Qualitätsmanagement in der Heimerziehung unter Berücksichtigung des Qualitätsmodells von Meyer/Mattmüller


Diplomarbeit, 2002

102 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Anlage und Ausrichtung der Arbeit

1 Die Leistungen der Heimerziehung
1.1 Aufgaben und Anspruch des Kinder- und Jugendhilfegesetzes an die Heimerziehung
1.1.1 Der geschichtliche Hintergrund
1.1.2 Die rechtliche Situation
1.2 Die Heimerziehung als Leistung
1.3 Eine betriebswirtschaftliche Sichtweise der Heimerziehung
1.4 Konklusion des ersten Kapitels

2 Unterschiedliche Qualitätsverständnisse
2.1 Keine Definitionen und das allgemeine Sprachverständnis von Qualität
2.2 Die Qualitätsansätze nach Garvin
2.3 Qualitätsmanagement entsprechend den Normen der DIN-Reihe
2.3.1 Die Normenreihe DIN ISO 9000 ff.
2.3.2 Die Umsetzung in der Heimerziehung
2.4 Corporate Identity als Qualitätsansatz
2.5 Die Kritik an den Qualitätsverständnissen
2.5.1 Kritik am „Allgemeinen-Qualitätsansatz“
2.5.2 Kritik an den Qualitätsansätzen Garvin´s
2.5.3 Die Kritik an einem Qualitätsverständnis gemäß den Normen DIN EN ISO 9000 ff.
2.5.4 Die Kritik an der Corporate Identity
2.6 Konklusion des zweiten Kapitels

3 Die Grundlagen zum Qualitätsmodell von Meyer/Mattmüller
3.1 Dienstleistung als ein Versorgungsobjekt
3.2 Die konstitutiven Merkmale der persönlich erbrachten Dienstleistung
3.2.1 Dienstleistung als Potential menschlicher Leistungsfähigkeiten
3.2.2 Immaterialität als Kennzeichen der Dienstleistung
3.2.3 Integration externer Faktoren
3.3 Das Qualitätsmodell von Meyer/Mattmüller
3.4 Konklusion des dritten Kapitels

4 Fazit

Literaturverzeichnis:

A: Monographien

B: Sammelwerke und sonstige Veröffentlichungen

Abbildungsverzeichnis:

Abbildung 1: Bezeichnung der Normelemente im Vergleich

Abbildung 2: Differenzieung der Versorgungsobjekte

Abbildung 3: Darstellung von Dienstleitungen in Heimen mit materiellem bzw. immateriellem Leistungsergebnis oder -prozess, in Anlehnung an die Matrix von Meyer

Abbildung 4: Modell der Dienstleistungsqualität von Meyer/Mattmüller

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Anlage und Ausrichtung der Arbeit

Qualität ist ein Begriff, der bereits seit längerer Zeit im Bereich der sozialen Arbeit und damit auch der Heimerziehung diskutiert wird. Dabei scheint es zunächst notwendig zu definieren, was denn die eigentliche Leistung der Heimerziehung überhaupt ist und wie sie beschrieben werden kann?

Daneben ist auch der Begriff der Qualität einer etymologischen Betrachtung zu unterziehen. Dies gilt um so mehr, als es häufig unklar erscheint, was denn Qualität im jeweiligen Zusammenhang für eine Bedeutung hat. Was meint der Begriff Qualität?

Die Leistungserstellung in Heimen erfolgt jedoch immer innerhalb eines sozialen und eines zeitlichen Kontexts mit spezifischen, sie prägenden Werturteilen. Welchen Werturteilen, die möglicherweise historisch gewachsen sind, steht die Heimerziehung gegenüber?

Heimerziehung ist soziale Arbeit. Dies bedingt immer, dass eine große Anzahl von Interessengruppen versuchen wird, Einfluß in ihrem Sinne zu nehmen. Ist es möglich, durch geeignete Maßnahmen, die Qualitätswahrnehmung von Interessengruppen zu steuern und so die Leistung der Heime transparenter zu machen?

Heimerziehung erfüllt gesetzliche Aufgaben. Welche Ansprüche an die Qualität der Heime gibt es aus der Sicht der gesetzlichen Regelungen, die sie zu erfüllen haben? Wenn ja, wie sieht hier die Umsetzung aus?

Heime sind Organisationen und auch Unternehmen, die sich an wirtschaftlichen Instrumenten orientieren müssen, um ihr Überleben am Markt zu sichern. Sie bedürfen mithin betriebswirtschaftlicher Organisations- und Managementtechniken, die dazu dienen sollen, diese Ziel zu erreichen.

Qualitätsmanagement umfasst ein aktives Handeln, bei dem durch die Anwendung von geeigneten Techniken und Methoden, Qualität in der Heimerziehung erreicht werden kann. Qualität kann jedoch nur innerhalb eines vorgegebenen Rahmens erreicht werden, der durch gesellschaftliche Akzeptanz, juristische Normen und finanzielle Mittel auf der einen Seite, ebenso durch die pädagogischen Möglichkeiten und Ressourcen der Einrichtungen und Educanden auf der anderen Seite definiert ist.

Als Methode dieses Ziel zu erreichen, soll das Modell von Meyer/Mattmüller und die ihm zugrundeliegenden Erkenntnisse genutzt werden. Es geht in diesem Zusammenhang um eine grundlegende Adaptionsleistung. Ist dieses Modell geeignet, Qualität in der Heimerziehung zu erreichen? Oder handelt es sich dabei nur um Vorstellungen, die nicht auf soziale Dienstleistungen übertragen werden können? Wenn doch, welche Einschränkungen bestehen?

Am Ende der Betrachtung sollen Erkenntnisse stehen, welche Ansatzpunkte für einen aus sozialpädagogischer Sicht akzeptablen Gestaltungsraum für ein Qualitätsmanagement zur Verfügung stehen. Wie kann also, am Modell von Meyer und Mattmüller orientiert, organisatorisches und pädagogisches Verhalten abgeleitet werden?

1 Die Leistungen der Heimerziehung

Ziel dieser Betrachtung soll es sein, einleitende Erläuterungen aus unterschiedlichen Blickrichtungen auf das Objekt Heimerziehung zu geben. Dadurch wird ein Verstehen der komplexen Materie erleichtert und aufgezeigt werden, welche Leistungen die Heimerziehung erbringt. Aus diesem Grund beginnt die Darstellung mit einem kurzen historischen Rückblick, denn nur so können heutige Veränderungen im Leistungsangebot und überhaupt die Qualitätsdiskussion verstanden werden. So ist das heutige KJHG mit seinen Leistungsanforderungen an die Heimerziehung Resultante einer Kritik am JWG. Die reine Betrachtung des KJHG reicht jedoch nicht aus, um der Komplexität gerecht zu werden. Deshalb wird der Blick dahingehend geweitet, zu betrachten, was denn eigentlich die Leistung der Heimerziehung an und für ihre Kinder und Jugendlichen ist. Dabei soll das Augenmerk im Besonderen auf die Erziehungsleistung gelegt werden. Schließlich bleibt festzustellen, dass die Leistungserstellung von ihrer Organisationsform und auch von der in der Bundesrepublik erreichten Größe im Allgemeinen und der vornehmlich betriebswirtschaftlich geprägten Qualitätsdiskussion im Besonderen auch eine betriebswirtschaftliche organisationstheoretischen Betrachtung notwendig erscheinen läßt. Eben diese soll im letzten Abschnitt dieses Kapitels geleistet werden.

