Johann Jakob Kaup - Der große Naturforscher aus Darmstadt


Fachbuch, 2011

250 Seiten


Leseprobe


Inhalt

Dank ...8

Vorwort ...11

Johann Jakob Kaup Der große Naturforscher aus Darmstadt ...15

Zitate über Kaup ...189

Bibliografie von Johann Jakob Kaup ...199

Wissenschaftliche Reisen von Kaup ...222

Mitgliedschaften von Kaup ...223

Orden von Kaup ...224

Der Autor ...227

Personenregister ...229

Literatur ...237

Bildquellen ...243

Johann Jakob Kaup Der große Naturforscher aus Darmstadt

Die Geburt, Kindheit und Jugend von Johann Jakob Kaup standen unter einem unglücklichen Stern. Er wurde unehelich geboren, wuchs ohne Vater auf, seine Mutter starb früh, Geld war fast immer knapp, sein Studium nur kurz. Seine späteren Dienstherren, drei verschiedene Großherzöge, bezahlten ihn kläglich und unterstützten seine wissenschaftliche Arbeit nicht ausreichend. Dass Kaup trotzdem einer der bekanntesten Naturforscher seiner Zeit wurde, verdankte er seinem Talent, seinem Fleiß und seinem Ehrgeiz. Doch nun der Reihe nach.

Johann Jakob Michael Göbel - so der komplette Taufname - kam am 20. April 1803 in Darmstadt zur Welt. 1803 gab es in Darmstadt insgesamt 20 Geburten, was dem Durchschnitt der vorangegangenen Jahre entsprach. Zwei dieser neuen Erdenbürger wurden später erfolgreiche Maler, nämlich August Lucas (1803-1863) und Peter App (1803-1855). Zwei andere dieser Neubürger entwickelten sich zu berühmten Wissenschaftlern. Der eine davon war Justus von Liebig (1803-1873), der andere Johann Jakob Kaup.

Der Vater des kleinen Johann Jakob war der in Ortenberg (Oberhessen) geborene evangelische Pfarrersohn und damalige Leutnant in Darmstadt, Christian Heinrich Friedrich Kaup (1773-1825), der aus einem weit zurückreichenden Pfarrer- und Beamtengeschlecht stammte. Die Großeltern väterlicherseits, der in Wittgenborn geborene Pfarrer der reformierten Gemeinde in Ortenberg, Johann Hartmann Kaup (um 1713-1775) und dessen Ehefrau Rebecca Maria Louise (1731-1794), geborene Langermann, waren zum Zeitpunkt der Geburt von Johann Jakob bereits gestorben.

[Dies ist eine Leseprobe. Graphiken und Tabellen sind nicht enthalten.]

Der Maler August Lucas (1803-1863) - hier ein Selbstbildnis von 1828 - kam im selben Jahr wie Johann Jakob Kaup als Sohn eines Damenschneiders in Darmstadt zur Welt.

Johann Jakobs Mutter war die vorwiegend aus kleinstädtischem Handwerkertum und somit aus einfachen Schichten des Volkes stammende Darmstädterin Dorothea Elisabeth Göbel (1773-1820). Der Großvater mütterlicherseits war der in Igstadt bei Wiesbaden geborene und in Darmstadt gestorbene Fuhrmann Philipp Göbel (1732-1786). Er war bei der Geburt von Johann Jakob ebenfalls schon tot. Dagegen lebte die Großmutter mütterlicherseits, Elisabeth Dorothea (1744-1811), geborene Schneider, noch.

Das Geburtshaus von Johann Jakob befand sich in der Altstadt von Darmstadt. In der Biografie von Georg Hefele über Kaup wird vermutet, das Geburtshaus habe in Nähe der Stadtkirche, vielleicht in der Schlossgasse gestanden. Die Altstadt von Darmstadt wurde 1943 bei einem verheerenden Bombenangriff im Zweiten Weltkrieg zerstört.

Friedrich Kaup, der Vater von Johann Jakob, diente seit 1793 beim Leibregiment des Großherzogs in Darmstadt. Landesherr war seit dem 6. April 1790 der Landgraf Ludwig X. von Hessen-Darmstadt (1753-1830). Dieser hieß ab dem Beitritt seines Landes zum Rheinbund am 14. August 1806 Ludewig I. Großherzog von Hessen und nach dem „Wiener Kongress“ und dem Erwerb des linksrheinischen Rheinhessen ab 7. August 1816 Ludewig I. Großherzog von Hessen und bei Rhein. 1798 beförderte man Friedrich Kaup zum Premierleutnant im ersten Bataillon. Er soll ein Hitzkopf gewesen sein, der Streitigkeiten mit einem höheren Offizier bekam, diesen zu einem Duell herausforderte und deswegen entlassen wurde. Eines Tages verließ er fluchtartig Darmstadt und seine schwangere Braut, die er angeblich heiraten wollte. Andererseits schien eine Eheschließung der unterschiedlichen Schichten angehörenden Eltern von Johann Jakob nach den Anschauungen jener Zeit nicht möglich.

[Dies ist eine Leseprobe. Graphiken und Tabellen sind nicht enthalten.]

