtschaft und Mittelstand, Technologie und Verkehr des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen schreibt in seiner Antwort zu einer kleinen Anfrage vom 25.08.1999: „Geoinformationen entwickeln sich zunehmend zu einem Wirtschaftsgut ersten Ranges. Mit Hilfe speziell aufbereiteter, zentral verwalteter flächenbezogener Geodaten lassen sich schnell und kompetent flächen- und raumbezogene Bewertungen von Standort- und Investitionsentscheidungen treffen und sachgerechte Planungsalternativen entwickeln" [LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 1999, S. 1].

Diesem Potenzial von Geodaten und Geoinformationen ist im multidisziplinären Arbeitsbe- reich der ‚Business Geographics’ bereits Rechnung getragen worden. Hier kommen Geodaten und GIS-Technologien schon länger zum Einsatz. Es verschmelzen dort der Einsatz von Geodaten, Geoinformationstechnologien, Methoden des Marketings, Controllings, Standort- managements, der Marktforschung, Vertriebsoptimierung, Filialsteuerung sowie des Ziel- gruppenmarketings [u. a. CZERANKA 2000 / GRAUL 2000 / LEISTNER-WOLF & SCHENDEL 2000 / GERKELER 2000 / FEIX et al 2000]. Beispielhaft sei hier die Studie „Marktforschung und Marktbearbeitung im Fertighaussektor“ [STAUFER & STADELHOFER 2000] genannt, die sich mit der ex post Analyse verräumlichter demografischer und sozioökonomischer Daten zur Lokalisierung von Fertighaus-Zielgruppen beschäftigt, um diese dann gezielt zu bewer- ben. Allen Methoden gemein ist der Umstand, dass Geodaten und Geoinformationen im Vor- feld bestimmter Marketingaktivitäten intern zum Einsatz kommen, um Marketingmaßnahmen mit höchster Effizienz durchführen zu können. Extern werden diese Informationen jedoch nicht zugänglich gemacht.

Im Rahmen eines innovativen Immobilienmarketings müssten dem potenziellen Kunden aller- dings verbindlich aufbereitete Geoinformationen zur Verfügung gestellt werden, um ihm auf dem komplexen und z. T. intransparenten Immobilienmarkt eine solide Entscheidungs- grundlage zu bieten. Die hierfür notwendigen Technologien stehen bereits seit einigen Jahren in Form sog. ‚Web-Mapping-Server’ sowie diverser Möglichkeiten der 3D-Visualisierung zur Verfügung.

Die Synthese dieser Technologien ist zwar gegenwärtig Gegenstand der Forschung, allerdings stehen hier die herkömmlichen Anwendungsbereiche aus Stadtplanung, Umwelt, Militär, Archäologie und wissenschaftlicher Visualisierung im Vordergrund [vgl. BILL 1999b, S. 343ff.]. Aus dem Bereich des Immobilienmarketings liegen noch keine dokumentierten Erkenntnisse vor. Vor dem Hintergrund der eingangs zitierten Studien werden diese Technologien auch für Zwecke des Immobilienmarketings interessant.

Dennoch befindet sich die wissenschaftliche Auseinandersetzung im Hinblick darauf, welche auf Geoinformationen basierenden Kommunikationsinstrumente anzuwenden sind, allenfalls am Anfang. Dies bestätigt auch die kritische Auseinandersetzung mit der einschlägigen Fach- literatur. Gibt es zu den drei großen Themenblöcken Immobilien, Marketing und Geoinfor- mationen einen kaum überschaubaren Fundus an Literatur, sind ganzheitliche, inter- disziplinäre Forschungsansätze [vgl. z. B. HUTTER 1999] bis dato nicht vorhanden. Auch eine Internetrecherche mit der Suchmaschine Google bleibt ohne Erfolg: Sucht man nach dem Begriff ‚Geoinformationen’, erhält man mehr als 3.000 Internetdokumente, in denen dieser Begriff vorhanden ist. Die Suche nach dem Begriff ‚Immobilienmarketing’ ergibt mehr als 5.000 Treffer, eine kombinierte Suche nach den Begriffen ‚Geoinformationen + Immobilienmarketing’ liefert dagegen kein einziges Suchergebnis [vgl. GOOGLE 2002a / GOOGLE 2002b / GOOGLE 2002c, Onlinedokumente].

Vor dem Hintergrund, dass hochwertigen und verbindlich aufbereiteten und präsentierten Geoinformationen in der Wirtschaft - und hier insbesondere in der Vermarktung - eine ständig wachsende Bedeutung zukommt, erscheint die Fragestellung, warum in der so vertriebsorientierten Immobilienbranche die Themen Geoinformationen und Marketing noch nicht unter dem Aspekt der Entwicklung neuer, innovativer und absatzfördernder Kommunikationsinstrumente behandelt wurden, besonders interessant. Deshalb soll diese Diplomarbeit einen Beitrag leisten, die Lücke zwischen den Anforderungen des modernen Immobilienmarketings einerseits und den Möglichkeiten der internetbasierten Bereitstellung von Geoinformationen andererseits zu schließen und weitere Denkanstöße für eine intensivere, gemeinsame Auseinandersetzung der beteiligten Disziplinen geben.

1.2 Zielsetzung und Aufbau der Arbeit

Das Ziel dieser Arbeit ist die Konzeption, Realisierung und Implementierung eines proto- typischen, internetbasierten Marketinginstrumentes, das die Möglichkeiten der Geoinformatik aus den Bereichen des Web-Mapping und der 3D-Visualisierung konsequent nutzt. Entwickelt wurde dieser Prototyp für die Liegenschaftsfonds Berlin GmbH & Co. KG (LFB), die als Treuhänder mit der Vermarktung der landeseigenen Grundstücke Berlins beauftragt worden ist und vor dem Hintergrund eines schärfer werdenden Wettbewerbs zukünftig noch stärker auf den Einsatz von neuen Informationstechnologien zurückgreifen möchte.

Vor der praktischen Umsetzung sind jedoch vorbereitende Betrachtungen und Untersuchungen notwendig, weshalb sich diese Arbeit in einen literaturbasierten theoretischen, einen empirischen und einen abschließenden praktischen Teil gliedert.

Zunächst erfolgt eine ausführliche Darstellung der spezifischen und individuellen Besonder- heiten des Verkaufsobjektes Immobilie. Vorgestellt werden die verschiedenen Auffassungen des Immobilienbegriffes, Möglichkeiten ihrer Klassifikation, ausgewählte Aspekte zu Standorten, Standorttheorien, Standortfaktoren, Standortentscheidungen, unterschiedliche Standortansprüche ausgewählter Branchen sowie ihre Auswirkungen auf den Immobilien- markt.

Kapitel 3 befasst sich ausführlich mit den Eigenschaften und Besonderheiten des Immobilienmarktes und seiner Teilmärkte, stellt Marktpartner und Wettbewerbskräfte sowie ihre Auswirkungen auf das Immobilienmarketing vor.

Die Begriffsklärung von Marketing und Immobilienmarketing ist Gegenstand von Kapitel 4. Es werden Aspekte der Kommunikationspolitik, die integrierte Kommunikation sowie ihre steigende Bedeutung in einer erfolgreichen Unternehmenskommunikation beleuchtet. Des Weiteren wird auf die besondere Stellung des Immobilienmarketings eingegangen und die Auswirkungen auf die Unternehmenspolitik der Immobilienwirtschaft vor dem Hintergrund einer sich zunehmend spezialisierenden und diversifizierenden Gesellschaft in Form von Ziel- gruppenorientierung und Werbeträgerselektion beleuchtet. Ferner werden klassische wie moderne Werbeträger im Immobilienmarketing vorgestellt sowie die steigende Bedeutung der neuen Medien und Informationstechnologien und ihre Einflüsse auf das Immobilienmarketing aufgezeigt und bewertet.

Ausgehend von den Eigenschaften der Immobilie als Geoobjekt beschäftigt sich Kapitel 5 ausführlich mit den verschiedenen Formen der Präsentation von Geodaten und Geoinforma- tionen im Internet. Des Weiteren werden grundlegende Begriffe sowie die wichtigsten Technologien und Standards aus dem Bereich des Web-Mapping und der 3D-Visualisierung vorgestellt.

