Rollen- und Organisationsmuster im Gesundheitswesen: Patientenrolle, Arztrolle, Pflegerollen etc.


Referat (Ausarbeitung), 2001

26 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Gliederung

1. Entwicklung des Gesundheitssystems

2. Definition: Soziale Rolle

3. Arztrolle
3.1 Berufliche Sozialisation zum Arzt
3.2 Merkmale der Arztrolle
3.3 Selbstbild des Arztes
3.4 Ärztliche Kommunikation

4. Patientenrolle
4.1 Die psychosoziale Lage des Patienten

5. Arzt- Patient- Beziehung
5.1 Soziale Distanz
5.2 Rollenerwartungen und Beziehungsstruktur
5.3 Institutionelle Faktoren
5.4 Weitere Variablen
5.5 Rollenbewusstsein

6. Kontaktformen zwischen Arzt und Patient im Krankenhaus

7. Das Krankenhaus als Organisation

Literatur

1. Böhm, Winfried: Wörterbuch der Pädagogik. 15. Aufl.: Alfred Körner Verlag Stuttgart 2000.

2. Ridder, Paul: Einführung in die medizinische Soziologie: Teubner Studienskripten Stuttgart 1988.

3. Ritter- Röhr, Dorothea (Hrsg.): Medizin- Soziologie: Schattauer Verlag Stuttgart 1976.

4. Schuller, Alexander; Heim, Nikolaus; Halusa, Günter (Hrsg.): Medizinsoziologie. Ein Studienbuch: Kohlhammer Stuttgart 1992.

5. Siegrist, Johannes: Lehrbuch der medizinischen Soziologie. 3. Aufl.: Urban & Schwarzenberg München 1977.

1. Entwicklung des Gesundheitssystems

Hilfsbedürftigkeit in der Not war und ist nicht „objektiv“ bestimmbar und daher der Deutung unterlegen.

Die Armenfürsorge der Kirche, die Krankensorge der Handwerkerstände und die gemeindliche Krankenversicherung sind eine Form des Ersatzes für Krankenpflege im Familienverband und gehören zu den historischen Wurzeln solidarischen Handelns im Gesundheitssystem.

Was mit der gesellschaftlichen Organisation von Hilfebedürftigkeit begann und sich mit der Ausdifferenzierung ärztlicher Behandlung fortsetzte, wurde später zu einem Ort von Interessenkämpfen und politisch- ideologischen Konflikten.

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurden Tendenzen zur Vereinheitlichung der Gesundheitsversorgung sichtbar. Zudem stieg das Lebensrisiko der Familien in der Industriegesellschaft.

Die Entwicklung des Deutschen Nationalstaates forderte eine Ausdehnung der Teilhabe an der Gesamtgesellschaft und dadurch Integration der Bevölkerung. Da die wirtschaftliche bzw. politische Teilnahme nur schwach ausgeprägt war, schien „sozialstaatlich“ eine sinnvolle Alternative zu sein.

Am 15. Juni 1883 führte die kaiserliche Regierung das allgemeine System der Krankenversicherung ein.

Die Allgemeine Ortskrankenkasse (AOK) bringt verschiedene historisch gewachsene Einrichtungen in ein System:

U.a. das Recht auf Versorgung, die freie Arztwahl, Pflichtbeiträge als Prozentsatz vom Bruttolohn, das Verhandeln von Ärzten und Kassen miteinander als Kollektive, Selbstverwaltung, Solidaritätsprinzip, ... etc.

Der Leistungskreislauf

Im Leistungskreislauf zirkulieren Krankenscheine, Krankenberichte, Gutachten und Bescheinigungen.

Die Ärzte bieten ihre medizinischen Leistungen den Patienten an, da sie auf den Erhalt der Daten der sog. „Chip- Karte“ angewiesen sind (früher waren es Krankenscheine). Dies wird dann quartalsweise von den Ärzten mit den Krankenkassen verrechnet und die Ärzte erhalten dann nach einem bestimmten Verteilungsschlüssel ihr Einkommen. D. h. in diesem Kreislauf fließen auch in bedeutsamem Maße Geldströme.

