Das Hartz-Konzept


Seminararbeit, 2003

22 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Vorstellung der 13 Module des Hartz-Konzeptes und der aktuelle Stand der Umsetzung
2.1 Vorbemerkungen
2.2 Service für Kunden – JobCenter
2.3 Familienfreundliche Quick-Vermittlung
2.4 Neue Zumutbarkeit und Freiwilligkeit
2.5 Jugendliche Arbeitslose – AusbildungsZeit-Wertpapier
2.6 Förderung älterer Arbeitnehmer und „BridgeSystem“
2.7 Zusammenführung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe
2.8 Kein Nachschub für Nürnberg
2.9 Aufbau von PersonalServiceAgenturen (PSA)
2.10 „Ich-AG“ , „Familien-AG“ und Mini-Jobs
2.11 Personal, Organisation und Steuerung
2.12 KompetenzCenter
2.13 Finanzierungspaket JobFloater
2.14 „Masterplan“ – Beitrag der „Profis der Nation“

3. Fazit

1. Einleitung

Angesichts einer registrierten Arbeitslosigkeit, die seit Jahren – konjunkturell und saisonal bedingt schwankend – tendenziell steigend um die Vier-Millionen-Marke pendelt und angesichts einer Arbeitsplatzlücke, die sich nach vorsichtigen Schätzungen auf 6 Millionen beläuft[1], ist die Arbeitsmarktpolitik der Bundesregierung in den letzten Jahren immer stärker unter Druck geraten.

Die Regierung hat einen Bericht des Bundesrechnungshofes über ungenaue Vermittlungsstatistiken einiger Arbeitsämter zum Anlass genommen, einen Zweistufenplan für kunden- und wettbewerbsorientierte Dienstleistungen am Arbeitsmarkt zu beschließen.

In diesem Rahmen ist die Kommission „Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt“ unter dem Vorsitz von Dr. Peter Hartz (im Folgenden Hartz-Kommission genannt) eingesetzt worden. Sie hatte den Auftrag, einen neuen Aufgabenzuschnitt der Arbeitsämter und eine entsprechende Organisationsstruktur zu entwickeln sowie ein Durchführungskonzept vorzulegen. Die Vorschläge sollten hauptsächlich darauf abzielen, die Vermittlungsgeschwindigkeit der Arbeitsämter zu erhöhen.

Die Hartz-Kommission hat ein Konzept vorgelegt, das nach eigenen Angaben bis zum Jahr 2005 die registrierte Arbeitslosigkeit halbieren soll[2]. Die Kommission präsentierte 13 Module, die sich im Wesentlichen auf arbeitsmarktpolitische, zum Teil aber auch auf strukturpolitische Maßnahmen beziehen.

Mit diesen Vorschlägen soll die Vermittlungstätigkeit der Bundesanstalt für Arbeit gestärkt und beschleunigt werden. Sie soll somit genauer auf die Bedürfnisse von Arbeitslosen und Unternehmen zugeschnitten werden.

Nun stehen die Arbeitgeber in der Pflicht, alle offenen Stellen bei den Arbeitsämtern zu melden. Die Unternehmer selbst sprechen seit langem von 1,5 Millionen offenen Stellen. Nur wer offene Stellen meldet, kann die verbesserte Vermittlung auch nutzen[3].

Entscheidend ist schlussendlich aber nur die Konkretisierung der Vorschläge im Rahmen der zum Teil bereits stattgefundenen gesetzlichen Umsetzung.

