Angelika Kauffmann - Die Schweizer Porträtmalerin


Fachbuch, 2011

35 Seiten


Leseprobe


Angelika Kauffmann – Die Schweizer Porträtmalerin

Zu den berühmtesten Porträt- und Historienmalerinnen des 18. Jahrhunderts zählte die aus der Schweiz stammende Künstlerin Angelika Kauffmann (1741–1807). Ihre Porträtkunst wurde von englischen Malern beeinflusst. Bei der Wahl ihrer historischen Motive bevorzugte sie Themen aus der Antike und zeitgenössischen Literatur. Der deutsche Theologe und Dichter Johann Gottfried Herder (1744–1803) lobte sie mit den Worten: „Bei aller demütigen Engelsklarheit und Unschuld ist sie vielleicht die kultivierteste Frau in Europa“.

Maria Anna Angelika Catharina Kauffmann kam am 30. Oktober 1741 in Chur im schweizerischen Kanton Graubünden zur Welt. Sie war das einzige Kind des aus Vorarlberg (Österreich) stammenden Porträt- und Freskenmalers Joseph Johann Kauffmann (1707–1782) und seiner zweiten Ehefrau, der Hebamme Cleophea Kauffmann (1717–1757), geborene Lutz. Ihr Vater arbeitete damals am bischöflichen Schloss in Chur. Das Geburtshaus von Angelika in der Reichsgasse 57 von Chur steht heute noch. In der Literatur findet man zuweilen die Schreibweise „Angelica“ ihres Vornamens.

Angelika verbrachte den größten Teil ihrer Kindheit am bzw. nahe des Comer Sees in Norditalien. Dorthin hatten Malaufträge ihren Vater geführt. Anfangs hielt sich die Familie Kauffmann in Morbegno auf, 1752 zog sie nach Como und blieb bis 1754. In dieser Stadt am Comer See wurden die Grafen von Salis die größten Auftraggeber des Vaters und später auch von Angelika. Vom Vater lernte Angelika das Lesen und Schreiben.

Als der Vater sie im Schreiben unterrichtete, bemerkte er, „wann er ihr zur Nachbildung der Buchstaben gewisse Vorschriften in die Hände gab, nicht ohne Verwunderung, daß sie die Figuren, die etwa zur Zierde darauf angebracht waren, mit mehr Leichtigkeit und Geschmack, als die Schriftzüge selbst abbildete: auch fesselte sie jeder Kupferstich, jede Gypsform, jedes Gemählde ihre Aufmerksamkeit, sie brachte ganze Tage auf dem Arbeits-Zimmer ihres Vaters zu, und nährte ihre Neugierde nach Gegenständen der Kunst mit eben jeder Freude, mit welcher andere Kinder ihre Zeit mit Spiel und Scherz zu vertreiben pflegten.“ Mit Feder und Reißzeug des Vaters versuchte Angelika, Kupferstiche und Zeichnungen zu kopieren. Ihrem Vater, der nur als mittelmäßiger Maler galt, wurde bald klar, dass dies keine vorübergehende kindische Neigung seiner Tochter war, sondern dass diese ein großes Talent hatte.

Der Vater gab Angelika auch Musikunterricht. Die Mutter lehrte sie Sprachen, zuerst Deutsch und Italienisch, später Englisch und Französisch. Eine reguläre Ausbildung gab es damals für Mädchen nicht.

Die kleine Angelika malte 1752 im Alter von nur elf Jahren ein Porträt in Pastell des Bischofs von Como, Monsignore Agostino M. Nevroni (gestorben 1760), das diesem sehr gut gefiel. Ihr künstlerisches Vorbild war die damalige venezianische Malerin Rosalba Carriera (1675–1757). Angelika war noch nicht ganz zwölf Jahre alt, als sie 1753 ihr erstes Selbstbildnis malte.

Von 1754 bis 1757 reiste die Familie Kauffmann durch Italien. In Mailand hielt sie sich auf dem Sitz eines österreichischen Generalgouverneurs, am Hof des Herzogs Francesco III. d’Este (1698–1780), auf. In Mailand übte sich Angelika im Kopieren alter Meister, malte Porträts von Adeligen in Pastel und nahm Gesangs- und Musikunterricht

Nach dem frühen Tod der Mutter am 1. März 1757 in Mailand zog Angelika mit ihrem Vater ins väterliche Haus nach Schwarzenberg im Bregenzerwald in Vorarlberg (Österreich). In diesem Ort entstanden weitere Jugendwerke von Angelika.

Nach einem verheerenden Brand in der Kirche von Schwarzenberg übernahm Joseph Johann Kauffmann die innere Ausgestaltung des wieder aufgebauten Gotteshauses. Angelika malte über den Kreuzwegstationen der Langhauswände zwölf Halbfiguren der Apostel nach Vorlagen von Giovanni Battista Piazzetta (1682–1754) und später auch noch das Bild des Hochaltars. Diese Fresken waren ihre ersten und einzigen Wandmalereien.

