Interpersonelle Kommunikation im interkulturellen bzw. transkulturellen Kontext

Am Beispiel von Erasmusstudierenden in Salzburg


Magisterarbeit, 2010

139 Seiten, Note: 1


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

1. Einleitung
1.1. Heranführung an das Thema
1.2. Relevanz des Themas
1.3. Vorüberlegungen
1.4. Gliederung der Arbeit
1.5. Leitende Fragen und Forschungsziel

2. Bildungsmigration und die Mobilitätsprogramme der EU
2.1. Personenaustausch
2.1.1. Auslandsreisen und Bildungsprogramme als interkultureller
Austausch
2.1.2. Defizite des Austausches im Allgemeinen
2.2. Rahmendaten der europäischen Bildungspolitik
2.3. Überblick der wichtigsten europäischen Bildungsprogramme
2.3.1. Comenius
2.3.2. Erasmus
2.3.3. Leonardo da Vinci
2.3.4. Grundvig
2.4. Das Programm Erasmus
2.5. Rahmendaten der Österreichischen Hochschulen und deren Studierenden im Bezug auf die Teilnahme am Erasmus-Programm
2.6. Die Universität Salzburg und Erasmus

3. Begriffsklärungen und Einbettung von Kultur in das Feld der interkulturellen bzw. transkulturellen Kommunikation
3.1. Kultur
3.1.1. Kulturmodelle
3.1.2. Kulturdefinition für das Feld der Kommunikationswissenschaft
3.1.3. Warum Kulturen sich unterscheiden
3.1.4. Kulturdistanzen und Verstehen fremder Kulturen
3.2. Kommunikation
3.2.1. Kommunikationsbegriff
3.2.2. Kommunikation als Element von Kultur
3.3. Formen der Kommunikation zwischen verschiedenen Kulturen
3.3.1. Interkulturelle Kommunikation
3.3.2. Transkulturelle Kommunikation
3.3.3. Internationale Kommunikation

4. Verbindungen und Schnittstellen interpersoneller und interkult- ureller/transkultureller Kommunikation
4.1. Dimensionen kultureller Variabilität von Hofstede
4.1.1. Individualismus versus Kollektivismus
4.1.2. Maskulinität versus Femininität
4.1.3. Machtdistanz
4.1.4. Unsicherheitsvermeidung
4.1.5. Langfristige Orientierung versus Kurzfristige Orientierung
4.1.6. Die Bedeutung von Hofstedes Dimensionen kultureller Variabilität für den Vergleich ausgewählter Länder Europas
4.2. Kontextgebundene versus kontextungebundene Kultur
4.3. Organisationsmodell für das Studium von Kommunikation mit Fremden
4.3.1. Kodieren/ Dekodieren von Nachrichten
4.3.2. Kulturelle, soziokulturelle, psychokulturelle und Umwelteinflüsse
4.3.3. Kulturelle Strukturmerkmale
4.3.4. Der Besucher in einer fremden Kultur
4.4. Die offene Dimension
4.4.1. Sprache, Kultur und Kommunikation
4.4.2. Dialekte bzw. österreichisches Deutsch
4.4.3. Sprache und Übersetzung in einem interkulturellen/transkulturellen Kon- text
4.4.4. Kommunikationsbarrieren und Missverständnisse
4.5. Die versteckte Dimension von Kultur
4.5.1. Proxemik
4.5.2. Kinesik
4.5.3. Chronemik
4.5.4. Haptik
4.5.5. Stille
4.5.6. Parasprache
4.5.7. Kleider- und Körpererscheinung
4.5.8. Olfaktik

5. Methode
5.1. Definition und Erhebungsmethode
5.2. Das Leitfadeninterview
5.3. Stichprobe und Durchführung der Leitfadeninterviews
5.4. Themenbereiche des Leitfadens
5.4.1. Allgemeine Angaben und Motive bzw. Ziele für den Auslands- aufenthalt in Salzburg
5.4.2. Ankunft, Wohnsituation in Salzburg und Sprachkenntnisse
5.4.3. Soziale Kontakte und interpersonelle Beziehungen
5.4.4. Sprache, Kultur und Kommunikation in einem interkulturellen bzw. transkulturellen Kontext
5.4.5. Österreich-Bild, Stereotypen und nichtverbale Kommunikation der Österreicher
5.5. Datenaufbereitung der Leitfadeninterviews

6. Auswertung und Analyse der Ergebnisse
6.1. Motive und Ziele für den Auslandsaufenthalt in Salzburg
6.2. Wohnsituation in Salzburg und Sprachkenntnisse
6.2.1. Wohnsituation
6.2.2. Sprache in der interkulturellen bzw. transkulturellen Kommunikation
6.3. Soziale Kontakte und interpersonelle Beziehungen
6.4. Kultur und Kommunikation in einem interkulturellen bzw transkulturellen Kontext
6.4.1. Kommunikationsbarrieren und Probleme
6.4.2. Missverständnisse und interkulturelle Erfahrungen
6.5. Österreich-Bild und nonverbale Kommunikation der Österreicher
6.5.1. Österreichische Stereotype
6.5.2. Nonverbale Kommunikation

7. Zusammenfassung und Schlussfolgerungen
7.1. Allgemeine Zusammenfassung
7.2. Zusammenfassung der Ergebnisse
7.3. Beantwortung der Forschungsfrage und Fazit

8. Anhang
8.1. Literaturverzeichnis
8.2. Soziales Profil der befragten Erasmusstudierenden in Salzburg
8.3. Leitfaden
8.3.1. Leitfaden (deutsch)
8.3.2. Leitfaden (englisch)
8.3.3. Leitfaden (spanisch)

ABBILDUNGSVERZEICHNIS

Abb.1.: Erasmusstatistik Österreich

Abb.2.: Studierendenstatistik Universität Salzburg

Abb.3.: Eisberg-Modell nach Osgood

Abb.4.: Anthropologisches Kulturmodell nach Hofstede

Abb.5.: Zehn Kommunikationskomponenten

Abb.6.: Forschungsbereiche der interkulturellen Kommunikation

Abb.7.: Angst/ Unsicherheitsmanagementtheorie

Abb.8.:Ausgewählte Beispiele von Hofstedes Indexwerten

Abb.9.: Kontextgebundene versus kontextungebundene Kulturen

Abb.10.: Organisationsmodell für Kommunikation mit Fremden

Abb.11.: Physikalische Distanzen

1. Einleitung

Durch den Tourismus und der weltweiten Ausbreitung von Transport- und Kommuni- kationsnetzwerken stoßen eine Vielzahl von Menschen häufig auf Mitglieder anderer Kulturen. Zwischen industrialisierten Ländern ist es binnen kurzer Zeit möglich zu kommunizieren und Informationen zu verbreiten. Die weltweite Ausbreitung von Kommunikationsnetzwerken, kombiniert mit Reisen und internationaler Migration macht es in unserer Zeit nötig verschiedene Kulturen und deren Personen zu verste- hen. (Vgl. Gudykunst/ Kim 1992: 3)

Wenn sich Studierende dazu entschließen einen Teil ihrer Studienzeit im Ausland zu verbringen, ist das Aufeinandertreffen verschiedener Kulturen bzw. soziokultureller Systeme vorprogrammiert. Viele tausende Studierende nützen die Chance im Rahmen des vielleicht bekanntesten und auch bei Studierenden sehr beliebten europäischen Bildungsprogramms ERASMUS ein oder zwei Semester im europäischen Ausland zu leben und zu studieren. Jene Studierenden treffen auf verschiedene soziokulturelle Systeme bzw. Kulturen und erfahren, was es bedeutet in einer fremden Lebenswelt ei- nige Zeit zu leben.

Das Bildungsprogramm ERASMUS ist ein Teil des Aktionsprogrammes „Lebenslanges Lernen“, mit dem sowohl die Mobilität als auch die Bildung der Studierenden von der Europäischen Union gefördert wird. Auch an der Universität Salzburg konnten im Studienjahr 2008/2009 etliche Studierende die Chance ergreifen einen Teil ihres Studiums im Ausland zu absolvieren. Da es sich ursprünglich um einen Studienaustausch handelt, wurde auch zahlreichen europäischen StudentInnen ermöglicht einen Teil ihres Studiums in Salzburg zu absolvieren.

Wir leben in einer Zeit der Globalisierung, wo interkulturelle bzw. transkulturelle Kommunikation immer mehr und mehr an Bedeutung gewinnt. Die Ausbreitung und Entwicklung internationaler Unternehmen bringt eine zunehmende Interaktion zwi- schen Menschen verschiedener Kulturen mit sich. Das bedeutet, dass Menschen nun mit unterschiedlichen Kommunikationsformen direkt konfrontiert werden. Somit tritt das Thema der interkulturellen bzw. transkulturellen Kommunikation in den Vorder- grund, um effektiv mit Personen aus verschiedenen Kulturkreisen kommunizieren zu können. Um Kommunikation zwischen Personen verschiedener Kulturen herzustellen, müssen erstmals verschiedenste Barrieren bewusst gemacht werden, wie beispielswei- se Stereotypen, nonverbale Missverständnisse oder Übersetzungsschwierigkeiten.

