Fit durch Fast Food? Selbstbetrügerische Wege zur Wunschfigur

Die Bedeutung selbstregulierender Prozesse für den Konsum von Lebensmitteln


Diplomarbeit, 2009

125 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1. Einleitung

2. Theoretische Grundlagen der Selbstregulation
2.1. Willpower - Selbstregulation als verbrauchbare Ressource
2.2. Kognitive Prozesse - Selbstregulation als abrufbares Wissen
2.3. Selbstregulation als individuelle menschliche Fähigkeit
2.4. Einnahme einer kombinierten Sichtweise auf die Selbstregulation

3. Selbstregulation als treibende Kraft menschlichen Verhaltens
3.1. Selbstregulation und das Reflective-Impulsive System (RIM)
3.2. Auswirkungen fehlender Selbstregulation auf das Kaufentscheidungsverhalten von Lebensmitteln und körperliche Aktivität
3.2.1. Wegfall rationaler Entscheidungsfindung
3.2.2. Verlust der emotionalen Kontrolle und gesteigerte Bedeutung affektiver Einflussmechanismen

4. Bedingungen des Versagens von Selbstregulation beim Konsum von Lebensmitteln und bei körperlicher Aktivität
4.1. Fehlende Standards und mangelnde Motivation im Rahmen selbstregulierender Prozesse
4.1.1. Setzen von Zielen als Motivationsanker
4.1.2. Monitoring als Mittel zur langfristigen Zielerreichung
4.1.3. Selbstbestätigung durch erreichte Ziele
4.2. Die Bedeutung von Stimmungsmanagement und Stimmungskongruenz für selbstregulierende Prozesse

5. Bewusster Verzicht von Konsumenten auf interne selbstregulierende Ressourcen
5.1. Bewusstes Aufsparen der Selbstregulation als limitierte Ressource
5.2. Externe Kontrollmechanismen als Ersatz für interne Selbstregulation

6. Zusammenfassende Darstellung der Selbstregulation als komplexes System von affektiven, emotionalen und kognitiven Prozessen

7. Empirische Untersuchung
7.1. Ziele der Studie
7.2. Aufbau und Durchführung der Studie
7.3. Methodisches Vorgehen
7.4. Darstellung der Ergebnisse
7.4.1. Verhaltensreaktionen der Teilnehmer
7.4.2. Selbstregulation nach körperlicher Aktivität
7.4.3. Der Einfluss von Spaß und empfundener Anstrengung auf den Ressourcenverbrauch der Selbstregulation
7.4.4. Der Einfluss der Selbstregulation, empfundenem Spaß und gefühlter Anstrengung auf eine anschließende Lebensmittelwahl
7.4.5. Der Einfluss von Zielerreichung bei körperlicher Aktivität auf das Selbstwertgefühl und eine Lebensmittelwahl
7.5. Validität und Reliabilität der Ergebnisse
7.5.1. Inhaltsvalidität
7.5.2. Konstruktreliabilität
7.5.3. Interne und externe Validität der Ergebnisse
7.6. Diskussion der Ergebnisse

8. Abschließende Bemerkungen

9. Anhang

10. Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Schematische Darstellung des TOTE-Modells (Quelle: Carver 2004, S. 14)

Abbildung 2: Kombinierte Sichtweise der Selbstregulation (eigene Darstellung)

Abbildung 3: Selbstregulation als komplexes System (eigene Darstellung)

Abbildung 4: Darstellung der Hypothesen-Zusammenhänge

Abbildung 5: Leistungseinschätzung, erbrachte Leistung, Treffsicherheit und Einzelleistungen

Abbildung 6: Lebensmittelentscheidung der Probanden zwischen Kuchen und Obstsalat

Abbildung 7: Einfluss des empfundenen Spaßes auf die Veränderung des Faktors Vernunft

Abbildung 8: Mittelwerte von "Vernunft" im Zeitverlauf (vor und nach körperlicher Aktivität) in den Gruppen „wenig Spaß“ und „viel Spaß“

Abbildung 9: Mittelwerte des Kaloriengehalts der Snackwahl

Abbildung 10: Fragebogen 1 (Seite 1 von 4)

Abbildung 11: Fragebogen 1 (Seite 2 von 4)

Abbildung 12: Fragebogen 1 (Seite 3 von 4)

Abbildung 13: Fragebogen 1 (Seite 4 von 4)

Abbildung 14: Fragebogen 2 (Seite 1 von 1)

Abbildung 15: Fragebogen 3 (Seite 1 von 2)

Abbildung 16: Fragebogen 3 (Seite 2 von 2)

Abbildung 17: Ergebnisbogen (nur von Versuchsleiter einzusehen)

Abbildung 18: Anleitung zum Gebrauch der Borg-RPE-Skala (Quelle: Borg 2004, S. 1020)

Abbildung 19: Engl. Original Fragebogen Selbstregulation Seite 1 von 2 (Quelle: Tangney und Baumeister 2004)

Abbildung 20: Engl. Original Fragebogen Selbstregulation Seite 2 von 2 (Quelle: Tangney und Baumeister 2004)

Abbildung 21: Engl. Original Rosenberg Self Esteem Scale (Quelle: Rosenberg 1965)

Abbildung 22: Engl. Original Sport Emotion Questionnaire (Quelle: Jones et al. 2005)

Abbildung 23: Fotodokumentation (Halle 3 der Hermann Neuberger Sportschule Saarbrücken)

Abbildung 24: Fotodokumentation (Ausfüllen von Fragebogen 1)

Abbildung 25: Fotodokumentation (SitUps)

Abbildung 26: Fotodokumentation (Standweitsprung)

Abbildung 27: Fotodokumentation (Medizinballwurf)

Abbildung 28: Fotodokumentation (Snackwahl)

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Test-Batterie des "Großen Sommer Fitness-Check"

Tabelle 2: Geschlechterverteilung der Stichprobe

Tabelle 3: Berufstätigkeit der Probanden

Tabelle 4: Altersverteilung der Probanden

Tabelle 5: Geschlechtsspezifische BMI-Unterschiede

Tabelle 6: Mitgliedschaft in Sportvereinen

Tabelle 8: Sportliche Aktivität der Testpersonen außerhalb eines Sportvereins

Tabelle 7: Frühere Mitgliedschaften der Testpersonen in Sportvereinen

Tabelle 9: Aktuelle und frühere Diätmaßnahmen der Testpersonen

Tabelle 10: Lebensmittelaufnahme der Testpersonen vor dem Test

Tabelle 11: Überblick über die Operationalisierung der erhobenen Konstrukte

Tabelle 12: Überblick über die gebildeten Faktoren und ihre Indikatoren

Tabelle 13: Mittelwerte von Spaß, Anstrengung und Puls der Teilnehmer

Tabelle 14: Lebensmittelwahl nach Menge und kCal

Tabelle 15: Mittelwerte der Faktoren vor und nach körperlicher Aktivität

Tabelle 16: Mittelwerte von „Selbstwertgefühl“ vor und nach körperlicher Aktivität

Tabelle 17: Voraussetzungen zur Überprüfung von Hypothese 5

Tabelle 18: Zusammenfassung der Ergebnisse der Regressionsanalyse I (Spaß, Anstrengung/ Konzentration auf Ziele A-B)

Tabelle 19: Ergebnisse der Regressionsanalyse II (Spaß, Puls/ Konzentration auf Ziele A- B)

Tabelle 20: Ergebnisse der Regressionsanalyse III (Spaß, Anstrengung/ Selbstdisziplin A- B)

Tabelle 21: Ergebnisse der Regressionsanalyse IV (Spaß, Puls/ Selbstdisziplin A-B)

Tabelle 22: Ergebnisse der Regressionsanalyse V (Spaß, Anstrengung/ Vernunft A-B)

Tabelle 23: Ergebnisse der Regressionsanalyse VI (Spaß, Puls/ Vernunft A-B)

Tabelle 24: Ergebnisse der Regressionsanalyse VII (Spaß, Puls/ Durchdachtes Handeln A- B)

Tabelle 25: Cluster "viel Spaß" und "wenig Spaß"

Tabelle 26: Ergebnisse der ANOVA (Messwiederholung) Vernunft/Spaß-Cluster

Tabelle 27: Mittelwerte des Faktors "Vernunft" vor und nach Sport bei hohem bzw. niedrigem Spaß

Tabelle 28: Ergebnisse der Diskriminanzanalyse "Selbstregulation/Snackwahl"

Tabelle 29: Mittelwerte der Selbstregulationsfaktoren nach Sport in Abhängigkeit der Lebensmittelwahl

Tabelle 30: Ergebnisse der Diskriminanzanalysen II, III (Snackwahl/Spaß, Anstrengung, Puls)

Tabelle 31: Ergebnisse der Regressionsanalyse VIII (Selbstregulationsfaktoren (B), kCal)

Tabelle 32: Ergebnisse der Regressionsanalysen IX und X (Spaß, Anstrengung/Puls, kCal)

Tabelle 33: Ergebnisse der Regressionsanalyse XI (Freude, Ärger/Sorge, Erregung, kCal)

Tabelle 34: Ergebnisse der ANOVA (Messwiederholung) Tests auf Zwischensubjekteffekte und Welch-Test

Tabelle 35: Mittelwerte des Faktors „Selbstwertgefühl“ vor und nach körperlicher Aktivität in Abhängigkeit der Leistungserwartung

Tabelle 36: Ergebnisse der ANOVA (Messwiederholung) Tests auf Zwischensubjekteffekte und Welch-Test, Mittelwerte Items SW2 vor und nach Sport

Tabelle 37: Gruppenstatistik Selbstwertgefühl A-B und Leistung

Tabelle 38: Ergebnisse T-Test (kCal/Leistung)

Tabelle 39: Gruppenstatistik T-Test Gesamt-kCal/Leistung

Tabelle 40: Ergebnisse T-Test (Leistung/ kCal)

Tabelle 41: Ränge nach Mann-Whitney-U-Test (Selbstdisziplin A-B/Leistung)

Tabelle 42: Ergebnis-Statistiken des Mann-Whitney-U-Tests (Selbstwertgefühl A- B/Leistung)

Tabelle 43: Ränge nach Mann-Whitney-U-Test (kCal/Leistung)

Tabelle 44: Ergebnis-Statistik des Mann-Whitney-U-Tests (kCal/Leistung)

Tabelle 45: Kennwerte der Inhaltsvalidität

Tabelle 46: Rotierte Komponentenmatrix des Konstrukts Selbstregulation

Tabelle 47: Rotierte Komponentenmatrix des Konstrukts Emotionsdimension

Tabelle 48: Komponentenmatrix des Konstrukts Selbstwertgefühl

Tabelle 49: Konstruktreliabilität

Tabelle 50: Inhaltsvalidität (Temperatur/Anstrengung)

Tabelle 51: Inhaltsvalidität (Geschlecht/Spaß)

Tabelle 52: Inhaltsvalidität (Geschlecht/Spaß 2)

Tabelle 53: Inhaltsvalidität (Zeitdifferenz Essen/Anstrengung)

Tabelle 54: Inhaltsvalidität (Zeitdifferenz/ Vernunft)...