Gegenstand von Kapitel 6 ist die Vorstellung des LFB unter besonderer Berücksichtigung seines aktuellen Marktumfeldes. Dabei stehen die bisherigen Aktivitäten im Bereich Marketing sowie die interne Nutzung von Geodaten und Geoinformationen im Mittelpunkt der Betrachtung.

Kapitel 7 beinhaltet den empirischen Teil dieser Arbeit. Die hier protokollierten Experteninterviews hatten v. a. die Frage der Akzeptanz und Notwendigkeit von Geoinformationen im Grundstücks- und Immobilienmarketing zum Gegenstand. Darüber hinaus bilden die hier gewonnenen Erkenntnisse neben den theoretisch erarbeiteten Ergebnissen der Kapitel 2 - 6 die Basis für den praktischen Teil dieser Arbeit, welcher in Kapitel 8 beschrieben wird. Hier wurde ein prototypisches, auf Geodaten basierendes Marketinginstrument mit entsprechenden Inhalten konzipiert, realisiert, nach den Standards des Open Gis Consortiums (OGC) implementiert und um ausgewählte 3D-Modelle ergänzt.

Kapitel 9 fasst die Ergebnisse dieser Arbeit zusammen und schließt mit einem Ausblick auf zukünftige Trends im Bereich des Web-Mapping und der 3D-Visualisierung im Bereich der Immobilienwirtschaft.

2 Die Immobilie

Basis für die erfolgreiche Entwicklung und Realisierung einer Marketingstrategie sind detaillierte Kenntnisse über die spezifischen und individuellen Besonderheiten des zu ver- marktenden Produktes sowie über den Markt, auf dem es gewinnbringend gehandelt werden soll. Bevor eine differenzierte Strategie für den Vertrieb einer Immobilie oder eines ganzen Immobilienportfolios entwickelt werden kann, müssen Immobilie und Immobilienmarkt ein- gehend betrachtet werden.

2.1 Begriffsklärung

In den meisten Immobiliendefinitionen wird vom Wohngebäude ausgegangen. Als solches hat sie seit je her eine enorme gesellschaftliche Bedeutung. Betrachtet man die vordringlichen menschlichen Bedürfnisse der Gegenwart unter einer weltweiten Perspektive, so steht an erster Stelle die gesicherte Versorgung mit Trinkwasser und Nahrung, direkt gefolgt von einem sicheren Obdach [vgl. MURFELD 2000, S. 1]. In den hoch entwickelten Volkswirt- schaften der sog. ‚Industrieländer’ spielt das Bedürfnis nach gesicherter Nahrungsversorgung gewiss keine unwichtige, aber eher zweitrangige Rolle. In der Skala des Bedürfnis- bewusstseins rangieren hier die Wohnung oder das Eigenheim an erster Stelle [ebenda, S. 1]. Somit hat die Immobilie für den Einzelnen zunächst eine (über)lebensnotwendige Bedeutung, da sie den Bewohnern Schutz und Geborgenheit bietet, womit sie zu den sog. ‚Primär- bedürfnissen’ des Menschen zählt.

Auch die Bauordnungen der Länder heben in ihrer Definition des Begriffs ‚Gebäude’ das Schutzbedürfnis in den Mittelpunkt der Betrachtung. Demnach sind Gebäude „selbständig benutzbare, überdeckte bauliche Anlagen, die von Menschen betreten werden können und geeignet oder bestimmt sind, dem Schutz von Menschen sowie von Tieren, Pflanzen oder anderen Sachen zu dienen“ [BERLINER SENATSVERWALTUNG FÜR JUSTIZ 1997: Bauordnung von Berlin, § 2.2, Onlinedokument].

Vor dem Hintergrund individueller und spezifischer Nutzungensansprüche an Immobilien er- scheinen derartige Definitionen aber nur bedingt für eine Operationalisierung, weitergehende Betrachtungen sowie Diskussionen brauchbar. Hier seien v. a. die von BOBEK geprägten und

von MAIER, PAESLER, RUPPERT und SCHAFFER [1977] in ihren Arbeiten zur Sozialgeografie spezifizierten ‚Daseinsgrundfunktionen’ (DGF) Wohnen, Arbeiten, sich versorgen, sich erholen und sich bilden genannt, für die Immobilien aus einer rein funktionalen Betrachtung heraus zur Befriedigung eben dieser DGF sehr spezifische Lösungen bieten können. Auch die zur Erfüllung der DGF notwendigen Funktionen Verkehr und Kommunikation bringen äußerst spezifische und individuelle Immobilien hervor. Als Beispiele seien Bahnhöfe und Flughäfen genannt.

Ferner finden sich neben den Begriffen ‚Immobilie’ und ‚Gebäude’ zahlreiche, meist synonym verwendete, aber unterschiedlich definierte Begriffe, wie z. B. Grundstück, Liegenschaft oder Grundbesitz, die über das reine Obdach hinausgehen, so dass dem Autor eine genauere Auseinandersetzung mit dem Immobilienbegriff sinnvoll erscheint.

In der Fachliteratur hat sich die Unterscheidung in ein physisches, ökonomisches und juris- tisches Verständnis der Immobilie als zweckmäßig erwiesen und durchgesetzt [vgl. MURFELD, S. 16].

2.1.1 Der physische Immobilienbegriff

Der wohl einfachste und somit auch am weitesten verbreitete Ansatz der Immobiliendefinition reduziert diese auf die physische Ebene, also auf die alleinige Betrachtung materieller Eigenschaften des Baukörpers. Die Immobilie wird demnach als ein dreidimensionales Gebilde aus Wänden, Decken und Böden verstanden, mittels dessen ein Segment der Erdoberfläche und des zugehörigen Luftraumes abgegrenzt wird [vgl. ebenda, S. 16].

Vor dem Hintergrund, dass nicht der alleinige Objektbesitz, sondern primär die Nutzung für eine Immobilieninvestition wichtig ist, erscheint diese substanzorientierte Definition zu be- grenzt. Eine umfassendere Begriffsbestimmung muss auch auf Flächen- und Nutzungsaspekte eingehen. Dieses Defizit gleichen die juristische und die wirtschaftliche Definition wieder aus.

2.1.2 Der juristische Immobilienbegriff

Eine juristische Definition für den Begriff der Immobilie ist de jure ebenso wenig existent wie eine einheitliche Festlegung des Begriffes Grundstück, der lediglich durch die Rechtsordnung geschaffen, aber nicht explizit umschrieben wird. Zur Immobilie werden nach dem RechtsKapitel 2: Die Immobilie 9 wörterbuch in Anlehnung an seine lateinische Bedeutung „alle nicht beweglichen Sachen, Grundstücke und deren Bestandteile“ [WEBER 2000, S. 673] verstanden. Demnach bezeichnet man auch alle unbebauten Grundstücke als Immobilien.

Immobilien werden im juristischen Sinne im Wesentlichen über den ihr zugrunde liegenden Grund und Boden definiert. Somit ist die Immobilie keine autonome Einheit, sondern nur in Verbindung mit dem Grundstück zu betrachten, auf dem sie gebaut wurde. Das Baugesetz- buch (BauGB) verwendet an mehreren Stellen den Begriff des Grundstücks, ohne ihn aber näher zu erläutern. Offensichtlich hat der Gesetzgeber den Begriff des Grundstücks als be- kannt vorausgesetzt, was aber keineswegs der Fall ist. So musste erst die Rechtsprechung klären, dass unter dem Begriff des Grundstücks im Sinne des BauGB in aller Regel der grund- buchrechtliche Begriff zu verstehen sei [vgl. SIMON & KLEIBER 1996, S. 26].

Grundsätzlich handelt es sich bei einem Grundstück um einen Körper, der sich aus einzelnen Bestandteilen zusammensetzt. Hier unterscheidet man zwischen dem Grundstück im natürlichen Sinne, auch ‚Wirtschaftsgrundstück’ genannt, und dem Grundstück im Rechtssinne, auch ‚Grundbuchgrundstück’ genannt [vgl. z. B. MURFELD 2000, S. 61].

