Nationale Ursprungsmythen in Europa: Der Ballhausschwur


Hausarbeit (Hauptseminar), 2003

20 Seiten, Note: 3,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1) Einleitung

2) Begriffsdefinitionen
2.1) Was ist ein Mythos?
2.2) Was ist eine Nation?

3) Der Ballhausschwur als historisches Ereignis

4) Eignet sich der Ballhausschwur als nationaler Mythos?

5) Der Ballhausschwur in der historischen Fachliteratur

6) Der Ballhausschwur in der Literatur am Beispiel des Romans „Ange Pitou“ von Alexandre Dumas

7) Der Ballhausschwur in der bildenden Kunst am Beispiel zweier ausgewählter Bilder der Revolutionszeit

8) Zusammenfassung und Bilanz

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Einleitung.

Nationale Mythen prägen die Identität einer jeden Nation, seien es Mythen um die Gründung dieser Nation, Personen ihrer Geschichte oder um große Ereignisse, die das Selbstverständnis der Nation erklären.

In der folgenden Arbeit soll ein Mythos der französischen Geschichte, der Ballhausschwur näher untersucht werden.

Die Arbeit an sich ist in zwei Hauptteile untergliedert. Im ersten Teil werde ich, nach einer Kurzen Definition der Begriffe Mythos und Nation, zunächst die Ereignisse jenes 17. Juni 1789 näher beschrieben und danach erörtern, inwiefern sich dieses Ereignis zur Bildung eines Mythos eignet oder ob es zur Mythenbildung ungeeignet ist.

Im Anschluss daran werde ich an einigen Beispielen untersuchen, ob und wie dieser Mythos zum einen von der historischen Fachwelt und zum anderen von Künstlern geprägt, interpretiert und benutzt wird, da gerade die Darstellungen in der Kunst und der Literatur von der Bevölkerung eher recipiert werden, als die Darstellungen in der historischen Fachliteratur.

Am Ende der Arbeit werde ich in einer Zusammenfassung noch einmal die gewonnenen Ergebnisse präsentieren und eine Bilanz ziehen, inwiefern sich die aufgestellte These über die Eignung des Ballhausschwurs als Mythos bestätigt hat, oder ob sie revidiert werden muss.

2. Begriffsdefinitionen.

2.1 Was ist ein Mythos?

Eine eindeutige Definition des Wortes Mythos zu geben ist eine sehr schwer zu lösende Aufgabe, da dieser Begriff in mehr als zwei Jahrtausenden mehrere Wandlungen seiner Bedeutung erlebte.

Der Mythos lässt sich als Begriff wie folgt definieren: „Mythos (griech., Wort, Sage, Erzählung im Gegensatz zum Logos als dem durch verstandesmäßige Beweise in seiner Wahrheit erwiesenen Wort). M. ist Erzählung der Urzeit oder Endzeit, von Göttern und ihrer Herkunft (theogon. M.), von der Weltschöpfung (kosmogon. M.), von Helden und Heilbringern (soteriolog. M.) oder vom Weltende (eschatolog. M.). Stark verbreitet auch die Sintflut-Mythen. Bes. bei den Naturvölkern und in den alten Hochkulturen transzendiert der M. das menschl. und Weltgeschehen und verdichtet es symbolisch. M. ist eine Form der Religion und wurde in den alten Hochkulturen als Teil der Geschichte verstanden.“[1]

Diese Definition des Mythenbegriffs ist jedoch im sinne dieser Arbeit nur sehr eingeschränkt zu verwenden, da sie eher einen ethymologischen oder religiösen Ansatz benutzt.

Eine brauchbare Definition des Wortes im Sinne einer Arbeitsdefinition gibt Wolfgang Weber. Er Definiert den Mythos als „eine um eine historische Figur, ein historisches Ereignis, einen historischen Sachverhalt oder eine historische Entwicklung kreisende, lediglich in einem Kernbereich inhaltlich fixierte, im Übrigen variabel rezipierte und reproduzierte, unkomplexe Narration (…), die im Hinblick auf einen Kontext ursprünglicher Anfänglichkeit, eschatologischer Endlichkeit oder historischen Verlaufs entscheidende Relevanz suggeriert oder Beansprucht“[2]

2.2 Was ist eine Nation?

Der Versuch den Nationenbegriff zu definieren ist nicht weniger schwierig als die Definition des Mythenbegriffs. Die Schwierigkeit rührt jedoch weniger von der Wandlung dieses Begriffes im Laufe der Jahrhunderte her, sondern mehr aus der Tatsache, dass Manschen mit unterschiedlicher Bildung und verschiedener politischer Einstellung auch sehr verschiedene Nationenbegriffe besitzen.

Man kann eine Nation mit den Grenzen eines Staates gleichsetzen, mit einem Sprachraum, mit dem Siedlungsgebiet eines Volkes oder einer Volksgruppe oder mit einem Kulturraum.

