Schizophrenie - Ein Überblick


Hausarbeit (Hauptseminar), 2003

26 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Gliederung: Schizophrenie

1.) Einleitung

2.) Definition: - Was heisst Schizophrenie?

3.) Historisches über Schizophrenie

4.) Symptomatik
4.1.) Plus-Symptomatik
4.2.) Minus-Symptomatik

5.) Diagnose und Typisierung der Schizophrenie

6.) Verlauf einer Schizophrenie
6.1.) Prodomalphase
6.2.) Floride Phase
6.3.) Residualphase

7.) Ursachen für eine schizophrene Erkrankung
7.1.) Genetische Faktoren
7.2.) Somatische Faktoren
7.3.) Psychosoziale Faktoren
7.4.) Vulnerabilitätsmodell

8.) Verschiedene Therapieformen

9.) Was bedeutet die Diagnose für Betroffene und Angehörige?

10.) Fazit

Anlage:
- Frankierter Rückumschlag
- Leistungsnachweis ( benotet )

Sonnenuntergang

(Dem Sonnengott)

Zweite Fassung

Wo bist du? Trunken dämmert die Seele mir
von aller deiner Wonne; denn eben ist´s,
daß ich gelauscht, wie goldener Töne
voll, der entzückende Sonnenjüngling

sein Abendlied auf himmlischer Leyer spielt´.
Es tönen rings die Wälder und Hügel nach.
Doch fern ist er zu frommen Völkern,
die ihn noch ehren, hinweggegangen.

(von: Friedrich Hölderlin)

1.) Einleitung

Durch das Seminar „Sozialpsychatrie II“ entstand bei mir der Wunsch mich etwas näher mit dem Thema der Schizophrenie auseinander zu setzten. Da während des Seminars das Referat, welches sich speziell mit der Schizophrenie beschäftigen sollte, leider ausfiel, wollte ich durch eine Hausarbeit mehr über die Ursachen und Symptome, aber auch über das Leben von Schizophrenieerkrankten und ihren persönlichen Umgang mit der Erkrankung herausfinden.

Da ich neben meinem Studium seit etwa zwei Jahren in einer Einrichtung für seelisch erkrankte Menschen arbeite, habe ich einige Erfahrungen im Umgang mit psychischen Erkrankungen, wobei aber die Diagnose, um was für eine spezielle Erkrankung es sich handelt, nie eine Rolle für das tägliche Miteinander gespielt hat. Mein Interesse liegt nun darin mehr über die Krankheit zu erfahren, sensibel für die verschiedenen Erlebniswelten dieser psychisch erkrankten Menschen zu werden und so vielleicht mehr Verständnis und Einfühlungsvermögen in meine Arbeit einbringen zu können.

Um zu klären, was die Diagnose Schizophrenie für Betroffene und Angehörige bedeutet, werde ich nach einem historischen Rückblick, welcher sich mit den Vorurteilen, die in diesem Kontext entstanden, beschäftigt das Krankheitsbild mit den Symptomen, seinen verschiedenen Formen von Schizophrenien, den Verlauf und den Ursachen der Erkrankung darstellen, wobei ich durch die Aufzählung beispielhafter Situationen eine hohe Anschaulichkeit erreichen möchte. Im Weiteren werde ich kurz auf die verschiedenen Therapieformen und die medikamentöse Behandlung von Schizophrenien eingehen. Auch auf den Umgang der Angehörigen und Betroffenen mit der Schizophrenie und den möglichen gesellschaftlichen Widerständen muss an dieser Stelle eingegangen werden. Den Abschluß stellt mein persönliches Fazit dar.

2.) Definition: - Was heisst Schizophrenie ? -

Der Begriff der Schizophrenie wurde erstmals 1906 von dem Schweitzer Psychiater Eugen Bleuler eingeführt, der die Zerissenheit seiner Patienten bezüglich des eigenen Fühlens, Denkens und Wollens beschreiben wollte.