In der vorliegenden Arbeit möchte ich mich besonders auf jene Probleme und Schwie- rigkeiten konzentrieren, die bei der Kommunikation von Personen, die unterschiedli- chen Kulturen angehören, auftreten. Effektive Kommunikation kann nur dann erfol- gen, wenn sich die Kommunikationspartner dessen bewusst sind und jene Missver- ständnisse und Verständnisprobleme soweit wie möglich reduziert werden.

1.1. Heranführung an das Thema

Die Universität Salzburg ermöglichte es mir zwei interessante Studiensemester in Spanien zu verbringen und ich erfuhr, was es heißt eine Austauschstudentin zu sein. Das war der Punkt, an dem ich angefangen habe mich für verschiedene Kulturen zu interessieren. Für mich war nach diesem Auslandsaufenthalt klar, dass ich etwas mit diesen besonderen Erfahrungen anfangen musste, um die Zeit nicht nur als schöne Reise in Erinnerung zu behalten.

An verschiedenen Ländern, dem Reisen und Menschen unterschiedlicher Kulturen war ich seit jeher interessiert. Ich erkannte, dass sich Fremdsprachen am besten im jeweiligen Land erlernen ließen und realisierte, dass es nicht genug war, die Landessprache zu sprechen, um die Menschen und deren Kultur zu verstehen.

In meiner Abschlussarbeit konzentriere ich mich auf Probleme, Schwierigkeiten und Missverständnisse bei effektiver Kommunikation von Personen verschiedener Kultu- ren. Erasmusstudierende in Salzburg sollen zu diesem Thema mittels Befragung ana- lysiert werden. Mehr Komponenten als nur die verschiedenen Landessprachen tragen dazu bei, eine Verständigung zwischen Personen mit verschiedenen kulturellen Hin- tergründen zu erzeugen, welche von mir aufgezeigt und diskutiert werden sollen.

Viele Menschen gehen davon aus, dass der Grund für Missverständnisse bei Kommu- nikationspartnern, die unterschiedlichen Kulturen angehören, in der nicht ausreichen- den Sprachkompetenz des Gegenübers liegt. Jedoch ist linguistisches Wissen nicht ge- nug, um eine effektive Kommunikation zwischen Menschen herzustellen. Missverständnisse entstehen oftmals dadurch, dass Normen und Regeln, welche die Kommunikation einer bestimmten Menschengruppe ausmachen, vom Kommunikationspartner nicht verstanden werden. (Vgl. Gudykunst 1992: 2)

Das Wichtigste bei der Kommunikation mit Gesprächspartnern unterschiedlicher Kul- turen ist seine eigene Kultur zu verstehen und zu wissen, dass Menschen mit verschie- denen kulturellen Hintergründen Botschaften unterschiedlich interpretieren. Erst wenn Menschen auf eine für sie fremde Kultur stoßen, beginnen sie die eigene Kultur bzw. eigene Verhaltensmuster zu verstehen und sie mit Personen anderer Kulturen zu ver- gleichen. Um eine gelungene Kommunikation zwischen Personen verschiedener Kul- turen zu erreichen, gilt es jene Punkte zu beachten und zu versuchen größere Missver- ständnisse zu vermeiden.

1.2. Relevanz des Themas

Eine große Zahl an Studierenden weltweit verbringt, im Zuge von Austauschprog- rammen, einen Teil ihres Studiums im Ausland. Bei jener - im Vergleich zur gesamten internationalen Migration - kleinen Gruppe handelt es sich um Personen, denen große politische, wirtschaftliche als auch wissenschaftliche Bedeutung zugeschrieben wird. Ausländische Studierende werden in einem Gastland nicht als wirtschaftliche Belas- tung oder kulturelle Gefahr gesehen, sondern, im Gegenteil, die westlichen Industrie- staaten bemühen sich um die Aufnahme möglichst vieler Studierenden aus dem Aus- land.

Der Zweck dieser Arbeit ist es herauszuarbeiten, was Kommunikation und Kultur be- deutet bzw. wie Kultur Kommunikation und Kommunikationsprozesse von Menschen aus verschiedenen Kulturen beeinflusst. Es soll anhand einer empirischen Untersu- chung von Erasmusstudierenden in Salzburg herausgefunden werden, welche Missver- ständnisse bei der Kommunikation von Menschen mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen entstehen und wie jene Barrieren in zukünftigen Interaktionen minima- lisiert werden können.

1.3. Vorüberlegungen

Für Studierende stellt ein Auslandsaufenthalt einen bedeutenden Schritt ihres Lebens dar. Vor allem die Anpassungsschwierigkeiten, mit denen Studierende am Anfang ih- res Auslandsaufenthaltes rechnen müssen, hinterlassen Spuren. Das alltägliche Leben in einem bis dato fremden Kulturkreis bedingt verschiedene Anpassungen an Aus- drucksweisen, unbekannte Menschen, Essgewohnheiten, Klima, Sprache, Unter- richtsmethoden etc., um sich in jener Kultur wohl zu fühlen. Anfänglich werden sich einige Studierende missverstanden fühlen bzw. der im Gastland gesprochenen Sprache nicht mächtig sein.

Ziel der Arbeit ist es herauszufinden, welche Missverständnisse in der interpersonellen Kommunikation zwischen Personen unterschiedlicher Kulturen auftreten und welche Probleme damit ausgelöst werden. Kommunikationsprobleme und Missverständnisse im Alltag ihrer Studienzeit in Salzburg sollen aufgezeigt und analysiert werden. Konzentrieren werde ich mich hierbei auf Erasmusstudierende, die ein bis zwei Semester ihrer Studienzeit in Salzburg verbringen.

1.4. Gliederung der Arbeit

Im ersten Kapitel wird eine Einführung in das Thema meiner Arbeit gegeben und die Relevanz und meine persönliche Motivation vorgestellt. Im zweiten Kapitel werden einige allgemeine hochschulpolitische Überlegungen wiedergegeben und die Mobili- tätsprogramme der Europäischen Union dargestellt, um einen Bezug zum Thema Erasmus und Erasmusstudierende herzustellen. Das dritte Kapitel beginnt mit der Ei- nordnung der verwendeten Begriffe in das Gebiet der Kommunikationswissenschaft. Es werden die wichtigsten Begriffe, wie Kultur, Kommunikation und deren Verbin- dung, erläutert und in das Feld der interkulturellen bzw. transkulturellen Kommunika- tion eingeordnet. Im vierten Kapitel, dem zentralen Theoriekapitel, werden die inter- personelle Kommunikation und die interkulturelle bzw. transkulturelle Kommunikati- on zusammengeführt und Überschneidungen jener beiden Bereiche herausgearbeitet. Vor allem der Kommunikationsprozess zwischen Personen verschiedener Kulturen wird aufgezeigt und welche Einflüsse bei der Kommunikation zu beachten sind. Im 5.Kapitel wird die verwendete Methode genauer vorgestellt und die Stichprobe erklärt. Des Weiteren werden die Themenbereiche, die für diese Arbeit von Interesse sind, vorgestellt. Im 6. Kapitel werden die Ergebnisse der Untersuchung ausführlich dargestellt, um die am Anfang gestellten Fragen zu beantworten. Die Arbeit endet mit Kapitel 7, dem Schlusskapitel, welches die gesamte Arbeit zusammenfassend darstellt und Schlussfolgerungen zu den am Anfang gestellten Fragen beinhaltet.

1.5. Leitende Fragen und Forschungsziel

Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit den Missverständnissen und möglichen auftretenden Problemen bei der Kommunikation von Kommunikationspartnern, unter- schiedlicher Kulturkreise. Die sprachliche als auch die nonverbale interkulturelle bzw. transkulturelle Kommunikation im Hinblick auf Alltagprobleme soll an einigen Eras- musstudierenden in Salzburg untersucht, festgehalten und analysiert werden. Das Ziel der Arbeit liegt darin, Missverständnisse und Kommunikationsprobleme von Erasmus- studierenden in Salzburg aufzuzeigen und die sich daraus ergebenden Schwierigkeiten in der Kommunikation herauszuarbeiten. Die leitende Frage dieser Arbeit lautet daher: „Welche Kommunikationsprobleme und Missverständnisse treten bei der interperso- nellen Kommunikation zwischen Kommunikationspartnern unterschiedlicher Kulturen auf?“

2. Bildungsmigration und die Mobilitätsprogramme der EU

In diesem Kapitel möchte ich zum Einstieg einen Überblick über die internationale Bildungsmigration bzw. die Mobilitätsprogramme der Europäischen Union geben. Da jene Arbeit die Situation der Erasmus-Studierenden in Salzburg und deren Missver- ständnisse in der Kommunikation untereinander beschreiben wird, erscheint es mir sinnvoll den Begriff Erasmus-Studierende und deren Charakteristika zu klären. Des Weiteren werden Rahmendaten der europäischen Mobilitätsprogramme und deren Zielsetzungen dargestellt, um die Situation der Erasmusstudierenden in Salzburg bes- ser verstehen zu können.