1. Einleitung

Wie bei kaum einem anderen Thema, gibt es für die Zielerreichung der „Wunschfigur“ unzählige Mythen und Richtlinien, die allesamt versprechen, in kürzester Zeit und mit geringstem Einsatz ein Höchstmaß an Effizienz zu erzielen. Einer der in diesem Kontext wohl als mit am vernünftigsten geltende Ansatz verbindet die beiden Verhaltensvorschriften „gesunde Ernährung“ und Sport. So soll durch die gesunde Ernährung eine vollständige Nährstoffversorgung gewährleistet werden. Bei der sportlichen Betätigung hingegen werden zum Einen Kalorien verbrannt, zum Anderen wird je nach Intensität unterschiedlich stark das Muskelwachstum gefördert. Hierbei impliziert ein größer werdender Muskel seinerseits einen gesteigerten Energie- bzw. Kalorienverbrauch, auch im Ruhezustand. Bei dieser Form der Diät ist der Fokus durchschnittlich gesehen sehr langfristig angelegt. Über einen Gewöhnungseffekt soll die Ernährung auf Dauer vollständig umgestellt werden um Rückkopplungseffekte, wie den „Jo-Jo-Effekt“ zu verhindern. Doch wäre dies so einfach und wären alle Diätstrebende in der Lage auf jegliche Essenssünden zu verzichten, dann sähe die Gewichtsverteilung unserer Bevölkerung wohl anders aus. Schließlich sind laut einer nationalen Verzehrsstudie (vgl. 2008, S. XI) in Deutschland 66% der Männer und 51% der Frauen übergewichtig (Body-Maß-Index>25 kg/m²). Nicht selten wird nach dem Fitnessstudiobesuch zunächst eine Fastfood Kette aufgesucht oder eine Pizza bestellt. „Das habe ich mir jetzt verdient“ sind Aussagen, die in diesem Kontext typischerweise auftreten und die guten Vorsätze verschwinden lassen. Dieser Zusammenhang wird immer offensichtlicher. Als Beispiel kann man jüngste Baumaßnahmen im Stadtverband Saarbrücken betrachten, wo das bisher größte McDonalds und das erste McCafe direkt unter einem, erst wenige Monate zuvor fertiggestellten, Fitnessstudio errichtet wurde. Auch in Lifestyle Magazinen wird dieses Spannungsfeld mit Artikeln, wie „Fit durch Fast Food“ (Mens Health, 09/2009) immer häufiger thematisiert. Diese Arbeit betrachtet nun das Spannungsfeld zwischen den Verhaltensvorschriften „gesunde Ernährung“ und „sportliche Aktivität“. Aus der Perspektive eines noch recht jungen Forschungsgebiets, der Selbstregulation, sollen auf diese Weise typische Fehler und Probleme herauskristallisiert werden, um aufzuzeigen an welchen Punkten Personen, die solch eine Form der Diät verfolgen, in ihrer Zielverfolgung zusammenbrechen und vor Allem, warum dies geschieht.

Den Einstieg in diese Thematik bildet ein theoretisches Fundament, welches im Verlauf dieser Arbeit um die wichtigsten Aspekte erweitert wird um dann in einem zusammenfassenden System die Komplexität des Konstrukts Selbstregulation zu verdeutlichen.

Auf dieser Theorie aufbauend, wurde unter dem Deckmantel eines „Großen Sommer Fitness-Check“ eine empirische Untersuchung durchgeführt. Diese hat eine gesunde Ernährung in Verbindung mit körperlicher Aktivität, eben jene beiden Aspekte, die zum Erreichen einer Wunschfigur verfolgt werden müssen, aus dem Blickwinkel selbstregulierender Prozesse beobachtet.

2. Theoretische Grundlagen der Selbstregulation

2.1. Willpower - Selbstregulation als verbrauchbare Ressource

Der Begriff "Willpower", oder wörtlich übersetzt Willensstärke, deutet darauf hin, dass zur Durchsetzung des eigenen Willens eine gewisse Art von Energie bzw. eine Stärke angewendet werden muss. Als Synonym hierfür kann der Begriff der Selbstregulation verwendet werden, der von Baumeister et. al. definiert wird als "die Fähigkeit, die eigenen Reaktionen zu ändern, insbesondere um sie an eigene Maßstäbe, wie Ideale, Werte, Moralvorstellungen oder soziale Erwartungen anzupassen, sowie die Verfolgung von langfristigen Zielen zu unterstützen" (eigene Übersetzung; Baumeister, Vohs und Tice 2007, S. 351).

Ein frühes Modell der Selbstregulation geht auf Carver und Scheier aus dem Jahre 1981 zurück. Sie beschreiben den Prozess selbstregulierenden Verhaltens mittels Feedback-Schleifen. Das sogenannte TOTE-Modell (siehe Abb. 1) setzt sich aus den vier Phasen Test, Operate, Test und Exit zusammen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Schematische Darstellung des TOTE-Modells (Quelle: Carver 2004, S. 14)

In der ersten Phase wird zunächst der aktuelle Zustand überprüft (Test). Die Operate- Phase bezieht sich auf alle Maßnahmen und Handlungen, die Diskrepanzen zwischen einem wahrgenommenen Aspekt des Selbst und einem Maßstab reduzieren, also das Selbst ändern. Wird im anschließenden Test keine Diskrepanz mehr festgestellt, wird der Regelkreis beendet (Exit) (vgl. Carver 1979, S. 1254). Carver (2004) beschreibt in seinem Modell die Wahrnehmung als Input-Funktion, die Informationen in das System übermittelt. Eigene Maßstäbe und Ziele stellen als Referenzwerte eine zweite Informationsquelle dar. Das Verhalten als Output-Funktion entsteht demnach aus dem Vergleich (Comparator) dieser beiden internen und externen Informationsquellen miteinander. Existiert eine Diskrepanz, wird eine Änderung des Verhaltens angestoßen, welche diese reduzieren soll (vgl. Carver 2004, S. 14f.). Der Aufbau des Modells als Schleife verkörpert den ständigen Vergleich zwischen den aus der Umwelt aufgenommenen Informationen und den Maßstäben und Zielen des Selbst. Durch diesen Rückkopplungsprozess können die Wirkung des Verhaltens (Output-Funktion) auf die Umwelt (Effect on Environment), sowie eventuelle Störungen (Disturbance) kontrolliert werden und in eine neue Input-Funktion einfließen (vgl. Carver 2004, S.15). Der anschließende erneute Vergleich gibt Aufschluss darüber, ob weitere Output-Funktionen (Verhalten) notwendig sind, um den gesetzten Maßstab oder das Ziel zu erreichen (vgl. Carver 2004, S. 14; vgl. Carver und Scheier 2000, S. 43).

Die kritische Phase stellt laut Schmeichel und Baumeister die Funktion „Operate“ dar, da selbst wenn genaue Vorstellungen von einem aktuellen und einem gewünschten Zustand vorhanden sind, jedoch die Fähigkeit kognitive, verhaltensbedingte oder emotionale Reaktionen zu ändern nicht verfügbar ist, der gewünschte Zustand unerreichbar bleiben wird (vgl. Schmeichel und Baumeister 2004, S. 84f). Sie halten weiter fest, dass mangelhafte selbstregulierende Handlungen somit aus einem Fehlen an selbstregulierenden Ressourcen resultieren müssen (vgl. Schmeichel und Baumeister 2004, S. 84). Muraven und Baumeister (2000) drücken es so aus, dass das Selbst bestimmte Charakterzüge, Formen des Denkens, Fühlens und Verhaltens innehat. Eine Änderung des Selbst erfordert demnach ein Überschreiben dieser vorhandenen Gefühls-, Gedanken- und Verhaltensmuster und - Reaktionen, die in ihrer Stärke variieren können. Folglich benötigt eine Person zum Überschreiben dieser Muster eine individuelle Kraft oder Ressource (vgl. Muraven und Baumeister 2000, S.248).

