Die externe Krisenkommunikation der BP PLC nach dem Untergang der Bohrinsel „Deepwater Horizon“

Eine Analyse


Bachelorarbeit, 2010

64 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Bibliographische Beschreibung

Referat

Abbildungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Einleitung

1 Der BP Konzern und die Deepwater Horizon
1.1 Der BP Konzern intern.ational und in Deutschland
1.2 Entstehung und Förderung von Erdöl
1.3 Deepwater Horizon
1.3.1 Technologie und Einsatz
1.3.2 DerUntergang
1.3.3 Die mittelbaren ökologischen und politischen Folgen Ökologische Folgen

2. Die Krisenkommunikation
2.1 Allgemeine Grundlagen
2.1.1 Die Krise
2.1.2 Die Kommunikation
2.1.3 Die Krisenkommunikation
2.1.4 Die Rolle der Medien
2.1.5 Die Unternehmenskrise
2.2 Grundregeln der Krisenkommunikation
2.2.1 Ablauf einer Krise
2.2.2 Beispiel eines Krisenverlaufs
2.3 Handlungsmöglichkeiten in der Krisenkommunikation

3. Die Methoden zur Untersuchung
3.1 Begründung der Methoden
3.2 Die wissenschaftlichen Methoden im Allgemeinen
3.2.1 Inhaltsanalyse
3.2.2 Vergleich
3.3 Untersuchungsablauf
3.4 These und Forschungsfragen

4. Beobachtung der Krisenkommunikation von BP
4.1 Die Krisenkommunikation von BP
4.1.1 Wie reagiert BP auf den Unfall
4.1.2 Wie wird die Kommunikationsstrategie von BP kommuniziert
4.2 Die Diskussion der Gesellschaft über BP
4.2.1 Wie reagieren die Menschen auf das Unglück
4.3 Die Kommunikation über BP
4.3.1 Wie wird die Krisenkommunikation aufgenommen

5. Bewertung der Beobachtungsdaten
5.1 Die Krisenkommunikation von BP
5.1.1 Wie reagiert BP auf den Unfall?
5.1.2 Wie wird die Kommunikationsstrategie von BP kommuniziert
5.2 Die Diskussion der Gesellschaft über BP
5.2.1 Wie reagieren die Menschen auf das Unglück
5.3 Die Kommunikation über BP
5.3.1 Wie wird die Krisenkommunikation aufgenommen

6. Beantwortung der Forschungsfragen

7. Untersuchung der These

8. Zusammenfassung

9. Literaturverzeichnis

Bibliographische Beschreibung

Stein, Sven:

Beobachtung und Bewertung der externen Krisenkommunikation der BP PLC, nach dem Untergang der Bohrinsel „Deepwater Horizon", bis zum 31. Juli 2010. -2010-67 S.

Mittweida, Hochschule Mittweida (FH), Fachbereich Medien, Bachelorarbeit.

Referat

Die Bachelorarbeit analysiert die externe Krisenkommunikation der BP PLC (nachfolgend BP genannt) nach dem Untergang der Bohrinsel „Deepwater Horizon" bis zum 31. Juli 2010. Dazu wird die Krisenkommunikationsleistung von BP im Vergleich zu den definierten Handlungs- und Verhaltensmöglichkeiten der Krisenkommunikation analysiert.

Diese Arbeit hat zum Ziel Mängel der Krisenkommunikation von BP aufzudecken, Verbesserungsvorschläge zu geben und somit herauszuarbeiten, inwieweit die Kommunikationsleistung mit verantwortlich ist, hinsichtlich des Imageverlustes des Konzern.

Ferner wird bewiesen, dass das Image des Unternehmens durch die Krisenkommunikationsleistung signifikant beeinflusst wird.

Neben der Analyse der Kommunikationsleistung werden Handlungs- und Verhaltensmöglichkeiten der Kommunikationsabteilung bei einer eintretenden Krise anhand eines Beispiels erarbeitet. In diesem werden Ursachen und Wirkungen einer Krise dargestellt.

