Handlungsempfehlungen zur Penetrationssteigerung von Arztbewertungen auf Arztbewertungsportalen

Eine theoretische und empirische Untersuchung


Diplomarbeit, 2010

106 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Zusammenfassung

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1. Problemstellung und Aufbau der Arbeit
1.1 Problemstellung
1.2 Zielsetzung und Aufbau der Arbeit

2. Definition von Arztbewertungsportalen im Internet
2.1. Definition und Eigenschaften von Internetportalen
2.2 Die Entwicklung des Web 2.0
2.3 Online-Bewertungen: Mundpropaganda im Internet
2.4. Arztbewertungsportale: Definition und Begriffsabgrenzung

3. Identifikation und Analyse von Arztbewertungsportalen
3.1 Nachfrage nach Gesundheitsinformationen im Internet durch Laien
3.2 Identifikation der reichweitenstärksten Arztbewertungsportale im deutschsprachigen Internet
3.2.1 Methodik und Vorgehensweise
3.2.2 Durchführung und Ergebnisse der Identifikation
3.3 Quantitative und qualitative Analyse der identifizierten Arztbewertungsportale
3.3.1 Durchführung der quantitativen Analyse
3.3.2 Durchführung der qualitativen Analyse
3.3.3 Ergebniszusammenfassung der quantitativen und qualitativen Analyse

4. Bestätigung von Problemfeldern mittels Online-Befragung
4.1. Fragestellung und zentrale Annahmen
4.2. Methode
4.3 Ergebnisse
4.3.1 Stichprobenbeschreibung
4.3.2 Überprüfung der Annahmen
4.4 Diskussion und Bewertung der Ergebnisse

5. Handlungsempfehlungen an Arztbewertungsportalbetreiber
5.1 Online-Marketing im Kundenlebenszyklus
5.2 Ausgewählte Instrumente des Online Marketing
5.2.1 Banner-Marketing
5.2.2 E-Mail Marketing
5.2.3 Keyword Advertising
5.2.4 Mobile Marketing
5.2.5 Online-Marketing Kooperationen
5.2.6 Suchmaschinenoptimierung (SEO)
5.2.7 Web 2.0 Marketing
5.2.8 Website Marketing
5.3 Online-Marketing Best-Practices für Arztbewertungsportalbetreiber

6. Zusammenfassung und Ausblick

Literaturverzeichnis

Anhang
Anhang A Online-Fragebogen
Anhang B Verwendete Tools

Zusammenfassung

Die vorliegende Arbeit hat zum Ziel, Handlungsempfehlungen zur Penetrationssteigerung von Arztbewertungen an Arztbewertungsportalbetreiber zu geben. Die Motivation der Arbeit resultiert dabei vor allem aus der bisher nicht erforschten quantitativen Problematik auf Arztbewertungsportalen, die mit im Durchschnitt weniger als einer Bewertung pro Arzt aktuell keine qualitativ gute Vermittlungsleistung zwischen Ärzten und Patienten erbringen können und ein Gebührenmodell über kostenpflichtige Arzteinträge dementsprechend schwer durchsetzbar ist.

Nach der Definition und Begriffsabgrenzung von Arztbewertungsportalen mittels kombinierter Eigenschaften von Internetportalen, Web 2.0 und Online-Bewertungen werden die reichweitenstärksten Arztbewertungsportale im deutschsprachigen Internet toolgestützt identifiziert und sowohl quantitativ als auch qualitativ analysiert. Danach folgt eine empirische Bestätigung der folgenden bereits während der Identifikation und Analyse gefundenen und weiteren theoretisch erarbeiteten Problemfelder mittels Online-Umfrage:

- Qualitätsdefizite im Rahmen der qualitativen Eigenschaften der Webseite vor und während des Bewertungsprozesses
- Die Sichtbarkeit in Bezug auf die Auffindbarkeit von Arztbewertungsportalen für Arztsuchen
- Die Nutzerintransparenz, d.h. die Unwissenheit der Arztbewertungsportale hinsichtlich des Nutzerverhaltens
- Der zeitliche Bedeutungszuwachs, d.h. die noch geringe Bekanntheit des Themas Online-Arztbewertungen

Zur Penetrationssteigerung auf Arztbewertungsportalen wird dann ein Rahmenkonzept unter Verwendung des Kundenlebenszyklus entworfen, welches die Problemfelder in die Phasen des Kundenlebenszyklus einordnet, die wiederum mit bestimmten Online-Marketing-Instrumenten verknüpft sind. Mittels dieses Rahmenkonzepts wird schließlich ein Best-Practice Katalog an Handlungsempfehlungen für Arztbewertungsportalbetreiber erstellt. Dabei werden nur Maßnahmen berücksichtigt, die Steigerungen der Penetration unter Wahrung der Interessen sowohl der Kostenträger als auch der Arztbewertungsportalbetreiber und der Versicherten versprechen, was am Ende gleichbedeutend mit einer Steigerung der Bewertungsanzahl bei gleichzeitiger Qualitätsverbesserung ist.

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Social Technographics Groups Consumers By Activity In The Participation Ladder, Base US adult online consumers

Abbildung 2: Art der Nutzung von Web-2.0-Angeboten 2009 / Nutzer, die das Angebot schon mal besucht haben in %

Abbildung 3: Anzahl der Bewertungsportale

Abbildung 4: Die Bedeutung von Informationsquellen zu Gesundheitsthemen oder Krankheiten in Deutschland 2007 auf einer Likert Skala

Abbildung 5: Sources used to find or access and most trusted sources about health- and wellnes-related information in the past 12 month (USA)

Abbildung 6: Gesundheitsbezogene Internetnutzung

Abbildung 7: Suchmaschinen-Marktanteile in Deutschland

Abbildung 8: Wer klickt auf welche Position in den Google Suchergebnissen: Statistik anhand Google Klickdaten (integriert auf AOL) für einen ausgewählten Monat

Abbildung 9: Sanego.de - Hinweis zur Interpretation von einzelnen Arztbewertungen

Abbildung 10: Geschlechtszugehörigkeit der Teilnehmer der Online-Befragung

Abbildung 11: Häufigkeiten aller Teilnehmer nach Altersgruppen (n = 188) und Vergleich mit der European Social Survey 2007

Abbildung 12: Häufigkeiten aller Teilnehmer nach Gemeindegrößenklassen

Abbildung 13: Themenbereiche Internetnutzung

Abbildung 14: Bewertung Merkmale Arztbewertungsportale

Abbildung 15: Glaubwürdigkeit der Arztbewertungen

Abbildung 16: Zufriedenheit mit dem Bewertungsabgabeprozess

Abbildung 17: Gründe Nichtabgabe von Arztbewertungen im Internet

Abbildung 18: Für was haben Sie im Internet bereits eine Bewertung abgegeben (Frage 16)

Abbildung 19: Zustimmung zu Gesundheitsprofilen im Internet (Frage 24)

Abbildung 20: Bestätigte und unbestätigte Problemfelder der Arztbewertungsportale nach den Dimensionen Beeinflussbarkeit und Bewertungsportalspezifisch

Abbildung 21: Kundenlebenszyklus

Abbildung 22: Verteilung der Zielgruppe auf die jeweiligen Phasen des Kundenlebenszyklus

Abbildung 23: Bezahlter und unbezahlter Bereich bei Google

Abbildung 24: Relevanz der Anzeigentexte für das Keyword "Bewertung Arzt Frankfurt"

Abbildung 25: Beispiel eines Bewertungswidgets für Ärzte

Abbildung 26: Suchergebnisse der Arztbewertungsportale in google.de für das Keyword „Arzt Frankfurt“

Abbildung 27: Lokale Suchergebnisse in google.de für den Suchbegriff "Arzt Frankfurt"

Abbildung 28: Integrierter Online-Marketing-Mix im Kundenlebenszyklus

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Web 2.0: Gelegentliche und regelmäßige Nutzung 2007 bis 2009 in %

Tabelle 2: Internetaktivitäten für private Zwecke im ersten Quartal 2008 nach Altersgruppen

Tabelle 3: Suchwörter und Suchvolumen von Emmert u.a. (2009, e18)

Tabelle 4: Erweiterte Liste an Suchbegriffen zum Thema Arztsuche und Arztbewertungen

Tabelle 5: Auswahl an deutschen Städten und Gemeinden inkl. Einwohnerzahl

Tabelle 6: Ranking der Top 25 Domains für die 978 Suchwortkombinationen Stand Oktober
2010.

Tabelle 7: Verleich identifizierte Arztbewertungsportale Emmert ggü. dieser Arbeit

Tabelle 8: Allgemeiner Überblick über die Arztbewertungsportale

Tabelle 9: Ergebnisse der stichpunktartigen quantitativen Analyse der Arztbewertungsportale
nach Einwohnerklassen

Tabelle 10: Vergleichstabelle Artzbewertungsportale – allgemeine Vertrauenswürdigkeit

Tabelle 11: Vergleichstabelle Artzbewertungsportale – allgemeine Benutzerfreundlichkeit

Tabelle 12: Vergleichstabelle Artzbewertungsportale – Suchfunktion und Suchergebnisse

Tabelle 13: Vergleichstabelle Artzbewertungsportale - Bewertungsverfahren

Tabelle 14: Fragebogencluster mit entsprechenden Fragen im Online-Fragebogen

Tabelle 15: Kreuztabelle Anzahl Arztbesuche pro Jahr (Frage 13) und Bereitschaft zur
Bewertungsabgabe (Frage 20)

Tabelle 16: Kreuztabelle Erinnerung an Arztname (Frage 14) und Bereitschaft zur
Bewertungsabgabe (Frage 20)

Tabelle 17: Kreuztabelle Arztzufriedenheit (Frage 15) und Bereitschaft zur Bewertungsabgabe
(Frage 20)

Tabelle 18: Vierfeldertafel Frage 20 und 23

Tabelle 19: Vierfeldertafel Frage 20 und Frage 27

Tabelle 20: Kreuztabelle Einwohnerklasse (Frage 14) und Bereitschaft zur Bewertungsabgabe
(Frage 20)

Tabelle 21: Keyword-Advertising Vergleich der Arztbewertungsportale

Tabelle 22: Mobile-Suchvolumen in google.de im Vergleich mit der normalen Suche

Tabelle 23: Mobile App Vergleich der Arztbewertungsportale

Tabelle 24: Arztbewertungsportale und Affiliateprogramme

Tabelle 25: Arztbewertungsportale und Facebook

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Problemstellung und Aufbau der Arbeit

1.1 Problemstellung

Bevor man im Internet eine Reise bucht gibt es etliche Portale, auf denen man sich zuerst die bestbewerteten Hotels heraussuchen kann. Unabhängige Hotelbewertungsportale wie Holidaycheck.de und TripAdvisor.de, Meta-Suchmaschinen wie Trivago.de oder OTAs (Online Tour Operator) wie Booking.com oder Expedia.de bieten zu den meisten Hotels eine Vielzahl an Bewertungen, die einem die Entscheidung für ein bestimmtes Hotel einfacher machen. Durch die immer weiter zunehmende Internetnutzung, insbesondere durch die Verfügbarkeit von Breitbandanschlüssen[1] und nicht zuletzt den Vormarsch des Web 2.0 (Busemann/Gscheidle 2009, 356) bucht nicht nur ein großer Teil der deutschen Bevölkerung den Urlaub online[2], sondern gibt auch aktiv Feedback mittels sogenannte Nutzerbewertungen.

