Das Konzept der fraktalen Affektlogik und die Theorie der rational-emotiven Therapie: Darstellung, Vergleich und Versuch eines Transfers auf pädagogische Alltagssituationen


Hausarbeit, 2000

33 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Grundbegriffe der fraktalen Affektlogik
2.1 Affekt
2.2 Affektlogik

3. Das Konzept der fraktalen Affektlogik

4. Grundbegriffe der Theorie der rational- emotiven Therapie
4.1 Eine aktivierende Erfahrung oder ein aktivierendes Ereignis (A)
4.2 Die persönliche Überzeugung (B)
4.3 Die Konsequenzen (C)
4.4 Der rationale Disput (D)
4.5 Der therapeutische Effekt (E)

5. Die Theorie der rational- emotiven Therapie

6. Vergleich der beiden Ansätze

7. Wie und warum kann man aus meiner persönlichen Sicht von den beiden Theorien im pädagogischen Alltag am besten profitieren?

8. Fazit

9. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

In dem Seminar „Individuum und Organisation, Pädagogisches Handeln in Organisationen“ habe ich zum ersten Mal Bekanntschaft mit dem Konzept der fraktalen Affektlogik sowie der Theorie der rational- emotiven Therapie gemacht. In mehreren Seminarstunden bekam ich einen kleinen Einblick in die Thematik der beiden Ansätze.

Da sich bei diesen Ansätzen hauptsächlich alles um das Thema Gefühle dreht, war meine Aufmerksamkeit und mein Interesse schon zu Beginn der ersten Seminarstunde geweckt. Deshalb habe ich beschlossen, mich näher mit diesem Thema zu beschäftigen und machte mich in der Universitätsbibliothek auf die Suche nach weiterer Literatur zu diesem Themenbereich. Zu Hause habe ich mich dann selbständig intensiver mit der Materie beschäftigt und festgestellt, daß hinter diesen beiden Theorien sehr viele wichtige und nützliche Gedanken stecken, die sich wirklich lohnen, einmal näher von mir betrachtet zu werden. Gerade von der Theorie der rational- emotiven Therapie verspreche ich mir einen sehr großen persönlichen Nutzen, da ich es mir später auch vorstellen kann, als Beraterin bzw. Therapeutin tätig zu werden. Außerdem werde ich in den nächsten Semesterferien mein zweimonatiges Grundpraktikum in einer Beratungsstelle für katholische Frauen absolvieren.

Ein weiterer wichtiger Anreiz ist für mich die Tatsache, daß sich hinter diesem kleinen Begriff „Gefühl“ soviel mehr verbirgt, als man überhaupt annimmt. Es gibt noch einige unbeantwortete Fragen und einzelne Bereiche, die wissenschaftlich noch lange nicht ausgeschöpft sind. Allerdings verändern sich mit der Zeit auch einige Aspekte, so daß man an dieser Stelle dann wieder von neuem anfangen kann zu forschen oder sich viele neue Vergleichsmöglichkeiten anbieten. Es ist einfach erstaunlich: Jeder Mensch hat Gefühle und macht von ihnen im zwischenmenschlichen Bereich Gebrauch, doch das Wie oder Warum kann sich keiner so recht erklären! Daher denke ich, daß ich beim Schreiben der Hausarbeit die Chance habe, mich noch weiter in diese Materie hineinzuarbeiten und vielleicht ein paar Antworten oder ein paar neue Denkanstöße zu bekommen, die mir in naher Zukunft bestimmt von Nutzen sein werden.

Wie auch schon das Deckblatt verrät, werde ich in meiner Hausarbeit zunächst einmal die wichtigsten Begriffe des jeweiligen Ansatzes erklären, bevor ich dann auf den einzelnen Ansatz selbst eingehe und ihn vorstelle. Anschließend erfolgt ein Vergleich der beiden Theorien, damit die jeweiligen Unterschiede oder auch Gemeinsamkeiten noch einmal deutlich werden. Danach folgt eine persönliche Einschätzung der beiden Theorien und abschließend erfolgt meine Transferleistung. Diese wird daraus bestehen, daß ich versuchen werde, beide Ansätze in den pädagogischen Alltag, also in typische pädagogische Situationen zu übertragen und einschätzen werde, wann und warum die eine oder andere Theorie aus meiner Sicht empfehlenswerter anzuwenden ist.

Zum Aufbau der Arbeit ist nur soviel zu sagen, daß ich mich beim Vorstellen der beiden Ansätze ausschließlich auf die Werke von Luc Ciompi und Albert Ellis sowie Russell Grieger beziehe.

