Studien zur Trainer – Athlet – Kommunikation am Beispiel des Kindertennis


Examensarbeit, 2007

112 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung und Problemstellung

2 Theoretische Grundlage: Das Rahmenkonstrukt „Feedback“.
2.1 Begriffsbestimmung und Definition.
2.2 Zwei Arten des Feedbacks.
2.2.1 Intrinsisches Feedback.
2.2.2 Extrinsisches Feedback.
2.3 Das Forschungsfeld „motorischer Lernprozess“.
2.3.1 Was ist motorisches Lernen?..
2.3.2 Einflussfaktoren auf motorisches Lernen.
2.3.3 Die Rolle des extrinsischen Feedbacks beim motorischen Lernen.
2.4 Allgemeine Ergebnisse der Technologieforschung zum Feedback.
2.4.1 Extrinsische Rückmeldung als Lernvariable
2.4.1.1 Kategorie 1: Extrinsisches Feedback ist notwendig.
2.4.1.2 Kategorie 2: Extrinsisches Feedback unterstützt Lerneffekte.
2.4.1.3 Kategorie 3: Extrinsisches Feedback ist redundant
2.4.1.4 Kategorie 4: Extrinsisches Feedback als Störgröße.
2.4.2 Feedbackdimensionen.
2.4.2.1 Präzision des Feedbacks
2.4.2.2 Zeitliche Platzierung des Feedbacks
2.4.2.3 Frequenz, Häufigkeit und Verteilung des Feedbacks.
2.4.2.4 Modalität des Feedbacks.
2.4.3 Ergebnisbezogene, verlaufsbezogene und präskriptive Rückmeldung
2.5 Spezielle Aspekte der Feedbackforschung
2.5.1 Videoeinsatz im Rahmen des motorischen Lernprozesses.
2.5.1.1 Videoeinsatz zur Videoinstruktion.
2.5.1.2 Video als Feedbackmedium
2.5.2 Forschungsergebnisse zur Feedbackwirkung im Tennis..
2.5.3 Forschungsergebnisse zur Feedbackwirkung bei Kindern..
2.5.4 Kommunikation in Feedbackprozessen und Trainer-Athlet-Interaktion ..
2.6 Zusammenfassende Bewertung und inhaltliche Folgerungen.

3 Hauptuntersuchung: Rahmenbedingungen und Empirie.
3.1 Beschreibung des Projektzusammenhangs.
3.1.1 Die Trainingsmodule
3.1.2 Die Trainer.
3.1.3 Die teilnehmenden Kinder.
3.2 Beschreibung des Untersuchungsdesigns.
3.2.1 Methoden der Datenerhebung.
3.2.2 Ablauf der Datenerhebung.
3.2.3 Lerninhalte und methodische Gestaltung im Untersuchungszeitraum.
3.2.4 Ablauf der Untersuchung in den Versuchsgruppen.
3.2.4.1 Station I: Interview „Eingangsbefragung“.
3.2.4.2 Station II: Videoaufzeichnung: Trainingsbeobachtung.
3.2.4.3 Station III: Videoaufzeichnung: Kommentiertes Videofeedback
3.2.4.4 Station IV: Interview „Feedback-Wiedergabe“..
3.2.5 Ablauf der Untersuchung in den Vergleichsgruppen
3.3 Entwicklung der Arbeitshypothesen
3.3.1 Kurzfristige Veränderungen - Leistung.
3.3.2 Überdauernde Veränderungen - Lernen..
3.4 Methodische Grundlagen der Datenauswertung.
3.4.1 Grundüberlegungen zur Bewertung beobachteter motorischer Abläufe.
3.4.2 Operationalisierung der Größe „motorische Leistung“

4 Darstellung und Interpretation der gewonnenen Daten
4.1 Gesamtbeschreibung Datensatz und Auswertungsmethode
4.1.1 Komplette und unvollständige Datensätze
4.1.2 Kriteriumsaufgaben an den einzelnen Trainingstagen.
4.1.3 Spezielle Aspekte der Trainingssituation..
4.1.3.1 Metaphorische Sprache der Trainer..
4.1.3.2 Soziales Verhältnis zwischen den Kindern und den Trainern.
4.1.3.3 Zeitliche Aspekte der Trainingssituation...
4.2 Auswertung der Datenreihen bezüglich der Arbeitshypothesen..
4.2.1 Auswertung zu Arbeitshypothese 1...
4.2.1.1 Ergebnisse der Auswertung zu Arbeitshypothese
4.2.1.2 Interpretation der Ergebnisse zu Arbeitshypothese
4.2.2 Auswertung zu Arbeitshypothese
4.2.2.1 Ergebnisse der Auswertung zu Arbeitshypothese
4.2.2.2 Interpretation der Ergebnisse zu Arbeitshypothese
4.2.3 Auswertung zu Arbeitshypothese
4.2.3.1 Ergebnisse der Auswertung zu Arbeitshypothese
4.2.3.2 Interpretation der Ergebnisse zu Arbeitshypothese
4.2.4 Auswertung zu Arbeitshypothese
4.2.4.1 Ergebnisse der Auswertung zu Arbeitshypothese
4.2.4.2 Interpretation der Ergebnisse zu Arbeitshypothese
4.2.5 Zusammenfassende Interpretation der Ergebnisse

5 Schlussbetrachtung und Perspektiven

6 Literaturverzeichnis

Zur besseren Handhabbarkeit werden die vollst ä ndigen Interviewtranskriptionen und Auswertungstabellen an Stelle einer Auflistung im Anhang der Arbeit in Form eines erg ä nzenden Datenbandes zusammengefasst.

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Wirkungsweisen extrinsischen Feedbacks gemäß Technologieforschung

Abb. 2: Intervalle der zeitlichen Gestaltung

Abb. 3: Geburtsjahrgänge der Kinder der Stichprobe

Abb. 4: Versuchsaufbau innerhalb der Versuchsgruppen

Abb. 5: Beispiel Videobild Station II

Abb. 6: Beispiel Videobild Station III

Abb. 7: Ausgewertete Datenbasis der einzelnen Termine .

Abb. 8: Gruppenzugehörigkeit der Kinder und vorliegende Interviewdaten der Station I

Abb. 9: Kriteriumsaufgaben und Übungen der Trainingstage

Abb. 10: Im Training eingesetzte Metaphern und ihre entschlüsselte Bedeutung

Abb. 11: Beispiel: Ergebnisklassifizierung Schlagserien (DAT075-102, hier: DAT075)

Abb. 12: Beispiel: Feedbackketten Auswertungsschritt (DAT103-109, hier: DAT103)

Abb. 13: Beispiel: Bewertung Feedbackwiedergabe (DAT075-090, hier: DAT078)

Abb. 14: Beispiel: Abgleich Häufigkeit des Feedbacks mit Station I der Folgewoche (DAT110-116, hier: DAT111)

Abb. 15: Beispiel: Häufigkeitsverteilung des Feedbacks 04.02.06 und 04.03 (DAT117-123, hier: DAT117)

Abb. 16: Beispiel: Abgleich der Häufigkeit des Feedbacks mit Station I sowie der Häufigkeit des Feedbacks der Folgewoche (DAT124-130, hier: DAT124)

Tabellenverzeichnis

Tab. 1: Anzahl inhaltlich unterschiedlicher Korrekturen (basierend auf DAT103-109)..

Tab. 2: Prozentsatz der Feedbackketten der Länge ‚1’ (basierend auf DAT103-109)

Tab. 3: Feedbackketten der Länge ‚L’ ohne abschließend erfolgreiche Korrektur (basierend auf DAT103-109)

Tab. 4: Anzahl der korrekten Wiedergaben an Station IV (basierend auf DAT075-090)

Tab. 5: Fälle ‚Wiedergabe fehlerhaft’ - ‚Umsetzung korrekt’

Tab. 6: Nach einer Woche erinnertes Feedback (basierend auf DAT110-116)

Tab. 7: Anzahl korrekt erinnerter Merkmale der Vorwoche (basierend auf DAT110-116)

1 Einleitung und Problemstellung

Die Interaktion zwischen Trainer und Athlet wird als zentraler Bestandteil auf dem Weg zu sportlichem Erfolg angesehen. In sämtlichen Sportarten vertrauen Athleten jedes Leistungsniveaus auf die Fachkompetenz eines Trainers zur Optimierung des Trainings und der eigenen Leistungsfähigkeit im sportlichen Wettkampf (vgl. Hanke & Woermann, 1993, S. 1). Dem Trainer kommen dabei in Abhängigkeit von der jeweiligen Sportart und der genauen Form der Zusammenarbeit mit dem betreuten Athleten ganz unterschiedliche Aufgaben zu. Von der Planung organisatorischer Abläufe bis hin zur emotionalen Unterstützung im Wettkampf ist nahezu jede Tätigkeit eines Trainers vorstellbar.