Basierend auf dem TOTE-Modell von Carver und Scheier haben Baumeister und Kollegen ein so genanntes Stärke-Modell der Selbstregulation (Strength-Model) entwickelt. Einen Kernaspekt des Stärke-Modells stellt die These dar, dass die für selbstregulierende Handlungen aufzubringende Kraft ihre Energie aus einer begrenzten Ressource schöpft (vgl. Muraven, Tice und Baumeister 1998, S. 775). Baumeister, Bratlavsky, Muraven und Tice (1998) zeigten in einer Reihe von Versuchen, dass bei zwei aufeinander folgenden Handlungen, die Selbstregulation erfordern, die Leistung im zweiten Teil oftmals deutlich schlechter ausfällt. In einem der Experimente wurde eine Gruppe von Probanden angewiesen, Schokoladenkekse, die direkt vor ihnen auf dem Tisch standen, nicht zu essen. Bei einer anschließenden Aufgabe, einem unlösbaren Rätsel, war zu beobachten, dass diese Testpersonen sehr viel früher aufgaben, als Probanden, denen es erlaubt war, die Kekse zu essen (vgl. Baumeister et al. 1998, S. 1255f.). Der Versuchung, die Schokoladenkekse zu essen, zu widerstehen, hat die Probanden demnach eine Kraft gekostet, die sie auch zu einem längeren Durchhalten bei der Rätsel-Aufgabe benötigt hätten. In einem weiteren Experiment wurden die Testpersonen gebeten ihre emotionalen Reaktionen beim Betrachten eines lustigen oder traurigen Films zu unterdrücken. Bei einer darauf folgenden Aufgabe, in der die Testpersonen Anagramme zu lösen hatten, schnitten die Personen, die ihre emotionalen Reaktionen zuvor unterdrücken sollten deutlich schlechter ab, als eine Kontrollgruppe ohne eine entsprechende Anweisung (vgl. Baumeister et al 1998, S. 1259f.). Hierdurch wird deutlich, dass Ressourcen, die für eine erste selbst regulierende Handlung verwendet wurden, nicht mehr für eine zweite zur Verfügung stehen. Erst nach einer Ruhepause werden die Ressourcen wieder auf ihr Ursprungsniveau aufgefüllt. Als problematisch erweist sich dieser Aspekt insofern, dass das Wiederauffüllen bedeutend mehr Zeit in Anspruch nimmt, als der Verbrauch der entsprechenden Ressourcen. (vgl. Muraven und Baumeister 2000, S. 248).

Baumeister vergleicht die Selbstregulation mit einem Muskel, der nach einer Überstrapazierung erschöpft (engl. depleted) ist und benennt diesen Zustand der Erschöpfung "Ego-Depletion" (vgl. Baumeister 2002, S. 672). Muraven, Baumeister und Tice konnten zeigen, dass ähnlich, wie sich die Kapazität eines Muskels trainieren lässt, durch ein Training die Fähigkeit Selbstregulation auszuüben ebenso im Zeitverlauf gesteigert werden kann (vgl. 1999, S. 455).

Neben der limitierten Verfügung der Ressourcen ist nach dem Stärke-Modell der für alle Kategorien von Aktivitäten gemeinsame bzw. geteilte Pool an Ressourcen von Bewandtnis (vgl. Muraven et al. 1998, S. 775), aus dem die Kraft für sämtliche selbstregulierenden Handlungen, wie das Widerstehen von Impulsen, das Regulieren von Emotionen, oder das Treffen von Entscheidungen geschöpft wird (vgl. Baumeister et al. 2007, S. 253).

Als Beispiel lässt sich der Versuch nicht zu essen, bei gleichzeitigem Unterdrücken von Stress nennen (vgl. Muraven und Baumeister 2000, S. 249). Dem Stärke-Modell stehen weitere Modelle der Selbstregulation gegenüber. Eines betrachtet die Selbstregulation als abrufbares Wissen, bzw. als Prozesse der Informationsverarbeitung, ein anderes interpretiert die Selbstregulation als individuelle menschliche Fähigkeit. Der wesentliche Unterschied besteht in der Art und Weise, wie sich eine vorangegangene selbstregulierende Handlung auf eine nachfolgende auswirkt. Die beiden Ansätze werden in den folgenden Abschnitten kurz erläutert.

2.2. Kognitive Prozesse - Selbstregulation als abrufbares Wissen

Die Selbstregulation kann als Schema der kognitiven Informations-Verarbeitung anstelle einer Stärke wahrgenommen und interpretiert werden. Der wesentliche Kern hierbei ist die Sammlung von Wissen über das Selbst, seine Beziehungen zur Umwelt und die persönlichen Konsequenzen dieser Beziehungen. (vgl. Baumeister 2002, S. 673) Wesentlich ist die Frage der kognitiven Verarbeitung, die Informationen über das Selbst und die Umwelt nutzt, um anhand der Anforderungen einer Aufgabe den optimalen Handlungskurs zu kalkulieren. Aus diesen Kalkulationen folgt dann unmittelbar das Verhalten (vgl. Schmeichel und Baumeister 2004, S. 87f.).

Higgins beschreibt das von ihm als „Self-Digest“ bezeichnete Wissens-Extrakt als „handliche Quellensammlung“ zur Unterstützung der Anpassung des Individuums an seine Umwelt (vgl. 2006, S. 1062). Somit dient es als Werkzeug zum Überleben. Beim Interagieren mit der Umwelt, hilft dieses Wissen dabei die Bedürfnisse des Individuums zu erfüllen (Higgins 2006, S. 1078).

Die Funktionsweise der Selbstregulation aus dieser Perspektive ist mit einem Softwareprogramm zu vergleichen, welches geladen werden kann, um das Verhalten einer Person zu steuern (vgl. Baumeister 2002, S. 673). Demnach würde ein erster selbstregulierender Vorgang das „Programm laden“ bzw. die Selbst-Regulations- Schemata aktivieren, was die Durchführung anschließender Selbstregulation erleichtert, da das Selbst sich dann bereits im „Selbst-Regulations-Modus“ befindet (vgl. Baumeister 2002, S. 673). Anders ausgedrückt: ein Computer, dessen Text- Verarbeitungs-Programm bereits geladen ist, wird eine neue Text-Verarbeitungs Aufgabe schneller erledigen können, als wenn das Programm noch nicht geladen ist (vgl. Schmeichel und Baumeister 2004, S.88). Während beim Stärke-Modell davon ausgegangen wird, dass sich eine erste selbstregulierende Handlung schwächend auf eine nachfolgende auswirkt, ist bei dieser Sichtweise also der Sachverhalt umgekehrt. Hier würde durch eine erste selbstregulierende Handlung ein Primingeffekt eintreten, welcher zu einer verbesserten Selbstregulation in einer nachfolgenden Handlung führen würde (vgl. Schmeichel und Baumeister 2004, S. 88). Im folgenden Abschnitt wird ein weiterer Ansatz vorgestellt, der allerdings von einer gleichbleibenden Leistung der Selbstregulation ausgeht.

2.3. Selbstregulation als individuelle menschliche Fähigkeit

Eine von Entwicklungs-Psychologen vertretene Sicht behandelt Selbstregulation als eine von vielen Fertigkeiten, die Kinder im Laufe ihrer Entwicklung erlangen. Das erscheint plausibel, wo doch manche Menschen scheinbar über ein höheres Maß an Selbstdisziplin verfügen als andere. Sie können sowohl ihre Handlungen und Gefühle besser kontrollieren, als auch Versuchungen widerstehen (vgl. Baumeister, Heatherton und Tice 1994, S. 19). Unterstützung erhält diese Sichtweise von dem so genannten „delay of gratification paradigm“. Hierbei wird untersucht, inwieweit Kinder den Konflikt zwischen einer kleineren, jedoch unmittelbaren Belohnung (z.B. einem Schokoladenkeks) und einer größeren, aber verzögerten, Belohnung (z.B. zwei Schokoladenkeksen) lösen können. Im Rahmen einer Langzeitstudie konnte gezeigt werden, dass die Kinder, die im Alter von vier Jahren beim Aufschub von Belohnungen gute Werte zeigten, sehr erfolgreich in sozialer und akademischer Hinsicht im Teenageralter waren und überdies höhere IQ-Werte zeigten (vgl. Mischel, Shoda und Rodriguez 1989, S. 934, vgl. Mischel, Shoda und Peak 1988, S. 688; vgl. Funder und Block 1989, S. 1041). Daraus lässt sich schließen, dass Selbstregulation eine dauerhafte persönliche Eigenschaft ist. Individuelle Unterschiede in der Tendenz Belohnungen aufzuschieben, sind das Resultat einer Funktion aus kognitiven und sozialen Fähigkeiten und werden somit als eine von vielen anderen Wesensausprägungen, wie Risiko-Verhalten oder dem Umgang mit Emotionen angesehen (vgl. Mischel et al. 1988, S. 688; vgl. Funder und Block 1989, S. 1041). Wenn Selbstregulation demnach als generelle Fertigkeit angesehen wird, ist davon auszugehen, dass eine erste selbstregulierende Handlung keine Auswirkungen auf die zweite hat. Eine Person, die eine gutes selbstreguliertes Verhalten in einer ersten Aufgabe zeigt, wird dann wahrscheinlich genauso gut in einer zweiten Aufgabe sein (vgl. Baumeister 2002, S. 673). Eine schrittweise Verbesserung ist somit nur über einen längeren Zeitraum festzustellen, nicht jedoch von einer Aufgabe zur nächsten (vgl. Schmeichel und Baumeister 2004, S.88).

Im folgenden Abschnitt wird nun eine kombinierte Sichtweise der drei vorangegangenen Modelle eingenommen.

