Die Auswirkungen des Uranbergbaus auf Landschaft und Mensch am Beispiel des ehemaligen Uranerzbergbaugebietes Ronneburg


Bachelorarbeit, 2007

67 Seiten, Note: 2,1


Leseprobe


Inhalt

Vorwort

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung

2 Untersuchungsgebiet „Neue Landschaft“ Ronneburg
2.1 Lage und Klima
2.2 Geologischer Überblick
2.2.1 Geologie des Untersuchungsgebietes
2.2.2 Entstehung der Uranlagerstätte von Ronneburg

3 Historischer Überblick - Vom Uranbergbau zur BUGA 2007
3.1 Die SDAG WISMUT
3.2 Uranerzbergbau in Ostthüringen
3.3 Sanierung der WISMUT-Hinterlassenschaften
3.3.1 Gesetzlicher Rahmen für die Sanierung
3.3.2 Die Sanierungstätigkeit
3.4 Die Bundesgartenschau 2007 in Gera und Ronneburg

4 Grundlagen der Bodenfunktionsbewertung
4.1 Bodenschätzung
4.2 Bodenfunktionen im BBodSchG
4.3 Anforderungen zum Vergleich von Bodenbewertungsverfahren
4.4 Verfahren der Bodenfunktionsbewertung als Grundlage für die Betrachtung der Veränderung der Lebensraumfunktion
4.5 Methodisches Vorgehen im Untersuchungsgebiet

5 Bodenkundliche Charakteristik der einzelnen Gebietseinheiten
5.1 Profil 1
5.2 Profil 2
5.3 Profil 3
5.4 Profil 4

6 Diskussion und Ergebnisse
6.1 Lebensraumfunktion vor 1950
6.1.1 Lebensgrundlage für Menschen
6.1.2 Lebensgrundlage und Lebensraum für Pflanzen und Bodenorganismen
6.2 Lebensraumfunktion zwischen 1950 und 1991
6.2.1 Lebensgrundlage für Menschen
6.2.2 Lebensgrundlage und Lebensraum für Pflanzen und Bodenorganismen
6.3 Lebensraumfunktion 1991 bis 2007
6.3.1 Lebensgrundlage für Menschen
6.3.2 Lebensgrundlage und Lebensraum für Pflanzen und Bodenorganismen

7 Zukünftige Entwicklung weiterer Bodenfunktionen in der „Neuen Landschaft“ Ronneburg
7.1 Natürliche Bodenfunktionen
7.1.1 Bestandteil des Naturhaushaltes
7.1.2 Abbau-, Ausgleichs- und Aufbaumedium
7.2 Archiv der Natur- und Kulturgeschichte

8 Nachbetrachtung und Handlungsempfehlung
8.1 Lebensgrundlage für Menschen
8.2 Lebensgrundlage und Lebensraum für Pflanzen und Bodenorganismen

9 Zusammenfassung

Quellen

Anhang

Fotos

Vorwort

Da ich meine Kindheit in einem ehemaligen Steinkohlerevier verbrachte, wurde bereits früh mein Interesse für Bergbaulandschaften geweckt. Halden und alte Schachtanlagen gehörten für mich zur gewohnten Umgebung. Im Rahmen meines Geographiestudiums an der Friedrich-Schiller-Universität Jena wurde mir in Lehrveranstaltungen die Mög­lichkeit gegeben, weitere Kenntnisse über den Bergbau und die daraus resultierenden Bergbaufolgelandschaften zu sammeln. Daraus erwuchs der Wunsch, mir tiefer gehen­des Wissen über die Folgen des Bergbaus für Mensch und Natur anzueignen und daraus entstehende Fragen zu klären.

In der nachfolgenden Arbeit möchte ich daher insbesondere die Bodenfunktion Lebens­raumfunktion herausgreifen und deren Veränderung über die Zeit am Beispiel des ehe­maligen Uranerzbergbaugebietes Ronneburg näher erläutern. Dabei sei an dieser Stelle zunächst Herrn PD Dr. Martin Sauerwein für die Betreuung dieser Bachelorarbeit ge­dankt. Er stand mir in allen Phasen dieser Arbeit konstruktiv zur Seite und unterstützte mich mit hilfreichen Anregungen.

Des Weiteren möchte ich mich bei Dorothee Kemnitz, Franka Leiterer, André Geigner, Toni Kaak und M.A. Patricia Eszlinger für die vielen hilfreichen Anregungen und Bemerkungen bedanken. Abschließend möchte ich mich bei meinen Eltern und meinen Schwestern bedanken, die mir dieses Studium ermöglicht und mich stets unterstützt haben.

