Zufriedenheit und Loyalität von Brand-Community-Mitgliedern

Eine empirische Studie im Bereich der Automobilbranche


Diplomarbeit, 2010

140 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Relevanz und Ziel der Arbeit
1.2 Gang der Untersuchung

2 Theoretische Grundlagen
2.1 Zufriedenheit und Loyalität
2.1.1 Begriffsbestimmung der Zufriedenheit
2.1.2 Entstehung von Zufriedenheit
2.1.3 Definition und Abgrenzung des Loyalitätsbegriffes
2.2 Brand Communities
2.2.1 Wandel des Community-Verständnisses
2.2.2 Eigenschaften und Definition von Brand Communities
2.2.3 Abgrenzung zu Kundenclubs
2.2.4 Nutzenpotenziale und Risiken für Markenunternehmen
2.3 Brand Communities der deutschen Automobilbranche als Untersuchungsobjekt
2.3.1 Aktuelle Situation der deutschen Automobilbranche
2.3.2 Eignung automobilbezogener Brand Communities als Untersuchungsobjekt

3 Konzeptioneller Bezugsrahmen zur Untersuchung der Zufriedenheit und Loyalität von Brand-Community-Mitgliedern
3.1 Darstellung des Bezugsrahmens
3.2 Bestandteile und Wirkungszusammenhänge des Bezugsrahmens
3.2.1 Konzept der Brand-Community-Mitgliederzufriedenheit
3.2.1.1 Faktoren zur Beurteilung der Beziehung „Kunde-Kunde“
3.2.1.2 Faktoren zur Beurteilung der Beziehung „Kunde-Community“
3.2.1.3 Faktor zur Beurteilung der Beziehung „Kunde-Betreiber“
3.2.1.4 Faktoren zur Beurteilung der Website
3.2.2 Auswirkungen der Mitgliederzufriedenheit
3.2.2.1 Auswirkungen auf die Community- und Markenloyalität
3.2.2.2 Auswirkungen auf den ökonomischen Erfolg
3.2.3 Einflüsse auf die Wirkungsbeziehung
3.3 Messmodell der empirischen Untersuchung

4 Empirische Untersuchung in der Automobilbranche
4.1 Methodisches Vorgehen
4.1.1 Untersuchungsdesign und Datenerhebungsmethode
4.1.2 Datenerhebung und Struktur der Stichprobe
4.1.3 Grundlagen angewandter Datenanalyseverfahren
4.1.3.1 Explorative Faktorenanalyse
4.1.3.2 Multiple Regressionsanalyse
4.1.3.3 Clusteranalyse
4.2 Datenanalyse
4.2.1 Ergebnisse der explorativen Faktorenanalyse
4.2.1.1 Faktoren der Mitgliederzufriedenheit
4.2.1.2 Faktoren der Loyalität
4.2.2 Ergebnisse der Regressionsanalyse
4.2.2.1 Hypothesenprüfung des MitgliederzufriedenheitKonstruktes
4.2.2.2 Hypothesenprüfung der postulierten Loyalitätswirkungen von Mitgliederzufriedenheit
4.2.3 Ergebnisse der Clusteranalyse
4.2.4 (Un-)Zufriedenheit und Loyalitätsurteile der MINI2 -Community-Mitglieder
4.3 Implikationen für das Marketing: Zentrale empirische Ergebnisse und Handlungsempfehlungen für ein erfolgreiches Community-Management

5 Fazit und Ausblick

Literaturverzeichnis

Anhangsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Darstellung des C/D-Paradigmas

Abbildung 2: Konzeptualisierung des Loyalitätskonstruktes

Abbildung 3: Brand-Community-Triade nach Muniz und O´Guinn (2001)

Abbildung 4: Konzeptioneller Bezugsrahmen zur Erläuterung der Wirkungszusammenhänge von Mitgliederzufriedenheit, Community- und Markenloyalität in automobilbezogenen Brand Communities

Abbildung 5: Auswirkungen von Zufriedenheit/Unzufriedenheit

Abbildung 6: Erfolgskette unter Einbeziehung von Brand Communities ins

Relationship Marketing

Abbildung 7: Messmodell der empirischen Untersuchung

Abbildung 8: Modifiziertes Modell der Mitgliederzufriedenheit

Abbildung 9: Relativer Erklärungsbeitrag der zufriedenheitsfördernden Einflussgrößen

Abbildung 10: Elbow-Kriterium zur Bestimmung der Clusteranzahl

Abbildung 11: Ausprägungen der Drei-Cluster-Lösung

Abbildung 12: Zufriedenheit mit den Einflussfaktoren und deren Wichtigkeit für die Bildung der Gesamtzufriedenheit

Abbildung 13: Ausprägungen der Verhaltensabsichten zur Community- und Markenloyalität

Abbildung 14: Aus der empirischen Untersuchung hervorgegangene signifikante Wirkungsbeziehungen

Abbildung 15: Mitgliederzufriedenheitsprofil der MINI2 -Community

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Faktorenextraktion und Prüfgrößen der Dimension „Kunde-Kunde“

Tabelle 2: Faktorenextraktion und Prüfgrößen der Dimension „Kunde-Community“

Tabelle 3: Faktorenextraktion und Prüfgrößen der Dimension „Kunde-Betreiber“

Tabelle 4: Faktorenextraktion und Prüfgrößen der Dimension „Website“

Tabelle 5: Faktorenextraktion und Prüfgrößen der Loyalität

Tabelle 6: Ergebnis der Regressionsanalyse - Einflüsse der Teilzufriedenheiten auf die Mitgliederzufriedenheit

Tabelle 7: Ergebnis der Regressionsanalyse - Einfluss der Mitgliederzufriedenheit auf die Community-Loyalität

Tabelle 8: Ergebnis der Regressionsanalyse - Einfluss der Mitgliederzufriedenheit auf die Markenloyalität

Tabelle 9: Ergebnis der Regressionsanalyse - Einfluss der Community-Loyalität auf die Markenloyalität

Tabelle 10: Aggregierte Ergebnisse der offenen Fragen zur Artikulation von Kritik und Verbesserungsvorschlägen

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

1.1 Relevanz und Ziel der Arbeit

Unternehmen müssen stets ihre Markenpolitik vor dem Hintergrund der aktuellen Rah- menbedingungen anpassen. Kennzeichnend ist derzeit eine weiterhin zunehmende Wettbewerbsintensität in zahlreichen Branchen, die auf vielfältige Ursachen zurückzu- führen ist (vgl. Baumgarth 2008, S. 9-10). Die Reaktion der Unternehmen auf die zu- nehmend heterogenen Bedürfnisse der Konsumenten in Form einer stetigen Marktseg- mentierung führt zu einer Inflation an neuen Produkten und Marken, die durch den Markteintritt internationaler Mitbewerber und durch verkürzte Produktlebenszyklen verschärft wird (vgl. Esch 2010, S. 25-27). Mit steigender Produkt- und Markenvielfalt nimmt auch die Kommunikationsleistung der Unternehmen zu, was eine Informations- überlastung seitens der Konsumenten und somit Effizienzverluste der Kommunikati- onskanäle zur Folge hat (vgl. Baumgarth 2008, S. 12). Unternehmen stehen daher heut- zutage eher in einem Kommunikationswettbewerb als in einem Produktwettbewerb (vgl. Bruhn 2008, S. 515). Hinzu kommt, dass es immer schwieriger wird, eine Diffe- renzierung über klassische Kommunikationskampagnen und Produkttechnologievor- sprünge zu realisieren, wodurch die Abgrenzung zu Wettbewerbern über die Marke immer wichtiger wird (vgl. Meyer/Göbel/Dumler 2010, S. 32). Doch durch den Anstieg der Markenanzahl und durch eine Angleichung der Produktqualitäten funktioniert eine Differenzierung nicht mehr allein über rein sachlich-funktionale Markennutzen (vgl. Esch 2010, S. 34 u. S. 103), vielmehr gewinnen psychosoziale Nutzenkriterien zur Si- cherung von nachhaltigen Wettbewerbsvorteilen an Bedeutung, die für die Konsumen- ten einen emotionalen Mehrwert besitzen (vgl. ebenda, S. 103-104).

Neben diesen Herausforderungen tragen technologische Entwicklungen wie das Internet und damit verbunden die neuen Kommunikations- und Informationsmöglichkeiten dazu bei, dass sich Konsumenten vermehrt interaktiv über Produkte und Marken mit anderen Internet-Usern austauschen (vgl. Baumgartner 2007, S. 11), um so an authentische In- formationen zu gelangen (vgl. Egli/Gremaud 2008, S. 3). Dieser Trend geht zu Lasten der Relevanz klassischer Massenkommunikationsmedien (vgl. Schögel/Herhausen/ Walter 2008, S. 340), was nicht zuletzt durch das gesteigerte Misstrauen in selbige ge- fördert wird. Durch die Möglichkeiten dieser Vernetzung erhalten die Konsumenten zunehmend mehr Macht gegenüber Unternehmen (vgl. Baumgartner 2007, S. 11).

Seitens der Unternehmen muss daher ein Umdenken erfolgen. Die dyadische Beziehung zwischen Anbieter und Nachfrager, die in den letzten Jahrzehnten im Fokus stand, muss um Einflüsse aus der Interaktion zwischen Konsumenten erweitert werden (vgl. Alges- heimer/Herrmann 2005, S. 749). Wo oftmals nur einseitige, von Unternehmen ausge- hende (Schein-)dialoge geführt wurden („Push-Kommunikation“), muss verstärkt auf eine vom Konsumenten ausgehende „Pull-Kommunikation“ eingegangen werden (vgl. Walter 2008, S. 399 u. S. 404). Eine beziehungs- und interaktionsorientierte Aus- richtung des Marketings ist daher immer wichtiger (vgl. ebenda, S. 400).

Die zunehmende Interaktion zwischen Konsumenten wird dadurch angetrieben, dass diese sich wieder an Gemeinschaften orientieren. Dieser Trend ist historisch betrachtet nicht neu, wurde aber in der Postmoderne durch das Streben nach Individualisierung und Autonomie unterbrochen (vgl. Baumgartner 2007, S. 15). Menschen sehnen sich zu Beginn des 21. Jahrhunderts wieder nach Gemeinschaften, in denen sie Zugehörigkeit, Freundschaft, Unterstützung und Anerkennung erfahren. In diesen sozialen Gruppen fällt ein Konsument Konsumentscheidungen nicht alleine, sondern macht diese von den Einflüssen aus der Gruppe abhängig, wodurch seine Einstellungen, Verhaltensabsichten und tatsächlichen Verhaltensweisen beeinflusst werden (vgl. Algesheimer/Herrmann 2005, S. 749 u. S. 754).

Diese Interaktion zwischen Konsumenten, aber auch zwischen Konsumenten und dem Markenunternehmen findet als Community-Triade im Konzept der Brand Communities Berücksichtigung, die als neues Instrument im Rahmen des Relationship Marketings1 zur Umsetzung der beziehungsorientierten Sichtweise der Markenführung einzuordnen ist (vgl. Muniz/O´Guinn 2001, S. 418; McAlexander/Schouten/Koenig 2002, S. 39; Loewenfeld 2006, S. 3). Kommunikation findet somit nicht mehr ausschließlich zwi- schen Unternehmen und Konsumenten, sondern zunehmend zwischen Unternehmen und sozialen Netzwerken statt (vgl. Baumgartner 2007, S. 11). Menschen miteinander zu vernetzen und Dialoge unter Kunden und zwischen Kunden bzw. Kundennetzwerken und Unternehmen zu fördern, gilt es somit als neue Herausforderungen anzunehmen (vgl. Egli/Gremaud 2008, S. 10-11).