Ludewig I., Großherzog von Hessen und bei Rhein (1753-1830)

Das am 20. April 1803 geborene Kind von Dorothea Elisabeth Göbel und Friedrich Kaup wurde im Kirchenbuch mit dem Namen Johann Jakob Michael Göbel eingetragen. Es erhielt also den Namen seiner ledigen Mutter. Der kleine Johann Jakob wuchs in der damals nur rund 12.000 Einwohner zählenden Landeshauptstadt Darmstadt auf. Heute leben in Darmstadt mehr als 143.000 Menschen.

Friedrich Kaup setzte sich nach seiner Flucht aus Darmstadt ins damals dänische Schleswig-Holstein ab, wo er von 1807 bis 1816 als Hauptmann diente. Als dänischer Offizier gehörte er dem persönlichen Adel an und hieß fortan Christian Heinrich Friedrich von Kaup. 1818 heiratete er in Kosel bei Eckernförde die adlige Sophie Nicoline von Breckwoldt (1787-1875), die Tochter eines Artillerie-Hauptmanns.

Dorothea Elisabeth Göbel, die Mutter des kleinen Johann Jakob, verdiente den Lebensunterhalt für sich und ihr unehelich geborenes Kind durch Waschen und Bügeln für andere Leute. Durch ihren Fleiß erwarb sie sich die Achtung ihrer Bekannten in der Darmstädter Altstadt.

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Der Chemiker Justus von Liebig (1803-1873), Sohn eines Drogeristen in Darmstadt, war ein gleichaltriger Schulfreund von Johann Jakob Kaup.

Der kleine Johann Jakob wuchs in bescheidenen Verhältnissen auf. Für ihn bestellte man einen Vormund, bei dem es sich vermutlich um den Darmstädter Bürger und Spezereihändler Heyl in der Holzgasse D 51 handelte. Offenbar gefiel der aufgeweckte Junge seinem Vormund so gut, dass dieser dafür sorgte, dass Johann Jakob nicht - wie andere Kinder armer bzw. „geringer“ Leute - auf die Stadtschule geschickt wurde. Stattdessen kam er in die auf das Gymnasium („Pädagog“) vorbereitende Kandidatenschule des nachmaligen Freipredigers und Lehrers Jakob Graul. Dort herrschte ein rauer Ton und gab es nicht selten Ohrfeigen für die Schüler.

Wahrscheinlich im Alter von neun Jahren kam Johann Jakob 1812 auf das Gymnasium. Die Schülerlisten von damals sind 1944 während eines Bombenangriffes auf Darmstadt im Zweiten Weltkrieg verbrannt, weswegen das Eintritts- und Austrittsdatum nicht exakt bekannt sind.

Im Gymnasium drückte Johann Jakob zusammen mit dem späteren Chemiker Justus Liebig (ab 1845 Freiherr Justus von Liebig) sowie mit dem späteren Historiker und Politiker Georg Gottfried Gervinus (1805-1871) die Schulbank. Wegen ihrer späteren Verdienste um die Naturwissenschaft bezeichnete man Kaup, Liebig und Gervinus als „Dreigestirn“.

Nach Ansicht seiner Lehrer war Johann Jakob ein schlechter Schüler. Latein, Griechisch und Botanik interessierten ihn wenig, die Tierwelt dagegen sehr. Mit Schauder erinnerte er sich daran, wie er sich die zahlreichen Klassen der Pflanzen nach Carl von Linne (1707-1778) einprägen musste. Dagegen faszinierten ihn die Tiere, die man in freier Natur beobachten konnte. Schon als Junge machte er sich über Tiere eigene Gedanken. Beispielsweise fiel ihm die Ähnlichkeit zwischen Kondor und Truthahn sowie zwischen Eulen und Katzen auf.

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Der Historiker und Politiker Georg Gottfried Gervinus (1805-1871), war der Sohn eines Gastwirts in Darmstadt und ein Schulfreund von Johann Jakob Kaup.

Johann Jakob behagte nicht, was und wie im Gymnasium gelehrt wurde. Zusammen mit seinem Klassenkameraden, dem nach Ansicht der Lehrer angeblich „dummen“ Justus Liebig, brummte er manche Stunde Arrest ab. In der „Secunda“ fielen die auf der letzten Bank sitzenden Schüler Kaup, Liebig und Gervinus dem Konrektor am Gymnasium zu Darmstadt, Johann Storck, immer wieder negativ auf. Storck wusste angeblich außer über Cicero nicht viel und war bei seinen Schülern sehr unbeliebt. Überliefert ist das vernichtende Urteil von Storck: „Liebig, dein Latein reicht gerade aus zum Apotheker; du, Gervinus, kannst weder Latein noch Deutsch, und du, Kaup, kannst überhaupt nichts.“ Laut „Wikipedia“ soll einer der Lehrer von Liebig gesagt haben, bei ihm reiche es nicht mal zum Apothekenlehrling. Tatsächlich brach Liebig eine Apothekerlehre in Heppenheim vorzeitig ab, weil er bei seinen privaten Versuchen mit Knallsilber einen Dachstuhlbrand in der Apotheke verursachte.