Abbildungen

Abb. 1: Überblickskarte Untersuchungsgebiet

Abb. 2: „Neue Landschaft“ Ronneburg 2006

Abb. 3: Geologische Übersichtskarte Ronneburg

Abb. 4: Nördliches Schiefergebirge bei Ronneburg

Abb. 5: Aufschluss von Alaunschiefern am Westende der Aufstandsfläche der ehemaligen Nordhalde

Abb. 6: Schematische Darstellung der Verfüllung des Tagebaurestlochs Lichtenberg

Abb. 7: Schematische Darstellung der doppelschichtigen Abdeckung des ehem. Tagebaus Lichtenberg

Abb. 8: Übersicht der Hauptgebietseinheiten der „Neuen Landschaft“

Abb. 9: Gebiet der heutigen „Neuen Landschaft“ Ronneburg um 1942

Abb. 10: Gebiet der heutigen „Neuen Landschaft“ Ronneburg 1990

Abb. 11: Ortsdosisleistung der Gammastrahlung - Verdachtsfläche Ronneburg

Abb. 12: Flächenverteilung Gemarkung Ronneburg 1991

Abb. 13: Kanalisierung und Neuverlegung des Gessenbaches/Badergrabens

Abb. 14: „Neue Landschaft“ Ronneburg 2007

Abb. 15: „Kerbe“ mit Gessentalbrücke

Abb. 16: Auenlandschaft des „Neuen Tals“

Abb. 17: Mäusebefall auf der Aufstandsfläche der ehemaligen Nordhalde - südlich der „Lichtenberger Kanten“

Abb. 18: Blick vom „Ronneburger Balkon“ ins Gessental und zu den „Lichtenberger Kanten“

Abb. 19: Grad der Veränderung der Lebensraumfunktion der einzelnen Gebietseinheiten im Vergleich zum vorbergbaulichen Zustand

Abb. 20: Kommunaler Leitplan für die Sanierungsflächen bei Ronneburg

Abb. 21: Erosionsrinne am Südrand der „Lichtenberger Kanten“

Tabellen

Tab. 1: Bodenprofil „Ranker in Kuppenposition“ (Großes Arboretum)

Tab. 2: Bodenprofil „Braunerde mit Lösseinfluss“ (Großes Arboretum)

Tab. 3: Bodenprofil „Braunerde-Pseudogley“ (Großes Arboretum)

Tab. 4: Bodenprofil „Anthropogen gekappter Gley“ (Eichenarboretum)

Tab. 5: Umweltbelastungen durch den Uranerzbergbau

Abkürzungen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

„Zu den Gesetzen dieser Welt gehört es, dass nicht nur wir untrennbar an das Leben der Pflanzen gebunden sind, son­dern diese auch an die Gesetze des Erdbodens. Da ist plötzlich ein unmittelbarer und tief innerlicher Zusammenhang aufge­tan zwischen Mensch und dem Bau des Bodens [...]“[1]

Raoul H. Francé

1 Einleitung

Der Boden bildet sowohl für den Menschen, als auch für Pflanzen und Tiere ein lebenswichtiges Element. Welche Auswirkungen die Zerstörung des Lebensraumes Boden haben kann, soll unter anderem mit dieser Arbeit gezeigt werden.

Damit ist bereits eine der wohl wichtigsten Funktionen des Bodens angesprochen - die Lebensraumfunktion. Auch wenn der Boden noch weitere Funktionen erfüllt, so ist diese doch von einer besonderen Bedeutung. Anthropogene, aber auch natürliche Einflüsse können diese Funktionen stören. In Bergbaugebieten, wie dem (Ehemaligen) in Ronneburg, werden derartige Veränderungen besonders deutlich. Neben der Belastung des Bodens mit Schadstoffen, verursacht die flächenhafte Zerstörung vor allem den nachhaltigen Verlust von Lebensraum für Menschen, aber auch für Pflanzen und Tiere.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Überblickskarte Untersuchungsgebiet (Datenquelle: TLVermGEO 2007:o.S., eigene Darstellung)

Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, anhand zuvor festgelegter Gebietseinheiten in der „Neuen Landschaft“ Ronneburg, die quantitative und qualitative Veränderung der Bodenfunktion Lebensraumfunktion über den Zeitraum von rund 60 Jahren darzustellen und vergleichend zu bewerten. Abbildung 1 zeigt die Lage des Untersuchungsgebiets. Es umfasst das Gebiet der „Neuen Landschaft“, welche im Rahmen der Sanierungsarbeiten der Uranerzbergbauflächen durch die WISMUT GmbH entstanden ist. Ausgehend von der oben genannten Zielstellung, ergibt sich für die Arbeit nachfolgender Aufbau. Zunächst wird das Untersuchungsgebiet hinsichtlich Lage, klimatischen Bedingungen und Geologie vorgestellt (Kapitel 2). Dabei wird insbesondere auf die Entstehung der Uranerzlagerstätte rund um Ronneburg näher ein­gegangen, da diese die Grundlage für die spätere bergbauliche Erschließung darstellte. Anschließend wird ein Überblick über die historische Entwicklung des Untersuchungs­gebietes gegeben. Betrachtet wird der geschichtliche Hintergrund vom Uranerzbergbau, über die Sanierung bis hin zur derzeit stattfindenden Bundesgartenschau (Kapitel 3).

Nachfolgend wird die Bodenfunktionsbewertung als Grundlage der Analyse der Lebensraumfunktion vorgestellt und das methodische Vorgehen am konkreten Beispiel des Untersuchungsgebietes „Neue Landschaft“ näher erläutert (Kapitel 4). Im folgenden Kapitel (Kapitel 5) erfolgt, anhand ausgesuchter Bodenprofile, eine Charakteristik der einzelnen Gebietseinheiten, bevor in Kapitel 6 die vergleichende Untersuchung und Bewertung der Gebietseinheiten in drei Zeitabschnitten vorgenommen wird. Dabei wird der Lebensraum der heutigen „Neuen Landschaft“ vor, während und nach dem Uran­erzbergbau beleuchtet. Daran anschließend wird ein kurzer Überblick über die voraus­sichtliche zukünftige Entwicklung weiterer Bodenfunktionen gegeben (Kapitel 7). Abschließend werden kurz Möglichkeiten zur Nachnutzung angesprochen und Hand­lungsempfehlungen zur weiteren Nutzung des Gebietes erläutert (Kapitel 8).

2 Untersuchungsgebiet „Neue Landschaft“ Ronneburg

Das Untersuchungsgebiet umfasst den südwestlich der Stadt Ronneburg gelegenen Sanierungsbereich des ehemaligen Uranbergbaugebietes. Das Untersuchungsgebiet ist in Abbildung 2 farbig markiert. Einem Teilbereich dieses Areals wurde, im Rahmen der Sanierungstätigkeiten durch die WISMUT GmbH, eine markante künstliche Topographie gegeben. Die so genannten „Lichtenberger Kanten“ sollen durch ihre ausgeprägte geometrische Form an die einschneidenden Landschaftsveränderungen in dieser Region erinnern (Fengler 2006:269, Seelemann & Seelemann 2007:20).

Noch eindringlicher fällt dem Betrachter die südöstlich von Ronneburg gelegene „Schmirchauer Höhe“ auf. Diese inzwischen weithin sichtbare Anhöhe erstreckt sich bis in eine Höhe von 373 m ü. NN (Seelemann & Seelemann 2007:29). All diese Formen veränderten die vormalige Landschaft dermaßen, sodass heute von einer „Neuen Landschaft“ gesprochen wird (Hinke et al. 2005:17, Fengler 2006:267, BMWi 2007:20, Seelemann & Seelemann 2007:4).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: „Neue Landschaft“ Ronneburg 2006 (verändert nach Google Earth 2007:o.S.)

2.1 Lage und Klima

Die Stadt Ronneburg, auf deren Gemarkung sich die „Neue Landschaft“ befindet, ist ein Kleinzentrum im Landkreis Greiz, welches sich 9 km östlich der Stadt Gera befindet. Das Gebiet um Ronneburg ist, bis auf das ehemalige Bergbaugebiet, landwirtschaftlich geprägt. Naturräumlich wird das Gebiet dem „Ronneburger Acker- und Bergbaugebiet“ (Sänger 2003:66, GSL 2007:1) zugeordnet. Die flachwellige Landschaft um Ronneburg erhebt sich von etwa 260 m ü. NN bis etwa 360 m ü. NN. Die Geländeoberfläche fällt dabei leicht nach Norden hin ab.