1.1 Aufgaben und Anspruch des Kinder- und Jugendhilfegesetzes an die Heimerziehung

1.1.1 Der geschichtliche Hintergrund

Post führt aus, dass die gesellschaftliche Liebestätigkeit erst mit der Verbreitung des christlichen Glaubens aufkam. Kirchliche Einrichtungen widmeten sich Findel- und Waisenkindern aus der Motivation heraus, so etwas für das Leben nach dem Tod zu tun. Die Armenfürsorge wurde im Mittelalter in Hospitälern wahrgenommen, in denen alle unterschiedlichen Gruppen bedürftiger Menschen versorgt wurden. Es waren dies ebenso Sterbende wie Kranke oder eben auch Waisenkinder. Durchgängig war jedoch auch hier die Vorstellung, dass die Kinder besser in Pflegefamilien untergebracht werden. Erst im 15. Jahrhundert wurden dann die ersten städtischen Einrichtungen gegründet, die sich nur um Waisen- oder Findelkinder kümmerten.[1]

Über die meisthin verwendeten Erziehungsmittel gibt die Wormser Schulordnung von 1260 Aufschluß. Es wird hier darauf hingewiesen, dass der Lehrer ein zu hohes Strafmaß angewendet hat, wenn bei seinen Schülern Verletzungen wie Wunden oder Knochenbrüche aufgetreten sind.[2]

Mit der Reformation änderten sich die Vorstellungen den Kindern gegenüber. Es fand eine Trennung der Geschlechter statt, die Kinder wurden zur Arbeit angehalten aber auch eine einfache geistige Bildung wurde angestrebt. Das Waisenhaus wurde zu dieser Zeit verstanden als Arbeits- und Zuchthaus für Kinder und Jugendliche. Die Verhältnisse waren aus zweierlei Richtung geprägt. Zum einen ging es um die Einhaltung des Bettelverbotes, einer armenpolizeilich motivierten Regelung. Mit dem Betteln wurden Ungehorsamkeit und Faulenzerei bekämpft. Die strenge religiöse Erziehung, gepaart mit Erziehungsmitteln der Disziplinierung durch körperliche Strafen, führten jedoch eher zu Unlust der Educanden. Zucht und Ordnung standen so im Mittelpunkt der erzieherischen Ziele, da die Kinder hierdurch auf ihr späteres Leben als Knecht oder Geselle vorbereitet werden sollten. Auf der anderen Seite ging es beim Einsatz von Arbeit als Mittel zur Erziehung hier auch für den Betreiber des Kinder- und Waisenhauses um die Erzielung eines Gewinnes. Er, der Betreiber, war also nicht nur Einrichtungsleiter mit dem Ansinnen, seine Kinder und Jugendlichen zu versorgen, sondern er war gleichzeitig auch Unternehmer. Die Hauptbeschäftigung der Kinder war somit Arbeit und nicht Spiel oder Bildung. Die Vorstellung, dass die Kinder dadurch zu guten Christen werden würden, galt vielen als geeignete Rechtfertigung.[3]

Im beginnenden neunzehnten Jahrhundert wurde die Kinderfürsorge durch zwei Phänomene stark beeinflusst. Es waren dies zum einen die napoleonischen Kriege, die in großen Teilen zu einer Verarmung der Bevölkerung geführt hatten. Die Anzahl der zu versorgenden Kinder war gestiegen, die vorhandenen Ressourcen waren geringer denn je. Zu dieser Problematik hinzugetreten war eine veränderte Geisteshaltung innerhalb der Bevölkerung bedingt durch den in Deutschland aufkommenden Frühliberalismus. Das Interesse des Staates lag mehr im Schutz aller Bürger vor Übergriffen, denn in die Familie einzugreifen. Dadurch wurde den Armenkindern nur noch das Existenzminimum zuerkannt. Die Folgen waren Verelendung und Verwilderung der Jugend, die, da die Eltern Arbeiten mußten, häufig über lange Zeiträume sich selbst überlassen waren. Durch das Versagen der öffentlichen Stellen begründet, bildeten sich zu dieser Zeit private Vereine heraus, die die Kinderfürsorge übernahmen. Sie zeichneten sich aus durch ihre Unabhängigkeit von staatlichen Stellen und die Aufhebung von ständischen Vorstellungen, da sich die Vereinsmitglieder nur dem Ziel des Vereins verpflichtet fühlten. Diese sogenannte Rettungshausbewegung fußte auf den Vorstellungen von Johann Heinrich Pestalozzi. Seine Ideen bezüglich der Anstaltserziehung wurden vordringlich von der Wehrli-Schule und Fellenbergs Anstalt in Hofwyl aufgegriffen. Beide Anstalten hatten Einfluß auch für Deutschland. Es wurde hier versucht, in einer familienähnlichen Struktur die Kinder zu versorgen. Dies wurde als wichtig erachtet, mußte doch die Anstalt die Familie ersetzen. Die Arbeit in der Landwirtschaft war ein entscheidender Erziehungsfaktor. Die Kinder wurden so auf ihr späteres Berufsleben vorbereitet. Neben der Arbeit lag ein weiteres Schwergewicht auf der religiösen Erziehung. Dies begründet sich daraus, dass die Rettungshausbewegung stark durch den Pietismus beeinflusst wurde. Diese Erziehung zur Gottseeligkeit sollte durch Gebet und Arbeit erreicht werden. Für wichtig erachtet wurde in dieser Erziehung ebenso die Strafe. Sie sollte im Zusammenhang mit der verübten Tat stehen und nur in schweren Fällen erfolgte körperliche Züchtigung.[4]

Die Rettungshäuser hatten in ihrer Struktur schon viel mit den Einrichtungen der Heimerziehung des 20 Jahrhunderts gemein. Sie grenzten sich so auch ab von den noch mittelalterlich geprägten Hospizen, wie sie vormals bestanden hatten. Freie Trägerschaft in Form eines Vereines, möglichst große Unabhängigkeit von Seiten des Staates, Betreuung in familienähnlichen Strukturen und eine oftmals konfessionelle Bindung oder Motivation zeichneten diese Rettungshäuser aus. Konstruktionsmerkmale also, wie sie in der heutigen Diskussion um Heimerziehung ebenfalls noch zu finden sind.

Das Kinderheim in der Zeit vom 2. Weltkrieg bis etwa zu den 70-er Jahren, war geprägt durch seine Größe. 100 bis 400 Plätze waren nicht unüblich, Dabei wurde besonderer Wert darauf gelegt, dass nur bestimmte Altersgruppen betreut wurden. In Säuglings- und Kleinkinderheimen wurden mehr hygienische als pädagogische Leistungen erbracht. Erst Kinder über drei Jahren kamen in pädagogisch geleitete Kinder- oder Schülerheime. Mit höherem Alter fand dann eine Verlegung in Jugend- und Lehrlingsheime statt. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die in den Einrichtungen beschäftigt wurden, waren häufig ohne geeignete Ausbildung. Die Erziehung wurde generell getrenntgeschlechtlich durchgeführt. Entweder in Einrichtungen nur für Jungen oder Mädchen oder aber wenn innerhalb eines Heimes, dann auf unterschiedlichen Gruppen. In der Nachkriegszeit waren viele der untergebrachten Kinder Voll- oder Halbwaisen. Elternarbeit wurde ansonsten, wenn denn überhaupt praktiziert, eher nur mit geringem Interesse beobachtet. Durch die Spezialisierung auf unterschiedliche Altersgruppen bedingt, kam es bei den Kindern und Jugendlichen zu häufigen Verlegungen von einer Einrichtung in die andere. Fünf oder sechs Brüche im Lebensweg mit dem Verlust des sozialen Umfeldes und der Notwendigkeit des Aufbaus neuer sozialer Beziehungen waren dabei die Regel. Wer störte wurde auch noch häufiger verlegt.[5]

Brosch beschreibt hier die Zustände in verschiedenen Einrichtungen in Nordhessen Ende der 60-er Jahre. Er beschreibt, dass die Einrichtungen stets an abgelegenen Orten zu finden sind, nie in Städten oder in der Nähe von ihnen. Die Gebäude sind nicht in ihr Umfeld integriert, sondern grenzen sich klar von ihm ab. Die Heimordnung ist in einem militärischen Stil abgefaßt. Sie legt Wert auf ein angepaßtes Verhalten, welches das funktionieren der Großeinrichtung gewährt. Besuch kann in den ersten sechs Wochen des Heimaufenthaltes nicht empfangen werden. Danach ist der erste Sonntag im Monat Besuchssonntag. Zum Ausgang aus dem Heim wird eine Ausgangserlaubnis benötigt.[6]