Abbildungsverzeichnis

Abbildung_1:_Animation_der_Bohrinseln_im_Golf_von_Mexiko;_Quelle:_ZDF

Abbildung 2: Gefälschtes BP-Bild; Quelle: americablog.com

Abbildung_3:_Originales_BP_Bild;_Quelle:_bp.com

Abbildung 4: Leitstellenfoto aus Houston; Quelle: americablog.com

Abbildung_5:_Ausschnitt_des_Leitstellenfotos;_Quelle:_americablog.com

Abbildung_6:_Helikopter_in_der_Luft;_Quelle:_gawaker.com

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Einleitung

Eines der mächtigsten Unternehmen der Welt mit einem Jahresumsatz von rund 240 Milliarden US-Dollar steht nach einem Leck in einem Bohrloch vor einer Existenzkrise (SpiegelOnline 2010). Vier Wochen nach der Explosion auf der Bohrinsel Deepwater Horizon belaufen sich die Kosten der ersten Schadenersatzanforderungen bereits auf über 760 Millionen US-Dollar (SpiegelOnline 2010). Mögliche Reinigungs- und folgende Schadenersatzansprüche stehen noch aus (Mohr 2010).

Die technischen Unzulänglichkeiten bei der Behebung des Bohrlecks sind nicht alleine verantwortlich für die schlechte Situation des Konzerns. Der Erdöl-Riese BP, der vor kurzem eine 150 Millionen US-Dollar teure Imagekampagne im Zuge seines neuen Corporate-Designs[1] gestartet hat, ist mit der kommunikativen Bewältigung in nahezu allen medialen Bereichen rundweg überfordert (Mohr 2010). Doch können Fehlleistungen der Kommunikationsabteilung, die sie in einer einzigen Krisensituation gemacht hat, den größten Konzern der Welt existentiell bedrohen?

Inhaltsanalytisch wird die Krisenkommunikation von BP aufgearbeitet und objektiv dargestellt. Anhand eines kompakten Leitfadens zur Krisendefinition und Krisenintervention wird die Kommunikationsleistung verglichen und intersubjektiv nachvollziehbar bewertet. Somit werden mit der Kommunikationsleistung von BP, im Vergleich zu der gängigen Lehrmeinung zur Krisenkommunikation, die folgenden Forschungsfragen beantwortet:

1. WiereagiertBPaufdenUnfall?
2. Wie wird die Kommunikationsstrategie von BP kommuniziert?
3. Wie reagieren die Menschen auf das Unglück?
4. Wie wird die Krisenkommunikation aufgenommen?

Diese Arbeit hat zum Ziel die Kommunikation von BP zu analysieren und herauszuarbeiten, inwieweit die Kommunikationsleistung für einen Imageverlust mit verantwortlich ist.

Darüber hinaus soll neben der Sensibilisierung für die Durchführung von Krisenkommunikation eine Aussage über die möglichen Wirkungen von Öffentlichkeitsarbeit gegeben werden.

Um die Auswirkung einer Krisenkommunikationsleistung zu betrachten ist das Unternehmen BP als einer der größten Konzerne der Welt prädestiniert. Die von dem global aktiven Konzern eingesetzten Kommunikationswerkzeuge und deren Auswirkung sind besonders schnell zu erkennen. Dies begründet sich dadurch, dass bei Vorfällen von internationalem Interesse quantitativ mehr Berichterstattung geleistet wird als bei kleineren regionalen Ereignissen. Das Internet ist aufgrund seiner schnellen Informationsverarbeitung und seines „guten Gedächtnisses" ein geeigneter Indikator für diese Bewertung. Jedoch ist zu beachten, dass um der hohen Aktualität der „BP-Katastrophe" wissenschaftlich gerecht zu werden, gewissenhaft auf die Objektivität und Rezipierbarkeit der Quellen geachtet wird. Beobachtende oder bewertende Fachliteraturen zu diesem Thema sind weltweit noch nicht vorhanden. Die Darstellung der Krisenkommunikation im Allgemeinen ist auf die literarischen Standardwerke in dieser Disziplin aufgebaut. Die Bücher „Krisenkommunikation" (Ditges, Höbel und Hofmann 2008) und „Kommunikation in der Krise" (Hering, Schuppener und Schuppener 2009) spannen einen Bogen um die unterschiedlichen Arten von Krisen und nehmen Anhand von aktuellen Beispielen tiefgreifende Analysen vor.

