Hydrodehalogenierung und Hydrierung von (Chlor-) Kohlenwasserstoffverbindungen an verschiedenen Edelmetallkatalysatoren in wässriger Lösung


Diplomarbeit, 1998

89 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Eintrag der Schadstoffe in das Grundwasser
1.3 Sanierungsverfahren
1.4 Aufgabenstellung und Zielsetzung

2 Grundlagen der Katalyse
2.1 Definition eines Katalysators
2.2 Einteilung der Katalysatoren
2.3 Heterogene Katalyse
2.3.1 Adsorption - Unterscheidung in Physisorption und Chemisorption
2.3.2 Bedeckungsgrad und Adsorptionsisothermen
2.3.3 Mechanismen zum Aufstellen von Geschwindigkeitsgleichungen
2.3.4 Energetische Aspekte der heterogenen Katalyse

3 Material und Methoden
3.1 Auswahl und Charakterisierung der Katalysatoren
3.1.1 Auswahl der Katalysatoren
3.1.2 Charakterisierung der eingesetzten Katalysatoren
3.2 Charakterisierung der Schadstoffklassen
3.2.1 Monozyklische aromatische Chlorkohlenwasserstoffe
3.2.2 PAK
3.2.2 PCB
3.2.4 Leichtflüchtige aliphatische Chlorkohlenwasserstoffe (LCKW)
3.3 Versuchsaufbau und Versuchsdurchführung
3.4 Analyse der Proben mittels GC/FID bzw. GC/MS
3.4.1 Analyse der Proben beim Abbau von 1,2-Dichlorbenzol, Naphthalin und 4-Chlorbiphenyl mittels GC/MS
3.4.2 Analyse der Gasphasenproben beim Abbau von PCE mittels GC/FID
3.4.3 Erläuterungen zur Vorgehensweise bei der Analyse der Proben mittels GC/MS
3.4.4 Quantifizierung mittels externem und internem Standard

4 Ergebnisse
4.1 Abbau von 1,2-Dichlorbenzol
4.1.1 Abbau von 1,2 Dichlorbenzol an Pd/g-Al 2O3
4.1.2 Abbau von 1,2 Dichlorbenzol an Pt/g-AL2O3
4.1.3 Abbau von 1,2 Dichlorbenzol an Rh/g-AL2O3
4.1.4 Abbau von 1,2 Dichlorbenzol an Ru/g-AL2O3
4.2 Abbau von 4-Chlorbiphenyl
4.2.1 Abbau von 4-Chlorbiphenyl an Pd/g-AL2O3
4.2.2 Abbau von 4-Chlorbiphenyl an Pt/g-AL2O3
4.2.3 Abbau von 4-Chlorbiphenyl an Rh/g-AL2O3
4.2.4 Abbau von 4-Chlorbiphenyl an Ru/g-AL2O3
4.3 Abbau von Naphthalin
4.3.1 Abbau von Naphthalin an Pd/g-AL2O3
4.3.2 Abbau von Naphthalin an Pt/g-AL2O3
4.3.3 Abbau von Naphthalin an Rh/g-AL2O3
4.3.4 Abbau von Naphthalin an Ru/g-AL2O3
4.4 Abbau von PCE
4.4.1 Abbau von PCE an Pd/g-AL2O3
4.4.2 Abbau von PCE an Pt/g-AL2O3
4.4.3 Abbau von PCE an Rh/g-AL2O3
4.4.4 Abbau von PCE an Ru/g-AL2O3

5 Zusammenfassung und Schlussfolgerungen
5.1 Vergleich der Katalysatoren
5.2 Ausblick

Literaturverzeichnis

Anhang: Tabellen

Liste der verwendeten Abkürzungen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abb. 2.1: Zyklische Reaktionsfolge einer katalysierten Reaktion

Abb. 2.2: vereinfachtes Energieprofil einer katalysierten Reaktion im Vergleich zu einer nicht katalysierten Reaktion

Abb. 2.3: Lennard-Jones-Potential (empirisches Zweiteilchenpotential)

Abb. 2.4: Potentialdiagramm für die molekulare Physisorption und die dissoziative Chemisorption eines zweiatomigen Moleküls X2

Abb. 2.5: Energieänderungen für Reaktionen ohne und mit Katalysator

Abb. 3.1: Stickstoff Adsorptions/Desorptions-Isotherme des Katalysators Rh/Al2O3

Abb. 3.2: Strukturformel der aromatischen Chlorkohlenwasserstoffe

Abb. 3.3: Strukturformeln einiger PAK

Abb. 3.4: Strukturformel der PCB mit Numerierung der Kohlenstoffatome

Abb. 3.5: Strukturformeln einiger LCKW

Abb. 3.6: Versuchsaufbau für den Abbau der Schadstoffe 1,2-Dichlorbenzol, Naphthalin und 4-Chlorbiphenyl

Abb. 3.7: Versuchsaufbau für den Abbau von PCE

Abb. 3.8: SCAN-Spektrum der Umsetzung von Naphthalin an Rhodium zur Zeit t = 30 min

Abb. 3.9: SIM-Spektrum der Umsetzung von Naphthalin an Rhodium zur Zeit t = 30 min

Abb. 3.10: SIM-Spektrum der Umsetzung von Naphthalin an Rhodium zur Zeit t = 0

Abb. 3.11: SIM-Spektrum der Umsetzung von Naphthalin an Rhodium zur Zeit t = 240 min

Abb. 4.1: Darstellung zur Reproduzierbarkeit der Versuchsdurchführung am Beispiel des Abbaus von 1,2-Dichlorbenzol an Rhodium

Abb. 4.2: Umsetzung von 1,2-Dichlorbenzol an Pd/Al2O3

Abb. 4.3: Umsetzung von 1,2-Dichlorbenzol an Pt/Al2O3

Abb 4.4: Umsetzung von 1,2-Dichlorbenzol an Rh/Al2O3

Abb 4.5: Umsetzung von 1,2-Dichlorbenzol an Ru/Al2O3

Abb. 4.6: Blindversuch: nicht -metallkatalysierte Abnahme der Stoffmengen von 4-Chlorbiphenyl, Biphenyl, Cyclohexylbenzol und Bicyclohexyl

Abb. 4.7: Umsetzung von 4-Chlorbiphenyl an Pd/Al2O3

Abb. 4.8: Umsetzung von 4-Chlorbiphenyl an Pt/Al2O3

Abb 4.9: Umsetzung von 4-Chlorbiphenyl an Rh/Al2O3

Abb 4.10: Umsetzung von 4-Chlorbiphenyl an Ru/Al2O3

Abb. 4.11: Blindversuch: nicht -metallkatalysierte Abnahme der Stoffmengen von Naphthalin, Tetralin, cis- und trans Decalin