2. Vorstellung der 13 Module des Hartz-Konzeptes und der aktuelle Stand der Umsetzung

2.1 Vorbemerkungen

Wie bereits zuvor erwähnt, ist die hohe und immer noch steigende Arbeitslosigkeit in Deutschland eines der Hauptprobleme unserer Zeit. Man könnte nun der Meinung sein, dieses Problem „einfach“ durch die Schaffung zusätzlicher Arbeitsplätze zu lösen. Aus diversen Gründen, auf die später noch eingegangen wird, ist diese theoretische Möglichkeit allerdings nur scheinbar gegeben. Folgendes einfache Beispiel verdeutlicht dies:

Ein Vollzeitarbeitsplatz in einem Unternehmen wird in zwei Teilzeitarbeitsplätze aufgeteilt. Faktisch ist dadurch zwar ein neuer Arbeitsplatz entstanden, der zuvor Vollzeitbeschäftigte muss sich nun allerdings zur Sicherung seiner Existenz einen zweiten Teilzeitjob suchen – unter dem Strich egalisieren sich somit die Maßnahmen.

Ziel der Hartz-Kommission war demzufolge auch nicht die Schaffung zwei Millionen neuer Arbeitsplätze, sondern der Auftrag lautete, Vorschläge zu erarbeiten, die Arbeitslosigkeit bis 2005 um die Hälfte, also um zwei Millionen Arbeitslose, zu reduzieren.

Das Ergebnis der Hartz-Kommission besagt, dass dies durch diverse Maßnahmen (siehe Punkt 2.2 bis 2.14), die darauf abzielen, die Dauer der Arbeitslosigkeit um ein Drittel zu verkürzen und den Zufluss in Arbeitslosigkeit zu reduzieren, erreicht werden kann.

Konkret könnten somit die Ausgaben in Höhe von 39,2 Milliarden Euro in 2001 für Arbeitslosengeld und -hilfe auf 19,6 Mrd. Euro gesenkt werden, falls die durchschnittliche Arbeitsdauer nur noch 22 statt bisher 33 Wochen beträgt sowie der Zugang in Arbeitslosigkeit von 6,3 auf 4,7 Millionen reduziert würde[4].

Im Einzelnen ergibt sich folgendes Szenario: Auf Basis des flächendeckenden Ausbaus von Personal-Service-Agenturen (PSA, siehe Punkt 2.9) sollen durch Integration schwer Vermittelbarer 500.000 und durch den Ausbau von Zeitarbeit 280.000 Arbeitslose abgebaut werden. „Ich-AG“ und „Familien-AG“ (siehe Punkt 2.10) als Vorstufe zur Selbständigkeit sollen über ein verringertes Aufkommen an Schwarzarbeit weitere 500.000 Arbeitslose weniger zur Folge haben. Eine im Vergleich zu früher beschleunigte Vermittlung reduziert den Bestand um weitere 450.000 Personen und die Einrichtung von JobCentern (siehe Punkt 2.2) verringert die Zahl der Arbeitslosen um 230.000, so dass unter dem Strich Ende 2005 nur noch 2 Millionen beschäftigungslose Personen in der Erwerbslosenstatistik registriert sein sollen[5].

Diese wiederum wird – laut rot-grünem Koalitionsvertrag – an geltende EU-Standards, die sich nach dem Standard der Internationalen Organisation für Arbeit (ILO) richten, angepasst. Darin werden z. B. nur solche Arbeitslosen erfasst, die sich aktiv um einen Job bemühen und sofort für eine Stelle verfügbar sind.

Nach EU-Maßstäben betrug die Arbeitslosenquote im September 2002 8,3% während die BA-Statistik eine Quote von 9,5% auswies[6]. Man sieht, dass Statistiken nur dann aussagefähig sind, wenn man die Annahmen kennt, die dahinterstecken.

2.2 Service für Kunden – JobCenter

Künftig werden JobCenter, zu welchen die Arbeitsämter umgestaltet werden, die lokalen Zentren für alle Dienstleistungen am Arbeitsmarkt sein. Die JobCenter sollen neben ihren originären Dienstleistungen alle arbeitsmarktrelevanten Beratungs- und Betreuungsleistungen wie z. B. Sozialamt, Jugendamt, Wohnungsamt und Sucht- und Schuldnerberatung in sich vereinen.