In Kapitel 1 eine Darstellung des BP Konzerns mit seinen Tätigkeitsfeldern und eine Übersicht über die Entstehung und Förderung von Erdöl. Desweiteren werden die Rahmenbedingungen der Untersuchung, dass heißt der Untergang der Deepwater Horizon und die daraus resultierenden politischen wie ökologischen Folgen, eingeführt. In Kapitel 2 erfolgt die wissenschaftliche Darstellung der Kommunikation im Allgemeinen und der Krisenkommunikation mit den möglichen Handlungs- und Verhaltensmöglichkeiten im Speziellen. Im darauf folgenden Kapitel 3 werden die wissenschaftlichen Methoden zur Untersuchung vorgestellt.

In Kapital 4 erfolgt die inhaltsanalytische Beobachtung der Krisenkommunikation, welche in Kapitel 5 mit den Leitsätzen aus Kapitel 2 verglichen werden. Abschließend werden die Forschungsfragen beantwortet und die These untersucht. Eine Zusammenfassung rundet darauffolgend die Arbeit ab.

1 Der BP Konzern und die Deepwater Horizon

1.1 Der BP Konzern intern.ational und in Deutschland

BP ist ein international tätiger Energiekonzern mit Sitz in London. Mit 80.300 Mitarbeitern erwirtschaftet der Konzern weltweit einen Umsatz von 239 Milliarden US-Dollar. (Nilok 2010, 1)

Gemessen am Umsatz ist BP das größte Energieunternehmen der Welt und das zweitgrößte Unternehmen überhaupt (Nilok 2010, 2). BP deckt die gesamte Wertschöpfungskette von Brennstoffen ab. Beginnend bei der Rohstoffsuche, werden die Energieträger gefördert, transportiert, weiterverarbeitet und schließlich an Endkunden oder an Unternehmen verkauft (Deutsche BP 2010). Täglich werden rund 13 Millionen Kunden an über 22.400 Tankstellen bedient (Nilok 2010, 1).

Der Name BP ist eine Kurzform, die sich ursprünglichen aus den Wörtern „British Petroleum" herleitet. Heute stehen die beiden Buchstaben als Name des Unternehmens für sich und werden in der Konzernwerbung als Abkürzung für den Slogan „beyond petroleum" gebraucht. (BP 2010a)

Der Konzern BP ist mit seinen drei Marken Aral, BP und Castrol hauptsächlich in zwei Bereichen global aktiv. Zum einen bei der Exploration und Produktion von Erdöl und Erdgas und zum anderen bei der Mineralölverarbeitung und dessen Vertrieb. Besonderes, finanzielles Engagement wird bei der Erforschung und dem Einsatz von alternativen Energieträgern betrieben. So werden zwischen 2005 und 2015 acht Milliarden US-Dollar in diesen Bereich investiert. (Nilok 2010, 3f)

Über die gesamte Erde verteilt besitzt BP Nutzungsrechte von Ölfeldern und betreibt eigene Raffinerien.

Täglich werden hier circa 4 Millionen Barrel (636 Millionen Liter) öläquivalente Stoffe gefördert. Dies entspricht etwa 4,9% des weltweiten Fördervolumens (rund 13,4 Milliarden Liter) an Erdöl und Erdgas, wobei sich das Förderverhältnis mit circa 57% Erdöl und circa 43% Erdgas nahezu ausgleicht (Nilok 2010, 1) (CIA 2009). Für die Weiterverarbeitung des geförderten Öls besitzt BP weltweit eigene Raffinerien.