Ziel eines modernen Relationship Marketings ist es, auf diese neuen Entwicklungen einzugehen und die neuen Möglichkeiten, die sich durch Brand Communities ergeben, zur Wahrung bzw. Steigerung der Markenloyalität bzw. Kundenbindung auszuschöpfen (vgl. Loewenfeld 2006, S. 3). Auf Grund der bestehenden hohen Unsicherheit der Un- ternehmen bezüglich Brand Communities (vgl. Rüeger/Hannich 2008, S. 18) fokussiert diese Arbeit die Entstehung von Zufriedenheit von Brand-Community-Mitgliedern, um Stellhebel für eine erfolgreiche Brand Community mit zufriedenen und aktiven Mitglie- dern zu identifizieren. Für das Management von Konsumenteninteraktionen wurde in der Literatur eine ökonomische Relevanz postuliert (vgl. Loewenfeld 2006, S. 4), wes- halb im Rahmen dieser Arbeit konkrete Auswirkungen der Mitgliederzufriedenheit auf die Community- und Markenloyalität hin untersucht werden, wobei letztere Loyalitäts- art im Besonderen hinsichtlich ökonomischer Gesichtspunkte von Interesse ist (vgl. Bruhn 2009, S. 67).

Für die vorliegende Arbeit werden somit die folgenden Forschungsfragen formuliert:

- Welche zentralen Faktoren determinieren die Zufriedenheit von BrandCommunity-Mitgliedern?
- Welche relative Stärke weisen die zentralen Faktoren für die Messung der Zufriedenheit von Brand-Community-Mitgliedern auf?
- Wirkt sich Mitgliederzufriedenheit auf die Loyalität gegenüber „ihrer“ Brand Community und „deren“ Marke aus?
- Besteht eine direkte Beziehung zwischen der Loyalität zur Brand Community und der Loyalität gegenüber der Marke?

Zur Beantwortung der Fragen werden theoretische und empirische Erkenntnisse miteinander verknüpft, wobei als Untersuchungsobjekt für die empirische Studie Brand Communities der Automobilbranche herangezogen werden, da das Produkt „Automobil“ Charakteristika besitzt, die förderlich auf die Bildung von Brand Communities wirken. Zudem ist die Menge an bereits bestehenden Brand Communities groß, was für Unternehmen wichtig ist, um überhaupt spürbare ökonomische Effekte erwarten zu können (vgl. Algesheimer 2004, S. 239).

Generell kann zwischen online und offline existierenden Communities unterschieden werden. Auf Grund der Potenziale, die sich gerade aus den Wesensmerkmalen des In- ternets, wie z. B. Ortsungebundenheit und Verfügbarkeit, ergeben, werden in dieser Ar- beit ausschließlich Online-Brand-Communities betrachtet (vgl. Loewenfeld 2006, S. 129). Als Untersuchungsobjekt wird eine von Konsumenten gegründete Brand Community herangezogen, wobei das markenführende Unternehmen die Rolle eines Kooperationspartners einnimmt. Unternehmensgeführte Brand Communities sind in der deutschen Automobilbranche derzeit nicht zu finden.

Im folgenden Abschnitt wird das weitere Vorgehen im Hinblick auf die Beantwortung der Forschungsfragen vorgestellt.

1.2 Gang der Untersuchung

Ausgehend von den beschriebenen aktuellen Rahmenbedingungen und der sich daraus ergebenden Relevanz, die Mitgliederzufriedenheit und die Loyalität von Brand- Community-Mitgliedern zu untersuchen, werden im zweiten Kapitel dieser Arbeit zu- nächst die theoretischen Grundlagen erläutert, um ein einheitliches Verständnis der Be- grifflichkeiten sicherzustellen. Dazu werden die zentralen Begriffe Zufriedenheit, Loya- lität (2.1) und Brand Communities (2.2) behandelt. Neben der Begriffserläuterung wird, für ein umfassendes Verständnis, der Wandel des Community-Begriffes dargestellt und Brand Communities von einem auf den ersten Blick sich ähnelnden Konzept, den Kun- denclubs, abgegrenzt. Eine Darstellung von Nutzenpotenzialen und Gefahren von Brand Communities wird im Anschluss daran vorgenommen. Das Kapitel schließt mit der Be- schreibung der Automobilbranche und der Erläuterung zur Eignung automobilbezoge- ner Brand Communities als Untersuchungsobjekt (2.3).

Im dritten Kapitel wird zunächst der Bezugsrahmen der Arbeit präsentiert, der die zentralen Bestandteile und Wirkungsbeziehungen des Forschungsgegenstandes abbildet (3.1). Im darauf folgenden Abschnitt (3.2.) wird das Konstrukt der Mitgliederzufriedenheit entwickelt und deren Auswirkungen auf die Community- und Markenloyalität erörtert. Parallel zu den theoretischen Überlegungen werden Hypothesen generiert, die in das Messmodell der empirischen Untersuchung (3.3) einfließen.

Die empirische Prüfung des Untersuchungsmodells ist Gegenstand des vierten Kapitels. Zunächst wird das methodische Vorgehen erläutert (4.1), in dessen Rahmen das Unter- suchungsdesign und angewandte multivariate Datenanalyseverfahren vorgestellt wer- den. Zentraler Kern des Kapitels ist die Datenanalyse und Überprüfung der Hypothesen (4.2), aus denen Implikationen für das Community-Management abgeleitet werden (4.3).

Im letzten Kapitel werden zentrale Erkenntnisse der Arbeit zusammengefasst und ein Ausblick auf zukünftige Forschungsbedarfe gegeben.

2 Theoretische Grundlagen

2.1 Zufriedenheit und Loyalität

2.1.1 Begriffsbestimmung der Zufriedenheit

Zu Beginn der siebziger Jahre wurden erste Beiträge zur wissenschaftlichen Auseinan- dersetzung von Zufriedenheit und Unzufriedenheit von Konsumenten veröffentlicht und Vorschläge für die Messung von Zufriedenheit vorgelegt. In den folgenden Jahren ent- wickelte sich die Zufriedenheitsforschung zu einem Schwerpunkt der Marketingfor- schung (vgl. Meffert/Bruhn 1999, S. 94), wobei auch viele Unternehmen Kundenzufrie- denheit als wichtige unternehmerische Zielgröße erkannten und das Management von Zufriedenheit als Herausforderung ansahen (vgl. Peterson/Wilson 1992, S. 61; Hom- burg/Becker/Hentschel 2008, S. 105).

Im alltäglichen Sprachgebrauch bereitet der Inhalt des Begriffs Zufriedenheit zumeist keine Verständnisprobleme und kann mit einem positiven und angenehmen Gefühl um- schrieben werden. Im Rahmen einer wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit einem Begriff ist jedoch eine präzise formulierte Definition erforderlich. Ein Blick in die Lite- ratur macht jedoch deutlich, dass bislang kein Konsens über eine genaue Begriffsdefini- tion erzielt wurde (vgl. Kaiser 2002, S. 43), was u. a. darauf zurückzuführen ist, dass 1992 bereits weit über 15.000 Publikationen zum Themenkomplex der Kundenzufrie- denheit veröffentlicht wurden und die theoretische Durchdringung somit auf teilweise divergierenden und vielfältigen Ansätzen beruhte und als Konsequenz zu keiner allge- mein anerkannten Definition geführt hat (vgl. Peterson/Wilson 1992, S. 61; Matzler 1997, S. 33; Homburg/Stock-Homburg 2008, S. 19). Ungeachtet der Vielzahl der Ver- öffentlichungen konstatierte Day, einer der bedeutsamsten Forscher im Bereich der Zu- friedenheitsforschung (vgl. Kaiser 2002, S. 44), bereits 1983, dass „(…) no consensus has been achieved with respect to a core theory of satisfaction/dissatisfaction“ (Day 1983, S. 113).

Hinsichtlich der Gemeinsamkeiten verschiedener Definitionen von Kundenzufriedenheit kann jedoch festgehalten werden, dass es sich um einen komplexen psychischen Ver- gleichsprozess bei den Kunden hinsichtlich einer tatsächlichen Leistung (Ist-Leistung) eines Produktes bzw. einer Dienstleistung und eines bestimmten Standards (Soll- Leistung) handelt, aus dem heraus sich das Zufriedenheitsurteil bildet (vgl. Rudolph 1998, S. 12). So definieren Meffert und Bruhn (1981, S. 597) bspw. Konsumentenzufriedenheit als „(…) Übereinstimmung zwischen den subjektiven Erwartungen und der tatsächlich erlebten Motivbefriedigung bei Produkten oder Dienstleistungen.“

Uneinigkeit besteht jedoch über den genauen Ablauf des Vergleichsprozesses und die damit verbundene Diskussion über einen kognitiv oder affektiv gesteuerten Prozess bzw. eine Kombination aus beidem (vgl. Festge 2006, S. 11). Frühere Veröffentlichun- gen, wie z. B. von Howard und Sheth (1969, S. 145) oder Hunt (1977, S. 459) gehen von einem rein kognitiven, mathematisch zu berechnenden Soll-Ist-Abgleich aus, wo- hingegen aktuellere Arbeiten zumeist den affektiven, emotionalen Aspekt bei der Zu- friedenheitsbildung mitberücksichtigen (vgl. Boslau 2009, S. 21-22) und Zufriedenheit mit einem „(…) positive[n] Gefühl nach einer Entscheidung/Handlung“ (Trommsdorff 2009, S. 127) in Verbindung bringen. Homburg, Becker und Hentschel (2008, S. 108) definieren somit Kundenzufriedenheit als „(…) kognitive und affektive Evaluierung der gesamten Erfahrung mit einem bestimmten Anbieter und dessen Produkten.“

In der Literatur gibt es zudem Diskussionen über die Verwendung der Begriffe Zufrie- denheit und Unzufriedenheit, wobei einige Autoren beide Begriffe als entgegengesetzte Pole einer Dimension verstehen, andere von Zufriedenheit ohne Nennung der gegentei- ligen Ausprägung sprechen und weitere Autoren wie z. B. Herzberg (1964) Zufrieden- heit und Unzufriedenheit als zwei unterschiedliche Konstrukte auffassen, wobei sich letztere Ansichtsweise als Ursprung aus dem Konzept zur Arbeitszufriedenheit in der marketingwissenschaftlichen Literatur nicht durchsetzen konnte (vgl. Kaiser 2002, S. 45-46).