Ein nahezu klassischer Aufgabenbereich innerhalb der Trainertätigkeit ist die Betreuung von Sportlern im Rahmen des Techniktrainings. Unabhängig vom Leistungsniveau des trainierenden Sportlers ist unter diesem Begriff jeder motorische Lernvorgang zu verstehen, der im Rahmen einer planmäßigen Entwicklung von sportartspezifischen Fertigkeiten durchgeführt wird. Beginnend mit dem Neulernen von Bewegungen bis hin zur Optimierung von Bewegungshandlungen auf einem bereits bestehenden hohen Könnensniveau kommt dem Trainer dabei die Aufgabe der Planung, Überwachung und Korrektur des Techniktrainings zu. Während die traditionelle wissenschaftliche Auffassung bezüglich dieser Korrektur von einer reinen Informationsübertragung vom Trainer in Richtung des Athleten ausgeht, in deren Rahmen er Sollwerte definiert und Rückmeldungen zum erreichten Istwert des Athleten liefert (vgl. Hanke, 2003, S. 193), erweitern neuere wissenschaftliche Erklärungsansätze die Dimensionen dieses Interaktionsgefüges. Sie betonen vor allem die Kommunikationsstruktur des in seiner Gesamtheit als „Feedback“ bezeichneten Rückmeldungsprozesses (vgl. Schmitt & Hanke, 2001) und die eng damit verbundene, jeweils durch subjektive Dispositionen und Sichtweisen geprägte, Perspektive der miteinander kommunizierenden Personen. Diese konsequente Erweiterung der Trainer-Athlet-Interaktion um kommunikative Gesichtspunkte zeigt dabei „bisher unbeachtete Möglichkeiten zur Optimierung sportmotorischer Lernprozesse auf“ (Hanke, 2003, S. 193). In einer ersten großen Untersuchung hierzu wurde deutlich, dass selbst im professionellen Spitzensportbereich nur ein geringer Anteil der durch Trainer getätigten Rückmeldungen den eigentlichen Wünschen der Athleten entspricht, ein Zustand der kaum als optimal zu bezeichnen ist (vgl. Hanke & Schmitt, 1999).

Während neben dieser ersten Untersuchung bislang keine weiteren umfassenden Forschungsarbeiten auf der Grundlage eines derart erweiterten Begriffs- verständnisses publiziert wurden, gibt es im Bereich der traditionellen Feedback- forschung eine kaum zu überblickende Anzahl behandelter Fragestellungen. Sie lassen sich - stark verallgemeinert - in zwei Bereiche einteilen. Die vor allem im anglo-amerikanischen Raum geprägte Technologieforschung zum Feedback hat mittels einschlägiger Lernexperimente im Rahmen ihrer Möglichkeiten Ergebnisse zur Bedeutung von Rückmeldungen im motorischen Lernprozess hervorgebracht (vgl. Hanke, 2003, S. 192f.). Dem häufig kritisierten fehlenden Praxisbezug dieses Forschungszweiges versucht der Bereich der eher deskriptiv orientierten Feldforschung entgegenzuwirken, muss sich im Gegenzug jedoch den methodischen Vorwurf gefallen lassen, wegen der fehlenden Kontrolle von Randbedingungen zu wenig verallgemeinerbare Aussagen zu ermöglichen (vgl. Hanke, 2003, S. 193). Beiden dargestellten Bereichen gemeinsam ist, dass sie gemäß ihrer jeweiligen theoretischen Ansätze nur Ausschnitte des Feedbackprozesses erklären. So gut dies auch im Einzelfall gelingt, so deutlich wird auch ein diesbezügliches Defizit. Trotz der insgesamt großen Anzahl von Studien liegen nur wenige Erkenntnisse vor, die global zur Erklärung von im sportpraktischen Training auftretenden Wirkungszusammen- hängen bei Feedbackprozessen herangezogen werden können.

Ein Bereich, in dem dieses Defizit besonders deutlich wird, ist der Einsatz von Videotechnologie im Techniktraining. Während die überwiegende Mehrzahl der Erfahrungsberichte aus Trainings- und Sportunterrichtspraxis ein sehr positives Bild bezüglich der lernförderlichen Wirkung von Videofeedbackverfahren zeichnet, tut sich die traditionelle Feedbackforschung schwer, diese positive Wirkung auf klar benennbare Ursachen zurückzuführen. Der Nachweis eindeutiger Vorteile der Verfahren gelingt lediglich in sehr spezifischen Bereichen, beispielsweise dann, wenn sich Bewegungshandlungen außerhalb des Blickfelds des lernenden Sportlers befinden und erst mittels des Videofeedbacks für den Athleten visuell erfassbar werden (vgl. Marschall & Daugs, 2003, S. 282). In den meisten anderen Fällen wird jedoch global auf die motivationsfördernde Wirkung des Videofeedbacks verwiesen, da eine spezifischere Benennung der eigentlichen lernförderlichen Ursachen auf Basis der Untersuchungsergebnisse nicht gelingt (vgl. z. B. Heymen, Leue, Lindauer & Schulte, 1987, S. 298). Dieser Forschungsstand ist verstärkt zu kritisieren, da sich die Möglichkeiten des Einsatzes von Videofeedback in den vergangenen Jahren durch die fortschreitende Entwicklung der Computertechnologie ständig verbessert haben und nicht zuletzt wegen der in diesem Zusammenhang gesunkenen Kosten nahezu jede Trainingssituation mit einem entsprechenden Treatment versorgt werden könnte. Obwohl die bloße Feststellung einer positiven Wirkung durchaus ein begründetes Argument für den Praxiseinsatz sein kann, bedarf es für eine weitergehende Optimierung der Verfahren jenseits von trial-and-error- Prozessen auch weiterhin einer genauen wissenschaftlichen Beschreibung der ihnen zugrunde liegenden Merkmale. Vor dem Hintergrund des erweiterten kommunikativen Feedbackverständnisses und dem aufgezeigten Forschungsdefizit im Bereich des Videofeedbacks strebt die nachfolgend dargestellte Untersuchung daher die Klärung einer wesentlichen Grundsatzfrage auf diesem Gebiet an. Prim ä res Ziel ist die Ü berpr ü fung, ob sich, ausgehend von der Einordnung des Feedbackprozesses als kommunikative Interaktion zwischen Trainer und Athlet, spezifische Merkmale benennen lassen, die als Erkl ä rung f ü r die positive Wirkung von Videofeedback im sportmotorischen Lernprozess herangezogen werden k ö nnen.

Sollten sich derartige bislang undokumentierte Zusammenhänge zwischen kommunikativen Aspekten und Feedbackwirkung nachweisen lassen, wird als sekundäres Ziel ihre möglichst durchsichtige Dokumentation im Rahmen der Darstellung der Gesamtuntersuchung angestrebt, um mittels dieser Transparenz die lückenlose Übertragbarkeit auf andere Untersuchungen zu ermöglichen.

Die ausführliche Aufarbeitung des aktuellen Forschungsstandes im Bereich des Feedbacks im Kontext motorischen Lernens stellt die notwendige Grundlage zur Durchführung einer eigenen Untersuchung auf diesem Gebiet dar. Sie wird daher in Kapitel zwei der eigentlichen Hauptuntersuchung vorangestellt.

Kapitel drei beinhaltet eine Beschreibung der Rahmenbedingungen und Zusammenhänge, in die die eigentliche Hauptuntersuchung eingebettet ist. Die Dokumentation des genauen Untersuchungsdesigns ist ebenfalls Teil dieses Kapitels. Es beinhaltet auch die Formulierung von vier Arbeitshypothesen in Unterkapitel 3.3, die der Hauptuntersuchung als inhaltliches Gerüst dienen.

Die empirische Überprüfung der formulierten Arbeitshypothesen und die Interpretation der dokumentierten Ergebnisse beschreibt Kapitel vier. Es endet mit einer Gesamtinterpretation der erarbeiteten Zusammenhänge.

Das abschließende fünfte Kapitel stellt die Schlussbetrachtung der gewonnenen Erkenntnisse dar und eröffnet auf dieser Basis Perspektiven für weiterführende Forschungen.

2 Theoretische Grundlage: Das Rahmenkonstrukt „Feedback“

Die in diesem Kapitel angestrebte Aufarbeitung des aktuellen Forschungsstandes muss aus Kapazitätsgründen auf die historisch vollständige Wiedergabe und Diskussion aller durchgeführten Studien und verfassten wissenschaftlichen Beiträge verzichten. Der Verzicht auf eine solche Komplettauflistung scheint jedoch auch mit Blick auf die Gegenstandsgeschichte durchaus angebracht.

Seit die nordamerikanische Feedbackforschung Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts die wissenschaftliche Diskussion um den Einfluss von Rückmeldung im Lernprozess aus der Kognitionspsychologie übernommen und in den Bereich der Motorik- forschung übertragen hat (vgl. als Übersicht zu frühen Studien dieser Art: Salmoni, Schmidt & Walter, 1984), ist eine Vielzahl unterschiedlichster Hypothesen aufgestellt und empirisch überprüft worden. Viele der getätigten Grundannahmen und auf der Basis durchgeführter Untersuchungen aufgestellten Modelle haben sich jedoch im Laufe des Forschungsprozesses als nicht haltbar erwiesen und so den Prozess der Wissenschaftsdiskussion nicht überdauert, beziehungsweise sind in Form von Überarbeitungen in neuere Modellvorstellungen eingegangen.