2.1. Personenaustausch

Unter Personenaustausch wird die Bewegung von Menschen über die Grenzen ihrer eigenen Kultur oder Nation gesehen. Hierbei kann der Austausch sowohl direkt als auch indirekt entstehen. Unter direktem Personenaustausch versteht man die gegensei- tige Grenzüberschreitung und beim indirekten Austausch die Begegnung des Ein- und Ausreisenden mit der fremden Bevölkerung. Jenen interkulturellen Austausch kann man in der ganzen Menschheitsgeschichte wiedererkennen. Sowohl die ersten Begeg- nungen der sich damals fremden Stämme der Nomaden, bis hin zum modernen Mas- sentourismus unserer Zeit. Der Krieg, der Handel und die Auswanderung werden als die Ursachen der historischen interkulturellen Begegnungen genannt. Der Fernhandel wurde meistens von einigen wenigen Gruppen ausgeübt, jedoch Krieg und Auswande- rung führten zu Massenmigrationen, die in der Geschichte auch oft als Völkerwande- rung bezeichnet wurden. Somit war damals das Phänomen, die eigene Heimat zu ver- lassen, meist in Begleitung mit Schmerz und Leid anzutreffen. Der Personenaustausch, wie man es heutzutage kennt, im Sinne der Völkerverständigung und der interkulturel- len Erfahrungen, ist eine Erscheinung der Neuzeit. Nur einigen wenigen Personen der Industriestaaten ist ein solcher interkultureller Austausch gewährleistet. Die Mehrheit derjenigen, die sich über die eben erwähnten Grenzen hinausbewegen, muss dies un- freiwillig und aus bitterer Not tun. Immer weiter steigende Arbeitslosigkeit und der gleichzeitige Anstieg an Konsumwünschen in Europa, schafft eine gewisse Angst und Abneigung gegenüber all jenem, dass von außerhalb „hereinkommt“. Auch bei den Austauschprogrammen, die in Schulen und Universitäten angeboten werden, kann man jenen Trend eindeutig erkennen. Jene angesprochenen Abwehrreaktionen machen einen Austausch zwischen Europa und der restlichen Welt immer schwieriger. Die Ge- fahr besteht darin, dass in Zukunft weit mehr Austäusche innerhalb Europas stattfin- den werden und eine Art „Festung Europa“ entstehen kann. (Vgl. Danckwortt 1996: 269f)

2.1.1. Auslandsreisen und Bildungsprogramme als interkultureller Austausch

Inzwischen kann man auch von interkulturellem Austausch bei Auslandsreisen spre- chen. In den letzten Jahrzenten haben Urlaubsreisen so stark an Bedeutung gewonnen, dass man, auch wenn jene Personen mit der Kultur des zu bereisenden Landes nur oberflächlich in Kontakt kommen, zunehmend von interkulturellem Austausch spre- chen kann. Da jene Personen immer und immer wieder ins Ausland reisen und die Bildungsansprüche der Touristen von Jahr zu Jahr wachsen, nehmen auch die Aus- landskenntnisse und die Offenheit gegenüber Ausländern in der eigenen Heimat zu. Die Toleranzgrenze gegenüber Ausländern in der Heimat steigt, da jene Personen im Ausland auf ähnliche Verhaltensweisen stoßen. Untersuchungen haben gezeigt, dass das Auslandserlebnis je nach Altersgruppe variiert. Jugendliche bzw. Studierende ha- ben andere Erfahrungen mit dem interkulturellen Austausch als beispielsweise Senio- ren. Während es vor Jahrzehnten nur der reichen Bürgerschicht und kleinen Studenten- und Handwerksgruppen ermöglicht wurde, im Rahmen der Ausbildung das Ausland kennenzulernen, ist heute in jeder Schule ein Auslandsaufenthalt und meist auch ein Schüleraustausch schon fest vorprogrammiert. Viele Behördengruppen konzentrieren sich bereits auf jene Form des Austausches, wenn auch mit dem primären Ziel, die Fremdsprachenkenntnisse, die in den Schulen erlernt werden, zu festigen und auszu- bauen. (Vgl. Danckwortt 1996: 275f)

Wenn Menschen längere Zeit im Ausland in einer fremden Kultur leben, werden jene von dieser Kultur beeinflusst. Zahlreiche Beobachtungen liegen vor, die auf die Aus- wirkungen von Auslandsaufenthalten hinweisen. Die Auslandsaufenthaltsdauer, ob die Person zum ersten Mal in einer fremden Kultur lebt oder nicht und die Tatsache, dass sie zum ersten Mal mit jener Kultur in Kontakt kommt, bestimmen einen großen Teil des Maßes an Veränderung bei dieser Person. Verschieden starke Auswirkungen sind zu erwarten, je nach sozialen Beziehungen und Kontakten bzw. Wohnsituation, ob die Person in einer Gastfamilie lebt oder alleine. Des Weiteren spielen die Einbindung in eine Institution, der Kontakt mit Landesleuten, der Grad der Fremdsprachkenntnisse und die interkulturelle Distanz zwischen dem Herkunftsland der Person und dem Gast- land eine sehr große Rolle. (Vgl. Maletzke 1996: 168ff)

Oftmals führt die Begegnung von Menschen mit einer fremden Kultur dazu, dass die eigene Kultur bewusst wird. Das bis dato für den Menschen Selbstverständliche wird mit neuen Denkweisen, Verhaltensmustern und Wertorientierungen konfrontiert, in Frage gestellt und relativiert. (Vgl. Maletzke 1996: 171)

2.1.2. Defizite des Austausches im Allgemeinen

Als Defizite der Austauschpraxis führt Danckwortt (1996: 279f) als erstes eine fehlen- de Zieldefinition an. Politische Zielvorgaben, an denen man sich orientieren sollte, sind meist unpräzise, um ein weites Spektrum abzudecken und Zustimmung zu erlan- gen. Für eine gute Umsetzung reichen jene unpräzisen Zielvorgaben jedoch nicht aus, was es im Nachhinein auch sichtlich erschwert, jene Programme einer guten Evaluie- rung zu unterziehen. Ein zweites großes Problem kristallisiert sich durch die zuständi- ge Öffentlichkeitsarbeit heraus, bei deren Prospekten und Ankündigungen, Missver- ständnisse durch unklare Ausdrucksweisen oft bereits vorprogrammiert sind. Viele je- ner im Folgenden beschriebenen Austauschprogramme können ihr Ziel nur dann errei- chen, wenn die Teilnehmer ihren Auslandsaufenthalt bereits mit gewissen Vorkenn- tnissen und bestimmten Voraussetzungen antreten. Untersuchungen zeigen immer wieder, dass die Auswahlverfahren oft so oberflächlich bzw. gar nicht durchgeführt werden und so Missverständnisse bzw. das Nicht-Erreichen des Zieles bereits voraus- setzen. Ein großer Mangel besteht auch in der Vorbereitung der an den Programmen teilnehmenden Personen. Unter Vorbereitung sind hiermit sowohl der organisatorische Ablauf, Sprachkenntnisse als auch grundlegende Einstellungen und Verhaltensweisen des Gastlandes gemeint. Wichtig für einen gelungenen Auslandsaufenthalt ist auch ei- ne ständige Betreuung während des Aufenthaltes, um mögliche Probleme und Miss- verständnisse schneller und effektiver zu behandeln und zu lösen. Das größte Problem stellt meist die Rückkehr in die Heimat dar, welche von den meisten Organisationen meist ganz außer Acht gelassen wird. Besonders nach jahrelangen Auslandsaufenthal- ten ist es oftmals schwieriger sich in die eigene Kultur wieder einzuleben, als sich an die im Gastland fremde Kultur anzupassen. Oftmals führt jene Phase der Wiederein- gewöhnung im eigenen Land und Kulturkreis zu Frustration und dies soll bestimmt nicht das Ziel eines interkulturellen Austausches sein. (Vgl. Danckwortt 1996: 279f)

2.2. Rahmendaten der europäischen Bildungspolitik

Das Bemühen um eine gemeinsame Zielrichtung der Hochschulbildung in Europa ist bereits seit Langem ein Thema.