Nach Falkenberg & Zündorf (1987:11ff.) ist das Gebiet klimatisch im Übergangsbereich vom maritimen zum kontinentalen Klima einzuordnen und damit durch eine Jahresmitteltemperatur zwischen 7° C und 8° C sowie einem Jahresmittelniederschlag von 650 mm charakterisiert. Mikroklimatisch ist vor allem das Gessental von Bedeutung, da es teilweise bewaldet ist und südexponierte Hanglagen aufweist. Es fungiert sowohl als Frischluftlieferant für die nahe gelegene Großstadt Gera, als auch für die Stadt Ronneburg.

Direkt auf der Ronneburger Hochfläche verläuft eine Wasserscheide, welche eine Entwässerung der Niederschläge sowohl nach Osten, als auch nach Westen zur Folge hat. Nach Osten hin bildet die Sprotte bzw. die Pleiße den Vorfluter; im Westen zunächst der Gessenbach/Badergraben und schließlich die Weiße Elster.

2.2 Geologischer Überblick

2.2.1 Geologie des Untersuchungsgebietes

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3: Geologische Übersichtskarte Ronneburg, (Datenquelle: Schmidt& Reichardt1993:15, eigene Darstellung)

Ronneburg befindet sich am Nordostrand des Thüringer Schiefergebirges und ist geologisch hauptsächlich durch altpaläozoische Ablagerungen gekennzeichnet (Schmidt & Reichardt 1993:14, Kästner et al. 2003:18). Begrenzt wird das Gebiet durch die herzynisch verlaufende Crimmitschauer Störung im Norden und die Pohlener Störung im Süden (Abb. 3). Das zwischen diesen beiden Hauptstörungen befindliche Gebiet wird auch als „Ronneburger Horst“ bezeichnet (Schmidt & Reichardt 1993:14, Kästner et al. 2003:18, Beckers 2005:1). Dieser markiert die nach Nordosten verlaufende geologische Fortsetzung des Bergaer Sattels (Schmidt & Reichardt 1993:14). In diesem Teil überwiegen hauptsächlich silurische und devonische Sedimente (Lützner 1974:58, Sänger 2003:68). Südlich des Ronneburger Horstes schließt sich der Culmitzscher Halbgraben an, welcher die zweite bedeutende Uranlagerstätte Ostthüringens bildete (Beckers 2005:3).

Im Gegensatz zum nördlichen Teil des Abbaugebietes um Drosen und Korbußen, wo die Schieferflöze von mächtigen Zech- und Buntsandsteinablagerungen überbaut sind, treten die Flöze südlich von Ronneburg direkt zu Tage (Fengler 2006:14). Deutlich ist in Abbildung 3 auch die Pohlener Störung mit dem nördlich anschließenden Ronneburger Horst zu erkennen. Hierbei handelt es sich um eine durch die saxonische Tektonik entstandene Bruchscholle (Wagenbreth & Steiner 1990:133). Die Zechsteinablagerungen setzen sich hauptsächlich westlich von Gera fort. Östlich von Ronneburg schließen sich Schichten des Rotliegenden an, bei denen es sich hauptsächlich um Abtragungsschutt alter Gebirge handelt (Wagenbreth & Steiner 1990:132fr.).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 4: Nördliches Schiefergebirge bei Ronneburg (aus: Wagenbreth & Steiner 1990:132)

In diesen fossilienreichen Ablagerungen, lässt sich u.a. eine Uranvererzung in Schichten des Ordoviziums, Silurs, Devons aber auch bis in die des Unteren Karbons nachweisen (Zeh & Wunderlich 2003:130). Besonders hervorzuheben sind die an organischem Kohlenstoff und Eisensulfiden reichen Kiesel- und Alaunschiefer des Silurs (Schlegel 1974:194, Wagenbreth & Steiner 1990:134). Sie bildeten im Ronneburger Revier den Grundstock des zwischen 1950 und 1991 stattgefundenen Uranerzbergbaus (Lange et al. 1994/95:26).