Ein für die motorische Lernforschung bedeutender Übergang dieser Art (vgl. Wulf, 1994, S. 5) ist die Integration von open-loop-Modellen und closed-loop-Modellen in Form der Schema-Theorie durch Schmidt (1975), die in der Folgezeit ihrerseits zahlreiche weitere Überarbeitungen erfuhr (vgl. Hanke & Schmitt, 1999, S. 4) und weiterhin erfährt. Auch nach dreißig Jahren schematheoretisch geleiteter motorischer Lernforschung liegen jedoch mehrheitlich inkonsistente Forschungsergebnisse vor (vgl. zusammenfassend Sherwood & Lee, 2003). An Stelle eines historischen Gesamtabrisses eine an den Ergebnissen orientierte Auswahl der darzustellenden Studien und Zusammenhänge zu treffen, scheint daher aus Sicht des derzeitigen Forschungsstandes durchaus gerechtfertigt. Vor allem dient dies aber dem Ziel des Kapitels. Neben der grundlegenden Einordnung des Untersuchungsgegenstandes besteht dieses vor allem in der Wiedergabe des aktuellen Forschungsstands, was der begründeten Hinleitung zur Hauptuntersuchung dienen soll, da diese nur auf der Basis der vorliegenden Forschungsergebnisse durchgeführt werden kann.

Grundlegend für die Erarbeitung des Untersuchungsgegenstandes sind zunächst die Begriffsbestimmung des Komplexes „Feedback“ (Kapitel 2.1 und 2.2) und die Einordnung in das Forschungsfeld des motorischen Lernens (Kapitel 2.3). Eng damit verknüpft ist die Wiedergabe allgemeiner Erkenntnisse aus dem Bereich der Technologieforschung zum Feedback (Kapitel 2.4). Die Darstellung und Einordnung solcher Studien, die sich inhaltlich direkt auf die Anlage der Hauptuntersuchung beziehen, bildet in Kapitel 2.5 einen weiteren inhaltlichen Schwerpunkt. Dies sind im Einzelnen:

- Studien zum Einsatz von Videotechnologie im Feedbackprozess
- Studien zur Feedbackwirkung im Tennis
- Studien, in denen die Altersstruktur der untersuchten Probanden ähnlich der Altersstruktur der Probanden der Hauptuntersuchung ist - Studien zum Feedback als kommunikativer Prozess und hieraus erwachsende

Überlegungen zur Trainer-Athlet-Interaktion

Die Gesamtbewertung unter Berücksichtigung praxisorientierter und pädagogischer Gesichtspunkte schließt die Übersicht ab (Kapitel 2.6) und leitet inhaltlich zur Hauptuntersuchung über.

2.1 Begriffsbestimmung und Definition

Der Begriff „Feedback“ entstammt ursprünglich der Kybernetik. Das dort in Anlehnung an die menschliche Kommunikation verwendete Regelkreismodell für die Beschreibung der Arbeitsweise von Maschinen umfasst die Bereiche „Input“, „kognitive Verarbeitung“, „Output“ und „Ist-Sollwertvergleich“. Feedback ist in diesem Zusammenhang die Information über die Diskrepanz zwischen gemessenem Istwert und erwartetem Sollwert (vgl. Hanke, 2003, S. 192). Die Übertragung des Modells in den Bereich der Sportwissenschaft und hier vor allem der motorischen Lernforschung ist inhaltlich konsequent, denn die benannten Bereiche finden sich dort unmittelbar wieder. „Input“ liegt in Form einer Bewegungsanweisung an eine übende Person vor. Die Anweisung muss dabei nicht zwangsläufig von außen kommen, sie kann auch in Form einer selbst gestellten Aufgabe vorliegen. „Kognitive Verarbeitung“ findet bei der Planung der Bewegungsausführung und in Form von Bewegungskontrolle auch während der Bewegung selbst statt. Der „Output“ ist der Bewegungsvollzug. Die Überprüfung der vollzogenen Bewegungshandlung vor dem Hintergrund der eingangs vorgesehenen Bewegung ist der „Ist-Sollwertvergleich“ mittels Feedback. In einem motorischen Trainingsprozess umfasst dies folglich die Überprüfung der Diskrepanz zwischen der realisierten und der im Rahmen des Trainingsprozesses vorgesehenen Bewegung (vgl. z. B. Mechling, 1986a, S. 333; Hanke, 2003, S. 192). Speziell in der älteren nordamerikanischen Literatur findet sich eine Reihe von Begriffen, die nur selten einheitlich definiert wurden. Die Bezeichnungen „knowledge of results“ (KR, Rückmeldung zum Bewegungsergebnis) und „knowledge of performance“ (KP, Rückmeldung zum Bewegungsverlauf), die lediglich Teilmengen aller möglichen Feedbackarten beschreiben, werden häufig mit dem Begriff „Feedback“ synonym verwendet (vgl. Hanke, 2003, S. 192; Hanke & Schmitt, 1999, S. 9f.). Dass dies einen die Diskussion häufig erschwerenden Umstand darstellt, ist den Autoren durchaus bewusst:

„To simplify matters, the term augmented feedback will be used in this chapter to refer to any form of augmented external feedback that is provided to an individual or group of individuals. As used here, augmented feedback should be distinguished from internal, or sensory, feedback […]“ (Magill, 1993, S. 193).

Diese Definition vereinheitlicht einerseits die Terminologie zu Gunsten des Oberbegriffs „feedback“ mit näher erläuternden Zusätzen, liefert aber vor allem eine inhaltliche Zweiteilung in intrinsisches und extrinsisches Feedback.

2.2 Zwei Arten des Feedbacks

Die grundsätzliche Aufteilung von Feedbackprozessen in intrinsische und extrinsische Anteile findet sich einheitlich in der wissenschaftlichen Diskussion (vgl. Hanke & Schmitt, 1999, S. 9). Die Unterscheidung wird anhand des Ursprungs des Feedbacks getroffen.

2.2.1 Intrinsisches Feedback

Das intrinsische Feedback ist eine körpereigene, sensorische Rückmeldung. Sie wird von „Extero- und Interozeptoren“ (Marschall & Daugs, 2003, S. 281), also den visuellen und akustischen Sinnesorganen, den taktilen und propriozeptiven Sinneszellen sowie dem Vestibularorgan (vgl. Marschall & Daugs, 2003, S. 281f.; Schmidt & Wrisberg, 2004, S. 92ff.) zur Bewegungszeit erzeugt, über afferente Nervenbahnen dem motorischen Kortex im Gehirn zur Verfügung gestellt und dort verarbeitet (vgl. Meinel & Schnabel, 1998, S. 45f.). Die ablaufenden Rückkopplungsprozesse stellen „eine Vielzahl von z. T. bewußtseinsfähigen, nicht aber auch bewußtseinspflichtigen“ (Fehres, 1992, S. 20f.) Abläufen dar. Nach Mechling sind es rückgemeldete Informationen „von personalen, umgebungs- und aufgabenbezogenen Variablen“ (Mechling, 1986a, S. 333). Sie werden genutzt, um Bewegungen anzusteuern und den aktiven Bewegungsablauf zu regeln. Eine solche Rückmeldung ist demnach „sensory information, that is available during an after a movement and involves information inherent in the environment and/or the movement response itself“ (Magill, 1993, S. 193). Beschränkt wird sie durch die Aufnahmefähigkeit der Sensoren - eine Bewegung eines Gegners im Sportspiel außerhalb des eigenen Blickfeldes kann beispielsweise nicht visuell erfasst werden - sowie die Geschwindigkeit der Reizleitung und Reizverarbeitung innerhalb des Nervensystems (vgl. Marschall & Daugs, 2003, S. 282). Das sportpraktische Beispiel der Wirksamkeit der motorischen „Finte“ illustriert die Kapazitätsgrenze und die daraus resultierende praktische Unmöglichkeit, auf eine schnelle Änderung der Umgebungsvariablen unmittelbar zu reagieren, anschaulich (vgl. Meinel & Schnabel, 1998, S. 62f.; Schmidt & Wrisberg, 2004, S. 78ff.; Wulf, 1994, S. 13).

Aus der Verarbeitung der aufgenommenen sensorischen Umgebungs- und Bewegungsrückmeldungen im Gehirn wird das Bewegungsgefühl erzeugt (vgl. Hanke, 2003, S. 192). Es ist entscheidende Größe in der motorischen Umsetzung der Bewegung. Liegt eine solche Bewegungsrepräsentation bereits in stabiler Form vor, so ist in der Folge eine korrekte Ausführung der Bewegung zumindest in der Grobform sogar trotz eingeschränkter sensorischer Rückmeldung möglich. Gezeigt wurde dies erstmalig von Lashley (1917) am Beispiel eines Patienten, der durch eine Schusswunde der propriozeptiven Wahrnehmung der unteren Extremitäten beraubt und dennoch zu gezielten Beinbewegungen fähig war. Auf der Basis derartiger Untersuchungen wurden die ersten Programmtheorien (open-loop-Modelle) zur Bewegungssteuerung abgeleitet (vgl. Wulf, 1994, S. 9).