Unter einem Wirtschaftsgrundstück versteht man einen abgegrenzten Teil der Erdoberfläche, der eine wirtschaftliche Einheit bildet, wie z. B. eine landwirtschaftlich genutzte Ackerfläche, die durch eine Hecke, einen Zaun oder eine Mauer von ihrer Umgebung abgegrenzt ist. Dieses Verständnis des Grundstücksbegriffes liegt auch dem Reichssiedlungsgesetz zugrunde [vgl. BUB & SCHMIDT 1996, S. 2].

Ein Grundstück im Rechtssinne sind nach der Grundbuchordnung (GBO) ein oder mehrere Flurstücke, die im Grundbuch unter einer laufenden Nummer im Bestandsverzeichnis gebucht sind [vgl. DEMHARTER 2000 / GBO § 2,2]. Zwischen den Flurstücken, die ein Grundstück im Rechtssinne bilden, bestand bis 1995 in der Regel - aber nicht notwendigerweise - ein räumlicher und/oder wirtschaftlicher Zusammenhang [vgl. ebenda].

Obwohl die einzelnen Gesetzestexte keine konsistente und autonome Begriffsdefinition für Immobilien aufweisen, lässt sich schließen, dass es sich im Falle eines bebauten Grundstücks immer um das Gebäude selbst sowie um den Grund und Boden handelt, auf dem es errichtet wurde.

2.1.3 Der wirtschaftliche Immobilienbegriff

Grundsätzlich lässt sich bei einer wirtschaftswissenschaftlichen Betrachtung der Immobilie zwischen dem investitionstheoretischen und dem produktionstheoretischen Ansatz differen- zieren. Während der investitionstheoretische Ansatz Immobilien als Kapitalanlage oder Sach- vermögen definiert, versteht der heutige produktionstheoretische Ansatz eine Immobilie als einen der fünf Produktionsfaktoren Arbeit, Kapital, natürliche Ressourcen, Management / In- formationen und Land [vgl. EUROPEAN MARKETING CONFEDERATION 1998, S. 34]. Immo- bilien sind nach diesem Verständnis Betriebsmittel und damit eine notwendige Voraussetzung für die Produktion. Sie bestimmen und definieren so auch die räumliche Dimension des Herstellungsprozesses von Gütern und Dienstleistungen in einem Unternehmen.

Wenn wir uns die bisherigen Ausführungen vor Augen halten, lassen sich die drei folgenden Charakteristika der Immobilie zusammenfassen: Zunächst handelt es sich um einen abge- schlossenen Raum, der für eine gewisse Zeit eine bestimmte Funktion erfüllt. Hierbei ist allerdings zu beachten, dass z. B. auch ein durch einen Graben oder eine andere Form abge- grenzter Acker einen abgeschlossen Raum bildet. Diese Funktion lässt sich nun natürlich vom Eigentümer der Immobilie an Dritte für einen vertraglich fixierten Zeitraum übertragen. So entspricht z. B. die Anmietung einer Immobilie durch einen Nutzer wirtschaftlich einem Kauf von zeitlich determinierten Nutzungsmöglichkeiten der vorab vertraglich definierten Flächen. Dieser Zusammenhang wird u. a. von GRAASKAMP sehr anschaulich dargestellt: „Real estate is space and money over time“ [GRAASKAMP 1972, S. 513-521; zitiert aus: SCHULTE 1998, S. 17]. So werden aus Raum-Zeit-Einheiten schließlich Geld-Zeit-Einheiten für Raum.

Hier wird besonders deutlich, dass sich der wirtschaftliche Charakter einer Immobilie nicht ausschließlich aus ihrer physischen Dimension, sondern primär aus der jeweiligen Nutzung definiert und generiert. Aus rein ökonomischer Sicht darf die Immobilie somit nicht als Hülle, sondern muss als nutzbringendes Wirtschaftsgut angesehen werden. Einziger Wertmaßstab ist also, welche Honorierung die Nutzung einer Immobilie durch den Markt erfährt.

2.1.4 Zusammenführung der verschiedenen Begriffsauffassungen

Je nach bautechnischer, juristischer oder wirtschaftlicher Betrachtung kommen gänzlich unterschiedliche Auffassungen des Begriffes ‚Immobilie’ zum Tragen.

Um diesem Defizit und weiteren Irritationen entgegenzuwirken, soll der Begriff ‚Immobilie’ im weiteren Verlauf dieser Arbeit nach folgendem Verständnis verwendet werden:

Unter einer Immobilie ist ein bebauter oder unbebauter, klar abgegrenz- ter Teil der Erdoberfläche zu verstehen, der im Hinblick auf unterschied- lichste Funktionen menschlichen Daseins genutzt, nutzbar gemacht und optional an Dritte für einen vertraglich fixierten Zeitraum oder gänzlich übertragen werden kann. Dabei kommen je nach wirtschaftlicher und / oder privater Nutzung die unterschiedlichsten Standortfaktoren zum Tra- gen.

Fasst man auf der Basis dieses Verständnisses die typischen Charakteristika von Immobilien zusammen, werden auch die fundamentalen Unterschiede zu den anderen, den mobilen Wirt- schaftsgütern deutlich. Der Begriff der Immobilie wird somit erst brauchbar, wenn er über die reine Bausubstanz hinausgeht und Aspekte des Grundstücks sowie der Nutzung beachtet.

V. a. die Nutzung einer Immobilie ist von den unterschiedlichsten räumlichen Faktoren ab- hängig. Hier sind neben planungsrechtlich relevanten Aspekten, die sich z. B. aus dem kom- munalen Flächennutzungsplan (FNP) und Bebauungsplan (B-Plan) ergeben, v. a. relative Lagebeziehungen zu anderen Immobilien oder Infrastruktureinrichtungen zu nennen.

HOFMEISTER [1996, S. 147] umschreibt diese spezifischen Eigenschaften der Immobilie und ihre Unterschiede gegenüber anderen Wirtschaftsgütern aus geografischer Sicht und verweist auf HARVEY [1972], der davon ausgeht, dass das Haus (…) eine vergleichbar der Nahrung einer bestimmten Daseinsgrund- funktion dienende Einrichtung und damit eine Notwendigkeit für den Menschen ist, die sich, anders als etwa Brot gegen Kartoffeln, nicht substituieren lässt, dazu ein Gegenstand, der relativ selten den Eigentümer wechselt und bei dessen Wechsel erhebliche Kosten auftreten, die sich hemmend auf den Marktmechanismus auswirken. Es stellt selbst einen relativ hohen Wertgegenstand dar, was es leicht zu einem Spekulationsobjekt werden lässt, besitzt aber neben seinem Marktwert wegen der verschiedenen Nutzungsmöglichkeiten entsprechend seinen Bedürfnissen für den einzelnen Menschen einen unterschiedlichen Nutzwert, der besonders von seiner relativen Lage zu Arbeitsplatz, Schule, Einkaufsmöglichkeiten, Erholungsflächen, Verwandten und Freunden, beeinträchtigenden Gewerbebetrieben, Haltestellen öffentlicher Verkehrsmittel, Straßen mit hoher Verkehrsfrequenz etc. bestimmt wird.

Entsprechend sind für andere Immobilienarten als das Wohnhaus weitere und andere Lagebeziehungen relevant [vgl. Kaptitel 2.2].

Das zentrale Charakteristikum einer Immobilie ist aber ihre Standortgebundenheit. So be- stimmt v. a. die Lage nicht nur die realen Nutzungsmöglichkeiten, sie ist auch die wichtigste Determinante des ökonomischen und vielfach auch des emotionalen Wertes einer Immobilie. So hat diese auch einen entscheidenden Einfluss auf die Psyche, da eine „bestimmte Umgebung bei einem Menschen gewisse emotionale Reaktionen verursacht. Diese Reaktionen bewirken wiederum, dass der Mensch sich dieser Umgebung mehr oder weniger nähert oder sie mehr oder weniger meidet“ [MEHRABIAN 1987, S.16ff.].

Die in der Regel recht langen Realisierungszeiträume von Immobilien sind ein weiteres wich- tiges Charakteristikum. Mehr oder weniger umfangreiche Standortanalysen [vgl. Kapitel

2.3.1] sowie lange Planungsverfahren und Bauzeiten sind nur drei Punkte, die für diesen Umstand verantwortlich sein können. Ist eine Immobilie aber erst einmal realisiert, zählt sie zu den langlebigsten Wirtschaftsgütern überhaupt, dessen technische Lebenszeit die ökonomisch sinnvolle Nutzungsdauer bei weitem überwiegt [vgl. KAUFMANN 2000, S. 16].