Damit wird die grundsätzlich doppelte Zuständigkeit zwischen Arbeitsamt und Sozialamt für Arbeitslose und erwerbsfähige Sozialhilfeempfänger aufgehoben. Dies drückt sich auch in der Zusammenführung der bisherigen Leistungsarten Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe aus.

Weiterhin werden Arbeitsuchende und Arbeitgeber nicht mehr als „Bittsteller“, sondern als Kunde betrachtet, deren erste Anlaufstelle die „Clearingstelle“ ist. Dort finden administrative Tätigkeiten zur Kundensteuerung statt. „Beratungskunden“ erhalten passgenaue Angebote durch Vermittler, die „schwierigen Fälle“, die „Betreuungskunden“, werden von speziell ausgebildeten „Fallmanagern“ versorgt. Die Vermittler werden von ihren bisher zusätzlichen Verwaltungs- und Nebenaufgaben entlastet und konzentrieren sich auf die Pflege von Betriebskontakten, die Akquisition neuer Stellen aus ihrem Branchensegment und die Beratung der Arbeitssuchenden (vgl. Abb. 1).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: JobCenter, aus: Bericht der Hartz-Kommission S. 69

Kleine und mittlere Unternehmen werden branchenspezifisch durch die JobCenter betreut, während große Unternehmen feste Ansprechpartner durch die KompetenzCenter (siehe Punkt 2.12), die früheren Landesarbeitsämter, erhalten[7].

Stand der Umsetzung:

Das Arbeitsamt kann jetzt bereits Daten für Sozialhilfeempfänger erheben, verarbeiten und nutzen, soweit sie für den Betrieb der gemeinsamen Anlaufstelle erforderlich sind. Weitere Änderungen folgen im zweiten und dritten Schritt der Umsetzung im Laufe des Jahres 2003, bis am 1. Januar 2004 die Arbeitslosen- und Sozialhilfe zusammengeführt werden[8].

2.3 Familienfreundliche Quick-Vermittlung

Die erweiterten Aktionsmöglichkeiten des JobCenters erhöhen die Vermittlungsgeschwindigkeit. Sie wird durch ein Bündel von Maßnahmen erreicht: Vereinfachung der Prozesse und Instrumente, mehr Eigenverantwortung der Fachkräfte, stärkere Einbindung der Arbeitgeber, Nutzung der PSA (siehe Punkt 2.9) und konsequente Umsetzung der „Neuen Zumutbarkeit“ (siehe Punkt 2.4).

Des Weiteren sind Arbeitnehmer verpflichtet, drohende Arbeitslosigkeit bereits dann zu melden, wenn sie die Kündigung erhalten, andernfalls müssen sie mit pauschalen Abschlägen - zwischen €7 und €35 pro Tag verspäteter Meldung - vom Arbeitslosengeld rechnen.

Die Vermittlung soll familienfreundlicher werden. Dazu erhalten Arbeitslose, die besondere Verantwortung für Familienangehörige oder Pflegebedürftige haben, Priorität bei der Vermittlung. Bei gleicher Eignung gegenüber anderen Bewerbern werden ihnen beschleunigt und bevorzugt Stellen angeboten. Im Rahmen der Zumutbarkeit wird ihnen geringere Mobilität bei der Vermittlung abverlangt. Durch erweiterte Dienstleistungsangebote beseitigen die Serviceeinrichtungen im JobCenter besondere Vermittlungshemmnisse dieses Personenkreises z.B. bei der Kinderbetreuung oder Hilfestellung bei der Wohnungssuche.