Unabhängig davon, welches spezielle Erklärungsmodell man zur Erklärung der Bewegungsrepräsentation im menschlichen Gehirn heranzieht, ist die Bedeutung des intrinsischen Feedbacks im Bewegungsprozess in der Forschung unumstritten. Für eine experimentelle Untersuchung zur Rolle dieser Feedbackform im Lernprozess wäre allerdings eine Kontrolle und gezielte Modifikation der einzelnen Sinne notwendig. Dies bringt forschungsmethodische Schwierigkeiten mit sich:

„However, feedback, as the aggregate of all sensory information about the movements of the body and of environmental objects affected by those movements, and the relations among them, is very difficult to study, largely because the various sources of information are confounded in their effects.“ (Salmoni, Schmidt & Walter, 1984, S. 356).

So verwundert es nicht, dass sich keine einzige Wirksamkeitsuntersuchung des intrinsischen Feedbacks im Review der Motorikforschung von Salmoni, Schmidt und Walter (1984) findet. Die Bedeutung des intrinsischen Feedbacks für die Trainingspraxis darf durch die dargestellten Zusammenhänge allerdings nicht geschmälert werden. Jedoch scheint im Sinne einer praxisnahen Lernforschung eine nachrangige Behandlung dieses Komplexes durchaus zulässig. Begründet werden kann dies über die Tatsache, dass auch in der Sportpraxis das Einwirken eines Lehrenden auf das intrinsische Feedback ausgeschlossen ist. Die Einflussnahme auf den Sportler kann nur in Form von extrinsischer Feedbackgabe geschehen und steht als solche alltäglich im Vordergrund der Trainingspraxis (vgl. Hanke & Schmitt, 1999, S. 10). Die Untersuchung dieser zweiten Form des Feedbacks steht damit im Zentrum der überwiegenden Mehrzahl der vorliegenden Forschungsergebnisse.

2.2.2 Extrinsisches Feedback

Im Gegensatz zum intrinsischen ist das extrinsische Feedback keine körpereigene Rückmeldung. Die Information stammt von Quellen außerhalb des Organismus und bietet „objektivierende, präzisierende und qualitätsverbessernde Informationen“ (Mechling, 1986a, S. 333). Diese Zusammenfassung beinhaltet eine starke Wertung dahingehend, dass alle angebotenen Informationen von der Zielperson aufgenommen und - bezüglich eines definierten Ziels - positiv verarbeitet werden. Die positive Verarbeitung muss allerdings nicht zwangsläufig der Fall sein, wie an späterer Stelle darzustellen sein wird. Darüber hinaus legt sie extrinsisches Feedback als objektivierend fest, ein Umstand, der nicht immer gegeben sein muss. Der Umstand dieser Einschränkungen ist jedoch vor allem der Form des Feedbacks geschuldet, die Mechling in seiner Arbeit von 1986 näher betrachtet. Da er sich in erster Linie mit „Rückmeldung des Bewegungsergebnisses, […] in der englischsprachigen experimentellen Literatur als ‚knowledge of results’ bezeichnet“ (Mechling, 1986a, S. 334) auseinandersetzt, ist die Festlegung auf objektivierende Information folgerichtig. Dies zeigt, wie schwer einzelne Definitionen vom jeweiligen Forschungsprozess abzutrennen und zu verallgemeinern sind. Gleichzeitig verdeutlicht es, dass sich an dieser Stelle ein ähnlich der Untersuchung des intrinsischen Feedbacks geartetes, forschungsmethodische Problem stellt:

„Because KR could be controlled and manipulated, it was thus possible to study the effects of at least one kind of feedback - KR - on the acquisition of motor tasks, and thus to understand the principles of its operation“ (Salmoni, Schmidt & Walter, 1984, S. 356).

Betrachtet man das Problem aus dem Blickwinkel der sportmotorischen Praxis, so stellt sich die Frage, über welche Sinneskanäle eine externe Rückmeldung prinzipiell möglich ist. Typischerweise wird die Aufnahme über die visuelle, akustische und taktile Wahrnehmung erfolgen. Die Interozeptoren, vor allem das Gleichgewichtsorgan, können zwar in sehr spezifischen und künstlich geschaffenen Lernsituationen einer gezielten Feedbackgabe ausgesetzt werden (vgl. Schmidt & Lee, 2005, S. 424), außerhalb eines Bewegungssimulators ist ein solcher Einsatz jedoch kaum denkbar und spielt daher in der alltäglichen Trainingspraxis eine untergeordnete Rolle. Aus dieser Perspektive betrachtet, handelt es sich bei extrinsischer Rückmeldung also um eine Information, die die körpereigene Wahrnehmung möglichst zielgerichtet zu ergänzen vermag. Der in der amerikanischen Forschungsliteratur verwendete Begriff „augmented feedback“ beschreibt eine solche Ergänzung. Dem entspricht die deutschsprachige Übersetzung „Feedback-Vermehrung“ (vgl. z. B. Daugs, Blischke, Olivier & Marschall, 1989, S. 212). Auch an dieser Stelle findet sich in der Literatur die Einschränkung des Begriffs auf objektive Rückmeldungen. Wie eingangs des Kapitels bereits dargestellt, wurde die Bezeichnung „augmented feedback“ allerdings von Magill in ihrer Bedeutung hin erweitert: „Augmented feedback, on the other hand, is feedback provided by a source external to the person’s own sensory system“ (Magill, 1993, S. 193). Diese Erweiterung übernimmt auch der deutsche Sprachraum in neueren Texten und trennt intrinsisches von extrinsischem Feedback anhand der praxisnahen Abgrenzung mittels der Benennung des Ausgangspunktes der Information (vgl. Marschall & Daugs, 2003, S. 282). Dabei muss jedoch die enge Verbindung der beiden Feedbackformen in der Sportpraxis beachtet und die Trennung als weitgehend künstlich verstanden werden. Ein Beispiel verdeutlicht dies: Die akustisch erfasste Information über die Positionierung eines Gegenspielers im Sportspiel, wenn dieser sich rückwärtig und damit außerhalb des Sichtfeldes nähert, ist als intrinsisches Feedback einzuordnen. Die gleiche Information wäre jedoch als extrinsisches Feedback definiert, wenn sie ergänzend bereitgestellt würde, also zum Beispiel durch Zuruf eines Mitspielers in Form eines eindeutigen Hinweises auf den sich nähernden Gegenspieler. Diese enge Verknüpfung verwundert vor dem Hintergrund der identisch genutzten Sinneskanäle nicht und macht deutlich, dass es letztlich um eine methodisch notwendige Abgrenzung innerhalb der motorischen Lernforschung geht.

2.3 Das Forschungsfeld „motorischer Lernprozess“

Die gezielte Untersuchung von Lernprozessen verfolgt nach der kognitiven Wende in der Psychologie verstärkt das Ziel der Erklärung und Modellbildung zum Verständnis ablaufender und häufig unmittelbar beobachtbarer Prozesse. Dieses theoretische Erkenntnisinteresse existiert jedoch keinesfalls unabhängig von der praktischen Lernsituation. Vielmehr besteht ein großer Bedarf an „wissenschaftlich abgesicherten Ratschlägen und Handlungshilfen“ (Roth, 1992, S. 256) für die konkrete Lernsituation. Speziell im Bereich der ergebnisorientierten, psychologischen Motorikforschung gilt es also, die aus „der prozeßorientierten Bewegungsforschung resultierenden Modellaussagen, die für den Lehr-Lernprozeß bedeutsam erscheinen“ (Hanke & Schmitt, 1999, S. 8) empirisch zu überprüfen und so der Praxissituation zugänglich zu machen. Genau an der Stelle dieses Übergangs zur Praxisnähe gibt es jedoch ein kritikwürdiges Defizit (vgl. Singer, 1990, S. 117), denn die wissenschaftliche Untersuchung und ihre Dokumentation ist nur der erste notwendige Arbeitsschritt. In einem zweiten Schritt ist die weiterführende Aufbereitung in Form konkreter methodischer Handlungsanweisungen notwendig, die sich aber nicht zuletzt wegen der sehr ergebnisheterogenen Datenlage schwierig gestaltet (vgl. Hanke & Woermann, 1993, S. 98f.). Da an anderer Stelle hinreichend auf diesen Zusammenhang und das damit verbundene „Image der Nutzer-Unfreundlichkeit der Motorikforschung“ (Roth, 1990, S. 281) hingewiesen worden ist, soll er hier nicht näher behandelt werden.