2.2 Klassifikation der Immobilien

Nachdem die unterschiedlichen Auffassungen des allgemeinen Begriffes der Immobilie sowie ihre spezifischen Charakteristika vorgestellt wurden, sollen eine detaillierte Betrachtung der heterogenen Vielfalt der Immobilie und eine weitere Typisierung erfolgen. Hierzu bietet es sich an, auf der Basis der beiden Hauptunterscheidungskriterien Immobiliennutzer und Immobilienart Gruppen zu bilden.

2.2.1 Klassifikation nach Immobiliennutzer

Nach SCHULTE [1998, S. 21ff.] lassen sich die fünf Nutzergruppen Industrie, Dienstleistung, Handel, Non-Profit- / Non-Government-Organisationen (NPO’s / NGO’s) und Privathaushalte differenzieren, die aufgrund ihrer unterschiedlichen Tätigkeiten individuelle und spezifische Raum-Anforderungen an die Immobilie stellen.

Als Beispiel seien funktional wirkende Industrieimmobilien und repräsentative, architekto- nisch aufwendig gestaltete, eher dienstleistungsorientierte Immobilien genannt. Die weitere Untergliederung dieser fünf Hauptgruppen erfolgt durch die individuelle Zuordnung zu nutzungsspezifischen Immobilientypen wie z. B. Ein- und Zweifamilienhäuser. Kritisch anzu- merken ist, dass die bei fast allen immobilienwirtschaftlichen Betrachtungen fehlenden Grundstücke des primären Wirtschaftssektors, also Grundstücke aus dem Bereich der Land und Forstwirtschaft, auch in dieser Klassifikation nicht genannt werden. Diese wurden in die in Anlehnung an SCHULTE [1998] entworfene Abbildung 2.1 hinzugefügt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.1: Klassifikation von Immobilien nach Nutzern Eigener Entwurf. In Anlehnung an: Schulte 1998, S. 21ff.

Schnittmengen ergeben sich unter allen genannten Gruppen. Besonders seien hier die Ge- werbeparks und die multifunktional nutzbaren Immobilien mit ihrer jeweils individuellen und spezifischen Funktionsmischung genannt. Als Beispiel für den Berliner Raum nennt HEINEBERG [2000] die insulären und mit den übrigen öffentlichen Räumen Berlins nur gering verknüpften „Großprojekte, darunter v. a. die multifunktionalen Baukomplexe um den Pots- damer Platz (Daimler-Chrysler-Areal mit einer Standortgemeinschaft von Einzelhandels- und Freizeiteinrichtungen, Sony-Center mit (…) einem neuen Urban Entertainment Center und anderen Funktionen, u. a. in einem 100 m hohen Büroturm, und weitere geplante Bebauun- gen), die über eine beträchtliche Nutzungsmischung und -vielfalt verfügen“ [vgl. HEINEBERG 2000, S. 243].

2.2.2 Klassifikation nach Immobilienart

Der Klassifikation nach Immobiliennutzern steht die Unterscheidung nach Immobilienarten gegenüber, die die Funktion ihrer Nutzer in den Vordergrund stellt. Sie ist die gängigste Form der Typisierung und unterscheidet die drei Gruppen Wohn-, Gewerbe- und Sonderimmobilien [vgl. Abbildung 2.2, S. 14].

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.2: Klassifikation der Immobilie nach Immobilienarten Eigener Entwurf. In Anlehnung an: SCHULTE 1998, S. 22ff.

Bis heute hat die Literatur keine allgemein anerkannten Definitionen dieser drei Begriffe her- vorgebracht. So definiert sich der Begriff der ‚Gewerbeimmobilie’ durch eine statistische Restgröße, „entstanden aus der negativen Abgrenzung zum Wohnungsbaumarkt, erfasst durch die jährliche Summe aller Bau- und oder Finanzierungsdienstleistungen abzüglich der (weit- aus größeren) Anteile für den Wohnungsneubau“ [FALK 2000, S. 338]. Diese Definition mag statistischen Gesichtspunkten genügen, für eine ökonomische und zugleich technisch-funk- tionale Betrachtung jedoch reicht sie nicht aus. Der daraus resultierenden Forderung einer weitergehenden Begriffsbestimmung kommt FALK [2000] nach und definiert den Begriff der ‚Gewerbeimmobilie’ ferner als physischen Raum „zur Integration verschiedenster funktio- naler Flächen, Nutzungen und Typen, der die Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr ermöglichen und der Gewinnerzielung dienen soll“ [ebenda, S. 338].

Wohnimmobilien werden im Allgemeinen als Immobilien definiert, bei denen die reine Wohnfunktion im Vordergrund steht. Synonym findet sich v. a. in der geografischen Fachliteratur der Begriff des ‚Wohngebäudes’, welches in Ein-, Zwei- und Mehrfamilienhäuser unterschieden wird, in denen sich dann Miet- oder Eigentumswohnungen befinden können [vgl. z. B. LESER 1997, S. 1.006].

Ein ebenfalls weit verbreiteter, aber gleichzeitig äußerst unscharf abgegrenzter Begriff ist der der ‚Sonderimmobilie’. Je nach Verständnis werden hier u. a. Konversionsflächen, Kinder- tagesstätten (Kitas), Kliniken und Hallen, aber auch Seniorenimmobilien, Hotels und Freizeit- immobilien zusammengefasst. Beispielhaft seien hier Tankstellen genannt, bei denen schon die Zuordnung zu einem der Immobilienteilmärkte Einzelhandel oder Gewerbenutzung schwer fällt. Kontaminierte Grundstücke, Sondervorschriften bis hin zur Diskussion um das Ladenschlussgesetz verdeutlichen die Herausforderungen an potenzielle Investoren, die sich mit dieser Sonderimmobilie bzw. ihren möglichen Nachnutzungen im Rahmen einer Flächen- konversion ergeben.

Abschließend seien alle land- und forstwirtschaftlich genutzten Immobilien sowie Infrastruk- tureinrichtungen, wie z. B. Flughäfen oder Parkflächen genannt, auf die aus Gründen der ge- ringen Eigentümerfluktuation im Rahmen dieser Arbeit nicht näher eingegangen werden soll.

2.3 Immobilien und ihre Standorte

Je nach Nutzungsanforderung an eine bestimmte Immobilie kommen auf Mikro-, Meso- und Makroebene unterschiedliche Standortfaktoren und -anforderungen zum Tragen. Da das Spektrum der Immobilienarten und ihrer Nutzer und somit auch die Bandbreite der indivi- duellen Anforderungen sehr breit gefächert sind, erfolgt an dieser Stelle lediglich ein Über- blick über ausgewählte Aspekte am Beispiel gewerblich genutzter Immobilien. Ferner unbe- rücksichtigt soll der Bereich der Immobilien der Öffentlichen Dienstleistungen bleiben, weil sich dieser fundamental von den privatwirtschaftlichen Einrichtungen des tertiären Sektors unterscheidet, da sie „nicht dem marktwirtschaftlichen Preismechanismus bzw. Rentabili- tätsprinzip unterliegen“ [HEINEBERG 2000, S. 174] und damit für diese Arbeit nicht relevant sind. An dieser Stelle sei besonders auf SCHÄTZL [2000, 2001a, 2001b] und HAGGET [1991] verwiesen, die in ihren Publikationen einen umfassenden Überblick zu den Standortlehren von LÖSCH, CHRISTALLER und THÜNEN zum primären, sekundären und tertiären Wirtschafts- sektor bieten. HEINEBERG [u. a. 1994, 2000] und DE LANGE [1989] beschäftigen sich in ihren Arbeiten v. a. mit dem Standortverhalten tertiärer und quartärer Nutzungen, während sich bei SCHÖLLER [1995] und HEINRITZ [1999] vertiefende Darstellungen zu Standortanalysen und - entscheidungen finden.