Das Wort Schizophrenie stammt aus dem Griechischen, wobei „schizo“ soviel bedeutet wie spalten und „phren“ den Verstand beziehungsweise das Gemüt bezeichnet. Es liegt allerdings keine Spaltung der Persönlichkeit vor, wie oft fälschlicherweise angenommen wird, sondern eine Art Spaltung der eigenen Gefühle bezüglich des Handelns, des Wahrnehmens und des Erlebens. Diese Begrifflichkeit blieb auch bis heute erhalten und stellte damals eine Veränderung im Umgang und in der Auffassung von psychisch Erkrankten dar, die unter einer bestimmten Symptomatik litten. Die vielfältige Symptomatik wurde bis zur Einführung des Begriffs der Schizophrenie als „Dementia praecox“ beschrieben. Dieser Begriff bedeutet übersetzt soviel wie Jugendirresein und beinhaltete somit eine sehr pessimistische Einschätzung der Erkrankung, welche eine Verschlechterung und ein Voranschreiten der Krankheit voraussetzte. Diese Diagnose schien eine Behandlung nicht zu erfordern, da eine Unheilbarkeit angenommen wurde, was heute allerdings widerlegt ist. Damals wurde jedoch mit Hilfe dieser Diagnose eine Überforderung und Ratlosigkeit der Therapeuten und Ärzte bezüglich der vielgestaltigen Erscheinungsformen und der Fremdartigkeit der Erkrankung verdrängt und ignoriert.

Mit der neuen Bezeichnung der Erkrankung als Schizophrenie wollte Eugen Bleuler den Annahmen der Unheilbarkeit und des negativen Verlaufs entgegenwirken und die Vielschichtigkeit der Krankheit erfassen.

Im medizinischen Sinne gehört die Schizophrenie zu den endogenen Psychosen und „bezeichnet verschiedene extreme Verhaltensstörungen. Denk-, Wahrnehmungs- und Bewegungsstörungen.“[1]. Endogen bedeutet hier, dass die psychische Störung meist im Inneren einer Person ihre Entstehung nimmt und die Ursachen meist nur eingeschränkt erklärbar sind. Die Bezeichnung der Psychose beschreibt alle seelischen Erkrankungen, die gekennzeichnet sind durch Realitätsverlust, Wahnvorstellungen, Halluzinationen, Störungen im Bereich des Bewusstseins, des Denkens und der Gefühlswelt.

Die Symptomatik der Schizophrenie kann also sehr unterschiedlich und vielschichtig sein und kann sowohl von Person zu Person differieren als auch bei einer einzigen Person verschiedene Ausprägungen und Formen zeigen. Deshalb wird im heutigen medizinischen und wissenschaftlichen Diskurs von Erkrankungen aus dem schizophrenen Formenkreis gesprochen, da so das facettenreiche und mannigfaltige Erscheinungsbild der Krankheit erfasst werden kann.

3.) Historisches über die Schizophrenie

Die Geschichte der Psychatrie und somit auch der Schizophrenie ist ein sehr interessantes Gebiet, dass sich mit dem Wandel der verschiedenen therapeutischen Methoden, dem Umgang mit psychisch Kranken und der Bedeutung von Psychatrie und psychischer Erkrankung im gesellschaftlichen Kontext auseinandersetzt. So wurden zum Beispiel in der Vergangenheit Lobotomien vorgenommen, da man sich durch die Trennung der beiden Gehirnhälften beim Patienten eine Heilung versprach. Andere damalige Mittel zur Heilung bestanden unter anderem in der Hydrotherapie, wobei mittels eiskalter Bäder eine Linderung der Erkrankung herbeigeführt werden sollte. Diese Beispiele zeigen, wie hilflos die Ärzte dem Phänomen der psychischen Erkrankung gegenüber standen. In der Vergangenheit variierte die Funktion der Psychatrie von einer reinen Verwahrungsanstalt bis hin zu einem Exil für politisch und gesellschaftlich unliebsame Gegner des Nazi-Regimes. Heute kann die Psychatrie als Chance für die Erkrankten gesehen werden, auch wenn es noch Negative-Beispiele dieser Institutionen gibt, befindet sich die Psychatrie in einem steten Wandel, wobei alternative therapeutische Maßnahmen immer mehr berücksichtigt werden.

Allerdings möchte ich nicht intensiver auf den historischen Aspekt eingehen, da dieses Thema einer sehr komplexen Beschäftigung bedarf, der ich innerhalb dieser Hausarbeit nicht gerecht werden kann. Ich möchte im Folgenden kurz auf die, in der Vergangenheit begründet liegenden, Vorurteile über die schizophrene Erkrankungen eingehen, da diese bis in die heutige Zeit hineinreichen.