Der Tagesablauf ist stark durchstrukturiert. Aufstehen ist um 6.30 Uhr, um 7.30 Uhr ist Appell auf dem Hof des Heimes. Danach geht es zur Arbeit. Um 12 Uhr ist Mittagspause. Hier wird auch die geöffnete und zensierte Post verteilt. Ab 13 Uhr wird wieder gearbeitet, bis etwa 17 Uhr. Freizeit haben die Jugendlichen nach dem Abendessen, etwa ab 18.30 Uhr bis 22 Uhr. Das Fernsehen wird von den Erziehern eingeschränkt, wenn sie von einer Gefährdung für die Jugendlichen ausgehen. Die Jugendlichen werden durch Strafen diszipliniert. Kleinere Verfehlungen bestrafen die Erzieher durch Taschengeldabzug und Ausgangssperre. Für schwerere Vergehen gibt es die geschlossene Abteilung oder Haft im Karzer. In der geschlossenen Abteilung befinden sich Jugendliche zur Disziplinierung. Diese hatten sich nicht an die bestehende Ordnung gehalten. Eine andere Aufgabe der geschlossenen Abteilung ist die Unterbringung von Jugendlichen, die hier anstatt Untersuchungshaft untergebracht sind. Der Karzer stellt eine Arrestzelle dar. Die Fenster sind durch Panzerglas ersetzt, als Lüftung dient ein schmaler Schlitz oberhalb des Fensters. Als Bett fungiert ein Holzkasten mit Matratze darauf. Wer am Tag das Bett benutzt, dem wird als verschärfte Strafe die Matratze entzogen und er muß dann auf dem Holz schlafen. Die sich im Raum befindliche Toilette kann nur von außen gespült werden.[7]

Es erscheint evident, dass sich an diesen Zuständen massive Kritik entzünden mußte.

Münder u.a. fassen die Kritik zusammen, wenn sie die jeweiligen Punkte benennen. Es werden hier folgende Problemkreise aufgelistet: Anonyme und beziehungsarme Milieus der großen Einrichtungen, identitätsstörende und stigmatisierende Wirkungen der Großheime, die an repressiven Mustern wie Verwahrlosung ausgerichteten Einweisungskriterien, ebenso die lange Aufenthaltsdauer in den Heimen, bei fehlender Erziehungsplanung. An der personellen Ausstattung der Einrichtungen wird die hohe Personalfluktuation und der Schichtdienst kritisiert, der zu Beziehungsverlusten und zu Desorientierung bei den Kindern führt. Eine generelle Kritik erfährt auch die Abkapselung der Heime. Sie grenzen sich räumlich und institutionell von ihrer sozialen Umwelt ab.[8]

Die an der Heimerziehung vorgebracht Kritik führt zu dringend notwendigen Veränderungen.

So weist Hamberger zunächst daraufhin, das der Begriff des Heimes in seiner ursprünglichen Bedeutung heute diesen Einrichtungen nicht mehr gerecht wird, da diese sich sehr stark verändert haben. Dies liegt daran, dass sich die Heimeinrichtungen heute weniger als Großeinrichtung verstehen, denn vielmehr als ein Verbund von einzelnen Leistungsangeboten. Die Einrichtungen haben sich hierzu in vielen Fällen verkleinert, was die klassische Betreuung von Kindern und Jugendlichen angeht. An diese Stelle traten neue Hilfsangebote, wie etwa Tagesgruppen, externe Wohngruppen oder Jugendwohngemeinschaften. Allen neuen Angeboten zusammen liegt die Vorstellung zugrunde, sich zu entinstitutionalisieren. Mehr Autonomie und Gestaltungsmöglichkeiten konnten so geschaffen werden. Neben dieser Differenzierung der Betreuungsangebote muß auch das Bestreben Erwähnung finden, die Organisationen zu dezentralisieren. Gemeint ist hiermit zweierlei. Zum einen bedeutet Dezentralisierung[9] die Auflösung oder Verlagerung von Einrichtungen, die weit außerhalb von Städten oder Dörfern lagen. Diese Strukturveränderung sollte einen stärkeren Bezug zur Lebenswelt der Jugendlichen herstellen und einer früheren Stigmatisierung entgegenwirken. Eine räumliche Verlagerung also. Daneben hebt Dezentralisierung aber auch auf Veränderungen in der Binnenorganisationsstruktur der ehemaligen Großeinrichtungen ab.[10]

Hierzu gehören beispielsweise die eigene Versorgung mit Lebensmitteln, die eigene Zubereitung von Speisen und nicht die Versorgung aus der Großküche des Heimes. Auch zu nennen ist die Ausstattung der Jugendhilfeeinrichtung. Einzelzimmer mit eigenem Mobiliar statt Schlafsaal.

Goffmann ist es, der den Heimen alter Prägung einen eindeutigen Begriff zuordnete. Er bezeichnet sie als totale Institutionen. Diese definiert im folgenden: ”Jede Institution nimmt einen Teil der Zeit und der Interessen ihrer Mitglieder in Anspruch und stellt für sie eine Art Welt für sich dar; kurz, alle Institutionen sind tendenziell allumfassend. Betrachten wir die verschiedenen Institute innerhalb der westlichen Zivilisation, so finden wir, daß einige ungleich allumfassender sind als andere. Ihr allumfassender oder totaler Charakter wird symbolisiert durch Beschränkungen des sozialen Verkehrs mit der Außenwelt sowie der Freizügigkeit, die häufig direkt in die dingliche Anlage eingebaut sind, wie verschlossene Tore, hohe Mauern, Stacheldraht, Felsen, Wasser, Wälder oder Moore. Solche Einrichtungen nenne ich totale Institutionen (...).”[11]

Diesen Heimen, die mit dem Begriff der totalen Institutionen zu bezeichnen waren, mußte auch von pädagogischer Seite ein grundlegend neues Konzept gegenübergestellt werden. Nur so war es möglich sich aus der klassischen Anstaltserziehung, wie sie oben mit ihren negativen Erscheinungen beschrieben wurde, zu befreien und Raum für Veränderungen zu geben.

Thiersch entwickelte hierzu maßgeblich das Konzept der lebensweltorientierten Sozialen Arbeit[12]. Sein Konzept zielt zunächst ab auf die konkreten Lebenswelten, in denen sich die Jugendlichen befinden. Menschen arrangieren sich in ihren Lebenswelten, indem sie die darin enthaltenen Ressourcen nutzen. Diese räumlichen, zeitlichen und sozialen Möglichkeiten bilden für die Jugendlichen die Grundlage zur Aneignung ihrer Umwelt. Soziale Arbeit in Form der Jugendhilfe muß also zunächst die Lebensverhältnisse der Jugendlichen analysieren und verstehen, damit Verhaltensweisen als Bewältigungsstrategien des Alltags erkannt werden können. Diese Form der Jugendhilfe orientiert sich so an der heutigen Lebenswelt der Kinder. Eine reine Zustandsbeschreibung wäre jedoch nicht ausreichend. Eine Reflexion der Lebenssituation hebt ab auf die Notwendigkeiten zur Veränderung, die auch durch eine Fremdunterbringung in einem Heim erreicht werden kann.[13]