In allen westlichen Industriegesellschaften gibt es seit Jahren einen explosionsartigen Anstieg der Ausgaben.

Die Gründe dafür liegen dabei klar auf der Hand: Die Alterung der Bevölkerung (d.h. die Menschen werden immer älter/ leben immer länger), der medizinische Fortschritt, die Kombination aus Überalterung und medizinischem Fortschritt (d.h. aufgrund der hochtechnisierten Geräte können die Menschen länger leben und da sie länger leben benötigen sie mehr medizinische Versorgung), Zunahme von chronisch- degenerativen Erkrankungen und Sportunfällen, die Preisbildung in der Gesundheitsindustrie (Pharma- Produkte), die Ausweitung des Begriffes „Krankheit“ und auch das Kontroll- Defizit in Verbindung mit den steigenden Beiträgen der GKV (= Gesetzlichen Krankenversicherung).

Die Krankenbeiträge erhöhen sich seit einiger Zeit schneller als die Löhne der Versicherten.

Zudem ist erwähnenswert, daß die Länder mit den höchsten Gesundheitsausgaben keineswegs die gesündesten sind. Gerade dort herrscht aufgrund des hohen Wohlstandes oft eine ungesunde Lebensweise vor. Wichtige Aspekte sind dabei Über- bzw. Fehlernährung, Alkohol- und Drogenmißbrauch (z.B. auch Nikotin) sowie Streß und Bewegungsmangel. Daher ist es sicher auch nicht verwunderlich, daß die USA in einer Studie vom August 1987 an Platz 1 der Rangliste steht. Die pro Kopf Ausgaben betrugen damals schon 1637 $. Im Vergleich dazu stand die BRD auf dem 4. Platz mit 1079 $ Pro- Kopf- Ausgaben. Auf dem letzten (10. Platz) agierte zu diesem Zeitpunkt Belgien mit 777 $ Pro- Kopf- Ausgaben.

Ein weiterer wichtiger Fakt ist die zunehmende Kapitalisierung der Medizin. Technik, Wissenschaft und staatliche Gesundheitspolitik ermöglichen eine Arbeitsteilung und Spezialisierung professionalisierter Experten.

Die Konsultationen unter Kollegen und die Überweisung von Patienten verbinden die einzelnen Teile des Gesundheitssystems zu einem zusammenhängenden Ganzen.

Die neu entstehenden Medizin- Unternehmen zeichnen sich durch folgendes aus:

a) Unterordnung traditioneller Rollen von Arzt und Patient unter kapitalistische Ziele und Unternehmerpolitik
b) Zusätzliche Erweiterung der Rolle des Arztes um unternehmerische Komponenten: Eigentum an medizinischen Produktionsmitteln, aggressives Marketing, ... etc.
c) Radikalisierung medizinischer Versorgung zur industriellen Warenproduktion

2. Definition: Soziale Rolle

a) Zentralbegriff der allgemeinen Soziologie, theoretisches Konstrukt zur abstrahierenden Erfassung und Darstellung sozialer Strukturen, verweist auf die Eigentümlichkeit der Person, daß sie in der sozialen Wirklichkeit (ähnlich einem Schauspieler) verschiedene Rollen innehat, daß sie als Rollenspieler auf der Bühne der Gesellschaft agiert. Ihr Handeln, ihre Rechte und Pflichten werden bestimmt durch die Bündel von Verhaltenserwartungen, -vorschriften und – zumutungen, welche die Gesellschaft insgesamt bzw. einzelne einschlägige Bezugsgruppen gemäß ihren Normvorstellungen an den Rollenträger aufgrund seiner sozialen und / oder beruflichen Position und den damit verbundenen Aufgaben und Funktionen richten. Meist bleibt ein Rest des eigenen Seins, der außerhalb der sozialen Rolle steht (die Person „spielt“ die Rolle). Daß Rolle und Personenkern zur vollen Deckung kommen, ist eher pathologischer Grenz- als Normalfall; denn um seine Identität zu wahren, muß der einzelne sowohl soziales Wesen (wie alle anderen Mitmenschen) als auch einzigartige Person mit der Fähigkeit zur Rollendistanz sowie selbständigen und eigenschöpferischen Handlungsbeiträgen und kreativen, autonomen Ich- Leistungen sein. ...“