Eines der häufig proklamierten Vorurteile besteht darin, dass lange Zeit angenommen wurde, dass die an Schizophrenieerkrankten während des Verlaufs der Krankheit stetig an Gehirnsubstanz abnehmen und somit unter einer frühzeitig eintretenden Demenz leiden. Deutlich wurde dieses Vorurteil durch die damalige begriffliche Bezeichnung „Dementia praecox“, die ich schon im vorangegangenen Punkt erläutert habe. Dieser intellektuelle Abbau schien damals unheilbar, was sich als Vorurteil bis in die heutige Zeit gehalten hat. Es ist aber heute eindeutig widerlegt, dass die Schizophrenie unheilbar ist oder die Patienten in ihren intellektuellen Fähigkeiten beeinträchtigt sind.

Ein weiteres Vorurteil besteht darin, dass die Patienten in einen Zustand ähnlich der Kindheit zurückversetzt werden. Die Betroffenen können zwar kindliche Züge in ihrem Denken und Fühlen haben, doch andere Bereiche deuten darauf, dass sie sich auf jeden Fall ein erwachsenes Verhalten haben und sich auch dementsprechend geben. Ein kindliches Verhalten mag zwar in speziellen Situationen auftreten, doch ist dies nicht bezeichnend für den Charakter des Erkrankten.

Der Glaube an die Triebhaftigkeit des Patienten, welches in seiner äusseren Erscheinung begründet liegt, schien lange Zeit verbreitet. Die mangelnde Hygiene wurde als Abkehr von gesellschaftlichen Normen, Zwängen und Moralvorstellung begriffen. Was den Tatsachen entspricht ist, dass die Betroffenen häufig eine Enthemmung in sozialen Kontexten erleben, diese aber nicht bewusst herbeiführen.

Ein relativ junges Vorurteil besteht darin, dass die Diagnose als eine Art Modeerscheinung banalisiert wurde. Es scheint als würde jeder unter einer Schizophrenie leiden können, wenn er nur den richtigen Arzt konsultiert.

Entscheidend ist bei all diesen Vorurteilen, dass die Krankheit mit ihrer Befremdlichkeit und Andersartigkeit nicht akzeptiert werden konnte, sondern auf verstehbare Ebenen eingepasst wurde. Eine Verkindlichung, eine Art „wilder“ Mensch oder die Annahme, dass angeblich jeder schizophren erkranken könnte all dies ist verstehbar, nicht aber die verzerrte Wahrnehmung oder die anders erlebte Realität des Kranken. Diese Vorurteile nehmen der Krankheit ihren ernsthaften Charakter, degradieren und ignorieren die Sichtweisen der Erkrankten, die kein Verständnis für die Veränderungen, die auch ihnen Angst machen.

4.) Symptomatik

Wie schon im Vorfeld erwähnt, begegnet uns die Schizophrenie mit vielen Gesichtern, daher ist es sehr schwer im Einzelfall die Symptome diagnostisch zuzuordnen. Ich möchte trotzdem auf die häufigsten Symptome dieser Erkrankung zu sprechen kommen, da diese auch gerade für die Betroffenen selbst, wie auch für deren Angehörige ein frühes Erkennen und damit ein eine frühzeitige Behandlung und ein Erlernen des Umgangs mit dieser Krankheit ermöglichen.

Es wird bei der Analyse der Symptomatik in zwei Kategorien unterschieden, zum einen in die Plus- oder Positive Symptomatik, bei der ein pathologischer Überschuss des gezeigten Verhalten zu beobachten ist und zum anderen in die Minus- oder Negative Symptomatik, bei welcher eine Abnahme der Tätigkeiten, der Leistungen und ein Rückzug des Betroffenen stattfindet. Häufig können die folgenden Symptome in ihrer Ausprägung sowohl in der Plus- als auch in der Minus-Symptomatik beobachtet werden, deshalb kann das Symptom gleich benannt sein, aber in seiner Art verschiedene Zustände beim Erkrankten hervorrufen. Wichtig ist vor der Benennung der verschiedenen Symptome darauf hinzuweisen, dass diese nie in einer solchen Klarheit und Eindeutigkeit beobachtet werden können, es kommt vielmehr häufig zu einer Verschmelzung verschiedener Symptome. Jede Schizophrenieerkrankung hat ein anderes Gesicht, so wie auch die Betroffenen sich voneinander unterscheiden, somit ist die Beschreibung der Symptome als Orientierungshilfe und Verständisgrundlage für eine schizophrene Erkrankung zu verstehen, die desweiteren für professionelle Helfer eine Diagnose und demzufolge eine entsprechende Therapie ermöglichen.