Das, was bei Reisen und Hotels so gut klappt, lässt sich leider nicht so ohne weiteres auf andere Bereiche übertragen. Wer heute über das Internet einen neuen Hausarzt beispielsweise in Frankfurt finden möchte und gezielt nach Arztbewertungen sucht wird enttäuscht feststellen, dass die wenigsten Ärzte überhaupt über eine größere Anzahl an Bewertungen verfügen. Das ist aus den folgenden Gründen verwunderlich:

- Ein großer Teil der deutschen Bevölkerung nutzt das Internet für das Thema Gesundheit[3].
- Laut Marstedt (2007, 11) suchen Patienten in Deutschland rund 17.000 Mal am Tag bzw. sechs Millionen Mal pro Jahr einen Arzt. Laut Kofahl/Nickel/Trojan (2009, 44f) haben 20% der Befragten in den letzten Jahren einmal einen neuen Haus- oder Allgemeinarzt gesucht, bei den Fachärzten erhöht sich der Anteil auf 33%.
- Rund 72% der Befragten erklären das Informationsangebot über Ärzte als nicht ausreichend, haben aber ein wachsendes Bedürfnis, Verlässliches über die Qualität von Gesundheitsleistungen zu erfahren[4].

Dieses wachsende Informationsbedürfnis hat auch die Internetbranche erreicht. Gab es noch Anfang des neuen Jahrtausends hauptsächlich Arztsuchdienste, die mittlerweile ihren Dienst fast durchgehend eingestellt haben[5], wurden die meisten der sogenannten Arztbewertungsportale erst in den letzten 3-4 Jahren gegründet[6]. Dies liegt nicht zuletzt auch hier an der Entwicklung des Web 2.0. Mittlerweise existiert eine große Anzahl an Arztbewertungsportalen im Internet, von denen fast alle kommerzieller Natur sind. Seit 2010 ist auch das AOK Ärztenavi in der Testphase[7], jedoch auch nicht ohne Kritik[8]. Das bei Hotelbewertungen bewährte Bewertungssystem aus Schulnoten oder Punkten kombiniert mit Textfeldern, in denen Lob und Kritik detailliert geäußert werden können, haben die Arztbewertungsportale im Prinzip alle übernommen[9].

Die Schwächen und Risiken der Arztbewertungsportale sind bereits in verschiedensten Veröffentlichungen diskutiert worden[10]. Hier geht es insbesondere um das Risiko von Missbrauch und Manipulation von Bewertungen sowohl von Seiten der Ärzte als auch der Patienten (Kofahl/Horak 2010, 122). Weiterhin kommt von den Ärzten immer wieder das Argument, dass Laien ärztliche Kompetenz gar nicht einschätzen und erst recht nicht bewerten können, dazu kommen Wettbewerbsängste (Stiftung Gesundheit 2007b, 7). Diese Probleme beziehen sich aber eher auf den Patienten und stellen per se kein Problem für die Arztbewertungsportale dar, die dafür insbesondere mit folgenden 2 Problemen zu kämpfen haben: Erstens verfügen Arztbewertungsportale über relativ schwache Erlösmodelle. Im Normalfall ergeben sich die Erlösmodelle im E-Business primär aus der elektronisch angebotenen Kernleistung (Kollmann 2007, 51). Die Kernleistung in diesem Fall ist die Klassifikation und Systematisierung von Inhalten (Arztinformationen und -bewertungen). Primäres Erlösmodell ist in dem Fall die Finanzierung durch kostenpflichtige Leistungen. Denkbar wären auf Seiten der Gesundheitsanbieter / Ärzte kostenpflichtige Arztprofile, d. h. Ärzte zahlen für ihren Eintrag, der Verkauf von Zusatzleistungen in Zusammenhang mit den Arztprofilen wie bspw. Premiumreichweiten, d.h. bei einer Arztsuche werden bezahlte Arzteinträge weiter oben in den Suchergebnissen gelistet, oder bezahlte Profilerweiterungen wie z.B. Fotos, Kontaktmöglichkeiten etc.. Auf Seiten der Gesundheitsnachfrager / Nutzer wären Gebühren für bestimmte Premiuminhalte denkbar. Fakt ist jedoch, dass die Arztbewertungsportale bisher Schwierigkeiten haben, ein Erlösmodell im Rahmen ihrer Kernleistung aufzubauen, sondern die Monetarisierung der Portale vielmehr hauptsächlich über die Nebenleistung Online-Werbung erfolgt[11]. Dies begründet sich vor allem durch die geringe Arztbewertungszahl. Zweitens haben die identifizierten Arztbewertungsportale zwei Kundengruppen, an die sie grundsätzlich ihr Marketing adressieren können, die Gesundheitsanbieter und die Gesundheitsnachfrager. Dabei haben alle Arztbewertungsportale das gleiche Dilemma: Ohne eine kritische Anzahl an Gesundheitsnachfragern wird das Interesse der Gesundheitsanbieter an bezahlten Diensten gering sein.

Mittelfristiges Ziel der Portalbetreiber muss es demzufolge sein, eine substanzielle Zahl von Patientenbewertungen zu erreichen. Umso verwunderlicher ist es, dass bisher keine Veröffentlichung strukturiert darauf eingegangen ist, warum es so wenig Bewertungen gibt und welche Maßnahmen Portalbetreiber deutscher Arztbewertungsportale ergreifen können, um die Anzahl der Bewertungen auf Ihren Portalen zu steigern. Einziger immer wieder angeführter Grund ist in diesem Zusammenhang eine zeitliche Komponente, wonach das Internet als Informationsquelle für Arztempfehlungen noch recht weit unten rangiert, was aber keinen konkreten Handlungsbedarf für die Portalbetreiber offen legt[12]. Genau an dieser Stelle will diese Diplomarbeit ansetzen. Denn bei Stichproben auf dem einen oder anderen deutschen Arztbewertungsportal stellt man schnell fest, dass die meisten Ärzteprofile bereits heute über eine große Anzahl an Aufrufen verfügen[13]. D.h. die Nachfrage nach Arztbewertungen im Internet ist offensichtlich bereits heute vorhanden und keine reine Zukunftsmusik. Die Frage, ab welcher Anzahl Bewertungen ein Erlösmodell im Rahmen der Kernleistung möglich ist, kann an dieser Stelle nicht beantwortet werden. Jedoch kommt Emmert (2009, e27) zu dem Schluss, dass mind. 30 Bewertungen pro Arzt abgegeben werden müssen, damit diese als ausreichend repräsentativ angesehen werden können. Alle Bewertungsportale scheinen weit von dieser Zahl entfernt zu sein. Diese Arbeit beschäftigt sich mit den Möglichkeiten für deutsche Arztbewertungsportalbetreiber, die Penetration von Arztbewertungen zu steigern. Dabei geht es darum, Steigerungen der Penetration möglichst unter Wahrung der Interessen aller Beteiligten zu erreichen: Kostenträger gesundheitlicher Dienstleistungen sind an höherer Qualität und Wirtschaftlichkeit interessiert, die Betreiber von Arztbewertungsportalen an Rentabilität des investierten Kapitals i.R. ihrer Geschäftsmodelle und die Versicherten und Patienten an zuverlässiger Information zu gesundheitlichen Dienstleistungen und gesundheitlicher Leistungserbringer (Kofahl/Nickel/Trojan 2009, 41).

1.2 Zielsetzung und Aufbau der Arbeit

Gegenstand dieser Arbeit sind Arztbewertungsportale im deutschsprachigen Internet. Das Erkenntnisinteresse besteht darin, die Ursachen für die Penetrationsprobleme von Arztbewertungen auf Arztbewertungsportalen zu ermitteln und darauf aufbauend Handlungsempfehlungen an Arztbewertungsportalbetreiber zur Penetrationssteigerung von Arztbewertungen zu geben. Ziel der Arbeit ist es, Handlungsempfehlungen zur Penetrationssteigerung von Arztbewertungen an Arztbewertungsportalbetreiber unter Wahrung der Interessen aller Beteiligten (Kostenträger gesundheitlicher Dienstleistungen, Arztbewertungsportalbetreiber und Versicherte) zu geben.

Dabei wird folgenden Forschungsfragen nachgegangen:

1. Wie lassen sich Arztbewertungsportale im Internet definieren und was hat ihre Entwicklung begünstigt?
2. Welches sind die reichweitenstärksten Arztbewertungsportale im deutschsprachigen Internet und was für quantitative und qualitative Eigenschaften haben diese?
3. Was sind die Ursachen für die Penetrationsprobleme von Arztbewertungen auf Arztbewertungsportalen im deutschsprachigen Internet?
4. Was sind mögliche Handlungsempfehlungen an Arztbewertungsportalbetreiber zur Steigerung der Bewertungspenetration auf den Arztbewertungsportalen?

Entsprechend der Forschungsfragen ist auch die Arbeit gegliedert. Zum klaren Verständnis und der Abgrenzung des zentralen Begriffs des Arztbewertungsportals ist in Kapitel 2 zuerst eine Begriffsdefinition notwendig (Abschnitt 2.4). Dieser wird aus kombinierten Eigenschaften von Internetportalen (Abschnitt 2.1), Web 2.0 (Abschnitt 2.2) und Online-Bewertungen (Abschnitt 2.3) mittels Literaturrecherche hergeleitet. Darauf aufbauend werden dann in Kapitel 3 die Identifikation und Analyse der reichweitenstärksten Arztbewertungsportale durchgeführt, um diese danach quantitativ sowie qualitativ zu untersuchen. Dies erscheint vor allem aufgrund der derzeit hochdynamischen Entwicklung[14] der Arztbewertungsportale und dem harten Konkurrenzkampf zwischen den Unternehmen um die Vorreiterrolle notwendig, da „viele der für die Analyse angelegten Kriterien und deren Ergebnisse zum Zeitpunkt der Veröffentlichung bereits überholt [sind] – manche Portale existieren dann nicht einmal mehr“ (Kofahl/Nickel/Trojan 2009, 41). Dazu wird zunächst die Relevanz der Suche von Gesundheitsinformationen über das Internet als konstituierendes Merkmal für die Bedeutung von Arztbewertungsportalen mittels Literaturrecherche untersucht (Abschnitt 3.1). In Abschnitt 2.2 werden dann die zum Zeitpunkt der Untersuchung reichweitenstärksten Arztbewertungsportale im deutschsprachigen Internet mittels teilweise toolgestützter Internetrecherche identifiziert. Dabei wird zum einen davon ausgegangen, dass die reichweitenstärksten Arztbewertungsportale über die meisten Arztbewertungen verfügen und aus diesem Grund herausgefunden werden soll, ob alle reichweitenstarken Portale über zu wenig Arztbewertungen verfügen. Zum anderen geht es darum festzustellen, ob durch die toolgestützte Internetrecherche allgemein Reichweitenprobleme erkennbar werden, die ein Grund für eine niedrige Bewertungsanzahl sein könnten. In Abschnitt 3.2 erfolgt dann eine quantitative teils softwaregestützte Analyse der Arztbewertungsportale zur Bestätigung der Penetrationsprobleme. Abschnitt 3.3 dient der qualitativen Analyse der Arztbewertungsportale anhand von Qualitätskriterien. Der qualitative Aspekt der Bewertungsportale ist hier nur hinsichtlich der Ursachenforschung für die (quantitativen) Penetrationsprobleme von Arztbewertungen von Bedeutung. Wichtig ist hervorzuheben, dass eine Penetrationssteigerung nach Ansicht des Verfassers nur unter der Maßgabe geschehen kann, die Qualität der Bewertungen bzw. des Arztbewertungsportals nicht zu gefährden. Explizit nicht behandelt werden soll die Frage, ob Bewertungsportale dazu geeignet sind, die besten Ärzte zu finden, und ob ein gut bewerteter Arzt auch tatsächlich der beste Arzt ist. In Kapitel 4 werden mittels einer Online-Befragung mögliche Problemfelder hinsichtlich der niedrigen Penetration von Arztbewertungen bestätigt. Dazu werden neben den aus Kapitel 3 herausgearbeiteten möglichen Ursachen weitere mögliche Gründe mittels Literaturrecherche gesucht und dann im Rahmen einer Online-Befragung auf ihre aktuelle Relevanz hin überprüft. Ergebnis dieser Online-Befragung ist Liste an Problemfeldern, die in die beiden Dimensionen „Beeinflussbarkeit (durch Arztbewertungsportalbetreiber)“ und „Bewertungsportalspezifisch“ aufgeteilt werden. In Kapitel 5 werden dann ausgehend von den in Kapitel 4 bestätigten und in hohem Maße von den Arztbewertungsportalen beeinflussbaren Problemfeldern konkrete Handlungsempfehlungen für die Bewertungsportalbetreiber mittels der Instrumente des Online-Marketings herausgearbeitet. Dazu wird in Abschnitt 5.1 zunächst die Notwendigkeit der Ausrichtung des Online-Marketings am Kundenlebenszyklus deutlich gemacht. Abschnitt 5.2 gibt dann einen Überblick über die gängigen Online-Marketing-Instrumente und deren aktuelle Nutzung durch die Arztbewertungsportale inklusive zukünftige Verbesserungsmöglichkeiten. In Abschnitt 5.3 soll dann ein Rahmenkonzept für den Online-Marketing-Instrumenteneinsatz für Arztbewertungsportale zur Lösung der ermittelten Problemfelder entworfen werden, um dann schließlich aufbauend auf den Erkenntnissen aus Abschnitt 5.2 einen Best-Practice Katalog an Handlungsempfehlungen für die Arztbewertungsportalbetreiber zu erstellen. Kapitel 6 fasst die Ergebnisse zusammen und gibt basierend darauf einen Ausblick auf mögliche zukünftige Entwicklungsszenarien der Arztbewertungsportale.