2.4. Einnahme einer kombinierten Sichtweise auf die Selbstregulation

Aufbauend auf dem vorangegangenen theoretischen Fundament wird in der vorliegenden Arbeit eine kombinierte Sichtweise der drei vorgestellten Modelle eingenommen. Der Idee des abrufbaren Wissens folgend, resultiert ein selbstreguliertes Verhalten aus dem Wissen über das Selbst und seine Beziehungen zur Umwelt. Eingehende Informationen werden demnach mit dem vorhandenen Wissen in Beziehung gesetzt, um situativ bedingten Anforderungen gerecht zu werden. Ein entsprechendes Verhalten kann sich beispielsweise in der aktiven Kontrolle von Emotionen oder dem passiven Widerstehen eines Impulses niederschlagen. Um ein angestrebtes Ziel zu verfolgen, ein Bedürfnis zu erfüllen oder nach bestimmten Maßstäben zu handeln, benötigt eine Person (erlernte) Strategien, auf die sie zurückgreifen kann.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Kombinierte Sichtweise der Selbstregulation (eigene Darstellung)

Das Wissen um diese Verhaltensweisen, Strategien und die eigenen Reaktionen kann somit als die generelle Fähigkeit zu einer erfolgreichen Selbstregulation interpretiert werden. In dieser kombinierten Sichtweise wird jedoch nicht von einer verstärkenden Wirkung vorangegangener selbstregulierter Handlungen auf eine nachfolgende ausgegangen. Berücksichtigung findet hier die im Stärke-Modell vertretene Sichtweise der Selbstregulation als limitierte Ressource. Unter diesem Blickwinkel bezieht sich die Fähigkeit zu selbstregulierendem Verhalten auf das Wissen um einen optimalen Einsatz der zur Verfügung stehenden Ressourcen. Das Zusammenspiel beider Faktoren, der Fähigkeit zur Nutzung und der Höhe der selbstregulierenden Ressourcen ist ausschlaggebend für die Qualität bzw. den Erfolg oder das Scheitern der Selbstregulation. Die Erkenntnisse aus der Entwicklungsforschung integrierend, wonach Selbstregulation als Persönlichkeitsvariable anzusehen ist, wird in vorliegender Arbeit davon ausgegangen, dass sowohl die Fähigkeit bzw. das Wissen zur Nutzung, als auch die Höhe der zur Verfügung stehenden Ressourcen der Selbstregulation von einem individuellen Niveau abhängig sind. Wenn eine Person beim Ausüben von Selbstregulation versagt, kann dies sowohl auf eine chronische Ressourcenknappheit, als auch auf fehlendes Wissen um die eigenen Reaktionen und passende Strategien hindeuten. Die Wirkungsweisen der drei in den vorangegangen Abschnitten beschriebenen Modelle vereinend, ergibt sich die in Abbildung 2 dargestellte kombinierte Sichtweise.

Das vorgestellte kombinierte Modell stellt den auf die Kernprozesse reduzierten Einstieg in das komplexe Konstrukt der Selbstregulation dar. Im weiteren Verlauf dieser Arbeit werden schrittweise die wichtigsten Einflussgrößen und Wechselwirkungen im Kontext der Selbstregulation aufgezeigt, stets bezogen auf die Kernthematik dieser Arbeit, dem Spannungsfeld zwischen körperlicher Aktivität und einem gesunden, kalorienbewussten Ernährungsverhalten.

Um die Stellung der Selbstregulation als Untersuchungsgegenstand der Konsumentenforschung verdeutlichen zu können, wird im nächsten Kapitel zunächst anhand eines vereinfachten, dualen Modells der direkte Bezug zu menschlichem Verhalten gezogen.

3. Selbstregulation als treibende Kraft menschlichen Verhaltens

3.1. Selbstregulation und das Reflective-Impulsive System (RIM)

Nachdem im vorangegangenen Kapitel das theoretische Fundament des Konstrukts Selbstregulation gelegt wurde, soll nun der Einfluss des Selbigen auf das menschliche Verhalten konkretisiert werden. Hierfür sei zunächst das sogenannte „Reflective-Impulsive-Modell dargestellt. Das Reflective-Impulsive-Modell, fortan abgekürzt als „RIM“, basiert auf der Theorie, dass sich menschliches Verhalten grundsätzlich auf das Zusammenwirken zweier unterschiedlicher Systeme, dem Impulsiven sowie dem Reflektierenden System zurückführen lässt (vgl. Strack, Werth und Deutsch 2006, S.205). Die Funktionsweise des Impulsiven Systems gleicht der eines simplen „Erinnerungs-Systems“ (vgl. Johnson, Hirst 1991, S.241 - 276) und beinhaltet Schemata, also standardisierte Vorstellungen darüber, wie ein Produkt auszusehen, zu schmecken oder zu riechen hat. Probiert ein Konsument zum Beispiel eine neue Sorte Eis, wird die Erinnerung des Geschmacks, des Geruchs, wie auch das Aussehen des Produkts gespeichert. Trifft der Konsument nun erneut auf das Produkt wird sofort die Erinnerung an beispielsweise den Geschmack hervorgerufen. Dementsprechend kann die Informationsübertragung im Impulsiven System als schnell und automatisiert bezeichnet werden, weswegen das Impulsive System auch definiert wird als „ein schnelles und paralleles Ausweiten von Aktivierung entlang assoziativer Verbindungen zwischen Inhalten“ (eigene Übersetzung; Strack et al. 2006, S.208). Inhalte aus dem Impulsiven System, weil assoziativ und daher unbewusst, sind sehr stabil und können wenn überhaupt, nur durch Mechanismen des langsamen Lernens verändert werden (vgl. Strack et al. 2006, S.209). Man denke nur an ehemalige Raucher. Selbst nach Jahren des Entzugs assoziieren viele ehemalige Raucher trotz des bewussten Rauchstopps, wegen der gesundheitsschädlichen Wirkung, mit Zigaretten noch immer positive Empfindungen, wie Gemütlichkeit, Zusammensein oder auch Entspannung. Anhand dieses Beispiels lässt sich auch das zweite, also das „Reflective“ bzw. Reflektierende System erklären. Denn die bewusste Entscheidung mit dem Rauchen aufzuhören kann zum Beispiel aus einer längeren Überlegung resultieren, wie etwa, dass man tausende Euro im Jahr für etwas ausgibt, dass dem eigenen Körper Schaden zuführt. Oder aber die Entscheidung ist eine spontane, die auf dem Zusammentreffen, zum Beispiel mit einem an Lungenkrebs erkrankten Patienten basiert. Zwar mag bei zweiter Variante unter Umständen die emotionale Schubkraft eine größere sein, doch bei beiden Varianten „basiert die Entscheidung auf den Faktoren Erwünschtheit und Durchführbarkeit“ (vgl. Ajzen, 1991; Bandura, 1977, zitiert in Strack et al. 2006, S. 209), wird also durch Evaluieren, bzw. Selbstreflektion und Bewertung gefällt. Doch ist menschliches Verhalten stets als Resultat des Zusammenwirkens beider auf unterschiedlichen Prinzipien basierenden Systeme zu betrachten, weswegen diese nicht singulär und unabhängig voneinander betrachtet werden sollten. Beispielhaft für das Zusammenwirken, bringen hungrige Probanden mehrdeutige Objekte signifikant öfter mit Nahrungsmitteln in Verbindung als gesättigte Probanden (vgl. McClelland & Atkinson 1948, S. 649).

Um bei dem Aspekt „Ernährung“ zu bleiben, stellt sich für die Konsumentenforschung die interessante Frage, wie und warum sich ein Konsument bei einem Konflikt zwischen Reflektierendem und Impulsivem System entscheidet, so z.B. im Falle einer verfolgten Diät und dem Vorhandensein einer Schokoladentorte. Die im Impulsiven System geweckten Assoziationen, wie Genuss, sollten den Konsumenten dazu veranlassen sich ein Stück Torte zu nehmen. Das Wissen aus dem Reflektierenden System über Kaloriengehalt und das etwaige Scheitern der verfolgten Diät sollten ein solches Verhalten untersagen. Entscheidet sich der Konsument nun für das besagte Stück Torte, so lassen sich zunächst zwei grundlegende Erklärungsansätze finden. Entweder ein stärker werdender Impuls oder aber ein schwächer werdendes Reflektierendes System. An diesem Punkt wird die Verbindung zu dem Konstrukt der Selbstregulation gezogen, welche laut Vohs (2006, S.217) als treibende Kraft des Reflektierenden Systems betrachtet werden kann, da ein Wegfallen der Selbstregulation mit nicht reflektierendem Verhalten einhergeht. Dies erscheint naheliegend, wird die Selbst-Regulation doch grundlegend definiert als „die Beherrschung von Impulsen und die Wahl einer weniger wünschenswerten Reaktion“ (vgl. Hoch & Loewenstein, 1991; Vohs, Baumeister & Tice 2008). Hierauf basierend geht Vohs (2006, S.219) davon aus, dass der Impuls, etwa zu essen, durch das Vorhandensein und die Verfügbarkeit von Lebensmitteln zwar geweckt wird, sich aber dann in seiner Stärke nicht mehr ändert. Das reflektierende System verbietet es dem Konsumenten diesem Impuls zu folgen und die selbst-regulierenden Ressourcen befähigen die Person entsprechend ihres reflektierenden Systems zu agieren. Dementsprechend lässt sich jegliches überlegte oder auch kontrollierte menschliche Handeln auf das Einwirken des Konstrukts Selbstregulation zurückführen. Ist die Fähigkeit hierzu gestört oder wurde die Selbstregulation aufgrund diverser Faktoren geschwächt, so ist von einem direkten Einfluss auf menschliches Verhalten auszugehen. Anhand der für das Kaufentscheidungsverhalten als standardisierte Basis dienenden kognitiven und affektiven Ebene soll dies im nun folgenden Kapitel veranschaulicht werden.