2.2.2 Entstehung der Uranlagerstätte von Ronneburg

Bei den im Gebiet Ronneburg aufgeschlossenen Gesteinsformationen (Abb. 4), handelt es sich hauptsächlich um ordovizische Quarzite und Tonschiefer. Die darüber lagernden Schichten des Silurs wurden, wie auch die zuvor genannten, in einem flachen, warmen und sauerstoffarmen Meer abgelagert (Fengler 2006:10). Dies ist anhand zahlreicher eingeschlossener Fossilien nachweisbar. Dominierend sind hier v.a. die Graptolithen, weshalb diese Schichten auch als Graptolithenschiefer (SCHMIDT & Reichardt 1993:14) bezeichnet werden, welche somit reich an organischem Kohlenstoff und eisensulfidhaltig sind. Diese so genannten „Faulschlamm-Fazies“ (Szurowski et al. 1991:25) reicherten sich mit Schwermetallen - hier insbesondere mit Uran - an. Urangehalte von bis zu 60 g/t bildeten damit die Grundlage für die Ausbildung der späteren Uranlagerstätte (Russe 1991:21, Szurowski et al. 1991: 25, Lange et al. 1994:29, Fengler 2006:10). Durch eine Reihe tektonischer Aktivitäten zwischen dem Perm und dem Tertiär, wie zum Beispiel der Variszischen Gebirgsbildung, gelangten die Schichten an die Oberfläche und waren somit der Verwitterung preisgegeben, was eine Verlagerung uranhaltiger Schichten von der Oxidationszone in die Zementationszone zur Folge hatte (Lange & Freyhoff 1991:264f.).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 5: Aufschluss von Alaunschiefern am Westende der Aufstandsfläche der ehemaligen Nord­halde (Foto: D. Zuk)

Zudem entstanden eine Reihe von Verwerfungen und Störungszonen, die die Herausbildung von Sattel- und Muldenstrukturen begünstigten. Infolgedessen kam es nachfolgend zu Überschiebungen und mehrfachen Überstapelungen von Gesteins­paketen, was hinsichtlich der Fläche eine erhöhte Urankonzentration bedeutete. Diese Sattelstrukturen waren u.a. im ehemaligen Tagebau Lichtenberg gut sichtbar (vgl. Fengler 2006:13).

Im westlichen Bereich der Aufstandsfläche der ehemaligen Nordhalde, sind die nach Norden geneigten Schieferstrukturen aufgeschlossen (Abb. 5). Die eigentlich dunkelgrau bis schwarzen Schiefer haben sich dabei, aufgrund der durch Sauerstoffzufuhr stattfindenden Oxidationsvorgänge, hellgrau gefärbt. Ein weiterer begünstigender Faktor für die Herausbildung dieser ergiebigen Uranlagerstätte war die durch Pyritoxidation hervorgerufene Grundwasserversauerung, wodurch sich Schwermetalle (hier im Besonderen Uran) leichter lösen und sich an geochemischen und hydraulischen Barrieren anreichern konnten (Szurowski et al. 1991:25f.).

3 Historischer Überblick - Vom Uranbergbau zur BUGA 2007

3.1 Die SDAG WISMUT

Am 8. Mai 1945 kapitulierte Nazi-Deutschland vor der Übermacht der aus allen Himmelsrichtungen anrückenden alliierten Streitkräfte. Mit der Aufteilung Deutsch­lands in vier Besatzungszonen wurde den jeweiligen Besatzungsmächten die völlige Kontrolle über das von ihnen zu verwaltende Gebiet überstellt. Damit hatten sie auch das Recht zur Ausbeutung der dort vorkommenden Rohstoffe (TMLNU 1999:6). Eine besondere Rolle spielte in diesem Zusammenhang die Gewinnung von Uranerz durch die SAG WISMUT. Das Hauptziel dieser Organisation war, die Produktionslücke von Uran zu den USA zu schließen und somit das eigene Atombombenprogramm voranzutreiben (vgl. Fengler 2006:7). Aufgrund einer strengen Geheimhaltungspolitik gelangte bis zur politischen Wende 1990 nur wenig Information über die Tätigkeit der (späteren) SDAG WISMUT an die Öffentlichkeit.

Mit der deutschen Einheit wurden die sowjetischen Unternehmensanteile der BRD überschrieben und daraufhin die planmäßige Uranproduktion eingestellt. Bis 1990 wurde die SDAG WISMUT hinter den USA und Kanada zum weltweit drittgrößten Uranproduzenten (Fengler 2006:7, BMWi 2007:5). Anschließend wurde sie in eine bundeseigene GmbH überführt und mit der Sanierung der ehemaligen Bergbauflächen betraut. Eine der größten Sanierungsflächen bildet dabei das Sanierungsgebiet in Ronneburg. Nachfolgend wird WISMUT als Synonym für die SAG/SDAG bzw. WISMUT GmbH geführt.