Die Bearbeitung für den amerikanischen Markt erfolgt beispielsweise in der Raffinerie „BP Texas City". Auf 4,85 Quadratkilometern werden hier jährlich 2,5 Prozent des gesamten amerikanischen Treibstoffbedarfes produziert.

Der Konzern in Deutschland

In Deutschland ist BP ebenfalls mit allen seiner drei Marken vertreten. Aral ist seit 2002 alleiniger Vertriebspartner der Produkte des BP-Konzerns. Mit 2400 Tankstellen und einem Marktanteil von 23% ist Aral hierzulande im Tankstellennetz führend. Unter dem Namen BP werden in Deutschland aus markenrechtlichen Gründen lediglich fünf Tankstellen betrieben (Deutsche BP 2010). Diese Praxis findet sich bei einigen Marken wie DEA (Shell) oder Gasolin (ehemals ARAL), um sie durch ein Ausüben von Geschäftstätigkeiten weiter auf dem deutschen Markt markenrechtlich zu schützen.

Die BP-Marke Castrol ist bei den Schmierstoffen führend.

Der Konzern BP ist in Deutschland über seine zwei internationalen Haupttätigkeitsfelder, der Exploration und dem Vertrieb von Erdöl und Erdgas, hinaus aktiv. Innerhalb von 15 Jahren ist die BP-Solar beim Handel mit Photovoltaik-Anlagen deutscher Marktführer geworden (Grohmann 2006, 13). (Mohr 2010)

Der Energiekonzern gehört außerdem beim Handel mit Strom und Gas zu den führenden Firmen in Deutschland. BP besitzt ferner das zweitgrößte RaffinerieSystem in Deutschland und ist der viertgrößte Anbieter für Fast-Food Produkte (Grohmann 2006, 4). Die Fast-Food Produkte werden in den sogenannten „Petit Bistros" von Aral verkauft.

1.2 Entstehung und Förderung von Erdöl

Um das Prinzip und die Schwierigkeiten, die mit der Förderung von Erdöl verbunden sind, zu verstehen, soll nachfolgend ein Überblick in die Entstehung und Förderung von Erdöl gegeben werden.

„Erdöl ist ein in der Erdkruste eingelagertes, hauptsächlich aus Kohlenwasserstoffen bestehendes lipophiles Stoffgemisch" (Nilok 2010, 30).

In der vorherrschenden Ansicht zur Entstehung, bildet sich Erdöl aus abgestorbenen Meeresorganismen, die bei Sauerstoffarmut am Meeresboden von Destruenten nicht vollständig destruiert[2] werden. Ein fauliger Schlamm entsteht, über den sich innerhalb mehrerer Millionen Jahren neue Gesteins- oder Sandschichten ablagern. Die hohen Temperaturen und der hohe Druck haben zur Folge, dass sich der Faulschlamm chemisch zersetzt, beziehungsweise dass sich die enthaltenen Kohlenwasserstoffketten umwandeln. Dies kann nach aktuellem Kenntnisstand nur bis in eine Tiefe von 4000 Metern geschehen (Nilok 2010, 31f). In der Industrie wird dieser natürliche Vorgang als Cracken bezeichnet.

Die Kohlenwasserstoffe, welche nun auch als Erdöl bezeichnet werden, können durch poriges Gestein migrieren, bis sie entweder an die Erdoberfläche oder in eine so genannte Erdölfalle gelangen. In einer Erdölfalle ist das Gestein so dicht, dass sich das Erdöl weder vertikal noch horizontal bewegt. Neben dem Erdöl lagert sich auch sogenanntes Lagerstättenwasser und Erdgas, welches unter ähnlichen Bedingungen wie Erdöl entsteht, an. Meist liegt das Wasser aufgrund seiner höheren Dichte unter und das Erdgas mit seiner niedrigeren Dichte wie eine Glocke über dem Erdöl.