Thiersch entwickelt aus diesem Ansatz so Strukturmaximen für die Jugendhilfe bzw. Heimerziehung. Er benennt hier das Prinzip der Prävention, dem die Jugendhilfe gerecht werden muß ebenso, wie die Maxime der Dezentralisierung und Regionalisierung der Jugendhilfeangebote. Also Leistungsangebote vor Ort. Für das Gelingen des Alltags fordert er, dass sich die Institution den Bedürfnissen der Jugendlichen zu öffnen hat. Auch benannt werden Integration und Partizipation als Strukturmaximen lebensweltorientierter Jugendhilfe. Integration stellt ab auf ein Teil werden der Gesellschaft, beispielsweise bezüglich Behinderten und Ausländern. Partizipation fordert Teilhabe an Rechten und Pflichten und fordert so auch die Wahl zwischen unabhängigen Alternativen. Da Jugendhilfe mit diesem Maximenkatalog verschiedene Politiken berührt, wird auch Einmischung zu einer Leistung der Jugendhilfe. Nur durch sie kann die Gesellschaft und Politik für die Lebenswelt der Jugendlichen verändert werden.[14]

Die hier skizzierte Veränderung und Entwicklung in der Heimerziehung stellt insbesondere im Zeitraum der letzten 20 Jahre auch eine gravierende Veränderung hinsichtlich ihres Qualitätsniveaus dar. Werden die Formen pädagogischer Leistungserstellung zu Zeiten der Kinderheime als totaler Institution mit den heutigen Verbundstrukturen verglichen, so sind Qualitätsunterschiede im Sinne eines auf Dienstleitungen abstrahierten produktbasierten Qualitätsbegriffs[15] nicht von der Hand zu weisen. Dies erscheint insofern von Interesse zu sein, als durch Thierschs Konzept der Lebensweltorientierung eben auch eine Weiterentwicklung in der Heimlandschaft seit der totalen Institution zu verzeichnen ist. Diese Entwicklung verharrt nicht auf dem Niveau einer rein anderen Leistung, sondern stellt eben eine Veränderung in qualitativer Hinsicht dar.

1.1.2 Die rechtliche Situation

Die oben angeführte Kritik an der Jugendhilfe im Allgemeinen und der Heimerziehung im Besonderen fand auch in juristischer Sicht seinen Niederschlag. Im Jahr 1990 trat das Gesetz zur Neuordnung des Kinder- und Jugendhilferechts (Kinder- und Jugendhilfegesetz KJHG) in Kraft. Nach einer sehr lange dauernden Reformdiskussion, die bis in die 60er Jahre zurückreicht, wurde so das Gesetz für Jugendwohlfahrt (JWG) von 1962 abgelöst, welches selbst noch auf dem Reichsjugendwohlfahrtsgesetz[16] (RJWG) von 1922 fußte.[17]

Der wesentliche Aspekt für die Neuordnung durch das KJHG war die Absicht, dass noch eingriffs- und ordnungsrechtlich geprägte JWG durch ein präventiv orientiertes Leistungsgesetz zu ersetzen. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass das Kind nicht direkt der Adressat ist. Aus Art. 6 Abs. 2 GG ergibt sich, das die Pflege und Erziehung der Kinder das natürliche Recht und die Pflicht der Eltern sind, worüber jedoch der Staat zu wachen hat. Ziel der Jugendhilfe und damit auch der Heimerziehung ist es also, die Eltern zu stützen und ihnen eine Hilfe in ihrer Erziehungsarbeit zu sein.[18]

Diesem Gedanken folgt auch § 34 KJHG. Es heißt dort: “Sie[19] soll entsprechend dem Alter und Entwicklungsstand des Kindes oder des Jugendlichen sowie den Möglichkeiten der Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie 1. eine Rückkehr in die Familie zu erreichen versuchen (...).”[20]

“Der Jugendhilfe kommt kein eigenständiger, von der Erziehungsverantwortung der Eltern unabhängiger Erziehungsauftrag zu. Ihre Funktion der elternunterstützenden Hilfe und damit ihr Beitrag zur indirekten Verbesserung der Erziehungssituation von Kindern und Jugendlichen war gesetzlich stärker herauszuarbeiten.”[21]

Eine hierzu gegenteilige Meinung formuliert Borsche, wenn er für Kinder und Jugendliche ein eigenständiges Recht auf Erziehung fordert. Die in § 27 Abs. 1 KJHG eingeführte Regelung, die dem Personensorgeberechtigten und eben nicht dem eigentlichen Adressaten, also den Kindern und Jugendlichen die Hilfe zur Erziehung zukommen läßt, reduziert die Rechtsstellung von Kindern. Sie werden so zu einem Objekt zurückgestuft, an dem Handeln vollzogen wird. Er argumentiert, dass Jugendhilfe gar nicht in Konkurrenz zum elterlichen Erziehungsrecht tritt, sondern dieses eben nur komplettiert. Bedingt durch die Freiwilligkeit der angebotenen Leistungen der Jugendhilfe und der Professionalität der geleisteten Arbeit bleibt die Autonomie der Familie gewahrt. Borsches Argumentation fokussiert letztendlich in der Forderung, den eigenständigen Erziehungsauftrag der Jugendhilfe und ebenso die Rechtsstellung von Kindern und Jugendlichen durch eine Änderung des Grundgesetzes zu verankern.[22]

Die Schlußfolgerungen aus § 27 Abs. 1 KJHG bedeuten jedoch nicht, dass eine Hilfe für Kinder und Jugendliche nur über die Eltern bewerkstelligt werden kann. § 8 Abs. 2 und 3 KJHG geben hier auch andere Möglichkeiten vor. So haben Kinder und Jugendliche das Recht, sich in allen Angelegenheiten der Erziehung und Entwicklung an das Jugendamt zu wenden. Sie können hier ohne Kenntnis des Personensorgeberechtigten beraten werden, wenn die Beratung aufgrund einer Not- oder Konfliktlage erforderlich ist und eine Mitteilung an den Personensorgeberechtigten den Beratungszweck vereiteln würde.[23]

Liegt bereits eine mutmaßliche Gefährdung des Kindeswohls vor, so kann das Jugendamt auch gemäß § 50 Abs. 3 KJHG das Gericht anrufen.[24]

Eine rechtliche Regelung massiv gegen den Willen der Personensorgeberechtigten vorzugehen, bietet in diesem Kontext nur noch § 1666 BGB. Hier wird eingegangen auf eine mißbräuchliche Ausübung der elterlichen Sorge, welche durch Vernachlässigung des Kindes ein Eingreifen des Vormundschaftsgerichts notwendig werden läßt.[25]

Für die Heimerziehung von Relevanz ist dann auch die Trennung des Kindes von der elterlichen Familie und der Entzug der Personensorge insgesamt.[26] Dieser massive, durch ein Vormundschaftsgericht angeordnete Schritt, ermöglicht dann auch Hilfen gegen den erklärten Willen der Eltern.[27]

Diese Erläuterungen haben auch Auswirkungen auf ein Qualitätsmanagement der Heimerziehung. Der Adressatenkreis hat sich durch diese Regelungen im KJHG verändert. Es sind am Erziehungsprozess nicht nur das jeweilige Kind, die Einrichtung und das Jugendamt beteiligt, sondern auch in einem maßgeblichen Umfang die jeweiligen Personensorgeberechtigten. Dies gilt um so mehr als § 9 Abs. 1 KJHG regelt, dass die Grundrichtung der Erziehung, wie sie durch die Personensorgeberechtigten vorgegeben wird, zu beachten ist.[28]

Die Größe des Adressatenkreises macht es geradezu notwendig eine Institution zu installieren, in der es möglich ist, zum einen die Erziehung zu planen und zum anderen als Möglichkeit zur Abstimmung durch Kommunikation zu dienen. Hierzu wurde im KJHG der Hilfeplan vorgeschrieben.[29]