3.2 Uranerzbergbau in Ostthüringen

Aufgrund der bekannten Radium-Heilquellen in Ronneburg vermutete die WISMUT auch in Ostthüringen reiche Uranerzvorkommen. Nach Erkundungsschürfen ab 1949, begann ab 1950 der planmäßige Abbau von Uran in Ostthüringen, der bis 1990 andauerte (vgl. Seelemann & Seelemann 2007:15). Die Folgen dieses Raubbaus an der Natur waren hier wie anderenorts unübersehbar. Bei einem durchschnittlichen Urangehalt von 0,1 % war in Ostthüringen eine Fördermenge von 1200 Tonnen Uranerz nötig, um 1 Tonne Uran zu gewinnen (LANGE et al. 1994/95:25f., HINKE et al. 2005:8, Fengler 2006:14).

Nach Einstellung des Bergbaus blieben die weithin sichtbaren Halden, das Tagebaurestloch Lichtenberg, die Industriellen Absetzanlagen und Betriebsflächen als kontaminierte Altlasten zurück.

3.3 Sanierung der WISMUT-Hinterlassenschaften

3.3.1 Gesetzlicher Rahmen für die Sanierung

1989 wurde mit dem BBergG erstmals der nachhaltige Umgang mit dem Gut „Boden“ rechtlich verbindlich. In diesem Gesetz wurde erstmals das Verursacherprinzip genannt. Dieses besagt, dass das Unternehmen, welches einen Rohstoff abbaut, auch für die Sanierung der dadurch zerstörten Flächen und Böden verantwortlich ist. Dieses Verursacherprinzip wurde u.a. im BBodSchG ebenfalls aufgegriffen und konkretisiert. Das BBodSchG (17.03.1998) sagt hierzu in § 4 „Pflichten zur Gefahrenabwehr“:

„(3) Der Verursacher einer schädlichen Bodenveränderung oder Altlast sowie dessen Gesamtrechtsnachfolger, der Grundstückseigentümer und der Inhaber der tatsächlichen Gewalt über ein Grundstück sind verpflichtet, den Boden und Altlasten sowie durch schädliche Bodenveränderungen oder Altlasten verursachte Verunreinigungen von Gewässern so zu sanieren, dass dauerhaft keine Gefahren, erheblichen Nachteile oder erheblichen Belästigungen für den Einzelnen oder die Allgemeinheit entstehen. Hierzu kommen bei Belastungen durch Schadstoffe neben Dekontaminations- auch Sicherungsmaßnahmen in Betracht, die eine Ausbreitung der Schadstoffe langfristig verhindern. Soweit dies nicht möglich oder unzumutbar ist, sind sonstige Schutz- und Beschränkungsmaßnahmen durchzuführen. Zur Sanierung ist auch verpflichtet, wer aus handelsrechtlichem oder gesellschaftsrechtlichem Rechtsgrund für eine juristische Person einzustehen hat, der ein Grundstück, das mit einer schädlichen Bodenveränderung oder einer Altlast belastet ist, gehört, und wer das Eigentum an einem solchen Grundstück aufgibt.“

Als weitere gesetzliche Grundlagen für die WISMUT-Sanierung wären das Strahlenschutzgesetz und das Wismut-Gesetz zu erwähnen. Mit Letztgenanntem wurde 1991 das Ende des Uranerzbergbaus auf dem Gebiet der ehemaligen DDR beschlossen und der Nachfolgeorganisation der SDAG WISMUT, der WISMUT GmbH, der Sanierungsauftrag übertragen.

Ihre Aufgabe war es nun, die Gruben, Tagebaue, Absetzeranlagen und Betriebsflächen so zu sanieren und zu rekultivieren, dass langfristig keine Gefahr für Mensch, Tier und Natur von ihnen ausgeht.

3.3.2 Die Sanierungstätigkeit

Sofort nach der gesetzlich verordneten Beendigung des Uranbergbaus, nahm die WISMUT GmbH ihre Sanierungstätigkeit auf. Für diese Aufgabe wurden der WISMUT durch die damalige Bundesregierung rund 6,6 Mrd. € zur Verfügung gestellt, von denen Ende 2006 4,8 Mrd. € verbraucht waren (BMWi 2007:3).