In dieser Arbeit stehen die Mitglieder von Brand Communities im Mittelpunkt der Betrachtung, die zugleich Kunden der zugrunde liegenden Marke der jeweiligen Community sind. Die bisherigen Darstellungen zur Kundenzufriedenheit sollen dementsprechend auf die Zufriedenheit von Brand-Community-Mitglieder übertragen werden, wobei die „Kunden“ in diesem Fall die Mitglieder der Brand Community sind und als „Produkt“ die Community selbst fungiert. Mitgliederzufriedenheit soll demnach ebenfalls als ein kognitiver und emotionaler Vergleichsprozess zwischen einer gewünschten Soll-Leistung und der tatsächlich wahrgenommenen Ist-Leistung in Bezug auf die Ausgestaltung der Community angesehen werden, der zur Bildung des Zufriedenheitsurteils der Mitglieder führt.

Im folgenden Abschnitt wird eine mögliche Konzeptualisierung des Konstruktes Kundenzufriedenheit anhand des Confirmation/Disconfirmation-Paradigmas vorgestellt und somit der Prozess der (Un-)Zufriedenheitsbildung dargestellt.

2.1.2 Entstehung von Zufriedenheit

In der Literatur sind viele Ansätze2 zur Erklärung der Entstehung von Zufriedenheit aufgeführt, wobei die Grundstruktur des Confirmation/Disconfirmation-Paradigmas (C/D-Paradigma) eine hohe Akzeptanz in der wissenschaftlichen Literatur zur Zufrie- denheitsforschung erfahren hat und als Rahmen verschiedener Theorien und Konzepte dienen kann, die an einzelnen Komponenten des Paradigmas ansetzen und diese näher erklären (vgl. Homburg/Stock-Homburg 2008, S. 19; Oliver 1997, S. 99; Matzler 1997, S. 34; Ahlert/Evanschitzky/Hesse 2004, S. 122). Daher wird dieses Paradigma zur Erklärung des Prozesses zur Bildung von Zufriedenheit herangezogen.

Im Kern beschreibt das C/D-Paradigma Kundenzufriedenheit als das Ergebnis eines psychischen Vergleichs zwischen einer tatsächlichen Erfahrung bei Beanspruchung einer Leistung (Ist-Leistung) und einem erwarteten Vergleichsstandard (Soll-Leistung) (vgl. Homburg/Krohmer 2009, S. 44), wobei das Maß der Zufriedenheit von der Über- einstimmung zwischen Soll- und Ist-Leistung, welches als Konfirmation3 (Bestätigung) bezeichnet wird, abhängig ist (vgl. Oliver 1997, S. 104). In Abbildung 1 wird dieser Vergleichsprozess dargestellt.

Die Komponenten des C/D-Paradigmas - Soll-Komponente, Ist-Komponente, Vergleichsprozess - werden nun im weiteren Verlauf beschrieben.

Die Soll-Komponente (Vergleichsstandard, Soll-Leistung) beschreibt das Erwartungs- niveau des Kunden hinsichtlich einer Leistung (vgl. Homburg/Stock-Homburg 2008, S. 20), dabei kann der Kunde jedoch erst dann eine Erwartungshaltung aufbauen, wenn er schon vor der Inanspruchnahme der Leistung bzw. Nutzung des Produktes die Pro- dukteigenschaften beurteilen kann. Problematisch ist dies, wenn z. B. bei einer Erstinan- spruchnahme bzw. Erstnutzung keinerlei Kenntnisse vorhanden sind, die als Ver- gleichsstandard dienen können (vgl. Boslau 2009, S. 19). In der Literatur werden des halb neben verschiedenen Erwartungsauffassungen (vgl. Foscht/Swoboda 2005, S. 2009) u. a. auch folgende Größen diskutiert, die als Vergleichsstandard dienen können (vgl. Winter 2005, S. 16):

- die Idealvorstellung des Urteilenden
- der wünschenswerte Zustand aus Sicht des Urteilenden die Erfahrungsnorm des Urteilenden
- der vom Urteilenden als gerecht angesehene Zustand
- der durch den Urteilenden minimal tolerierbare Zustand

Dass ein Kunde auch mehrere Vergleichsgrößen parallel oder in einer bestimmten Fol- gen heranziehen kann, wurde von Tse und Wilton (1988, S. 210) nachgewiesen. Ebenso ist es möglich, dass sich der Vergleichsstandard je nach Situation bezüglich Art und Ausprägung ändert.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Darstellung des C/D-Paradigmas

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Homburg/Stock-Homburg 2008, S. 21; Homburg/Becker/Hentschel 2008, S. 107

Die Erwartungen sind im Zeitablauf nicht stabil und werden durch die mündliche Kommunikation und die persönliche Situation der Kunden sowie durch die Erfahrungen mit dem Anbieter und dessen Kommunikation beeinflusst (vgl. Parasuraman/ Zeithaml/Berry 1985, S. 48). Obwohl der Erwartungsbegriff zumeist kognitiv interpre- tiert wird, werden im Sinne affektiver Erwartungen auch Emotionen in den Vergleichs- prozess zwischen Soll- und Ist-Leistungen berücksichtigt (vgl. Boslau 2009, S. 19).

Hinsichtlich der Ist-Komponente besteht in der Literatur weitaus weniger Diskussions- bedarf. Sie beschreibt die vom Kunden wahrgenommene Leistung (Ist-Leistung) hin- sichtlich eines Produkts oder einer Dienstleistung (vgl. Homburg/Stock-Homburg 2008, S. 21, vgl. Foscht/Swoboda 2005, S. 210) und kann einer objektiven oder subjektiven Beurteilung unterliegen (vgl. Tse/Wilton 1988, S. 205). Die objektive Leistung wird von allen Kunden in gleicher Weise wahrgenommen und ist somit nachprüfbar, wohin- gegen die subjektive Leistung durch individuelle Wahrnehmungseffekte variieren kann (vgl. Homburg/Stock-Homburg 2008, S. 21). Vorstellbar ist also, dass bspw. eine mess- bare und somit objektive Wartezeit von Kunden subjektiv als unterschiedlich lang emp- funden werden kann (vgl. Boslau 2009, S. 21). In der Literatur besteht Einigkeit dar- über, dass die Ist-Leistung auf Grund der verschiedenen Wahrnehmungseffekte subjek- tiver Natur ist und somit der objektiven Leistung vorgezogen wird (vgl. Giering 2000, S. 8-9; Homburg/Stock-Homburg 2008, S. 22).

Beide Komponenten (Ist- und Soll-Leistung) sind nicht als gänzlich unabhängige Größen zu betrachten, denn sie können sich auch gegenseitig beeinflussen und somit eine Korrektur4 des wahrgenommenen Leistungsniveaus bzw. Vergleichsstandards bewirken (vgl. Homburg/Stock-Homburg 2008, S. 20).

In dem Vergleichsprozess des C/D-Paradigmas wird die Ist-Leistung der Soll-Leistung gegenübergestellt und kann zu drei Ausprägungen führen (vgl. Churchill/Surprenant 1982, S. 491-492):

(1) Positive Diskonfirmation: wahrgenommene Leistung (Ist) > Erwartung (Soll)
(2) Konfirmation: wahrgenommene Leistung (Ist) = Erwartung (Soll)
(3) Negative Diskonfirmation: wahrgenommene Leistung (Ist) < Erwartung (Soll)

Konfirmation ist somit im Sinne einer Bestätigung aufzufassen, bei der die wahrge- nommene Leistung den Erwartungen entspricht (vgl. Homburg/Stock-Homburg 2008, S. 20). Aus positiver Diskonfirmation resultiert Zufriedenheit, wohingegen negative Diskonfirmation zur Unzufriedenheit führt. Bei Konfirmation stellt sich ein neutrales Gefühl (indifferente Zufriedenheit) ein (vgl. Kaiser 2002, S. 48). Unabhängig vom Ver- gleichsprozess kann die wahrgenommene Leistung wie in Abbildung 1 dargestellt auch einen direkten Einfluss auf das (Un-)Zufriedenheitsurteil ausüben (vgl. Homburg/Stock- Homburg 2008, S. 20).

Nachdem die Entstehung von Zufriedenheit/Unzufriedenheit anhand des C/D-Para- digmas erläutert wurde, wird im nächsten Abschnitt der Loyalitätsbegriff vorgestellt.

2.1.3 Definition und Abgrenzung des Loyalitätsbegriffes

Für eine Differenzierung der Begriffe Kundenbindung und Kundenloyalität ist es hilfreich, eine Unterscheidung im Hinblick auf das jeweilige Bezugsobjekt vorzunehmen (vgl. Giering 2000, S. 14). Während sich der Loyalitätsbegriff auf konkrete Objekte, wie in dieser Arbeit auf eine Brand Community und eine Marke bezieht, so ist der Begriff der Kundenbindung weiter gefasst, da die gesamte Geschäftsbeziehung zwischen Anbieter und Kunde im Mittelpunkt der Betrachtung steht (vgl. Diller 1996, S. 81; Foscht/Swoboda 2005, S. 213; Festge 2006, S. 46).

Homburg und Bruhn (2008, S. 8) definieren somit in Anlehnung an Diller (1996, S. 83) Kundenbindung als „(…) sämtliche Maßnahmen eines Unternehmens, die darauf abzie- len, sowohl die Verhaltensabsichten als auch das tatsächliche Verhalten eines Kunden gegenüber einem Anbieter oder dessen Leistungen positiv zu gestalten, um die Bezie- hung zu diesem Kunden für die Zukunft zu stabilisieren bzw. auszuweiten.“ Diese Definition stellt damit die anbieterbezogene Sicht des Kundenbindungsbegriffs dar, wo- bei die Maßnahmen des Unternehmens zur Stabilisierung und Intensivierung der Geschäftsbeziehung betont werden. In diesem Zusammenhang wird, ausgehend von den anbieterseitigen Aktivitäten, auch von Kundenbindungsmanagement gesprochen (vgl. Homburg/Bruhn 2008, S. 8; Diller 196, S. 82).

Im Gegensatz zur anbieterbezogenen Sichtweise bezieht sich die nachfragerorientierte Sicht der Kundenbindung auf das Verhalten der Kunden und spiegelt die Treue bzw. die Loyalität der Kunden gegenüber dem Anbieter wider (vgl. Foscht/Swoboda 2005, S. 216; Homburg/Becker/Hentschel 2008, S. 110, Giering 2000, S. 18). Kundenloyalit ä t kann somit als nachfragerbezogene Sicht der Kundenbindung beschrieben werden, wobei sie dem umfassenderen Konstrukt der Kundenbindung untergeordnet ist (vgl. Foscht/Swoboda 2005, S. 216; Homburg/Bruhn 2008, S. 9).