Anwendungsgebiet und somit Abnehmer der aus theoretischer Forschung entstandenen Praxisanweisungen ist jede Lehr-Lernsituation. Im Sport sind dies also in erster Linie die beiden großen institutionalisierten Handlungsfelder des Sports, der Sportunterricht in den Schulen und der in Vereinen organisierte, von Übungsleitern und Trainern angeleitete Sport. Die Zielsetzungen in diesen beiden Einrichtungen können sehr stark divergieren. Während in der Schule die Vermittlung verschiedener Sinnrichtungen des Sports im Sinne eines mehrperspektivischen, pädagogischen Ansatzes im Mittelpunkt steht (vgl. Kurz, 1990, S. 88ff.; Neumann & Thiele, 2004, S. 56ff.), findet sich im Sportverein weitgehend eine leistungsorientierte Ausrichtung, in der die Vermittlung sportlicher Bewegungstechniken und klar definierter Zielnormen im Vordergrund steht (vgl. Hanke & Schmitt, 1999, S. 11f.). Doch auch in der Schule existiert im didaktischen Teilbereich der motorischen Lernziele eine technikorientierte Auseinandersetzung mit sportartspezifischen Bewegungshan- dlungen. In beiden Fällen, in der Schule und im Verein, gibt es somit Bedarf, eine bezüglich der jeweiligen Ziele möglichst wirksame Umsetzung des Techniktrainings zu gewährleisten. Motorische Lernforschung sieht sich hierdurch mit der Forderung konfrontiert, dass „eine wesentliche Zielstellung unserer Forschungstätigkeit […] die Optimierung zielgesteuerter sportmotorischer Lernprozesse“ (Daugs, 1985, S. 196) ist. Vor diesem Hintergrund stellt sich konsequenterweise die Frage, was motorisches Lernen ausmacht.

2.3.1 Was ist motorisches Lernen?

Im alltäglichen Sprachgebrauch wird unter dem Begriff „Lernen“ wohl jegliche Form der Aneignung einer geistigen Kenntnis oder körperlichen Fertigkeit oder Fähigkeit verstanden, die vor dem Lernprozess nicht beherrscht wurde. Für die Lernforschung reicht diese allgemeine Eingrenzung jedoch nicht aus, da sie in einer solchen globalen Formulierung nicht untersuchbar ist. In der Fachwelt weithin anerkannt und zahlreich gebraucht ist daher die Definition von Lernen als aus umweltbedingten Erfahrungen und Übung entstehender, relativ überdauernder Verhaltensmodifikation (vgl. Salmoni, Schmidt & Walter, 1984, S. 357; Daugs & Blischke, 1984, S. 381; Mechling, 2003, S. 345; Mechling & Effenberg, 2003, S. 384). Obwohl sich diese Definition in der Formulierung auf den ersten Blick kaum von der des alltäglichen Sprachgebrauchs unterscheidet, enthält sie einen für das Selbstverständnis der Lernforschung entscheidenden Schritt der Operationalisierung. Die vorliegende Stabilität einer Verhaltensmodifikation muss über einen relativen Zeitraum beobachtbar sein, bevor man von Lernen im Sinne der Definition sprechen kann. Kurzfristig auftretende Effekte werden dem gegenüber als „Leistungsverbesserung“ („performance effects“) klassifiziert (vgl. Salmoni, Schmidt & Walter, 1984, S. 357). Die zur eindeutigen Abgrenzung notwendige Dauer dieses Zeitraums ist dabei nur für den Einzelfall festlegbar. Ausgeschlossen werden muss allerdings ein unmittelbar an die Übung anschließender Zeitraum, wie Salmoni, Schmidt und Walter (1984) betonen: „[…] although we are not specific about how permanent ‘relatively permanent’ should be, such effects should persist well beyond the practice session, certainly for hours, perhaps for months and years.“ (Salmoni, Schmidt & Walter, 1984, S. 357). Mittels Retention- und Transfertests, durchgeführt nach einem solchen festzulegenden Zeitraum, können die lediglich temporär wirksamen Effekte ausgeschlossen werden (vgl. Wulf, 1994, S. 107). Solche Effekte werden beispielsweise während der Aneignungsphase durch „eingeschränkte perzeptive, motorische oder motivationale Voraussetzungen“ (Mechling & Effenberg, 2003, S. 384) wirksam, die die unmittelbar beobachtbaren Verhaltensmodifikationen negativ beeinflussen können. Auch der umgekehrte Fall, ein kurzfristig beobachteter positiver Leistungseffekt ohne Übertragbarkeit auf langfristige Auswirkungen ist denkbar. Speziell bei der Bewertung älterer Forschungsliteratur ist deshalb gezielt darauf zu achten, dass eine solche Unterscheidung häufig nicht vorgenommen wird (vgl. Salmoni, Schmidt & Walter, 1984, S. 355; Wulf, 1994, S. 106f.; Marschall & Daugs, 2003, S. 288). Die auf dieser Basis getroffenen Aussagen sind daher bezüglich der Bedeutung für tatsächliches Lernen kritisch zu hinterfragen. Die Durchführung von echten Lerntests ist im Sinne einer Sportpraxisnähe umso bedeutender, da Retentiontests mit Wettkampfsituationen vergleichbar sind, „in denen kein Trainer oder keine Trainerin zur Verfügung steht, und die Sportler/ Sportlerinnen auf sich selbst angewiesen sind“ (Wulf, 1992, S. 13).

2.3.2 Einflussfaktoren auf motorisches Lernen

Es existieren zwei grundlegende Faktoren, die die Effizienz und Qualität der motorischen Aneignung von Fertigkeiten, Bewegungsmustern und Bewegungs- abläufen, also das Techniktraining im Sport, entscheidend prägen (vgl. Hanke, 2003, S. 192). Zunächst ist dies die Anzahl und methodische Gestaltung der Übungsversuche. Die wiederholte und unter bestimmten Bedingungen variable Ausführung eines Bewegungsmusters ist Voraussetzung für eine stabile Aneignung einer sportlichen Technik (vgl. Hanke & Woermann, 1993, S. 70; Schmitt & Hanke, 1999, S. 137; Hanke, 2003, S. 192; Marschall & Daugs, 2003, S. 281). „Im Verlauf wiederholter Bewegungsausführungen werden jeweils Afferenzen verschiedener Sinnesmodalitäten herangezogen und zueinander in Beziehung gesetzt.“ (Daugs, Blischke, Marschall & Müller, 1990a, S. 13). Das alleinige wiederholte Üben führt allerdings nicht zu einer effizienten Aneignung von sportlichen Bewegungen im Sinne der variablen Verfügbarkeit motorischer Fertigkeiten innerhalb der so genannten „Dritten Lernphase“ (vgl. Meinel & Schnabel, 1998, S. 183ff.). Selbst bei geschlossenen Fertigkeiten, also solchen motorischen Abläufen, die unter stabilen Umweltbedingungen ausgeführt werden (vgl. zum Kontinuum offener und geschlossener Fertigkeiten: Roth, Brehm & Willimczik, 1983, S. 123ff.), ist die bloße Reproduktion und Festigung eines einzelnen Bewegungsmusters nicht empfehlenswert. Mechling (1986b) bringt zum Ausdruck, dass diese Form des Übens alleine „nicht zur Meisterschaft, sondern allenfalls zum Dilettantismus führen“ würde (Mechling, 1986b, S. 9). Die „variability-of-practice“-Hypothese der Schema-Theorie beschreibt die theoretischen Annahmen hinter einer solchen Feststellung (vgl. Wulf, 1994, S. 23).

Die zweite wichtige Komponente innerhalb des Techniktrainings ist der zielführende Abgleich zwischen beobachtetem Istwert und vorgegebenem Sollwert, also der Ablauf von Feedbackprozessen. Die alleinige Nutzung der intrinsischen Rückmeldung macht dabei jedoch noch keine praxisnahe Lehr-Lernsituation aus. Beobachtet man eine Übungssituation, in der ein einzelner Übender gänzlich ohne Beeinflussung durch weitere Personen agiert, stellen die eingangs des Kapitels als grundlegende sensorische Feedbackprozesse formulierten Abläufe tatsächlich die einzige vorhandene Rückmeldung dar. Bezogen auf den Sportunterricht und den Sportverein bleibt jedoch festzuhalten, wie theoretisch konstruiert und damit praxisfern ein solcher Übungsablauf ist. Die entscheidende Bedeutung beim motorischen Lernen muss vielmehr dem Zusammenhang und dem Gesamtwirken aus Üben, intrinsischen und extrinsischen Rückmeldungen zugemessen werden. Ferner spielen spezielle physiologische, neurophysiologische und energetische Prozesse eine Rolle (vgl. Mechling & Effenberg, 2003, S. 383), sollen hier jedoch nicht näher thematisiert werden.