Nach primären Sicherungsmaßnahmen, wurde für das Ronneburger Revier u.a. eine Haldenumlagerung, entsprechend des Säurebildungspotenzials, beschlossen (BMWi 2000:14, Meinel & Mädler 2003:517, Hinke et al. 2005:12, Fengler 2006:239). Das Material mit dem höchsten Säurebildungspotenzial wurde unterhalb des zukünftigen Grundwasserspiegels eingelagert, wodurch die Oxidation von pyrithaltigem Gestein verhindert wird. Zur Neutralisation bereits versauerter Bereiche wurde das tieferliegende Haldenmaterial mit Branntkalk (5-6 kg/t) versetzt (Hinke et al. 2005:12ff.). Lediglich die Halde Beerwalde, an die die Halden Korbußen und Drosen angelagert wurden, und die Halde 381/12 wurden In-situ saniert bzw. teilabgetragen. Abbildung 6 zeigt eine schematische Darstellung der Haldenumlagerung in den ehemaligen Tagebau.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 6: Schematische Darstellung der Verfüllung des Tagebaurestlochs Lichtenberg (verändert nach Hinkeet al. 2005:12, eigene Darstellung)

Bei Zone E (Innenkippe) handelt es sich um Haldenmaterial, was bereits zu Betriebszeiten wieder in das Restloch verbracht wurde. Darüber ist mit roter Farbe das Material der Gessenhalde dargestellt, welche nicht nur das höchste Säurebildungspotenzial, sondern auch die höchste Ortsdosisleistung der Gammastrahlung (Abb. 11) aufwies. Nachfolgend wurden die flächenmäßig größten Halden im Gebiet Ronneburg, die Absetzerhalde von Ronneburg und die Nordhalde umgelagert. Allein diese Halden bedeckten zusammen eine Fläche von rund 309 ha. Es folgten die einstmals weithin sichtbaren Wahrzeichen des Uranbergbaus in Ostthüringen - die Spitzkegelhalden von Reust und Paitzdorf - mit einer Flächenbedeckung von zusammen 45,4 ha. Säurekonsumierendes Haldenmaterial wurde in Zone C oberflächennah verbracht und durch eine 1,6 m mächtige, doppellagige Schicht (Abb. 7) abgedeckt (Zone D) (Lange 2005:5). Die über dem verdichteten Haldenmaterial eingelagerte ZAN-Schicht, welche aus Material der Absetze- und Nordhalde besteht, soll primär eine Abdichtfunktion erfüllen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten[2]

Abb. 7: Schematische Darstellung der doppelschichtigen Abdeckung des ehem. Tagebaus Lichten­berg (nach Lange2005:5, eigene Darstellung)

Dieses teilweise schwach radioaktive Material wurde mit nicht kontaminiertem Substrat vermischt, was insbesondere bei Umweltschützern Bedenken auslöste (vgl. Lange 2005:5). Diese Abdichtung soll dabei sowohl der Verhinderung der Radonexhalation und des Schadstoffaustrags, als auch dem Schutz vor Wassereintrag (Sickerwässer) in das kontaminierte Haldenmaterial dienen. Da das Tagebaurestloch noch ein Restvolumen von etwa 80 Mio. maufwies, alle Halden zusammen jedoch ein Volumen von 125,5 Mio. m3 hatten, entstand inzwischen über dem ehemaligen Tagebau eine weithin sichtbare Anhöhe. Diese reicht nun bis etwa 70 m über die ursprüngliche Geländeoberfläche hinaus und wird bei Fertigstellung mit der „Schmirchauer Höhe“ 373 m ü. NN erreichen (Seelemann & Seelemann 2007:29). Das Material wurde in Schichten von 0,6 m - 1,2 m eingebracht und durch mehrfaches Überfahren derart verfestigt, dass ein signifikantes Nachsacken ausgeschlossen werden kann (Hinke et al. 2005:12, Seelemann & Seelemann 2007:28). Die Haldenumlagerung wurde im Jahr 2007 fertig gestellt.

Neben der Haldenumlagerung bildet die Kontrolle des Sickerwassers einen weiteren wichtigen Schwerpunkt der Sanierungsarbeiten. Die WISMUT rechnet damit, dass die austretenden Sickerwässer nach Sanierungsende mindestens noch 25 Jahre (Hinke et al. 2005:11) vorbehandelt werden müssen, bevor sie in die Vorflutsysteme entlassen werden. Die Herausforderung besteht dabei v.a. in der Fassung des kontaminierten Wassers. Für die Dekontamination wurde eine speziell entwickelte Wasserbehandlungsanlage (WBA) installiert, welche das Wasser reinigt und anschließend in die Vorfluter Gessenbach, Badergraben, Wipse und Großensteiner bzw. Postersteiner Sprotte abgibt (WISMUT GmbH 2006:15, Fengler 2006:235).