Conze (2007, S. 74) unterscheidet hinsichtlich des Konstruktes Kundenloyalität die fak- tische und die intentionale Loyalität (vgl. Abbildung 2). Die faktische Loyalität nimmt Bezug auf die Vergangenheit (Ex-post-Betrachtung) und beschreibt das tatsächliche, also direkt beobachtbare und messbare Verhalten der Kunden (vgl. Conze 2007, S. 77) und entspricht somit einer behavioristischen Perspektive der Loyalitätsauffassung (vgl. Foscht/Swoboda 2005, S. 213). Diese Sichtweise wird aber in der Literatur auch kriti- siert, so weisen Dick und Basu (1994, S. 100) darauf hin, dass Wiederkaufverhalten nicht zwangsläufig ein Indiz für echte Loyalität ist und dies somit zur Erklärung von Loyalität nicht ausreicht, da ebenso situative Faktoren, wie z. B. die Nicht- Verfügbarkeit eines Produktes bzw. einer Leistung oder Variety Seeking, also der Wunsch nach Konsumabwechslung, dazu führen, dass Wiederkaufsraten steigen bzw. sinken. Vorteil der faktischen Loyalität ist lediglich die kostengünstige Messbarkeit für Unternehmen, da bspw. Verkaufszahlen als Datenbasis genügen, um Berechnungen durchzuführen, wobei allerdings stabile Bindungsverhältnisse vorausgesetzt werden, die jedoch nur bei kurzen Bezugszeiträumen angenommen werden können. Für langfristige Analysen ist dieses Vorgehen ungeeignet (vgl. Diller 1996, S. 85).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Konzeptualisierung des Loyalitätskonstruktes

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Conze 2007, S. 75; Foscht 2002, S. 104, Giering 2000, S. 17 Der in dieser Arbeit angewandte Loyalitätsbegriff wird als intentionale Loyalit ä t aufgefasst (vgl. Conze 2007, S. 75) und bezieht sich gemäß des Neo-Behaviorismus auf psychische Komponenten, wobei im Sinne einer Ex-ante-Betrachtung die zukünftigen Verhaltensabsichten, wie die Wiederkaufabsicht, die Cross-Buying-Absicht und die Weiterempfehlungsabsicht der Konsumenten berücksichtigt werden (vgl. Foscht/ Swoboda 2005, S. 214; Homburg/Becker/Hentschel 2008, S. 111; Conze 2007, S. 75). Nach Diller (1996, S. 82-83) kann die nicht direkt messbare Größe der intentionalen Loyalität auch als Einstellung5 zum zukünftigen Verhalten angesehen werden, wobei somit kognitive, affektive und intentionale Aspekte einbezogen werden. Hinsichtlich der affektiven Komponente der Einstellung6 wird neben den Emotionen und dem Gefühlszustand auch die Zufriedenheit subsumiert (vgl. Dick/Basu 1994, S. 104), welches somit Anlass gibt, dies als Ursache für die Loyalitätswirkung im Rahmen dieser Arbeit zu überprüfen.

Auf die zukunftsbezogenen Loyalitätsabsichten wird innerhalb der empirischen Untersuchung dieser Arbeit in Bezug auf die Loyalität der Brand-Community- Mitglieder zur Marke zurückgegriffen und diese Markenloyalität als Konsequenz zufriedener Brand-Community-Mitglieder angesehen (vgl. Abschnitt 3.2.2.1). Da sich die Loyalität generell nicht nur auf eine Marke bzw. ein Produkt beziehen muss (vgl. Foscht/Swoboda 2005, S. 213), wird die Treue der Mitglieder zu ihrer Brand Community auch im Sinne des intentionalen Loyalitätsbegriffs aufgefasst und die zukünftigen Verhaltensabsichten in Bezug auf die beabsichtigte Fortführung der Mitgliedschaft und die Weiterempfehlungsabsicht der Brand Community untersucht. Nach Algesheimer (2004, S. 118) soll die Community-Loyalit ä t als Verhaltensabsicht interpretiert werden, „(…) als Mitglied der Brand Community treu zu bleiben, weil die Mitgliedschaft als attraktiv im austauschtheoretischen Sinne wahrgenommen wird.“7

Zum Abschluss der Ausführungen soll Markenloyalit ä t nach Foscht/Swoboda (2005,

S. 213) als ein „(...) zweidimensionales Konstrukt“ definiert werden, welches, „(…) einerseits auf dem bisherigen (loyalen) Verhalten des Kunden (Verhaltensdimension) und andererseits auf der (loyalen) Einstellung zur Geschäftsbeziehung (Einstellungsdi- mension) [basiert].“

2.2 Brand Communities

2.2.1 Wandel des Community-Verständnisses

Der Begriff der Community wurde in den letzten Jahrzehnten vornehmlich in der sozio- logischen Forschung verwendet, wobei auf Grund unterschiedlicher Nutzung des Be- griffs keine allgemeingültige Definition existiert (vgl. Fischer/Bristor/Gainer 1996, o. S.). Grundsätzlich werden mit dem ursprünglichsten Begriff der Communities, den Gruppen, Anfang des 20. Jahrhunderts sozial verbundene Individuen bezeichnet, die voneinander abhängig sind, gegenseitige Verantwortung tragen und durch ihre Sprache und ein gemeinsames Eigentum miteinander verbunden sind. Dabei ist charakteristisch, dass vor allem ein gemeinsamer (realer) Ort existiert, an dem der Lebens- und Ar- beitsalltag stattfindet (vgl. Algesheimer 2004, S. 44, Thiedeke 2003, S. 7) und Gruppen oftmals familiäre Strukturen aufweisen. Dabei lebt der Bestand der Gruppe von ihren persönlichen (physischen) Begegnungen (vgl. Thiedeke 2003, S. 7). In einer Definition nach Schäfers (1999, S. 20-21) werden soziale Gruppen definiert als „(…) eine be- stimmte Anzahl von Mitgliedern (Gruppenmitgliedern), die zur Erreichung eines ge- meinsamen Ziels (Gruppenziel) über längere Zeit in einem relativ kontinuierlichen Kommunikationsprozess stehen und ein Gefühl der Zusammengehörigkeit (Wir-Gefühl) entwickeln. Zur Erreichung des Gruppenziels und zur Stabilisierung der Gruppenidenti- tät ist ein System gemeinsamer Normen und eine Verteilung der Aufgaben über ein gruppenspezifisches Rollendifferenzial erforderlich.“

Diese ursprüngliche Verwendung des Community-Begriffs als soziale Gruppe erfährt vor allem seit Mitte der 90er mit der Etablierung und höheren Nutzungsintensität des Internets einen grundsätzlichen Wandel (vgl. Hartleb 2009, S. 9; Thiedeke 2003, S. 8). Auch ohne geografische Nähe war nun ein Zusammenschluss von Individuen gleicher Interessen in Communities mittels virtueller Kontakte (vgl. Thiedeke 2003, S. 8) mög- lich (vgl. Algesheimer/Herrmann 2005, S. 751). Muniz und O´Guinn (2001, S. 413) halten daher fest: „(…) community became more than a place. It became a common understanding of a shared identity.“ Neben der Nicht-Notwendigkeit einer physischen Nähe besteht auch keine zwingende Notwendigkeit mehr, dass zwangsläufig alle Mit- glieder untereinander agieren (vgl. Algesheimer 2004, S. 46). Eine Community bezeich- net somit ein „(…) soziales Netzwerk von, miteinander in kontinuierlicher Interaktion stehenden, Individuen, die sich innerhalb eines spezifischen Zeitraums wechselseitig beeinflussen und ein Zusammengehörigkeitsgefühl entwickeln. Die soziale Interaktion zwischen den Mitgliedern unterliegt dabei einem wohlverstandenen Fokus, etwa einem gemeinsamen Ziel, geteilter Identität, gemeinsamem Besitz oder gemeinsamen Interes- sen.“ (Algesheimer 2004, S. 47). Communities im Internet, die als Kommunikations- plattform bspw. Chats und Foren nutzen, werden auch virtuelle Communities8 genannt, wobei diese unabhängig von der Partizipation einzelner Teilnehmer weiter existieren. Dabei kann sich die virtuelle Persönlichkeit mit der der realen Person decken und sich auf die reale Identität, ähnlich der realen face-to-face Kontakte, beziehen (vgl. Thiedeke 2003, S. 8-9). Im Unterschied zwischen der realen und virtuellen Interaktion ist jedoch festzuhalten, dass hinsichtlich der virtuellen Beziehungen diese u. U. instabiler sind, da die Beziehungen lediglich mittelbar und nicht wie in der realen Welt unmittelbar, also persönlich, erfolgen. Zudem erfolgt das virtuelle Auftreten oftmals unter einem Pseudo- nym oder komplett anonym (vgl. ebenda, S. 9). Als die erste virtuelle Community wird „The Well“9 angegeben, die 1985 gegründet wurde und von Howard Rheingold das erste Mal als solche bezeichnet wurde (vgl. The Well 2010, o. S.; Thiedeke 2003, S. 116; Langerak et al. 2003, S. 6).

Noch vor der Entwicklung des Begriffes der virtuellen Community wurden von Hillery im Jahre 1955 insgesamt 94 Definitionen des Community-Begriffs auf Gemeinsamkei- ten hin untersucht (vgl. Hillery 1981, S. 18-19). Dabei ergibt sich lediglich über alle Definitionen hinweg das gemeinsame Merkmal der Existenz einer Gruppe von Men- schen (vgl. Hillary 1955, S. 117). Den Aspekt der sozialen Interaktion ermitteltet er als zweitkleinsten gemeinsamer Nenner (vgl. ebenda, S. 114). Darüber hinaus extrahiert er vier charakteristische Merkmale, die in etwa Dreiviertel aller Definitionen zu finden sind (vgl. hier und im Folgenden Loewenfeld 2006, S. 22; Hillery 1955 S. 115-118). Die Abgrenzung der Community gegenüber anderen Gruppierungen betitelt er als „ self-sufficiency “ und beschreibt damit die Auffassung, dass Communities als geschlos- sene Einheiten gesehen werden. Als weiteres Merkmal beschreibt er mit „ common life “ die Gleichartigkeit der Mitglieder, bedingt durch eine ähnliche Lebensauffassung und Gemeinsamkeiten im Denken. Mit „ consciousness of kind “ wird das Bewusstsein dieser Ähnlichkeit ausgedrückt. Als letztes gemeinsames Merkmal identifiziert Hillery ge- meinsame Ziele, Normen und Interessen als Charakteristikum der verschiedenen Community-Definitionen („possession of common ends, norms, means“).

Ausgehend von diesen Ausführungen werden im folgenden Abschnitt die Charakteristi- ka von „Brand Communities“ herausgearbeitet, die als Untersuchungsobjekt hinsicht- lich Zufriedenheit und Loyalität der Mitglieder in dieser Arbeit im Mittelpunkt stehen.

2.2.2 Eigenschaften und Definition von Brand Communities

Mit dem Aufkommen der Konsumkultur setzte auch ein Wandel hinsichtlich der Com- munities ein (vgl. Algesheimer 2004, S. 50). Die ursprünglichen Communities, die auf zwischenmenschliche Beziehungen, auf Grund der ständigen räumlichen Nähe, aufbau- ten, veränderten sich zunehmend zu Gemeinschaften mit ähnlichen Konsumgewohn- heiten. Diese Art von Communities wurden von Boorstin (1974) mit dem Begriff „ consumption communities “ bezeichnet (vgl. Hartleb 2009, S. 16). McAlexander, Schouten und Koenig (2002, S. 38) sprechen in diesem Zusammenhang auch von „ marketplace communities “ . Der Begriff der Brand Community10 wurde erstmalig von Muniz und O´Guinn (1996, S. 265) erwähnt. Erst fünf Jahre später erscheint ihr Grundlagenartikel „Brand Community“ im Journal of Consumer Research, der den Begriff schließlich mit einer Definition in die wissenschaftliche Literatur einführt und die Existenz von Brand Communities nachweist (vgl. Muniz/O´Guinn 2001, S. 412 u. S. 415).