Schwabe zeigt in seinem Aufsatz jenes bereits abgehandelte Viereck[30] der Erziehungshilfe auf, welches aus dem Jugendamt, den Personensorgeberechtigten, der leistungserbringenden Instanz und dem eigentlichen Nutzer der Hilfe zur Erziehung besteht, also dem oder der Jugendlichen. Wichtig erscheinen dabei zwei Hauptansätze, denen das Hilfeplanverfahren dienen soll. So soll im Hilfeprozess durch eine verbesserte Zielorientierung eine Optimierung der eingesetzten Leistung erreicht werden. Die eingesetzte Ressource Erziehungshilfe kann durch klärende Gespräche aller am Prozess beteiligten besser genutzt werden. Optimierung steht hier im Vordergrund. Auf der anderen Seite steht als Leitmaxime die Idee der Partizipation der Klienten. Hier stehen sich zwei Parteien gegenüber. Die eine sucht Hilfe, die andere bietet Hilfe an. Die Treffen zeigen Möglichkeiten von Aushandlungsprozessen auf.[31]

Eine besondere Bedeutung hat der Bereich der Qualitätsentwicklung auch durch die neuen gesetzlichen Regelungen der §§ 78 a ff KJHG erlangt. Qualitätsentwicklung wird hier verstanden in Abgrenzung zum Begriff der Qualitätssicherung.[32]

Die Unterscheidung liegt hier darin, dass Qualitätsentwicklung auf einen Zustand abhebt, den es in der Realität noch nicht gibt, der also erst entwickelt, mithin noch erreicht werden muß. Entwicklung, verstanden als ein Prozess, ist somit immer ein mit Unsicherheit über das zu erreichende Niveau verbundener zeitverbrauchender Vorgang. Unsicher, weil unbekannt ist, inwieweit der oder die zu betreuende Jugendliche bereit ist, die an ihr erbrachte Erziehungsleistung zu akzeptieren. Zeitverbrauchend ist jede Erziehungsleistung, da neben dem Einsatz von Arbeit und allgemein formuliert Kapital, also Geld oder Ausstattung, eben immer Zeit notwendig ist, um Erziehungsleistung zu realisieren. Eine Substitution des Einen durch das Andere ist nur sehr begrenzt möglich. So ist es beispielsweise nicht möglich auch unter Zuhilfenahme einer enorm hohen Geldsumme, etwa eine Bildungsleistung wie das Abitur in nur fünf Jahren zu erlangen. Substitution scheitert hier. Volkswirtschaftlich gesprochen, wird Zeit so zum Produktionsfaktor. Für die Heimerziehung bedeutet dies, dass sie durch kurze Betreuungszeiträume häufig nicht die Veränderungen erbringen kann, die sie möchte und nun zum “Reparaturbetrieb” degradiert wird.

Qualitätssicherung hingegen bezieht sich auf einen Zustand in oder an dem bereits Qualität vorhanden ist. Es geht hier darum, diese zu erhalten oder gegebenenfalls zu verbessern.

§ 78 b KJHG regelt die Voraussetzungen für die Übernahme des Leistungsentgelts. Diese Verpflichtung besteht aber nur, wenn der Träger der Einrichtung oder sein Verband mit dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe eine Vereinbarung über den Inhalt, Umfang und die Qualität der Leistungsangebote getroffen hat. Diese Vereinbarung wird Leistungsvereinbarung genannt. Die Maßstäbe für die Bewertung der Qualität, sowie über geeignete Maßnahmen zu ihrer Sicherstellung sind zu vereinbaren und in der Qualitätsentwicklungsvereinbarung festzulegen.[33]

Münder u.a. widmen sich der Qualitätsentwicklungsvereinbarung mit besonderem Augenmerk. Sie führen aus, das es hierbei nicht nur um allgemeine Grundsätze und Maßstäbe geht, sondern um Schritte, die notwendig sind eine Qualitätsgewährleistung zu erreichen. Als Instrumente hierfür werden Beratung, Anleitung, Supervision, Fortbildung und systematische Dokumentation der erbrachten Leistungen der Einrichtung sowie die Entwicklung des Jugendlichen gesehen. Bezüglich der Leistungsqualität wird hier eine Unterscheidung in Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität[34] vorgenommen. Die Strukturqualität bezieht sich auf personelle, sächliche und die finanzielle Ausstattung der Einrichtung. Betrachtet werden die Gruppenzusammensetzung und deren Größe, das Konzept der Betreuung oder etwa die notwendige Grundausstattung mit Sachmitteln. Die Prozessqualität steht hier für die Ausführung der Leistung. Dabei werden die Fähigkeiten des oder der Jugendlichen zum Ausgangspunkt der Ausführung der Leistung gemacht. Ihr liegt demzufolge eine diagnostische Betrachtung zu Grunde. Die Ergebnisqualität beurteilt, inwieweit die Ziele der Leistungserbringung erreicht worden sind. Die Entwicklungsverläufe und das subjektive Wohlbefinden der Leistungsberechtigten werden hierzu als Kriterien angeführt.[35]

§ 78 c KJHG führt aus, welchen Inhalt die Leistungsvereinbarung umfassen soll. Es zählen hierzu die Art, Ziel und Qualität des Leistungsangebots, sowie der zu betreuende Personenkreis, die sächliche und personelle Ausstattung, unter Beachtung der Qualität der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Ebenfalls festgelegt werden die Voraussetzungen unter denen der Träger der Einrichtung zur Leistung verpflichtet ist.[36]

1.2 Die Heimerziehung als Leistung

Werden Kinder und Jugendliche in einer Einrichtung der Jugendhilfe betreut, dann ist die Erziehungsleistung als die Hauptaufgabe der Einrichtung zu beschreiben. Sie steht im Mittelpunkt der Betrachtung. Es erscheint hier jedoch zunächst nötig zu betrachten, ob oder warum der Mensch Erziehung braucht oder ob er überhaupt erziehbar ist?

Irmgard Bock weist in ihrer pädagogischen Anthropologie darauf hin, dass der Mensch grundsätzlich ein erziehungsbedürftiges Wesen ist, welches angewiesen auf pädagogische Lernhilfen, nur durch sie zu einem sozialen Wesen wird. Der Begriff der Bildsamkeit grenzt sich von der Erziehungsbedürftigkeit dahingehend ab, dass Bildsamkeit die unendliche Vielfalt von Strategien repräsentiert, die als pädagogische Lernhilfe zur Verfügung stehen. Bildsamkeit ihrerseits, fußt als Produkt gleichsam auf genetisch Vorgegebenem, Umwelteinflüssen, Erworbenem sowie einer freien persönlichen Entscheidung. Auch darf hier der Zeitfaktor nicht unberücksichtigt bleiben, da Bildsamkeit nicht als Konstante, sondern ihrerseits als Variable über das Leben hin verstanden werden muß. Hier angesprochen wird auch die Diskussion um das Bestimmtsein des Menschen durch Erbe und Umwelt. Es wird hier darauf hingewiesen, dass es die Aufgabe der Pädagogik ist, sich vornehmlich mit dem Spektrum der Einwirkungsmöglichkeiten zu befassen. Diese gelten beim gesunden Menschen als so breit, dass für erzieherisches Handeln immer Raum bleibt.[37]

Thomae weist jedoch daraufhin, dass der Einzelne zwar das Produkt eines Sozialisationsprozesses ist, dass jedoch grundsätzliche Persön-lichkeitseigenschaften als erblich vorgegeben zu betrachten sind. Er benennt hierzu Werte, die je nach Merkmal zwischen 20 und 45% schwanken. Es bleiben noch genug Gestaltungsmöglichkeiten für pädagogische Maßnahmen.[38]

Hierzu werden jedoch auch stärkere Thesen vertreten. So weist Cube am Beispiel des Aggressionstriebes daraufhin, dass die Aussage, dass der Mensch heute keinen solchen mehr hat, weil er den Aggressionstrieb nicht mehr braucht, nicht stichhaltig ist. Die wenigen Jahre menschlicher Zivilisation begreift er demzufolge als evolutionär bedeutungslos.[39]

Der Begriff der Sozialisation[40] wird von Müller-Kohlenberg u.a. gegenüber der Erziehung wie folgt abgegrenzt: “Sozialisation meint also nicht nur das Geplante und Intendierte in der Erziehung, sondern alles, was in Kindheit und Jugend (und im gesamten Lebenslauf) gestaltend wirkt - im Guten wie im Schlechten. Die absichtsvolle Erziehung ist ein (eher kleiner) Teil dieses Geschehens.”[41]

Eine Definition, die sich nur mit dem Begriff der Erziehung befaßt, leistet Brezinka. Er schreibt: “Unter Erziehung werden Handlungen verstanden, durch die Menschen versuchen, das Gefüge der psychischen Dispositionen anderer Menschen in irgendeiner Hinsicht dauerhaft zu verbessern oder seine als wertvoll beurteilten Bestandteile zu erhalten oder die Entstehung von Dispositionen, die als schlecht bewertet werden, zu verhüten.”[42]

Diese Definition hebt daraufhin ab, dass sie die Erzieungsleistung als eine Handlung begreift.