1817 hat man in Darmstadt die seit dem 17. Jahrhundert von den Landgrafen von Hessen-Darmstadt aufgebaute Kunst- und Naturaliensammlung vom alten Residenzschloss in das so genannte Neue Schloss verlegt. Dies geschah, als Johann Jakob etwa 14 Jahre alt war.

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Wesflügel des Großherzpglichen Schlosses in Darmstadt auf einem Foto von 1866

Im Alter von 15 Jahren wurde der evangelische Johann Jakob 1818 konfirmiert. Im Konfirmationseintrag von 1818 steht zu lesen: „Der Pädagog-Schüler Johann Jacob Kaup“. Warum statt Göbel der Name Kaup eingetragen wurde, konnte der Autor dieses Taschenbuches nicht herausfinden.

Zusammen mit sieben etwas schwärmerisch veranlagten Kameraden der „Secunda“, zu denen Justus Liebig nicht gehörte, schloss sich Johann Jakob Kaup am 8. Februar 1819 zum „Dichterbund der Philareten“, der „Tugendfreunde“, zusammen. Mitglieder waren außer ihm: Georg Geilfuß (1804-1844), gestorben als Pfarrverwalter, Georg Gottfried Gervinus, später Literaturhistoriker und Professor in Göttingen, Georg Friedrich Lange (1804-1843), später Gymnasiallehrer in Worms, Peter Friedrich Martenstein (1805-1833), als Medizinstudent gestorben, Wilhelm Niebergall (1802-1861), später Hofmusiker, Karl Ludwig Noack (1802-1861), später Hofgärtner in Darmstadt und August Nodnagel (1803-1853), später Gymnasiallehrer in Darmstadt. Ihr Dichterbund war eine Art Nachahmung des Göttinger Hainbundes und verfolgte den Zweck „die Seele vom Schlafe zu wecken, damit sie dem gemeinen Dahinleben entsage und ihrer würdigeren Bestimmung lebe“. Die Mitglieder trugen als Bundesabzeichen ein stählernes oder silbernes Kreuz am himmelblauen Band und einen „Dolch“, auf den sie ihre Gesetze beschworen, die zu sittlichem Leben anhielten. Jeden zweiten Sonntag trafen sie sich unter dem Vorsitz eines für drei Monate gewählten Oberhauptes in einer Art Höhle am Herrgottsberg südlich von Darmstadt, wo sich auch ein Darmstädter Freundeskreis mit Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832) wiederholt zusammengefunden hatte.

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Oberforstrat und Ornithologe Georg Balthasar Bekker (1770—1836)

Vermutlich zu Ostern 1819 verließ Johann Jakob Kaup aus Geldmangel die „Secunda“ des Gymnasiums. Sein Schritt, aus dem Gymnasium vor dem „Maturum“ wegzugehen, war damals keine Seltenheit. Auch Justus Liebig kehrte nach der „Secunda“ der Schule den Rücken. In der Folgezeit befasste sich Kaup mit naturwissenschaftlichen Fragen.

1820 übergab der damalige Großherzog Ludewig I. von Hessen und bei Rhein seine Kunst- und Naturaliensammlung in das Eigentum des Staates. Auf diese Stiftung geht das heutige „Hessische Landesmuseum Darmstadt“ zurück.

Am 5. Mai 1820 starb Dorothea Elisabeth Göbel, die Mutter von Johann Jakob Kaup, im Alter von 47 Jahren in Darmstadt. Danach kümmerte sich deren ledige Schwester in gewissem Maße um den 17-Jährigen. Aber dieser musste nun weitgehend selber sehen, wie er weiter kam. Zunächst verdiente er mit Schreibarbeiten für Handwerker und Kaufleute sowie mit Schreibstundengeben, wobei ihm seine schöne Handschrift zugute kam, seinen Lebensunterhalt.

Seine Tierliebe führte Kaup bald zum Leiter des im Neuen Schloss untergebrachten „Großherzoglichen Naturalien-Cabinets“ in Darmstadt, dem Oberforstrat und Ornithologen Dr. Georg Balthasar Bekker (1770-1836). Bekker war der Sohn eines Darmstädter Senators und Bäckers und besuchte in seiner Vaterstadt das Gymnasium. Nach dem Verlassen der Schule betätigte er sich kaufmännisch und betrieb in seiner Freizeit naturwissenschaftliche und forsttechnische Studien. 1797 übertrug man ihm die „Inspektion des damaligen Landgräflichen Naturalien-Cabinets“. 1830 verlieh ihm die Universität Göttingen die Würde eines „Doktors der Philosophie“ und wurde er pensioniert. Er gilt als Initiator der „Teutschen Ornithologie“, deren Herausgeber er als „Bekker der Jüngere“ und Bruder von Karl Wilhelm Bekker (1772-1830), genannt „Bekker der Ältere“, war. Unter dem Pseudonym „G. Pistorius“ veröffentlichte er eine kleine Schrift „Anleitung zum Ausstopfen und Aufbewahrung von Vögeln und Säugetieren“. Neben seiner Tätigkeit im Museum war er Mitglied des Oberforstkollegs und führte zuletzt den Titel „Oberforstrat“. Der bekannte Porträtmaler Gotthelf Lebrecht Gläser (1784-1851) hat ein Gemälde von Georg Balthasar Bekker geschaffen.