Beim Erklären des Begriffes „Affekt“ habe ich zusätzlich noch das Wörterbuch der Pädagogik von Winfried Böhm, das Buch von Reinhard Pekrun sowie die Zeitschrift „Spektrum der Wissenschaft“ verwendet.

2. Grundbegriffe der fraktalen Affektlogik

Zum besseren Verständnis der gesamten Hausarbeit habe ich es für besser empfunden, gleich zu Beginn die grundlegenden und wichtigen Begriffe so präzise wie möglich zu definieren.

Daher beschäftige ich mich im folgenden zunächst mit dem Begriff „Affekt“ und als zweites gehe ich auf den Begriff der Affektlogik ein.

2.1 Affekt

Um herauszufinden, was ich unter dem Begriff „Affekt“ zu verstehen habe, griff ich als erstes zu meinem Wörterbuch der Pädagogik. Dort ist er wie folgt erklärt: „ Affekt, heftige Gemütsbewegung, öfters mit unwillkürlichen körperlichen Begleiterscheinungen (veränderter Puls; Erröten; Schweiß; Stuhldrang; motorische Veränderungen). Mit dem gesteigerten Erregungszustand geht (z.B. bei Wut, Begierde) eine Steigerung bzw. (bei Schreck, Angst, Entsetzen) eine Verminderung des Antriebs bei gleichzeitiger Schwächung der Einsichts- und Kritikfähigkeit sowie der Willenskontrolle einher, so daß es zu unbeherrschten Affekthandlungen kommen kann. Wesentliche Inhalte des sozialen Lernens basieren auf dem Erlernen des rechten Umgangs mit eigenen und fremden Affekten. Das Kind muß lernen, sich weder von den eigenen Affekten überschwemmen zu lassen noch durch zu starke Verdrängung der Affekte eine zu rigide Persönlichkeitsstruktur zu entwickeln, die dann zu neurotischen oder psychosomatischen Erkrankungen führen kann“

(Böhm, Wörterbuch der Pädagogik Seite 8).

Ergänzend dazu bietet das Buch von Luc Ciompi noch weitere Informationen. Er betont eingangs die Schwierigkeiten, mit denen man sich konfrontiert sieht, wenn man versucht diesen häufig uneinheitlich definierten Begriff präzise zu beschreiben. In der Literatur wird der Begriff der Affekte mal als synonym und mal als verschieden von anderen ebenso uneinheitlich definierten Ausdrücken wie z.B. Gefühle, Emotionen, Stimmungen, Launen oder Gemütsbewegungen verwendet. Doch was genau sind die Gründe für die Problematik bei der Definition dieser Begrifflichkeiten? Zum einen hat dies seine wesentliche Ursache in der Vernachlässigung emotionaler Prozesse in der Psychologie des letzten halben Jahrhunderts, die aus der Dominanz verhaltensorientiert- behavioristischer Ansätze in den mittleren Jahrzehnten dieses Jahrhunderts und der anschließenden, bis in die achtziger Jahre reichenden Dominanz kognitiv- rationalistischer Ansätze zu erklären ist. Noch ein anderer, tiefer liegender Grund für die terminologischen Schwierigkeiten ist auszumachen: Die meisten psychologischen Phänomene lassen sich definitorisch anhand von Referenzen auf objektivierbare Sachverhalte eingrenzen, die in der empirischen Welt außerhalb des subjektiven Bewusstseins beobachtbar sind. Dies gilt nicht nur für außerpsychische Prozesse wie z.B. manifestes Verhalten, sondern auch für Wahrnehmungen, Kognitionen, Gedächtnisinhalte und das Erleben physiologischer Prozesse. Bei subjektiven emotionalen Zuständen ist dies aber nicht möglich. „Zieht man von einem solchen Zustand die möglicherweise vorhandenen kognitiven Anteile und möglicherweise vorhandenen Wahrnehmungen physiologischer Prozesse ab, so bleiben Erlebniskomponenten übrig, die nicht unter Verweis auf Außenweltsachverhalte beschreibbar sind“ (Pekrun; Emotion, Motivation und Persönlichkeit Seite 97).