Ähnlich wie Hillery (vgl. Abschnitt 2.2.1) analysieren auch Muniz und O´Guinn zunächst die sozialwissenschaftliche Literatur hinsichtlich verschiedener CommunityDefinitionen und fassen drei wesentliche Merkmale („markers of community”) zusammen, die sie in ihre Brand-Community-Definition einfließen lassen (vgl. hierzu und im Folgenden Muniz/O´Guinn 2001, S. 413 u. S. 418-426).

Das erste und wichtigste Element von Communities ist demnach „ consciousness of kind “, das gemeinsame Bewusstsein der Zugehörigkeit zu der Community, das auch Hillery bereits herausgestellt hatte (vgl. Abschnitt 2.2.1). Darunter wird die intrinsische Verbundenheit verstanden, die die Mitglieder untereinander fühlen. Hierdurch wird auch die Abgrenzung zu Nicht-Community-Mitgliedern zum Ausdruck gebracht (vgl. Muniz/O´Guinn 2001, S. 413). Bender beschreibt diesen Aspekt bereits 1978 als „Wir Gefühl“. Dieses Zusammengehörigkeitsgefühl wird zudem dadurch gefestigt, dass sich die Mitglieder mit der Marke, um die sich die Community rankt, verbunden fühlen.

Über diese gemeinsame Verbindung haben die einzelnen Mitglieder das Gefühl, als würden sie die anderen Mitglieder kennen, obwohl sich diese noch nie gesehen haben (vgl. ebenda, S. 418). Daraus ergibt sich die für Brand Communities charakteristische soziale Beziehung über drei Ecken „Marke-Kunde-Kunde“, die als „ Community Triade “ bezeichnet wird und eine Erweiterung zu der üblichen Marke-Kunde- Beziehung darstellt (vgl. McAlexander/Schouten/Koenig 2002, S. 39). Als Konsequenz dieser Verbundenheit entwickeln die Mitglieder eine „ oppositional brand loyalty “ und lehnen damit Konkurrenzmarkenprodukte kategorisch ab (vgl. Muniz/O´Guinn 2001, S. 420).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Brand-Community-Triade nach Muniz und O´Guinn (2001)

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an McAlexander/Schouten/Koenig 2002, S. 39

Als zweites prägendes Merkmal von Communities nennen Muniz und O´Guinn (2001, S. 413) „ shared rituals and traditions “ . Diese Rituale und Traditionen bewahren die Historie, die Kultur und das gemeinsame Bewusstsein mit dem Ziel, einem fundamentalen Bedeutungswandel der Community entgegenzuwirken. Als einfaches Beispiel für Rituale kann der Gruß per Handzeichen oder das Aufblenden der Autoscheinwerfer bei Saab-Fahrer angebracht werden, wenn diese sich auf der Straße begegnen. Nur wahre Fans kennen diese Rituale und grenzen sich somit von NichtCommunity-Mitgliedern ab (vgl. ebenda, S. 422).

„ A sense of moral responsibility “ stellt das dritte Merkmal dar und drückt die moralische Verpflichtung der Mitglieder gegenüber der Community als Ganzes und gegenüber den einzelnen Mitgliedern aus (vgl. Muniz/O´Guinn 2001, S. 413). Dieses Pflichtbewusstsein äußert sich zum einen dahin gehend, dass sich die Mitglieder um neue Mitglieder kümmern und diesen bei der Eingliederung in die Community zur Seite stehen, zum anderen werden Bemühungen vollzogen, um Mitglieder zu halten. Zudem fühlen sich die Mitglieder verpflichtet, Hilfestellungen bezüglich der Nutzung der Marke zu geben (vgl. Loewenfeld 2006, S. 93). Diese Verpflichtung trägt somit zum gemeinsamen Handeln und zum Zusammenhalt der Brand Community bei (vgl. Muniz/O´Guinn 2001, S. 424). Diese gegenseitige Verpflichtung kommt auch in dem Prinzip der Reziprozit ä t zum Ausdruck, das als wesentlich für die Aufnahme und Bekräftigung sozialer Beziehungen gilt. Erhält ein Mitglied in der Community Unterstützung, so bleibt dies nicht folgenlos. Es fühlt sich sogleich verpflichtet, selbst unterstützend tätig zu werden (vgl. Adloff/Mau 2005, S. 13).

Die drei beschriebenen wesentlichen Merkmale von Communities werden von Muniz und O´Guinn auf ihre Definitionen von Brand Community übertragen, sie definieren sie als „(…) a specialized, non-geographically bound community, based on a structured set of social relationships among admirers of a brand. It is specialized because at its center is a branded good or service. Like other communities, it is marked by a shared con- sciousness, rituals and traditions, and a sense of moral responsibility.“ (Muniz/O´Guinn 2001, S. 412). In der Literatur werden als Beispiele für prägende Brand Communities häufig die von McAlexander, Schouten und Koenig (2002, S. 40) untersuchten Harley- Davidson Owner´s Group (H.O.G) und die Jeep-Community genannt (vgl. Algesheimer 2004, S. 52).

Wie auch schon im vorherigen Kapitel beschrieben, spielt die geografische Nähe hinsichtlich sozialer Interaktion in Brand Communities keine Rolle mehr, denn auf Grund der Existenz der Neuen Medien, vor allem des Internets, verschwinden zunehmend die räumlichen Grenzen. Muniz und O´Guinn (2001, S. 413) erwähnen diesbezüglich in ihrem Artikel auch den Begriff der „ imagined community “ von Anderson, der den Aspekt berücksichtigt, dass Communities heutzutage i. d. R. auf virtuellen Kontakten beruhen und eine Bindung durch eine gemeinsame Identität erfolgt. Physische Treffen (Events) sind zwar nicht so häufig, aber ebenso wichtig, womit Brand Communities eine Mischung aus virtuellen und realen Communities darstellen (vgl. Algesheimer/Herrmann 2005, S. 756; Muniz/O´Guinn 2001, S. 426).

Als wesentliches Merkmal der Brand Community gilt die Marke, um die sich das sozia- le Kollektiv rankt (vgl. Muniz/O´Guinn 2001, S. 426). Dabei ist es wesentlich, dass le- diglich ein Markenprodukt und nicht wie z. B. bei Fashion Communities mehrere Mar17 - kenprodukte im Mittelpunkt stehen (vgl. Loewenfeld 2006, S. 98). Der Nutzen einer Marke führt, im Zusammenhang mit Brand Communities, über grundlegende funktiona- le Nutzenassoziationen hinaus, die aus den rein physikalisch-technischen Merkmalen einer Marke resultieren. Bedeutung wird dem symbolischen Nutzen und hierbei der so- zialen und persönlichen Nutzenebene zugesprochen, bei der die Bedürfnisse11 nach Prestige, Wertschätzung, Selbstdarstellung, emotionaler Verbundenheit und Gruppen- zugehörigkeit im Mittelpunkt stehen (vgl. Meffert 2008, S. 365-366). Marken kann eine Persönlichkeit (Markenpersönlichkeit) zugeschrieben werden, wobei diese, verbunden mit der Marke assoziierten menschlichen Eigenschaften zu einer starken Bindung zwi- schen Marke und Nachfrager führt (vgl. ebenda, S. 365). Hinsichtlich der Eignung von Marken für die Formierung von Brand Communities gilt, dass begünstigende Faktoren wie ein starkes Markenimage, eine lange Markentradition und ein intensives Wettbe- werberumfeld existieren sollten. Ebenso wichtig ist, dass die Markenprodukte öffentlich konsumiert werden können (vgl. Muniz/O´Guinn 2001, S. 415). In dem 5-Stufen-Modell der Markenf ü hrung12 von Zimmermann et al. (2001, S. 16) werden die Entwicklungs- stufen von Marken dargestellt. Ausgehend von der ersten Stufe, auf der das Markenpro- dukt als „Markenware“ bezeichnet wird, was aber lediglich die physische Markierung des Produkts umfasst, wird die Marke auf der vierten Stufe „Identitätsstiftende Marke“ genannt. Auf dieser Stufe identifizieren sich die Konsumenten mit der Marke, was sich durch hohes Involvement13 und hohe Dialogbereitschaft äußert und zu einem Gruppen- zugehörigkeitsgefühl führt. In diesem Entwicklungsstatus der Marke können Brand Communities entstehen (vgl. Zimmermann et al. 2001, S. 19).

Muniz und O´Guinn (2001, S. 415) sehen Brand Communities als „explicity commercial“. Hiermit ist jedoch in diesem Fall das zentrale Produkt, nicht aber zwangsläufig die Ausrichtung Brand Community an sich gemeint (vgl. Loewenfeld 2004, S. 96). Loewenfeld (2004, S. 127) bezieht den kommerziellen Aspekt hingegen auf die Ausrichtung der Brand Community und unterscheidet zwischen kommerziellen (offiziellen), also von Unternehmen gegründeten und gesteuerten und nicht- kommerziellen (inoffiziellen), von Konsumenten ins Leben gerufenen Brand Communities. Wird im Rahmen dieser Arbeit von kommerziellen Communities gesprochen, so werden diese im Sinne von Loewenfeld verstanden.

Die oben genannte Brand-Community-Definition von Muniz und O´Guinn (2001, S. 412) ist in der internationalen Forschungsgemeinde weitestgehend akzeptiert. Auch ein Großteil der aktuelleren Arbeiten im deutschprachigen Raum basieren auf dieser Definition (vgl. Hartleb 2009, S. 32; Hoppe 2009, S. 20; Algesheimer 2004, S. 54; Huber/Rieger/Kissel 2009, S. 9). Hinsichlich einer deutschen Definition ist bislang nur von Loewenfeld (2006) eine recht umfassende entwickelt worden, die der usprünglichen Definition von Muniz und O´Guinn nicht widerspricht, sondern diese aufgreift und in Teilen detaillierter beschreibt (vgl. Hoppe 2009, S. 24). Loewenfeld definiert eine Brand Community als „(…) eine ortsungebundene, offline und/oder online existierende, interessenbasierte Gemeinschaft, die speziell auf eine bestimmte Marke ausgerichtet ist und dabei durch die Schaffung einer Umgebung mit einem hohen Identifikationspoten- zial Anhänger und Bewunderer einer Marke sowie Kunden mit einem generellen Inte- resse an der Marke interaktiv vereint. Kennzeichnend ist hierbei die Herausbildung eines starken Gemeinschaftsgefühls und einer sozialen Identität. Idealerweise verbinden sich in einer Brand Community traditionelle Community-Werte sowohl mit funktiona- len als auch mit individuellen Bedürfnissen.“ (Loewenfeld 2006, S. 133).