3.2. Auswirkungen fehlender Selbstregulation auf das Kaufentscheidungsverhalten von Lebensmitteln und körperliche Aktivität

3.2.1. Wegfall rationaler Entscheidungsfindung

Wird das Handeln nach dem Reflektierenden System als Folge logischer Verknüpfungen aufgefasst, so ist anzunehmen, dass ein Wegfall der treibenden Kraft des Reflektierenden Systems unweigerlich mit unlogischem, bzw. irrationalem Verhalten einhergeht. Die Tatsache, dass die Fähigkeit zur rationalen Entscheidungsfindung als zentral für das Konsumentenverhalten angesehen werden kann (vgl. Bettman, Luce, & Payne 1998, S.187ff.), verdeutlicht die Bedeutung selbstregulierender Prozesse und daher ihre Stellung als Untersuchungsgegenstand in der Konsumentenforschung. Neben schlechteren IQ-Test-Ergebnissen (vgl. Schmeichel, Baumeister, Vohs 2003, S.36), die auf eine verminderte Fähigkeit logischen Denkens schließen lassen, stellt der sog. Asymmetrie-Dominanz-Effekt eine typische und doch nicht gleich offensichtliche Verhaltenskonsequenz bei Konsumenten mit geschwächten selbst-regulierenden Ressourcen dar (vgl. Baumeister et al 2008, S.11). Für das bessere Verständnis soll dieser Zusammenhang anhand eines Beispiels veranschaulicht werden. Man nehme an, ein Konsument habe den Entschluss gefasst seine körperliche Fitness zu steigern und zugleich in einem möglichst kurzen Zeitraum möglichst viele Kalorien zu verbrennen. Feste Restriktionen erlauben ihm zunächst nur eine der nachfolgenden Möglichkeiten, entweder Squash zu spielen oder zu Joggen. Beide Optionen bieten unterschiedliche Vorteile. So spricht zum Beispiel die Platz- und Partnerunabhängigkeit für die Option Joggen. Allerdings scheint die Option Squash in den Augen des Konsumenten einen größeren Spaßfaktor mit sich zu bringen. Der Kalorienverbrauch beider Optionen ist fast identisch (circa 250 kcal/15 Minuten). Nun wird ihm als dritte Option Tennis angeboten. Tennis, als Sportoption weist einen hohen Ähnlichkeitsgrad zur Alternative Squash auf, unterliegt ihr allerdings eindeutig bei dem zu maximierenden Kalorienverbrauch (132 kcal/15 Minuten). Der Konsument sieht sich also mit zwei Entscheidungssituationen konfrontiert. Zum einen der einfachen Entscheidung zwischen Tennis und Squash, zum andern der schweren Entscheidung zwischen Squash und Joggen. Der Asymmetrie-Dominanz Effekt beschreibt nun die Tendenz bei „geschwächten“ Konsumenten, die Lösung des einfachen Problems, also die Wahl der Option Squash über Tennis, die Lösung des schweren Problems diktieren zu lassen (vgl. Baumeister et al 2008, S.11). Der Konsument wählt folglich in beiden Entscheidungssituationen die Option Squash, obwohl die Vorteile gegenüber Tennis in keinem Fall auf einen Vorteil gegenüber der Alternative Joggen schließen lassen. Auf Grund der Irrationalität kann davon ausgegangen werden, dass der Konsument nichtmehr in der Lage ist, die benötigten kognitiven Ressourcen für solch eine Entscheidung aufzubringen. Als mögliches Resultat tendieren „geschwächte“ Personen, konfrontiert mit einer ressourcenintensiven Entscheidungssituation, zunächst zu einem als Fluchtverhalten interpretierbaren Verhalten, wie etwa einer gesteigerten Passivität (vgl. Vohs, 2007, S.486). Am Point of Sale drückt sich dieser Zusammenhang darin aus, dass Konsumenten, insofern sie sich nicht zwischen zwei Produkten entscheiden können, eine hohe Tendenz aufweisen, keines von beiden zu konsumieren (vgl. Pocheptsowa et al. 2009, S.353) und somit der ressourcenfressenden Entscheidungssituation gänzlich zu entfliehen. Steht diese Option nicht zur Verfügung und muss der Konsument sich also für eine von zwei Alternativen entscheiden, so neigt er zu einer Simplifizierung der Entscheidungssituation (vgl. Pocheptsowa et al. 2009, S.352) und reduziert die abzuwägenden Faktoren auf ein Minimum. Dies resultiert in einer Tendenz zu Extremen, wie etwa das beste oder das günstigste Produkt (vgl. Baumeister et al. 2008, S.11) zu wählen.

Das spiegelt sich auch im privaten, bzw. beruflichen Bereich wider, z.B. bei der Fähigkeit sich gegenüber Anderen zu präsentieren. Es konnte festgestellt werden, dass bei Personen mit geschwächten selbstregulierenden Ressourcen eine erhöhte Wahrscheinlichkeit besteht, bei der Selbstdarstellung in eine zu hohe, bzw. in gänzlich fehlende Intimität abzudriften (vgl. Vohs, Baumeister, Ciarocco 2005, S.654). Stark ausgeprägt war diese Tendenz bei Probanden, die mit der Situation konfrontiert wurden, sich gleichzeitig zwei verschiedenen Personengruppen präsentieren zu müssen, wie etwa dem Ehegatten und den Schwiegereltern (vgl. Vohs et al. 2005, S.654). Schwankend zwischen dem Bedürfnis beiden Interessensgruppen gerecht zu werden, resultierte diese ressourcenfressende Situation in einem Verhalten, das wohl keiner Interessensgruppe entsprach. So neigten Probanden in solch einer Situation beispielsweise zu einem arroganteren, wie auch egoistischeren Verhalten (vgl. Vohs et al. 2005, S.654), vermutlich daraus resultierend, dass nicht mehr genügend Ressourcen zur Verfügung standen, die für gewöhnlich dazu verwendet werden, sich als bescheiden darstellen zu können.

Die generelle Tendenz zu Extremen kann auch als verringerte Kompromissbereitschaft verstanden werden und somit als logische Konsequenz bei Personen mit „geschwächten“ Ressourcen (vgl. Pocheptsowa et al. 2009, S.352). Denn gerade Kompromisse setzen ein intensives Evaluieren und Vergleichen verschiedener Optionen voraus: Prozesse, charakteristisch für das in solch einem Fall wegen der fehlenden Triebkraft geschwächte Reflektierende System.

Um nun die Wahl eines Extrems, so des eigentlich viel zu teuren Produkts, wie einer vollausgestatteten Fitnessstation zu rechtfertigen, tendieren die „geschwächten“ Konsumenten zu einer einseitigen Informationsverarbeitung bzw. sind zu einer unvoreingenommenen Informationsverarbeitung nicht mehr fähig (vgl. Fischer, Frey, & Greitemeyer 2008, S.392). Während intensiv nach bestätigenden Informationen, wie in diesem Beispiel Leistungsumfang oder auch Empfehlungen gesucht wird, die den Kauf untermauern und die zu treffende Kaufentscheidung als durchdacht und berechtigt darstellen könnten, werden jegliche dagegen sprechenden Informationen, wie in diesem Beispiel ein eindeutig zu hoher Preis, abgelehnt. Aus der einseitigen Informationsverarbeitung resultierend ist das Commitment der Konsumenten für ihre Entscheidung signifikant höher (vgl. Fischer et al. S.392). Dies kann im Zusammenhang mit der bereits angesprochenen Tendenz gesehen werden, Entscheidungssituationen zu entfliehen. Konsumenten sind nicht gewillt ihre Entscheidung zu überdenken und damit Gefahr zu laufen, sich aufgrund weiterführender Informationen erneut einer ressourcenfressenden Entscheidungssituation auszusetzen. Es wird deutlich, dass der Wirkzusammenhang zwischen Selbstregulation und rationaler Entscheidungsfindung nicht nur einseitig betrachtet werden kann. Insofern ein Konsument eine Entscheidung zu fällen hat, die kognitive und damit indirekt selbstregulierende Ressourcen benötigt, stehen ihm nachfolgend weniger Ressourcen zur Verfügung und eine rationale Entscheidung scheint umso schwieriger (vgl. Vohs 2006, S.220. Diesen Schluss lassen auch Bruyneels (et al. 2006, S.215-225) Studien zu. So konnte hier festgestellt werden, dass Konsumenten, die eine Reihe aktiver Entscheidungen zwischen Produkten zu fällen hatten, anschließend eher dazu neigten ein attraktiveres, aber teureres Produkt zu wählen, als Konsumenten, die klare Vorgaben, wie z.B. Marke und Sorte zu befolgen hatten (vgl. Bruyneel et al. 2006, S.222). Mögen sich bei solch einer Situation Wissenschaftler uneinig sein, inwiefern Aspekte des Stimmungsmanagements, welche in Kapitel 4.2 dieser Arbeit genauer systematisiert werden, in die Interpretation dieses Sachverhaltes integriert werden müssen, so kann die Wechselwirkung zwischen getroffener, bzw. zu treffender Entscheidung und geschwächten selbst-regulierenden Ressourcen auch an anderer Stelle nachvollzogen werden. Vohs (et al. 2008, S.888) bat Probanden in einer Studie dazu, zwischen zu belegenden Collegekursen zu wählen oder als Alternative, einfach etwas zu lesen und sich anschließend 15 Minuten für einen Mathematiktest vorzubereiten. Die Resultate dieser Studie zeigten, dass die Konsumenten, die ersteres wählten, sich also zwischen diversen Collegekursen entschieden, anschließend signifikant weniger Zeit in die Vorbereitung für den Mathematiktest investierten (vgl. Vohs et al. 2008, S.888). Dieser Sachverhalt scheint oberflächlich betrachtet einfach nur interessant, aber nicht zentral für Ansätze des Marketings, da kein eigentliches Konsumentenverhalten im Zentrum der Beobachtung steht. Allerdings erlaubt er gerade deshalb die inhaltliche Übertragung auf den Fokus dieser Arbeit und lässt den Schluss zu, dass Personen, die sich dazu entscheiden z.B. einer körperlichen Aktivität nachzugehen, weniger erfolgreich damit sein werden, wenn der eigentlichen Tätigkeit vorangehend zunächst noch eine Reihe von Entscheidungen gefällt werden müssen. Von der Festlegung einer Übungsreihenfolge im Fitnessstudio, über die Wahl eines Aerobic-Kurses, bis hin zu einer simplen Entscheidung zwischen vier zur Verfügung stehenden Tennisplätzen kann basierend auf vorangegangenem Studienergebnis von einer nachfolgend schlechteren körperlichen Gesamtleistung, hinsichtlich Dauer und Intensität ausgegangen werden. Die daraus resultierende Bedeutung externer Kontrollmechanismen kann in Kapitel 5 dieser Arbeit nachvollzogen werden. Das folgende Kapitel widmet sich nun aber zunächst den emotionalen und affektiven Aspekten einer geschwächten Selbstregulation.