(aus: W. Böhm: Wörterbuch der Pädagogik)

b)Rollentheorie:

Die Rollentheorie befasst sich mit der Person als Teil von Bezugssystemen, insbesondere mit den sozialen Erwartungen, die an eine Person gestellt werden. Diese typischen Erwartungen sind sozial normiert und unabhängig von der Person des Rollenträgers. Die Rolle drückt aus, wie sich eine Person in einer bestimmten Situation verhalten soll. Das tatsächliche Verhalten wird einerseits von den Rollenerwartungen, andererseits von der persönlichen Leistung der Person bestimmt. Soziale Rollen- definitionsgemäß sind damit typische Erwartungen gemeint, die an den Inhaber einer sozialen Position gerichtet sind- unterscheiden sich darin, wie groß der Verhaltensspielraum ist und wieviel persönliche Gestaltung vom Rollenträger erwartet wird. Die Medizin als Kontrollmechanismus im sozialen System zur Herstellung von konformen Verhalten der Gesellschaftsmitglieder ist entsprechend an institutionalisierte Rollen, d.h. die Arzt- und Patientenrolle, gekoppelt.

c) Normen haben in der Regel einen spezifischen Adressaten, an den sie sich richten. Dieser wichtige Tatbestand wird mit dem Begriff der sozialen Rolle umschrieben: eine soziale Rolle wird definiert als Bündel von Normen, die sich auf eine bestimmte Position beziehen. Normen spezialisieren sich zu Rollennormen; Rollen werden normativ geformt. „Soziale Rollen gehören zu sozialen Positionen, die als Schnittpunkt sozialer Beziehungen im differenzierten gesellschaftlichen Beziehungsgefüge bestimmt sind. Jedes Individuum hat eine ganze Anzahl solcher Positionen, ist in mehrfacher Hinsicht ein Positionsträger oder Positionsinhaber“ (Dreitzel 1972, S.95).

Daß Verhaltenserwartungen positionell differenziert werden, daß also an verschiedene individuelle Rollenträger gleiche Ansprüche gestellt werden, sofern sie Inhaber gleicher Positionen sind, ist keine Erfindung der Soziologie, sondern der Gesellschaft selbst. Vergesellschaftungsprozesse sind dauerhaft nicht möglich ohne die Auffächerung der Normen zu Rollennormen. Und die Vergesellschaftung des einzelnen Individuums ist nicht denkbar ohne die Übernahme sozialer Rollen, die gewissermaßen als „Gelenke“ das Individuum mit der Gesellschaft verbinden.

3. Arztrolle

3.1. Berufliche Sozialisation zum Arzt

Es ist sehr schwer zu sagen, wann im typischen Lebenslauf des Medizinstudenten die berufliche Sozialisation einsetzt.

Vor dem eigentlichen Studienbeginn stehen 2 Entscheidungen:

Der angehende Student hat die Aufgabe, sein Studienfach zu wählen. Dabei spielen bestimmte Motivationen und Zielvorstellungen eine entscheidende Rolle. Zudem wird von institutioneller Seite aufgrund des Notendurchschnittes des Abiturs über eine Zulassung zum Medizin- Studium entschieden.

[...]

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Details

Titel
Rollen- und Organisationsmuster im Gesundheitswesen: Patientenrolle, Arztrolle, Pflegerollen etc.
Hochschule
Christian-Albrechts-Universität Kiel  (Institut für Soziologie)
Veranstaltung
Krankheit und Gesellschaft
Note
2,0
Autor
Jahr
2001
Seiten
26
Katalognummer
V16836
ISBN (eBook)
9783638215640
Dateigröße
533 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Rollen-, Organisationsmuster, Gesundheitswesen, Patientenrolle, Arztrolle, Pflegerollen, Krankheit, Gesellschaft
Arbeit zitieren
Simone Smit (Autor:in), 2001, Rollen- und Organisationsmuster im Gesundheitswesen: Patientenrolle, Arztrolle, Pflegerollen etc., München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/16836

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