2.3.3 Die Rolle des extrinsischen Feedbacks beim motorischen Lernen

Im Rahmen der Gesamtbetrachtung des motorischen Lernprozesses nimmt das extrinsische Feedback eine durchaus elaborierte Stellung ein. Drei zentrale Bedeutungszuschreibungen sind hierfür ausschlaggebend (vgl. Hanke, 2003, 192f.):

1. Dem extrinsischen Feedback kommt die bereits erörterte Aufgabe als Diskrepanzinformation zwischen zu lernender Bewegung (Sollwert/ Lernziel) und ausgeführter Bewegung (Istwert) zu. Ohne eine solche Rückmeldung kann nur in sehr eingeschränktem Maße gelernt werden. Es muss allerdings angemerkt werden, dass Lernen ohne extrinsische Rückmeldung dieser Art unter ganz bestimmten Bedingungen durchaus möglich ist (vgl. Magill, 1993, S. 194ff.).
2. Eine Optimierung von Bewegungslernen in Bezug auf Lerndauer oder Bewegungspräzision (vgl. Magill, 1993, S. 197) ist entscheidend von extrinsischem Feedback abhängig. Dies gilt speziell in der praktischen Lehr-Lern- Situation, denn dort stellt diese Feedbackform
3. die einzige Eingriffsmöglichkeit eines Lehrenden in den Lernprozess dar (vgl. z. B. Mechling, 1986a, S. 333). Dies betrifft jenseits der Optimierung des Lernverlaufs auch die motivationale Komponente (vgl. Mechling, 1986a, S. 343; Magill, 1993, S. 194) und vor allem die ganzheitliche, subjektbezogene Kommu- nikationsfunktion des Feedbacks zwischen Lehrer und Lerner (vgl. Hanke & Schmitt, 1999, S. 45).

In Anbetracht der in diesen drei Punkten zusammengefassten Rolle des extrinsischen Feedbacks im motorischen Lernprozess, sowie den methodischen Schwierigkeiten bei der Betrachtung der intrinsischen Feedbackprozesse, überrascht es nicht, dass im Zentrum der Forschung zumeist die Untersuchung der genauen Wirkungsweisen des extrinsischen Feedbacks steht. Diese Ausrichtung entspricht dabei nach Meinung der Mehrzahl der wissenschaftlichen Autoren sowohl dem praxisnahen Interesse an der Optimierung des Techniklernens, als auch der zentralen Bedeutung des extrinsischen Feedbacks bei diesem Lernvorgang (vgl. Hanke, 2003, S. 192; Marschall & Daugs, 2003, S. 281; Mechling & Effenberg, 2003, S. 383f.; Hanke & Schmitt, 1999, S. 10); Wulf, 1994, S. 31; Magill, 1993, S. 193; Mechling, 1986a, S. 333f.; Salmoni, Schmidt & Walter, 1984, S. 355). Die zusammenfassende Darstellung dieser Forschungsergebnisse bildet daher im Folgenden einen wichtigen Grundstein für das Gesamtverständnis.

2.4 Allgemeine Ergebnisse der Technologieforschung zum Feedback

Die experimentellen Untersuchungen der Technologieforschung verfolgen das Ziel der Beantwortung der Frage nach der genauen Wirkungsweise des extrinsischen Feedbacks im Lernvorgang. „Unfortunately, the knowledge gained from this research has not led to a well-defined list of principles that can be applied to skill-learning situations.“ (Magill, 1993, S. 193). Zurückzuführen ist dieser Missstand unter anderem auf die strikte Festlegung und Untersuchung von Feedback-Prozessen als informationelles Konstrukt, also auf die reine Übermittlung von Inhalten mit angenommenem direktem Einfluss auf den motorischen Lernprozess (vgl. Hanke, 2003, S. 193). Trotz dieses inzwischen als stark eingeengte Sichtweise kritisierten Begriffsverständnisses, das vor allem sämtliche Anteile eines subjektbezogenen Feedbackverständnisses ausklammert (vgl. Hanke & Schmitt, 1999, S. 45), tragen die Ergebnisse der labororientierten KR-Forschung wesentlich zum Verständnis der ablaufenden Prozesse bei (vgl. Hanke & Schmitt, 1999, S. 15; Marschall & Daugs, 2003, S. 283). Eine Zusammenfassung der allgemeinen Ergebnisse stellt daher im Folgenden die Wissensgrundlage für das Verständnis spezifischer Untersuchungen dar. Im Ganzen wird der problemzentrierte Fokus der bisherigen Darstellung aufrechterhalten und die Ergebniswiedergabe jeweils mit einer kurzen Einordnung in die Sportpraxis und einer Bewertung versehen, sofern dies für das Verständnis förderlich ist.

2.4.1 Extrinsische Rückmeldung als Lernvariable

Dass die Rückmeldung von Bewegungsergebnissen einen Einfluss auf motorisches Lernen hat, konnten experimentelle Untersuchungen schon früh zeigen. Bilodeau, Bilodeau und Schumsky (1959) wiesen in ihrer Untersuchung mittels einer linearen Positionierungsaufgabe nach, dass es einen direkten Zusammenhang zwischen der Häufigkeit der Ergebnisrückmeldung und der beobachteten Leistung der Probanden gab. In einem zweiten experimentellen Schritt zeigten sie, dass die Gruppe, die zuvor bereits zwanzig Versuche ohne KR durchgeführt hatte, bei fünf weiteren Versuchen mit KR weder Vor- noch Nachteile gegenüber der Gruppe hatte, die von Anfang an mit KR übte (vgl. Bilodeau, Bilodeau & Schumsky, 1959, S. 144). Aus diesem Ergebnis entstand der Umkehrschluss, dass ohne die Gabe von KR kein Lernen möglich sei, Ergebnisrückmeldung also eine notwendige Bedingung für Lernen darstelle. Dieses Ergebnis erwies sich jedoch in seiner Pauschalität als nicht haltbar (vgl. Salmoni, Schmidt & Walter, 1984, S. 360). Vielmehr muss eine wesentlich differenziertere Betrachtung an seine Stelle treten. Eine solche Differenzierung liefert Magill (1993) in seinem Review der vorliegenden Forschungsergebnisse. Er stellt fest, dass sich die vorliegenden Erkenntnisse zu vier Hauptkategorien von Feedbackwirkung zusammenfassen lassen.

2.4.1.1 Kategorie 1: Extrinsisches Feedback ist notwendig

Im ersten von Magill (1993) beschriebenen Fall ist das extrinsische Feedback f ü r den Lernvorgang zwingend erforderlich. Eine solche Situation liegt vor, wenn keine intrinsische Rückmeldung verfügbar ist (vgl. Magill, 1993, S. 195). In der Sportpraxis ist dies zum Beispiel beim Einsetzen von Ruderblättern hinter dem eigenen Rücken und damit außerhalb des eigenen Sichtfeldes gegeben. In diesem Fall kommt einer künstlich erzeugten Rückmeldung von außen entscheidende Bedeutung zu (vgl. Marschall & Daugs, 2003, S. 282). Ebenfalls dieser Kategorie zuzuschreiben sind jene Fälle, in denen innerhalb der Bewegungssituation zwar Informationen zur Verfügung stünden, der Übende jedoch keine eigene Vorstellung von der Zielbewegung und dem Bewegungsverlauf hat. Ihm ist daher keine Auswertung des sensorisch erzeugten Feedbacks möglich. Dieser Fall tritt vor allem dann auf, wenn die auszuführende Aufgabe dem Probanden gänzlich unbekannt ist, was typisch für Personen mit einem geringen Expertiseniveau, also Anfänger, im jeweiligen Bereich ist (vgl. Magill, 1993, S. 195). Sie besitzen für neu zu erlernende Bewegungen wenig oder keine Anknüpfungspunkte an bekannte Fertigkeiten. Nachgewiesen wurde dieser Effekt von Newell (1974). Er zeigte, dass die Probanden im Verlauf einer linearen Positionierungsaufgabe zwar in der Lage waren, einen Referenzwert anzulegen und in der Folge zu nutzen, also im ureigensten Sinn ein Gefühl für die richtige Ausführung der Bewegung entwickelten, dies jedoch zu Anfang nur mittels der zusätzlichen Ergebnisrückmeldung gelang. Ohne ein solches augmented feedback fand keine Verbesserung statt (vgl. Magill, 1993, S. 195). Über die effiziente inhaltliche Gestaltung des Feedbacks sagt ein solches Untersuchungs- ergebnis hingegen nichts aus.