2.2.3 Abgrenzung zu Kundenclubs

Zu den Kundenclubs zählt bspw. der IKEA Family-Club14 mit insgesamt 29 Millionen Mitgliedern in 21 Ländern (vgl. IKEA 2010, o. S.). Ähnlich der bereits beschriebenen Brand Communities steht eine bestimmte Marke, hier IKEA, im Mittelpunkt und Mit- glieder, die sich dieser Marke verbunden fühlen. Butscher und Müller (2009, S. 399) definieren Kundenclubs als „(…) eine zumindest kommunikative Einheit von Personen oder Organisationen, welche von einem Unternehmen initiiert und betrieben wird, um mit den Mitgliedern in regelmäßigem, direkten Kontakt zu stehen und ihnen ein Leis- tungspaket mit hohem wahrgenommenen Nutzen anzubieten. Ziel dabei ist die Aktivie- rung der Mitglieder und die Zunahme der Kundenbindung durch den Aufbau einer emo- tionalen Beziehung zu ihnen.“ Dabei spricht die in der Definition genannte Initiierung durch Unternehmen für eine generell kommerzielle Ausrichtung. Mittels Aufbau und Optimierung einer Kundendatenbank können strategische Unternehmensziele wie Um Krentz Brand Community satzsteigerungen und Kostenreduzierungen erreicht werden (vgl. Bernecker/Hüttl 2008, S. 154; Butscher/Müller 2009, S. 400). Dies widerspricht nicht zwangsläufig dem Grundgedanken von (kommerziellen) Brand Communities (vgl. Abschnitt 2.2.2).

Kundenclubs bieten ihren Mitgliedern monetäre und nicht-monetäre Vorteile (vgl. But- scher/Müller 2009, S. 400). Mitglieder des IKEA Family-Clubs erhalten als monetäre Vorteile bspw. bestimmte Artikel zu besonderen Mitgliedspreisen, Gratis-Getränke, Club-Magazine, Sonderkonditionen bei Kooperationspartnern und eine Transportversi- cherung. Als nicht-monetäre Vorteile sind u. a. die Möglichkeiten der Teilnahme an Gewinnspielen und Einladungen zu Events bzw. Workshops zu nennen (vgl. IKEA 2010, o. S.).

Im Mittelpunkt der Kundenclubs steht der Dialog zwischen dem Unternehmen und den Kunden (vgl. Butscher/Müller 2009, S. 400), wobei der Dialog meist einseitig gerichtet von dem Unternehmen ausgeht. Eine Kommunikation zwischen den Mitgliedern und somit eine Interaktion zwischen diesen bleibt in der Regel gänzlich aus, womit konstitu- ierende Merkmale von Brand Communities nicht erfüllt werden und Kundenclubs somit nicht den Brand Communities zugeordnet werden können (vgl. Abschnitt 2.2.2; Alges- heimer 2004, S. 63).

2.2.4 Nutzenpotenziale und Risiken für Markenunternehmen

Bezüglich der Auswirkungen von Brand Communities muss zwischen kommerziellen und nicht-kommerziellen Brand Communities differenziert werden. Eine kommerzielle Brand Community hat den Vorteil, dass das markenführende Unternehmen einen höhe- ren Einfluss auf die Gestaltung und Inhalte ihrer gegründeten Brand Community neh- men kann, wohingegen bei einer nicht-kommerziellen Brand Community lediglich ein durch Kooperationen realisierter, beschränkter Einfluss möglich ist (vgl. Loewenfeld 2006, S. 128).

In der vorliegenden Arbeit sollen potenzielle Hebel identifiziert werden, die eine Steige- rung der Mitgliederzufriedenheit zur Folge haben. Wie noch in Abschnitt 3.2.2.1 erläu- tert und im Verlauf der Arbeit empirisch überprüft wird, ist u. a. eine Intensivierung der Loyalität gegenüber der Marke zu erwarten, die eine stärkere Bindung der Kunden an die Marke zur Folge hat, wodurch positive ökonomische Effekte zu erwarten sind (vgl. Abschnitt 3.2.2.2). Darüber hinaus ergeben sich weitere Potenziale durch den Ein- satz von Brand Communities, die im Folgenden dargestellt werden, nicht jedoch ohne auch auf die Risiken selbiger einzugehen.

Durch die Interaktion mit gleichgesinnten Brand-Community-Mitgliedern kann das Er- lebnis beim Konsum einer Marke verstärkt werden (vgl. Huber/Regier/Kissel 2009, S. 13; Walter 2008, S. 403) und zudem eine emotionale Bindung nicht nur unter den Mitgliedern, sondern auch zum Unternehmen aufgebaut werden, was zur Vertrauensbil- dung bei den Mitgliedern führt. Erst durch dieses besondere Vertrauensverhältnis sind die Kunden bereit, mehr Informationen über sich preiszugeben als gegenüber nicht- emotional gebundenen Unternehmen. Ein Unternehmen schafft sich dadurch ein Allein- stellungsmerkmal, welches einen langfristigen Wettbewerbsvorteil gegenüber Konkur- renzunternehmen darstellt (vgl. Loewenfeld 2006, S. 115). Ein besonders hohes Ver- trauen genießen nicht-kommerzielle Brand Communities, da weder den Betreibern, noch den Mitgliedern kommerzielle Interessen unterstellt werden. Aus den unabhängi- gen und lebensnahen Berichten der Mitglieder ergibt sich zudem eine hohe Glaubwür- digkeit und Authentizität. Diese Glaubwürdigkeit zu wahren stellt eine grundlegende Herausforderung für kommerziell betriebene Brand Communities dar, indem bspw. das Unternehmen offen darlegt, dass es Betreiber der Brand Community ist und Mitarbeiter klar als Autoren bzw. Mitglieder in den Brand Communities zu erkennen sind (vgl. Weiber/Meyer 2002, S. 355).

Die umfangreichen Informationen, die in einer Brand Community generiert werden, können im Rahmen einer schnellen und vergleichsweise preiswerten Marktforschung genutzt werden (vgl. Hartleb 2009, S. 34). Mittels eines Screenings können Daten zu Problemen, Erwartungen, Ideen und Wünschen hinsichtlich des Markenproduktes erho- ben werden, die in den Produktentwicklungs- und Innovationsprozess einfließen können und damit einen Beitrag zur Reduzierung des Produktinnovationsrisikos leisten (vgl. Algesheimer 2004, S. 11). Hinsichtlich nicht-kommerzieller Brand Communities kann ein Mitlesen der Beiträge nur dann erfolgen, wenn die Communities frei zugänglich sind (vgl. Huber/Regier/Kissel 2009, S. 19). Nutzerprofile, die die Präferenzen der ein- zelnen Mitglieder und potenziellen Kunden widerspiegeln, können erstellt werden, um eine individuelle und differenzierte Bearbeitung zu ermöglichen (vgl. Weiber/Meyer 2002, S. 355). Individuelle Informationen über die Mitglieder können für das Direkt- marketing weiterverwendet werden, um der Gefahr der Reaktanz gegenüber Maßnah- men entgegenzuwirken (vgl. Walter 2008, S. 402). Zudem können die Mitglieder einer Brand Community aktiv in den Marktforschungsprozess mittels einer Befragung einbe- zogen werden, wie es auch in der Studie dieser Arbeit in Kapitel 4 erfolgt (vgl. Hartleb 2009, S. 34).

Ein weiterer Bereich zur Kostenreduktion stellt die Entlastung des Kundenservices dar, indem ein Wissenstransfer unter den Mitgliedern erfolgt, gefördert durch die bereits vorgestellte „sense of moral responsibility“ (vgl. Abschnitt 2.2.2). Besonders in der Softwarebranche15 wird seit langem diese Art des Supports genutzt (vgl. Weiber/Meyer 2002, S. 356). Durch den Wissenstransfer werden die Konsumenten oftmals auch auf weitere Anwendungsmöglichkeiten des Produktes oder der Dienstleistung aufmerksam gemacht, was zu einer stärkeren Nutzung führt (vgl. Huber/Regier/Kissel 2009, S. 14).

Neben den dargestellten Vorteilen, die von Brand Communities zu erwarten sind, erge- ben sich aber auch Risiken für die Unternehmen, die vor allem von den nicht- kommerziellen und somit autonomen Brand Communities ausgehen, da auf diese weni- ger Einfluss genommen werden kann (vgl. Huber/Regier/Kissel 2009, S. 14). Kritisch einzustufen ist es, wenn eine Brand Community versucht, ihre Ansichten bezüglich der Marke gegenüber dem Markenunternehmen durchzusetzen oder ein Markenfanatismus dazu führt, dass Communities nach eigenen, vielleicht sogar illegalen Regeln agieren, in der Gesellschaft negativ auffallen und der Reputation eines Unternehmens schaden16 (vgl. Loewenfeld 2006, S. 127-128). Ein weiteres Risiko besteht darin, dass sich z. B. negative Äußerungen zu Produkten oder Dienstleistungen oder Gerüchte in einer Brand Community auf Grund viraler Effekte in kürzester Zeit verbreiten lassen (vgl. Hartleb 2009, S. 35-36).

Mit Blick auf die zahlreichen Vorteile, die sich aus Brand Communities ergeben, kann ihnen eine Relevanz für das Marketing unterstellt werden (vgl. Huber/Regier/Kissel 2009, S. 16) und legitimieren ihre Behandlung im Rahmen dieser Arbeit.

Im nächsten Abschnitt wird die Branche, in der die empirische Studie durchgeführt wird, vorgestellt und deren Eignung herausgearbeitet.

2.3 Brand Communities der deutschen Automobilbranche als Untersuchungsobjekt

2.3.1 Aktuelle Situation der deutschen Automobilbranche

Das Platzen der Immobilienblase in den USA war Anstoß für eine weltweite Wirt- schaftskrise, die u. a. die Automobilbranche in Deutschland erheblich belastet hat und zu einem Umsatzrückgang um 20 %17 gegenüber dem Vorjahr auf 263 Mrd. Euro zur Folge hatte (vgl. VDA 2010, S. 22). Für das aktuelle Jahr 2010 ist zu konstatieren, dass der Tiefpunkt dieser Krise überwunden und eine wirtschaftliche Erholung festzustellen ist (vgl. BMWi 2010, S. 24). Dabei ist, auf Grund der hohen Bedeutung für die gesamte Volkswirtschaft, eine schnelle Erholung der Automobilindustrie von entscheidender Relevanz. Die Automobilindustrie wurde deshalb durch staatliche Anreizprogramme (Kfz-Steuerreform, Kfz-Steueraussetzung und Umweltprämie) gefördert (vgl. VDA 2010, S. 18). Mit rund 723.000 Beschäftigten und einem Anteil von 20 % am Gesam- tumsatz der deutschen Industrie im Jahre 2009 ist die Automobilbrache der größte Ar- beitgeber und Wirtschaftszweig in Deutschland (vgl. ebenda, S. 16). Im vergangenen Jahr wurden mehr als 10,4 Mio. Kraftfahrzeuge gefertigt, was knapp einem Fünftel aller weltweit produzierten Automobile entspricht. In Deutschland beläuft sich der derzeitige Kfz-Bestand18 auf knapp über 50 Mio. Fahrzeuge (vgl. ADAC 2010, o. S.). Die hohen Fertigungszahlen weisen auf die außerordentlich bedeutsame Rolle der Automobilbran- che im Export hin. Mehr als zwei Drittel aller produzierten Fahrzeuge sind für das Aus- land bestimmt, womit ein deutlicher Beitrag zum Handelsbilanzüberschuss der Bundes- republik Deutschland geleistet wird (vgl. VDA 2010, S. 17).