Abb 4.12: Umsetzung von Naphthalin an Pd/Al2O3

Abb 4.13: Umsetzung von Naphthalin an Pt/Al2O3

Abb 4.14: Umsetzung von Naphthalin an Rh/Al2O3

Abb 4.15: Umsetzung von Naphthalin an Ru/Al2O3

Abb 4.16: Umsetzung von PCE an Pd/Al2O3

Abb 4.17: Umsetzung von PCE an Pt/Al2O3

Abb 4.18: Umsetzung von PCE an Rh/Al2O3

Abb 4.19: Umsetzung von PCE an Ru/Al2O3

Abb. 5.1: Vergleich der Abnahme von 1,2-Dichlorbenzol beim Abbau an den vier Edelmetallkatalysatoren

Abb. 5.2: Vergleich der Abnahme von 4-Chlorbiphenyl beim Abbau an den vier Edelmetallkatalysatoren

Abb. 5.3: Vergleich der Abnahme von Naphthalin beim Abbau an den vier Edelmetallkatalysatoren

Abb. 5.4: Vergleich der Abnahme von PCE beim Abbau an den vier Edelmetallkatalysatoren

Tabellenverzeichnis

Tab. 3.1: Relative katalytische Aktivitäten von Metallen

Tab. 3.2: Eingesetzte Katalysatoren

Tab. 3.3: Zusammenfassung der Ergebnisse aus der Stickstoffporosimetrie

Tab. 3.4: Dimensionslose Henrykonstanten

Tab. 3.5: Im SIM-Modus detektierte Ionen

Tab. 4.1: Geschwindigkeitsgleichungen und Geschwindigkeitskonstanten für den Abbau von 1,2-Dichlorbenzol

Tab. 4.2: Geschwindigkeitsgleichungen und Geschwindigkeitskonstanten für den Abbau von 4-Chlorbiphenyl

Tab. 4.3: Geschwindigkeitsgleichungen und Geschwindigkeitskonstanten für den Abbau von Naphthalin

Tab. 4.4: Geschwindigkeitsgleichungen und Geschwindigkeitskonstanten für den Abbau von PCE

Tab. 5.1: Aktivitätsreihenfolge der Hydrodehalogenierung und Hydrierung an den eingesetzten Katalysatoren

Die vorliegende Arbeit wurde von Herrn Prof. Dr. P. Grathwohl am Lehrstuhl für Angewandte Geologie vergeben und von Herrn Prof. Dr. U. Nagel am Institut für Anorganische Chemie der Eberhard-Karls- Universität Tübingen betreut.

Sie wurde zwischen dem 19.12.1997 und dem 03.07.1998 angefertigt.

Mein Dank gilt Herrn Professor Dr. P. Grathwohl und Herrn Professor Dr. U. Nagel für ihre Anregungen und Hinweise als auch für ihr generelles Interesse am Fortgang der Arbeit.

Mein besonderer Dank gilt Herrn Dr. C. Schüth, der mit vielen wichtigen Anregungen wesentlich zum Gelingen dieser Arbeit beitrug.

Ferner möchte ich mich bei T. Weiss (Diplomand) und Herrn Dipl. Geol. H. Rügner für die Messungen der Stickstoffporosimetrie bedanken.

Mein Dank gilt auch den Technischen Assistentinnen B. Nisch, R. Seelig, A. Hartmann-Renz und R. Riehle, die mir hilfreich zur Seite standen.

Außerdem danke ich den Damen und Herren Dipl. Geol. C. Eberhardt, Dipl. Geol. A. Walz, Msc. D. Zamfirescu, Msc. Eng. S. Ferreira, Dipl. Geol. H. Weiss, Dipl. Chem. H. Martin, Dipl. Geol. I. Klenk, den anderen Diplomanden u.a. für das gute Arbeitsklima.

Diese Arbeit möchte ich meinen Eltern widmen, die mir meine Ausbildung ermöglichten.

1.Einleitung

1.1 Problemstellung

Die Toxizität und teilweise auch cancerogenen Eigenschaften chlorierter Kohlenwasserstoffe (CKW) und polycyclischer aromatischer Kohlenwasserstoffe (PAK) sind seit langem bekannt. Der Eintrag der Substanzen in die Umwelt erfolgt überwiegend anthropogen.1,2,3,4,5

Während man bis 1978 noch der Ansicht war, dass nur die Atmosphäre, das Erdreich und das Oberfächenwasser, nicht aber das Grundwasser mit derartigen organischen Substanzen belastet sind [[1], 5 ], wurden in den letzten Jahren diese Verbindungen vermehrt im Grundwasser nachgewiesen. Das ist einerseits bedingt durch die bessere Spurenanalytik - Nachweis einzelner Schadstoffe bis in den Pikogrammbereich (1 pg/l = 10-12 g/l) - andererseits durch den nach wie vor hohen Eintrag dieser Substanzen vor allem in den Boden und die Atmosphäre. Insbesondere im Bereich von Gewerbebetrieben (z.B. chemischen Reinigungen, metallverarbeitenden Firmen und Mineralölfirmen), Verbrennungsanlagen, Mülldeponien, u.a. können diese Schadstoffe in erhöhten Konzentrationen auftreten. Weitere Quellen sind Waldbrände, der Kraftfahrzeugverkehr und Heizungsanlagen.

1.2. Eintrag der Schadstoffe in das Grundwasser

[2,3 ]Inwieweit diese Substanzen in das Grundwasser gelangen, hängt von der Mobilität dieser Stoffe im Boden ab, die wiederum durch folgende Faktoren beeinflusst wird:

a) Wasserlöslichkeit der Schadstoffe: wasserlösliche (hydrophile) Stoffe werden leichter mit dem Bodenwasser in tiefere Bodenschichten verlagert und stellen deshalb eine größere Gefährdung für das Grundwasser dar als hydrophobe Substanzen.
b) Adsorptionseigenschaften der Schadstoffe und der Bodenpartikel: Je weniger die Schadstoffe von den Bodenpartikeln adsorbiert werden, um so leichter können sie ins Grundwasser gelangen. Die Adsorptionsfähigkeit des Bodens hängt stark vom Humus- bzw. Kohlenstoffgehalt des Bodens ab. Zu beachten ist, dass die an Huminstoffe (fi Bestandteil des Humus) adsorbierten Schadstoffe nicht automatisch immobil sind, da die Huminstoffe (wie z.B. die Fulvosäuren) teilweise selbst wasserlöslich sind und die daran adsorbierten Schadstoffe samt den Huminstoffen in tiefere Schichten transportiert werden können. Weiterhin ist auch die eingetragene Schadstoffmenge im Verhältnis zur Adsorptionskapazität entscheidend.
c) Wassergehalt des Bodens: Ist kaum Wasser im Boden vorhanden, so werden selbst gut wasserlösliche Schadstoffe nur langsam in tiefere Schichten verlagert.
d) Flüchtigkeit der Schadstoffe: Je flüchtiger ein in den Boden eingetragener Schadstoff ist, um so leichter wird er durch Verdunstung an die Atmosphäre abgegeben.
e) pH-Wert: Der pH-Wert des Bodens hat nur für organische Verbindungen, die zu Anionen oder Kationen dissoziieren können eine große Bedeutung.
f) mikrobiologischer Abbau: Die primär eingebrachten organischen Schadstoffe sind teilweise mikro- biologisch abbaubar. Bei einigen Stoffgruppen können sich hierbei aber auch Verbindungen bilden, die toxischer sind als ihre Ausgangssubstanzen. Dies betrifft vorrangig die Gruppen der aliphatischen und der aromatischen Chlorkohlenwasserstoffe und der PAK.