Körner unterscheidet nicht, ob es sich dabei um ein Eingreifen oder ein Nichteingreifen handelt. Für ihn ist von Bedeutung, dass der Handlung eine Absichtlichkeit zugrunde liegt. Es wird dabei auch betrachtet, welche möglichen Nachfolger der Situation in Frage kommen. Die Alternativen werden bewertet unter Beachtung von impliziten oder expliziten Klugheits- oder Moralüberzeugungen.[43]

Schon aus der Abgrenzung der Begriffe von Sozialisation und Erziehung folgt, dass dem Begriff der Erziehung auch immer die Zielgerichtetheit zugrunde gelegt werden kann. Max Weber hebt hier in seinen Ausführungen auf den gleichen Umstand ab. Ein soziales Handeln ist für ihn ein Handeln, in dem der Handelnde sein Verhalten sinnhaft auf das Verhalten anderer bezieht. Gemeint ist hier nicht irgendein objektiv richtiger Sinn des Handelns, sondern der tatsächliche, begrifflich konstruierte oder subjektiv gemeinte Sinn.[44]

Als eigentliche Zielgröße der Erziehungsarbeit benennt Brezinka das psychische Dispositionsgefüge, welches eben durch Erziehung zum Besseren verändert werden soll. Er versteht hierunter relativ dauerhafte Bereitschaften des Menschen, die seinem Erleben und Verhalten zugrunde liegen. Unter die psychischen Dispositionen zählt er Kenntnisse, Haltungen, Einstellungen, Handlungs- oder Gefühlsbereitschaften oder Fertigkeiten. Alle diese Dispositionen sind als Phänomen nicht beobachtbar. Sie sind also nur hypothetische Kausalfaktoren des psychischen Geschehens. Gebildet werden sie, wenn in immer wiederkehrenden gleichen Situationen, sich ein Mensch ähnlich oder gleich verhält. Diesem Verhalten zugrundeliegend soll dann eben ein hypothetisches Konstrukt sein.[45]

Vogt begreift den Begriff des Konstrukts in gleicher Weise, wenn er schreibt: “Theoretisches Konstrukt und Operationalisierung.[46] Ein theoretisches Konstrukt ist eine Übersetzung von der Beobachtungssprache in die theoretische Sprache, und die operationale Definition betrifft eine Übersetzung (oder Rückübersetzung) aus der theoretischen Sprache in die Beobachtungssprache.”[47]

Deutlich wird bei dieser Betrachtung auch, dass der Begriff des hypothetischen Konstrukts auf Dauerhaftigkeit ausgerichtet ist. Ist nur das Verhalten anderst, so ist es möglich, dass der Educand erkannt hat, dass es besser ist, sich angepasst zu verhalten. Diese Anpassung liegt dann nicht daran, dass sich das Dispossitionsgefüge des oder der Jugendlichen geändert hätte, sondern resultiert aus dem Umstand, dass hier ein opportunistisches Verhalten vorliegt. Dies kann z.B. in Situationen auftreten, in denen sich der Educand durch seine Erzieher oder Erzieherinnen beobachtet fühlt und er Repressalien fürchtet. Außerhalb dieser durch andere kontrollierten Situation würde er sich dann wieder seinem Dispositionsgefüge entsprechend anders verhalten. Ein Erziehungserfolg wäre in dieser Konstellation nicht zu attestieren.

Giesecke beschreibt hier einen ähnlich gelagerten historischen Fall aus der Heimerziehung. So beschreibt er, dass die lange Aufenthaltsdauer in der Fürsorgeerziehung häufig eher die geschickten Kinder betraf, da sie von größerem wirtschaftlichen Nutzen für die Einrichtung waren, als andere Kinder. Neuankömmlinge wurden deshalb von älteren Zöglingen beim Melken angewiesen, nicht zu großes Geschick zu entwickeln, wollten sie der Anstalt schnell entkommen.[48]

Es wird so ersichtlich, dass die positiven und eigentlich gewollten Dispositionen, wie Leistungswille oder die Erlangung von arbeitstechnischen Fähigkeiten, in dieser Situation für die Educanden eher von Nachteil gewesen wären. Dies zeigt erzieherische Kontraproduktivität auf.

In diesem Zusammenhang muss auch betrachtet werden, welche Erziehungsziele die Einrichtung für den Jugendlichen verfolgt. In diese Richtung soll sich der Educand verändern. Die Erziehungsmittel sind es, mit denen versucht wird, die Veränderung zu erreichen.

Erziehungsziele können dabei zunächst verstanden werden als ein vorgestelltes Dispositionsgefüge, welches im Educanden durch Erziehung erreicht werden soll. Es kommt den Erziehungszielen so ein normativer Charakter zu, eine Aussage über ein sein sollen also, dem der Normadressat gerecht werden soll. Doch ist hierbei zu beachten, dass es neben der zu erziehenden Person noch einen weiteren Adressaten des Normbegriffes gibt. Erziehungsziele wenden sich in ihrem normativen Wesen auch an den Erzieher oder die Erzieherin. Sie sind aufgefordert so zu handeln, dass der Educand sich eben jenem Sollzustand so nahe wie möglich annähert, wie es ihm möglich ist. Dabei ist jedoch nicht festgelegt, wie der Erzieher dieses erreichen soll.[49]

Die Erziehungsmittel stellen all jene Möglichkeiten und Verfahren dar, mit denen der Erziehende seine von ihm bezweckten Veränderungen am Dispositionsgefüge des Educanden zu erreichen trachtet. Auch wenn Brezinka den Begriff des Erziehungsmittels für zu einengend hält und er umfassenderen Begriff Mittel verwendet, so ist doch ersichtlich, dass hier große Chancen für die Effizienz der pädagogischen Arbeit verborgen sind. Zu den verwendeten Mitteln werden hierbei nicht nur die “klassischen” Erziehungsmittel, wie Loben, Ermahnen, Beispiel-Geben oder etwa Belehren verstanden, sondern auch alle anderen Handlungen oder Nutzungen von Erziehern, mit denen sie ihre Erziehungsziele zu erreichen suchen. Hierzu werden dann auch Gegenstände gezählt, wie Gebäude und deren Einrichtung, Geräte, Bücher, etc.. Auch werden hierunter, die lokalen Bräuche und Sitten gerechnet. Maßgebend ist also die Zwecksetzung der Nutzung zur Erziehung, die als Definition dessen gilt, was ein Erziehungsmittel ist.[50]

Bei der Wahl der Erziehungsmittel wird zurecht darauf hingewiesen, dass es kein Universalmittel gibt, welches für alle pädagogischen Zwecke einsetzbar ist. Vielmehr ist es so, dass sich manche Mittel gegenseitig ausschließen. Es ist jedoch auch möglich, dass manche Mittel untereinander austauschbar sind oder mehrere Mittel miteinander kombiniert werden müssen, um den gewünschten Zweck zu erreichen. Da nicht jedes Mittel auf jeden gleich wirkt, ist es notwendig die Individualität des menschlichen Seins und die Besonderheit der jeweiligen Situation zu berücksichtigen. Gleiches gilt für die Zeit, zu der ein Mittel eingesetzt wird.[51]

Erzieherinnen und Erzieher sind also nicht autonom im Erziehungsprozess, da nicht ein einzelnes Erziehungsmittel, die als Wirkung bezweckte Veränderung des Dispositionsgefüges veranlaßt. Multikausalität statt Monokausalität liegt der Veränderung zu Grunde. Daraus folgt, dass Erziehung nur eine Teilursache der Dispositionsveränderung ist.[52]

1.3 Eine betriebswirtschaftliche Sichtweise der Heimerziehung

Soziale Einrichtungen, die Heimerziehung betreiben, sind nicht nur durch ihren sozialen Auftrag definiert, sondern stellen auch Organisationen dar, die betriebswirtschaftlich bedeutsam und zu analysieren sind.