2.4.1.2 Kategorie 2: Extrinsisches Feedback unterstützt Lerneffekte

Nicht alle Lernsituationen sind vollständig von der künstlichen Feedbackgabe abhängig. Weitaus häufiger sind in der Praxis jene Situationen, in denen extrinsisches Feedback den Lernvorgang beschleunigt oder erh ö ht, jedoch nicht zwingend dazu erforderlich ist (vgl. Magill, 1993, S. 197). Im Labor wurde diese Wirkung zuerst bei einer linearen Positionierungsaufgabe beobachtet. Das definierte Ziel für die Probanden war es, eine dreiteilige Bewegung so schnell wie möglich und dennoch genau auszuführen. Stelmach (1970, zitiert nach Magill, 1993, S. 197) zeigte, dass sich eine Gruppe mit zusätzlicher Ergebnisrückmeldung (in Form der benötigten Gesamtzeit) die Bewegung schneller und auf einem insgesamt höheren Leistungsniveau aneignete, als eine Vergleichsgruppe ohne zusätzliche Rückmeldung. Eine der insgesamt wenigen vorliegenden Untersuchungen mit einer komplexen sportlichen Bewegung zeigt den gleichen Einfluss der extrinsischen Rückmeldung auf den Lernvorgang (vgl. Wallace & Hagler, 1979). Untersucht wurde die Aneignung des Basketball-Einhandwurfes bei Anfängern. Das Feedback war in diesem Fall nicht als Ergebnisrückmeldung, sondern als Verlaufsinformation bezüglich des letzten durchgeführten Versuchs ausgeführt (KP). Gegenüber der künstlich auf das Ergebnis reduzierten KR-Gabe kann es daher als praxisnäher gelten. Die Kontrollgruppe erhielt ausschließlich motivierende Rückmeldungen (vgl. Magill, 1993, S. 197). Während Versuchs- und Kontrollgruppe in den ersten fünfundzwanzig Übungsdurchgängen identische Ergebnisse erzielten, verbesserte sich in den nächsten fünfundzwanzig Versuchen ausschließlich die Gruppe, die eine Rückmeldung in Form von KP erhielt (vgl. Wallace & Hagler, 1979, S. 268f.). Die Rückmeldung förderte also die Aneignung der Bewegung ab einem bestimmten Niveau, war jedoch nicht von Anfang an zwingende Voraussetzung für das Lernen.

2.4.1.3 Kategorie 3: Extrinsisches Feedback ist redundant

Der Umkehrschluss der Untersuchungsergebnisse der ersten beiden Kategorien lässt erwarten, dass extrinsisches Feedback f ü r das Bewegungslernen ü berfl ü ssig ist, wenn genügend sensorisches Feedback vorliegt und der Lerner eine hinreichend genaue, eigene Vorstellung der Zielbewegung hat, um einen eigenständigen Soll-Ist- Vergleich durchzuführen (vgl. Magill, 1993, S. 195f.). Tatsächlich bestätigt sich diese Vermutung in vier von Magill, Chamberlin und Hall (1991) durchgeführten Experimenten. Die Probanden hatten die Aufgabe, auf ein zufällig an verschiedenen Stellen auftretendes, sich mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten auf ein Ziel zubewegendes Licht mit einem Knopfdruck an der Zielposition des Lichts zu reagieren. Die Simulation erhebt somit den Anspruch, den Anflug eines Balles und einen Treffpunkt bei einem Schlag zu simulieren, wie er für Rückschlagspiele typisch ist (vgl. Magill, 1993, S. 195f.). Die Ergebnisse des Experiments zeigten, dass sich die erwachsenen, sportlichen Probanden abhängig von der Anzahl der KR-Gaben in ihrer unmittelbaren Leistung unterschiedlich schnell verbesserten. Bei den mit zeitlichem Abstand durchgeführten Wiederholungen der gleichen Übung bzw. Transfertests mit variierter Ballgeschwindigkeit gab es jedoch keine Unterschiede zwischen den einzelnen Experimentalgruppen, alle hatten nun gleiche Treffer- und damit Lernergebnisse (vgl. Magill, Chamberlin & Hall, 1991, S. 504). Für den überdauernden Lerneffekt scheint die verbale Ergebnisinformation in diesem Fall also redundant gewesen zu sein. Obwohl diese Ergebnisse eindeutig erscheinen, können sie nicht als für alle motorischen Lernvorgänge zutreffend angesehen werden. Sie gelten vielmehr nur für solche Aufgaben, in denen sich das eingesetzte verbale KR eindeutig mit dem visuell zur Verfügung stehenden, intrinsischen Feedback deckt (vgl. Magill, Chamberlin & Hall, 1991, S. 505f.).

Auch für zusätzliche visuelle Rückmeldung und die Kombination beider Formen liegen identische Ergebnisse vor (vgl. Magill, 1993, S. 196). Für den sportpraktischen Einsatz haben diese Ergebnisse die Konsequenz, dass gezielte zusätzliche Feedbackgabe zwar für überdauerndes Lernen ohne offensichtlichen Effekt bleiben kann, jedoch unter Umständen kurzfristige Leistungssteigerungen durch die motivationale Komponente erzeugt (vgl. Magill, Chamberlin & Hall, 1991, S. 504f.). Der Schnittbereich mit der lernunterstützenden Wirkung des Feedbacks ist ebenfalls in diesem Bereich anzusiedeln. Möglicherweise tritt speziell zu Beginn einer Übungsphase eine Art Verdeutlichungseffekt durch zusätzliches Feedback ein. Es wird in der Folge jedoch schnell zu redundanten Informationen. So lange jedoch keine negativen Auswirkungen zu erwarten sind, bliebe eine Entscheidung für oder gegen diese Form der Feedbackgabe also eher eine persönliche Präferenz der Lehrkraft als eine aus Forschungsergebnissen zu begründende Empfehlung für die Sportpraxis. Genau mit dieser Frage nach kontraproduktiven Auswirkungen beschäftigen sich Untersuchungen, deren Ergebnisse zu einer vierten Kategorie Magills führen.

2.4.1.4 Kategorie 4: Extrinsisches Feedback als Störgröße

Negative Auswirkungen liegen vor, wenn extrinsisches Feedback den Lernprozess behindert. Dies kann theoretisch in zwei Arten geschehen. Die direkte Behinderung des Aneignungsprozesses bei extrinsischer Feedbackgabe, also langsameres Lernen mit extrinsischem Feedback als ohne zusätzliche Zusatzinformation, konnte nicht beobachtet werden. Negative Auswirkungen entstehen vielmehr auf einem Weg der indirekten Beeinflussung. Die extrinsische Feedbackgabe kann einen Abhängigkeitseffekt bei den Probanden erzeugen. Sobald die Ergebnisrückmeldung entzogen wurde, sank sowohl die unmittelbare Leistung im nächsten Versuch, als auch die Lernleistung in einem Wiederholungstest mit zeitlichem Abstand. Dabei war der Effekt sowohl bei verbalem als auch bei visuellem KR vorhanden (vgl. Annett, 1959, S. 14). Dieser beschriebene Leistungsverlust wird besonders deutlich, wenn die Rückmeldung nach jeder einzelnen Bewegungsausführung erfolgt. So konnten Wulf, Schmidt und Deubel (1991, zitiert nach Wulf, 1992, S. 13f.) zeigen, dass eine verringerte relative Häufigkeit (hier 67 Prozent KR) der Feedbackgabe zu einer gegenüber der permanenten Ergebnisrückmeldung verbesserten Lernleistung führte (vgl. Wulf, 1992, S. 13f.). Ergebnisse späterer Studien bestätigen diesen Effekt auch für andere Arten der Reduzierung des Feedbacks (vgl. Hanke & Woermann, 1993, S. 80), etwa zusammengefasste Rückmeldungen über mehrere Bewegungsversuche (vgl. z. B. Schmidt, Young, Swinnen & Shapiro, 1989, S. 357) und im Ergebnis gemittelte Rückmeldungen (vgl. z. B. Young, 1988, zitiert nach Wulf, 1992, S. 14). Erklärt werden Beobachtungen dieser Art zumeist mittels der „guidance-Hypothese“ (vgl. Salmoni, Schmidt & Walter, 1984, S. 378f.). Sie erklärt den positiven Effekt der zielführenden Wirkung von Feedback, beschreibt gleichzeitig aber als negativen Effekt die Blockierung der Ausbildung „eines internen Fehlerentdeckungs- Mechanismus“ (Wulf, 1992, S. 14).

Verstärkt wird die eindeutige Tendenz der diesbezüglichen Forschungsergebnisse von Nicholson (1992, zitiert nach Wulf, 1992, S. 14). In ihrer Dissertation zeigte sie, dass der guidance-Effekt selbst dann auftrat, wenn „sie die Versuchspersonen dazu aufforderte, die vorangegangene Bewegungsausführung zu wiederholen und die Rückmeldung nicht zu beachten“ (Wulf, 1992, S. 14). Dies hat weit reichende Konsequenzen für einen Lehr-Lern-Prozess. Eine als falsch oder unpassend klassifizierte Rückmeldung kann demnach vom Lerner nicht vollständig ignoriert werden. Geht man davon aus, dass das extrinsische Feedback als eine Kalibrierung der eigenen Bewegungswahrnehmung genutzt wird, so birgt die falsche extrinsische Rückmeldung selbst wider besseren Wissens die Gefahr einer Verfälschung dieser Selbstwahrnehmung (vgl. Magill, 1993, S. 201). In letzter Konsequenz müsste eine Lehrperson von dieser Überlegung ausgehend vollständig auf ungesicherte Rückmeldungen verzichten.