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Leiter des Darmstädter Museums: Geheimer Staats-Sekretär Ernst Christian Friedrich Adam Schleiermacher(1755-1844).
Das um 1835 entstandene Ölgemälde wird Eduard von Heuß (1808-1880) zugeschrieben.

Der unverheiratete und kinderlose Bekker förderte den jungen Kaup sehr. Er gab ihm mancherlei Ratschläge, verschaffte ihm Bücher aus der Hofbibliothek und brachte ihm das Ausstopfen von Vögeln bei. Dies versetzte Johann Jakob in die Lage, in der Umgebung von Darmstadt mit dem Blasrohr wildlebende Vögel zu erlegen, auszustopfen und zu verkaufen.

Mit welcher Liebe, welchem Eifer und welchem Erfolg der noch nicht 20-Jährige damals zu Werke ging, geht aus einem Brief vom 22. Mai 1822 von Bekker an den damaligen Leiter des Darmstädter Museums, den Geheimen Staats-Sekretär Ernst Christian Friedrich Adam Schleiermacher (1755-1844), hervor: „Ich sehe mich genöthigt, einen jungen braven Menschen, namens Caup, von hier gebürtig zu den Arbeiten der Fütterung und Wartung der kleinen Menagerie sowie der Aufstellung der Thiere beizuziehen, welchem ich freien Tisch in unserer Haushaltung gebe. Ich kann nicht anders, als ihm das Zeugnis zu geben, mit neben der Pflege der Menagerie, viele nützliche Beihilfe für das großherzogliche Zoologische Museum - namentlich im Aufstellen einer sehr bedeutenden Zahl trockener brasilianischer Tierbälge, wobei ich ihm die Anleitung gegeben habe - eine wahre Stütze geworden zu seyn, besonders auch bei dem natürlichen Übermalen abgetrockneter Farben. Er ist ohne alles Vermögen, hat Zeichenstunden bei Herrn Gallerie-Inspector Müller und sucht sich überhaupt auszubilden. - Da dieser junge Mensch zur Beschaffung einiger Kleidungsstücke und zur Bezahlung angeschaffter Bücher, auch seiner Lehrstunden, einiger Unterstützung bedarf, so erlaube ich mir die Bitte zu einer gütigen Vorsprache bei unserem durchlauchtigsten Regenten in der Art, daß demselben eine Remuneration von etwa 50 fl allergnädigst bewilligt werden.“

Mit seiner Arbeit für das „Naturalien-Cabinet, die in erster Linie das Handwerkliche der zoologischen Wissenschaft betraf, war Kaup aber nicht lange zufrieden. Er hatte höhere Ziele und plante ein Studium an einer Universität. Weil man dafür damals nicht das „Maturum“ brauchte, konnte er sich diesen Wunschtraum erfüllen. Um zu Geld zu kommen, führte er mit den von ihm erlegten und ausgestopften Vögeln eine Lotterie durch, die ihm ungefähr 150 Gulden einbrachte.

In Begleitung seines Freundes Karl Röder (1806-1879), dem späteren Heidelberger Professor und Rechtsphilosophen, wanderte Kaup nach Göttingen. Dort wurde er am 25. Oktober 1822 immatrikuliert. Kaup hoffte, bei dem berühmte Naturforscher Johann Friedrich Blumenbach (1752-1840) in die Tiefen der Wissenschaft eindringen zu können. Dieser befasste sich mit der Aufstellung eines natürlichen Systems der Pflanzen und Tiere - im Gegensatz zu dem künstlichen System von Linne. Blumenbach hat 1799 dem Mammut aus dem Eiszeitalter den wissenschaftlichen Namen Elephasprimigenius („Erstgeborener Elefant“) gegeben. Ab 1829 hieß es allerdings Mammuthus primigenius. Doch wider Erwarten behagten Kaup an der Universität Göttingen weder die Sammlungen, noch die Art der Lehre von Blumenbach. Er hatte sich mehr Wissenschaft erhofft. Stattdessen sorgte Blumenbach eher als „Possenreisser und Raritätenkrämer“ zur Unterhaltung seines Auditoriums. Während seiner Zeit in Göttingen arbeitete Kaup an einem ornithologischen Vogeltaschenbuch mit Federzeichnungen zum Aufsuchen der Vögel.

Der 19-jährige Kaup zeigte bereits großes Interesse und Verständnis der belebten Natur. 1822 teilte er dem berühmten Vogelpfarrer Christian Brehm (1787—1864), dem so genannten „alten Brehm“, eigene Beobachtungen über verschiedene Vögel mit. Nachzulesen ist dies im dritten Band der „Beyträge zur Vogelkunde“ (1822) von Brehm. Christian Brehm war der Vater des Zoologen, Hamburger Zoodirektors und Verfasser des Werkes „Brehms Tierleben“, Alfred Brehm (1829— 1884).