Auf dem Kapitol in Rom wurden am 25. März 1957 die Romverträge unterzeichnet und somit Anfang des Jahres 1958 die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft ins Leben gerufen. Einige wichtige Zielsetzungen waren die vier Freiheiten des Verkehrs von Dienstleistungen, Kapital, Personen und Waren als auch die Angleichung innerstaatlicher Rechtvorschriften der betroffenen Staaten. Mit den Romverträgen wurde ein Grundstein für eine europäische Integration gelegt. Somit wurde die Mobilität von Dienstleistungen und Personen gewährleistet. (Vgl. Seyr 2005: 27)

Die „Europäische Wissenschaftsstiftung“ wurde 1982 von der Europäischen Gemeinschaft zusammen mit den Mitgliedsstaaten ins Leben gerufen. Das Ziel jener Stiftung war die Förderung von wissenschaftlichem und kulturellem Austausch.

Am 7. Februar 1992 wurde der Maastrichter Vertrag über die Europäische Union von den damals 12 Mitgliedern unterzeichnet. Jener Vertrag bedeutete seit den Romverträ- gen den größten Schritt zur europäischen Integration. Als erweitertes Aufgabengebiet der Europäischen Union scheint unter anderen auch der Bereich Bildung auf. Im Kapi- tel 3 unter „Sozialpolitik, Allgemeine und Berufliche Bildung und Jugend“ steht ge- schrieben:

Die Gemeinschaft trägt zu einer Entwicklung einer qualitativ hochstehenden Bildung dadurch bei, dass sie die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten fördert und die Tätigkeit der Mitgliedstaaten unter strikter Beachtung der Verantwortung der Mitgliedstaaten für die Lehrinhalte und die Gestaltung der Bildungssysteme sowie der Vielfalt ihrer Kulturen und Sprachen unterstützt und ergänzt. (Seyr 2005: 30)

Das Ziel war die Mobilität der Lehrenden und Lernenden als auch die europäische Zu- sammenarbeit weiterzuentwickeln und zu fördern. Ausdrücklich herausgenommen aus dem Einflussbereich der Europäischen Union sind die Bestimmung der Lehrinhalte und die Gestaltung des Bildungssystems. Ziele, die hingegen verfolgt werden, sind das Erlernen der Sprachen der Mitgliedsstaaten, Förderungen von Mobilität von Lehren- den und Lernenden, Förderung der Zusammenarbeit zwischen Bildungseinrichtungen, Ausbau des Informations- und Erfahrungsaustausches im Rahmen der Bildungssyste- me und etwa die Förderung und Entwicklung der Fernlehre. Europaweite Förde- rungsmaßnahmen, Forschungs- und Fortbildungsprogramme sollen die Verwirkli- chung jener Ziele erreichen. Gemeinschaftliche europäische Aktionsprogramme, wie SOKRATES, für die allgemeine Bildung, und LEONARDO DA VINCI, für die beruf- liche Bildung, werden auf europäischer Ebene von Rat und Parlament mitentschieden. (Vgl. Seyr 2005: 31f)

2.3. Überblick über die wichtigsten europäischen Bildungsprog- ramme

Durch den wissenschaftlichen Fortschritt in den letzten Jahrzenten werden nationale Grenzen im Bezug auf wissenschaftliche Information und wissenschaftliche Kooperation immer weiter in den Hintergrund gedrängt. (Vgl. Teichler 1990: 7)

Zur Förderung des Austausches, der Zusammenarbeit und der Mobilität von allen eu- ropäischen Bildungseinrichtungen wurde das Aktionsprogramm im Bereich des le- benslangen Lernens 2007 - 2013 ins Leben gerufen. Das Programm wurde für Schüle- rinnen und Schüler, Studierende, Lehrkräfte, Lehrende in der Erwachsenenbildung als auch Verwaltungs- und Leitungspersonal entwickelt. Die Leitgedanken sind die Ver- wirklichung eines europäischen Raums des lebenslangen Lernens. Großen Wert wird dabei auf die Entwicklung von qualitativ hochwertiger Bildung und Förderung von hohen Leistungsniveaus gelegt. Weitere Ziele jenes Programmes sind die Verbesse- rung von Qualität, Attraktivität und Zugänglichkeit der verfügbaren Angebote für le- benslanges Lernen und die Förderung des Sprachenlernens und der sprachlichen Viel- falt. (Vgl. Europäische Kommission 2007: 1)

Das Programm für Lebenslanges Lernen 2007 - 2013 kann wiederum in sektoriale Programme unterteilt werden. Die wichtigsten werden im Folgenden kurz definiert.

2.3.1. COMENIUS

Das Programm Comenius richtet sich an Schüler und verfolgt Ziele, wie die Entwicklung von Verständnis für die Vielfalt der europäischen Kulturen und die Unterstützung junger Menschen beim Erwerb grundlegender Fertigkeiten und Kompetenzen. (Vgl. Europäische Kommission 2007: 1)

2.3.2. ERASMUS

Das Erasmusprogramm betrifft die formale Hochschulbildung und das Ziel ist eine Verwirklichung des europäischen Hochschulraumes. Im Rahmen jenes Programmes werden die Mobilität von Studierenden, Studien- als auch Ausbildungsaufenthalte so- wie Praktika gefördert. Als Ziel gilt, dass mindestens 3 Millionen Studierende die Mo- bilitätsmaßnahmen im Rahmen von ERASMUS und dessen Vorläufern bis 2012 ge- nutzt haben sollen. Ein Großteil des Gesamthaushaltes des Programmes für Lebens- langes Lernen ist für das Sektorialprogramm Erasmus vorgesehen. (Vgl. Europäische Kommission 2007: 1)

2.3.3. LEONARDO DA VINCI

Dieses Programm fördert die berufliche Bildung, welche nicht in den Tertiärbereich fällt. Unterstützt werden Teilnehmer beim Erwerb und Einsatz von Wissen, Fähigkeiten und Qualifikationen, um ihre persönliche Entwicklung und Teilnahme am europäischen Arbeitsmarkt zu fördern. (Vgl. Europäische Kommission 2007: 1)

2.3.4. GRUNDVIG

Das Programm Grundvig fördert die Erwachsenenbildung. Ziel ist es, den durch die Alterung der europäischen Bevölkerung entstehenden Herausforderungen im Bil- dungsbereich entgegenzuwirken. Alternative Möglichkeiten zum Ausbau des Wissens und der Kompetenzen der Erwachsenen werden bereitgestellt. (Vgl. Europäische Kommission 2007: 1)

Des Weiteren gibt es ein Querschnittprogramm, dass vor allem jene Tätigkeiten be- trifft, die über die Grenzen jener sektoralen Programme hinausgehen, und das Prog- ramm Jean Monnet, dass sich speziell mit Fragen der europäischen Integration im Hochschulbereich sowie der Förderung von Einrichtungen im Bereich der allgemeinen und beruflichen Bildung beschäftigt. Im Programm für Lebenslanges Lernen 2007 - 2013 sind alle europäischen Programme zusammengefasst und es stützt sich auf die vorangegangenen Programme des Zeitraumes 2000 - 2006, Socrates, Leonardo da Vinci, E-learning und die Aktion Jean Monnet. (Vgl. Europäische Kommission 2007:

1) Ein kurzer Blick auf den Arbeitsmarkt genügt, um zu erkennen, dass es einer international ausgerichteten, konkurrenzfähigen Hochschulausbildung bedarf. Es ist die Pflicht der Hochschulen, die Bildung und Ausbildungen international anzupassen, um es den Absolventen auch zu ermöglichen einer beruflichen Tätigkeit im Ausland oder grenzüberschreitend nachzukommen. Als Voraussetzung werden die Grundkenntnisse von Fremdsprachen als auch ein Grundverständnis für fremde Kulturen erwartet. Das bekannte Programm ERASMUS hat in den letzten Jahren vor allem die Mobilität von Studierenden und Dozenten gefördert. (Vgl. Erichson 2001: 7)

2.4. Das Programm Erasmus

Das bekannteste EU-Programm für allgemeine und berufliche Bildung ist Erasmus. Dieses Programm ermöglicht es jährlich rund 200.000 Menschen in Europa einen ge- wissen Zeitraum im Ausland zu studieren bzw. zu arbeiten. Des Weiteren kommt es zu Kooperationsaktivitäten zwischen Hochschuleinrichtungen und das Programm wendet sich nicht nur an Studierende, sondern auch an Lehrende und Personen, die in der frei- en Wirtschaft tätig sind. Das Programm selbst erhielt seinen Namen nach dem Huma- nisten und Theologen Desiderius Erasmus von Rotterdam, welchen seine jahrelangen Studienreisen in die bekanntesten Bildungszentren Europas führten. Bekannt und mitt- lerweile wissenschaftlich belegt ist, dass jene Auslandsaufenthalte der eben genannten Gruppen nicht nur der Bereicherung der akademischen Bildung dienen, sondern vor allem zum Erwerb von interkulturellen Fähigkeiten führen und die Selbstsicherheit stärken. Kaum ein anderes Programm der Europäischen Union kann so viele europä- ische Mitglieder zählen. Etwa 90% der Hochschulen Europas nehmen am Erasmus- Programm teil und die Zahl der Teilnehmer seit 1987 erreicht bald die Zwei- Millionen-Grenze. Zurzeit wirken 3.100 Hochschuleinrichtungen in 31 Ländern bei dem Erasmus-Programm mit und weitere Teilnahmen wurden bereits beantragt. Man kann somit davon ausgehen, dass das Erasmus-Programm von Jahr zu Jahr an Belieb- theit und Mitgliedern gewinnt. (Vgl. Europäische Kommission 2008: 1)

Das Aktionsprogramm ERASMUS (European Action Scheme for the Mobility of Universtity Students) der Europäischen Union ist 1987 in den EU-Staaten angelaufen und seit 1991 auch für Österreich zugänglich.