Von 1757 bis 1759 unternahmen Vater und Tochter Auftragsreisen nach Meersburg am Bodensee und Tettnang im Hinterland des Bodensees, bei denen Angelika unter anderem den Fürstbischof von Konstanz, Franz Konrad von Rodt (1706–1775), sowie Mitglieder der gräflichen Familie von Montfort porträtierte.

1760 brach Angelika mit ihrem Vater wieder nach Italien auf, wo sie die Kunst der Antike und der Renaissance studieren wollte. Das für diese Reise erforderliche Geld verdienten beide, indem sie in Graubünden und im Veltlin von Einheimischen Porträts malten.

Von 1760 bis 1762 hielten sich Angelika und ihr Vater in Mailand, Modena und Parma auf. Am 9. Juni 1762 trafen sie in Florenz ein. Am 5. Oktober jenes Jahres wählte man Joseph Johann Kauffmann zum Ehrenmitglied der „Academia Clementina di Bologna“. Fünf Tage später erhielt Angelika das Diplom der „Academia del Disegno“.

Ab Januar 1763 wohnten Angelika und ihr Vater in Rom. In der italienischen Hauptstadt blieben sie bis 1766. Vom 6. Juli 1763 bis zum 12. April 1764 besuchten Angelika und ihr Vater Neapel und Ischia. In Ischia konnte Angelika im „Palazzo Capodimonte“ Kopien anfertigen. Anschließend bedankte sie sich beim minderjährigen König Ferdinand IV. (1751–1825) von Neapel für die Erlaubnis hierzu.

In Rom malte Angelika 1764 den deutschen Archäologen und Kunstgelehrten Johann Joachim Winckelmann (1717–1768), der sie mit der Welt der Antike vertraut machte und in die Gesellschaft einführte. Winckelmann gilt mit seinem Hauptwerk „Geschichte der Kunst des Altertums“ (1764) als Begründer der Archäologie.

Erheblichen Einfluss auf Angelika Kaufmanns künstlerische Arbeit übte der in Rom arbeitende deutsche Maler Anton Raffael Mengs (1728–1779) aus. Fortan vereinigten ihre Werke sowohl die klassische Gemessenheit als auch die Leichtigkeit der Rokokomalerei.

In der italienischen Hauptstadt fertigte Angelika vor allem für reiche Engländer Porträts an. Das 1764 von ihre geschaffene Porträt des bekannten englischen Schauspielers David Garrick (1717–1779) gelang ihr so gut, dass es ihr Vater zur Ausstellung der „Society of Arts“ schickte. Dank dieses Werkes wurde Angelika auch in England berühmt.

Angelika Kaufmann selbst wurde 1764 von dem englischen Maler Nathaniel Dance (1735–1811), der sich damals in Italien aufhielt, gemalt. Er verliebte sich in die erfolgreiche Malerin, kehrte aber 1765 nach London zurück und wurde in der Folgezeit in England als Porträt- und Historienmaler berühmt. 1783 heiratete er eine wohlhabende Witwe, 1790 wurde er Politiker und 1800 Baron und nahm den Namen Dance-Holland an.

Mit dem Gemälde „Die Hoffnung“ erreichte Angelika am 5. Mai 1765 ihre Aufnahme als Mitglied in die „Accademia di San Luca“ in Rom. Am 1. Juli 1765 reisten Vater und Tochter über Bologna nach Venedig, um dort große Meister im Original zu studieren.

Der Empfehlung von Lady Wentworth, der Gattin des englischen Gesandten, folgend, reisten Angelika und ihr Vater im Frühjahr 1766 von Italien nach London. Dort trafen sie am 22. Juni 1766 ein und bezogen kurz danach vorübergehend eine Wohnung in der Suffolk Street in Charing Cross.

Als Angelika in London ankam, hoffte angeblich ihr Verehrer Nathaniel Dance auf eine Fortsetzung ihrer Beziehung. Was dann folgte, wird in der Literatur aber sehr unterschiedlich geschildert. Einerseits heißt es, das Verhältnis der Beiden habe Stoff für reichlich viel Klatsch geboten. Andererseits liest man, die kokette Angelika habe herzlos ihre Freundschaft mit Dance gebrochen.

Der Vater von Angelika besuchte am 30. Juni 1766 den berühmten Maler Joshua Reynolds (1723–1792) in dessen Atelier. Am 20. Oktober 1766 schuf die nicht ganz 25 Jahre alte Angelika ein Porträt des 43-jährigen Reynolds. Letzterer war angeblich so sehr von ihr so angetan, dass er ihr einen Heiratsantrag machte, den Angelika jedoch ablehnte. Trotzdem förderte Reynolds weiterhin die Karriere von Angelika in England. In der Literatur heißt es, Angelika hätte vielleicht eine Affäre mit dem merklich älteren Reynolds gehabt. In der britischen Hauptstadt gehörten die Kauffmanns bald den besseren Kreisen an und wurden regelrecht mit Aufträgen überhäuft. Die führenden englischen Porträtmaler Thomas Gainsborough (1727–1788) und der erwähnte Sir Joshua Reynold beeinflussten Angelika bei ihren Einzelporträts und Gruppenbildern.

