Der Ansatz der positiven Verfassungsökonomik


Seminararbeit, 2002

23 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung

2 Die Entstehung der positiven Verfassungsökonomik
2.1 Die normative Verfassungsökonomik
2.2 Die Entwicklung der PVÖ aus der NVÖ
2.3 Die Gemeinsamkeiten von NVÖ und PVÖ
2.4 Erkenntnisinteresse der PVÖ

3 Aufgaben und Aussagen der positiven Verfassungsökonomik
3.1 Analyse der Entstehung von Verfassungsregeln
3.2 Analyse des Verfassungswandels
3.2.1 Expliziter Verfassungswandel
3.2.2 Impliziter Verfassungswandel
3.3 Ergebnisse von Verfassungsregeln

4 Methoden der positiven Verfassungsökonomik
4.1 Komparative Institutionenanalyse
4.2 Wirtschaftsgeschichte
4.3 Laborexperimente

5 Der Bezug der PVÖ zur Wirtschaftspolitik

6 Kritische Würdigung

7 Ausblick

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

Bereits 1981 äußerten Mc Cormick und Tollison Zweifel gegenüber der Funktion der normativen Verfassungsökonomik: „Normative theory is useful in helping us to clarify our norms, but it is another question weather such analysis will impact on the pattern of real institutional development“.[1] Auch Weingast stellte 1993 fest, dass der positive Ansatz der Verfassungsökonomik bisher ziemlich unzureichend erfüllt war:„ no coherent widely accepted approach exists to the positive theory of constitutionalism“.[2]

Diese Arbeit hat das Ziel die positive Theorie der Verfassungsökonomik näher zu beleuchten. Nach der Definition grundlegender Begriffe widmet sich das zweite Kapitel der Entstehung und dem Erkenntnisinteresse der positiven Verfassungsökonomik (PVÖ). Mit Hilfe einer knappen Darstellung der normativen Verfassungsökonomik (NVÖ) und ihren Schwachpunkten soll die Notwendigkeit für die Entstehung der PVÖ verdeutlicht werden, des weiteren werden die gemeinsamen Ansätze beider Theorien angesprochen. Das dritte Kapitel beschäftigt sich mit der Systematisierung der positiven Theorie. Daran anschließend analysiert das vierte Kapitel drei mögliche Methoden, mittels derer aufgestellte Hypothesen empirisch belegt werden können. Im weiteren Verlauf stellt Kapitel fünf den Bezug der PVÖ zur Wirtschaftspolitik her. Im sechsten Kapitel erfolgt eine kritische Würdigung der Theorie. Letztendlich wird im letzten Kapitel ein Ausblick geboten.

Vorweg noch einige Begriffserläuterungen zum besseren Verständnis von Verfassungen. In dieser Arbeit soll der Begriff Verfassung nur für die grundlegenden Regelwerke einer ganzen Gesellschaft verwendet werden. Eine Verfassung besteht aus einem Regelsystem unter dessen Nutzung eine Gesellschaft unter anderem Entscheidungen über die Bereitstellung und Finanzierung öffentlicher Güter trifft. Anders formuliert ist „die Wahl einer Verfassung (…) eine Wahl darüber, mit Hilfe welcher Regeln man spätere Wahlhandlungen durchführen möchte“.[3]

Die Verfassung enthält Definitionen, um (1) Rechte festzusetzen, die dazu dienen, das Individuum vor willkürlichen Eingriffen, sowohl durch den Staat, als auch durch andere Individuen zu schützen, (2) die grundlegenden Organe[4] festzulegen, die einen Staat ausmachen, (3) die Aufgaben dieser Organe zu definieren und (4) die daran anschließenden Verfahren zu benennen, mit denen Verfassungsregeln (VR) geändert und / oder weiterentwickelt werden können.[5] Eine Gesellschaft mit einem bestimmten Maß an Ordnung hat in der Regel eine geschriebene Verfassung, die man auch als de - facto - Verfassung bezeichnet. Allerdings muss die real ausgelebte Verfassung (de - jure) keineswegs dem Inhalt dieses Dokuments entsprechen. Deckungsgleichheit zwischen de - jure - und de - facto - Verfassung verbessern die Erwartungssicherheiten und ermöglichen somit eine Verlängerung des individuellen Planungshorizonts.[6]

2 Die Entstehung der positiven Verfassungsökonomik

Die Verfassungsökonomik wird synonym auch als Konstitutionenökonomik bezeichnet und besteht aus einem positiven und normativen Aspekt. „Die Einsicht, dass Verlauf und Ergebnisse der politischen Prozesse maßgeblich von den institutionellen Bedingungen abhängen, lieferte den Anlass für die Entwicklung der (…) ökonomischen Theorie der Verfassung“. Ihr Erkenntnisziel sind Bestimmungsgründe für die Wahl von Regeln und die Wirkung von Regeln auf das Verhalten von Individuen. Es wird eine Ordnungstheorie (Verfassung) für kollektive Organisationen, insbesondere für den Staat, angestrebt. Zu regeln sind: (1) Leistungs- und Kostenbeiträge zur Erreichung kollektiver Ziele, (2) die Zuordnung von Entscheidungskompetenz und die Regelung von kollektiven Abstimmungsverfahren, sowie (3) die Verteilung der Gesamtleistung auf Individuen.[7]