2.3.1 Standorte, Standorttheorien und Standortfaktoren

Unter dem Begriff des ‚Standortes’ versteht man in der Wirtschafts- und Humangeografie „die vom Menschen gewählte Raumstelle bzw. der Platz, an denen verschiedene soziale, wirt- schaftliche und / oder politische Gruppen im Raum interagieren“ [LESER 1997, S. 820], also z. B. der Ort, an dem ein Wirtschaftsbetrieb tätig oder ein Mensch wohnhaft ist.

Die Lehre von den Standorten und ihren Standorttheorien wiederum befasst sich nach SCHÄTZL [2001a] mit einzelwirtschaftlichen und gesamtwirtschaftlichen Lokalisations- problemen. So ermitteln die einzelwirtschaftlichen Standorttheorien „den optimalen Standort für einen zusätzlichen Einzelbetrieb der Landwirtschaft, der Industrie oder des Dienst- leistungsgewerbes“ [SCHÄTZL 2001a, S. 30]. Die unternehmerische Kernfrage lautet also, welche Stelle ein Unternehmer im Raum vor dem Hintergrund der Gewinnmaximierung als Standort für seinen Betrieb wählt. Diese Wahl zu Gunsten oder zu Ungunsten eines be- stimmten Standortes wird maßgeblich von den Standortfaktoren beeinflusst.

Der Begriff des ‚Standortfaktors’ wurde zunächst von WEBER im Rahmen seiner 1902 veröf- fentlichten Industriestandortlehre mit dem Arbeitstitel „Über den Standort der Industrie“ ein- geführt. Er sieht in Standortfaktoren zunächst nichts anderes als einen wirtschaftlichen Vorteil und unterscheidet die drei Faktoren Transportkosten, Arbeitskosten und Agglomerations- vorteile [vgl. SCHÄTZL 2001a, S. 37ff.]. Diese zunächst sehr weit gefasste Definition wird u. a. von DE LANGE [1989] wieder aufgegriffen, der den Begriff der Standortfaktoren auf alle Faktoren erweitert, „die für eine Standortwahl relevant sind“ [DE LANGE 1989, S. 38]. Dabei wird ein sog. „Standortfindungsprozess“ vorausgesetzt, „bei dem aus einer Vielzahl von möglichen Standortbedingungen u. a. aufgrund der subjektiven Bewertung (…) die dann relevanten Standortfaktoren abzuleiten sind“ [ebenda, S. 38]. Unter den Standortfaktoren ist also die Summe aller an einem Ort anzutreffenden Gegebenheiten und Gestaltungskräfte mit positiver bzw. negativer Wirkung auf die unternehmerische Tätigkeit zu verstehen. Diese lassen sich in weiche und harte Standortfaktoren untergliedern.

Zu den harten Standortfaktoren können Verkehrsanbindung, Arbeitsmarkt, kommunales Flächenangebot, Flächen- und Mietkosten, Förderangebote, ansässige Hochschulen, lokale Steuern, Abgaben, Energiekosten, Kommunikations- und Kooperationsmöglichkeiten sowie Umweltschutzauflagen gezählt werden [vgl. Difu 1/1994; Entnommen aus: HEINEBERG 1996, S. 58]. MEYER & SCHNEIDER differenzieren die harten Standortfaktoren in physische Faktoren wie z. B. Verkehrsanbindung, Topografie, technische Ver- und Entsorgung und Umfeldnutzungen sowie sozioökonomische Faktoren, zu denen sie Einwohner im Einzugsgebiet, Bevölkerungsstruktur, Wettbewerbssituation und vorhandene Wirtschaftskraft zählen [vgl. MEYER & SCHNEIDER 2001, S. 84].

Anders als die harten Standortfaktoren lassen sich die weichen eher als subjektive und ge- fühlsmäßige Eindrücke und Bewertungen vorhandener Rahmenbedingungen skizzieren. Zu ihnen zählen z. B. das Wirtschaftsklima eines Landes oder einer Stadt, das Image des Be- triebsstandortes sowie die Karrieremöglichkeiten der Mitarbeiter. Weiche, personenbezogene Standortfaktoren dagegen sind z. B. die Wohnqualität und das Wohnumfeld, die Umwelt- qualität, die Verfügbarkeit von Schulen und Ausbildungsstätten, der Freizeitwert sowie das Angebot an Hoch- und Kleinkultur [vgl. Difu 1/1994; Entnommen aus: HEINEBERG 1996, S. 58].

Treffen mehrere, sich auf einen Standort günstig auswirkende Faktoren zusammen, spricht man von ‚Standortgunst’. Besonders anschaulich wird dies anhand interner und externer Agglomerationsvorteile, die sich meist als Resultat der räumlichen Konzentration industrieller Produktion positiv auf die Minimierung der Produktionskosten auswirken. Ein Beispiel für in- terne Ersparnisse, auch ‚economies of scale’ genannt, wäre die Größe eines Produktions- betriebes: Je größer ein Betrieb, desto geringer sind in der Regel die Kosten pro Produktions- einheit. Unter externen Agglomerationsvorteilen versteht man solche Ersparnisse, die sich z. B. aus der gemeinsamen Nutzung einer vorhandenen Infrastruktur ergeben. Auch wenn fast alle Standorttheorien von der Annahme ausgehen, dass der Prozess der Stand- ortwahl stets nach streng rationalen Gesichtspunkten erfolgt, so wird diese in der alltäglichen Praxis meist widerlegt. Die eher nicht-rationale Form der Standortentscheidungen wird so z. B. auch von GRABOW [1995, S. 139] bestätigt:

Nur wenige Unternehmen - und dann nur große Mehrstandortunternehmen - setzen formalisierte Verfahren ein oder haben eine strategische Standortplanung. Eher erstaunlich war, dass auch große internationale Konzerne in der Standortsuche auf der Basis relativ grober Vorgaben und wenig formalisierter Bewertung der Alternativen entscheiden. Besonders gering ist die Neigung, Alternativen überhaupt in Betracht zu ziehen, bei Einbetriebunternehmen. (…) Besonders ausgeprägt ist die Analyse von Alternativen bei Banken und Versicherungen und der Industrie, im Grunde den klassischen Branchen von größeren Mehrstandortunternehmen.

Wie ausgeprägt und komplex die Standortanalyse von Mehrstandortunternehmen sein kann, zeigt z. B. die Filialnetzplanung der Deutsche Post AG (DPAG), der mit über 14.000 Filialen größte deutsche Filialist [vgl. FEIX et al 2001, S. 72ff.]. Um den gesetzlichen Infrastrukturauftrag der DPAG logistisch optimal zu gewährleisten und Gebiete der Über- oder Unterversorgung mit Filialen zu minimieren, kommt hier u. a. das datenbankbasierte Geoinformationssystem (GIS) FilialGIS zum Einsatz, das neben Straßen- und Bevölkerungsdaten auch Verkehrsführungen und relevante Fußwege als Geodaten vorhalten, um eine optimale Standortwahl und Filialnetzoptimierung zu gewährleisten [ebenda, S. 74].

Im Hinblick auf immer komplexere und sich zum Teil gegenseitig bedingende Standort- faktoren erscheint es darüber hinaus jedoch notwendig, auch die nicht direkt mit dem Produktions- und Verkaufsprozess assoziierten Faktoren zu berücksichten. HEINEBERG [2000] spricht hier von „subjektiver Standortpräferenz“, die sich aus der Raumwahrnehmung des „Makrostandortes (z. B. in einer Stadtregion), des Mesostandortes (beispielsweise innerhalb eines bestimmten Stadtteils) und des Mikrostandortes (z. B. genaue Lage des Betriebes in einer Hauptgeschäftsstraße der City) ergeben“ [vgl. HEINEBERG 2000, S. 176].

2.3.2 Standortansprüche ausgewählter Branchen

Wie unterschiedlich die jeweiligen Standortansprüche in Abhängigkeit ihrer Nutzer sein können, soll nachfolgend anhand ausgewählter Beispiele dargestellt werden.