In Form von sogenannten Hochschulkooperationsprogrammen fördert das ERASMUS-Programm zwischen den Hochschulinstituten die interuniversitäre und transnationale Zusammenarbeit. (Vgl. Leidenfrost 1997: 6)

Das Erasmusprogramm verfolgt vor allem zwei spezifische Ziele:

- die Unterstützung der Verwirklichung eines europäischen Hochschulraumes
- und die Stärkung des Beitrages der Hochschulbildung zum Innovationsprozess.

Als operative Ziele des Erasmus-Programmes werden die Entwicklung, Stärkung und Verbesserung der Mobilität, des Umfangs der Zusammenarbeit zwischen Hochschulen sowie zwischen Hochschulen und Unternehmen, der Transparenz und Kompatibilität der neu erlernten Qualifikationen und der Übertragung zwischen den teilnehmenden Ländern aufgezählt. Gefördert werden können im Rahmen des Erasmus-Programmes die Mobilität von Studierenden als auch Lehrenden und multilaterale Projekte als auch multilaterale Netze, wie beispielsweise die thematischen Erasmusnetze. (Vgl. Europäische Kommission 2007: 1)

Als Motor der Modernisierung der Hochschulbildung im gesamten Europa wird Eras- mus gesehen. Das primäre Ziel des Erasmus-Programmes ist die Schaffung eines Europäischen Hochschulraumes.

Die Aktionen des Erasmus-Programmes unterstützen das Studium und Arbeiten im Ausland, sprachliche Vorbereitung und Fortbildung im Ausland für Studenten. Für die Mitarbeiter von Hochschuleinrichtungen kommt es zu einer Unterstützung von Lehre und Fortbildung im Ausland. Die Hochschuleinrichtungen selbst werden durch Inten- sivprogramme, akademische Netzwerke und multilaterale Projekte unterstützt und die Unternehmen durch Unternehmenspraktika für Studenten, Lehren im Ausland und Zu- sammenarbeit mit den Hochschuleinrichtungen. Um das Qualitätsniveau der Mobilität und die erwartete Kooperation zu gewährleisten, müssen jene Hochschuleinrichtun- gen, die am Erasmus-Programm teilnehmen, über eine Erasmus-Hochschulcharta ver- fügen. In jener Charta werden grundlegende Prinzipien festgehalten, die von den teil- nehmenden Hochschulen einzuhalten sind. (Vgl. Europäische Kommission 2008: 1)

Nachdem generelle Daten und Zielsetzung des Erasmus-Programmes in Europa vorgestellt wurden, werde ich nun auf die österreichische Situation im Bezug auf das Erasmus-Programm eingehen.

2.5. Rahmendaten der österreichischen Hochschulen und ihrer Stu- dierenden im Bezug auf die Teilnahme am Erasmus-Programm

In diesem Teil wird kurz auf die Situation Österreichs bzw. speziell auf die Situation Salzburgs im Bezug auf das Erasmus-Programm eingegangen. Bei den Programmteil- nehmern, die einen gewissen Zeitabschnitt im Ausland studieren, wird zwischen Prog- rammstudierenden, ECTS-Studierenden und Bewerbern für ein Free-Mover- Stipendium unterschieden, welche in den Bereich der Studierendenmobilität fallen. In den vorliegenden Untersuchungen werde ich mich auf die Programmstudierenden be- schränken, da diese den Großteil der Austauschstudierenden darstellen.

Programmstudierende wird jene Gruppe von Studierenden genannt, die im Rahmen eines Hochschulkooperationsprogrammes teilnehmen. Jene werden von den zuständi- gen Koordinatoren nominiert und erhalten ein Mobilitätsstipendium mit der Voraus- setzung eines Mindeststudienaufenthaltes von 3 Monaten im Gastland und einer je nach Gastland bestimmten zu erbringenden Mindeststudienleistung. Die Austausch- studierenden sind sowohl im Heimat- als auch im Gastland von den anfallenden Stu- diengebühren befreit und zusätzlich werden ihnen die im Ausland erbrachten Studien- leistungen an der Heimatinstitution angerechnet. (Vgl. Leidenfrost 1997: 7) ECTS- Studierende sind jene Studierenden, die die gleichen Vorteile wie die Programmstu- dierenden für einen Auslandsaufenthalt von bestimmter Dauer erhalten, jedoch an ei- nem eigenen System teilnehmen, um die komplette Anrechnung der im Ausland er- brachten Studienleistungen zu gewährleisten. (Vgl. Leidenfrost 1997: 7)

Free-Mover werden jene Studierenden bezeichnet, die sich die Hochschule der förder- berechtigten Hochschulinstitutionen im Ausland selbst aussuchen. Jene müssen sich um Zulassungen, Regelung der Studiengebühren und die Anrechnung der Studienleis- tungen, die im Ausland erbracht wurden, selbst kümmern. Ebenso wie die zuvor ge- nannten Programmstudierenden und ECTS-Studierenden, erhält die Gruppe der Free- Mover, wenn die Formalitäten erbracht werden, eine finanzielle Förderung für einen Auslandsaufenthalt von mindestens drei bis maximal zwölf Monaten. (Vgl. Leidenfrost 1997: 7)

Der Trend zum Studieren im europäischen Ausland lässt sich deutlich in der Erasmus- statistik Österreich (Abb. 1) erkennen. Innerhalb der letzten 15 Jahre haben sich die Teilnehmerzahlen der Studierenden, die am Erasmus-Programm teilnehmen, mehr als vervierfacht. Wie man deutlich an der Statistik erkennen kann, nimmt die Zahl der Studierenden, die das Erasmus-Programm in Österreich in Anspruch nehmen, von Jahr zu Jahr kontinuierlich zu. Dies bedeutet, dass in Zukunft immer mehr Studierende aus Österreich die Chance wahrnehmen werden, durch Förderung der Europäischen Union ein bis zwei Semester im Ausland studieren zu können, . Beispielsweise nah- men im Jahr 2006/2007 bereits 4.139 Studierende am Erasmusprogramm teil.

Erasmusstatistik Österreich - Studierendenmobilität - Studienaufenthalte (Outgoing)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1.: Erasmusstatistik Österreich (ÖAD)

2.6. Die Universität Salzburg und Erasmus

Weltweit pflegt die Universität Salzburg momentan 71 Partnerschaften mit ausländi- schen Universitäten und verfügt des Weiteren durch das Erasmus-Sokrates-Programm über 158 Partner zum Austausch von Studierenden als auch von Lehrenden. Durchge- führt und geplant werden jene Austauschmöglichkeiten vom Vizerektorat der Außen- beziehungen der Universität Salzburg. Die Pflege jener, eben angesprochenen Kontak- te fördert und erhöht auch das Interesse der ausländischen Studierenden als Aus- tauschziel Salzburg zu wählen oder sogar generell ihre Studienzeit in Salzburg zu ver- bringen. Zum derzeitigen Zeitpunkt sind an der Universität mehr als 2000 ausländi- sche Studierende aus über 90 verschiedenen Staaten inskribiert. Jedoch sind mit dieser Zahl nicht nur die AustauschstudentInnen gemeint, sondern all jene Studierenden, die über keinen österreichischen Pass verfügen. Die Bildungs- und Forschungsprogramme der Europäischen Union werden von der Universität sehr stark genützt, um zu mehr Internationalität zu gelangen. Einen weiteren internationalen Schwerpunkt setzt die Universität Salzburg auf Partnerschaften als auch auf multilaterale Netzwerke im Pazi- fischen Raum und in Ostasien, welche ein großes Entwicklungspotential haben. (Vgl. Haybäck 2008: 1)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.2.: Studierendenstatistik Universität Salzburg

Diese Austauschprogramme sind für die Studierenden deshalb so wichtig, weil sie da- durch die Möglichkeiten erhalten andere Kulturen und auch andere Universitätssyste- me kennenzulernen. Momentan sind an der Universität Salzburg 15.093 Studierende gemeldet. Unter jenen 15.093 Studierenden sind insgesamt 3.983 ausländische Studie- rende. Jene ausländischen Studierenden sind nicht mit den Austauschstudierenden, die am Erasmus-Programm teilnehmen, gleichzusetzen, jedoch lässt sich erkennen, dass bereits ein Fünftel der Studierenden in Salzburg keine Österreichischen Staatsbürger sind.