2. Definition von Arztbewertungsportalen im Internet

2.1. Definition und Eigenschaften von Internetportalen

In diesem Kapitel soll zuerst eine Definition des Begriffs Arztbewertungsportal erarbeitet werden, um darauf aufbauend dann in Kapitel 3 die Identifikation und Analyse durchführen zu können. Die Herleitung der Definition soll mittels einer Kombination der Eigenschaften von Internetportal, Web 2.0 und Online-Bewertungen erfolgen. Bevor in den folgenden Abschnitten auf die Begriffe Web 2.0 und Online-Bewertungen eingegangen wird, werden in diesem Abschnitt zunächst die Eigenschaften von Internetportalen herausgearbeitet.

Für den Begriff des Internetportals gibt es keine eindeutige Definition (Ebenbeck 2003, 3). Bei der Durchsicht einschlägiger Literatur stellt man vielmehr fest, dass der Begriff einem stetigen Wandel unterliegt und sich die Definition auch an die Entwicklung des Internets anpasst.

In einem Punkt stimmen fast alle Definitionen überein: Ein Portal ist ein zentraler Einstiegspunkt in das Internet. Amor (2000, 307) unterscheidet dabei nach Portalen der ersten und Portalen der zweiten Generation. Portale der ersten Generation sind demnach nur Portale von Telekom- und Internetprovidern, die einen web-ähnlichen Zugang meist nur für ihre Kunden haben und meist kostenpflichtig sind. Portale der zweiten Generation sind nicht auf Abonnenten bestimmter Online-Dienste beschränkt sondern können mit Hilfe eines Web-Browsers von jedem besucht werden. Die ersten Portale der zweiten Generation waren Suchmaschinen wie Yahoo oder Excite. Portale der dritten Generation sind E-Commerce Portale mit B2B oder B2C Ausrichtung (Emrich 2008, 142).

Es lassen sich folgende Eigenschaften herausfiltern:

- Portale dienen verschiedenen, meist vielen Nutzern (Stelzer 2004, 5) und weisen eine hohe Nutzungsintensität auf, d.h. ein erheblicher Anteil der Zielgruppe macht davon auch Gebrauch (Stelzer 2004, 6).
- Portale sollen den Nutzer bei der Beherrschung und Bewältigung des Informationsflusses unterstützen (Stelzer 2004, 5) und helfen Benutzern und Organisationen, Informationen schneller zu finden (Laudon/Laudon/Schoder 2010, 615).
- Sie sind Intermediäre, die die Nachfrage eines Nutzers auf bestimmte Angebote (im WWW) lenken (Stelzer 2004, 5).
- Sie stellen spezielle Inhalte und zugehörige Dienste bereit (Laudon/Laudon/Schoder 2010, 614f.).

Stelzer (2004, 10-13) führt noch einige Klassifikationskriterien an, wovon die meisten sich entweder auf die Entwicklung der Portale im Zeitverlauf oder auf unterschiedliche Nutzerkreise/Teilbereiche/Nutzergruppen beziehen:

- Der Inhalt ist entweder horizontal oder vertikal:

Horizontale Portale enthalten viele unterschiedliche Themen, die Zielgruppe ist die gesamte Internet-Community, vertikale Portale (manchmal auch Vortals genannt) decken meist nur ein Schwerpunktthema ab (siehe auch Amor 2000, 313; Emrich 2008, 143f).

- Die Funktionen sind personalisierbar oder nicht personalisierbar.
- Das E-Commerce-Geschäftsmodell ist B2B, B2C (Shopping) oder ein Themenportal.
- Die Technologie ist Web 1.0 oder Web 2.0.
- Die Zielgruppen sind Laien oder Professionals.

Arztbewertungsportale dienen verschiedenen Nutzern, helfen Informationen (insbesondere Ärzte) schneller zu finden, leiten den Nutzer auf bestimmte Angebote (Ärzte/Ärztehomepages) und stellen entsprechende Angebote und zugehörige Dienste bereit. Dabei lässt sich schon eine Eingrenzung danach vornehmen, dass Arztbewertungsportale vertikale Web 2.0 Themenportale speziell für Gesundheitsinformationen sind. Zur weiteren Eingrenzung müssen die Eigenschaften der Internetportale nun mit Eigenschaften des Web 2.0 und der Online-Bewertungen kombiniert werden, um den Begriff des Arztbewertungsportals zu definieren und klar abgrenzen zu können. Im nächsten Abschnitt wird zunächst auf den Begriff Web 2.0 eingegangen.

2.2 Die Entwicklung des Web 2.0

Web 2.0 ist der Hauptkatalysator für die Entstehung der Arztbewertungsportale, die ihr Geschäftsmodell auf von Nutzern generierten Online-Bewertungen aufbauen. Die Gründe dafür werden in diesem Abschnitt beschrieben, nämlich die Veränderungen, die Web 2.0 im Internet und besonders beim Internetnutzungsverhalten bewirkt hat. Web 2.0 hat einen neuen Boom im Internet ausgelöst, getrieben durch das sogenannte „Mitmach-Netz“ oder „Netz der Amateure“ (Reichert 2008, 8), was jeden Internetnutzer ohne die Kenntnis spezieller Webtechnologien in die Lage versetzt, selbst zum Akteur im WWW zu werden. Dabei ist der Begriff fast ausschließlich in der Agenturszene und weniger in der Bevölkerung angekommen (Felsenberg 2007, 106).

Tim O’Reilly gilt als der Urvater des Begriffs Web 2.0 (O’Reilly 2005), indem er im Jahr 2004 die erste Web 2.0 Konferenz mit einer Gegenüberstellung neuer Internetanwendungen und -technologien eröffnete. (Felsenberg 2007, 91) Er nannte dabei folgende Kerneigenschaften von Web 2.0 Anwendungen (Ebersbach/Glaser/Heigl 2008, 24-29)[15]: 1. “Web als Service-Plattform“, 2. “Einbeziehung der kollektiven Intelligenz der Nutzer”, 3. “Daten stehen im Mittelpunkt der Anwendungen”, 4. “Neue Formen der Softwareentwicklung”, 5. “Leichtgewichtige Programmiermodelle”, 6. “Software, die auf vielen Geräten nutzbar wird”, 7. “Rich User Experience”. Dabei wurde Web 2.0 nicht als wissenschaftliche Definition geschaffen[16], sondern eher als Marketingbegriff zur Verdeutlichung eines neuen Internets. Dementsprechend sind die Grenzen zwischen Web 1.0 und Web 2.0 auch eher fließend (O’Reilly 2005) und Web 2.0 sollte weniger als Revolution sondern mehr als Evolution bzw. nachhaltige Entwicklung gesehen werden (Gehrke/Gräßer 2007, 34).

Möglich sind diese neuen Internetanwendungen und -technologien v. a. aufgrund der rasanten technischen Entwicklung (Felsenberg 2007, 91f)[17]. Dies hat dazu geführt, dass die Internetnutzer eine ganz andere Qualität des WWW geboten bekamen. Mussten die Nutzer vorher zumindest über HTML Kenntnisse verfügen, um Inhalte zu veröffentlichen, konnten nun Inhalte ohne technische Kenntnisse veröffentlicht werden. Z.B. bieten Blogs, Communities, Foto- und Videoportale selbsterklärende Editoren, die von jedermann einfach zu bedienen sind. Das führte zu einer Erhöhung der Nutzungsintensität (mehr Nutzer mit Erfahrung, mehr Nutzung je Nutzer, mehr Nutzer nehmen aktiv teil) (Felsenberg 2007, 91f)[18]. Es erfolgte die „Abkehr vom dezentralisierten Web ‚sozial isolierter’ Individuen und die Hinwendung zum sozialen Web sich ‚aktiv vernetzender’ Gemeinschaften getrieben durch eine Debatte zur Interaktivität, Konnektivität und Kollaborativität der Netzöffentlichkeit[19]. Web 2.0 hat dabei mehr als die reine ursprünglich von O’Reilly definierte technische Sichtweise. Web 2.0 integriert technische, ökonomische und soziale Trends zu einer neuen Form des Internets[20].

Berge/Buesching (2008, 25) definieren 3 Schwerpunktgruppen der Web 2.0 Anbieter:

- Communities: Hier steht der Aufbau von Beziehungen der Nutzer untereinander im Vordergrund (Facebook, MySpace).
- Entertainment-Anbieter: Sie verteilen vorrangig Nutzerinhalte (User generated Content) und stellen die Unterhaltung in den Vordergrund (YouTube, Flickr).
- Informationsanbieter: Auch hier steht User generated content im Vordergrund, jedoch hat dieser eher Informationscharakter (Blogs, Wikis, Bewertungsplattformen).

Alle Web 2.0 Anbieter nutzen dabei virale bzw. Netzwerk-Effekte zu ihrer Verbreitung, d.h. Nutzer generieren wiederum Nutzer. Je mehr Interessierte eine Plattform besuchen, desto attraktiver wird sie für weitere User. Und wenn diese die angebotenen Inhalte durch Tags, Verlinkungen, Ratings etc… anreichern, dann steigt die Beteiligung anderer Nutzer umso mehr (Winter 2007, 80).