3.2.2. Verlust der emotionalen Kontrolle und gesteigerte Bedeutung affektiver Einflussmechanismen

Kognitive Ressourcen spielen nicht nur bei Aspekten der Evaluation von Informationen oder der Wissensbündelung eine Rolle. Sie dienen ebenso als Kontrollinstanz für Emotionen. Fällt diese weg, so ergeben sich auch auf emotionaler Ebene zwangsläufig Konsequenzen. Baumeister (et al. 1998, S.1259) konnte so etwa feststellen, dass Probanden, die einen Gedanken - in dieser Untersuchung war es der an einen Eisbär - unterdrücken sollten, schlechter in der Lage waren, ihr Lachen bei Betrachten eines lustigen Films zu unterdrücken. Eine Untersuchung von Shmueli und Prochaska (2009, S.304) zeigte auf, dass Probanden, die einer ungesunden, verlockenden Speise zu widerstehen hatten, anschließend eine höhere Wahrscheinlichkeit aufzeigten ihrem Suchtverhalten, bzw. ihrer Gier nach Zigaretten nachzugehen, als Konsumenten, die zuvor mit Gemüse, als zu widerstehender Lebensmittelkategorie konfrontiert wurden. Auch am Point of Sale ist davon auszugehen, dass ungesunde Lebensmittel, typischerweise assoziiert mit Genuss (vgl. Raghunathan, Walker, Hoyer 2006, S.179) seitens der Probanden ein höheres Maß an selbst-regulierenden Ressourcen benötigen um ihnen widerstehen zu können. Je geschwächter diese sind, umso weniger sind die Konsumenten in der Lage die kognitiven Eigenschaften zu evaluieren, was eine Überbewertung von affektiven Produkteigenschaften durch Umgebungsfaktoren, wie die Ladengestaltung (vgl. Bitner, 1992; Lam, 2001; Turley & Milliman, 2000) umso wahrscheinlicher macht. Nur noch eingeschränkt zu einer unvoreingenommenen Informationsverarbeitung fähig (s.o.) und anfälliger für Werbemechanismen, konnte bei „geschwächten“ Konsumenten eine höhere Preisbereitschaft beobachtet werden, verglichen mit Konsumenten, deren Ressourcen nicht geschwächt wurden, (vgl. Vohs 2007, S.537). Überdies wiesen „geschwächte“ Konsumenten eine erhöhte Frequenz ungeplanter, bzw. impulsiver Käufe auf (vgl. Vohs 2007, S.537). Die Bedeutung der Überbetonung affektiver Eigenschaften wird besonders deutlich, wenn man bedenkt, dass „geschwächte“ Konsumenten eine verzerrte Zeitwahrnehmung, wie z.B. eine verstärkte Jetztorientierung aufzeigen (Vohs, Schmeichel 2003, S.229). So wird bei Kaufentscheidungen auch dann eher den Emotionen, bzw. den affektiven Einflüssen gefolgt, wenn diese Entscheidung einem langfristigen Ziel, wie beispielsweise Gewichtsverlust, entgegengesetzt ist. Um bei diesem Beispiel zu bleiben, soll ein weiteres Phänomen im Rahmen der Selbstregulation angesprochen werden, namentlich „Overeating“. Dieses „ungezügelte Essverhalten“ stellt ein Phänomen dar, dass paradoxerweise hauptsächlich bei Konsumenten auftritt, die eine Diät verfolgen (vgl. Kirschenbaum, Tomarken 1982; Lowe 1982; Ruderman, Christensen 1983; Ruderman, Wilson 1979; Tomarken, Kirschenbaum 1984; Wardle, Beales 1987). Aus der Perspektive der Selbstregulation lässt sich dieses Verhalten wie folgt begründen: Bei Personen, die eine Diät verfolgen, also ihr Ernährungsverhalten bewusst zu regulieren versuchen, kann von einer intensiven gedanklichen Auseinandersetzung (vgl. King et. al. 1987, S.157) und somit einem erhöhten Verbrauch selbstregulierender Ressourcen bei Konfrontation mit Lebensmitteln ausgegangen werden. Dies erlaubt die Vermutung, dass dementsprechend häufiger die selbstregulierenden Ressourcen bei diesen Konsumenten erschöpft werden und sie in einem folglich „geschwächten“ Zustand nichtmehr in der Lage sind ihren Impulsen zu widerstehen und dem Verhaltensmuster „Overeating“ verfallen, sodass die Art und die Menge der verzehrten Lebensmittel in keiner Weise mehr den eigentlich verfolgten Zielvorstellungen entspricht. Erscheint dieser Sachverhalt paradox, lässt er doch den Schluss zu, es wäre nicht zu solch einem impulsiven und zügellosen Ernährungsverhalten gekommen, wenn die Konsumenten sich um ihre Ernährung weniger Gedanken gemacht hätten und somit weniger Ressourcen verbraucht hätten um ihrem langfristigen Ziel, in diesem Fall Gewichtsreduktion, zu entsprechen. Auf diesen Befunden basierend, kann gefolgert werden, dass die Höhe der zur Verfügung stehenden selbstregulierenden Ressourcen einen direkten Einfluss auf die Art und Menge der verzehrten Lebensmittel zu haben scheint. Auf den Fokus dieser Arbeit bezogen ist also davon auszugehen, dass ein geringeres Maß an selbstregulierenden Ressourcen in einer unvernünftigeren und somit weniger gesunden Ernährungsentscheidung mündet. Dies begründet die Formulierung der folgenden Hypothese:

Hypothese 2*: „Je höher die zur Verfügung stehenden mentalen Ressourcen der Selbstregulation nach körperlicher Aktivität, desto gesündere Konsumentscheidungen bei Lebensmitteln werden getroffen.“

Mit sportlicher Aktivität und einem gesunden Ernährungsverhalten sind zumeist übergeordnete Ziele verbunden, deren zentrale Bedeutung im Konstrukt der Selbstregulation im nachfolgenden Kapitel genauer erörtert wird.

4. Bedingungen des Versagens von Selbstregulation beim Konsum von Lebensmitteln und bei körperlicher Aktivität

4.1. Fehlende Standards und mangelnde Motivation im Rahmen selbstregulierender Prozesse

4.1.1. Setzen von Zielen als Motivationsanker

Fragt man Personen, die regelmäßig Sport treiben nach ihren Beweggründen, so ist eine Vielzahl von Antworten vorstellbar. Einerseits werden sich viele finden, die Sport mit einem Ziel, wie Gewichtsreduktion oder aber mit Gewichtszunahme, in Form von Muskelmasse, verbinden. Vorstellbar sind auch Nebeneffekte, wie das Gefühl der Zugehörigkeit in einem Verein oder aber das Knüpfen und Pflegen sozialer Kontakte, beispielsweise in einem Fitnessstudio. Schließlich kann Sport auch dem Stressabbau dienen, so dass nicht der Sport oder das sportliche Umfeld selbst im Vordergrund stehen, sondern der direkte Zustand danach. Genau auf diesen unterschiedlichen Wurzeln der Motivation baut der empirische Teil dieser Arbeit auf, immer im Hinblick auf das Konstrukt der Selbstregulation. In diesem Kapitel soll nun zunächst der erste Beweggrund, also das verfolgte „Ziel“ aufgegriffen werden. „Standards“ spielen eine zentrale Bedeutung, wenn es darum geht selbstreguliert agieren zu können. Aus der Definition „standards refer to goals, ideals, norms and other guidelines that specify the desired response“ (Baumeister 2002, S.671) wird desweiteren die Bedeutung von Zielen als Teil dieses Konstrukts nur allzu deutlich. Ziele sind es, an denen sich rationale Entscheidungen ausrichten, bzw. an denen evaluiert wird, ob eine spezielle Entscheidungsoption ausgeführt werden soll oder nicht. Selbstregulierende Ressourcen werden, wie im vorangegangenen Kapitel dargestellt, schließlich benötigt um eine zielkonforme Entscheidung zu fällen und diese auch in die Tat umzusetzen. Wie bereits erläutert, sind Konsumenten, deren selbstregulierende Ressourcen geschwächt sind, nichtmehr in der Lage eine rationale Entscheidung zu fällen und ihre Emotionen zu kontrollieren. Daraus ergibt sich eine Zuwiderhandlung bezüglich der eigentlich verfolgten Ziele. Im Folgenden sollen nun zunächst die generelle Beschaffenheit von Zielen und typische Techniken im Verfolgen der selbigen genauer betrachtet werden, um zu zeigen, welche Faktoren zum Beispiel unterstützend wirken um auch langfristig in der Lage zu sein zielkonform handeln zu können.

Ziele können zum Teil sehr abstrakt und komplex gestaltet sein. Ist dies der Fall, so ist es eine typische und effektive Maßnahme hinsichtlich des Verbrauchs selbstregulierender Ressourcen, ein Ziel in diverse Unterziele aufzuteilen (vgl. Fishbach, Dhar und Zhang 2006, S.240). Möchte eine Person also ihr Gewicht reduzieren, so kann sie zum Einen versuchen ihre Kalorienaufnahme zu minimieren und zum anderen ihren Kalorienverbrauch zu maximieren. Kaskadenförmig lässt sich nun jedes Unterziel weiter unterteilen und konkretisieren, bis klare, leicht erreichbare Zielsetzungen geschaffen worden sind, wie etwa Montags um 16:00 Uhr in den Aerobic-Kurs zu gehen oder keine Schokolade mehr zu kaufen. Durch die entstandenen mentalen Verknüpfungen zwischen erwünschtem Verhalten, bezogen auf jeweils nur eine Situation, wird ein zielkonformes Verhalten wahrscheinlicher, da situative Hindernisse leichter überwunden werden können (vgl. Gollwitzer, 1999; Gollwitzer und Brandstaetter, 1997). Jedoch verfolgen Personen zumeist nicht nur ein übergeordnetes Ziel, vielmehr werden eine Reihe von Zielen verfolgt und jeweils in kleinere, kompaktere Ziele unterteilt (vgl. Fishbach, Shah, & Kruglanski 2004; Kruglanski et al. 2002). Durch das hierdurch entstehende komplexe Netzwerk kann nur allzu leicht das eigentlich verfolgte übergeordnete Ziel aus den Augen verloren werden. So wurde Probanden in einer Studie mit dem Hauptziel „in Form zu bleiben“ mitgeteilt, dass ihr Workout weitaus intensiver sei, als das anderer (vgl. Fishbach et al. 2006, S.240). In Folge dessen sank die Wahrscheinlichkeit, dass sie ihre Diät fortführten und weiterhin die hohe Workoutintensität beibehielten (vgl. Fishbach et al. S.240). Fand bei den Probanden jedoch vor dieser Mitteilung ein Priming auf ihr übergeordnetes Ziel statt, war genau der gegenteilige Effekt beobachtbar und die Probanden waren umso mehr daran interessiert die Workoutintensität und die verfolgte Diät beizubehalten. (vgl. Fishbach et al. 2006, S.240). Im ersten Fall kann gefolgert werden, dass die eigentlich einander unterstützenden Unterziele einen substituierenden Charakter erhalten, da das Hauptziel aus den Augen verloren wurde (vgl. Fishbach et al. 2006, S.240). Dieser Aspekt ist beispielhaft für ein selbstbetrügerisches Verhalten, da eine Person sich so etwa ein ungesundes Lebensmittel auf Grund der zuvor geleisteten körperlichen Aktivität gönnen würde.