Dem Menschen ist das Erdöl bereits seit 12000 Jahren als Rohstoff bekannt (Nilok 2010, 30). Durch die Eigenschaft leichter als Wasser zu sein, steigt es unter günstigen Umständen an die Erdoberfläche, wo es leicht eingesammelt werden kann.

Die Einsatzmöglichkeiten waren bereits zur Zeit der Babylonier vielseitig. So wurde es als Beleuchtungsmittel, Dichtungsmaterial für Schiffe oder als Asphalt auf wichtigen Handelsrouten eingesetzt.

Die Gewinnung im großindustriellen Umfang begann Ende des 19. Jahrhunderts. Ein Grundstein dafür war ein 1855 erteiltes Patent zur Umwandlung von Erdöl oder Kohle in Kerosin. Zwar wurde bis zum flächigen Einsatz von Automobilen in den 1920er Jahren Kerosin hauptsächlich als Brennmittel für Lampen benutzt, doch die Erforschung von Einsatzmöglichkeiten und Fördertechniken wurde stetig vorangetrieben. 1919 waren in Deutschland nördlich von Hannover 2000 Bohrtürme aktiv. Sie förderten in einer Tiefe von circa 50 Metern rund 80% des deutschen Gesamtbedarfs an Erdöl. (Nilok 2010, 30ff)

Heute ist Erdöl der wichtigste Energieträger unserer Industriegesellschaft. Von Benzin über Düngemittel und Kunststoffen bis hin zu Farben und Medikamenten ist Erdöl ein essenzieller Bestandteil. Mit Grundlage dieses breiten Spektrums an Einsatzmöglichkeiten wird Erdöl auch oft als „schwarzes Gold" bezeichnet.

Die Förderung erfolgt entweder zu Lande (Onshore) oder zu Wasser (Offshore). Allgemeinen verläuft in beiden Fällen die Förderung in drei Phasen ab (Nilok 2010,

In Phase eins (primary oil recovery) wird das Öl aufgrund des natürlichen Drucks vom über dem Erdöl eingeschlossenen Erdgas (Eruptive Förderung) oder durch „Verpumpen" gefördert.

Für eine weitere Ausschöpfung des Vorkommens werden in der zweiten Phase (secondary oil recovery) Gas oder Wasser in die Erdöllagerstätte gepumpt (Wasserfluten und Gasinjektion).

Anschließend können um die verbliebenden Mengen Erdöl zu fördern in einer dritten Phase (tertiary oil recovery) beispielsweise Dampf, Polymere, Chemikalien, CO2 oder Mikroben injiziert werden.

Für die Förderung von Erdöl und Erdgas besitzt BP weltweit eigene Ölfelder und Förderanlagen.

Im März 2010 erstand BP ein Paket von Ölfeldern von der Firma Devon Energy. Die Felder liegen in Aserbaidschan, Mexiko und Brasilien und gelten als die größten, entdeckten Vorkommnisse der letzten zehn Jahren. Im sieben Milliarden US-Dollar Deal enthalten ist auch das Brasilianische Ölfeld „Tupi" mit einer erwarteten Kapazität von fünf bis acht Milliarden Barrel Öl. Brasilien gilt im Zuge der Ölproduktion als eines der zukunftsträchtigsten Länder überhaupt. Riesige ÖlFunde und eine den Mineralölkonzernen gegenüber „freundliche" Regierung sind gute Rahmenbedingungen für eine Investition der Energiekonzerne. (Stein 2009)

1.3 Deepwater Horizon

Im Golf von Mexiko stehen Anfang 2010 rund 4000 Bohrinseln und Förderplattformen. Darunter auch die Bohrinsel Deepwater Horizon. (ZDF 2010)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung_1:_Animation_der_Bohrinseln_im_Golf_von_Mexiko;_Quelle:_ZDF

Die Deepwater Horizon ist eine Explorationsbohrinsel. Sie erschließt neue Ölfelder und bereitet diese für eine spätere Förderung von einer Förderplattform vor. BP war Pächter; Eigner- und Betreiberfirma war Transocean. Der letzte Einsatz der Deepwater Horizon fand im Golf von Mexiko statt. Dort wurde in 5500 Metern Tiefe ein Teil des Macondo-Feldes von ihr erschlossen.