Die Theorie der Verfassungsökonomik ist aus der Public - Choice - Theorie hervorgegangen, die sich auf den nicht - marktlichen Bereich konzentriert und sich mit kollektiven und politischen Entscheidungen auseinandersetzt. Beide Theorien unterscheiden sich insofern, als dass die Public - Choice Theorie kollektive Entscheidungsprozesse innerhalb einem vorgegebenen institutionellen Rahmen ausführt, während die ökonomische Theorie der Verfassung nicht mehr nur von einem exogen determinierten Rahmen ausgeht. Wahlhandlungen können ihrer Ansicht nach sowohl innerhalb (choice within rules) als auch über Regeln (choice of rules) stattfinden.[8]

2.1 Die normative Verfassungsökonomik

Maßgeblich wird die normative Verfassungsökonomik durch das Werk von Buchanan geprägt.[9] Er ist Hauptvertreter der vertragstheoretischen Verfassung, welche versucht mit Hilfe eines Gesellschaftsvertrags[10] staatliches Handeln zu legitimieren. Seinem Programm liegt ein zentrales Werturteil zugrunde: Es dürfen keine Ziele und Werte eines Individuums wichtiger sein als die eines anderen.[11] VR gelten als legitimiert, wenn ihnen alle Mitglieder einer Gesellschaft zustimmen können. Dadurch wird das höchste Legitimitäts- und Effizienzkriterium für Verfassungen erreicht.[12] Ein Konsens kann dann zu keiner Benachteiligung Einzelner führen, somit werden nur pareto - optimale Entscheidungen getroffen. Die Bedingung, unter denen Individuen eine Entscheidung über Regeln treffen, kann unter dem Aspekt der Ungewissheit der Zukunft oder aber abhängig von den Eigenschaften der regelwählenden Personen erfolgen. Diese Vorstellungen werden nach Buchanan auch als Schleier der Unsicherheit bezeichnet. Die angestrebte Einstimmigkeit wird durch Buchanan in hypothetischen- (theoretisch möglichen) oder in faktischen (empirisch belegten) Konsens differenziert. Einstimmigkeit ist jedoch mit hohen Einigungskosten verbunden: Je höher das erforderliche Quorum für die Einstimmigkeit ist, desto höher liegen die Kosten. Daraus resultiert, dass nur bestimmte Entscheidungen in Einstimmigkeit beschlossen werden sollten.[13] Buchanans Programm ist normativ ausgerichtet, weil ihm primär die Legitimation von VR und nicht dessen Erklärung wichtig ist, obwohl er selber den Anspruch erhebt, auch einen positiven Ansatz zu bieten.[14] Im weiteren Verlauf sei dieser knapp geschilderte Ansatz von Buchanan als NVÖ bezeichnet.

2.2 Die Entwicklung der PVÖ aus der NVÖ

Eine normative Theorie trifft Aussagen über ökonomische Zustände wie sie sein sollen, anstatt wie sie sind, da sie auf Werturteilen und nicht auf erfahrungswissenschaftlichen Begründungen basieren. Eine Bewertung von Aussagen ist nicht möglich, da sie nicht über die Realität informieren.[15] Im Gegensatz dazu sieht eine positive Theorie ihr Anliegen darin, Ursache -Wirkungs - Zusammenhänge aufzudecken. Sie versucht auf Werturteile zu verzichten und baut stattdessen auf Informationen über Eigenschaften der Realität auf.[16] Die zwei Definitionen verdeutlichen, dass das alleinige Bestehen des normativen Bereichs in der Verfassungsökonomik bisher nicht zufrieden stellend war und die Entwicklung einer positiven Theorie erforderlich ist. Auffällige Kritikpunkte an der NVÖ sind: (1) Sie beschäftigt sich nur mit formalen Regelfindungsvorschlägen,[17] (2) sie gibt nur vor, wie Regeln gewählt werden sollten, aber nicht wie sie tatsächlich gewählt werden, daher ist die Übertragung auf die Realität zweifelhaft.[18] (3) Es fehlt ihr an einem Verständnis für Ursache - Wirkungs - Zusammenhänge, was jedoch Voraussetzung für Vorschläge einer Reform der politischen Verfassung ist[19], (4) es mangelt ihr an einer ausgearbeiteten positiven Rechtstheorie; so definiert Buchanan z. B. nicht explizit, was er unter Regeln versteht, und wo die Grenzen der Steuerbarkeit von Regeln liegen, d. h. Buchanan unterstellt eine jederzeit mögliche Durchsetzbarkeit von Regeln und (5) Desweiteren wird unterstellt, dass regelwählenden Personen die Konsequenzen bei der Wahl alternativer Regelsets bekannt sind, obwohl dies nicht der Fall ist.[20] Während die NVÖ ihre Relevanz in der Begründung wünschenswerter oder effizienter VR sieht, versucht die auf Voigt zurückgehende PVÖ die Entstehung tatsächlicher Verfassungen und möglicher Transformationsprozesse zu erklären.[21] Die Entwicklung der PVÖ kann somit als Antwort auf die Kritik an der NVÖ verstanden werden.