Luc Ciompi gibt folgende zusammengefasste Definition von dem Begriff „Affekt“ an: „Affekte, Emotionen, Stimmungen oder Gefühle wie Wut, Freude, Ärger, Trauer und Angst werden in der Affektlogik definiert als umfassende qualitative Gestimmtheiten, deren Dauer von wenigen Sekunden (Emotionen im Sinne der Physiologie) bis zu vielen Stunden, ja Tagen und Wochen (Stimmungen im Sinne der Psychologie) reichen kann. Ihr gemeinsamer Nenner ist, daß es sich dabei immer um ganzheitliche – psychische, zentralnervöse und peripher körperliche – Phänomene handelt, deren vegetativen Begleiterscheinungen hormonal vermittelt werden“ (Ciompi, Die Hypothese der Affektlogik Seite 74. In: Spektrum der Wissenschaft, 2. Aufl. Heidelberg 1993, Verlagsgesellschaft Spektrum der Wissenschaft, Seite 76-87). Zu den Vorteilen dieser Definition zählt die Tatsache „..., daß es sich um einen handlichen und klaren Oberbegriff ohne jegliche kognitiven Einsprengsel handelt, der sämtliche in der Literatur oder Umgangssprache genannten Charakteristika von affektiven Erscheinungen umfasst“ (Ciompi, Die emotionalen Grundlagen des Denkens Seite 67).

Es bleibt lediglich die Tatsache zu betonen, daß man sich immer nur in einer affektiven Grundstimmung befinden kann, so fein gemischt und von Erinnerungen an andere Gefühle durchzogen diese auch sein mag. Dies geht schon aus der Definition des Affekts als einer ganzheitlichen psychophysischen Gestimmtheit oder Befindlichkeit hervor, die eine andersartige ganzheitliche Befindlichkeit gleichzeitig ausschließt: Das Herz schlägt entweder schnell oder langsam oder die Pupille ist entweder weit oder eng! Eine Ambivalenz, Mischstimmung etc. erscheint in diesem Sinn entweder als ganzheitliche Gestimmtheit eigener Prägung oder aber als rascher Wechsel zwischen zwei unterschiedlichen Stimmungslagen.

Ergänzend ist noch zu erwähnen, daß Affekte natürlich auch eine Funktion haben. Sie wirken wie Operatoren auf unser Denken. Unter dem Begriff des Operators versteht man eine Kraft, die auf eine Variable einwirkt und diese beeinflusst. Man unterscheidet zwischen zwei verschiedenen Operatoreffekten: Einerseits allgemeine Wirkungen, die allen Affekten in gleicher Weise eigen sind, und andererseits spezielle Wirkungen, die von Affekt zu Affekt variieren. Auf die Wirkungen im Einzelnen einzugehen und sie näher zu beschreiben halte ich an dieser Stelle nicht für sinnvoll und verweise daher nur auf die Seiten 94 bis 103 des Buches von Luc Ciompi.

2.2 Affektlogik

Hinter diesem Begriff, der sich aus den beiden Begriffen „Affekt“ und „Logik“ zusammensetzt, verbirgt sich ein Doppelsinn. Dieser Terminus meint nämlich einerseits die Logik der Affekte und andererseits die Affektivität der Logik! Diese doppelte Bedeutung lässt sich aus dem zentralen Ausgangspostulat der affektlogischen Theorie erklären. Demnach sind emotionale und kognitive Komponenten, also Fühlen und Denken oder Affekte und Logik in sämtlichen psychischen Leistungen untrennbar miteinander verbunden und wirken gesetzmäßig zusammen. Luc Ciompi entwirft mit dem Begriff der Affektlogik das Bild der Psyche als ein Doppelsystem, in dem affektive und kognitive Strukturen in Wechselwirkung zueinander stehen. Diese Wechselwirkung beschreibt er als Differenzierungsprozesse. Das Ergebnis dieser Differenzierungsprozesse sind die sogenannten affektlogischen Schemata oder auch affektlogischen Bezugssysteme.

Die Theorie der Affektlogik berücksichtigt also, daß jede Art von Aktivität neben kognitiven auch emotionale Komponenten enthält. Das bedeutet, daß als Niederschlag der Aktion oder Erfahrung nicht bloß kognitive, sondern immer typisch affektiv- kognitive Bezugssysteme oder Schemata (integrierte Fühl-, Denk- und Verhaltensprogramme) entstehen. Eine solche regelmäßige Verbindung von kognitiven mit affektiven Elementen ist namentlich bei der Entstehung von bedingten Reflexen und anderen Lernprozessen extensiv erforscht worden und erscheint dort auch als zutiefst sinnvoll. „So ist schon bei einfachen bedingten Reflexen etwa vom Typus des sprichwörtlichen `Gebrannte Kinder fürchten das Feuer` offensichtlich, daß ein mit einer spezifischen kognitiven Gestalt (hier dem Feuer) fest verbundener Angstaffekt dauerhaft vor Schaden zu bewahren vermag“ (Ciompi, Die emotionalen Grundlagen des Denkens Seite 47).