Neben mythologischen und historischen Motiven malte Angelika in England auch Allegorien und Themen aus der zeitgenössischen Literatur. Besonders tat sie sich in der Porträtmalerei hervor, die ihren internationalen Ruf begründete und mehrte. Der schottische Architekt Robert Adam (1728–1792) gab ihr mehrfach Maler-Aufträge zur Ausführung von Wand-, Decken- und Kamindekorationen. Außerdem fertigte sie Radierungen an. Ein Zeitgenosse rühmte die in England so überaus erfolgreiche Angelika: „The whole world ist angelicamad“.

In England fiel Angelika auf einen geldgierigen Heiratsschwindler herein. Dieser war attraktiv, geistreich, redegewandt, höflich und gab sich als schwedischer Graf Frederick von Horn aus. In Wirklichkeit war er nur der Kammerdiener eines Grafen mit diesem Namen gewesen, in dessen Rolle geschlüpft und von der feinen Gesellschaft in London aufgenommen worden.

Bald fand der gerissene Betrüger den Weg zum Herzen von Angelika. Er bot ihr an, sein Vermögen mit ihr und ihrem Vater, dessen gehorsamer Sohn er werden wolle, zu teilen. Eines Tages log er Angelika vor, er habe sein Heimatland verlassen, weil seine Feinde ihn beschuldigt hätten, an einer Verschwörung gegen den schwedischen König beteiligt gewesen zu sein. Der schwedische Gesandte am britischen Hofe fordere jetzt seine Auslieferung und er müsse sich deswegen von Angelika trennen. Für ihn gäbe es nur eine Rettung, wenn Angelika seine Gattin würde. Dann sei er gewiss, dass die königliche Familie in Schweden, die Angelika liebe und schätze, nicht zulassen würde, dass man deren Gemahl ins Gefängnis schleppe. Entweder würde er schnell ihr Gatte oder er sei auf immer verloren.

Am 22. November 1767 heiratete Angelika in einer katholischen Kapelle heimlich den vermeintlichen Grafen. Unvorsichtigerweise verlangte der Priester, der die kirchliche Trauung vornahm, keine Taufscheine. Kurz darauf erfuhr Angelika von ihrem Ehemann, dass dieser wegen des Ausbleibens erwarteter Gelder von zudringlichen Gläubigern verfolgt und bedroht würde. Damit erschlich sich der Betrüger Geld von Angelika.

Nach drei Wochen erfuhr der Vater von der heimlichen Ehe seiner Tochter und der angeblichen misslichen Lage seines Schwiegersohnes, der in Wirklichkeit nach und nach das Vermögen von Angelika in seinen Besitz bringen wollte. Bald bekamen der Vater, Angelika und deren Freunde erhebliche Zweifel an der Person des angeblichen Grafen und der Verdacht eines Betruges wuchs immer mehr. Dies blieb dem betrügerischen Ehemann nicht verborgen. Er beschuldigte den Vater als Urheber der Verdächtigungen, verbot Angelika den Umfang mit ihm, vertrieb Freunde, kündigte die Wohnung und erklärte, er wolle mit seiner Gattin das ungastliche London verlassen. Doch Angelika antwortete, sie werde nicht aus London weggehen, ehe sie nicht volle Gewissheit über seinen Stand und seine Finanzen habe und sie würde sich niemals von ihrem Vater trennen.

Nach einer Auseinandersetzung mit dem Vater von Angelika nahm der Betrüger Geld, setzte seinen Hut auf, schlug mit dem Stock um sich, eilte zur Türe hinaus und rief: „Ihr werddet schon sehen, wer ich bin.“ Vier Tage später erschien ein Abgeordneter im Namen des angeblichen Grafen und forderte Angelika auf, sie solle sofort zu ihrem Gatten kommen, sonst dringe dieser auf eine förmliche Ehescheidung und Bezahlung von 500 Pfund Sterling. Angelika wollte nun zwar die Scheidung, aber nicht auch noch für die Lügen und die Bosheit ihres Noch-Ehemannes so teuer bezahlen. Deswegen gingen sie und ihr Vater vor Gericht. Doch das Verfahren zog sich unerträglich langsam dahin. Man forderte Beweise über die Verhältnisse des Grafen, die im Ausland erst mühsam beschafft werden mussten.

[...]

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Details

Titel
Angelika Kauffmann - Die Schweizer Porträtmalerin
Autor
Jahr
2011
Seiten
35
Katalognummer
V169433
ISBN (eBook)
9783640880058
ISBN (Buch)
9783640880140
Dateigröße
3578 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Schlagworte
angelika, kauffmann, schweizer, porträtmalerin
Arbeit zitieren
Ernst Probst (Autor:in), 2011, Angelika Kauffmann - Die Schweizer Porträtmalerin, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/169433

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