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Naturforscher Johann Friedrich Blumenbach (1752–1840)

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Vogelpfarrer Christian Brehm (1787—1864)

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Der deutsche Geologe und Paläontologe Heinrich Georg Bronn (1800—1862) war einer der Lehrer von Johann Jakob Kaup in Heidelberg.

In Göttingen erfuhr Johann Jakob Kaup 1822 von einem anderen Studenten, in Marburg an der Lahn lebe ein Major und Stadtkommandant, der ebenfalls Kaup heiße. Er schrieb diesem Mann einen Brief und legte Zeugnisse seiner Lehrer bei. Der angeschriebene Major hieß Wilhelm Ernst Kaup (1764-1839) und antwortete, sein Bruder sei der Vater von Johann Jakob und lebe noch. Er dürfe aber nicht sagen, wo sich dieser aufhalte. Der Onkel, der vier Söhne und zwei Töchter hatte, lud seinen Neffen ein, ihn während der Ferien in Marburg zu besuchen. Danach könne er an irgendeiner beliebigen Universität auf seine Kosten weiterstudieren.

Von einer Dienstmagd seines Marburger Onkels erfuhr Johann Jakob angeblich, er habe eine erstaunliche Ähnlichkeit mit einem anderen Neffen, der kurz zuvor in Marburg studiert hatte. Daraus schloss er, dies könne sein Halbbruder sein. Bei weiteren Nachforschungen fand er heraus, dieser Neffe sei ein Däne und der Sohn eines in Dänemark dienenden Offiziers. Die Richtigkeit dieser Schildung eines Freundes von Kaup, ist fraglich. Johann Jakob Kaup blieb nur ein Semester lang im Winter 1822 in Göttingen. Auf dem Heimweg nach Darmstadt machte er einen Umweg und besuchte den erwähnten Vogelpfarrer Christian Brehm in Renthendorf bei Neustadt an der Orla.

Im Frühjahr 1823 wanderte Kaup nach Heidelberg. Dort wurde er am 30. Juli 1823 für das Studium der Naturwissenschaft immatrikuliert. In Heidelberg waren Heinrich Georg Bronn (1800-1862), Karl Caesar von Leonhard (1779-1862) und Friedrich Andreas Sigismund Leuckart (1794-1843) seine Lehrer. Von ihnen bekam er ebenfalls nicht das, was er sich für seine Förderung erhofft hatte. Außerdem litt Kaup bald unter großen finanziellen Sorgen, weil die Geldsendungen seines Marburger Onkels ausblieben. Die Marburger Tante Margarethe Elisabeth Kaup (1779-1843), geborene Hille, hatte auf Johann Jakob keinen allzu sympathischen Eindruck gemacht. In seiner offenen und geraden Art konnte oder wollte er dies nicht verbergen. Die Tante rächte sich, indem sie ihren Ehemann veranlasste, die Brief- und Geldsendungen für den Enkel einzustellen. Damals schmerzte es Johann Jakob sehr, dass sein Vater, der dank seines Marburger Bruders von ihm wusste, nichts von sich hören ließ.

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Schweizer Zoologe Heinrich Rudolf Schinz (1777-1861)

In Heidelberg bewarb sich Kaup im August 1823 brieflich bei dem Professor am Medizinischen Institut in Zürich, Heinrich Rudolf Schinz (1777-1861). In erster Linie interessierte er sich für zeichnerische Mitarbeit an dessen großem Werk über Vogelnester und -eier. Als Referenz gab er den erwähnten Vogelpfarrer Christian Brehm an, fügte eine Zeichnung als Arbeitsprobe bei und wies darauf hin, dass er auch Radierungen anfertigen könne. Doch es kam damals zu keiner näheren Verbindung mit Schinz.

Als Freunde in der Not erwiesen sich für Kaup einige Darmstädter Landsleute in der Universitätsstadt am Neckar. Sie halfen ihm, das Semester in Heidelberg durchzustehen. Sein Freund Georg Ludwig Kriegk (1805-1878), später Archiv-Vorstand in Frankfurt am Main, beglich noch 30 Gulden Schulden von Kaup bei dessen Hauswirtin, ehe die Beiden in einem Nachtmarsch von Heidelberg nach Darmstadt zurück gingen. Seine insgesamt nur zwei Semester Studium in Göttingen und Heidelberg waren die ganze akademische Ausbildung, die Kaup genoss. Der Aufenthalt in Heidelberg war aber nicht ganz ohne Erfolg. Denn dort hatte Kaup den schweizerischen Naturforscher Louis Agassiz (1807-1873) kennen gelernt, mit dem er fortan einen regem wissenschaftlichen Gedankenaustausch pflegte.

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Der Historiker und Archivar Georg Ludwig Kriegk (1805-1878) war ein Freund von Johann Jakob Kaup

Manch anderer an der Stelle von Kaup hätte wohl nach all den Enttäuschungen, die ihm bereits in der Wissenschaft widerfahren waren, schon das Handtuch geworfen. Er aber hatte zwar kein Geld, aber weiterhin viel Energie und einen neuen Plan. Vermutlich besaß er jenen Ehrgeiz, den oft unehelich geborene Kinder an den Tag legen, um es der Welt zu zeigen. Ungeachtet der Einwände seiner Freunde wollte sich Kaup am berühmten „Rijks Museum van Naturlijke Historie“ in Leiden (Niederlande) um Arbeit bemühen.