3. Das Konzept der fraktalen Affektlogik

Nach dem Konzept der fraktalen Affektlogik muß der psychische Apparat des Menschen als ein komplex hierarchisiertes Gefüge von internalisierten Fühl-, Denk- und Verhaltensprogrammen verschiedenster Größenordnung und Wertigkeit aufgefasst werden. Für diese Feststellung ist Jean Piagets Einsicht ein wichtiger Ausgangspunkt. Er geht davon aus, daß sämtliche Strukturen aus der Aktion, also aus ursprünglich rein senso- motorischen Abläufen oder Schemata hervorgehen.

Doch ist die Denkweise bzw. Denkrichtung dieses Ansatzes zu beachten. Die Theorie der Affektlogik geht davon aus, daß die Affekte, also unsere Gefühle, unser Denken beeinflussen. Und dies in der Form, daß die Affekte wie Operatoren auf unser Denken wirken (siehe auch unter Definition Affekt). Man darf nur nicht davon ausgehen, daß dies ganz neue und frische Erkenntnisse sind. Ganz im Gegenteil: Schon vor Jahrzehnten haben sich eine Reihe von Pionieren wie z.B. Charles Darwin, Sigmund Freud, Jean Piaget und auch Konrad Lorenz mit den Wechselwirkungen zwischen Fühlen und Denken auseinandergesetzt. Jedoch wurden damals diese Erkenntnisse noch lange nicht so ernst genommen, wie es heute der Fall ist. Damals wurden emotionale Einflüsse auf Denken und Verhalten hauptsächlich als Störfaktoren betrachtet. Oder, wenn an dieser Stelle geforscht wurde, dann nur insofern, daß gesonderte Untersuchungen stattfanden, die aber nicht die Wechselwirkung zwischen Fühlen und Denken mit einbezogen. Heute jedoch kann man von einer emotionalen Wende sprechen, denn das Interesse, gerade bezogen auf die Wechselwirkung, nimmt stetig zu. „Daß indessen affektive Komponenten nicht nur mit allem Denken immerzu untrennbar verbunden sind, sondern darin auch unverzichtbare organisatorische und integratorische Funktionen zu erfüllen haben, ist eine Erkenntnis, die sich erst in den letzten Jahren auf mehreren Gebieten der Wissenschaft zugleich Bahn zu brechen beginnt“ (Ciompi, Die emotionalen Grundlagen des Denkens Seite 11). Auch der Blickwinkel hat sich geändert: Früher bezogen sich die Fragestellungen hauptsächlich auf die Psychologie und Psychiatrie, heute sind sie auf allgemeinere Art ausgeweitet. Eine ganze Reihe von Publikationen deuten darauf hin, daß alle neuen Entwicklungen in diesem Bereich im Begriff sind, zu einem grundlegend neuen Verständnis der Bedeutung von emotionalen Faktoren für alles Denken hinzuführen, das zweifellos für unser ganzes Menschen- und Weltverständnis nicht ohne Folgen bleiben wird. Trotz des heutigen fortgeschrittenen Erkenntnisstandes bleibt es zu betonen, daß das Konzept der fraktalen Affektlogik dennoch nichts weiteres darstellt als eine Hypothese, die noch in vielen Einzelheiten prüfungsbedürftig bleibt.

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Ende der Leseprobe aus 33 Seiten

Details

Titel
Das Konzept der fraktalen Affektlogik und die Theorie der rational-emotiven Therapie: Darstellung, Vergleich und Versuch eines Transfers auf pädagogische Alltagssituationen
Hochschule
Christian-Albrechts-Universität Kiel  (Institut für Pädagogik)
Veranstaltung
Individuum und Organisation: Pädagogisches Handeln in Organisationen
Note
1,0
Autor
Jahr
2000
Seiten
33
Katalognummer
V16834
ISBN (eBook)
9783638215626
Dateigröße
547 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Konzept, Affektlogik, Theorie, Therapie, Darstellung, Vergleich, Versuch, Transfers, Alltagssituationen, Individuum, Organisation, Pädagogisches, Handeln, Organisationen
Arbeit zitieren
Simone Smit (Autor:in), 2000, Das Konzept der fraktalen Affektlogik und die Theorie der rational-emotiven Therapie: Darstellung, Vergleich und Versuch eines Transfers auf pädagogische Alltagssituationen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/16834

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