1.3 Sanierungsverfahren

[4,6,7,8 ]Zur Sanierung von Grundwasser wird heutzutage meistens das kontaminierte Wasser im Abstrom des Schadstoffherdes abgepumpt und anschließend aufbereitet (pump-and-treat).

Die Aufbereitung des Grundwassers erfolgt dann meistens durch Adsorption an Aktivkohle oder durch das air-stripping - Verfahren. Dieses Strippverfahren ist vor allem bei hoher Konzentration an CKW im Grundwasser empfehlenswert. Hierbei wird das kontaminierte Wasser über Füllkörperkolonnen verrieselt und im Gegenstrom Luft durchgeblasen. Je nach Güte der Anlage kann der Schadstoffgehalt im Wasser durch das air-stripping bis zu 99% reduziert werden. Die Strippluft ist dagegen mit CKW stark angereichert und eine Reinigung der Strippluft an Aktivkohle ist erforderlich.

Die Erfahrung der letzten 20 Jahre zeigt, dass diese Sanierungsmaßnahmen mit einigen Nachteilen behaftet sind. Zum einen erfolgt die Diffusion gering löslicher Schadstoffe, z.B. von hydrophoben organischen Substanzen, aufgrund der Adsorption an den Bodenpartikeln häufig sehr langsam und dauert unter Umständen Jahre oder gar Jahrzehnte an, so dass die rein hydraulische Sanierung nur eine sehr geringe Reinigungsleistung erreicht. Die Konsequenz daraus sind sehr lang andauernde und damit kostspielige Pump- und Aufbereitungsmaßnahmen.

Ein weiterer Nachteil der Reinigung des Grundwassers mit Aktivkohle ist, dass das „Umweltproblem“ nur verlagert wird. Das Wasser ist zwar sauber, aber die mit Schadstoffen beladene Aktivkohle muss nun entsorgt werden. Hierfür stehen folgende Verfahren zur Verfügung:

1) Verbrennen der beladenen Aktivkohle
2) Reaktivierung der Aktivkohle
3) Deponierung schadstoffbelasteter Aktivkohle

Keines dieser drei Verfahren ist aber befriedigend, da im Falle der Verbrennung neue Schadstoffe gebildet werden können (z.B. Dioxine) oder im Falle der Reaktivierung oder Deponierung der Aktivkohle eine Desorption der Schadstoffe erfolgt, so dass diese mehr oder weniger unverändert zurückgewonnen werden und somit wieder eine Belastung für die Umwelt darstellen. Die Sanierung des Grundwassers darf sich deshalb nicht nur in einer „Befreiung“ von Schadstoffen erschöpfen, sondern es ist deren Ab- bzw. Umbau zu umweltverträglichen Substanzen anzustreben. Dies kann einerseits durch biologische Verfahren mittels Mikroorganismen (Bakterien, Pilze) erfolgen, deren Fähigkeit zum Abbau verschiedener CKW und PAK seit langem bekannt ist. Eine weitere Möglichkeit besteht in der elektrochemischen Reduktion von CKW mit nullwertigem Eisen [[4],8,9 ]. Hierbei werden die halogenierten organischen Substanzen, insbesondere die leichtflüchtigen halogenierten Kohlenwasserstoffe (LHKW), elektrochemisch reduziert, während das nullwertige Eisen zu Eisen (II) oxidiert wird.

Reaktionsgleichung:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Dieses Verfahren ist aber nur zur Dehalogenierung von aliphatischen CKW, nicht aber zur Dehalogenierung und Hydrierung von aromatischen Verbindungen geeignet. Ein weiterer Nachteil dieser Methode ist, dass durch den Verbrauch von Protonen der pH-Wert ansteigt, sofern keine ausreichende pH-Pufferung erfolgt. Die Folge kann eine Ausfällung von Eisenhydroxid und Eisencarbonat sein. Außerdem wird bei dieser Reaktion das Eisen verbraucht ! Weiterhin sind die Umsatzraten der Hydrodehalogenierungen bei der Verwendung von nullwertigem Eisen recht gering.

Große Hoffnungen setzt man dagegen auf den metallkatalysierten Abbau von CKW, PAK und PCB mittels nullwertiger Metalle der Platingruppe. In der hier vorliegenden Arbeit wurden die nullwertigen Metalle Palladium, Platin, Rhodium und Ruthenium als Katalysatoren eingesetzt. Im Gegensatz zum Eisen erfolgt die Hydrodehalogenierung der CKW, wie auch die Hydrierung der CKW und PAK, nur unter Zugabe von Wasserstoff als Reduktionsmittel [[10]]. Der Vorteil des Einsatzes dieser Edelmetalle ist, dass sie - im Gegensatz zu nullwertigem Eisen - unter den gewählten Reaktionsbedingungen in wässriger Lösung nicht oxidiert werden und das Metall somit nicht verbraucht wird.

1.4 Aufgabenstellung und Zielsetzung

In Batch-Versuchen sollen die Edelmetalle Palladium, Platin, Rhodium und Ruthenium auf ihre katalytischen Fähigkeiten zur Hydrodehalogenierung und Hydrierung umweltrelevanter Schadstoffe unter Zugabe von Wasserstoff untersucht werden. Neben der Untersuchung, zu welchen Verbindungen die eingesetzten Schadstoffe abgebaut werden, sollen auch die Reaktionsgeschwindigkeiten der Umsetzung an den verschiedenen Edelmetallkatalysatoren miteinander verglichen werden.