2.3.2.1 Factory-Outlet-Center

Die in den USA seit den 1970’er Jahren und seit wenigen Jahren auch in Europa vermehrt auftretenden Factory-Outlet-Center (FOC) befinden sich vorwiegend am Stadtrand oder auf der sog. ‚Grünen Wiese’. Es handelt sich um großflächige Einzelhandelsprojekte „besonderer Prägung“ [HEINEBERG 2000, S.184] mit bis zu 30.000 m² Verkaufsfläche und einem Einzugs- gebiet von ca. 90 Autominuten [vgl. BULWIEN AG 2002, Onlinedokument]. Als Kunden- magnet wirkt eine im Preis stark reduzierte Mischung an Markenartikeln aus dem Bereich Be- kleidung, Schuhe, Lederwaren und Hausrat, der in der Regel durch gastronomische Einrich- tungen ergänzt wird. Die Mieter sind meist ein Zusammenschluss von Markenartikel- herstellern, die ihre Ware unter Ausschluss des Groß- und Zwischenhandels bis zu 70 % unter dem regulären Ladenpreis verkaufen. Ein durchschnittliches FOC ist rund 16.000 m² groß und setzt im Jahr 91 Mio. US $ um [vgl. BULWIEN AG 2002, Onlinedokument], der Gesamtumsatz aller amerikanischen Outlets wird mit 28,5 Mrd. US $ beziffert, das entspricht rund 2 % des amerikanischen Einzelhandels [ebenda]. Zu den wichtigsten Standortvoraussetzungen zählen neben einem ausreichend großen Einzugsgebiet eine gute Anbindung an das regionale Straßennetz sowie ein ausreichendes und günstiges Flächenangebot, was auch für Gewerbeparks gilt [vgl. MEYER & SCHNEIDER 2001, S. 95].

2.3.2.2 Büros und hochrangige Dienstleistungsfunktionen

Während FOC’s und Gewerbeparks grundsätzlich auf dezentrale Lagen ausweichen, finden sich Büros und hochrangige Dienstleistungsfunktionen, wie z. B. das Banken- und Ver- sicherungsgewerbe, meist in repräsentativen Innenstadtlagen wieder. HEINEBERG [2000] ver- weist auf London und Frankfurt am Main mit ihren zentralen Dienstleistungskonzentrationen „hochrangiger Bank-, Finanz- und Versicherungseinrichtungen“ [HEINEBERG 2000, S.179]. Neben historisch tradierten Standorten sind v. a. die sog. ‚face-to-face’ Kontakte und die räumliche Nähe zu sog. „Vorleistungsanbietern“ von Bedeutung [vgl. ebenda, S. 179]. Da sich große Bürokomplexe meist dadurch auszeichnen, dass viele Menschen auf engem Raum arbeiten, die zumeist als Pendler nicht unerhebliche Verkehrsströme produzieren, ist einer der wichtigsten Standortfaktoren für Büroobjekte eine sehr gute Verkehrs-, insbesondere ÖPNV- Anbindung (Öffentlicher Personen-Nahverkehr) [vgl. MEYER & SCHNEIDER 2001, S. 94]. „Darüber hinaus gewinnt ein gutes infrastrukturelles Umfeld (Gastronomie, Einzelhandel) als Standortfaktor immer mehr an Bedeutung. Klassische Peripher-Standorte, die in fast allen großen Büromärkten in den Zeiten knappen Angebotes entstanden sind, verlieren vor diesem Hintergrund in der aktuellen Situation bei überwiegend ausreichendem Angebot an Be- deutung“ [ebenda, S. 94].

2.3.2.3 Lebens- und Genussmittel-Discounter

Zu den trotz, oder gerade ob der wirtschaftlich angespannten Lage noch immer expandieren Einzelhandelsketten zählen v. a. die sog. ‚Discounter’, also Einzelhandelsgeschäfte, die durch Einsparung beim Personal, der Geschäftsausstattung sowie der Produktpräsentation und ver- packung die in ihrem Sortiment geführten Waren zu relativ günstigen Preisen anbieten können [vgl. LESER 1997, S. 142]. Die größten deutschen Lebens- und Genussmittel- Discounter ALDI (Nord und Süd), LIDL und PLUS suchen so u. a. über ihre Internetseiten [www.aldi.de, www.lidl.de, www.plus.de, 15.12.2002] zum Kauf oder zur Miete Grundstücke und Ladenlokale für den weiteren Ausbau ihrer Filialnetze in ganz Deutschland.

Die Standortansprüche der drei Unternehmen unterscheiden sich nur unwesentlich vonein- ander und sind stichpunktartig in Tabelle 2.1 dargestellt. Auch wenn für ALDI keine expli- ziten Lageangaben vorliegen, kann von gleichen oder zumindest ähnlichen Anforderungen wie denen der Mitbewerber ausgegangen werden. Dies trifft wohl auch auf die Anlieferungs- möglichkeit der Unternehmen zu, um eine regelmäßige Versorgung mit Ware sicherzustellen. Der wichtigste Unterschied zu einem FOC liegt im Flächenbedarf, der bei einem durch- schnittlichen FOC rund 16-mal größer ist als bei einem durchschnittlichen Lebensmittel- discounter.

Tabelle 2.1: Standortkriterien der Lebensmitteldiscounter ALDI (Nord & Süd), LIDL und PLUS Eigener Entwurf. Datenquelle: Onlinedokumente

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Den wichtigsten Unterschied zwischen Büro- und Einzelhandelsobjekten nennen MEYER & SCHNEIDER [2001, S. 95]: „Im Gegensatz zum Bürobereich stellen im Einzelhandel nicht die dort Beschäftigten, sondern das zu erreichende Kundenpotenzial den ausschlaggebenden Faktor für die Standortentscheidung der Handelsunternehmen dar.“

2.4 Zusammenfassung und Auswirkungen auf den Immobilienmarkt

Die in diesem Kapitel aufgezeigten Klassifikationen der Immobilie, die unterschiedlichen Formen ihrer Nutzung sowie die daraus resultierenden, z. T. sehr spezifischen Standortansprüche sind für jeden Investor relevant und ausschlaggebend in seiner Entscheidung für den Kauf oder die Miete einer Immobilie.

Dies bestätigen auch die in Immobilienkreisen allgemein bekannten Antworten auf die Frage nach den drei wichtigsten Kriterien für eine Immobilie: „Lage, Lage, Lage!“ sowie „Nutzung, Nutzung, Nutzung!“ [HEIDER 2001, S. 197]. Sie beeinflussen das Geschehen auf dem Immobilienmarkt nachhaltig.

3 Der Immobilienmarkt

Wie auf jedem Markt treffen auch auf dem Immobilienmarkt Angebot und Nachfrage aufein- ander und bestimmen so den Preis. Nach dem Marktprinzip hat der Preis die Aufgabe, Ange- bot und Nachfrage zu einem Ausgleich zu bringen. Er wird steigen, wenn die Nachfrage im Verhältnis zum Angebot zunimmt, und fallen, wenn die Nachfrage im Verhältnis zum Ange- bot zurückgeht. In diesem Zusammenhang sprach der englische Nationalökonom SMITH (1723-1790) von der „unsichtbaren Hand", die den Wirtschaftsablauf lenkt [vgl. DTV 1992, Band 17, S. 61ff.].

Welche Immobilien besonders nachgefragt werden, hängt wie bei jedem anderen Wirtschafts- gut von ihren Nutzungsmöglichkeiten und der jeweiligen Marktsättigung ab. Da die Nutzung einer Immobilie in erster Linie von ihrem Standort bestimmt wird, gerät der Immobilienmarkt zum Markt der Standorte. Und so unterschiedlich die Definitionen des Begriffes Immobilie und so unterschiedlich die Anforderungen ihrer Nutzer sind, so vielschichtig, komplex und heterogen ist auch der Markt, an dem mit Immobilien und ihren Standorten gehandelt wird. Unterschiedliche Ansprüche, Nutzungsmöglichkeiten, Entwicklungszustände, Angebote und Raumstrukturen bedingen ein Konglomerat von Immobilienteilmärkten, deren Summe den Immobilienmarkt generiert.

In diesem Kapitel soll ein Überblick über den Immobilienmarkt im Allgemeinen sowie seine Teilmärkte im Speziellen gegeben werden.