Eine große Herausforderung für Web 2.0 Portale besteht in der Monetarisierung. Im Rahmen des Web 2.0 haben sich zusätzlich oder in Ergänzung zu den klassischen E-Business Geschäftskonzepten[21] weitere entwickelt. Einige Web 2.0 Erlösmodelle sind:

- User generated Content: Owner, die bisher über die publizierten Inhalte geherrscht haben, verschwinden nach und nach. Ihr Platz wird von den Nutzern mit deren eigenen Inhalten eingenommen, die die Inhalte sowohl selbst produzieren als auch für ihre Verbreitung sorgen (Winter 2007, 76f). Große Portale wie eBay und Amazon arbeiten mit Inhalten ihrer Nutzer und integrieren Bewertungen, Empfehlungen, Rezensionen und Testberichte in die Produktbeschreibungen. Der Content dient in diesem Fall sowohl der Generierung von neuen Nutzern über Suchmaschinen als auch der Konvertierungssteigerung bestehender Nutzer.
- Crowdsourcing (Gehrke/Gräßer 2007, 35): Unternehmen machen sich die Reichweite des Internet zunutze und erzielen Einsparpotenziale durch die Entwicklung und Vermarktung von Produkten durch Freizeitarbeiter. Ein gutes Beispiel hierfür sind Contentbroker wie www.textbroker.de.
- Social Commerce: Hierbei handelt es sich um kostenlose Shopping-Anwendungen, die dem Nutzer durch dessen Teilnahme einen Mehrwert versprechen. Diese Mehrwerte können darin bestehen, dass der Nutzer selbst Geld verdienen kann oder z.B. ein Schnäppchen macht. (Winter 2007, 78f)
- Profiling und Behavioral Targeting (Reichert 2008, 101): Werbung wird nicht mehr nur auf den Kontext, sondern auch auf Nutzerprofile bezogen. Diese werden entweder aktiv von den Nutzern selbst erstellt oder passiv von den Anbietern generiert. Der große Vorteil liegt darin, dass diese Art von Werbung für Werbetreibende extrem attraktiv ist, da eine genaue Ansprache der Zielgruppe möglich ist und erfolgsabhängige Abrechnungsmodelle Verwendung finden können, d.h. weg vom CPM/CPC hin zum CPL. (Berge/Buesching 2008, 32)
- Gebührenmodelle: Diese sind im Internet eher selten zu finden. Voraussetzung ist ein klar definiertes Angebot mit klar kommuniziertem Nutzen für eine besonders geeignete Zielgruppe wie bspw. XING oder Experteer. (Berge/Buesching 2008, 32)
- Crosselling: Dieses wird auch durch das Profiling der Nutzer ermöglicht. Nach Abschluss eines Kaufvorgangs werden dem Nutzer auf Basis seines Profils weitere Artikel von Nutzern mit ähnlichem Profil vorgeschlagen. (Berge/Buesching 2008, 32)
- Content Syndication: Die Ware Content wird zusätzlich noch anderen Website-Betreibern zur Lizenzierung angeboten. (Zschau/Traub/Zahradka 2002, 144)

Dabei schließen sich die Erlösmodelle nicht aus, sondern vielmehr laufen oft mehrere Erlösmodelle nebeneinander. Gerade Werbung auf der Webseite wird oft parallel zu anderen Erlösmodellen eingesetzt.

Doch wie wird das Web 2.0 von den Nutzern angenommen? Zur Beantwortung dieser Frage muss die passive Nutzung (Konsum) und die aktive Nutzung (Produktion) unterschieden werden. Bzgl. der passiven Nutzung hat das Web 2.0 zwar den allgemeinen Durchbruch noch nicht geschafft, die Nutzerschaft hat jedoch beachtliche Wachstumsraten zu verzeichnen (vgl.Tabelle 1). Dabei wird die Web 2.0 Idee v. a. von den jüngeren Generationen unter 30 Jahren getragen (Busemann/Gscheidle 2009, 360).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Web 2.0: Gelegentliche und regelmäßige Nutzung 2007 bis 2009 in %[22]

Bei der aktiven Nutzung zeigt sich eine geringere Bereitschaft gegenüber der passiven Nutzung. Rund 13% aller Onliner interessieren sich sehr dafür, sich aktiv einzubringen, was einer Steigerung von 3% gegenüber dem Jahr 2006 entspricht (vgl. Busemann/Gscheidle 2009, 357).

Warum stellen Nutzer Inhalte ins Internet, welche Motive verfolgen sie dabei? Li (2007, 3ff.) unterteilt dabei die aktiven Nutzer noch weiter nach Partizipationsgrad, so dass insgesamt 6 Gruppen gebildet werden können (vgl. Abbildung 1)[23].

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Social Technographics Groups Consumers By Activity In The Participation Ladder, Base US adult online consumers[24]

In diesem Zusammenhang erwähnt sie speziell die Gruppe der sogenannten „Critics“. Diese partizipieren auf 2 Arten - Kommentare auf Blogs zu hinterlassen oder Bewertungen auf Seiten wie bspw. Amazon abzugeben. Danach sind 19% aller Internetnutzer „Critics“, 2/3 davon geben Bewertungen ab (d.h. 12-13% aller erwachsenen Internetnutzer in Amerika). Dabei muss erwähnt werden, dass Li die Nutzergruppen nicht scharf voneinander abgrenzt, sondern ein Nutzer mehreren Gruppen angehören kann. Laudon/Laudon/Schoder (2010, 812) und Trump/Klingler/Gerhards (2007, 30) nennen verschiedenste Motive, warum sich Nutzer im Internet engagieren: Finanzielle Gründe, aus Spaß an der Sache/Zeitvertreib/Unterhaltung, Wissenszuwachs, Gewinnung/Pflege/Austausch sozialer Kontakte/Gleichgesinnte, Selbstdarstellung (Profile, Maslow), Status und Ansehen (Experten). Je nach Motiv verändert sich dann auch die Art der Nutzung. Je mehr Bedürfnisse gestillt werden, desto höher wird der Beteiligungsgrad sein (Winter 2007, 82). Soziale Netzwerke funktionieren nur dann, wenn sich genügend Nutzer aktiv daran beteiligen und das Portal eine Quantität erreicht, die es gegenüber anderen Nutzern attraktiv macht[25]. Nutzer können dabei abwechselnd oder auch parallel als Informationsanbieter und Informationsnachfrager agieren. Die Web 2.0 Plattform übernimmt die Vermittlung/Koordination, welche gleichzeitig ihr Erfolgskriterium ist, da sie selbst keine originäre Leistung erbringt. Dabei steht am Anfang die Frage, wie die Plattformbetreiber eine möglichst gute Koordinationsleistung vollbringen. Diese Vermittlungsleistung ist insbesondere deshalb wichtig, weil auf einer Web 2.0 Plattform Anbieter und Nachfrager nicht mehr isoliert kommunizieren, sondern weil sich die Interaktion auch sowohl quantitativ als auch qualitativ übergreifend bemerkbar macht. In quantitativer Hinsicht generieren Nutzer wiederum Nutzer[26]. In qualitativer Hinsicht kann das Vermittlungsergebnis sich direkt auf die Nutzenfunktion eines anderen Nutzers auswirken, z.B. beim gleichzeitigen Bieten um ein bestimmtes Produkt oder beim Lesen einer negativen Bewertung[27] (Kollmann/Stöckmann 2008, 43ff). Schaut man sich hier wieder die Zahlen der ARD/ZDF Onlinestudie 2009 an, stellt man fest, dass die Plattformbetreiber in Deutschland v.a. auf der Informationsangebotsseite Schwierigkeiten haben dürften (vgl. Abbildung 2), was auch in dieser Arbeit später bei der Analyse der Arztbewertungsportale eine Rolle spielt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Art der Nutzung von Web-2.0-Angeboten 2009 / Nutzer, die das Angebot schon mal besucht haben in %[28]

Kritik am Web 2.0 wird v.a. aufgrund der folgenden 2 Punkte laut. Vielen Nutzern ist die Reichweite ihrer Handlungen im Web 2.0 wenig bewusst. Einmal ins Netz eingestellte Daten können bei entsprechender bewusster oder unbewusster Freigabe oft sehr lange im Netz und über Suchmaschinen für jedermann aufrufbar sein. Über Suchmaschinen können auch Daten aus unterschiedlichen Quellen zusammengeführt werden, so dass regelrecht Nutzerprofile ohne größeren Aufwand erstellt werden können. Dabei verlieren die Betroffenen die Herrschaft über ihre Daten, da einmal eingestellte Daten digital kopierbar sind und beliebig vervielfältigt oder auch verändert werden können. Dieses Problem gab es sicherlich auch schon mit Web 1.0 Anwendungen, allerdings nimmt es aufgrund der stark erhöhten Nutzungsintensität der Web 2.0 Anwendungen ganz andere Dimensionen an. (Wesener 2007, 59ff.). Ein weiterer Kritikpunkt am Web 2.0 ist die Befürchtung, dass die Ausweitung „minderwertiger Amateurkultur“ zur Verdrängung „qualitätsorientierter Expertenkultur“ führen könnte, Web 2.0 also quasi als Feindbild des professionellen Journalismus (Reichert 2008, 10). Genau dieses Problem wird gerade auch im Rahmen von Arztbewertungen diskutiert[29], wo eine laufende Debatte darüber herrscht, inwieweit Patienten die Leistung eines Arztes überhaupt bewerten können, und auch inwieweit das über ein standardisiertes Bewertungsverfahren möglich ist, wie es die Arztbewertungsportale bieten.

Zusammenfassend lässt sich mit den hier beschriebenen Eigenschaften von Web 2.0 der Begriff des Arztbewertungsportals weiter eingrenzen. Database Management[30] (insbes. strukturierte Datengewinnung und standardisierte Bewertungsabgabe) und die dadurch mögliche Rich User Experience[31] (Flexible Bewertungssuche, Filterkriterien) und das Gebührenmodell als primäres Erlösmodellziel sind weitere Eigenschaften. Dabei machen obige Ausführungen auch bereits deutlich, dass ein quantitatives Problem für Arztbewertungsportale sicherlich die Nutzeraktivierung sein dürfte und ein qualitatives Problem die Aussagekraft der Arztbewertungen durch Patienten (=Amateure/Laien). Im nächsten Abschnitt sollen Kriterien von Online-Bewertungen herausgearbeitet werden, die dann in Abschnitt 2.4 zu einer finalen Begriffsdefinition und Abgrenzung des Begriffs Arztbewertungsportale mit den Eigenschaften der Internetportale (Abschnitt 2.1) und den Eigenschaften von Web 2.0 (Abschnitt 2.2) kombiniert werden.

2.3 Online-Bewertungen: Mundpropaganda im Internet

In Abschnitt 2.2 wurde beschrieben, wie die Technik des Web 2.0 schließlich auch das Verhalten der Internetnutzer verändert hat, welche Nutzergruppen und welche Gruppen von Web 2.0 Angeboten es gibt und welche Erlösmodelle diese nutzen. User generated Content stellt dabei ein zentrales Standbein des Web 2.0 dar, und obwohl klassische Interaktionsformen noch immer im Vordergrund stehen, haben Web 2.0 Inhalte, getrieben eher durch die jüngeren Generationen der Internetnutzer, starke Wachstumsraten zu verzeichnen. Größtes Problem besteht dabei für die Web 2.0 Anbieter darin, ihre Nutzerschaft nicht nur zum Abrufen, sondern auch zum Einstellen von Inhalten zu bewegen. Hier spielen die Motive der Nutzer eine wichtige Rolle. Je besser ein Portal diese kennt und je mehr es gleichzeitig befriedigen kann, desto höher sind die Erfolgschancen.