Im Herbst 1823 machte sich Kaup auf den Weg nach Leiden. Es war seine erste und beileibe nicht seine letzte Auslandsreise. Sein ganzes Vermögen bestand aus 70 Gulden, die ihm ein Gönner, nämlich der Appellationsgerichtsrat Höfner, geschenkt hatte. Offenbar glaubten doch immer wieder Menschen an ihn. Er musste nicht die ganze Strecke zu Fuß marschieren, weil ihn ein Kapitän auf seinem Rheinschiff mitfahren ließ. Von den Niederländern war Kaup bald nicht mehr sonderlich begeistert. Er verstand ihre Sprache nicht, was ein Leben in einem fremden Land immer erschwert. Außerdem irritierte es ihn, dass sich die Einheimischen oft über seine altteutsche Kappe und über seine Kleider lustig machten. Seine Kappe wurde von Spöttern als „Pfannkuchen“ oder als „Schlafmütze“ bezeichnet.

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Naturforscher Louis Agassiz (1807–1873)

In Leiden machte Kaup auf den Direktor des „Rijks Museum van Naturlijke Historie“ und bedeutenden Vogelkundler Coenraad Jacob Temminck (1778-1858) einen guten Eindruck. Er nahm ihn zwar nicht als Angestellten auf, aber gab ihm eine Beschäftigung für geringen Lohn. Die Bezahlung war so miserabel, dass Kaup mit Darmstädter Landsleuten, die ihn später besuchten, nicht ausgehen konnte, weil er keine ordentliche Hose hatte.

Kaup durfte in Leiden nicht - wie er gehofft hatte - in der Vogelsammlung arbeiten, denn Temminck hielt davon alle Mitarbeiter eifersüchtig fern. Stattdessen sollte er unter dem Kustos Heinrich Boie (1794-1827) bei der Untersuchung von Fischen und Amphibien helfen. Noch im selben Jahr erschien die erste wissenschaftliche Arbeit des 20-Jährigen in der angesehenen enzyklopädischen Zeitschrift „Isis“ des Züricher Naturphilosophen Lorenz Oken (1779-1851), den Kaup als seinen großen Lehrmeister für die natürlichen Systeme der Pflanzen- und Tierwelt bezeichnete. Dabei handelte es sich um die Erstbeschreibung und -benennung des Schnepfenvogels Scolopax brehmii. Mit diesem Artnamen ehrte er den Vogelkundler Christian Brehm.

In Leiden entdeckte Kaup zahlreiche bis dahin unbekannte Arten von Amphibien und Fischen, die er in der Zeitschrift „Isis“ erstmals wissenschaftlich beschrieb. Direktor Temminck war mit seiner Arbeit sehr zufrieden, wollte ihn mit dem Zoologen Heinrich Boie auf eine Expedition nach Ostindien schicken und sogar adoptieren. Doch aus diesen Plänen wurde nichts. Kaup war so tüchtig, fleißig und geschickt beim Präparieren, dass er den Neid seiner Kollegen erregte und es immer wieder Reibereien gab. Außerdem verhielt sich Kaup selbst ungeschickt. Statt seine neuen Beobachtungen und Entdeckungen seinen Vorgesetzten zur Verfügung zu stellen, veröffentlichte er diese in jugendlich verständlicher Freude und Stolz und bedachte nicht, dass er sich damit schadete. Weil Kaup nicht der Mann war, der so Unerfreuliches hinnehmen und sich den Gegebenheiten fügen wollte, verließ er im Spätsommer 1825 nach knapp zwei Jahren das „Rijks Museum van Naturlijke Historie“ in Leiden. Zuvor hatte er noch 520 holländische Gulden für seine Beteiligung an herpetologischen Zeichnungen erhalten. Angeblich sollen Neid und Missgunst seine frühzeitige Rückkehr veranlasst haben. Vielleicht hielt er es in den Niederlanden aber auch nicht aus, weil er angeblich ein „wunderlicher Kauz“ war, wie manche Autoren meinten.

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Coenraad Jacob Temminck (1778-1858), Direktor des „Rijks Museum van Naturlijke Historie “ in Leiden und bedeutender Vogelkundler

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Zoologe Heinrich Boie (1794-1827), Kustos am „Rijks Museum van Naturlijke Historie “ in Leiden

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Lehrmeister von Johann Jakob Kaup: Mediziner und Naturforscher Lorenz Oken (1779-1851), eigentlich Okenfuß

Von Leiden aus machte sich Kaup nicht direkt auf den Heimweg in Richtung Süden nach Darmstadt. Stattdessen zog es ihn nach Norden ins damals dänische Schleswig-Holstein. Dies hatte einen besonderen Grund: Wie erwähnt, vermutete Johann Jakob, dass sein Vater als Offizier in Dänemark lebte. Tatsächlich glückte es ihm, seinen Vater auf dessen Landgut in Buckhagen ausfindig zu machen. Friedrich von Kaup nahm seinen unehelichen Sohn freundlich auf. Aber er bezeichnete ihn gegenüber anderen Leuten nur als entfernten Verwandten, um den Frieden in seiner Familie, die er einige Jahre zuvor in Dänemark gegründet hatte, nicht zu gefährden. Johann Jakob durfte lediglich einige Tage bleiben, dann gab ihm sein Vater „etwas Geld“ und schickte ihn wieder auf die Reise. Seinen Vater hat er danach nicht mehr gesehen. Dieser starb bald darauf am 8. August 1825 in Bohnert bei Eckernförde im Alter von 52 Jahren.