Von diesen Definitionsmöglichkeiten sind die zwei Erstgenannten für diese Arbeit nur schwer zu verwenden, da sich Staatsgrenzen in der Geschichte sehr häufig geändert haben, und auch verschiedene Völker die gleiche Sprache sprechen können.

Ein Volk, auch wenn es auf oder in verschiedenen Staatsgebieten leben sollte wie das Deutsche, hat am ehesten Gemeinsamkeiten in Kulturellen Dingen und einen gemeinsamen Vorrat an historischen Erfahrungen, die sich zur Mythenbildung im oben beschriebenen Sinne eignen.

Diese Ansicht stützt Renen in seinem Aufsatz „Was ist eine Nation?“ in dem er schreibt: „Eine moderne Nation ist […] das historische Ergebnis von Tatsachen, die in dieselbe Richtung weisen“[3]. Des Weiteren führt er dazu aus: „Eine Nation ist eine Seele, ein geistiges Prinzip. Zwei Dinge, die in Wahrheit nur eines sind, machen diese Seele, dieses geistige Prinzip aus. Das eine liegt in der Vergangenheit, das andere in der Gegenwart. Das eine ist der gemeinsame Besitz eines reichen Erbes an Erinnerung, das andere das gegenwärtige einvernehmen, der Wunsch zusammenzubleiben, der Wille das Erbe hochzuhalten, welches man ungeteilt empfangen hat. […] Wie der einzelne, so ist die Nation der Endpunkt einer langen Reihe von Anstrengungen, Opfern und Hingabe. […] Eine heroische Vergangenheit, große Männer und Ruhm [...] –das ist das soziale Kapital auf dem man eine nationale Idee gründet.“[4]

Diese, auf historischer Entwicklung und einem kollektiven Erinnerungsschatz aufbauende, Definition ist für diese Arbeit die am ehesten geeignete.

3. Der Ballhausschwur als historisches Ereignis

Der serment du jeu de paume ist das erste in einer Reihe von Ereignissen im Jahre 1789, die heute als des Französische Revolution bezeichnet werden.

Ende der 80er Jahre des 18. Jahrhunderts steckt Frankreich in einer großen Finanzkrise, die die Regierung nicht mehr zu bewältigen vermag. „Die hoffnungslose Finanzlage des Staates nötigte zu immer neuen, aber unzulänglichen Aushilfen. Die Autorität der Krone wurde zusehends ausgehöhlt; der Kredit der königlichen Finanzpolitik schwand dahin. Am Ende aller Versuche sah sich der Finanzminister Calonne im Sommer 1786 gezwungen, dem König die ausweglose Situation zu eröffnen.“[5]

Die Situation verschärft sich in den kommenden Jahren weiter, so dass der König und seine Ratgeber am Ende keine Alternative mehr sehen, als die, Generalstände einzuberufen, welche seit 1614 nicht mehr getagt hatten.

Ein grundsätzliches Problem in diesem bei dieser Zusammenkunft stellen die Verfahrensfragen dar. Zwar besitzt der dritte Stand die gleiche Zahl an Stimmen wie die beiden ersten Stände zusammen, aber es wird nach ständen getrennt beraten und abgestimmt[6]. Die beiden ersten Stände können also den dritten Stand sehr leicht überstimmen.

[...]


[1] Fuchs, Konrad und Raab, Heribert: „Wörterbuch Geschichte, S. 528 IN: Digitale Bibliothek Band 71: Wörterbuch Geschichte, S. 3687.

[2] Weber, Wolfgang: „Historiographie und Mythographie. Oder: Wie kann und soll der Historiker mit Mythen umgehen?“ IN: Völker – Rassor, Anette und Schmale Wolfgang: „MythenMächte – Mythen als Argument.“ Berlin, 1998.

[3] Renan, Ernest: „Was ist eine Nation uns andere Politische Schriften.“ Wien, Bozen, 1998, S. 46.

[4] Ibid., S. 56 f.

[5] Propylen-Weltgeschichte: Richard Nürnberger: Das Zeitalter der französischen Revolution und Napoleons, S. 6. Digitale Bibliothek Band 14: Propylen-Weltgeschichte, S. 11609 (vgl. PWG Bd. 8, S. 63) (c) Ullstein Verlag.

[6] Vgl.: Erbe, Michael: „Geschichte Frankreichs von der großen Revolution bis zur 3. Republik.“ Stuttgart, Berlin, Köln und Mainz, 1982, S. 78.

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Nationale Ursprungsmythen in Europa: Der Ballhausschwur
Hochschule
Universität Mannheim  (Historisches Institut, Seminar für neuere Geschichte)
Veranstaltung
Nationale Ursprungsmythen in Europa
Note
3,0
Autor
Jahr
2003
Seiten
20
Katalognummer
V16609
ISBN (eBook)
9783638214094
Dateigröße
718 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Nationale, Ursprungsmythen, Europa, Ballhausschwur, Nationale, Ursprungsmythen, Europa
Arbeit zitieren
Jean Philipp Ruprecht Beckmann (Autor:in), 2003, Nationale Ursprungsmythen in Europa: Der Ballhausschwur, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/16609

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