2.3 Die Gemeinsamkeiten von NVÖ und PVÖ

Sowohl die NVÖ, als auch die PVÖ verlassen wie zuvor erwähnt, den exogen determinierten institutionellen Rahmen und machen die Wahl der Verfassung einer Analyse zugänglich. Weiterhin ist beiden Theorien der ökonomische Ansatz gemeinsam: (1) In Modellen wird Akteuren rationales und eigeninteressiertes Handeln unterstellt; dies entspricht dem Verhaltensmodell des homo oeconomicus. (2) Die Anwendung des methodologischen Individualismus geht davon aus, dass stets das Individuum entscheidet und zur Erklärung von Ergebnissen herangezogen wird. Aufgabe ist es, den Mechanismus, der individuelle Handlungen zu kollektiven Ergebnissen transformiert, offen zu legen. (3) Als letztgenannte Gemeinsamkeit sei erwähnt, dass Konstitutionen zur Erklärung menschlichen Verhaltens und den daraus resultierenden Ergebnissen relevant sind, das wird auch als constitutions matter bezeichnet.[22]

[...]


[1] Vgl.: Voigt, Stefan (1995), S. 22, zitiert nach McCormick, Robert (1981), S. 126.

[2] Vgl.: Weingast, Barry (1993), S. 288.

[3] Vgl.: Voigt, Stefan (2001), S. 10.

[4] Anm.: Legislative, Exekutive und Jurisdiktion.

[5] Vgl.: Voigt, Stefan (1996b), S. 12f.

[6] Vgl.: Voigt, Stefan (2001), S. 10 sowie S. 19.

[7] Vgl.: Leipold, Helmut (1988), S. 257 und S. 259.

[8] Vgl.: Leipold, Helmut (1998), S. 109 und Voigt, Stefan (2001), S. 10.

[9] Auch Hayek hat ein normatives Konzept zur Verfassungsökonomie entwickelt, in dem er sowohl den zweck- als auch den regelgebundenen Aspekt des menschlichen Handelns berücksichtigt, d. h. Individuen können ihre Zwecke innerhalb allgemeiner Verhaltensregeln verfolgen, solange sie zu den Bedürfnissen anderer beitragen, wobei sich die Verhaltensregeln im Laufe eines Evolutionsprozesses aus Versuch und Irrtum entwickelt haben. Deshalb auch die Bezeichnung evolutionstheoretischer Ansatz (Vgl.: Hoppmann, Erich (1987), S. 37ff.).

[10] Anm.: Abkommen, mit denen Menschen die grundlegende Regeln des Zusammenlebens festlegen.

[11] Vgl.: Voigt, Stefan (1995), S. 7.

[12] Vgl.: Leipold, Helmut (1988), S. 259.

[13] Vgl.: Gabler (1997), S. 1793.

[14] Vgl.: Voigt, Stefan (1998), S. 4, zitiert nach Buchanan (1975), S. 7, S. 50f. und S. 54.

[15] Vgl.: Gabler (1997), S. 1537.

[16] Vgl.: Gabler (1997), S. 1670.

[17] Vgl.: Voigt, Stefan (1995), S. 15.

[18] Vgl.: Voigt, Stefan (1995), S. 23 und Voigt, Stefan (1994), S. 23.

[19] Vgl.: Voigt, Stefan (1995), S. 15f.

[20] Vgl.: Voigt, Stefan (1995), S. 19f.

[21] Vgl.: Voigt, Stefan (1998), S. 4.

[22] Vgl.: Voigt, Stefan (1998), S. 3ff.

Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Der Ansatz der positiven Verfassungsökonomik
Hochschule
Philipps-Universität Marburg  (Lehrstuhl für Ordnungstheorie & Wirtschaftspolitik)
Veranstaltung
Seminar im Sommersemester 2002
Note
2,0
Autor
Jahr
2002
Seiten
23
Katalognummer
V16762
ISBN (eBook)
9783638215091
Dateigröße
1006 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Ansatz, Verfassungsökonomik, Seminar, Sommersemester
Arbeit zitieren
Tanja Preuss (Autor:in), 2002, Der Ansatz der positiven Verfassungsökonomik, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/16762

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