Der Begriff Organisation bedeutet etymologisch betrachtet das planmäßige Gestalten eines organischen Ganzen mit einer gefügehaften Ordnung. Diese Definition umfasst dabei nicht nur die Naturwissenschaften, sondern auch die Sozialwissenschaften. Wird hier verstärkt auf den Bereich des Wirtschaftens, also den Austausch knapper Güter fokusiert, dann zeigt sich, dass dem Organisationsbegriff die Merkmale der Ordnung, der Zielgerichtetheit und der Begriff der Wirtschaftlichkeit zugeordnet werden können.[53]

Der Begriff der Ordnung setzt zunächst die Erkenntnis voraus, dass eine Gesamtaufgabe, die eine Einrichtung, die sich der Heimerziehung widmet, aus Teilaufgaben besteht. Diese Teilaufgaben können durch einen Auflösungsprozess der Gesamtaufgabe gewonnen werden. Dabei ist zu beachten, dass der gesamte Aufgabenkomplex, wie er in einer Einrichtung zu leisten ist, durch eine Art Induktionsprozess entsteht. Nur durch ihn wird die eigentliche Leistung der Kinder- und Jugendheime, nämlich die Erziehungsleistung in all ihrer Komplexität deutlich. Die Hauptaufgabe der Erziehung induziert so weitere Nebenaufgaben. Hierzu sind z.B. die allgemeine Verwaltung, die Leitung oder auch die Reinigungskräfte zu sehen.[54]

[...]


[1] Vgl. Post, Wolfgang: Erziehung im Heim, Perspektiven der Heimerziehung im System der Jugendhilfe, 1. Auflage, Weinheim u.a. 1997, S. 10 f.

[2] Vgl. Wormser Schulordnung vom Jahre 1260, zitiert nach: Schoelen, Eugen: Erziehung und Unterricht im Mittelalter, ausgewählte pädagogische Quellentexte, 2. durchgesehene und erweiterte Auflage, Paderborn 1965, S.176 ff.

[3] Vgl. Post, Wolfgang, a.a.O., S. 12 f.

[4] Vgl. Scherpner, Hans: Geschichte der Jugendfürsorge, bearbeitet von Hanna Scherpner, Göttingen 1966, S. 117 ff.

[5] Vgl. Struzyna, Karl-Heinz: Fremdunterbringung in der Zukunft, die Veränderung des strukturellen und konzeptionellen Rahmens für die Heimerziehung und Pflegekinderwesen, in: Jugendhilfe, 33. Jg., 1995, Heft 6, S. 323 f.

[6] Vgl. Brosch, Peter: Fürsorgeerziehung, Heimterror und Gegenwehr, 3. Auflage, Frankfurt a.M. 1972, S. 45 ff.

[7] Vgl. ebenda, S. 59 ff.

[8] Vgl. Münder, Johannes u.a., Frankfurter Lehr- und Praxiskommentar zum KJHG/SGB VIII, 3. völlig überarb. Aufl., Stand: 1.1.1999, Münster 1998, § 34, Rz. 6, S. 302.

[9] Zum Begriff der Dezentralisierung in der Heimerziehung vergleiche ergänzend: Wolf, Klaus: Veränderungen der Heimerziehungspraxis: Die großen Linien, in: Entwicklungen in der Heimerziehung, hrsg. v. Klaus Wolf, Münster 1993, S. 14 ff.

[10] Vgl. Hamberger, Matthias: Zur Notwendigkeit der Evaluationsforschung im Bereich erzieherischer Hilfen, in: Leistungen und Grenzen von Heimerziehung, Ergebnisse einer Evaluationsstudie stationärer und teilstationärer Erziehungshilfen, hrsg. v. Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, u.a., zugleich Band 170 der Schriftenreihe des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, 1. Auflage, Stuttgart u.a. 1998, S. 42 ff.

[11] Goffman, Erving: Asyle, über die soziale Situation psychiatrischer Patienten und anderer Insassen, 3. Auflage, Frankfurt a.M. 1977, S. 15 f.

[12] Vergleiche zu diesem Konzept grundlegend folgende Arbeiten von Hans Thiersch: Alltagshandeln und Sozialpädagogik, in: Neue Praxis, Kritische Zeitschrift für Sozialarbeit und Sozialpädagogik, 8. Jahrgang, Heft 1/ 1978, S. 6 - 25. Ebenso derselbe: Die Erfahrung der Wirklichkeit , Perspektiven einer alltagsorientierten Sozialpädagogik, Weinheim und München 1986. In beiden Werken nimmt der Autor umfangreich Stellung zu Alltagskonzepten, aus denen er dann Bedeutungen für die Jugendhilfe analysiert.

[13] Hamberger, Matthias, a.a.O., S. 67 ff.

[14] Vgl. Thiersch, Hans: Lebensorientierte soziale Arbeit, Aufgaben der Praxis im sozialen Wandel, Weinheim und München 1992, S. 28 ff.

[15] Zur Definition des produktbasierten Qualitätsbegriffs vergleiche unten unter Punkt 2.2.

[16] Eine dezidierte Entwicklung zur Geschichte von RJWG und JWG bietet: Hasenclever, Christa: Jugendhilfe und Jugendgesetzgebung seit 1900, Göttingen 1978.

[17] Vgl. Kunkel, Peter-Christian: Grundlagen des Jugendhilferechts, Systematische Darstellung für Studium und Praxis, 1. Auflage, Baden-Baden 1995, Rz. 9 ff., S.13 ff.

[18] Vgl. Schellhorn, Walter (Hrsg.): Sozialgesetzbuch achtes Buch - Kinder- und Jugendhilfe, SGB VIII, KJHG, ein Kommentar für Ausbildung, Praxis, Rechtsprechung und Wissenschaft, 2. Auflage, Neuwied und Kriftel 2000, Rz. 8, S. 4 f.

[19] Gemeint ist hier die Heimerziehung.

[20] § 34 KJHG

[21] Schellhorn, Walter, 2000, a.a.O., Rz. 9, S. 5.

[22] Vgl. Borsche, Sven: Eigenständiger Erziehungsauftrag - Ja oder Nein? Anmerkungen zum Bedarf eines erweiterten Selbstverständnisses von Jugendhilfe, in: Das neu Kinder- und Jugendhilfegesetz: (KJHG); und seine Umsetzung in die Praxis, hrsg. von Reinhard Wiesner und Walter H. Zarbock, Köln u.a. 1991, S. 40 ff.

[23] Vgl. § 8 Abs. 2, 3 KJHG

[24] Vgl. § 50 Abs. 3 KJHG

[25] Vgl. § 1666 Abs. 1 BGB

[26] Vgl. § 1666 a Abs. 1 BGB

[27] Einen umfangreichen Einblick in diese Rechtsmaterie bietet die Dissertation von Röchling. Vgl. Röchling, Walter: Das Verhältnis des vormundschaftlichen Eingriffsrecht zum KJHG, unter besonderer Berücksichtigung der “öffentlichen Hilfen” nach § 1666 a Abs. 1 BGB, Neuwied u.a. 1997.