Als toxische Schadstoffe werden jeweils ein Vertreter aus folgenden umweltrelevanten Stoffklassen eingesetzt:

a) aliphatischer Chlorkohlenwasserstoff: Tetrachlorethylen (PCE)
b) aromatischer Chlorkohlenwasserstoff: 1,2 - Dichlorbenzol
c) (poly-) chloriertes Biphenyl (PCB): 4 - Chlorbiphenyl
d) polycyclischer aromatischer Kohlenwasserstoff (PAK): Naphthalin

2 Grundlagen der Katalyse

2.1. Definition eines Katalysators

[11,12,13,14,15 ]Unter Katalysatoren versteht man ganz allgemein Stoffe, welche die Geschwindigkeit einer thermodynamisch möglichen Reaktion erhöhen, ohne das Gleichgewicht der Reaktion zu beeinflussen. Die Hin- und Rückreaktion wird also in gleichem Maße beschleunigt. Der Katalysator geht hierbei mit dem Reaktanten eine chemische Bindung unter Bildung einer oder mehrerer aktiver Zwischenstufen ein, die leicht zum Endprodukt weiter reagieren können. Der Katalysator wird hierbei wieder (unverbraucht) zurückgewonnen. Die Katalyse - sowohl an homogenen wie auch an heterogenen Katalysatoren - verläuft zyklisch. Dieser Zyklus kann in vereinfachter Form wie folgt beschrieben werden (siehe Abb. 2.1).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2.1: Zyklische Reaktionsfolge einer katalysierten Reaktion

Die Reaktionsbeschleunigung kommt dadurch zustande, dass die Aktivierungsenergie der chemischen Reaktion im Vergleich zur unkatalysierten Reaktion stark erniedrigt wird (siehe Abb. 2.2). Die Ursache hierfür liegt darin, dass durch die Koordination der Reaktionspartner an den Katalysator die Reaktanten in räumliche Nähe zueinander gebracht werden, was der Reaktion förderlich ist [[15]]. Außerdem kann die bei der Koordination der Reaktionspartner freiwerdende Bindungsenergie zur dissoziativen Spaltung von Molekülen (wie z.B. von Wasserstoff) führen. Katalysatoren haben außer der Reaktionsbeschleunigung noch eine zweite Eigenschaft: Sie beeinflussen die Selektivität von chemischen Reaktionen. Das bedeutet, dass je nach Wahl des Katalysatorsystems aus einem Ausgangsstoff unterschiedliche Produkte erhalten werden können.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2.2: vereinfachtes Energieprofil einer katalysierten Reaktion im Vergleich zu einer nicht katalysierten Reaktion [11 ]

2.2 Einteilung der Katalysatoren

Man kann die Katalysatoren nach dem Aggregatzustand, in dem sie wirken, einteilen:

a) homogene Katalysatoren: Homogene Katalysatoren liegen in dem Reaktionsmedium zusammen mit den Reaktanten in nur einer einheitlichen Gas- oder Flüssigkeitsphase dispergiert vor. Zumindest theoretisch kann hier jedes einzelne Katalysatormolekül katalytisch wirksam werden.
b) heterogene Katalysatoren: Heterogene Katalysatoren sind Feststoffe (z.B. Metalle - frei oder trägergebunden), meist mit sehr großen inneren Oberflächen, während die Reaktanten in gasförmiger oder flüssiger Phase vorliegen. Die heterogene Katalyse findet immer an einer Phasengrenze (fest-flüssig oder fest-gasförmig) statt, wobei zu beachten ist, dass hier nur die Oberflächenatome des Katalysators katalytisch wirksam sind. Hauptvorteil der heterogenen Katalyse ist die leichte Katalysatorrückgewinnung. Als Nachteile sind die geringe Spezifität, häufig recht hohe Reaktionstemperaturen und die Schwierigkeit des mechanistischen Studiums zu nennen.

Im Rahmen dieser Arbeit soll nur auf die heterogene Katalyse näher eingegangen werden.

2.3 Heterogene Katalyse

[11,16,17 ]Wie oben schon erwähnt liegen Katalysator und Reaktanten hier in verschiedenen Phasen vor.

Der Gesamtverlauf heterogen katalysierter Reaktionen setzt sich aus mehreren aufeinanderfolgenden rein physikalischen und rein chemischen Reaktionsschritten zusammen.

Folgende Teilschritte können unterschieden werden:

a) Damit ein katalytischer Prozeß überhaupt ablaufen kann müssen die Reaktanten (Edukte) durch Diffusion an die Oberfläche des Katalysators durch eine Grenzschicht (Filmdiffusionsschicht) herangeführt werden (äußere Diffusion).
b) Bei Katalysatoren mit porösen Oberflächenstrukturen spielt auch die Diffusion in die Poren eine Rolle (innere Diffusion, Porendiffusion).
c) Nach Adsorption (Physisorption und/oder Chemisorption) eines oder mehrerer Reaktionsteilnehmer an der Oberfläche des Katalysators können die Reaktanten in einen reaktionsfähigeren Zustand übergehen und die chemische Umsetzung kann ablaufen.
d) Die gebildeten Reaktionsprodukte müssen sich dann von der Oberfäche des Katalysators wieder ablösen (Desorption).
e) Die Produkte müssen vom Katalysator weg durch die Grenzschicht (Filmdiffusionsschicht) in die Gas- bzw. Flüssigphase diffundieren. Im Falle vorhandener Poren kommt zusätzlich noch die innere Diffusion zum Tragen.

Zu beachten ist, dass bei der Adsorption gelöster Stoffe diese auch mit den Lösungsmittelmolekülen um die Adsorptionsplätze konkurrieren.

Generell gilt, dass der langsamste Teilschritt die effektive Geschwindigkeit der Reaktion bestimmt. Man nennt ihn den geschwindigkeitsbestimmenden Teilschritt der Reaktionsfolge. Wenn die physikalischen Reaktionsschritte, also die innere bzw. äußere Diffusion, geschwindig- keitsbestimmend sind, kommt es zu einer schlechten Ausnutzung der Katalysatorkapazität. Der Einfluß der äußeren Diffusion läßt sich durch intensives Rühren ausschließen oder zumindest verringern.

Besitzt dagegen die innere Diffusion maßgebenden Einfluß auf die Reaktionsgeschwindigkeit, so ist das Verhältnis der äußeren zur inneren Oberfläche des Katalysators zu klein. In diesem Fall führt ein Verkleinern des Korndurchmessers zu einer Verkürzung der Diffusionwege und damit zu einer Steigerung des Reaktionsgeschwindigkeit. Eine andere Möglichkeit die innere Diffusion zu verringern, besteht darin, bei der Herstellung des Katalysators die Oberflächenstruktur so zu beeinflussen, dass genügend große Poren entstehen. Manchmal ist dies aber gar nicht erwünscht, denn kleine Poren können Vorteile hinsichtlich der Selektivität einer Reaktion haben.

