Soziologie des Wohnens


Seminararbeit, 2003

20 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Soziologie und Wohnen

2. Die Funktion des Sozialstaats
2.1 Das liberale/ residuale System
2.2 Das korporatistische Modell
2.3 Das sozialdemokratische Modell

3. Sozialstaat und Wohnen: Der historische Kontext
3.1 19. Jahrhundert bis hin zur Weimarer Republik
3.2 Mieterschutz

4. Die 3 Säulen der Wohnungspolitik
4.1 Sozialer Wohnungsbau
4.2 Eigentumsförderung
4.3 Wohngeld
4.4 Probleme der Wohnungspolitik
4.5 Sozialer Wohungsbau und Sozialstaatsmodelle

5. Polarisierungseffekte
5.1 Vererbung
5.2 Obdach- und Wohnungslosigkeit
5.3 Polarisierung

6. Ausblick

7. Fazit

Literatur

Einleitung

Die folgende Ausführung beschäftigt sich mit dem Thema Sozialstaat und Wohnen. Im einzelnen soll dabei auf die Bedeutung des Wohnens aus soziologischer Sicht und die allgemeine Funktion des Sozialstaats eingegangen werden, aufgeteilt in unterschiedliche Modelle, die sich innerhalb der westlichen Industriestaaten entwickelt haben.

Nach dieser allgemeinen Einführung erfolgt ein historischer Rückblick, beginnend im 19. Jahrhundert, der die Zusammenhänge und Entwick-lungen zwischen Sozialstaat und Wohnen aufschlüsselt. Die charakter-istischen wohnungspolitischen Instrumente werden erläutert und deren unterschiedliche Anwendung innerhalb der Entwicklung Deutschlands, sowie die damit verbundenen Probleme bis in die heutige Zeit dargestellt. Weiterhin wird auf die Polarisierungserscheinungen hingewiesen, die sich aufgrund von gesellschaftspolitischen, als auch wirtschaftsabhängigen Faktoren erkennen lassen.

Abschließend folgen Ausblick und Fazit bzgl. der wohnungspolitischen Entwicklung und der daraus eventuell resultierenden Veränderungen für die Bundesrepublik Deutschland in den kommenden Jahren.

1. Soziologie und Wohnen

Im Gegensatz zum Architekten interessiert sich der Soziologe nicht vorwiegend für die Konstruktion und die Ästhetik etc. von Gebäuden (vgl. Häußermann und Siebel 1996, 11), sondern für den „Anlaß des Bauens“ und die „soziale Wirklichkeit des Wohnens“.

Innerhalb der Soziologie, so Häußermann und Siebel, interessiert man sich vorwiegend für die „Lebensweise“ (1996, 11) der Menschen zum jeweiligen Zeitpunkt. Bezugnehmend auf Norbert Elias, bietet die Wohnweise einen „höchst anschaulichen Zugang zum Verständnis gesellschaftlicher Beziehungen“ (11) und gesellschaftliche Wandlungs-prozesse lassen sich anhand von unterschiedlichen gestalterischen Mitteln zuordnen (vgl. 12).

Um dies zu verdeutlichen: Innerhalb der heutigen Zeit hat der symbolische Charakter der Wohnung enorm an Bedeutung gewonnen. Häußermann und Siebel weisen darauf hin, dass die Wohnung gleichzeitig den sozialen Status einer Person repräsentiert und als Abgrenzungsmöglichkeit des außerberuflichen Lebens dient (vgl. 1996, 14f.).

Neben den sozialen Funktionen („Ort der Familie“ (15)) und den sozialpsychologischen Funktionen („Emotionalität und Körperlichkeit können sich entfalten“ (15)), spielt der Zugang zur Wohnung eine große Rolle. So kann man eine Wohnung nicht nur kaufen oder mieten, sondern unter bestimmten Umständen über politische Bestimmungen zugeteilt bekommen (vgl. Häußermann und Siebel 1996, 15).

So lässt sich allgemein formulieren, dass jede historische Phase des Wohnens im direkten Zusammenhang mit gesellschaftlichen Ent-wicklungen steht und genau dies die Verbindung zur eigentlichen Thematik bildet, nämlich die Möglichkeit, anhand von sozialstaatlichen Interventionen direkten Einfluss auf die Wohnweisen unterschiedlicher Gruppierungen innerhalb der Gesellschaft auszuüben.[1]

2. Die Funktion des Sozialstaats

Aufgrund der Industrialisierung und den damit einhergehenden veränderten politischen und ökonomischen Bedingungen (vgl. Schulte 2000, 15), entwickelte sich nach und nach der Sozialstaat. Anhand der jeweiligen gesetzlichen Regelungen der sozialen Sicherheit, lässt sich die „Belastungs- und Wandlungsfähigkeit“ (15) illustrieren. Das System der sozialen Sicherung trägt zum Schutz des Einzelnen bei, aber auch gleichzeitig zur sozialen Integration in die Gesellschaft (vgl. 16).