3. Begriffsklärungen und Einbettung von Kultur in das Feld der interkulturellen bzw. transkulturellen Kommunikation

In diesem Kapitel werden die zur theoretischen Fundierung notwendigen Begriffe er- läutert. Um ein besseres Verständnis für diese Arbeit zu bekommen, ist es wichtig, die Schlüsselwörter „Kultur“ und „Kommunikation“ zu klären und später zusammenzu- führen und das Konzept der interkulturellen und transkulturellen Kommunikation auf- zugreifen. Es wird mit der Klärung jener Begriffe begonnen, um das Verständnis die- ser Arbeit zu erleichtern. Um von dem Feld der interkulturellen als auch der transkul- turellen Kommunikation zu sprechen, ist es unabdingbar einige mit diesen Feldern im Zusammenhang stehende Begriffe erstmals abzugrenzen. Anschließend wird auf die Begriffe interkulturelle Kommunikation, transkulturelle Kommunikation und interna- tionale Kommunikation näher eingegangen.

3.1. Kultur

Der Begriff Kultur wird alltäglich verwendet, hat jedoch eine vielseitige Bedeutung und zahlreiche Definitionen. Um von interkultureller und transkultureller Kommuni- kation sprechen zu können und welche Missverständnisse und Probleme daraus resul- tieren, ist es erstmals wichtig eine Definition für den Begriff Kultur zu finden. Da die Definitionen des Terminus Kultur ins Unendliche gehen, werden in dieser Arbeit eini- ge wenige dargestellt, um einen Überblick zu verschaffen. Kultur ist wie viele abstrak- te Begriffe vieldeutig und kann nicht mit einer einheitlich anerkannten Definition be- schrieben werden, da eine solche nicht existiert. Je nach Kontext der Verwendung als auch nach Benutzer variiert die Bedeutung von Kultur, sowohl im normalen Sprach- gebrauch als auch in den Wissenschaften. Somit muss jeder, der in der Wissenschaft über Kultur spricht, erstmals genau festlegen, was derjenige unter Kultur versteht, um den Zusammenhang des Sinngehalts zu erfassen. (Vgl. Maletzke 1996: 15) In der interkulturellen Kommunikation wird Kultur oftmals mit politischen oder geografi- schen Grenzen festgelegt, da dies eine einfache Form darstellt von Kultur zu sprechen. Diese Art von Abgrenzung zwischen verschiedenen Nationen ist jedoch nicht unprob- lematisch.

Ursprünglich stammt der Begriff Kultur vom lateinischen „colere“ = bebauen, bestel- len, pflegen, ab. Im deutschen Bildungsbürgertum wurden seit dem 18. Jahrhundert nur jene Sachen zur Kultur gerechnet, die als besonders anzusehen waren. Meist wur- de der Begriff Kultur mit dem Begriff Hochkultur gleichgesetzt und war somit nur ei- nigen gesonderten gesellschaftlichen Kreisen vorbehalten. Kultur wurde dem Begriff Natur gegenübergestellt, wobei letzteres etwas bezeichnete, was vorgegeben ist und Kultur vom Menschen aus eigenem Willen und Vermögen erschaffen wurde. (Vgl. Maletzke 1996: 15) Insbesondere in der Umgangssprache findet ein solch ver- wendeter Kulturbegriff noch heute Gefallen. Er wird vor allem bei den schönen Küns- ten, wie Theater, Literatur, Musik etc. angewendet. (Vgl. Schugk 2008: 28)

In der Theoriendiskussion der Kulturwissenschaften werden vor allem drei grundlegende Begriffe unterschieden:

- Interkulturell- ästhetischer Kulturbegriff: Dieser Begriff ist eng mit den Begriffen Bil- dung und Kunst verbunden und ihm liegen moralisch-ethische Werte zugrunde, welche durch Werke großer Künstler verkörpert und anschaulich gemacht werden. Somit wird die Elitenkultur von der breiten Volkskultur abgegrenzt.
- Materieller Kulturbegriff: Jener Begriff leitet sich von dem ursprünglichen lateini- schen Wort „agricultura“ (= Landwirtschaft) ab.
- Anthropologischer Kulturbegriff: Bei jenem Begriff wird Kultur als die Gesamtheit der kollektiven Denk-, Wahrnehmungs- und Handlungsmuster einer Gesellschaft verstanden. (Vgl. Lüsebrink 2005: 10)

Häufiger wird in der interkulturellen und transkulturellen Forschung der Kulturbegriff der kognitiven Anthropologie verwendet. Unter Anthropologie versteht man hier die menschlichen Verhaltensweisen in den Auseinandersetzungen mit deren Umwelt. (Vgl. Maletzke 1996: 18) In der vorliegenden Arbeit ist, wenn von Kultur die Rede ist, immer die moderne Kulturanthropologie gemeint. Bei jenem Gebrauch des Begriffes Kultur stehen nicht die äußerlich sichtbaren Erscheinungen bzw. Phänomene im Mitt- erlpunkt, sondern Kultur wird als gemeinsames Wissen, das in den Köpfen der einzel- nen Mitglieder existiert, gesehen. Durch das gemeinsame Wissen werden demnach äußerlich beobachtbare Sachverhalte von Menschen gleicher Kulturen wahrgenom- men und anschließend in Beziehung gesetzt. Somit kann man sagen, dass die Kultur bzw. das darin gemeinsam vorhandene Wissen dazu benutzt wird, andere Kulturmitg- lieder zu interpretieren, zu kategorisieren und zu bewerten. Diese Basis erlaubt es ei- nem Menschen erst in einer Kultur angemessen zu handeln und auch zu kommunizie- ren. (Vgl. Warthun 1997: 9) Somit kann Kultur im Wesentlichen als ein

[…] System von Konzepten, Überzeugungen, Einstellungen Wertorientie- rungen, die sowohl im Verhalten und Handeln der Menschen als auch in ih- ren geistigen und materiellen Produkten sichtbar werden. Ganz vereinfacht kann man sagen: Kultur ist die Art und Weise, wie die Menschen leben und was sie aus sich selbst und ihrer Welt machen. (Maletzke 1996: 16)

Von Hofstede wird Kultur wie folgt definiert:

Die kollektive mentale Programmierung des Geistes, die die Mitglieder einer Gruppe oder Kategorie von Menschen von einer anderen unterscheidet. (Hofstede 2006: 9) Hofstede spricht von einer gewissen Vorhersehbarkeit menschlichen Verhaltens in be- stimmten Situationen. Jene Vorhersehbarkeit wird auf die kulturweit in hohem Maße einheitliche mentale Programmierung der einzelnen Vertreter einer Kultur zurückgeführt. (Vgl. Schugk 2008: 32)

In Begegnungssituationen, wo verschiedene Kulturen aufeinandertreffen und miteinander kommunizieren, entsteht eine spezielle Situation mit eigenen speziellen Anforderungen an die Kommunikationspartner. In jenem Kontext scheint die folgende Definition von Thomas sehr passend:

Kultur ist ein universelles, für eine Gesellschaft, Organisation und Gruppe aber sehr typisches Orientierungssystem. Dieses Orientierungssystem wird aus spezifischen Symbolen gebildet und in der jeweiligen Gesellschaft usw. tradiert. Es beeinflusst das Wahrnehmen, Denken, Werten und Handeln aller ihrer Mitglieder und definiert so deren Zugehörigkeit zur Gesellschaft. Kul- tur als Orientierungssystem strukturiert ein für die sich der Gesellschaft un- gehörig fühlenden Individuen spezifisches Handlungsfeld und schafft damit die Voraussetzungen zur Entwicklung eigenständiger Formen der Umwelt- bewältigung. (Thomas 1993: 380)

Meist wird die eigene Kultur als Mittelpunkt und Maßstab für alles verwendet. Diese Einstellung wird in der Wissenschaft als Ethnozentrismus bezeichnet und spielt in der Begegnung und Kommunikation von Personen verschiedener Kulturen eine sehr wichtige Rolle. Ethnozentrismus ist laut Porter und Samovar:

Eine unbewusste Tendenz, andere Völker aus der Sicht der eigenen Gruppe zu betrachten und die eigenen Sitten und Normen zum Standard aller Beur- teilungen zu machen. Wir stellen uns selbst, unsere rassische, ethnische und soziale Gruppe, in den Mittelpunkt des Universums und stufen alle anderen dementsprechend ein. Je ähnlicher diese uns sind, umso näher plazieren wir sie in diesem Modell; je größer die Verschiedenheiten, umso ferner lokalisie- ren wir sie. (Porter/ Samovar 1982: 10)