Die in diesem Abschnitt beschriebenen Online-Bewertungen sind eine sowohl auf der Angebots- als auch auf der Nachfrageseite sehr beliebte und bewährte Form des User generated Contents. Sie stehen in engem Zusammenhang mit dem Begriff Mundpropaganda bzw. Word-of-Mouth (WOM). Im Gegensatz zur klassischen Marktkommunikation zeichnet sich Mundpropaganda dadurch aus, dass sie informell ist im Freundes- und Bekanntenkreis:

- Bedürfnisorientierung: Freunde und Bekannte erzählen grundsätzlich nur die Informationen weiter, die sie interessant finden.
- Unabhängigkeit: Empfehlungen im privaten Kreis werden meist ohne finanzielles Interesse abgegeben.

Durch diese Eigenschaften entfaltet sie eine starke persönliche Wirkung im Freundes- und Bekanntenkreis. Das haben nicht zuletzt auch viele Internetfirmen erkannt. Getrieben durch das Web 2.0 und den damit einhergehenden technischen und sozialen Veränderungen geben mehr und mehr Menschen positives als auch negatives Feedback über das Internet, welches später nicht nur Freunden und Bekannten, sondern jedermann zugänglich ist.

Hennig-Thurau et al. (2007, 39) definiert eWOM[32] als „any positive or negative statement made by potential, actual, or former customer about a product or company, which is made available to a multitude of people and institutions via the Internet”. Im Gegensatz zum klassischen WOM findet eWOM meist durch non-verbale Kanäle wie Nachrichten oder Videos statt (Schmidt 2009, 7). Dabei unterscheidet sich Online-Mundpropaganda durch folgende Merkmale (Wiesner 2007, 68): Scale (Größenordnung), Kontrollmöglichkeit und Anonymität des Beurteilenden. Online-Bewertungen sind nun eine Form des eWOM, zu deren Kategorisierung es verschiedene Möglichkeiten gibt. Zunächst lassen sie sich nach der Art der Plattform unterteilen in:

- Reine Bewertungsportale: Sie basieren ihr Geschäftsmodell auf Online-Bewertungen.
- Shops mit Bewertungsfunktion: Sie nutzen Online-Bewertungen als Ergänzung zu Ihrem Geschäftsmodell (bspw. amazon, eBay).
- Bewertungen in Foren
- Bewertungen in Blogs

Die folgende Grafik (Abbildung 3) verdeutlicht die Bedeutung der einzelnen Plattformen nach Anzahl und nach Ländern. Dabei lässt sich feststellen, dass Online-Bewertungen in den USA insgesamt schon weiter verbreitet sind als in Europa. In allen Ländern sind Foren der Anzahl nach führend, gefolgt von Shops mit Bewertungsfunktion und Blogs mit Bewertungen. Beachtenswert dabei ist, dass in Deutschland und Europa im Gegensatz zu den USA die Bedeutung von Blogs höher ist als die von Shops mit Bewertungsfunktion. Insgesamt ist der Anteil der reinen Bewertungsportale in allen Ländern verschwindend gering.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Anzahl der Bewertungsportale[33]

Eine weitere Einteilungsmöglichkeit ist die nach Art der Bewertung (Müller 2007, 7-9):

- Transaktionsbewertung (z.B. ebay.de): Hier haben die Benutzer die Möglichkeit, eine Bewertung zu dem Geschäftsverhalten des Vertragspartners abzugeben, nachdem die Transaktion getätigt wurde. Dies hat Vorteile für beide Seiten. Zukünftigen Käufern wird es erleichtert, den Verkäufer hinsichtlich Zuverlässigkeit und Geschäftsverhalten einzuschätzen. Der Verkäufer hat wiederum die Möglichkeit, für zukünftige Geschäfte gegenüber anderen Käufern eine gewisse Reputation aufzubauen.
- Produktbewertung (z.B. ciao.de, amazon.de): Hierbei geht es um Bewertungen zu allen käuflichen Artikeln, wie Bücher, DVDs, Elektronikartikel etc….
- Personenbewertung (z.B. spickmich.de, meinprof.de, imedo.de, anwalt.de, kununu.com): Hierunter zählen Bewertungen von Ärzten, Professoren, Arbeitgebern, Kanzleien.
- Dienstleistungsbewertung (z.B. my-hammer.de, dooyou.de, qype.com, holidaycheck.de): Hierzu gehören Bewertungen zu Reisen, Hotels, Ferienwohnungen, Restaurants, Events, Handwerkern, aber auch Bewertungen von Online-Videos oder Online-Fotos kann man hierzu zählen.
- Bewertung einer Bewertung: Um die Nützlichkeit von Bewertungen transparent zu machen, kann man mittlerweile auch Bewertungen selbst bewerten. Genutzt wird das v. a. im Bereich der Produkt- / Personen- oder Dienstleistungsbewertung.

Hierbei vermischen sich z.T. gerade bei Personen- ggü. Dienstleistungsbewertungen die Grenzen, da z.B. die Bewertung eines Handwerkers sich sowohl auf die Person als auch auf die Dienstleistung beziehen kann.

Eine weitere Einteilungsmöglichkeit ist nach Person der Bewertungsabgabe (Schmidt 2009, 11):

- Third-party reviews: Hierbei werden Produkttests oder Empfehlungen von den Webseitenbetreibern eigenständig ins Netz gestellt (z.B. chip.de). Diese Bewertungen enthalten meist messbare Informationen, weshalb sie als besonders glaubwürdig gelten.
- Seller-created information: Hierbei handelt es sich meist um reine Produktinformationen oder Spezifikationen für Experten.
- Traditionelle C2C Bewertungen: Dies sind direkt auf der Plattform von Benutzern generierte Bewertungen, die als natürlich oder real empfunden werden. Hier reicht die Bandbreite von spontanen Bewertungen, wo Konsumenten selbst initiiert Bewertungen ins Internet stellen bis hin zu unternehmensgesponsorten Bewertungen[34].

Die Bedeutung von Kundenmeinungen für Konsumentscheidungen ist immens. So sind z.B. Bewertungen Reisender im Internet für die Befragten mit Abstand die zuverlässigsten Informationen für Reisen in fremde Länder (Künzler/Mohr 2008, 22). Die Macht von Online-Bewertungen ist dabei besonders hoch, wenn diese in einer Form ins Internet gestellt werden, die sie aggregierbar und vergleichbar machen. Dieses Ziel haben spezialisierte Bewertungsportale wie Arztbewertungsportale, auf die im nächsten Abschnitt eingegangen werden soll. Die in diesem Abschnitt herausgearbeiteten Eigenschaften von Online-Bewertungen werden dazu mit den Eigenschaften von Internetportalen (Abschnitt 2.1) und den Eigenschaften von Web 2.0 (Abschnitt 2.2) im nächsten Abschnitt kombiniert, um eine Definition und Begriffsabgrenzung von Arztbewertungsportalen vorzunehmen.

2.4. Arztbewertungsportale: Definition und Begriffsabgrenzung

Wie in Abschnitt 2.3 erläutert, konstituiert sich die Bedeutung von Online-Bewertungen aus der Bedeutung des eWOM, deren Konzept sich immer mehr Internetportale zunutze machen. Auf Basis der in Abschnitt 2.1 dargestellten Eigenschaften von Internetportalen und den in den Abschnitten 2.2 und 2.3 ausgeführten Eigenschaften von Web 2.0 und Online Bewertungen folgt nun eine Definition und Begriffsabgrenzung von Arztbewertungsportalen im Sinne dieser Arbeit.

Abschnitt 2.1 hat gezeigt, dass Arztbewertungsportale in ihrer Eigenschaft als Internetportale verschiedenen Nutzern dienen und diesen helfen, Informationen (insbesondere Ärzte) schneller zu finden. Sie lassen sich als vertikale Themenportale speziell für Gesundheitsinformationen charakterisieren. Sie leiten den Nutzer auf bestimmte Angebote (Ärzte/Ärztehomepages) und stellen zugehörige Dienste (Kartensuche, Bewertungen anderer Nutzer) bereit. In Abschnitt 2.2 wurde der Begriff des Arztbewertungsportals mittels der Eigenschaften von Web 2.0 weiter eingegrenzt. Database Management[35] (insbes. strukturierte Datengewinnung und standardisierte Bewertungsabgabe) und die dadurch mögliche Rich User Experience[36] (Flexible Bewertungssuche, Filterkriterien) zeichnen Arztbewertungsportale auf der technischen Seite aus. Arztbewertungsportale werden des Weiteren über das Web 2.0 Erlösmodell weiter eingegrenzt[37]. Im Normalfall ergeben sich die Erlösmodelle im E-Business primär aus der elektronisch angebotenen Kernleistung (Kollmann 2007, 51), die bei Arztbewertungsportalen Klassifikation und Systematisierung von Arztinformationen und -bewertungen ist. Primäres Erlösmodell ist bei Arztbewertungsportalen die Monetarisierung durch kostenpflichtige Leistungen. Auf Seiten der Ärzte sind dies bspw. kostenpflichtige Arztprofile, kostenpflichtige Zusatzleistungen wie Premiumreichweiten (d.h. bei einer Arztsuche werden die Arzteinträge weiter oben in den Suchergebnissen gelistet) oder kostenpflichtige Profilerweiterungen (Fotos, Link zur Homepage des Arztes). Auf Seiten der Gesundheitsnachfrager / Nutzer sind Gebühren für bestimmte Premiuminhalte denkbar. Fakt ist jedoch, dass die Arztbewertungsportale bisher Schwierigkeiten haben, ein Erlösmodell im Rahmen ihrer Kernleistung aufzubauen. Die Monetarisierung der Portale erfolgt noch hauptsächlich über die Nebenleistung Online-Werbung, was aber nichts an dem Ziel des Gebührenmodells als primäres Erlösmodell ändert. Aus Abschnitt 2.3 lassen sich Bewertungsportale als reine Bewertungsportale definieren, d.h. sie basieren ihr Geschäftsmodell auf Online-Bewertungen.

Aufbauend auf diesen Ausführungen soll nun folgende Definition vorgenommen werden:

„Arztbewertungsportale sind vertikale Themenportale mit hoher Nutzungsintensität und dem Ziel der primären Finanzierung über Gebührenmodelle basierend auf Arztbewertungen, auf denen Nutzer in standardisierter Form Arztbewertungen anhand von Kriterienkatalogen abgeben, die dann in aggregierter Form flexibel von anderen Nutzern durchsucht und angezeigt werden können.“

Durch die Definition oben werden insbesondere folgende Abgrenzungen getroffen:

- Es werden alle horizontalen Portale ausgeschlossen, die nicht ausschließlich die Gesundheitsinformationen bieten. Beispiele solcher horizontalen Portale sind die Einbindung der Arztbewertungen in Google[38], die Integration in Portale wie Focus.de[39] oder Portale wie Qype.de.
- Es werden alle vertikalen Themenportale ausgeschlossen, deren Ziel nicht die primäre Finanzierung über Gebührenmodelle basierend auf Arztbewertungen ist, wie bspw. mögliche Affiliate-Webseiten, deren Monetarisierung über Affiliate-Erlöse erfolgt.
- Weiterhin werden aufgrund obiger Definition alle Seiten ausgeschlossen, wo Arztbewertungen nicht in standardisierter Form anhand von Kriterienkatalogen abgegeben und diese nicht strukturiert aggregiert und dargestellt werden können. Arztbewertungsportale differenzieren sich hier durch ihre spezifisch auf Gesundheitsdienstleister zugeschnittenen Bewertungsprozesse mit definierten Bewertungskriterien, um die Qualität des Bewertungssystems zu optimieren. Das unterscheidet sie von Internetportalen wie Google oder Qype, die lediglich ein Freitextfeld und eine Gesamtbewertung anhand eines Sternesystems anbieten.