Die vorliegenden Befunde sollten jedoch trotz ihrer inhaltlichen Überzeugungskraft nicht unreflektiert bleiben. Auch andere theoretische Überlegungen liefern durchaus nachvollziehbare Begründungen für die beobachteten Effekte. So ist die methodisch unerwünschte, jedoch zweifelsfrei vorhandene Bevorzugung der Versuchsgruppen, die bereits aus der Aneignungsphase an eine Situation ohne KR-Gabe gewöhnt sind, geeignet, das bessere Abschneiden dieser Probanden in Retention-Tests zu erklären, ohne dass die guidance-Wirkung aufgetreten sein muss. Für einen solchen Ansatz liegen unterschiedliche Befunde vor (vgl. Hanke & Woermann, 1993, S. 79).

Auch der Einfluss der Verarbeitungskapazität des extrinsischen Feedbacks bei Anfängern ist weitgehend ungeklärt. Möglicherweise werden sie durch die ständige Rückmeldung von Ergebnissen überlastet oder abgelenkt, was unter Umständen zu einer verminderten Konzentration und auf diesem Weg zu niedrigeren beobachteten Leistungen führen könnte (vgl. Marschall & Daugs, 2003, S. 284). Lernen kann durch Rückmeldungen, die eigentlich zu dessen Unterstützung gedacht sind, verhindert werden. Wegen der möglichen Praxiskonsequenzen wird diese Erkenntnis zu recht in den Mittelpunkt des Interesses vieler Forschungsarbeiten gestellt. Jedoch muss trotz der eindeutigen Ergebnisse der Labor-KR-Forschung die Übertragbarkeit derartiger Erkenntnisse in die Sportpraxis kritisch gesehen werden. Es ist festzuhalten, dass sich die genannten Auswirkungen nur unter ganz bestimmten Bedingungen und bei motorisch eng eingegrenzten Aufgaben in der beobachteten Deutlichkeit ergeben. Eine Berücksichtigung des Expertise-Niveaus der Probanden fand dabei aber ebenso wenig statt (vgl. Hanke & Woermann, 1993, S. 80) wie die Untersuchung komplexerer motorischer Muster. Speziell für sportmotorische Bewegungen, die in der Regel von einer deutlich höheren motorischen Komplexität gekennzeichnet sind als dies bei den häufig auf einen einzigen Freiheitsgrad beschränkten Laboraufgaben der Fall ist (vgl. Kernodle & Carlton, 1992, S. 187), ist jedoch kein derart eindeutig gerichtetes Ergebnis bekannt (vgl. Marschall & Daugs, 2003, S. 286).

2.4.2 Feedbackdimensionen

Die an Magill orientierte Darstellung der Ergebnisse der Technologieforschung zum Feedback in vier Wirkungskategorien dient als ordnender Rahmen für die komplexen Zusammenhänge, die den Einfluss von extrinsischem Feedback kennzeichnen. Betrachtet man die vier Kategorien als die extremen Eckpunkte des Forschungsfeldes, so bewegt sich jedes Forschungsergebnis innerhalb des aufgespannten Rechtecks. Die genaue Position des Ergebnisses, also die tendenzielle Wirkungsweise des Feedbacks im Lernprozess, ist dabei sowohl vom Lernstand (Expertiseniveau) des Übenden bei der jeweiligen motorischen Aufgabe, als auch von der genauen Ausführungsform des Feedbacks abhängig. Dieser Zusammenhang ist in Abbildung 1 grafisch dargestellt. Eine exakte Auftrennung der beiden Größen ist dabei nicht möglich, da die Feedbackgestaltung in Abhängigkeit vom Lernstand variiert werden muss (vgl. Magill, 1993, S. 199). Diese genaue

Gestaltung des Feed- backs wird in Rückgriff auf die Forschungs- ergebnisse in Form von vier Feedbackvariablen beschrieben, die in der neueren deutschsprachi- gen Literatur zusammen- fassend als Feedback- dimensionen bezeichnet werden. Die englische Bezeichnung hierfür lau- tet „laws of KR“ (Salmoni, Schmidt & Walter, 1984, S. 360). Die Verwendung jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, des Begriffes „law“ an dieser Stelle darf dabei dass auf Basis eben jener heterogenen Forschungsergebnisse „nomothetische Formulierungen (Gesetzmäßigkeiten) für die Praxis der sportmotorischen Lehr-Lernsituation schwierig erscheinen“ (Hanke, 2003, S. 193). Vielmehr stellen die Variablen einen Katalog von Möglichkeiten bereit, wie ein Feedback ausgestaltet sein kann. Es gilt hiernach in der Praxis, für jede einzelne Situation die günstigste Kombination der Variablen zu finden (vgl. Hanke & Schmitt, 1999, S. 15).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Wirkungsweisen extrinsischen Feedbacks gemäß Technologieforschung

Im Folgenden werden die vier Feedbackdimensionen - Präzision, Modalität, Frequenz und zeitliche Platzierung - zusammen mit den jeweiligen Ergebnissen der Technologieforschung überblickartig dargestellt. Soweit nicht anders angemerkt, handelt es sich bei der untersuchten Feedbackform ausschließlich um Ergebnisrückmeldung (KR). Die Bedeutung der verlaufsbezogenen Rückmeldung (KP) ist Teil einer genaueren Betrachtung in Kapitel 2.4.3.

2.4.2.1 Präzision des Feedbacks

Die Rückmeldung von Bewegungsergebnissen kann mit sehr unterschiedlicher Präzision erfolgen. Die Abgrenzung erfolgt dabei zunächst als Unterscheidung von qualitativer und quantitativer Ergebnisrückmeldung (vgl. Marschall & Daugs, 2003, S. 284; Magill, 1993, S. 193f.). Eine bloße Information darüber, ob ein Tennisaufschlag „im Feld“ oder „aus“ war, stellt eine rein qualitative Ergebnisrückmeldung dar. Die Information, dass der Ball 0,37 Meter außerhalb des Feldes war, ist eine quantitative Angabe. Darüber hinaus ist die Angabe einer Größenordnung und einer Richtung des Fehlers ein weiteres Maß für die Genauigkeit der Rückmeldung (vgl. Hanke & Woermann, 1993, S. 89). Eine Angabe der Art „weit aus“ ist somit eine qualitative Rückmeldung mit unpräziser, ungerichteter Größenordnung, während die Aussage „ein halber Meter zu weit links“ eine quantitativ-genaue, gerichtete Form darstellt. Die Annahme, dass eine höhere Präzision der Rückmeldung dabei automatisch zu besseren Ergebnissen führt, ist nicht korrekt. Speziell im Bereich der kurzzeitigen Leistungsmessung zwischen den einzelnen Versuchen einer Übungseinheit gibt es in der Mehrzahl der durchgeführten Studien keine signifikanten Unterschiede zwischen verschiedenen Präzisionsgraden des quantitativen Feedbacks. Eine Tendenz ergibt sich jedoch zu Gunsten eines gerichteten, präziseren Feedbacks, wobei auch hier nur bis zu einem bestimmten Präzisionsgrad ein Effekt nachweisbar ist (vgl. Salmoni, Schmidt & Walter, 1984, S. 376). Unter Umständen wird diese Grenze auch von der motorischen Ausführungsgenauigkeit (vgl. Marschall & Daugs, 2003, S. 284) sowie dem engen Zusammenhang mit der zur Verfügung stehenden Zeit zur Verarbeitung des Feedbacks (vgl. Hanke & Woermann, 1993, S. 90; siehe auch Kapitel 2.4.2.3) mitbestimmt und ist nicht allein auf die Präzision zurückführbar. Eindeutig beantwortet wird hingegen die Frage, ob eine Ergebnisrückmeldung sich schwerpunktmäßig an fehlerhaften oder an korrekten Versuchen orientieren soll. Mehrere Studien zeigen übereinstimmend, dass der Hinweis auf eine fehlerhafte Ausführung für die anschließende Korrektur wirksamer ist, als eine zusätzliche Bestätigung der korrekten Versuche. Auch dieser Effekt ist allerdings ausschließlich für einfache motorische Aufgaben nachgewiesen und sollte daher in seiner Bedeutung für komplexe sportmotorische Aufgaben nicht überbewertet werden (Magill, 1993, S. 199f.).

[...]

Ende der Leseprobe aus 112 Seiten

Details

Titel
Studien zur Trainer – Athlet – Kommunikation am Beispiel des Kindertennis
Hochschule
Georg-August-Universität Göttingen  (Institut für Sportwissenschaften)
Note
1,0
Autor
Jahr
2007
Seiten
112
Katalognummer
V168804
ISBN (eBook)
9783656399339
ISBN (Buch)
9783656400950
Dateigröße
1681 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Ausgezeichnet als beste Abschlussarbeit des Jahrgangs 2007 in den Sportwissenschaften an der Georg-August-Universität Göttingen. Der Anhang (Datenband mit den Rohdaten) ist nicht Teil der Veröffentlichung.
Schlagworte
Feedback, motorisches Lernen, Kindertennis, Videofeedback
Arbeit zitieren
Sebastian Hanelt (Autor:in), 2007, Studien zur Trainer – Athlet – Kommunikation am Beispiel des Kindertennis, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/168804

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