2.3.1 Adsorption - Unterscheidung in Physisorption und Chemisorption

[11,13,16,17,18 ]Wie bereits oben erwähnt beruht die Wirksamkeit des heterogenen Katalysators auf der Adsorption der Reaktanten an der Festkörperoberfläche. Man unterscheidet dabei zwei verschiedene Wechselwirkungsmechanismen:

a) physikalische Adsorption (Physisorption)
b) chemische Adsorption (Chemisorption)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Darin entsp richt s dem Teilchendurchmesser (bzw. genauer: dem Abstand der Teilchen bei der Wechselwirkungsenergie E = 0) und -Ee der Tiefe der Potentialmulde (siehe Abb. 2.3). Dabei ist der erste Term mit der Abhängigkeit von der 12. Potenz des Abstandes ein empirischer Abstoßungsterm, während der zweite Term die Anziehung aufgrund der Dispersionswechsel-wirkung beschreibt.

Physisorptionsenergien liegen typischerweise unter 50 kJ/mol [[16]].

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2.3: Lennard-Jones -Potential (empirisches Zweiteilchenpotential)[[16]]

Für die heterogene Katalyse ist allerdings die Chemisorption von viel größerer Bedeutung. Hierbei handelt es sich um echte chemische Bindungen zwischen den Oberflächenatomen des Katalysators und den Edukten, wobei Bindungenergien von über 50 kJ/mol frei werden.

Bei der Chemisorption ändern sich aufgrund der starken Wechselwirkungen die chemische Zusammensetzung, sowie die geometrischen, elektronischen und magnetischen Eigenschaften der Oberfläche als auch der Teilchen. Die Chemisorption kann sowohl molekular, wie auch atomar unter Dissoziation der Moleküle an der Oberfläche ablaufen. Typische Chemisorptionen sind die Anlagerungen von Wasserstoff an Rhodium- oder Palladiumoberflächen.

Experimentell findet man häufig, dass verschiedene Wechselwirkungsmechanismen des gleichen Teilchens mit der gleichen Oberfläche auftreten können, wobei Variation von Druck und Temperatur die relativen Anteile der verschiedenen Wechselwirkungen verschiebt.

Als Beispiel dafür charakterisiert Abb. 2.4 ein Festkörper-Gas-System, in dem molekulare Physisorption und atomare Chemisorption auftreten können. Dies ist beispielsweise bei der Wechselwirkung von Wasserstoff an Nickel-Oberflächen der Fall: bei tiefen Temperaturen kommt es hier zu schwach gebundenem molekularem Wasserstoff (Physisorption), während die Wechselwirkung bei höheren Temperaturen zu atomar gebundenem Wasserstoff führt (Chemisorption). In Abb. 2.4 ist die potentielle Energie des Systems „Molekül mit Unterlage“ als Funktion des Abstandes des Moleküls von der Festkörperunterlage aufgezeichnet [[11],16,18 ]. Wenn sich das Molekül X2 der Oberfläche annähert, so tritt in relativ großem Abstand als Folge der konkurrierenden Einflüsse von (Van-der-Waals-) Anziehung und (Pauli-Prinzip-) Abstoßung ein Energieminimum in einem Abstand zphys von der Oberfläche auf, das man dem physisorbierten Molekül X2phys zuordnen kann. Nähert sich das Molekül X2 der Oberfläche über zphys hinaus an, so tritt drastisches Ansteigen der Abstoßungskräfte auf.

Andererseits kann das Molekül X2 unter Aufwendung der Dissoziationsenergie Ediss in zwei Atome gespalten werden. Nähern sich diese Atome nun der Oberfläche, so werden sie in einem geringeren Abstand zchem mit der Energie Echem an der Oberfläche chemisorbiert. Tatsächlich erfolgt aber auch im Falle der dissoziativen Chemisorption zunächst die Physisorption von molekularem Wasserstoff. Erst am Schnittpunkt A der beiden Energiekurven beginnt die Dissoziation. Der Schnittpunkt A liegt um die Energie DE höher als die Energie ruhender Teilchen X2 bei unendlicher Entfernung. Diese Aktivierungsenergie DE muss aufgebracht werden, um die Teilchen beim Stoß vom Physisorptionszustand in den Chemisorptionszustand zu befördern. Es kann allerdings auch vorkommen, dass der Schnittpunkt der Kurven unterhalb der Energie der Teilchen bei unendlicher Entfernung liegt. In diesem Fall ist für den Gesamtprozeß der Chemisorption keine Aktivierungsenergie notwendig und es ist daher zu erwarten, dass sie sehr schnell erfolgt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2.4: Potentialdiagramm für die molekulare Physisorption und die dissoziative Chemisorption eines zweiatomigen Moleküls X2. Dabei ist z der Abstand von der Oberfläche [[16]].

Großen Einfluß besitzt auch die Oberfläche des Katalysators. Während bei der Physisorption nur die Größe der Oberfläche entscheidend ist, spielt für die Chemisorption die Art der Oberfläche eine große Rolle. An Stufen, Kanten, Ecken oder Gitterdefekten findet die Chemisorption bevorzugt statt. Diese besonders hervorgehobenen Stellen werden als aktive Zentren bezeichnet.

2.3.2 Bedeckungsgrad und Adsorptionsisothermen

[11,13,16,17 ]Bei der Adsorption stellt sich nach einiger Zeit ein Gleichgewicht zwischen der adsorbierten Stoffmenge und den freien Molekülen der angrenzenden Gas- bzw. Flüssigphase ein. Je höher bei gegebener Temperatur der Partialdruck des zu adsorbierenden Gases oder die Konzentration des zu adsorbierenden gelösten Stoffes ist, desto höher ist auch die an der Festkörperoberfläche adsorbierte Stoffmenge. Diese kann aber nur solange zunehmen bis die Oberfläche maximal belegt ist. Zu beachten ist, dass im Falle der Physisorption sich mehrere Moleküllagen ausbilden können, während bei der Chemisorption im Regelfall nur eine Monolage entsteht. Zur quantitativen Beschreibung der adsorbierten Menge definiert man den Bedeckungsgrad q:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

N (S) ist hier die Anzahl der Adsorbatteilchen und N (S) max die maximale Anzahl besetzbarer Adsorbatplätze auf der Oberfäche.