Nach Begriffsdefinition und Begriffsabgrenzung kann nun im nächsten Schritt in Kapitel 3 die Identifikation und Analyse der Arztbewertungsportale erfolgen.

3. Identifikation und Analyse von Arztbewertungsportalen

3.1 Nachfrage nach Gesundheitsinformationen im Internet durch Laien

In Kapitel 2 wurde eine Definition für Bewertungsportale erarbeitet und damit auch eine Begriffsabgrenzung vorgenommen. Mit Hilfe dieses Kriterienkatalogs soll in Kapitel 3 die Identifikation von Arztbewertungsportalen erfolgen. Dazu wird in diesem Abschnitt zunächst die Relevanz von Gesundheitsinformationen im Internet im Allgemeinen und des Themas Arztsuche im Speziellen deutlich gemacht. Die Bewertungsanzahl ist immer in Abhängigkeit von der Nutzeranzahl zu sehen. Eine geringe Nutzeranzahl von Arztbewertungsportalen würde auch eine geringe Bewertungsanzahl erklären, was dann für die weitere Arbeit relevant wäre. In Abschnitt 3.2 werden dann die reichweitenstärksten Arztbewertungsportale identifiziert und in Abschnitt 3.3 sowohl quantitativ als auch qualitativ verglichen, um erste mögliche Problemfelder zu identifizieren.

Laut Kaul (2008, 10) ist das Thema Gesundheit / Krankheit in 2008 mit 38% das zweitmeistgesuchte Thema im Internet in Deutschland direkt hinter dem Thema Reisen. Nach einer Studie des Statistischen Bundesamts (2009) erhöhte sich dieser Anteil in 2009 auf 50% (vgl. Tabelle 2).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Ergebnisse der Erhebung zur Nutzung von IKT in privaten Haushalten - Nur Personen ab zehn Jahren

Tabelle 2: Internetaktivitäten für private Zwecke im ersten Quartal 2008 nach Altersgruppen[40]

Eine Studie aus 2009 durchgeführt vom Marktforschungs- und Beratungsinstitut YouGovPsychonomics AG kommt sogar zu dem Ergebnis, dass sich 79 % der Internetnutzer mindestens einmal innerhalb der letzten 12 Monate (zum Zeitpunkt der Befragung) im Netz über gesundheitliche Themen informiert haben[41]. Dabei wächst der Prozentsatz der Nutzer von Internet-Gesundheitsinformationen weitaus stärker als die durchschnittliche Internetnutzergemeinde. Laut Lausen u. a. (2008, 12) stieg die allgemeine Internetnutzung in den 18 Monaten zwischen den zwei Befragungen in 2005 und 2007 um lediglich 1,6 Prozentpunkte auf 64,9% in 2007, während der Prozentsatz der Internetnutzer von Gesundheitsinformationen um 12,2% auf 56,6% anstieg. Mit steigender Gesundheitsnachfrage wächst auch das Angebot: Schon in 2001 gab es schätzungsweise 15.000 medizinische Webseites weltweit (Leslie 2001, 78-82, zit. von Tautz 2004, 15). Diese Zahl sollte bis dato weiter gestiegen sein, was die Schwierigkeit des Auffindens und der Auswahl relevanter Informationen deutlich macht. Umso wichtiger ist in diesem Bereich die in Abschnitt 2.1 beschriebene Funktion der Portale als zentrale Einstiegspunkte, insbesondere auch bei der Arztsuche über das Internet.

Gerade die mittlere und ältere Generation sucht verstärkt nach Gesundheitsthemen im Internet, wobei der Nutzungsanteil bei den 25-65 jährigen am höchsten ist (vgl. Tabelle 2). Lausen/Potapov/Prokosch (2008, 8f) gibt dazu noch ein differenzierteres Bild, in dem er zusätzlich nach Geschlecht aufteilt. Bei seiner Studie unterscheidet sich die Internetnutzung zu Gesundheitsthemen auch nach Geschlecht. Während bei den Männern eher die jüngeren Generationen (14-35) das Internet für Gesundheitszwecke nutzen, ist der Anteil bei Frauen zwischen 35-80 Jahren am höchsten. Nichts desto trotz muss gesagt werden, dass die Bedeutung des Internets als Informationsquelle für Gesundheitsinformationen in Deutschland zwar ansteigt, ihr Anteil gegenüber anderen Informationsquellen und im Vergleich zu Staaten wie den USA immer noch gering ist (vgl. Abbildung 4 für Deutschland und Abbildung 5 für USA).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Die Bedeutung von Informationsquellen zu Gesundheitsthemen oder Krankheiten in Deutschland 2007 auf einer Likert Skala[42]

Interessant ist der Unterschied zwischen der grundsätzlichen Bedeutung des Internets als Informationsquelle und dem Vertrauen in die Informationsquelle bzgl. Gesundheitsinformationen. Die Daten aus den USA zeigen, dass das Internet hinsichtlich des Vertrauens zwar weit abgeschlagen hinter dem direkten Arztkontakt rangiert, aber überraschenderweise noch vor Empfehlungen von Freunden und Bekannten liegt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Sources used to find or access and most trusted sources about health- and wellnes-related information in the past 12 month (USA)[43]

Abbildung 6 zeigt die Themenschwerpunkte bei der Internetnutzung für Gesundheitsinformationen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 6: Gesundheitsbezogene Internetnutzung[44]

Dabei ist festzuhalten, dass die Suche nach Ärzten noch keine ganz große Rolle spielt, aber immerhin schon 18% der Befragten das Internet zum Auffinden von geeigneten Ärzten nutzen. Rund 20% der Befragten haben in den letzten Jahren einmal einen neuen Haus- oder Allgemeinarzt und 33% einen neuen Facharzt gesucht (Kofahl/Nickel/Trojan 2009, 44f.). Arztbewertungsportale werden jedoch von nur 3% der Befragten für die Suche benutzt, während allgemeine Ärzteverzeichnisse von 13% der Befragten genutzt werden und ein Telefonbuch/Branchenverzeichnis von über 30% (Kofahl/Nickel/Trojan 2009, 46).

Dieser Abschnitt macht die große Bedeutung deutlich, die das Thema Gesundheit im Internet schon heute hat. Rund 50% der deutschen Bevölkerung nutzen das Internet als Quelle für Gesundheitsinformationen, dabei rangiert das Internet laut Daten aus den USA bzgl. Vertrauenswürdigkeit direkt hinter den Ärzten und noch vor Freunden und Bekannten. Gesundheitsinformationen werden eher von den mittleren Altersgruppen nachgefragt, die im Netz nicht so aktiv wie die jüngeren Altersgruppen sind[45]. Die Suche nach Ärzten und Arztbewertungen spielt zwar noch keine ganz große Rolle, aber immerhin nutzen rund 18% der von Kofahl/Nickel/Trojan (2009, 45) Befragten das Internet zur Suche nach einem geeigneten Arzt, davon suchen jedoch nur 3% über ein Arztbewertungsportal, was aufgrund ihrer geeigneten Funktion unlogisch erscheint, jedoch ein Grund für die geringe Bewertungsanzahl sein könnte. Im nächsten Abschnitt wird mittels einer Reichweitenanalyse näher analysiert, warum so eine große Diskrepanz zwischen Arztsuchen über das Internet und Nutzung von Arztbewertungsportalen für die Arztsuche besteht.

3.2 Identifikation der reichweitenstärksten Arztbewertungsportale im deutschsprachigen Internet

3.2.1 Methodik und Vorgehensweise

In diesem Kapitel sollen die reichweitenstärksten Arztbewertungsportale im deutschsprachigen Internet identifiziert werden.

In Abschnitt 2.4 wurden Arztbewertungsportale wie folgt definiert:

Arztbewertungsportale sind vertikale Bewertungsportale mit hoher Nutzungsintensität mit dem Ziel der primären Finanzierung über Gebührenmodelle, auf denen Nutzer in strukturierter und standardisierter Form Personenbewertungen zu Ärzten abgegeben, die dann in aggregierter Form flexibel von anderen Nutzern durchsucht und angezeigt werden können.

Doch selbst bei dieser engen Definition von Arztbewertungsportalen gibt es immer noch eine große Anzahl an in Frage kommenden Portalen[46]. Aus diesen Portalen müssen zuerst die für die in Abschnitt 3.3 geplanten quantitativen und qualitativen Analysen relevanten Portale identifiziert werden. Die Relevanz wird dabei anhand der Reichweite der einzelnen Portale in der Suchmaschine google.de für nachfragestarke Begriffe zum Thema Arztsuche und Arztbewertung hergestellt. Bewusst wird darauf verzichtet, die Identifikation direkt anhand von Trafficinformationen über Seiten wie alexa.com[47] oder Google AdPlanner[48] zu ermitteln, da wie schon weiter oben erläutert Arztbewertungen sowohl von horizontalen Portalen als auch von vertikalen Gesundheitsportalen angeboten werden, die keine Arztbewertungsportale im Sinne dieser Arbeit sind, sondern wo die Bewertungsfunktion nur einen untergeordneten Teil ihres Angebotes an Gesundheitsinformationen darstellt. Da der Traffic aber nicht getrennt nur für den Bewertungsteil der Seite ermittelt werden kann, würden die Ergebnisse so u. U. verfälscht werden.

Die Identifikation soll anstatt dessen über Suchmaschinen erfolgen. Eine Identifikation von Arztbewertungsportalen über Suchmaschinen wurde bereits von Emmert u.a. (2009) durchgeführt. Dabei wurden für jeweils 10 Suchbegriffe die ersten 100 Treffer der gängigsten 6 Suchmaschinen dahingehend untersucht, auf welche Internetseiten ein Nutzer gelenkt wird. Die Suchbegriffe befassten sich hier speziell mit der Thematik Arztbewertung bzw. Arztsuche. Die Vorgehensweise in dieser Arbeit lehnt sich grundsätzlich an die von Emmert u.a. (2009) an. Es wird auch hier davon ausgegangen, dass die Identifikation über eine Suchmaschine erfolgen muss. Laut einer Studie von Elkin (2008) nutzen mehr als zwei Drittel der Internetnutzer Suchmaschinen zum Auffinden von Gesundheitsinformationen im Internet. Zu dem gleichen Ergebnis kommt auch Eysenbach (2002, 575). Dadurch kann davon ausgegangen werden, dass die Reichweite eines Arztbewertungsportals in direktem Zusammenhang zur Auffindbarkeit in den Suchmaschinen besteht. Im Gegensatz zu Emmert werden jedoch die Ergebnisse von nur einer einzigen Suchmaschine analysiert, nämlich google.de. Google hat in Deutschland einen Marktanteil von über 90%, rechnet man die „powered by google“ Seiten wie T-Online und AOL mit ein (vgl. Abbildung 7). Weit abgeschlagen kommen Yahoo (3-4% Marktanteil) und Bing (ehemals MSN Live Search mit 1-2% Marktanteil).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 7: Suchmaschinen-Marktanteile in Deutschland[49]