Der aktuelle Stand der Sanierung der WISMUT-Flächen kann im Internet[3] verfolgt werden. Mit einem Abschluss der Sanierungstätigkeit wird im Jahr 2010 gerechnet, wenn rund 1670 ha Betriebsflächen saniert sein werden (Hinke et al. 2005:14).

3.4 Die Bundesgartenschau 2007 in Gera und Ronneburg

Im September 1995 kam somit erstmals die Idee auf, die Sanierungsflächen des früheren Uranerzbergbaugebietes in Ronneburg in eine Bundesgartenschau zu integrie­ren (Knoll 1999:201). Durch eine BUGA erhofft man sich im strukturschwachen Ost­thüringen v.a. einen Imagegewinn, eine Aufwertung der durch den Bergbau zerstörten Flächen und ein daraus resultierendes, vermehrtes Engagement auswärtiger Investoren (vgl. Seelemann & Seelemann 2007:12). Nach dem Zuschlag, wurde im Rahmen der weiteren Planung der BUGA ein Wettbewerb für das Gebiet Gera und das Gebiet Ron­neburg ins Leben gerufen, welcher u.a. das Konzept einer „Neuen Landschaft“ in Ronneburg enthielt, mit deren Schaffung im Jahr 2002 begonnen wurde (vgl. Seelemann & Seelemann 2007:15). Neben dem innovativen Konzept, die Bundes­gartenschau erstmalig an zwei Orten gleichzeitig stattfinden zu lassen, wird besonders dem Ausstellungsbereich in Ronneburg eine besondere Bedeutung zuteil. Etwa die Hälfte des Ausstellungsgeländes war bis 1990 Teil des Betriebsgeländes der WISMUT. Demnach waren hier besondere Anstrengungen nötig, um die durch den Bergbau devastierten Flächen wieder nutzbar zu machen.

Bedenken bezüglich der Gesundheitsgefährdung, durch eine evtl. erhöhte Strahlenbelastung bei längerem Aufenthalt auf dem Gelände, wurden im Vorfeld der Bundesgartenschau durch ein unabhängiges Institut (Öko-Institut e.V. Darmstadt) ausgeräumt. Die Strahlenbelastung sei auf dem Ausstellungsgelände nicht wesentlich höher als in anderen Gebieten Deutschlands (Heinrich & Schmidt 2006:14). Laut der Bundesgartenschau Gera und Ronneburg 2007 GmbH[4] (2007b:o.S.) wurden für die rund 120 ha große „Neue Landschaft“ ca. 850.000 m3 Erdmaterial bewegt, ca. 1000 Laub- und Nadelbäume, 148 Obstbäume und ca. 4960 Bäume zur Aufforstung gepflanzt.

[...]


[1] aus: Caspari 2006:o.S.

[2] Chemisch wenig reaktionsfreudiges und unbelastetes Bodenmaterial

[3] Aktueller Stand der WISMUT-Sanierungstätigkeit: http://www.wismut.de/aktuell/stand der sanierung.php

[4] Aktuelle Informationen zur Bundesgartenschau 2007 in Gera und Ronneburg: http://www.buga2007.de

Ende der Leseprobe aus 67 Seiten

Details

Titel
Die Auswirkungen des Uranbergbaus auf Landschaft und Mensch am Beispiel des ehemaligen Uranerzbergbaugebietes Ronneburg
Hochschule
Friedrich-Schiller-Universität Jena  (Institut für Geographie)
Veranstaltung
Bachelorarbeit
Note
2,1
Autor
Jahr
2007
Seiten
67
Katalognummer
V168682
ISBN (eBook)
9783640865611
ISBN (Buch)
9783640865642
Dateigröße
4609 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Folgen, Bergbau, Uranbergbau, Uran, Ronneburg, Zuk, IÖR, Uranerzbergbau, wismut, gera, aue, schlema, chemnitz, auswirkungen, schiappacasse, wirth, lintz, atomar, verstrahlung, radioaktiv, radio, radioaktivität, jena, geographie, lichtenberg, tagebau, lebensraum, mensch, bergbaufolgen, verseuchung, bodenfunktionen, neue landschaft, gessenbach, buga, bundesgartenschau, johanngeorgenstadt, umwelt, renaturierung
Arbeit zitieren
B.Sc. David Zuk (Autor:in), 2007, Die Auswirkungen des Uranbergbaus auf Landschaft und Mensch am Beispiel des ehemaligen Uranerzbergbaugebietes Ronneburg, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/168682

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