Bei Ausbildung von nur einer Monolage findet man für genügend hohe Drücke bzw. hohe Konzentrationen einen maximalen Bedeckungsgrad von q max = 1. Im Falle der Mehrschichtadsorption erhält man Bedeckungsgrade von q max > 1

Die graphische Darstellung des Bedeckungsgrades als Funktion des Druckes bzw. der Konzentration bei konstanter Temperatur erfolgt über die Adsorptionsisothermen. Hierzu stehen verschiedene mathematische Ansätze zur Verfügung. In dieser Arbeit soll nur auf die von Langmuir (1916) theorethisch abgeleitete Gleichung eingegangen werden. Langmuir machte dabei folgende Annahmen:

- die Adsorption soll zu höchstens einer Monolage an adsorbierten Molekülen führen
- die Oberfläche des Festkörpers ist homogen und alle Bindungsstellen sind gleichwertig
- es sollen keine lateralen Wechselwirkungen zwischen den adsorbierten Molekülen bestehen
- die Adsorptionswärme ist unabhängig vom Bedeckungsgrad

Für den Fall, dass nur ein freies Molekül A mit einem freien Platz F auf der Oberfläche des Katalysators reagiert, gilt folgende Reaktionsgleichung:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Im Folgenden wird die Langmuir-Isotherme aufgrund kinetischer Überlegungen hergeleitet. Für die Adsorptionsgeschwindigkeit v ad erhält man eine Proportionalität zum Partialdruck p A bzw. zur Konzentration c A des Adsorptivs [12 ] sowie zur Anzahl unbesetzter Adsorbatplätze, die man durch [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]ausdrücken kann.

Mit der Proportionalitätskonstanten k ad erhält man:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Desorptionsgeschwindigkeit v des ist proportional zum Bedeckungsgrad q:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Da sich im Gleichgewicht die Anzahl adsorbierter Teilchen nicht ändert, kann man die Reaktionsgeschwindigkeiten der Adsorption und Desorption gleichsetzen. Durch Auflösen nach dem Bedeckungsgrad erhält man die Langmuir-Isotherme:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Führt man die Gleichgewichtskonstante [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] ein, so erhält man:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Wenn das Molekül A vor der Chemisorption auf der Festkörperoberfläche dissoziiert, folgt aus dem Ansatz

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Für den sehr häufig vorkommenden Fall, dass 2 Moleküle A und B um die freien Plätze auf der Festkörperoberfläche konkurrieren, ergibt eine analoge Herleitung - unter Berücksichtigung, dass die Zahl der freien Plätze jetzt [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] beträgt - folgende Ausdrücke für den Bedeckungsgrad beider Edukte A und B:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die so abgeleitete Langmuir-Isotherme bietet die Grundlage zur Formulierung von Geschwindigkeitsgleichungen (siehe Kapitel 2.3.3).

Diese einfachen Gleichungen zur Beschreibung der Adsorptionsisothermen sind häufig jedoch nicht ausreichend, um den tatsächlichen Verlauf von Adsorptionen richtig zu beschreiben. Treten Abweichungen zwischen den experimentellen und den theoretischen Kurven auf, so lässt sich das damit erklären, dass die von Langmuir gemachten Annahmen nicht erfüllt sind. Eine von Brunauer-Emmet-Teller hergeleitete Isotherme (BET-Isotherme) erlaubt die zusammenhängende Beschreibung der Adsorption bis hin zur Mehrschichtadsorption. Diese BET-Isotherme wird zur Charakterisierung von Hohlraumstrukturen poröser Stoffe verwendet (siehe Kapitel 3.1.2). Allerdings gelten auch hier die von Langmuir gemachten Annahmen der Homogenität der Festkörperoberfläche und das Fehlen lateraler Wechselwirkungen zwischen den adsorbierten Teilchen. Fowler und Hill-deBoer leiteten Gleichungen her, die auch die Wechselwirkung zwischen den adsorbierten Teilchen berücksichtigen. Auf diese sehr komplexen Gleichungen wird hier aber nicht näher eingegangen.

2.3.3 Mechanismen zum Aufstellen von Geschwindigkeitsgleichungen

[11,12,13,14 ]In diesem Kapitel werden mögliche Mechanismen einer heterogen katalysierten bimolekularen Reaktion vorgestellt. Der Einfachheit halber werden die Mechanismen für Systeme mit festen Katalysatoren und gasförmigen Reaktanten hergeleitet, sie gelten aber auch für gelöste Stoffe. Ganz allgemein beruht die heterogene Katalyse darauf, dass mindestens einer der Reaktanten an der Festkörperoberfläche adsorbiert (meist chemisorbiert) wird. Dabei wird der Reaktant so verändert, dass seine Reaktivität erhöht wird. Häufig besteht diese Veränderung in einer Fragmentierung der Reaktantenmoleküle vor der eigentlichen Reaktion.

Im Folgenden wird nun eine Reaktion des Typs A + B P betrachtet.

Hierfür sind verschiedene Mechanismen denkbar:

1.) Langmuir-Hinshelwood-Mechanismus

Dieser Mechanismus beruht auf der Annahme, dass beide Reaktionspartner auf der Katalysatoroberfläche adsorbiert werden. Die eigentliche Oberflächenreaktion läuft dann zwischen benachbarten, chemisorbierten Molekülen ab. Es bildet sich das Produkt P, welches zunächst ebenfalls auf der Oberfläche adsorbiert ist. Im letzten Schritt der Reaktion wird das Produkt P desorbiert.

Die Reaktionsfolge lässt sich somit in folgende Elementarschritte zerlegen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

* : Adsorptionsplatz an der Katalysatoroberfläche A*, B*, P* : adsorbierte Moleküle

Grundsätzlich kann jeder der genannten Schritte geschwindigkeitsbestimmend sein. Für den Fall, dass die Oberflächenreaktion der zwei adsorbierten Moleküle der geschwindigkeitsbestimmende Schritt ist, gilt für die Reaktionsgeschwindigkeit v:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Wenn die Adsorption von A und B einer Langmuir-Isotherme ohne Dissoziation der Moleküle folgt, in der die beiden Edukte um die freien Adsorptionsstellen konkurrieren, ergibt sich mit den Gleichungen 2-8a und 2-9a folgendes Geschwindigkeitsgesetz:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Zu beachten ist, dass nicht nur die Geschwindigkeitskonstante k, sondern auch die Gleichgewichtskonstanten K A und K B temperaturabhängig sind. Deshalb kann die Temperaturabhängigkeit der Reaktionsgeschwindigkeit stark vom Arrheniusgesetz abweichen, das die Abhängigkeit der Geschwindigkeitskonstanten k von der Temperatur beschreibt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

E A ist hierbei die Aktivierungsenergie der Reaktion, k 0 ein präexponentieller Faktor, T die absolute Temperatur und R die allgemeine Gaskonstante.