Der Sozialstaat, so Esping-Andersen, regelt das Verhältnis zwischen Staatsbürgerrecht und sozialer Klasse ( vgl. 1998, 39). Damit ist der Wohlfahrtsstaat einerseits ein „Instrument zur Korrektur gesellschaftlicher Ungleichheiten“, darüber hinaus aber auch „ein System der Stratifizierung“ (vgl. 39), worin aktiv und direkt soziale Beziehungsmuster geordnet werden. Demzufolge lassen sich verschiedene Modelle finden, die unterschiedliche Ziele verfolgen und auf die Lebensweise der Individuen Einfluss nehmen. Drei unterschiedliche Modelle sollen hier im folgenden kurz vorgestellt werden.

2.1 Das liberale/ residuale System

Das liberale oder residuale System basiert auf marktunterstützenden Strukturen. Die Sozialleistungen sind in der Regel sehr gering, im Gegensatz dafür werden private Sicherheitssysteme gefördert (vgl. Esping-Andersen 1998, 43). Diese Systeme verfügen über „niedrige universelle Transferleistungen“, „bescheidene Sozialversicherungs-systeme“ und eine „bedarfsgeprüfte Sozialfürsorge“ (vgl. 43).

Um überhaupt sozialstaatliche Leistungen in Anspruch nehmen zu können, verfügt dieses System über strenge Zugangsregelungen und ist für den Einzelnen in der Regel mit sehr unangenehmen Erfahrungen verbunden. Da außerdem die Leistungen minimal ausgerichtet sind, besteht kein großer Anreiz darin, Transferleistungen anstelle einer Lohnarbeit einzufordern (vgl. Esping-Andersen 1998, 43).

Daraus ergeben sich zum einen klare Schichtungsordnungen und zum anderen erhalten die sozialen Rechte nur eingeschränkt Gültigkeit (vgl. 43). Zu finden ist dieses Modell unter anderem in den USA, Kanada und Australien.

2.2 Das korporatistische Modell

Innerhalb dieses Modells geht es nicht generell darum, die sozialen Rechte in Frage zu stellen, vielmehr charakterisiert es sich durch den „Erhalt von Statusunterschieden“ (vgl. Esping-Andersen 1996, 44).

Im Gegensatz zum residualen System nimmt hier der Markt nicht die Position des „Wohlfahrtsproduzenten“ (44) ein. Privatversicherungen sowie betriebliche Zusatzleistungen spielen eine untergeordnete Rolle. Dagegen spielt der Einfluss der Kirchen insofern eine bedeutende Rolle, weil diese die Aufrechterhaltung des traditionellen Familientyps vermitteln.

Die „traditionellen Hausfrauen“ sind dabei aus der Sozialversicherung ausgeschlossen, Mutterschaft wird durch finanzielle Anreize gefördert und die Möglichkeit, Berufstätigkeit und Kindererziehung zu verbinden wird durch einen Mangel an öffentlichen Betreuungseinrichtungen etc. erschwert (vgl. 44). Das „Subsidaritätsprinzip“ ermöglicht es dem Staat weiterhin, auf die Selbsthilfefähigkeit der Familie zurückzugreifen. Dieses Sozialstaatsmodell existiert beispielweise in Deutschland, Italien, Frankreich und Österreich.

2.3 Das sozialdemokratische Modell

Das sozialdemokratische Modell dient nicht zur Befriedigung der minimalen Existenzsicherung. Alle Klassen werden in ein einziges, universelles Versicherungssystem eingebunden, die Rechtsansprüche der Privilegierten sind hier auch für die Arbeiter gültig. Hier wird demzufolge der Markt durch das „Wesen der universalen Solidarität“ zurückgedrängt (vgl. 45). Alle profitieren von diesem System und sind gleichzeitig abhängig von ihm. Esping-Andersen spricht hier von der „vorauseilenden Vergesellschaftung familialer Kosten“ (1998, 45).

Innerhalb dieses Modells erhalten Frauen die Möglichkeit, Beruf und Familie miteinander zu verbinden, die Pflege von Kindern, Alten und Hilflosen wird staatlich unterstützt. Dieses System der „Gleichheit auf höchstem Niveau“ (45) steht in großer Abhängigkeit zur Arbeitssituation. Nur mit der einkalkulierten Vollbeschäftigung können die enorm hohen Kosten erwirtschaftet werden.

[...]


[1]Sozialpolitik und gezielte Wohnungspolitik haben sich in Deutschland nicht parallel entwickelt. So sind die Anfänge der Sozialpolitik in letzten Drittel des 19. Jahrhunderts zu finden, die systematische Wohnungspolitik erst in der Weimarer Republik zu verzeichnen (vgl. Häußermann 2000, 167).

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Soziologie des Wohnens
Hochschule
Universität Siegen  (Fachbereich 1 Soziologie)
Veranstaltung
Seminar: Soziologie des Sozialstaats
Note
2,0
Autor
Jahr
2003
Seiten
20
Katalognummer
V16990
ISBN (eBook)
9783638216777
Dateigröße
697 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Soziologie, Wohnens, Seminar, Soziologie, Sozialstaats
Arbeit zitieren
Ellen Hoffmann (Autor:in), 2003, Soziologie des Wohnens, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/16990

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