1.3.1 Technologie und Einsatz

Rund ein Drittel der globalen Förderung von Erdöl erfolgt Offshore unter der Wasseroberfläche. Die Bohr- und Förderplattformen stehen überwiegend in flachen Regionen direkt auf dem Meeresgrund oder fest verankert. In der Tiefsee werden bis 3500 Meter Meerestiefe mobile Halbtaucherbohrinseln (engl.: Semi-submersible rigs) wie die Deepwater Horizon eingesetzt. Eine feste Konstruktion oder Verankerung mit dem Meeresboden ist in den großen Tiefen nicht mehr möglich. Auf Pontons schwimmend wird die Plattform von mehreren 360° schwenkbaren Strahlrudern (engl.: Thruster) permanent auf der per GPS abgeglichenen Position gehalten. Für eine ruhige Schwimmlage befinden sich unter dem Meeresspiegel mit Wasser gefüllte Ballasttanks. (Nilok 2010, 60)

Blowout-Preventer

Als Blowout bezeichnet man durch das Bohrloch unvorhergesehen und unkontrolliert aufsteigendes Gas oder Erdöl.

Die zentrale Sicherheitsausstattung einer Bohrinsel ist der bis zu zehn Meter hohe und 200 Tonnen schwere Blowout-Preventer; Ein mehrfach redundantes Ventil, das beispielsweise am Meeresboden über dem Bohrloch sitzt und einen Blowout verhindern soll. Dies gelingt mit Hilfe von Gummidichtungen oder scherenartigen Schneidplatten, die das Bohrrohr abschneiden und gleichzeitig den Bohrraum abdichten. Der Einsatz ist aufgrund der technischen Anfälligkeit solcher Systeme umstritten (Nilok 2010, 60f). Einsatztaugliche Alternativen sind jedoch nicht vorhanden.

Der von der Firma Cameron stammende Blowout-Preventer an der Deepwater Horizon wurde im Jahr 2001 von Transocean analysiert. Das Ergebnis der Untersuchung sind 260 mögliche Fehlerfälle, die zum Versagen des Ventils führen können (Commitee On Energy And Commerce 2010, 4).

1.3.2 DerUntergang

Am 20. April explodiert die Bohrinsel Deepwater Horizon und versinkt zwei Tage später, am 22 April um 10:21 Uhr im Meer. Bei dem Vorfall verlieren elf Menschen ihr Leben.

Auslöser der Explosion ist ein Gas-Blowout, Ursache waren Sicherheitsmängel und Kommunikationsfehler an Bord (Eley 2010).

Neben einem abgestellten Sicherheitsalarm auf der Bohrinsel sind Sicherheitsmängel an dem Blowout-Preventer vorhanden gewesen. Die Ventile des Blowout-Preventer werden nach der Explosion betätigt, doch funktionieren sie nicht sachgerecht. Der Grund für die Fehlfunktion ist durch Menschen herbeigeführtes, technisches Versagen. Interne BP-Dokumente und Aussagen von Mitarbeitern belegen, dass den Ingenieuren die technischen Mängel bekannt waren. (Schrader 2010) (ZDF 2010)

Dem Blowout gingen eine Reihe von kommunikativen Entscheidungen durch BP- Manager voraus, die bei Untersuchungen von US-Abgeordneten als fragwürdig eingestuft werden (Schrader 2010). Demnach werden Warnungen von Mitarbeitern und Sicherheitsstandards aus Zeit- und Kostengründen vernachlässigt oder ignoriert.