Hat angestrebter Erfolg bei Unterzielen also einen den Erfolg des Hauptziels verringernden Charakter, kann ein Misserfolg bei einem Unterziel, so zum Beispiel eine sehr kalorienreiche Mahlzeit, als motivationssteigernd bezeichnet werden. Diesen Zusammenhang verdeutlichend, würde eine Person in jenem Beispiel also „wenigstens“ Sport treiben, da sie schon beim Essen „gesündigt“ hat. Zwar sorgt dies für ein gewisses Gleichgewicht, doch gestaltet sich die Zielverfolgung von Personen durch zum Teil oben beschriebene Effekte zumeist weitaus schwieriger und langfristiger als zunächst gedacht. Die nötige Selbstregulation um das übergeordnete Ziel dennoch langfristig zu verfolgen, lässt sich dann grundsätzlich durch zwei Ansätze aufrecht erhalten. Entweder kann der Fokus auf die bereits erbrachte Leistung gelegt werden, oder aber auf die noch bestehende Diskrepanz zwischen tatsächlichem und erwünschtem Zustand (vgl. Fishbach, Dhar 2005; Fishbach et al. 2006). Die Wahl der Ist-Zustand- oder Soll- Zustand Perspektive ist hierbei von dem jeweiligen Commitment der Person abhängig (vgl. Koo, Fishbach 2008, S.183). Weist eine Person ein sehr hohes Commitment auf, ist ihr also das übergeordnete Ziel sehr wichtig, so ist es weniger wahrscheinlich, dass sie dieses aus den Augen verliert und es empfiehlt sich den Fokus auf die noch zu erbringende Leistung zu legen (vgl. Koo, Fishbach 2008, S.192). Es ist anzunehmen, dass dies zum einen zu Beginn der Zielsetzung der Fall ist, also wenn z.B. gerade der Entschluss gefasst wurde, 10 Kilo an Gewicht zu verlieren. Das ergibt sich auch aus der Überlegung, dass die andere Alternative, also die Betrachtung der bereits erbrachten Leistung, die für gewöhnlich zu Beginn nicht existent ist, nicht in Frage kommt. Besteht nun eine zunächst größer werdende Gefahr das Hauptziel aus den Augen zu verlieren und den Fokus auf kleinere Unterziele zu legen, kann davon ausgegangen werden, dass mit steigender Erreichbarkeit des angestrebten Hauptziels, also mit z.B. nur noch zwei fehlenden Kilogramm, das Commitment nochmal steigt und somit auch die verschiedenen Unterziele einen einander wieder unterstützenden Charakter erhalten (vgl. Fishbach et al. 2006, S.233). Dies kann dadurch erklärt werden, dass Personen, die ihr Ziel in greifbarer Nähe sehen, vermutlich optimistischer sind, dieses auch zu erreichen. Insofern das Ziel eine hohe Priorität besitzt, konnte festgestellt werden, dass „optimistische Personen ein gesteigertes Zielengagement und eine höhere Wahrscheinlichkeit aufweisen, das Ziel auch zu erreichen, als jene Personen, die weniger optimistisch sind“ (eigene Übersetzung; Geers, Wellman and Lassiter 2009, S.113). Bei Zielen mit geringer Priorität konnte dieser Zusammenhang allerdings nicht festgestellt werden (vgl. Geers et al. 2009, S.113). Im Hinblick auf die selbstregulierenden Ressourcen sollte in diesem Abschnitt erwähnt werden, dass eine Person, insofern sie bereits ein für sie wichtiges Ziel mit Optimismus verfolgt, sie bei Hinzukommen eines weiteren für sie wichtigen Ziels, dieses nicht mit dem gleichen Engagement verfolgt (vgl. Geers et al. 2009, S.929) und das dieser Zusammenhang eine „höhere Flexibilität der selbstregulierenden Ressourcen bei optimistischen Personen illustriert“ (eigene Übersetzung; Geers et al. 2009, S.930).

Findet sich die Person allerdings in einem Zwischenbereich wieder, oder hat das Ziel für sie eine nicht allzu große Priorität, so sollte der Fokus auf dem bereits Erreichten liegen (vgl. Koo, Fishbach 2008, S.183). Die Komplexität dieses Zusammenhangs soll anhand eines fiktiven Beispiels verdeutlicht werden: Geht es um das Ziel der körperlichen Fitness und Gewichtsreduktion, so wird eine Person mit hohem Commitment im Hinblick darauf, die Diskrepanz zu dem angestrebten Sollzustand zu verringern, eher in dieser Woche trainieren, wenn weder letzte, noch kommende Woche ein Training möglich war, bzw. sein wird. Ist das Commitment aber eher gering, so verhält sich diese Person, wie zuvor beschrieben, eher einzelzielorientiert und ein gegenteiliges Verhalten ist zu beobachten. Aufgrund der fehlenden, bzw. schwächelnden Eigenmotivation orientiert sie sich an fixen Plänen und wird erst recht dann trainieren, wenn bereits letzte Woche trainiert wurde und auch in der kommenden Woche von einer Trainingseinheit ausgegangen wird. In diesem Fall ist Monitoring, verstanden als „keeping track of the relevant behaviour“ (Baumeister 2002, S. 672) von großer Bedeutung und soll daher im folgenden Kapitel genauer betrachtet werden.