3.1 Die Teilmärkte des Immobilienmarktes

Die Struktur des Immobilienmarktes wird u. a. von der einmaligen Ortsgebundenheit der Immobilie bestimmt. Sie definiert den Immobilienmarkt als Einheit, lässt ihn aber gleichzeitig in viele Einzelmärkte zerfallen, da für verschiedene Immobilienarten verschiedene Standort- faktoren relevant und wertbestimmend sind [vgl. Kapitel 2.3]. So ist nach KIPPES unter dem Begriff des Immobilienmarktes „ein gedankliches Aggregat von verschiedenen, nach mehre- ren Kriterien zu differenzierenden Teilmärkten zu verstehen“ [KIPPES 1995a, S. 10], denen im Wesentlichen nur eines gemeinsam ist: Die einmalige Ortsgebundenheit der Immobilie [vgl. ebenda, S. 10].

Das wichtigste Charakteristikum dieser Teilmärkte besteht darin, dass das Marktgeschehen auf einem solchen Markt - insbesondere in der Preisbildung - keinen unmittelbaren Einfluss auf andere Teilmärkte des Immobilienmarktes ausübt [vgl. MURFELD 2000, S. 47ff.]. Eine vierköpfige Familie z. B., die ein Reihenhaus nachfragt, kann nicht auf den Teilmarkt für Appartements ausweichen und eine Lebensmittelkette, die ein neues Ladenlokal nach ganz bestimmten Kriterien sucht, kann nicht auf den Teilmarkt für Einfamilienhäuser ausweichen. In der Literatur werden diese Teilmärkte nach verschiedenen Kriterien gegeneinander abge- grenzt.

3.1.1 Teilmärkte nach Art der Nutzung

Eine der klassischen Klassifikationen der Immobilienteilmärkte differenziert nach der jeweili- gen Nutzungsart. KIPPES unterscheidet die vier Teilmärkte für Standorte der wohnlichen Eigennutzung (Privater Markt), Standorte produktiver Eigennutzung (Gewerblicher Markt), für Kapitalanlagen in Form von Immobilien (Kapitalmarkt) und für Baugrundstücke und Ab- bruchprojekte (potenzielle Standorte) [vgl. KIPPES 1995a, S. 7]. Eine etwas detailliertere Untergliederung nach Grundstücksarten liefern ROSS et al [1997], wobei jedoch erneut kri- tisch anzumerken ist, dass auch hier die wie bei fast allen immobilienwirtschaftlichen Be- trachtungen fehlenden Grundstücke des primären Wirtschaftssektors nicht genannt werden. Dabei wurden allein im Bundesland Brandenburg zwischen 1992 und 2002 durch die Bodenverwertungs- und Verwaltungsgesellschaft (BVVG) rund 144.000 ha Wald veräußert [vgl. BVVG 2003, Onlinedokument]. Vor dem Hintergrund dieses real existierenden Marktes sowie der Nachfrage in diesem Marktsegment, wurden diese Flächen ebenso wie ausgewählte Sonderimmobilien in die auf ROSS et al basierende Untergliederung in Tabelle 3.1 [S. 24] hin- zugefügt.

Tabelle 3.1: Grundstücksarten im Überblick

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Eigener Entwurf. In Anlehnung an: ROSS et al 1997, S. 16

3.1.2 Teilmärkte nach Entwicklungszustand

Eine weitere und in der Fachliteratur häufig anzutreffende Gliederung wird nach dem Entwicklungszustand der Immobilie bzw. des Grundstücks vorgenommen. Dabei unterscheidet man zunächst i. d. R. zwischen Agrar-, Bauerwartungs- und Bauland, Neubauobjekten, Bestandsimmobilien sowie Sanierungs- und Abbruchprojekten.

Die in dieser Arbeit verwendete und MURFELD [2000, S. 49] entnommene Abbildung 3.1 [S. 25] wird dabei vielfach als ‚geschlossener Kreislauf’ eines Entwicklungszyklus verstan- den, was aber keineswegs der Fall ist. Wäre dies der Fall, würde sich aus einem Abbruch- projekt, das nach dem Verständnis von MURFELD den Endzustand in der Entwicklung eines Grundstückszyklus darstellt, erneut Agrarland entwickeln, das den Anfang aller dargestellten Entwicklungszustände bildet. Abbruchprojekte sind allerdings grundsätzlich als Bauland- flächen zu betrachten.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3.1: Teilmärkte nach Entwicklungskriterien (typische Nachfragegruppen) Quelle: MURFELD 2000, S. 49

Die für einen Anleger und Bauherren interessantesten Entwicklungsstadien sind das Bauer- wartungsland und das Bauland. Soll nach dem Flächennutzungsplan (FNP) und den Absichten der Gemeinde der Boden Siedlungszwecken dienen, spricht man von Bauerwartungsland, ein Baurecht besteht aber i. d. R. nicht. Dies besteht erst dann, wenn von der Gemeinde für den betroffenen Bereich ein Bebauungsplan (B-Plan) aufgestellt wird, aus dem verbindlich Art und Maß der baulichen Nutzung hervorgehen. Liegt kein B-Plan vor, greifen für den inneren Bereich einer Gemeinde § 34 BauGB und für den Außenbereich von Gemeinden § 35 des BauGB, welche klare Vorgaben hinsichtlich Nutzungsart und -maß an das zu realisierende Objekt vorsehen. Wer z. B. beabsichtigt, kurzfristig ein Haus zu bauen, kann den dafür not- wendigen Baugrund nur im Teilmarkt des Baulandes erwerben, da er ein baureifes Grund- stück benötigt. Viele wollen sich die Mühe des Bauens völlig ersparen und interessieren sich somit nur für die Teilmärkte der Neubauobjekte und bereits bestehende Immobilien.

Weiter lassen sich Grundstücke nach der Baunutzungsverordnung (BauNVO), der Werter- mittlungsverordnung (WertV) oder dem Bewertungsgesetz (BewG) differenzieren, welche wiederum jeweils weitere Sub-Klassifikationen vorsehen [vgl. DTV BECK 2002 / BauNVO, § 1 / vgl. DTV BECK 2002 / WertV, § 4 / vgl. BewG, §§ 72, 73, 74, 75, Onlinedokument]. So unterscheidet z. B. die BauNVO in Wohnbauflächen (W), gemischte Bauflächen (M), ge- werbliche Bauflächen (G) und Sonderbauflächen (S), die wiederum weiter untergliedert wer- den. Unter Wohnbauflächen lassen sich so Kleinsiedlungsgebiete, reine Wohngebiete, allge- meine Wohngebiete und besondere Wohngebiete unterscheiden [vgl. DTV BECK 2002 / BauNVO §§ 2, 3, 4, 4a].

3.1.3 Teilmärkte nach räumlichen Kriterien

Eine in der Fachliteratur ebenfalls weit verbreitete Gliederung der Teilmärkte wird nach räumlichen Kriterien vorgenommen. Hier können lokale, regionale, überregionale, nationale und internationale Teilmärkte unterschieden werden, auf denen Anbieter und Nachfrager agieren. Abbildung 3.2 zeigt exemplarisch ein stark vereinfachtes Strukturmodell eines regio- nalen Immobilenmarktes.

Abbildung 3.2: Strukturmodell Regionaler Immobilienmarkt Quelle: MURFELD 2000, S. 53

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Basis für diese Form der Teilmarktbildung ist ebenfalls die Immobilität des Objektes Immo. Damit ist es nicht das Angebot, das sich zum Nachfrager, sondern der Nachfrager, der sich zum Angebot hin orientiert. Die Bedeutung der räumlichen Teilmarktgrenzen nimmt dabei mit zunehmender Distanz zwischen Angebot und Nachfrage stetig zu. Dies soll an einem Bei spiel verdeutlicht werden: Während die im sog. ‚Speckgürtel’ Berlins verkehrsgünstig gelegenen Orte als alternative Wohnstandorte zu Berlin durchaus in Frage kommen, ist es nicht sinnvoll, seinen Wohnsitz aufgrund des niedrigeren Mietniveaus nach Bremen zu verlagern, wenn man seinen Arbeitsplatz in Berlin nicht aufgeben möchte.

Neben den in diesem Kapitel behandelten Teilmärkten existieren elektronische Marktplätze, die im Kapitel 4.4.7 näher betrachtet werden sollen.