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Der Ornithologe Hermann Schlegel (1804-1884) war der Nachfolger von Johann Jakob Kaup am „Rijks Museum van Naturlijke Historie “ in Leiden

Nachfolger von Kaup im „Rijks Museum van Naturlijke Historie“ in Leiden wurde der aus Altenburg (Thüringen) stammende Ornithologe Hermann Schlegel (1804—1884), der später zum Direktor avancierte. Schlegel lobte Kaups außerordentliches Geschick im Zeichnen und in praktischen Vorrichtungen. Kaup bedauerte später, dieser Weltanstalt den Rücken gekehrt zu haben.

Mitte der 1820-er Jahre war Kaup bereits ein eigenwilliges Genie, das meistens den schwierigen Weg beschritt. Mit erst 22 Jahren hatte er sich schon in die Rolle des Außenseiters manövriert: kein Abitur, lediglich zwei Semester Universität, nur zwei Jahre praktische Tätigkeit in der zoologischen Forschung, aber laut dem Darmstädter Zoologen Hanns Feustel „schon Herr über mehr außerordentliches Wissen als mancher ordentliche Professor“.

1825 arbeitete Kaup als „freier Privatgelehrter“ des „Naturalien-Cabinets“ in Darmstadt. Wie so oft, war er auch damals finanziell nicht auf Rosen gebettet. Seinen großen Wissensdurst stillte er in der Hofbibliothek, die er ausgiebig benutzte. Mit dem „NaturalienCabinet“ hatte er ständig Kontakt. In jenem Jahr erschienen einige Beiträge aus seiner Feder in der Zeitschrift „Isis“.

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Darmstädter Maler Ludwig Becker (1808—1861)

Mitte der 1820-er Jahre kam Kaup auf die Idee, eine groß angelegte, insgesamt 24 Hefte umfassende „Gallerie der Amphibien“ drucken zu lassen. Für dieses ehrgeizige Projekt gewann er die Darmstädter Maler August Lucas und Ludwig Becker (1808—1861), die hierzu Zeichnungen anfertigten. Becker wanderte 1848 nach Australien aus und kam dort 1861 bei einer Expedition ums Leben. 1826 erschien das erste Heft der „Gallerie der Amphibien“, die Kaup dem Großherzog Ludewig I. von Hessen und bei Rhein widmete. Mangels Vorbestellungen folgten aber keine weiteren Hefte. Das erste Heft mit den farbigen Stichen gefiel dem Großherzog sehr gut. Dank der Vermittlung des Direktors des „Naturalien-Cabinets“ ließ der Großherzog großzügig Kaup 110 Gulden zukommen. Aus Notizen des „Hessischen Staatsarchivs“ geht hervor, dass Kaup gelegentlich solche „Gratifikationen“ erhielt, die damals vermutlich sein hauptsächliches Einkommen bildeten.

Um 1827 verfasste Kaup als Ergebnisse seiner systematischen und naturphilosophischen Gedankengänge zwei Buchmanuskripte. Eines dieser Werke hieß „Zoologische Beyträge“, das andere „Skizzierte Entwicklungsgeschichte der europäischem Thierwelt“. Beide Arbeiten überreichte Kaup an den Darmstädter Museumsdirektor Ernst Schleiermacher, der sie zwecks Begutachtung an den Stuttgarter Staatsrat und anerkannten Naturforscher Carl Friedrich von Kielmeyer (1765-1844) weitergab. Kielmeyer antwortete Schleiermacher am 3. August 1828: „Beyde Manuskripte Kaups beurkunden, soweit ich darüber urtheilen kann, einen Mann von ebenso vielen besonders zoologischen Kenntnissen, als Fähigkeiten, diese Kenntnisse zu erweitern und zu berichtigen, von einem Forschungsgeist, der durch Beobachtung und Talent, wie durch Vergleichsvermögen unterstützt, vermöge des ersten richtig zu sehen und möge des letztern Verhältnisse und Beziehungen, Ähnlichkeiten und Verschiedenheit der Gegenstände in nicht gemeinem Grad wahrzunehmen weiß.“