Leitende Mitarbeiter von Transocean, die auf der Bohrinsel vor dem Unglück anwesend waren, widersprechen ausdrücklich den Entscheidungen der BP- Manager den Bohrvorgang schneller als vorgeschrieben abzuschließen. Aufgrund der Pächter / Eigner Konstellation sind die Zuständigkeiten auf der Bohrinsel über den genauen Ablauf der Bohrung nicht eindeutig geklärt.

In der Folge des Untergangs bricht das Bohrloch am Meeresboden auf. Es tritt ungehindert Öl durch das defekte Bohrloch in den Golf von Mexiko. Es ist die schwerste Ölkatastrophe in der Geschichte der USA und kann sich bei weiteren technischen Versiegelungsproblemen zu einer der schwersten Ölkatastrophen in der Menschheitsgeschichte ausweiten.

1.3.3 Die mittelbaren ökologischen und politischen Folgen Ökologische Folgen

Die Unglückstelle liegt in einem Gebiet von mehreren Tierschutzreservaten. Diese sind durch das austretende Öl und durch die Gegenmaßnahmen massiv gefährdet. Um die Umweltkatastrophe einzudämmen setzt BP die Chemikalie Corexit 9500 ein. Rund sieben Million Liter werden mit Flugzeugen an der Oberfläche und durch Tauchroboter in der der Tiefsee versprüht. Damit wird das treibende Öl dispergiert[3] und sinkt unter die Wasseroberfläche. Dort fällt es auf den Grund der Tiefsee oder treibt in bis zu 16 Kilometer langen Ölschwaden umher. Die Küstenstrände und Vögel werden von dicken Ölteppichen deshalb nicht direkt verschmutzt. Die typischen Fernsehbilder wie beispielsweise von 1978, als der Tanker „Amoco Cadiz" vor Frankreich zerschellte, bleiben somit auch aus (ZDF 2010). Der Einsatz und die Wirkung von Corexit 9500 auf die Nahrungskette ist grundlegend umstritten. Der Nationale Wissenschaftsrat (USA) gibt zu bedenken, dass die Wirkung von Corexit nicht geklärt ist (Wikipedia 2010b).

Zeitweise werden Ölteppiche zum Schutz der Tiere abgebrannt, da Vögel einem Feuer leichter entkommen können, als einem Ölteppich.

Starke Luftverschmutzung und im Wasser verbleibende Giftstoffe sind jedoch nachteilig.

Politische Folgen

Der Präsident der Vereinigten Staaten Barack Obama, versucht unmittelbar nach dem Unglück eine auf sechs Monate befristetes Pause von Tiefseebohrungen durchzusetzen. Bereits im Juni hebt ein amerikanisches Bundesgericht nach einer Klage von 32 Öl Unternehmen der Ölindustrie die Pause auf. Die Berufungsverhandlung ändert an diesem Urteil nichts (Walsh 2010).

BP zahlt ab Mitte 2010 für drei Quartale keine Dividenden aus. Ein Treuhandfond von über 20 Milliarden US-Dollar wird für die Betroffenen eingerichtet. Gegen BP werden drei Klagen von Geschädigten unter dem RICO Act eingereicht. Sollten diesen stattgegeben werden, könnte sich die Schadensersatzsumme verdreifachen.

Ferner wird gegen 17 Firmen in den USA Anklage erhoben. Ihnen wird vorgeworfen bei der Bekämpfung des Brandes auf der Deepwater Horizon gegen Industrienormen verstoßen zu haben. Die Bohrinsel beginnt am 20. April zu brennen und versinkt am 22. April im Meer. Die Kläger sind der Ansicht, dass das Löschwasser der Grund für den Untergang der Bohrinsel und somit Ursache für das Ausmaß der Ölkatastrophe sei. Die Löschschiffe warfen pro Minute bis zu 1,5 Millionen Liter Wasser auf die Bohrinsel (Wikipedia 2010b).

Zahlreiche Firmen verstärken in ihrer Kommunikation das Umweltengagement durch Abgrenzung von der Verhaltensweise von BP.