Aus diesem Grund macht eine Fokussierung auf Google durchaus Sinn. Eine weitere Abweichung zu Emmert besteht in der einbezogenen Anzahl der Suchergebnisse. Während Emmert jeweils die ersten 100 Suchergebnisse zählt, sollen in dieser Arbeit nur die ersten 30 Suchergebnisse gezählt werden. Diese abweichende Vorgehensweise ergibt sich aus der unterschiedlichen Bedeutung der Suchergebnisse je nach Position. Fischer (2009, 167) stellt dar, dass allein die ersten 10 Ergebnisse in Google rund 90% der Gesamtklicks bekommen, d.h. dass nur 10% der Nutzer überhaupt auf die zweite Seite der Suchergebnisse klicken und die ersten 3 Ergebnisse über 60% aller Klicks auf sich vereinigen (vgl. Abbildung 8). Vergleichbare Daten liefert auch Eysenbach (2002, 575). Um Reichweite zu erzielen, muss ein Arztbewertungsportal also unter den ersten 10 Ergebnissen in Google auftauchen. Für Lamennett (2009, 163f.) sind nur die ersten 3 Seiten der Suchergebnisse betriebswirtschaftlich relevant.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 8: Wer klickt auf welche Position in den Google Suchergebnissen: Statistik anhand Google Klickdaten (integriert auf AOL) für einen ausgewählten Monat[50]

Der letzte Unterschied liegt in den für die Identifikation verwendeten Suchbegriffen. Emmert u.a. (2009) verwendet lediglich 10 und dabei hauptsächlich Ein-Wort-Suchanfragen. Die Annahme, dass die Reichweite sich nur über 10 Suchbegriffe und dabei hauptsächlich Ein-Wort-Suchanfragen bestimmen lässt, ist jedoch zu stark vereinfacht. Neuere Studien zeigen, dass Ein-Wort-Suchanfragen nur noch einen geringen Anteil am gesamten Suchvolumen haben. Mittlerweile machen 2-4 Wort Suchanfragen einen Anteil von 70% an allen Suchanfragen aus.[51] Dieser Tatsache soll hier Rechnung getragen werden und sowohl die Anzahl der Suchbegriffe erhöht als auch Suchanfragenkombinationen aus mehreren Begriffen mit einbezogen werden.

Die Identifikation der Suchwörter ist dabei zunächst ein kreativer Prozess, der erst im zweiten Schritt durch Tools unterstützt werden sollte (Fischer 2009, 207). Kreativ bedeutet in dem Fall, dass man sich zuerst selbst überlegt, welche Suchwörter für das Thema Arztsuche und Arztbewertung in Frage kommen. Der kreative Prozess wird im zweiten Schritt unterstützt durch folgende Online-Recherche-Tools: Das Tool der Universität Hannover[52], das Tool NGSEARCH[53] und das Google Adwords Keyword Tool[54]: Zum einen werden noch ähnliche Begriffe, Synonyme und Kombinationsbegriffe mit einbezogen, welche die Tools anzeigen. Zum anderen werden die Suchwörter über die Tools hinsichtlich Anzahl der Suchanfragen ausgewertet. Die Begriffe mit den meisten Suchanfragen bezogen auf die Relevanz für das Thema Arztbewertung und Arztsuche werden ausgewählt.

Für die gewählte Liste an Suchwörtern werden schließlich über das Tool Site Traxer von der Firma Nehmedia[55] die ersten 30 Treffer in Google analysiert.

3.2.2 Durchführung und Ergebnisse der Identifikation

Über das Google Adwords Keyword Tool werden zunächst die von Emmert u.a. (2009, e18) verwendeten Begriffe auf deren Relevanz überprüft. Von Bedeutung ist hierbei, die Sucheinstellung so vorzunehmen, dass für „Standort“ und „Sprache“ jeweils Deutschland gewählt und bei Keyword-Optionen[56] „Exact“ ausgewählt wurde. Die Option „Exact“ stellt dabei sicher, dass nur die jeweils exakt übereinstimmenden Suchanfragen gezählt werden, d.h. z.B. für den Begriff „Arztsuche“ nicht „Arztsuche online“. Dabei ergibt sich folgendes Bild (Tabelle 3):

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 3: Suchwörter und Suchvolumen von Emmert u.a. (2009, e18)

An den Daten oben lässt sich erkennen, dass die Suchbegriffe von Emmert u.a. (2009, e18) nicht optimal gewählt waren, da bei diesem geringen Suchvolumen keine geeignete Aussage über die Reichweite der damit identifizierten Arztbewertungsportale getroffen werden kann.

Natürlich ist der Prozess der geeigneten Suchanfragenauswahl sehr schwierig und wie im vorherigen Abschnitt erläutert auch ein kreativer Prozess. Es soll an dieser Stelle auch erwähnt werden, dass es im Rahmen dieser Arbeit nicht möglich ist, eine optimale Suchanfragenauswahl zu treffen. Trotzdem soll durch einen kreativen Clusterprozess versucht werden, die Reichweite der gewählten Suchbegriffe im Vergleich zu Emmert u.a. (2009, e18) weiter zu steigern und möglichst repräsentativ zu gestalten. In einem ersten Schritt wird ein Set an alternativen Suchwörtern erstellt, unterstützt durch die Online-Recherche-Tools der Universität Hannover und NGSEARCH. Dabei wurden nur die Suchwörter aufgenommen, die für das Thema Arztsuche und Arztbewertung von Relevanz sein könnten. Dieses Suchwort-Set wurde dann mit Hilfe des Google Keyword Tools mit Daten zu den monatlichen Suchanfragen ergänzt (siehe Tabelle 4).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 4: Erweiterte Liste an Suchbegriffen zum Thema Arztsuche und Arztbewertungen[61]

Ausgeschlossen werden in einem ersten Schritt alle Suchwörter, die weniger als 1.000 Suchanfragen „Exact“ pro Monat erzielen, da diese Suchwörter im Verhältnis einen zu geringen Einfluss auf die Reichweite haben. Diese sind in Tabelle 4 in Spalte 3 („Aufnahme in Analyse“) mit „Nein“ gekennzeichnet. Die restlichen Suchwörter werden nun auf ihr sogenanntes Long Tail Potenzial hin untersucht.

Vergleicht man die Summen der „Exact“ Suchanfragen mit der Summe der „Wortgruppe“ Suchanfragen wird deutlich, dass ein erhebliches Potenzial im so genannten Long-Tail steckt. Das sind weniger prominente Suchanfragen, die jede für sich genommen kein großes Potenzial haben, gebündelt jedoch die Reichweite, welche man über den Hauptbegriff erzielt, weit übertreffen können. Beim Long Tail im Rahmen der „Wortgruppe“ handelt es sich um Suchwortkombinationen, in denen in jedem Fall auch der Hauptbegriff vorkommt. Dabei kann es sich sowohl um generische Begriffe (z.B. „schmerzfrei Zahnarzt“), ortsbezogene Suchwortkombinationen (z.B. „Zahnarzt Wedding“), Arztnamen (z.B. „Zahnarzt Lehmann“) als auch Brandings (z.B. „die Plus Zahnärzte“) handeln.

Interessant wird es immer dann, wenn solche Wortgruppen wie oben geclustert werden können und die Begriffe des Clusters bekannt sind wie im Beispiel der ortsbezogenen Suchwortkombinationen. Diese können mit einer Liste aller Städte und Gemeinden in Deutschland leicht erstellt werden. Theoretisch auch möglich, jedoch schwieriger an die Daten zu kommen wäre das Cluster der Arztnamen. Generische Begriffe und Brandings stellen die schwierigste Gruppe dar. Natürlich kann der Long Tail auch Suchwortkombinationen enthalten, die nicht unbedingt relevant für das jeweilige Thema sind. Der praktische Long Tail im Bezug zum jeweiligen Thema ist dementsprechend in den meisten Fällen geringer als der theoretische Long Tail. So sind z.B. beim Suchwort „Arzt“ auch Suchwortkombinationen enthalten, die Ergebnisse zu wissenschaftlichen Artikeln zum Thema Arzt enthalten und nicht nur Ergebnisse zum Thema Arztsuche und Arztbewertung. Da das jedoch schwer zu trennen ist und eine bedeutend große Teilgruppe des Long Tails trotzdem relevant ist, wird das im Rahmen dieser Arbeit nicht behandelt. Die Aufnahme aller relevanten Long-Tail Suchwortkombinationen (gerade bei Arztnamen oder Brandings) würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen. Der Long-Tail wird aufgrund seiner großen Relevanz jedoch zumindest über ortsbezogene Suchwortkombinationen berücksichtigt, die mit in die Liste aufgenommen werden. Zur Bildung der ortsbezogenen Suchkombinationen wird die öffentlich zugängliche deutsche Städte- und Gemeindeliste von meinestadt.de verwendet. Dabei werden jeweils 10 Städte folgender Klassen von Einwohnerzahlen (die später auch in Kapitel 4 noch Verwendung finden sollen) ohne Beachtung der regionalen Verteilung zufällig ausgewählt:

- unter 5.000 Einwohner
- 5.000 bis 20.000 Einwohner
- 20.000 bis 100.000 Einwohner
- 100.000 bis 450.000 Einwohner
- 450.000 Einwohner und mehr

Daraus ergibt sich folgende Städteliste (mit Einwohneranzahl):

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 5: Auswahl an deutschen Städten und Gemeinden inkl. Einwohnerzahl[62]

Mit diesen Städten und Gemeinden werden nun jeweils mit den Long-Tail starken Suchbegriffen Suchwortkombinationen gebildet. Tabelle 4 zeigt in Spalte 6 „ Long Tail Analyse“, mit welchen Suchbegriffen ortsbezogene Suchwortkombinationen gebildet werden (diese sind mit „Ja“ gekennzeichnet).

Die endgültige Liste der Suchwörter mit insgesamt 978 Suchbegriffen (28 x „Exact“ + 19 x 50 (Städte aus Tabelle 5) „Long Tail“) wird nun in das Ranking-Tool „SiteTraxer“ von Nehmedia eingespielt und damit die Ergebnisse der ersten 30 Positionen in google.de analysiert. Ergebnis ist eine Liste der Top 25 Domains für die 978 Suchwortkombinationen (siehe Tabelle 6). Diese Top 25 Domains werden manuell kategorisiert (siehe Spalte Kategorie inTabelle 6) um herauszufinden, welche sich davon als Arztbewertungsportale einstufen lassen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 6: Ranking der Top 25 Domains für die 978 Suchwortkombinationen Stand Oktober 2010.[63]

Obige Tabelle 6 verdeutlicht wichtige Punkte:

- Von der Liste der identifizierten Webseiten wurden nur 20% als Arztbewertungsportal eingestuft. Insgesamt ist die Verteilung wie folgt:

40% Branchenportale

24% Auskunftsdienste

20% Arztbewertungsportale

16% Portale mit Schwerpunktthema Gesundheit

Alle Portale liefern dabei Ergebnisse zu Ärzten, jedoch mit unterschiedlichem Ausmaß. Branchenportale liefern Daten zu Personen- oder Firmensuchanfragen, die sie entweder selbst besitzen oder einkaufen. Zusätzlich integrieren sie weitere Drittdaten wie auch Arztbewertungen oder Maps. Auskunftsdienste ähneln den Brachenportalen, nur dass sie meist einen bestimmten Schwerpunkt haben (z.B. Personen, Telefonnummern, Sehenswürdigkeiten). Auch sie besitzen die Daten entweder selbst oder kaufen sie ein und integrieren z.T. noch Angebote von Dritten.

- Was auffällt ist, dass keines der obigen Arztbewertungsportale wirklich überzeugen kann. Die Sichtbarkeit für alle Portale im Bezug auf die analysierten Suchwortkombinationen ist mittel bis gering. Das bestplatzierte Portal Imedo.de ist nur für weniger als die Hälfte der Suchwortkombinationen in den Top 30 google.de Positionen zu finden. Auf der anderen Seite bedeutet das allerdings auch, dass hier viel Verbesserungspotenzial vorhanden ist.