Zwei wichtige Komponenten gilt es beim Ethnozentrismus zu unterscheiden. Die ei- gene Kultur ist meist durch Selbstverständlichkeit gekennzeichnet und Ethnozentris- mus wird meist mit einem Überlegenheitsbewusstsein gegenüber anderen Völkern oder Kulturen gleichgesetzt. Meist ist es dem Menschen überhaupt nicht bewusst, dass die Verhaltensweisen und Interpretationsweisen durch seine eigene Kultur geprägt sind und dass Menschen anderer Kulturen ihre eigenen Sichtweisen und Wertorientie- rungen haben. Diese Selbstverständlichkeit, die Menschen in ihrer Kultur empfinden, hat für sie eine wichtige Entlastungsfunktion, da somit Grundfragen nicht geklärt wer- den müssen, sondern Gegenstände als selbstverständlich und natürlich angesehen wer- den. Wenn man an der Selbstverständlichkeit zu zweifeln beginnt bzw. jene nicht mehr als selbstverständlich ansieht, kann dies zum Verlust der Entlastungsfunktion und somit zu einigen Problemen führen. Oft wird mit Ethnozentrismus auch die An- sicht, dass die eigene Kultur anderen überlegen sei, beschrieben. Alles, was von den gewohnten, selbstverständlichen Normen, Wertorientierungen, Sitten, Verhaltensmus- tern etc. abweicht, wird zugunsten der eigenen Kultur abgewertet. Diese ethnozentri- sche Selbstüberschätzung, verbunden mit der automatischen Abwertung des Fremden, kann bei Begegnungen von Menschen verschiedener Kulturen zu großen Schwierig- keiten führen. (Vgl. Maletzke 1996: 23f)

Der Begriff Kultur wird also so weitläufig verwendet, dass es oftmals schwer fällt einen Überblick zu bekommen und zu beachten, dass Kultur aus einer Reihe verschiedener wissenschaftlicher Ansätze betrachtet wird. Somit ergeben sich sehr viele verschiedene Definitionen. In meiner Arbeit ist es nun vor allem wichtig eine passende Definition von Kultur in Verbindung mit Kommunikation zu finden.

3.1.1. Kulturmodelle

Kultur an sich kann mit einem schwimmenden Eisberg verglichen werden. Wie bei den Eisbergen kann man nur einen kleinen Teil davon sehen, da der weitaus größere Teil unter der Wasseroberfläche versteckt ist. Der Teil der Kultur, der nicht gesehen werden kann, liegt in unserem Unbewussten. Besonders unser Verhalten, unsere Wahrnehmung und unsere Haltung werden bei Begegnungen mit Mitgliedern anderer Kulturen stark beeinflusst. (Vgl. Renger 1994: 70)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.3.: Eisberg-Modell nach Osgood (1951: 210ff)

Beim Eisbergmodell kann man den Großteil, der hier unter dem Wasser liegt, nicht erkennen und nur ein kleiner Teil an der Oberfläche ist sichtbar. Man sieht somit nicht, was unter der Oberfläche des Erkennbaren versteckt ist und somit auch nicht, wie jene Teile miteinander verbunden sind oder in Beziehung zueinander stehen.

Das Eisberg-Modell von Osgood (1951) wird in der Kulturwissenschaft sehr häufig verwendet und zeigt, dass nur ein kleiner Teil von Kultur wahrnehmbar bzw. sichtbar ist. Das Wahrnehmbare, auch PERCEPTAS genannt, ist somit ein Zeichen für Denk- und Handlungskonzepte, auch CONCEPTAS genannt, auch wenn jene als solche nicht wahrnehmbar sind. Eine Kultur wird erst dann verstehbar, wenn solch konzeptionelle Hintergründe einbezogen werden. Als PERCEPTAS einer Kultur gelten beispielswei- se verbale und nonverbale Kommunikation, menschliche Erzeugnisse etc. Wahrnehm- baren Zeichen liegen aber auch immer Konzepte zugrunde. Beispielsweise braucht ei- ne Batterie Stromversorgung, um zu funktionieren, und eine Universitätsaula wird als elitäre Bildungsstätte wahrgenommen. (Vgl. Herdin 2007: 8f)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 4.: Anthropologisches Kulturmodell nach Hofstede

Beim anthropologischen Kulturmodell von Hofstede werden unter Symbolen Bilder, Gesten, Worte oder Objekte mit einer bestimmten Bedeutung verstanden, welche nur von den Mitgliedern einer Kultur anerkannt wird. Somit handelt es sich hier um die äußere, manifeste Schicht einer Kultur. Viele Wörter einer Sprache, Kleidung bis hin zur Haartracht und Statussymbolen gehören zu jener Kategorie. (Vgl. Hofstede 1993: 22)

Unter Helden, manchmal auch Identifikationsfiguren genannt, werden Personen ver- standen, die in einer Kultur hoch angesehen werden. Jene Personen können sowohl tot oder lebend, echt oder fiktiv sein, müssen jedoch Eigenschaften besitzen, welche sie zu Verhaltensvorbildern macht. (Vgl. Hofstede 1993: 22) Somit sind kulturelle Identi- fikationsfiguren kulturspezifisch und werden von der Gesellschaft als Figuren zur Identifikation gebraucht. Personen, wie Künstler, Politiker, Schriftsteller etc., werden im kollektiven Gedächtnis der Mitglieder einer Kultur gespeichert. Jene Identifikati- onsfiguren unterliegen sehr starkem historischem Wandel und werden oftmals relativ schnell ausgetauscht bzw. gewechselt. (Vgl. Lüsebrink 2005: 12)

Unter Ritualen werden kollektive sozial notwendige Tätigkeiten verstanden. Jene sind für das Erreichen der Ziele eigentlich unnötig und werden somit um ihrer selbst Willen ausgeübt. Beispiele jener Rituale sind Formen des Grüßens oder soziale und religiöse Zeremonien. (Vgl. Hofstede 1993: 23)

Die Werte schließlich bilden den Kern einer Kultur. Als Werte in diesem Kontext werden allgemeine Neigungen verstanden, bestimmte Umstände anderen Umständen vorzuziehen. Hofstede versteht vor allem darunter bestimmte Gefühle mit einer Orientierung zum Plus- bzw. Minuspol. Beispielsweise das Verständnis von Gut und Böse, Unterscheidungen wie schmutzig und sauber, hässlich und schön, anormal und normal, irrational und rational etc. (Vgl. Hofstede 1993: 23)

3.1.2. Kulturdefinition für das Feld der Kommunikationswissenschaft

Wichtig bei dieser Definition ist es die Verbindung von Kultur und Kommunikation darzustellen. Die von mir ausgewählte Definition ist wahrscheinlich nicht die „richti- ge“ oder „beste“, jedoch für meinen Forschungszweck die brauchbarste und sinnvoll- ste.

Kultur ist ein gelerntes Set von geteilten Interpretationen von Glauben, Werten, Regeln und sozialen Praktiken, welche das Benehmen einer relativ großen Gruppe von Menschen beeinflusst. (Lustig/ Koester 2006: 25) Wichtig ist es erstmals zwischen kulturellen und natürlichen Tatsachen zu unterschei- den. Das sozusagen „Natürliche“ haben alle Menschen gemeinsam und ist in der Evo- lution entstanden. Jenes Natürliche bekommen alle Menschen genetisch hinterlegt, währenddessen das Kulturelle erst erworben werden muss. Das Kulturelle ist im ge- meinsamen Handeln und in der kulturellen Evolution entstanden. Schon seit langem gibt es in der Wissenschaft einen Streit darüber, was dem Menschen angeboren ist und was selbst erworben wird und somit auch durch die Sozialisation verändert werden kann. (Vgl. Heringer 2007: 106)