3.2 Marktpartner und Wettbewerbskräfte

Nach PORTER [1980] lassen sich die fünf unterschiedlichen Marktkräfte („Five Forces“) Wettbewerb in der Branche, Marktmacht der Lieferanten, Marktmacht der Kunden, neue Marktteilnehmer und Substitute unterscheiden, die das Marktgeschehen und seinen Wettbewerb bestimmen. KIPPES überträgt diese auf den Immobilienmarkt und unterscheidet in Objektanbieter, Objektnachfrager, potenzielle Maklerkonkurrenz, Wettbewerber in der Branche und ersetzt die Markt-Kraft der Substitute gegen die Direktanbieter und Direktnachfrager [KIPPES 1999, S. 411]. Alle Wettbewerbskräfte und Einfluss nehmenden Faktoren in der Immobilienbranche sind in Abbildung 3.3 schematisch dargestellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3.3: Wettbewerbskräfte und Einflussfaktoren in der Immobilienbranche Eigener Entwurf. In Anlehnung an: KIPPES 1999, S. 412

Der Wettbewerb in der Immobilienbranche ist aufgrund einer Vielzahl von Einzelanbietern relativ hoch. Dies ist u. a. dadurch zu erklären, dass die Markteintrittsbarrieren für neue Makler sehr niedrig und in den letzten Jahren immer mehr Banken und sonstige Finanzdienst- leister in den Immobilienmarkt expandiert sind [vgl. ebenda, S. 411ff.]. Als wichtigste KonKapitel 3: Der Immobilienmarkt 28 kurrenz des Maklers nennt KIPPES die dem Maklermarkt gegenüberstehenden Direktanbieter und -nachfrager, „die ihre Objekte unter Umgehung eines professionellen Marktmittlers an- bieten bzw. nachfragen“ [ebenda, S. 411] sowie in zunehmendem Maße sog. ‚Ersatzdienst- leistungen’, die über das Internet angeboten werden können [vgl. Kapitel 4.4.7]. Hierbei darf durchaus kritisch angemerkt werden, dass es an den Maklern liegt, sich dieser Konkurrenz durch zeitgemäße und innovative Dienstleistungen zu stellen. Zum Direktmarkt gehören ne- ben allen privaten Transaktionen auch institutionelle Marktteilnehmer, wie z. B. der LFB [vgl. Kapitel 6].

Objektanbieter haben immer dann eine starke Position, wenn aufgrund eines geringen Ange- botes und einer gleichzeitig hohen Nachfrage Objekte rar sind und somit die Preise in die Hö- he getrieben werden können. Dies bezeichnet man auch als einen ‚Verkäufermarkt’. Ist das Gegenteil der Fall, spricht man von einem ‚Käufermarkt’. Die Verhandlungsmacht liegt hier aufgrund geringer Nachfrage und gleichzeitig hohem Angebot beim Objektnachfrager.

Ferner unterliegt der Immobilienmarkt einer permanenten Wechselbeziehung zu Politik, Ge- sellschaft und Wirtschaft, also zahlreichen externen Einflüssen [vgl. FALK 1997, S. 396]. Hierzu zählen neben konkreten Steuervorteilen sowie stadt- und raumplanerischen Vor- stellungen auch die zahlreichen Regelungen der Wohnungsbauförderung, die eine gesicherte Versorgung der Bevölkerung mit Wohnraum als „soziales Gut“ vorsehen [vgl. u. a. BMVBW - BUNDESMINISTERIUM FÜR VERKEHR, BAU- UND WOHNUNGSWESEN 2000, Onlinedokument]. Als gesellschaftliche Einflüsse sind u. a. umweltschutzrelevante Interessen zu nennen, die sich z. B. im mittlerweile gesetzlich vorgeschriebenen Bau von Niedrigenergiebauten mani- festieren können.

Schließlich hat die in fast allen wirtschaftlichen Bereichen zu beobachtende zunehmende Spe- zialisierung und Arbeitsteilung auch vor der Immobilienbranche nicht Halt gemacht. Archi- tekten, Investoren, Projektentwickler, Bauträger, planende Institutionen, verschiedenste Dienstleister, Makler, Verwalter, Facility-Management-Experten, Finanziers, Versicherer, Bau- und Subunternehmer bieten am und im Immobilienmarkt ihre spezifischen Leistungen an und nehmen so arbeitsteilig und hoch spezialisiert am Wettbewerb im Immobilienmarkt teil, ohne dass auf sie im Rahmen dieser Arbeit im Detail näher eingegangen werden kann, da sich diese auf Anbieter und Nachfrager konzentrieren soll. Eine Zusammenstellung und Beschreibung in diesem Zusammenhang liefern z. B. KAUFMANN [2000] und SCHULTE [1998].

3.3 Zusammenfassung und Auswirkungen auf das Immobilienmarketing

Die spezifischen Eigenschaften der Immobilie sowie die des Immobilienmarktes haben nachhaltige Auswirkungen auf den Immobilienmarketingprozess und sollen deshalb an dieser Stelle noch einmal dargestellt werden.

Zunächst beinhalten geschäftliche wie private Standortentscheidungen ein hohes Risiko, da sie in aller Regel sehr kapitalintensiv und dauerhaft sind sowie den Investor meist über sehr lange Zeiträume an den gewählten Ort binden. Des Weiteren kann die Standortgebundenheit einer Immobilie potenziellen Anbietern und Nachfragern enge Grenzen setzen, da Objekte, die am falschen Standort gebaut oder nicht standortgerecht realisiert werden, kaum adäquat zu nutzen und somit entsprechend schlecht zu verkaufen oder zu vermieten sind. Damit stehen Nutzungsmöglichkeiten, Standortfaktoren und die zu erwartenden Erträge bzw. Ersparnisse in einer engen, sich gegenseitig beeinflussenden Beziehung und sind damit wesentliche Elemen- te für den Wert und Preis einer Immobilie.

Die durch die zahlreichen Teil- und Splittermärkte sowie zahlreiche Akteure und Interessengruppen hervorgerufene Heterogenität des Immobilienmarktes führt auch bei Fachleuten vielfach zu einem hohen Grad an Intransparenz und erschwert die Abschätzung der o. g. Risiken erheblich. Beim Immobilienkauf und -verkauf besteht so ein intensiver Beratungs- und Informationsbedarf, v. a. auf Seite der Käufer einer Immobilie.

Neben geschulten und kompetenten Mitarbeitern können hier v. a. Public Relations (engl. = Öffentlichkeitsarbeit, PR) im Rahmen eines ganzheitlichen Immobilienmarketings durchaus als kompensierende Arbeitsbereiche fungieren, die, die richtigen Mittel eingesetzt, oben genannten Problemen und Defiziten entgegenzuwirken in der Lage sind.

Dabei muss berücksichtigt werden, dass Standortentscheidungen und damit verbundene Handlungen der an diesen Entscheidungen beteiligten Personen vielfach aufgrund subjektiver Wahrnehmungen getroffen werden und durch optimal aufbereitete Informationen beein- flussbar sind. Danach hängt die Entscheidung jedes Investors von der Qualität und Quantität aller wahrgenommenen Informationen ab, sowie seiner Fähigkeit, diese richtig zu nutzen [vgl.

SCHÄTZL 2001, Seite 60]. Diese Erkenntnis ist nicht neu, weist aber auf das eigentliche Verbesserungspotenzial für die Informationsbereitstellung im Rahmen einer ganzheitlichen Unternehmenskommunikation im Bereich der Immobilienwirtschaft hin.

In welcher Weise diese Form der Informationsbereitstellung bisher realisiert wird, soll im nachfolgenden Kapitel thematisiert werden, bevor Optimierungsmöglichkeiten aufgezeigt werden.

[...]


Ende der Leseprobe aus 156 Seiten

Details

Titel
Geoinformationen und Immobilienmarketing
Untertitel
Die Immobilie als Geoobjekt im Rahmen eines webbasierten Immobilienmarketings
Hochschule
Universität Münster  (Institut für Geographie)
Note
1,3
Autor
Jahr
2003
Seiten
156
Katalognummer
V17017
ISBN (eBook)
9783638217026
ISBN (Buch)
9783638699686
Dateigröße
7721 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Geoinformationen, Immobilienmarketing, Immobilie, Geoobjekt, Rahmen, Immobilienmarketings
Arbeit zitieren
Sebastian Pache (Autor:in), 2003, Geoinformationen und Immobilienmarketing , München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/17017

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