[28] Vgl. § 9 Abs. 1 KJHG

[29] Vgl. § 36 Abs. 2 KJHG

[30] Kunkel stellt dem Viereck in seiner Abhandlung ein Dreieck gegenüber, welches er erreicht, in dem er den eigentlichen Adressaten der Hilfe zur Erziehung nicht berücksichtigt. Der oder die Jugendliche erscheint so gar nicht. Dies stellt m.E. eine nicht zutreffende Verkürzung der Komplexität dar. Vgl. Kunkel, a.a.O., S.110.

[31] Vgl. Schwabe, Mathias: Das Hilfeplangespräch zwischen Anspruch und Wirklichkeit, Teil 1: Grundkonstellation und Spannungsfelder, in: Jugendhilfe 38 Heft 4/ 2000, S. 195 f. In einer weiteren Veröffentlichung bietet Schwabe einen gedanklichen Leitfaden zur Durchführung von Hilfeplangesprächen. Vergleiche hierzu: Derselbe, Das Hilfeplangespräch zwischen Anspruch und Wirklichkeit, Teil 2: Methodische Hinweise zur erfolgreichen Moderation, in: Jugendhilfe 38. Jg. Heft 5/ 2000, S. 255 - 264.

[32] Vgl. Busch, Manfred: Qualitätsentwicklung im Sozialen, Nichts leichter als das in der Jugendhilfe?, in: Jugendhilfe 37. Jg. Heft 5/ 1999, S. 258.

[33] Vgl. § 78 b Abs. 1 KJHG

[34] Diese Trichotomie der Qualität wurde in die wissenschaftliche Diskussion von Donabedian eingeführt, der so eines der ersten dienstleistungsspezifischen Qualitätsmodelle geschaffen hat. Seine Ausführungen bezogen sich hierbei auf medizinische Leistungen. Erst später fand ein Übertrag auf andere Bereiche der Dienstleisungserstellung statt. Donabedian unterstellt hier eine Art von linearer Kausalität, die von der Struktur (Qualifikation und Ausrüstung des Personals) ausgehend über den Prozess ( alle Aktivitäten während der Dienstleistungserstellung) immer im Ergebnis (Änderung des Gesundheitszustandes) mündet. Die bis heute gültige Rechtfertigung für diese Modell liegt darin, dass nicht nur das Ergebnis der Leistungserstellung von Relevanz ist, sondern eben auch der Prozess der Leistungserstellung. So geht jedoch auch Münder im obigen Text nicht auf die klaren Schwächen des Modells ein, sondern adaptiert diese kritiklos. Aufgrund des damals noch unzureichenden Wissens über die Dienstleistungserstellung hat selbst Donabedian sein Modell zur Modifikation vorgeschlagen (vgl. hierzu: Donabedian, A.: The Definition of Quality and Approaches to its Assessment, Explorations in Quality, Assessment and Monitoring, Volume I, Ann Arbor, Michigan 1980, S. 85 und S. 89 f.). Kritisch zu sehen ist hier die angenommene Linearität der Leistungserstellung, gleiches gilt für die fehlende Variabilität der Personen an denen die Leistung erbracht wird. Auch fehlt eine Trennung in anbietende und leistungsnachfragende Seite. Vgl. Meyer, Anton; Mattmüller, Roland: Qualität von Dienstleistungen, Entwurf eines praxisorientierten Qualitätsmodells, in: Marketing, ZFP, Heft 3, August 1987, S. 190. In die gleiche Richtung geht die Kritik von Struck. Er kritisiert Donabedian und fordert eine Ausrichtung an den Interessen der Nutzer. Vgl. Struck, Norbert: Die Qualitätsdiskussion in der Jugendhilfe in Deutschland, in: Erfahrungen und Positionen zur Qualitätsdebatte, hrsg. v. Sozialpädagogischen Institut im SOS-Kinderdorf e.V., München 1999, S. 15 f.

[35] Vgl. Münder u.a., a.a.O., § 78 b KJHG, Rz. 2, S. 589.

[36] Vgl. § 78 c Abs. 1 KJHG

[37] Vgl. Bock, Irmgard: Pädagogische Anthropologie, in: Pädagogik, Handbuch für Studium und Praxis, hrsg. v. Leo Roth, 2. überarb. und erw. Aufl., München 2001, S. 116 ff.

[38] Vgl.Thomae, Hans: Psychologische Anthroplogie, in: Pädagogik, Handbuch für Studium und Praxis, a.a.O., S. 128 f.

[39] Vgl. Cube, Felix von: Verhaltensbiologie und Pädagogik, in: Pädagogik, Handbuch für Studium und Praxis, a.a.O., S. 140.

[40] Einen guten Überblick über Sozialisationstheorien bietet: Hurrelmann, Klaus: Einführung in die Sozialisationstheorie, Weinheim 1986.

[41] Müller-Kohlenberg, Hildegard; Kraimer, Klaus: Grundwissen Erziehung, hrsg. v. Richard Geisen, 1. Auflage, Stuttgart 1999, S. 67.

[42] Brezinka, Wolfgang: Grundbegriffe der Erziehungswissenschaft, Analyse, Kritik, Vorschläge, gesammelte Schriften Band 4, 5. verbesserte Auflage, München u.a. 1990, S. 95. Die im Orginal enthaltenen Kursivierungen wurden nicht übernommen.

[43] Vgl. Körner, Stephan: Grundfragen der Philosophie, München 1970, S.139.

[44] Vgl. Weber, Max: Wirtschaft und Gesellschaft, Grundriss der verstehenden Soziologie, hrsg. v. Johannes Winkelmann, 4. Aufl., Tübingen 1956, S. 1.

[45] Vgl. Brezinka, a.a.O., 1990, S. 79 f.

[46] Die Kursivierung des Orginals wurde nicht übernommen.

[47] Vogt, Rolf: Wissenschaftstheoretische Leitlinien in ihrer Bedeutung für die psychosomatische Medizin, in: Die Psychologie des 20. Jahrhunderts, Band 9, Zürich 1979, S. 16.

[48] Vgl. Giesecke, Hermann: Einführung in die Pädagogik, 5. Aufl., Weinheim und München 1999, S.160 f.

[49] Vgl. Brezinka, 1990, S. 154 f.

[50] Vgl. Brezinka, Wolfgang: Erziehungsziele, Erziehungsmittel, Erziehungserfolg, Beiträge zu einem System der Erziehungswissenschaft, gesammelte Schriften - Band 5., 3. neu bearbeitete und erweiterte Auflage, München u.a. 1995, S. 239 ff.

[51] Vgl. ebenda, S. 243 f.

[52] Vgl. ebenda, S. 199 f.

[53] Vgl. Weidner, Walter; Freitag, Gerhard: Organisation in der Unternehmung, Aufbau und Ablauforganisation, 5. überarb. und erw. Auflage, München und Wien 1996, S. 21.

[54] Vgl. Kosiol, Erich: Organisation der Unternehmung, 2. durchges. Aufl., Wiesbaden, S. 42 f.

Ende der Leseprobe aus 102 Seiten

Details

Titel
Qualitätsmanagement in der Heimerziehung unter Berücksichtigung des Qualitätsmodells von Meyer/Mattmüller
Hochschule
Hochschule Fulda  (Fachbereich Sozialwesen)
Veranstaltung
Heil- und Behindertenpädagogik
Note
1
Autor
Jahr
2002
Seiten
102
Katalognummer
V1678
ISBN (eBook)
9783638110402
ISBN (Buch)
9783638726467
Dateigröße
682 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Qualitätsmanagement, Heimerziehung, Modell Meyer/Mattmüller
Arbeit zitieren
Markus Mühlan (Autor:in), 2002, Qualitätsmanagement in der Heimerziehung unter Berücksichtigung des Qualitätsmodells von Meyer/Mattmüller, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1678

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