Das überschwängliche Lob des Stuttgarter Naturforschers Kielmeyer dürfte der Grund dafür gewesen sein, dass der Großherzog 1828 den damals 25-jährigen Kaup in sein „Naturalien-Cabinet“ holte. Das „Natu- ralien-Cabinet“ umfasste zu jener Zeit die Zoologische Abteilung hauptsächlich mit Vögeln, aber auch die Mineralogische Sammlung und die Petrefaktensammlung. Überall waren „Merkwürdigkeiten und Missgeburten“ zahlreich vertreten. Kaup war nun „provisorischer Gehilfe“ und erhielt -wie seine Biografen später meinten - ein „armseliges Salär“. Unklar ist, ob er regelmäßig bezahlt wurde oder nur gelegentliche Gratifikationen erhielt. Man teilte ihn Georg Balthasar Bekker in der Zoologischen Abteilung zu, die in der Literatur auch als „Naturalien-Cabinet im eigentlichen Sinn“ bezeichnet wird. Immerhin hatte Kaup nun eine Anstellung. Er bewährte sich vom Tag seines Eintritts an, heißt es über ihn. Schon bald war er nicht mehr nur ein „der Naturwissenschaft Beflissener“, sondern ein von Wissenschaftlern anerkannter Naturforscher.

Bis 1837 arbeitete Kaup als „provisorischer Gehilfe“. Insgesamt blieb er 45 Jahre lang bis zu seinem Tod im „Naturalien-Cabinet“.

Museumsdirektor Ernst Schleiermacher, ein Mann mit viel Kunstverständnis, Sammler und Forscher von Petrefakten und Förderer manchen Genies, beauftragte Kaup 1828 mit der genauen Untersuchung eines bei Eppelsheim unweit von Alzey in Rheinhessen entdeckten großen Unterkiefers. Dieses Fossil war von Schleiermacher bereits dem Pariser Gelehrten Georges Cuvier (1769-1832) vorgelegt und von jenem als tapirähnliches Tier gedeutet worden. Dank des Auftrages von Schleiermacher wandte sich Kaup auch dem Gebiet der Paläontologie zu, in dem er in der Folgezeit Großartiges leistete.

Bei der Naturforscherversammlung in Berlin 1828 verlas der Zoologe Arnold Adolf Berthold (1803-1861), ein Göttinger Studienfreund und Privatdozent, die Arbeit „Deinotherium giganteum. Eine Gattung der Vorwelt aus der Ordnung der Pachydermen“ von Kaup, die 1829 gedruckt erschien. Darin ging es um den erwähnten Unterkiefer aus der Gegend von Eppelsheim, dem einige Jahre später ein aufsehenerregender Fund eines Oberschädels folgte.

Wie oft in seinem Leben, lebte Kaup auch Ende der 1820-er Jahre in sehr drückenden finanziellen Verhältnissen. Dass er trotzdem seinen Humor nicht verlor, zeigt eine Begebenheit, die der Großherzogliche Medizinalrat Friedrich Langheinz, ein Schüler und Verehrer von Kaup, erzählte. Im überaus strengen Winter 1828/1829 wohnte Kaup in einer Dachstube vermutlich in der Karlstraße und besaß nur ein Klafter Tannenholz als Brennmaterial. Von diesem Vorrat nahmen zwei im selben Haus wohnende Frauen ab und zu etwas weg. Als Kaup dies bemerkte, bohrte er im Angesicht der beiden diebischen Frauen Löcher in viele Holzstücke, füllte sie mit schwarzen Mohnsamen und verkeilte sie. Die zwei Frauen hielten die Mohnkörner für Schießpulver und aus Angst vor einer Explosion hörten nun die Diebstähle von Brennholz auf.

[Dies ist eine Leseprobe. Graphiken und Tabellen sind nicht enthalten.]

Pariser Gelehrter Georges Cuvier (1769-1832)

In dem im April 1829 erschienenen, 204 Seiten umfassenden Werk „Skizze zur Entwicklungsgeschichte und Natürliches System der Europäischen Thierwelt“ präsentierte Kaup bemerkenswerte Gedanken und Grundsätze. Er versuchte, die Entwicklung der Tierwelt von niederen zu höheren Formen durch parallellaufende, von den Amphibien beginnende, durch die Vögel zu den Säugetieren aufsteigende Reihen nachzuweisen. Deswegen gilt er als einer der Vorläufer des britischen Naturforschers Charles Darwin (1809-1882). Im Laufe der Zeit entfernte sich Kaup aber immer mehr von diesen Vorstellungen und bezeichnete dieses Werk, das nicht die erhoffte Resonanz fand, als eine „Jugendsünde“ und schämte sich dafür. Wohlwollende Fachleute hatten ihn nicht davon abbringen können, diese Entwicklungsgeschichte zu veröffentlichten. Aus heutiger Sicht gelten seine Gedanken darin als eher übernatürlich und phantastisch. Beispielsweise führte er die Zahlenverhältnisse der Klassen, Ordnungen, Familien usw. auf unumstößliche mathematische Formeln zurück.

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Ende der Leseprobe aus 250 Seiten

Details

Titel
Johann Jakob Kaup - Der große Naturforscher aus Darmstadt
Autor
Jahr
2011
Seiten
250
Katalognummer
V168058
ISBN (eBook)
9783640849000
ISBN (Buch)
9783640849161
Dateigröße
28453 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Schlagworte
johann, jakob, kaup, naturforscher, darmstadt
Arbeit zitieren
Ernst Probst (Autor:in), 2011, Johann Jakob Kaup - Der große Naturforscher aus Darmstadt, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/168058

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