Neben den abflachenden negativen Auswirkungen der Wirtschaftskrise bereiten auch eine Marktsättigung mit einem starken Verdrängungswettbewerb und strukturelle Über- kapazitäten der Branche Schwierigkeiten (vgl. Becker 2007, S. 1-2), sodass neben der kurzfristigen Krisenbewältigung auch weitere langfristige Maßnahmen zur Erfolgssi- cherung der Automobilhersteller ergriffen werden müssen (vgl. VDA 2010, S. 19). Der Aufbau einer starken Marke ist daher wichtiger denn je, um Wettbewerbsvorteile gene- rieren zu können (vgl. Hartleb 2009, S. 83). Objektiv technische Produktmerkmale kön- nen schon lange nicht mehr nur als alleiniges Verkaufsargument angebracht werden. Eine gefühlsmäßige (emotionale) Produktdifferenzierung und -positionierung wird da her immer wichtiger, um produktbezogene Gefühle auszulösen (vgl. Trommsdorff 2009, S. 69). Brand Communities können als neue erlebnisorientierte und emotionsgeladene Kommunikationsform angesehen werden, mit Hilfe derer die Markenloyalität gestärkt werden könnte. Diese Intensivierung der Loyalität durch Brand Communities soll u. a. im Rahmen dieser Arbeit überprüft werden.

Als Untersuchungsobjekt werden Brand Communities der Automobilbranche herangezogen, weshalb im nächsten Abschnitt Gründe für die Eignung dieser Branche bzw. des Produkts „Automobil“ dargestellt werden.

2.3.2 Eignung automobilbezogener Brand Communities als Untersuchungsobjekt

Der Trend, mit Hilfe des Internets umfassende Informationen zu beschaffen, setzt sich gerade in Bezug auf das Thema Automobil weiter fort (vgl. Capgemini 2009, S. 3), wobei neben den Hersteller- und Händler-Websites zunehmend Brand Communities als Informationsquelle zur Bewertung und Meinungsbildung in Anspruch genommen werden und diese einen maßgeblichen Einfluss19 auf Automobil-Kaufentscheidungen ausüben (vgl. Capgemini 2009, S. 15).

Eine durch die Marktforschungs- und Marketing-Agentur ethority durchgeführte Stu- die20 ergab, dass die Automobilbranche mit 29 % im Social Web21 die mit Abstand22 am häufigsten thematisierte Branche ist (vgl. ethority 2008, o. S.). So wundert es nicht, dass eine unüberschaubare Anzahl an kleinen regionalen und großen überregionalen auto- mobilbezogenen Brand Communities nicht nur zu fast allen Marken, sondern auch zu einzelnen Modellreihen und speziellen Modellen existiert. Aus Unternehmenssicht übersteigt damit die Menge an Brand-Community-Mitgliedern eine kritische Masse und daher können Verhaltensänderungen der Community-Mitglieder überhaupt erst ökono- misch relevante Auswirkungen für Unternehmen haben (vgl. Algesheimer 2004, S. 239).

Neben diesen quantitativen Aspekten eignet sich vor allem das Produkt „Automobil“ im besonderen Maße zur Bildung von lebendigen Brand Communities. Muniz und O´Guinn (2001, S. 415) betonen, wie bereits in Abschnitt 2.2.2 dargestellt, dass sich ein starkes Image, eine ausgeprägte und lange Markentradition, ein ausgeprägtes Wettbewerberumfeld sowie der ausschließlich öffentliche, also sozial auffällige Konsum eines Produktes (vgl. Algesheimer 2004, S. 240) die Formierung begünstigen. Gerade Automobilmarken verfügen zumeist über fast alle dieser Eigenschaften.

Zudem handelt es sich bei Automobile um Speciality Goods, also um Konsumgüter, deren Auswahl mit einem hohen Informationsbeschaffungsaufwand und außerordentli- chen Anstrengungen beim Kauf verbunden sind, da die finanzielle Belastung und das Kaufrisiko vergleichsweise hoch sind. Ebenso identifizieren sich die Konsumenten mit diesen Produkten und Marken in besonders hohem Maße (vgl. Foscht/Swoboda 2005, S. 19). Die Informationsbeschaffung und die damit angestrebte Risikominimierung erfolgt dabei, wie bereits erwähnt, zunehmend über interaktive Web 2.0 Anwendungen, wie Brand Communities.

Ein erhöhtes Involvement von Brand-Community-Mitgliedern zeichnet sich vor allem durch die freiwillige Teilnahme an Brand Communities aus (vgl. Walter 2008, S. 402). Trommsdorff (2009, S. 49) beschreibt die Auswirkungen von High-Involvement- Produkten u. a. mit einer aktiven Informationssuche und einer hohen Gedächtnisleistung sowie Verarbeitungstiefe, einer aktiven Auseinandersetzung mit dem Produkt und einer Markentreue durch Überzeugung, wobei auf Grund der oben dargestellten intensiven Informationssuche der autoaffinen Konsumenten und deren finanziellen Risiken beim Kauf, Automobile den High-Involvement-Produkten zugeordnet werden können (vgl. Iperen 2008, S. 139). Neben der in einigen Fällen zu kurz gefassten, rein funktionellen Sichtweise des Automobils als Transportmittel müssen Prestigeaspekte mitberücksich- tigt werden (vgl. Pelters 2009, S. 117). Die intrinsische Motivation von Brand- Community-Mitgliedern, sich freiwillig in Communities zu engagieren und der auffälli- ge öffentliche, demonstrative Konsum des Automobils im Sinne eines Statussymbols sind stark geprägt von dem Streben nach Anerkennung durch Dritte und dem damit ver- bundenen sozialen Status (vgl. Trommsdorff 2009, S. 117).

Vor dem Hintergrund der Charakteristika von Automobilen und deren begünstigenden Wirkung auf die Bildung von zahlreichen Brand Communities wird somit in der vorlie- genden Arbeit eine automobilbezogene Brand Community als Untersuchungsobjekt betrachtet.

3 Konzeptioneller Bezugsrahmen zur Untersuchung der Zufriedenheit und Loyalität von Brand-Community- Mitgliedern

3.1 Darstellung des Bezugsrahmens

Nachdem im vorangegangenen Kapitel die Grundlagen zu den Themenbereichen Zu- friedenheit, Loyalität, Brand Communities und der Automobilbranche vermittelt wur- den, werden in diesem Kapitel diese Bereiche nun zusammengeführt. Der in Abbildung 4 dargestellte konzeptionelle Bezugsrahmen dient dabei als Basis der vorliegenden Arbeit und bildet die elementaren Bestandteile und ihre grundlegenden Wirkungsbeziehungen zueinander ab.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Konzeptioneller Bezugsrahmen zur Erläuterung der Wirkungszusammenhänge von Mitgliederzufriedenheit, Community- und Markenloyalität in automobilbezogenen Brand Communities Quelle: Eigene Darstellung

Allgemein kann das Konstrukt der Zufriedenheit durch den Einbezug mehrerer gewich- teter Teilzufriedenheiten hinsichtlich verschiedener Leistungskomponenten als ein mehrfaktorielles Konstrukt dargestellt werden (vgl. Schneider/Kornmeier 2006, S. 66; Schwetje 1999, S. 14). Dabei entsprechen die Leistungskomponenten den postulierten Faktoren der Mitgliederzufriedenheit in dieser Arbeit. Hinsichtlich einer allgemeingül- tigen quantitativen und qualitativen Bestimmung der Faktoren des Zufriedenheitskon- struktes gibt es bislang auf Grund verschiedenster Bezugsobjekte, Situationen und Branchen keinen Konsens (vgl. Schwetje 1999, S. 47; Winter 2005, S. 33). Aus diesem Grund wird für die vorliegende Arbeit ein exploratives Vorgehen gewählt, bei dem die hinter dem Konstrukt der Mitgliederzufriedenheit liegenden Strukturen auf Grundlage des im empirischen Teil der Arbeit erhobenen Datensatzes aufgedeckt werden sollen. Für dieses Strukturen-entdeckende Vorgehen muss als Ausgangspunkt kein theoretisch hergeleitetes Modell feststehen und dementsprechend müssen keine Hypothesen formu- liert werden (vgl. Bühl 2010, S. 556; Homburg 2000, S. 89). Auf Grund der Gefahr aber, bei einer rein datengebundenen Interpretation der Ergebnisse schnell zu Fehlinter- pretationen zu neigen (vgl. Homburg et al. 2008, S. 155) und um ein strukturiertes Vor- gehen zu gewährleisten, werden dennoch Hypothesen zu einzelnen Wirkungsbeziehun- gen zwischen den dargestellten Modellelementen formuliert, die dann im Rahmen der empirischen Analyse überprüft werden.

In dieser Arbeit wird eine zehnfaktorielle Struktur postuliert, um das Konstrukt der Mit- gliederzufriedenheit darzustellen. Zur besseren Zuordnung der Faktoren zu den einzel- nen Beziehungsebenen innerhalb der Brand Community werden die Faktoren den vier Bereichen „Beziehung Kunde-Kunde“, „Beziehung Kunde-Community“, „Beziehung Kunde-Betreiber“ und „Website“ zugeordnet. Die Faktoren „Interaktion“, „Gemein- samkeiten“, „Freundschaft“ und „Unterstützung“ beziehen sich daher auf die Zufrie- denheit der Kunden (Mitglieder)23 mit ihren Beziehungen untereinander, wohingegen „Soziale Identität“, „Bedürfniserfüllung“ und „Einflussnahme“ als Faktoren der Bezie- hung zwischen den Kunden und der gesamten Community aufzufassen sind. Das Ver- hältnis zwischen den Community-Betreibern und den Kunden wird mittels des Faktors „Verhalten“ abgebildet. Die Zufriedenheit mit der technischen Umsetzung der Commu- nity-Website wird über die Faktoren „Usability“ und „Design“ erfasst. Eine Beschrei- bung der Faktoren und die Entwicklungen von Hypothesen werden in den Abschnitten 3.2.1.1 bis 3.2.1.4 vorgenommen.

Die theoretischen Zusammenhänge der Mitgliederzufriedenheit und Loyalität werden im Anschluss daran in Abschnitt 3.2.2.1 erörtert und Auswirkungen auf den ökonomi- schen Erfolg des Unternehmens, um das sich die Brand Community rankt, in Abschnitt 3.2.2.2 hergeleitet. Dabei sind hinsichtlich der Loyalität von Brand- Community-Mitgliedern zwei Beziehungsebenen zu unterscheiden: die Loyalität in Be- zug auf die Marke (Markenloyalität) und die Loyalität in Bezug auf die Brand Commu- nity (Community-Loyalität) (vgl. Algesheimer/Herrmann/Dimpfel 2006, S. 937). Je nach Bezugsobjekt (Marke oder Brand Community) ergeben sich die in Abschnitt 2.1.3 aufgeführten und in Abbildung 4 dargestellten Verhaltensabsichten der Loyalität.

Zur ganzheitlichen Betrachtung wird in Abschnitt 3.2.3 auf Einflussfaktoren eingegan- gen, die zusätzlich eine Wirkung auf die Beziehungen innerhalb des Modells haben können.

Das Kapitel endet mit der Vorstellung des Messmodells für die empirische Untersuchung und stellt die generierten Hypothesen im Überblick dar.