Für den Fall, dass die beiden Edukte A und B auf der Katalysatoroberfläche an verschiedenen aktiven Zentren adsorbiert werden, so dass sie nicht um die freien Plätze konkurrieren, gilt Gleichung 2-6a sowohl für den Stoff A als auch für den Stoff B:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Geschwindigkeitsgleichung lautet dann:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Setzt man nun den Stoff B im Überschuss zu, so dass man dessen Konzentration als konstant betrachten kann, vereinfacht sich die Gleichung zu:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

2.) Eley-Rideal-Mechanismus

Bei diesem Mechanismus wird nur einer der beiden Reaktionspartner, z.B. A, chemisorbiert, während das Molekül B nicht adsorbiert wird. Stößt nun ein Molekül B mit einem „aktivierten“ Molekül A zusammen, so bildet sich das Produkt P, das zunächst auch an der Oberfläche des Katalysators chemisorbiert ist. Im letzten Teilschritt der Reaktion wird das Produkt von der Katalysatoroberfläche desorbiert.

Es lassen sich damit folgende Teilschritte formulieren:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

* : Adsorptionsplatz an der Katalysatoroberfläche A*, P* : adsorbierte Moleküle

Die Bildungsgeschwindigkeit ist in diesem Fall proportional zum Partialdruck p B des nicht adsorbierten Moleküls B und zum Bedeckungsgrad q A des chemisorbierten Moleküls A:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Ist die Adsorptionsisotherme von A bekannt, so kann man das Geschwindigkeitsgesetz als Funktion des Partialdruckes p A angeben. Falls die Adsorption von A in dem interessierenden Temperaturbereich der Langmuir-Isotherme folgt, kann man nach Gleichung 2-6a für A folgenden Geschwindigkeitsausdruck angeben:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Für den Fall, dass das Molekül A aus zwei Atomen besteht, die dissoziativ adsorbiert werden, muss man natürlich die entsprechende Isotherme einsetzen. Nach Gleichung 2-7a erhält man:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die beiden genannten Mechanismen für bimolekulare Reaktionen sind noch relativ leicht überschaubar. In der Literatur werden jedoch bis zu hundert verschiedene Mechanismen und ihre Geschwindigkeitsausdrücke beschrieben. Die Kenntnis des Mechanismus ist Voraussetzung dafür, einen funktionellen Zusammenhang zwischen der Reaktionsgeschwindigkeit und den sie beeinflussenden Variablen abzuleiten. Für die Praxis ist es jedoch meist ausreichend einen kinetischen Ansatz auf der Grundlage des geschwindigkeitsbestimmenden Elementarschrittes zu formulieren. Häufig genügt auch eine empirische Geschwindigkeitsgleichung, die den Einfluss der wichtigsten Variablen im gewählten Betriebsbereich hinreichend genau beschreibt .

2.3.4 Energetische Aspekte der heterogenen Katalyse

[11,16,19 ]Wie oben bereits erwähnt, beruht die heterogene Katalyse darauf, dass mindestens einer der Reaktionspartner an der Katalysatoroberfläche chemisorbiert wird, wodurch das adsorbierte Molekül in einen reaktionsfähigen Zustand gelangen kann. Für eine effektive Katalyse ist jedoch die Stärke der Adsorption entscheidend: Weder eine zu geringe, noch eine zu starke adsorptive Bindung der Reaktanten an die Katalysatoroberfläche ist der Reaktion förderlich. Dagegen ist eine mittlere Bindungsstärke optimal. Deshalb spielen die Chemisorption und die damit verbundenen energetischen Aspekte eine entscheidende Rolle zum Verständnis der heterogenen Katalyse.

Vermutlich sind die aktiven Zentren einer Metallkatalysatoroberfläche auf freie Valenzelektronen oder auf Defektelektronen zurückzuführen, die bewirken, dass die Bindungen innerhalb adsorbierter Moleküle (stark) gelockert werden, wodurch eine Weiterreaktion der adsorbierten Moleküle leicht möglich wird. In Abb. 2.5 ist das Energiediagramm einer heterogen katalysierten Umsetzung im Vergleich zu einer nicht katalysierten Reaktion gezeichnet. Für den Fall der katalysierten Reaktion sind die drei Schritte, der auf der Katalysatoroberfläche ablaufenden Teilreaktionen mit den dazugehörenden Energien qualitativ dargestellt. Es zeigt sich, dass die Aktivierungsenergien sowohl für die Adsorptions- und Desorptionsvorgänge als auch für die eigentliche katalytische Reaktion deutlich niedriger liegen als für die nichtkatalysierte Reaktion. Allerdings muß man bei der katalysierten Reaktion zwischen der scheinbaren Aktivierungsenergie EA,2, die vom Grundzustand der Edukte ausgeht, und der tatsächlichen Aktivierungsenergie EA,1, ausgehend vom chemisorbierten Zustand, unterscheiden. Wichtiger ist dabei die letztere, die auch als katalytische Aktivierungenergie bezeichnet wird.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2.5: Energieänderungen für Reaktionen ohne (gestrichelte Linie) und mit Katalysator

(durchgezogene Linie) [[11],19 ]:

EA,0 = Aktivierungsenergie der nicht katalysierten Reaktion

EA,1 = tatsächliche Aktivierungsenergie der katalysierten Reaktion (katalytische Aktivierungsenergie)

EA,2 = scheinbare Aktivierungsenergie der katalysierten Reaktion

Ead = Aktivierungsenergie der Adsorption der Edukte bei der katalysierten Reaktion

Edes = Aktivierungsenergie der Desorption der adsorbierten Produkte bei der katalysierten Reaktion

- HR = Reaktionsenthalpie

- Had = Adsorptionsenthalpie

- Hdes = Desorptionsenthalpie

Grundsätzlich kann es aber auch vorkommen, dass das entstehende Produkt oder ein sich ausbildender Übergangszustand zu stark an die Katalysatoroberfläche gebunden wird, so dass die Weiterreaktion erschwert wird. In diesem Fall wird der Katalysator vergiftet und damit inaktiv.

Ausschlaggebend für die katalytischen Eigenschaften der Metalle ist deren elektronische Struktur. Besonders gute Katalysatoren stellen die Übergangsmetalle mit teilweise gefüllten d-Orbitalen dar. Charakteristisch für Übergangsmetalle ist, dass sie ein oder mehrere ungepaarte d-Elektronen besitzen, während im Vergleich dazu die Hauptgruppenmetalle nur s- oder p-Valenzelektronen haben. Die ungepaarten d-Elektronen sind dafür verantwortlich, dass die adsorbierten Moleküle in einer schwach gebundenen Vorstufe (Physisorption) gehalten werden, aus der sie dann in den stärker gebundenen (chemisorbierten) Zustand übergeführt werden können, ohne dass die adsorbierten Moleküle zu stark gebunden werden, was eine Weiterreaktion behindern würde.