Kultur ist somit laut der oben angeführten Definition erlernt. Menschen sind nicht mit einer genetischen kulturellen Prägung geboren, sondern lernen eine Kultur durch die ständige Interaktion mit den Eltern, anderen Familienmitgliedern, Freunden oder sogar fremden Personen, welche Teil ihrer Kultur sind. Wenn man Eltern zusieht, wie sie mit ihren Kindern sprechen, kann man den Weg von kulturellen Symbolübertragungen erkennen. Die Menschen, die die Kinder umgeben, geben ihnen ein gewisses Beneh- men vor. Natürlich gibt es kulturelle Unterschiede beim Benehmen, das die Kinder von den Eltern der jeweiligen Kultur erlernen. Jedoch sind nicht jene Unterschiede in meiner Arbeit von Bedeutung, sondern die generellen Übereinstimmungen in den meisten Familien, die einer gewissen Kultur angehören. Der Fokus liegt darauf, wie die Kulturen ihre Mitglieder mit einem Set an Interpretationen ausstatten, die als Filter genützt werden, um in Nachrichten und Erfahrungen einen Sinn zu erkennen. Kultur wird somit auch als ein Set von gemeinsamen Interpretationen gesehen. Gemeinsame Interpretationen bilden die wichtige Verknüpfung zwischen Kommunikation und Kul- tur. Kultur existiert, wie schon erwähnt, in den Köpfen der Menschen und nicht in äu- ßerlichen oder greifbaren Objekten. Kommunikation findet durch den Austausch von verschiedensten Symbolen statt. Die Bedeutung eines Symboles existiert im Kopfe ei- nes individuellen Kommunikators. Wenn jene symbolischen Ideen mit anderen geteilt werden, bildet dies die Basis einer Kultur. Hiermit ist jedoch nicht zu verstehen, dass alle jene Symbole mit anderen Personen derselben Kultur geteilt werden; manche Symbole werden sogar nur mit einigen wenigen geteilt. Wenn jedoch jene Symbole von einer relativ großen Gruppe an Menschen geteilt werden, kann man von einer Kul- tur sprechen. Kultur, wie schon erwähnt, beinhaltet Glauben, Werte, Regeln und sozia- le Praktiken und wird durch das gemeinsame System an Symbolen ausgedrückt. Der Glaube dient dazu auszudrücken, welche Vorstellungen eine Gruppe von Menschen über die Welt hat und darüber, was richtig und was falsch ist. Werte drücken aus, was die Gruppe als gut und böse definiert und was für sie wichtig ist. Regeln definieren gewünschtes Verhalten von den Mitgliedern einer Kultur bzw. von sich selbst und so- ziale Praktiken sind das vorhersehbare Handeln der Mitglieder einer Kultur. Die schon erwähnten gemeinsamen Interpretationen von Glauben, Werten und Regeln wirken sich auch auf das Verhalten einer großen Gruppe von Personen aus. Jenes Verhalten ist die Basis für Vorhersagen bzw. Erwartungen, die man an die anderen Mitglieder einer Kultur hat. Niemand ist ganz typisch für eine Kultur. Es gibt immer Unterschie- de, wie beispielsweise Alter, Geschlecht, sozialer Status etc., die jede Person einer Kultur speziell und einzigartig macht. Kultur betrifft auch immer eine große Gruppe von Menschen. Wenn man über einen längeren Zeitraum regelmäßig die gleichen Menschen trifft, entwickelt man zweifelsohne gemeinsame Wahrnehmungen und Erfahrungen, welche die Art der Kommunikation untereinander beeinflusst. (Vgl. Lustig/ Koester 2006: 25-29)

3.1.3. Warum Kulturen sich unterscheiden

Kulturelle Differenzen kristallisieren sich durch ein komplexes Set an Einflüssen he- raus und sind eng mit der Kultur an sich verbunden. Sechs Einflüsse helfen kulturelle Differenzen zu generieren. Die Einflüsse Kulturgeschichte, Ökologie, Technologie, Biologie, institutionelle Netzwerke und interpersonelle Kommunikationsbilder reprä- sentieren die Faktoren, die die Macht besitzen, die Eigenart einer Kultur und somit auch ihre Differenzen zu anderen Kulturen mit der Zeit zu verändern. (Vgl. Lustig/ Koester 2006: 34)

Die Erfahrungen, die eine Kultur einen, liegen in der Geschichte. Kriege, Regeln, reli- giöse Praktiken, wirtschaftliche Konsequenzen, frühere Geschehnisse etc. sind Kraft- ansammlungen, historische Entwicklungen und tragen zu den kulturellen Differenzen bei. Die externe Umwelt, in der eine Kultur sich bewegt, kann auch die Ökologie einer Kultur genannt werden. Damit sind physische Kräfte wie das allgemeine Klima, Wet- terverhalten, vorherrschende Land- und Wasserformationen oder die Verfügbarkeit von bestimmten Lebensmitteln und anderen Rohmaterialien gemeint. Es existieren be- achtliche Beweise, die demonstrieren, dass ökologische Konditionen die Formationen und Funktionsweisen einer Kultur beeinflussen. Für die Kulturmitglieder selbst blei- ben jene Einflüsse meist unerkannt, da es sich um kontinuierliche Einflüsse, wie bei- spielsweise das Wetter, handelt. Die ökologischen Unterschiede drücken sich auch in der Kommunikationsweise der Kulturmitglieder aus. Wichtig zu nennen sind speziell für meine Arbeit, die verschiedenen interpersonellen Kommunikationsschemata, die jede Kultur eigens für sich hat. Das verbale und non-verbale Kodiersystem, das Kultu- ren entwickeln, um Meinungen und Vorhaben auszudrücken, nennt man interpersonel- le Kommunikationsschemata. Verschiedenheiten in jenen, werden von kulturellen Verschiedenheiten abgeleitet. Verbale Kommunikationssysteme, oder Sprache, geben jeder Kultur ein eigenes Set an Kategorien und Unterscheidungen, mit dem Begriffe und Vorstellungen organisiert werden können. Jene gebräuchlichen Kategorien, wer- den dazu verwendet, Objekte und Ideen zu sortieren und gemeinsamen Erfahrungen Bedeutungen zu geben. Non-verbale Kommunikationssysteme hingegen beinhalten In- formationen über Bedeutungen, die mit Raum, Zeit, Berührungen und Gesten ausged- rückt werden. Jene helfen die Grenzen zwischen Mitgliedern und Nicht-Mitgliedern einer Kultur zu ziehen. Interpersonelle Kommunikationsschemata sind sehr wichtig, da sie die Struktur einer Kultur aufrechterhalten, die durch Glauben und Praktiken von einer Generation zur anderen weitergegeben wird. Die ersten Personen, die jenes Ba- siswissen weitergeben, sind normalerweise die Eltern, aber auch das gesamte Netz- werk von interpersonellen Beziehungen gibt bevorzugte Denkweisen, Gefühle, Reak- tionsarten etc. weiter. (Vgl. Lustig/ Koester 2006: 34-43)

3.1.4. Kulturdistanzen und Verstehen fremder Kulturen

Deutsche, Dänen und Schweizer erscheinen den Österreichern vertrauter als bei- spielsweise Inder oder Japaner. Die einen Völker stehen uns näher und andere hinge- gen sind uns fremd, was die Distanz zwischen verschiedenen Kulturen beschreibt. Somit kann gesagt werden, je mehr Gemeinsamkeiten Kulturen haben, desto geringer ist die Kulturdistanz und je weniger Gemeinsamkeiten sie haben, desto größer. Für die interkulturelle Begegnung bedeutet dies nun, je geringer die Kulturdistanz ist, je eher ergibt sich ein Verstehen zwischen den beiden Kulturen. Verstehen bedeutet in diesem Sinne, dass der Mensch etwas Neues, dass ihm in seiner bisher wahrgenommenen Welt begegnet, sinnhaft in die Struktur des seinerseits bereits Bekannten einfügt. So- mit werden durch Hinzufügen unbekannter Wahrnehmungen die Strukturen verändert. Bei einem Gespräch zweier Personen, die unterschiedlichen Kulturen angehören, tref- fen Weltsichten aufeinander, die von verschiedenen Kulturen geprägt sind. Meist sind sich die Kommunikationspartner dessen jedoch nicht bewusst und gehen davon aus, dass das Gegenüber die gleichen Weltansichten wie man selbst hat. Von einem Ge- sprächspartner wahrgenommene Selbstverständlichkeiten treffen auf die Selbstver- ständlichkeiten des Kommunikationspartners und kommen meist erst dann ans Licht, wenn es zu Missverständnissen in der Kommunikation kommt. Im Falle von Missver- ständnissen wird schließlich meist am Ethnozentrismus festgehalten und dem Kommunikationsgegenüber die Schuld der nicht funktionierenden Kommunikation gegeben. (Vgl. Maletzke 1996: 33-36)

[...]

Ende der Leseprobe aus 139 Seiten

Details

Titel
Interpersonelle Kommunikation im interkulturellen bzw. transkulturellen Kontext
Untertitel
Am Beispiel von Erasmusstudierenden in Salzburg
Hochschule
Universität Salzburg  (Gesellschaftswissenschaften)
Note
1
Autor
Jahr
2010
Seiten
139
Katalognummer
V166222
ISBN (eBook)
9783640819133
ISBN (Buch)
9783640822188
Dateigröße
1445 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
transkulturelle Kommunikation, interkulturelle Kommunikation
Arbeit zitieren
Katharina Rinnerthaler (Autor:in), 2010, Interpersonelle Kommunikation im interkulturellen bzw. transkulturellen Kontext, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/166222

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