Der deutsche Schmierstoffhersteller Liqui Moly beispielsweise nutzt den Unfall für einen medienwirksamen Protest gegen Verantwortungslosigkeit und Umweltzerstörung (Buchenau und Slodcyk 2010, 22f).

Desweiteren gilt seit dem 2. Juni 2010 ein unbegrenztes Fischfangverbot im gesamten Bereich des Tierschutzgebiets am Mississippi und an der Küste von Florida. Nach Schätzungen von Analysten der Fischindustrie ist ein Verlust von bis zu 2,5 Milliarden US-Dollar möglich. Die Tourismusbranche rechnet mit einem Einkommensausfall von bis zu 3 Milliarden US-Dollar (Walsh 2010).

2. Die Krisenkommunikation

2.1 Allgemeine Grundlagen

2.1.1 Die Krise

Das deutsche Wort Krise leitet sich vom griechischen Wort „krisis" ab, welches ursprünglich „Entscheidung" bedeutet.

Eine Krise wird als eine heikle Entscheidungssituation bezeichnet, die in ihrem Verlauf einen Wendepunkt und ein definiertes Ende besitzt. (Ditges, Höbel und Hofmann 2008, 28ff)

Bei einer Krise in einem Unternehmen handelt es sich um einen ungeplanten Verlust von Kontrolle über Prozesse. Übliche Routinemechanismen zur Problemlösung greifen nicht, da eine Krise unregelmäßig und nicht linear verläuft (Vgl. V. Schultz 2006 32ff).

Eine Krise hat einen definierten Endpunkt. Dadurch wird sie weitläufig von einem Konflikt, der zeitlich unbegrenzt bestehen kann, unterschieden.Durch öffentlichen Druck und innere Spannungen kann die Ertragsgrundlage oder Wettbewerbsfähigkeit gravierend und womöglich dauerhaft beeinträchtigt werden. (Hering, Schuppener und Schuppener 2009, 36)

Ungelöste Krisensituationen führen zu Chaos, Desorganisation oder Beendigung der Geschäftstätigkeit. Bei Weiterbestehen des Unternehmens und einer Überwindung der Krise ist eine organisatorische Erneuerung und Reorganisation des Unternehmens häufig. Einer Krise kann zusammen mit den Problemlösungsversuchen erfolgreich kommunikativ entgegengearbeitet werden. Diese Disziplin wird Krisenkommunikation genannt. (Ditges, Höbel und Hofmann 2008, 29) (Hering, Schuppener und Schuppener 2009, 36ff)

[...]


[1] Erscheinungsbild eines Unternehmens, wozu zum Beispiel das Logo gehört (vgl. Böhringer, Bühler und Schlaich 2006, 215)

[2] Destruenten sind Organismen, die organische Substanz (tote Organismen) in anorganisches Material destruieren (umwandelt). Sie schließen die Nahrungskette zu einem Stoffkreislauf

[3] Feine Verteilung von zwei unlöslichen Stoffen ineinander

Ende der Leseprobe aus 64 Seiten

Details

Titel
Die externe Krisenkommunikation der BP PLC nach dem Untergang der Bohrinsel „Deepwater Horizon“
Untertitel
Eine Analyse
Hochschule
Hochschule Mittweida (FH)
Note
1,0
Autor
Jahr
2010
Seiten
64
Katalognummer
V166555
ISBN (eBook)
9783640827442
ISBN (Buch)
9783640827497
Dateigröße
824 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
BP, Deepwater Horizon, Krisenkommunikation, Kommunikation, Bohrinsel, Umweltkatastrophe, Golf von Mexiko, Ölkatastrophe, Öl, Wasserverschmutzung, Tony Hayward, Ölkonzern
Arbeit zitieren
Sven Stein (Autor:in), 2010, Die externe Krisenkommunikation der BP PLC nach dem Untergang der Bohrinsel „Deepwater Horizon“, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/166555

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