Thermodynamische Betrachtung:

Die Adsorption ist ein exothermer Prozess, bei dem starke Bindungskräfte zwischen den adsorbierten Molekülen und den Oberflächenatomen des Katalysators geknüpft werden. Gleichzeitig sinkt der Freiheitsgrad der Moleküle, wenn sie an den Katalysator gebunden werden; folglich ist auch die Entropie DSad der Adsorptionsreaktion negativ. Damit ein Adsorptionsprozess ablaufen kann, muss die freie Reaktionsenthalpie DG negativ sein. Nach der Gibbs-Helmholtz-Gleichung

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

folgt, dass der Betrag der Reaktionsenthalpie DH größer (also stärker negativ) sein muss als das Glied TDS. Für hohe Temperaturen T ist diese Bedingung aber nicht mehr erfüllt, weshalb es dann zur Desorption der Teilchen kommt, obwohl die Adsorption zu einer Erniedrigung der potentiellen Energie führt.

3 Material und Methoden

3.1 Auswahl und Charakterisierung der Katalysatoren

3.1.1 Auswahl der Katalysatoren

[6,7,11,20,21,22,23 ]Wie bereits in Kapitel 2.3.4 erwähnt wurde, ist für eine maximale Reaktionsgeschwindigkeit heterogen katalysierter Reaktionen eine mittlere Bindungsstärke zwischen adsorbiertem Molekül und dem Metallkatalysator notwendig, wobei sich Übergangsmetalle mit 6 bis 8 d-Elektronen als besonders geeignet erwiesen haben.

Neben diesem energetischen Aspekt spielen aber auch sterische Effekte eine große Rolle. Dies wird verständlich, wenn man sich vorstellt, dass das zu adsorbierende Molekül groß ist und damit nicht nur an einem aktiven Zentrum (Einpunkt-Adsorption), sondern an 2 oder mehreren aktiven Zentren (Mehrpunkt-Adsorption) adsorbiert wird. Die Leichtigkeit der Chemisorption diatomarer Moleküle hängt deshalb stark von den Gitterabständen der metallischen Katalysatoren ab. Bei zu großem Metallatomabstand kann z.B. keine Zweipunktadsorption bzw. keine Sechspunkadsorption, wie sie für die Hydrierung von Ethylen zu Ethan bzw. von Benzol zu Cyclohexan angenommen wird, zustandekommen. Literaturdaten[11 ] wurde entnommen, dass für die Hydrierung von Ethylen ein Gitterabstand von 0,375 nm, wie er im Rhodium vorliegt, optimal ist. Weiterhin ist bekannt, dass v.a. Platinkatalysatoren für die Aktivierung von Wasserstoff und für Reaktionen von Kohlenwasserstoffen (Hydrierung, Dehydrierung, Hydrogenolyse) eine große Bedeutung besitzen. In Tabelle 3.1 sind relative katalytische Aktivitäten von Metallen für die Hydrierung von Ethylen und von Aromaten, sowie für Hydrodehalogenierungsreaktionen aufgeführt. Zu beachten ist, dass diese Angaben verschiedenen Literaturquellen[[6],11,21,22,23 ] entnommen wurden, die sich häufig auf ganz bestimmte Reaktionen und auf unterschiedliche Reaktionsbedingungen beziehen, so dass eine Übertragung auf andere Reaktionen und Reaktionsbedingungen nicht ohne weiteres möglich ist.

Tab. 3.1: Relative katalytische Aktivitäten von Metallen[6,11,21,22,23 ]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Häufig werden die Edelmetallkatalysatoren dabei als trägergebundene Katalysatoren eingesetzt, wobei das katalytisch wirksame Metall nur in kleinen Mengen (häufig 1 %) auf der Oberfläche von überwiegend oberflächenreichen, porösen Trägern aufgebracht wird. Typische Katalysatorträger sind

Festkörper wie Aluminium-, Magnesium-, Titan- und Zirkonium-Oxide, sowie Silicagel, Zeolithe (Alumosilicate), Aktivkohlen und keramische Festkörper.

Diese Trägerkatalysatoren besitzen einige Vorteile gegenüber den reinen Edelmetallen:

1. Kosten: Die katalytisch wirksamen Edelmetalle sind ziemlich teuer. Da außerdem nur die Oberfläche des Katalysators katalytisch aktiv ist kann, man durch Aufbringung dieser Edelmetalle auf einen billigen Träger die Kosten deutlich verringern.
2. Aktivität: Generell steigt die Katalysatoraktivität mit zunehmender Katalysatoroberfläche. Wird nun eine bestimmte Menge des Metalls auf ein Trägermaterial mit großer Oberfläche (wie z.B. Aktivkohle) gebracht, so liegt das Metall in Form diskreter, nur wenige Atomlagen dicker Kristallite vor. Damit wird die spezifische Oberfläche ([m[2]/g]) des Metalls im Vergleich zum reinen Edelmetall vergrößert. Somit besitzen Trägerkatalysatoren eine höhere Aktivität als die reinen Edelmetalle. Des Weiteren können sich auch an den Porenwandungen aktive Metallkristallite gebildet haben. Sind die Poren größer als die Reaktanten, so kann eine Umsetzung dieser Stoffe auch in den Poren erfolgen. Allerdings wird der Reaktionsverlauf oft stark durch die Diffusionsgeschwindigkeit der Reaktanten (in die Poren) beeinflusst, so dass den Porengrößen und damit der Wahl des Trägermaterials eine große Bedeutung zukommt.
3. Selektivität: Durch Variation der Porengrößen des Trägermaterials können Nebenreaktionen eliminiert, und damit die Selektivität einer Reaktion erhöht werden.

In der hier vorliegenden Arbeit wurde als Trägermaterial für die Edelmetalle g-Aluminiumoxid verwendet. Dieses Material hat sich als sinnvoll erwiesen, weil organische Verbindungen daran nur schwach sorbieren. Damit sollten auch Massenbilanzprobleme minimiert werden [[6]]. In Tabelle 3.2 sind die verwendeten Katalysatoren aufgelistet:

Tab. 3.2: Eingesetzte Katalysatoren

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

[...]

Ende der Leseprobe aus 89 Seiten

Details

Titel
Hydrodehalogenierung und Hydrierung von (Chlor-) Kohlenwasserstoffverbindungen an verschiedenen Edelmetallkatalysatoren in wässriger Lösung
Hochschule
Eberhard-Karls-Universität Tübingen  (Fakultät für Chemie und Pharmazie)
Note
1,0
Autor
Jahr
1998
Seiten
89
Katalognummer
V16933
ISBN (eBook)
9783638216371
Dateigröße
769 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Hydrodehalogenierung, Hydrierung, Kohlenwasserstoffverbindungen, Edelmetallkatalysatorenin, Lösung
Arbeit zitieren
Nicolai Kummer (Autor:in), 1998, Hydrodehalogenierung und Hydrierung von (Chlor-) Kohlenwasserstoffverbindungen an verschiedenen Edelmetallkatalysatoren in wässriger Lösung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/16933

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