Um die Arbeitslosigkeit wirksam und nachhaltig bekämpfen zu können, ist es notwendig, dass sie aus ihrer Anonymität heraus tritt und „ein Gesicht bekommt“. Das bedeutet für die Vermittler, dass sie den Fokus wieder mehr auf den Menschen legen müssen, der hinter der Statistik steht. Dies beinhaltet die intensive Betreuung des Arbeitslosen durch den ihm persönlich zugewiesenen Fallmanager, individuell zugeschnittene Trainings- und Weiterbildungsmaßnahmen, Unterstützung im Bewerbungsverfahren und nachgehende Betreuung schwieriger Integrationsfälle bei Aufnahme einer Beschäftigung.

Des Weiteren wird ein Bonussystem für den Vermittler und das Team etabliert, um persönliche Anreize zu setzen. Die Tarifparteien sollen hierzu eine Regelung finden[9].

Stand der Umsetzung:

Dieses Modul fand bereits in der ersten Umsetzungsstufe Beachtung, allerdings gibt es keine gesetzlichen Regelungen. Es wurde aber eine Verordnungsermächtigung für leistungsorientierte Bezahlung verabschiedet.

Bei nicht unverzüglicher Meldung einer Kündigung wird das Arbeitslosengeld (ALG) um 7€/ Tag bei einem Bemessungsentgelt (BE) bis zu 400€ gekürzt, um 35€/ Tag bei bis zu 700€ BE und um 50€ bei über 700€ BE, jeweils begrenzt auf das halbe ALG[10].

2.4 Neue Zumutbarkeit und Freiwilligkeit

Was dem einzelnen Arbeitslosen an persönlichen Härten zugemutet werden kann, wird nach geografischen, materiellen, funktionalen und sozialen Kriterien neu formuliert und in Verbindung mit Freiwilligkeit und Pflicht konsequent umgesetzt. Die Neue Zumutbarkeit wird in Abhängigkeit von der Familiensituation des Arbeitssuchenden festgelegt. So kann z. B. einem jungen, ledigen Arbeitslosen, gerade was Mobilität anbelangt, mehr zugemutet werden als einer Person, die in der Verantwortung für andere, hilfsbedürftige Menschen steht. Im Rahmen der Neuen Zumutbarkeit werden auch unterqualifikatorische Tätigkeiten möglich. Es gilt die Beweislastumkehr: Lehnt ein Arbeitsloser eine ihm angebotene Beschäftigung ab, so muss er beweisen, dass diese für ihn unzumutbar war.

[...]


[1] vgl. IG Metall Vorstand (2002): „Stellungnahme zum Hartzpapier - 20.08.02“ S. 2f

[2] vgl. Steffen, J. (2002), „Die 13 Module des Dr. Hartz - und was daraus wurde ...“ S. 2

[3] vgl. IG Metall Vorstand (2002): „Stellungnahme zum Hartzpapier - 20.08.02“ S. 2f

[4] vgl. Steffen, J. (2002), „Die 13 Module des Dr. Hartz - und was daraus wurde ...“ S. 2f

[5] vgl. Steffen, J. (2002), „Die 13 Module des Dr. Hartz - und was daraus wurde ...“ S. 2f

[6] vgl. ebd. S. 4

[7] vgl. Bericht der Kommission (2002) S. 67ff

[8] vgl. Steffen, J. (2002), „Die 13 Module des Dr. Hartz - und was daraus wurde ...“ S. 5

[9] vgl. Bericht der Kommission (2002) S. 81ff

[10] vgl. Steffen, J. (2002), „Die 13 Module des Dr. Hartz - und was daraus wurde ...“ S. 5

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Das Hartz-Konzept
Hochschule
Universität Karlsruhe (TH)  (Institut für Industriebetriebslehre und Industrielle Produktion)
Veranstaltung
Personalarbeit der Zukunft
Note
1,0
Autor
Jahr
2003
Seiten
22
Katalognummer
V16816
ISBN (eBook)
9783638215466
ISBN (Buch)
9783638644730
Dateigröße
520 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Hartz-Konzept, Personalarbeit, Zukunft
Arbeit zitieren
Christian Ferber (Autor:in), 2003, Das Hartz-Konzept, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/16816

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