Zusammenfassend macht der Vergleich zur Methode von Emmert u.a. (2009) zwei wichtige Punkte klar:

- Emmert u.a. (2009) verwendet in seiner Analyse hinsichtlich der potenziellen Reichweite bei vorhandener Relevanz die falschen Suchbegriffe. Mit seinen Suchbegriffen erreichte er eine Reichweite von 47.100 Suchanfragen (vgl. Tabelle 1). Im Vergleich dazu ergeben die alternativen Suchbegriffe dieser Arbeit eine Reichweite von 1.765.092 Suchanfragen (vgl. Tabelle 2).
- Emmert u.a. (2009) verwendet in seiner Analyse zu wenige Suchbegriffe und vernachlässigt das Long Tail Potenzial. Insgesamt führt das dazu, dass Emmert teilweise andere Arztbewertungsportale identifiziert, die allerdings nicht die Reichweite haben wie die in dieser Arbeit identifizierten Arztbewertungsportale.

[...]


[1] Der Anteil der Breitbandzugänge hat sich dabei von 17% in 2002 auf 73% in 2008 erhöht (Statistisches Bundesamt 2009).

[2] Laut BITKOM (2010) buchen rund 13 Millionen Deutsche buchen ihre Sommerreise 2010 online.

[3] Vgl. Abschnitt 3.1.

[4] Vgl. Marstedt (2007a).

[5] Paleczek (2007, 17) listet insgesamt 19 Arztsuchmaschinen auf, von denen bei heutigem Zugriff die meisten technisch veraltet sind oder ihren Dienst ganz eingestellt haben.

[6] Vgl. Kofahl/Nickel/Trojan 2009, 39.

[7] Das AOK Ärztenavi ist ein Gemeinschaftsprojekt der Weissen Liste (einem Projekt der Bertelsmann Stiftung), der Dachverbände der größten Patienten- und Verbraucherorganisationen und der AOK, verfügbar unter http://www.aok-arztnavi.de.

[8] Vgl. o.V. (2010a) und Krüger-Brand (2010).

[9] Vgl. Sander (2007).

[10] U.a. in Kofahl/Nickel/Trojan (2009, 38f), Kerkmann (2008).

[11] Zum Thema Kern- und Nebenleistung vgl. Kollmann (2007, 51f.).

[12] Vgl. Geraedts 2008, 42 und Marstedt (2007b, 11).

[13] Beispiel Arztsuche Frankfurt unter http://www.imedo.de/practice/provider_search/list?query=&location=frankfurt&name=&commit=Arzt+suchen, zugegriffen am 16.09.2010.

[14] Vgl. hierzu Kofahl/Nickel/Trojan (2009, 41).

[15] Vlg. Hierzu auch Ausführungen in englischer Sprache in O’Reilly (2005).

[16] Eine anerkannte, einheitliche Definition von Web 2.0 existiert bis jetzt nicht (Berge/Buesching 2008, 24)

[17] Dabei ist insbesondere die hohe Penetration von Breitbandanschlüssen und damit hohe Zugangsgeschwindigkeit, die massive Reduktion der Speicher- und Übertragungskosten und die Omnipräsenz des Netzes (Mobiltelefon, iPod, Fernsehgerät) zu nennen.

[18] Weitere Ausführungen zu Merkmalen und Rahmenbedingungen des Web 2.0: Kummervold (2008, 3), Wiesner (2007).

[19] Vgl. Reichert (2008, 38ff). Das Time Magazine kürte zum Jahreswechsel 2006 die Person des Jahres: ‚You. Yes You. You control the Information Age. Welcome to your world.’

[20] Vgl. O’Reilly (2005).

[21] Kollmann (2007, 49ff) führt die Geschäftskonzepte Content, Commerce, Context und Connection an.

[22] Quelle: In Anlehnung an Busemann/Gscheidle (2009, 358).

[23] Trump/Klingler/Gerhard (2007, 37) teilen active Nutzer auch weiter auf, identifizieren aber dabei nicht die Gruppe der „Critics“.

[24] Quelle: Forrester’s NACTAS 2006 Devices & Access Online Survey, zit. In Li (2007, 5), Base US adult online consumers.

[25] Weitere Ausführungen zum Thema „Kritische Masse“ siehe Kollmann/Stöckmann (2008, 40ff.)

[26] Quantitative Problemaspekte (Kollmann/Stöckmann 2008, 46f): In jedem Entwicklungsstadium eines Web 2.0 Portals ergeben sich Charakteristika, die die Ausbreitung beeinflussen. 1. Chicken-and-Egg-Problem: Ist das Angebot zu gering, kommen keine Nachfrager. Sind jedoch nicht genügend Nachfrager da, so werden auch die Anbieter fern bleiben. 2. Doppelte-Kritische-Masse-Problem: Auf beiden Kundenseiten muss die Basis groß genug sein, damit beide Seiten die Plattform nutzen. 3. Gleichgewichtsproblem: Der Plattformbetreiber muss stets sicherstellen, dass zu jedem Angebot auch entsprechende Nachfrage besteht und umgekehrt.

[27] Qualitative Problemaspekte (Kollmann/Stöckmann, 47f): Im Kern geht es um die Lösung der folgenden qualitativen Probleme: 1. Vermittlungsleistungs-Problem: Nicht nur die Anzahl der Teilnehmer, sondern auch der Übereinstimmungsgrad ist ausschlaggebend. Dabei steht der Plattformbetreiber in dem Spannungsfeld zwischen Heterogenität der Themenbereiche zur Akquise neuer Mitglieder und der Bindung der bestehenden Mitglieder. 2. Realitäts-Problem: Der Plattformbetreiber steht vor der Herausforderung, möglichst realitätsgetreue Informationen zu liefern, die z.T. aufgrund von Versehen, oftmals aber auch aus Vorsatz falsch dargestellt werden.

[28] Quelle: In Anlehnung an Busemann/Gscheidle (2009, 362).

[29] Vgl. Kapitel 3.

[30] Vgl. O’Reilly (2005) unter http://oreilly.com/pub/a/web2/archive/what-is-web-20.html?page=3.

[31] Vgl. O’Reilly (2005) unter http://oreilly.com/pub/a/web2/archive/what-is-web-20.html?page=5.

[32] Oder “Digitization of Mouth”, “Word of Mouse”, “electronic Word-of-Mouth” oder “Word-of-Web” (Schmidt 2009, 8).

[33] Quelle: In Anlehnung an Frank (2008).

[34] Unternehmen entlohnen die Nutzer für das Einstellen von Bewertungen (Schmidt 2009, 9).

[35] Vgl. O’Reilly (2005) unter http://oreilly.com/pub/a/web2/archive/what-is-web-20.html?page=3.

[36] Vgl. O’Reilly (2005) unter http://oreilly.com/pub/a/web2/archive/what-is-web-20.html?page=5.

[37] Vgl. Abschnitt 1.1.

[38] Siehe Arztsuche unter http://maps.google.de, bspw. nach „Arzt Kassel“ zugegriffen am 03.10.2010.

[39] Siehe http://arztsuche.focus.de/arztsuche, zugegriffen am 03.10.2010.

[40] Quelle: In Anlehnung an Statistisches Bundesamt (2009, 28).

[41] Das Marktforschungs- und Beratungsinstitut YouGovPsychonomics AG untersuchte in der Studie aus 2009 2.000 Internetnutzer ab 16 Jahren zum Thema “Gesundheitsinformation im Internet” (vgl. Schöne 2009).

[42] Quelle: Lausen/Potapov/Prokosch (2008, 5): Auf einer Likert-Skala von unwichtig (1) bis sehr wichtig (5) wurde die Bedeutung von 8 Kategorien bewertet: von Kursen und Vorträgen (Kurse), des Internets (Internet), von Zeitungen und Zeitschriften (Zeitungen), Fernsehen und Radio (TV/Radio), von Familie, Freunde und Kollegen (Familie), von Büchern, medizinischen Nachschlagewerken und Broschüren (Büchern), von Apotheken (Apotheken) und des direkten persönlichen Besuches bei einer Fachkraft im Gesundheitswesen (Kontakt).

[43] Quelle: In Anlehnung an Elkin (2008, 4-6), n = 1071 bis 1075.

[44] Quelle: In Anlehnung an Kofahl/Nickel/Trojan (2009, 45).

[45] Vgl. Abschnitt 2.2.

[46] Vgl. Grätzel von Grätz (2009, 12): „Arztbewertungsportale im Internet gibt es wie Sand am Meer.“

[47] Siehe http://www.alexa.com/siteinfo, zugegriffen am 03.10.2010.

[48] Siehe http://www.google.com/adplanner, zugegriffen am 03.10.2010.

[49] Quelle: In Anlehnung an webhits internet design GmbH (2010).

[50] Quelle: In Anlehnung an Fischer (2009, 169).

[51] Vgl. Fischer (2009, 206). Gründe dafür sind Suchgewöhnungsprozesse, Verbesserung der Ergebnisqualität und technischer Fortschritt wie das Type Ahead Feature.

[52] Siehe http://www.metager.de/asso.html, zugegriffen am 04.10.2010.

[53] Siehe http://www.ng-search.com/, zugegriffen am 04.10.2010.

[54] Siehe https://adwords.google.com/select/KeywordToolExternal, zugegriffen am 03.10.2010.

[55] Siehe http://www.nehmedia.com.

[56] Für diese Einstellung muss man im Google Account eingeloggt sein.

[57] Anzahl der Suchanfragen genau mit dem jeweiligen Suchwort pro Monat weltweit über Google.

[58] In die weitere Analyse werden nur die Suchwörter aufgenommen, die mehr als 1.000 Suchanfragen „Exact“ pro Monat erzielen.

[59] Anzahl der Suchanfragenkombinationen weltweit über Google, wo mindestens einmal das jeweilige Suchwort vorkommt.

[60] Werte in Spalte 4 („Wortgruppe“) abzgl. Werte in Spalte2 („Exact“).

[61] Quelle: https://adwords.google.com/select/KeywordToolExternal, zugegriffen am 05.10.2010.

[62] Quelle: http://www.meinestadt.de, zugegriffen am 05.10.2010.

[63] Ermittelt mit dem Tool SiteTraxer, Quelle: http://www.nehmedia.com, zugegriffen am 06.10.2010.

Ende der Leseprobe aus 106 Seiten

Details

Titel
Handlungsempfehlungen zur Penetrationssteigerung von Arztbewertungen auf Arztbewertungsportalen
Untertitel
Eine theoretische und empirische Untersuchung
Hochschule
Universität Kassel
Note
2,3
Autor
Jahr
2010
Seiten
106
Katalognummer
V169054
ISBN (eBook)
9783640873326
ISBN (Buch)
9783640873210
Dateigröße
3057 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Arztbewertungsportale, Arztbewertung, Arztbewertungen, Online Arztbewertungen, imedo.de, jameda.de, medfuehrer.de, esando.de, sanego.de, Arztbewertungsportal, Online-Marketing, Bewertungsportale, Internetbewertungsportale, Arztbewertungen im Internet, Online-Bewertungen, Umfrage Arztbewertungsportale, Online-Umfrage Arztbewertungen, Arztsuche, Online Arztsuche, Arztsuche Internet, Gesundheitsportale, Arzt bewerten
Arbeit zitieren
Lars Missing (Autor:in), 2010, Handlungsempfehlungen zur Penetrationssteigerung von Arztbewertungen auf Arztbewertungsportalen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/169054

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