4.1.) Plus-Symptomatik

a) Veränderung im Erleben der eigenen Person:

Die Erkrankten empfinden sich selbst, ihre Gedanken, ihre Gefühle und ihr Handeln als fremd. Sie haben dass Gefühl, dass ihnen die Kontrolle über die Dinge, die ihre Person ausmacht zu verlieren, möglicherweise auch diese Kontrolle von Aussen entzogen zu bekommen. Dieses Symptom geht mit anderen Merkmalen einer Schizophrenie-erkrankung einher, zum Beispiel mit dem aufkommenden Gefühl, dass ihre Gedanken von anderen gelesen werden können, was sich bis hin zu einem Verfolgungswahn steigern kann. „ Sie können doch meine Gedanken lesen und wissen genau, wie es um mich steht. Verstellen sie sich nicht. Sie wissen bestens, was passiert ist. Sie haben doch auch daran teilgenommen. Da ist doch Gedankenübertragung im Spiel.“[2]

b) Veränderung des Denkens:

Die Logik der Gedanken geht beim Patienten verloren, es liegt eine formale Denkstörung vor, bei welcher auch der Gebrauch der Sprache in Mitleidenschaft gezogen werden kann. Die Gedanken lassen sich nicht mehr ordnen, es kann zu einer Gedankenflut oder aber auch zu einem Abreissen der Gedankengänge kommen. Das Denken nimmt eine Form an, die in ihrer Intensität nicht mehr verarbeitet werden kann und die nicht mit den Regeln des Denkens Nicht-Erkrankter gemessen werden kann.

Dieses Symptom kann in der Art beobachtet werden, dass die Erkrankten häufig Aussagen, einzelne Sätze und Wörter wiederholen (-> Persevation).Oft kommt es dazu, dass die Schizophrenieerkrankten neue Wörter erfinden

(->Neolinguismen ) oder ihre Gedanken in gereimter Form äussern (-> Alliterationen).

Ein Beispiel soll diese Veränderung bezüglich des Denkens verdeutlichen:

„Der Pfarrer ist nicht gerecht, verbricht das Brot, statt es zu brechen. Gewalt bricht Eisen und ist die Hand der Verteidigung. Das ist die schmetternde Hand, das ist wie ein Blitz. Epilepsie ist, wenn einer umfällt. Das kann der doppelte heilige Geist machen, der Herr der Herrlichkeit, das keusch bleibende C.“[3]

Deutlich wird, dass das Gesagte nicht mit den Kommunikationsregeln Nicht-Erkrankter zu messen ist und auch nicht als Mittel der Verständigung dient, sondern das jedes Wort für sich einen Bedeutungszusammenhang und ein bestimmtes Bild darstellt, welches für den Erkrankten von Belang ist.

[...]


[1] Aus: Knaurs-Lexikon

[2] aus: „ Schizophrenien - Verständnisgrundlagen und Orientierungshilfen“; S. 36

[3] aus: „ Schizophrenien - Verständnisgrundlagen und Orientierungshilfen“; S. 40

Ende der Leseprobe aus 26 Seiten

Details

Titel
Schizophrenie - Ein Überblick
Hochschule
Christian-Albrechts-Universität Kiel  (Philosophische Fakultät)
Veranstaltung
Sozialpsychatrie
Note
1
Autor
Jahr
2003
Seiten
26
Katalognummer
V16998
ISBN (eBook)
9783638216852
Dateigröße
544 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Schizophrenie, Sozialpsychatrie
Arbeit zitieren
Nadine Hartkopf (Autor:in), 2003, Schizophrenie - Ein Überblick, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/16998

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