4.1.2. Monitoring als Mittel zur langfristigen Zielerreichung

Um ein Ziel langfristig verfolgen zu können, ist es zum Einen unabdingbar das eigentliche Ziel im Auge zu behalten, zum Anderen muss die Person in der Lage sein, ihr eigenes Verhalten derart beurteilen zu können, wie dieses im Verhältnis zum angestrebten Ziel (Sollzustand) steht. So konnten bereits Polivy und Kollegen (vgl. 1986, S. 1259) empirisch belegen, dass wenn Personen ihre Fähigkeit zur Selbstreflektion verlieren, ihre Selbstregulation zusammenbricht. In jener empirischen Untersuchung sollten zunächst Diäthaltende und Nichtdiäthaltende Probanden zwei große Milkshakes konsumieren. Im Folgenden wurde ihnen Schokolade angeboten und es konnte überraschenderweise festgestellt werden, dass die Gruppe der Diäthaltenden signifikant mehr Schokolade konsumierte, als Diäthaltende in einer Kontrollgruppe, die zuvor keine Milkshakes konsumiert hatten (vgl. Polivy et al. 1987, S. 1259). Sobald also das zielkonforme Diätverhalten durch Diätshakes gebrochen wurde, verloren die Probanden jegliche Fähigkeit zur Selbstreflektion und das bereits zuvor angesprochene Phänomen des Overeating wurde begünstigt. Um die Fähigkeit hoch zu halten das vorhandene Pensum an selbstregulierenden Ressourcen über Monitoring optimal zu nutzen, müssen Personen versuchen, ihre Fähigkeit zur Selbstreflektion künstlich hoch zu halten. Bewusst scheint dies aber kaum möglich bzw. wäre unter Umständen sogar kontraproduktiv. Denn um die eigene Reflektion im Fokus zu behalten, würde man Ressourcen benötigen, die infolgedessen der Reflektion selbst nicht mehr zur Verfügung stünden. Dennoch sind kleinere Techniken oder Werkzeuge durchaus vorstellbar, die die internen Ressourcen entlasten sollten. Im Rahmen einer Diät wäre so z.B. der tägliche Gang auf die Waage denkbar, ein Vorgang, der selbstregulierenden Ressourcen zunächst nicht allzu viel abverlangen sollte. Als problematisch anzusehen ist allerdings die Gefahr der Überbewertung von kleineren Gewichtsschwankungen, bis hin zu einer krankhaften Essstörung. Mit Hinblick hierauf wurde unlängst eine Studie unter dem Titel „Stop Regain“ durchgeführt, die durch den Vergleich zweier Gruppen über 18 Monate hinweg festhalten wollte, ob mit täglichem Wiegen auch negative Effekte einhergingen (vgl. Wing et al. 2007, S.652-656). Mit der Theorie der Selbstregulation einhergehend, konnten im Rahmen dieser Studie allerdings nur positive Effekte, wie eine gestärkte Diät und sogar eine Verringerung von depressiven Symptomen festgestellt werden (vgl. Wing et al. 2007, S.655). Dennoch sollte dieser Befund mit Bedacht interpretiert werden, ging es in dieser Studie um den Vergleich zweier Gruppen, die beide zuvor bereits erfolgreich an Gewicht verloren hatten und der Schwerpunkt darin lag das Gewicht zu halten und nicht noch einmal zuzunehmen (vgl. Wing et al. 2007, S.655). Die Ergebnisse sind von daher nicht ohne Weiteres auf jemanden übertragbar, der im Rahmen einer Diät versucht Gewicht zu verlieren. Im Kontext sportlicher Tätigkeiten wäre ebenso die schriftliche Fixierung zielrelevanten Verhaltens denkbar, so etwa jegliche Leistungssteigerungen oder absolvierte Trainingseinheiten. So könnten rückblickend sehr viel einfacher Leistungsstagnationen, aber auch eine sich verringernde Trainingsfrequenz erfasst werden. Werden zusätzlich Faktoren, wie Kalorienaufnahme vermerkt, sollte anzunehmen sein, dass eine Person sehr viel eher in der Lage sein wird, ihr übergeordnetes Ziel im Fokus zu behalten und evtl. mangelnde Fortschritte oder gar Leistungseinbrüche basierend auf den Erkenntnissen des vorherigen Kapitels daher als motivationssteigernd zu empfinden. Die Fähigkeit des Monitoring unterstützend, würde man mit dieser Technik aber gleichermaßen Gefahr laufen selbstregulierende Ressourcen zu verbrauchen, da man sich jedes Mal erneut überwinden müsste, nicht nur die Kalorien oder Sporteinheiten festzuhalten, sondern sich in Folge dessen auch bewusst damit auseinanderzusetzen. Es erscheint absurd selbstregulierende Ressourcen zu verbrauchen, um das Monitoring im Hinblick auf eine langfristige Selbstregulation aufrecht zu erhalten und es wird deutlich, dass wohl ein anderer Ansatz zu wählen ist. Statt also nach Faktoren zu suchen, die das Monitoring künstlich auf hohem Niveau zu halten in der Lage sind, kann im Umkehrschluss ebenso nach Faktoren, die die Fähigkeit zur Selbstregulation hierzu signifikant schwächen gesucht werden, um diese umgehen zu können. Als ein solcher Faktor kann Alkoholkonsum bezeichnet werden. Durch Selbigen wird der Einfluss impulsiver Variablen erhöht, während gleichzeitig die Fähigkeit zur Reflektion der Ziele und des eigenen Verhaltens vermindert wird (vgl. Hoffman, Friese 2008, S.421). Auf den ersten Blick erscheint dies schon fast belanglos, da wohl nur die wenigsten Personen alkoholisiert am Point of Sale agieren. Betrachtet man aber die wachsende Bedeutung des E-Commerce, so wird die Gefahr von Alkoholkonsum als direkter negativer Einflussfaktor ersichtlich. Doch auch indirekt kann Alkoholkonsum starken Einfluss auf das klassische Konsumverhalten, wie aber auch auf sportliche Betätigung haben. Man nehme an, eine Person, namentlich Tina, ist an einem Freitagabend mit einem Bekannten verabredet. Am Folgetag möchte sie zur Probe in einen zweistündigen Aerobic-Kurs. Dieser beginnt schon um 10:00 morgens, weswegen sich Tina entsprechend dieses „Ziels“ die Verhaltensvorschrift gebildet hat, nur gemütlich etwas zu essen und dann früh zu Bett zu gehen. Zum Essen bestellt sie ein Glas Wein. Ein realistisches Szenario ist durchaus, dass es nicht bei einem Glas bleibt und mit steigendem Alkoholkonsum die Wahrscheinlichkeit eines rechtzeitigen Ausgangs des Abends stark sinkt. Irgendwann bemerkt sie, wie spät es bereits ist, bestellt sich mitten in der Nacht ein Taxi, verschläft am nächsten Morgen und nimmt sich vor, einfach in der Folgewoche das Probetraining in Anspruch zu nehmen. Ein offensichtlicher Ratschlag wäre es also beim Verfolgen von Zielen, z.B. auf Alkohol zu verzichten. Allerdings ist hier wiederrum die Problematik der limitierten selbstregulierenden Ressourcen zu beachten. So entwickelt sich bereits das erste Glas Wein, das normalerweise kategorisch bestellt würde, zu einem Schuld hervorrufenden Faktor. Dementsprechend würden selbstregulierende Ressourcen benötigt um zielkonform zu handeln, also in diesem Fall etwa nur eine Cola zu bestellen. Möchte sie ihr Training am nächsten Morgen auch durch ihre Kalorienaufnahme unterstützen, so wäre selbst die Cola verboten und nur etwa ein Glas Wasser käme in Frage. Um der Einfachheit halber bei obigem Beispiel zu bleiben, wird die Situation umso schwieriger, insofern der Gegenüber seinem Gewohnheitsmuster Folge leistet und selbst nicht auf seine kategorische Karaffe Wein verzichtet. In diesem Fall würde Tina nicht nur einmal Ressourcen benötigen um die Entscheidung gegen Alkohol zu fällen sondern wäre für den Rest des Abends auf Grund ihres Gegenübers mit dieser Entscheidung und der Versuchung konfrontiert und würde somit wiederum ein hohes Maß an selbstregulierenden Ressourcen benötigen. Die Problematik der direkten Konfrontation wird durch den mit Monitoring im Zusammenhang stehenden zentralen Begriff „Attention“, bzw. Aufmerksamkeit umschrieben. Aktuelle Studien machen die Bedeutung dieses Konstrukts deutlich. So konnten Probanden ein Hebegewicht bedeutend länger hochhalten, wenn sie währenddessen eine mathematische Aufgabe zu lösen hatten, als Probanden, die sich auf ihre körperliche Belastung konzentrieren sollten (vgl. Alberts et al. 2008, S.331). Hinzu kommt ein zweiter Befund der selben Studie, in der die Leistung der Probanden, die eine Mathematikaufgabe während der Belastung auszuführen hatten, verglichen wurde mit der Leistung der Testpersonen, die die gleiche Aufgabe unmittelbar vor der körperlichen Belastung zu lösen hatten. Als Ergebnis war die Leistung der Probanden, die die Aufgabe während der körperlichen Belastung auszuführen hatten signifikant besser (vgl. Alberts et al. 2008, S.332). Aufgrund dessen kann davon ausgegangen werden, dass die grundlegende Idee der limitierten Ressourcen zumindest um einen subjektiven Faktor erweitert werden sollte (vgl. Alberts et al. 2008, S.333). Denn obwohl in beiden Fällen die identischen Übungen ausgeführt werden sollten und nur die Reihenfolge sich unterschied, waren signifikante Leistungsunterschiede zu erkennen. Als Grund hierfür kann die Aufmerksamkeit der Probanden gesehen werden. In der sequenziellen Durchführung der Übungen, kann davon ausgegangen werden, dass die Aufmerksamkeit der Probanden jeweils auf der gerade auszuführenden Übung lag. Wurden die Übungen parallel durchgeführt und wurde der kognitive Fokus auf die leichtere der beiden Übungen, die mathematische Aufgabe, gelegt, so wurde die sportliche Übung eher unbewusst durchgeführt, was wiederum ein geringeres Maß an benötigten selbstregulierenden Ressourcen impliziert. Die Ergebnisse dieser Studie lassen den Schluss zu, dass Ablenkungsstrategien als wirksame Techniken angesehen werden können, um selbstregulierenden Belastungen länger Stand zu halten und den Zustand der „Ego Depletion“ zu verhindern (vgl. Alberts et al. 2008, S.333). Um zu dem ursprünglichen Beispiel dieses Kapitels zurückzukehren, hätte Tina ihren Fokus in eine andere Richtung lenken sollen, wie etwa den Aerobic-Kurs am nächsten Morgen. Sie hätte darüber nachdenken und sich darüber unterhalten können, was sie wohl mitbringen sollte oder wie gut es rein theoretisch für sie wäre, diesen Kurs langfristig zu besuchen. Durch dieses Verfahren hätte sie zum Einen ihre Aufmerksamkeit von den akuten Verführungen weggelenkt und zum anderen ihr Monitoring auf das langfristige Ziel der körperlichen Fitness ausgerichtet. Auf Basis dieser Befunde wird in dieser Arbeit davon ausgegangen, dass nicht die körperliche Aktivität selbst sondern das bewusst wahrgenommene Ausmaß der selbigen, bzw. die empfundene Anstrengung für den Ressourcenverbrauch der Selbstregulation verantwortlich ist. Daher wird zunächst folgende Hypothese formuliert:

Hypothese 1a*: „Je höher das empfundene Ausmaß körperlicher Anstrengung bei körperlicher Aktivität, desto höher ist der Verbrauch der zur Verfügung stehenden Ressourcen der Selbstregulation.“

Basierend auf den bereits diskutierten Auswirkungen einer geschwächten Selbstregulation auf die Fähigkeit der rationalen Entscheidungsfindung sowie Bezug nehmend auf die mit einer geschwächten Selbstregulation einhergehende Schwächung der Fähigkeit zum Monitoring, was in einer geschwächten Zielverfolgung resultiert, wird im Rahmen dieser Arbeit hypothetisiert, dass das Ausmaß der empfundenen Anstrengung einen signifikanten Einfluss auf eine anschließende Entscheidung zwischen einer gesunden und ungesunden Ernährungsalternative hat.

[...]


* Die Nummerierung ist der logisch schlüssigen Reihenfolge des empirischen Teils dieser Arbeit entnommen und entspricht nicht der Herleitungsreihenfolge.

* Die Nummerierung ist der logisch schlüssigen Reihenfolge des empirischen Teils dieser Arbeit entnommen und entspricht nicht der Herleitungsreihenfolge.

Ende der Leseprobe aus 125 Seiten

Details

Titel
Fit durch Fast Food? Selbstbetrügerische Wege zur Wunschfigur
Untertitel
Die Bedeutung selbstregulierender Prozesse für den Konsum von Lebensmitteln
Hochschule
Universität des Saarlandes  (Institut für Konsum und Verhaltensforschung)
Note
1,3
Autoren
Jahr
2009
Seiten
125
Katalognummer
V169736
ISBN (eBook)
9783668204539
ISBN (Buch)
9783668204546
Dateigröße
3384 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
fast, food, selbstbetrügerische, wege, wunschfigur, bedeutung, prozesse, konsum, lebensmitteln
Arbeit zitieren
Marco Kunze (Autor:in)Martin Loytved (Autor:in), 2009, Fit durch Fast Food? Selbstbetrügerische Wege zur Wunschfigur, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/169736

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