3.2 Bestandteile und Wirkungszusammenhänge des Bezugsrahmens

3.2.1 Konzept der Brand-Community-Mitgliederzufriedenheit

In der Literatur wurde bislang kein umfassendes Modell speziell zur Zufriedenheit von Brand-Community-Mitgliedern vorgestellt. Die im Bezugsrahmen dargestellte Konzep- tion der Mitgliederzufriedenheit erfolgt auf Basis zweier Konstrukte aus dem Bereich der Zufriedenheitsforschung und auf Grundlage eines Konstruktes zur Erfassung der Qualität von Brand Communities. Der Qualitätsbegriff wird des Öfteren mit dem Be- griff der Zufriedenheit in Verbindung gebracht, da sich beide Konstrukte konzeptionell ähneln können. (vgl. Scharnbacher/Kiefer 1998, S. 13; Ahlert/Evanschitzky/Hesse 2004, S. 123).

Loewenfeld hat ein umfassendes Konstrukt zur Messung der Qualität von Brand Com- munities entwickelt (vgl. Loewenfeld 2006, S. 134-159) und dieses im Jahr 2003 in ei- ner Studie mit 1234 Teilnehmern in einer offiziellen und mehreren inoffiziellen Brand Communities empirisch überprüft (vgl. ebenda, S. 175). Er identifizierte wesentliche Faktoren, die zu einer positiven Wahrnehmung der Qualität führen und erstellte ein Modell, womit die Qualität bzw. Stärke einer Brand Community gemessen werden kann (vgl. ebenda, S. 144-159). Dieses mehrfaktorielle, mehrdimensionale Konstrukt konzep- tualisierte er auf Dimensionsebene auf Basis der in Abschnitt 2.2.2 vorgestellten Brand- Community-Triade nach Muniz und O´Guinn. Die Dimensionen richten sich folglich nach den dargestellten Beziehungen zwischen der Marke, den Kunden und der Commu- nity. Aus diesem Konstrukt der Brand-Community-Qualit ä t werden für das Konstrukt der Mitgliederzufriedenheit die Faktoren der Beziehung zwischen den Kunden sowie zwischen Kunde und Community übernommen.

Die Dimension der Beziehung der Kunden24 untereinander ist auch in der Arbeit von Langerak et al. (2003, S. 4 u. S. 8) beschrieben, in der der Einfluss der Zufriedenheit von Mitgliedern virtueller Communities auf deren Nutzungshäufigkeit der Community thematisiert wird. Ähnlich wie bei Loewenfeld orientieren sich die Dimensionen des Konstruktes an den Beziehungsstrukturen innerhalb der Community, jedoch wird auch der Community-Betreiber in das Beziehungsgeflecht aufgenommen (vgl. Langerak et al. 2003, S.13). Die empirische Erhebung zu dieser Arbeit wurde in einer virtuellen Com- munity unter 3605 Mitgliedern durchgeführt (vgl. ebenda, S. 17-18). Die Beziehung zwischen den Kunden und den Betreibern fließt auch in das Zufriedenheitskonstrukt dieser Arbeit ein.

Neben der Zufriedenheit mit den Beziehungen zwischen den Mitgliedern, den Betrei- bern und der Community in ihrer Gesamtheit wird auch der Einfluss der Community- Website in das Zufriedenheitskonstrukt bei Langerak et al. aufgenommen (vgl. ebenda, S. 10-11). Szymanski und Hise (2000, S. 311) entwickelten erstmalig ein Konzept zur Messung der Zufriedenheit mit Online-Shops. Hinsichtlich dieser sogenannten E-Zufriedenheit wurde neben drei weiteren Einflussfaktoren25 auch die Zufriedenheit mit der Aufmachung der Website in das Modell aufgenommen. Neben der Zufriedenheit mit den Interaktionspartnern wird daher im Bezugsrahmen dieser Arbeit über die Beur- teilung der Website der eher technische Aspekt der Zufriedenheit mit der Brand Com- munity abgedeckt und findet somit Verwendung in dem Konstrukt der Mitglieder zufriedenheit.

Im weiteren Verlauf werden nun die postulierten Faktoren vorgestellt, die maßgeblich zur Gesamtzufriedenheit mit der Brand Community beitragen. Parallel dazu werden Hypothesen abgeleitet, die schließlich im Messmodell der empirischen Untersuchung (Abschnitt 3.3) zusammengefasst werden.

[...]


1 „Relationship Marketing umfasst sämtliche Maßnahmen der Analyse, Planung, Durchführung und Kontrolle, die der Initiierung, Stabilisierung, Intensivierung und Wiederaufnahme sowie gegebenenfalls der Beendigung von Geschäftsbeziehungen zu den Anspruchsgruppen - insbesondere zu den Kunden - des Unternehmens mit dem Ziel des gegenseitigen Nutzens dienen.“ (Bruhn 2009, S. 10)

2 Einen guten Überblick über Theorien wie bspw. die Assimilationstheorie, Kontrasttheorie, Assimilations-Kontrasttheorie, Attributionstheorie, Prospect Theorie, Equity Theorie geben Homburg, Homburg-Stock (2008, S. 23-34); Trommsdorff (2009, S. 127-133) und Kaiser (2001, S. 50-67). Für das Verständnis dieser Arbeit ist eine Auseinandersetzung mit diesen speziellen Theorien nicht zwingend erforderlich.

3 Deutsche Übersetzung für „confirmation“

4 Vgl. vertiefend Homburg/Homburg-Stock (2000, S. 24-26). Sie beschreiben anhand der Assimilationstheorie, dass bei dieser Korrektur der Unterschied zwischen Soll- und Ist-Leistung kleiner wird, wobei die Kontrasttheorie den gegenteiligen Effekt beschreibt.

5 Trommsdorff (2009, S. 146) definiert Einstellungen als „(…) Zustand einer gelernten und relativ dauerhaften Bereitschaft, in einer entsprechenden Situation gegenüber dem betreffenden Objekt regelmäßig mehr oder weniger stark positiv bzw. negativ zu reagieren.“

6 Vgl. vertiefend die Dreikomponententheorie bei Trommsdorff (2009, S. 151)

7 Algesheimer bezieht, anders als in dieser Arbeit, zusätzlich das tatsächliche Verhalten der CommunityMitglieder in seine Forschungsarbeit mit ein (vgl. Algesheimer 2004, S. 118).

8 In der Literatur und Praxis wird häufig auch von „Online-Communities“ und „Cyber-Communities“ gesprochen (vgl. Loewenfeld 2006, S. 38).

9 Im Internet aufrufbar unter http://www.well.com, zuletzt geprüft am 14.08.2010.

10 Als deutsche Übersetzung wird auch der Begriff der „Markengemeinschaft“ verwendet (vgl. Algesheimer/Herrmann 2004, S. 42). Dieser Begriff konnte sich jedoch bislang im deutschsprachigen Raum nicht durchsetzen (vgl. Hoppe 2009, S. 24).

11 Vgl. auch die Bedürfnispyramide nach Maslow. Hier sind soziale Bedürfnisse, Selbstwertschätzungsbedürfnisse und Selbstverwirklichungsbedürfnisse den Bedürfnissen am Sockel der Pyramide übergeordnet (vgl. Trommsdorff 2009, S. 111-112).

12 Vgl. vertiefend Zimmerman et al. (2001, S. 16-21)

13 Involvement wird definiert als „(…) Aktivierungsgrad bzw. Motivstärke zur objektgerichteten Informationssuche, -aufnahme, -verarbeitung und -speicherung.“ (Trommsdorff 2009, S. 49)

14 Aufrufbar im Internet unter http://www.ikea-family-live.de (deutsche Website des IKEA Family- Clubs). Zuletzt geprüft am 19.08.2010.

15 Als Beispiel sei hier der Hersteller des Literaturverwaltungsprogramms „Citavi“ genannt, der unter der Adresse http://support.citavi.com/forum (letzter Aufruf am 26.08.2010) eine Community zu Supportzwe- cken ins Leben gerufen hat.

16 Loewenfeld nennt als Beispiel die immer wieder durch kriminelle Aktionen auffallende Rockergruppe „Hell´s Angels“, die sich in einer Community um die Marke Harley Davidson formiert haben. Erst durch die Gründung einer eigenen offiziellen Brand Community gelang es Harley Davidson ihre Reputation wiederaufzubauen (vgl. Loewenfeld 2006, S. 128).

17 Der Umsatz der Automobilhersteller sank 2009 um 18 % auf 208 Mrd. Euro (vgl. VDA 2010, S. 22).

18 Der Pkw-Bestand lag zum 01.01.2010 bei knapp 42 Mio. Fahrzeugen (vgl. ADAC 2010, o. S.).

19 Mehr als zwei Drittel aller Befragten gaben an, sie würden eher ein bestimmtes Fahrzeug kaufen, wenn sie positive Blog- oder Foreneinträge finden würden (vgl. Capgemini 2009, S. 16)

20 Erhebunsgszeitraum August 2008; Auswertung von über 1 Mio. Blogpost und über 4 Mio. Beiträgen in Communities und Onlineforen zu 550 Marken aus 10 Kernbranchen (vgl. ethority 2008, o. S.)

21 Unter dem Begriff „Social Web“ firmieren in dieser Studie neben Brand Communities auch weitere Plattformen wie Social Networks, Blogs, Foren und Videoportale, auf denen konsumentengenerierte Äußerungen veröffentlicht werden können (vgl. ethority 2008, o. S.).

22 Die Unterhaltungselektronikbranche kam als Zweitplazierte auf einen Anteil von 18,9 % (vgl. ethority 2008, o. S.).

23 Die Begriffe „Kunden“ und „Mitglieder“ werden in dieser Arbeit synonym verwendet.

24 Langerak et al. (2003, S. 7) sprechen hinsichtlich der Benennung der Dimension von „Mitgliedern“ und nicht von „Kunden“. Der kommerzielle Aspekt der Community wird aber auch auf Grund der ausgewählten virtuellen Communities deutlich.

25 Weitere Faktoren sind „Bequemlichkeit“, „Sicherheit der finanziellen Transaktionen“ und „Produktangebot/Produktinformation“ (vgl. Szymanski/Hise 2000, S. 311).

Ende der Leseprobe aus 140 Seiten

Details

Titel
Zufriedenheit und Loyalität von Brand-Community-Mitgliedern
Untertitel
Eine empirische Studie im Bereich der Automobilbranche
Hochschule
Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover
Note
2,0
Autor
Jahr
2010
Seiten
140
Katalognummer
V166423
ISBN (eBook)
9783640824793
ISBN (Buch)
9783640824960
Dateigröße
1257 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Brand Community, Community, Zufriedenheit, Loyalität, Markengemeinschaften, Brand, Automobil, Automobilbranche, Markenloyalität, Community-Loyalität, Kundenzufriedenheit, Mitgliederzufriedenheit, Community-Zufriedenheit, Marke, Studie, Brand-Community-Mitgliederzufriedenheit, Community-Management
Arbeit zitieren
Dipl.-Ök. Marko Krentz (Autor:in), 2010, Zufriedenheit und Loyalität von Brand-Community-Mitgliedern, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/166423

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