Computerrennspiele im pädagogischen Kontext

Die Bedeutung der Realitätsnähe von Lernaktivitäten für fahraufgabenrelevante Motive Masterarbeit


Masterarbeit, 2008

140 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

0. Einleitung

1. Entwicklung von Computerrennspielen
1.1 Computerspiele auf dem Weg zur virtuellen Realitat
1.2 Realitatsnahe - mehr als ein Gestaltungsaspekt

2. A-Priori-Modell zu den moglichen Wirkungen fahrzeugbezogener Computerspiele auf das Fahrverhalten
2.1 Fahigkeiten und Fertigkeiten
2.2 SicherheitsrelevanteMotive
2.3 Lernprozesse
2.4 MerkmalevonRennspielen
2.5 Objektive und subjektive Realitatsnahe als intervenierende Variablen
2.6 Exkurs: Physische und funktionale Genauigkeit
2.7 Zusammenfassung und Kritik

3. Selbstwirksamkeit - ein Merkmal unserer Personlichkeit
3.1 Ausgangspunkt: sozial-kognitive Theorie von Bandura
3.2 Entstehung
3.3 Abgrenzung und Erfassung
3.4 Dimensionen der Selbstwirksamkeit
3.5 Selbstwirksamkeit und (Leistungs-)Verhalten
3.6 Selbstwirksamkeit und Geschlechterrollen
3.7 Exkurs: Selbstwirksamkeitserleben beim Computerspielen
3.8 Empirische Forschung und padagogische Perspektiven

4. Empirische Untersuchung
4.1 Fragestellungen
4.2 Methodisches Vorgehen
4.2.1 Analyse ausgewahlter Computerrennspiele
4.2.2 Beschreibung der Stichprobe
4.2.3 Operationalisierung der Konstrukte
4.2.4 Untersuchungsdesign
4.2.5 Treatment Check
4.2.6 Durchfuhrung
4.2.7 Probleme bei der Durchfuhrung
4.3 Darstellung der Ergebnisse
4.3.1 Stichprobenbeschreibung
4.3.2 Treatment Check
4.3.3 Auswertung der abhangigen Variablen
4.3.4 Uberprufung der Hypothesen
4.3.5 Kontrolle der abhangigen Variablen
4.3.6 Einfluss moderierender Variablen
4.4 Beantwortung der Fragestellungen

5. Diskussion der Ergebnisse und Ausblick

6. Zusammenfassung

Literaturverzeichnis

Anhang A: Fragebogen

Anhang B: Statistiken

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1.1: Grand Turismo 5 - Prologue

Abb. 2.1: A-Priori-Modell zu den moglichen Wirkungen fahrzeugbezogener Computerspiele auf das Fahrverhalten

Abb. 3.1: Die sozial-kognitive Theorie

Abb.3.2: Informationsquellenvon Selbstwirksamkeitserwartungen

Abb. 3.3: Hierarchie von Erwartungen

Abb. 4.1: A-Priori-Modell zu den Moglichen Wirkungen fahrzeugbezogener Computerspiele auf das Fahrverhalten (uberarbeitete Version)

Abb. 4.2: Ablauf der Untersuchung

Abb. 4.3: Wahrgenommene Leistung in Abhangigkeit von der experimentellen Bedingung (Box-Plot)

Abb. 4.4: Selbstwirksamkeit fur reales Fahren in Abhangigkeit von der experimentellen Bedingung (Box-Plot)

Abb. 4.5: Korrelation zwischen der wahrgenommenen Leistung und der Selbstwirksamkeits

Abb. 4.6: Selbstwirksamkeit Vorher-Nachher-Messung (Box-Plot)

Abb. 4.7: Korrelation zwischen der wahrgenommenen und der tatsachlichen Leistung (mit Extremwerte)

Abb. 4.8: Korrelation zwischen der wahrgenommenen und der tatsachlichen Leistung (ohne Extremwerte)

Tabellenverzeichnis

Tab. 2.1: Rennspielmerkmale mit Bezug zum Simulations- und Erfahrungslernen

Tab. 2.2: Rennspielmerkmale mit Bezug zum sozialen Lernen

Tab.4.1: Versuchsanordnung der Experimentalstudie

Tab. 4.2: Nutzung verschiedener Computerspielgenre

Tab. 4.3: Eingabegeratenutzung zum Computerspielen

Tab. 4.4: Nutzung von ,,Need for Speed Most Wanted“

Tab.4.5: Treatment Check

Tab. 4.6: Subjektive Einschatzung der Realitatsnahe

Tab. 4.7: Objektive Bewertung der Fahraufgabe

Tab. 4.8: Wahrgenommene Leistung

Tab.4.9: Wahrgenommene Leistung in den einzelnen Kompetenzbereiche

Tab. 4.10: Selbstwirksamkeitserwartungen far reales Fahren

Tab. 4.11: Einteilung der Selbstwirksamkeitserwartungen in Wertebereiche

Tab. 4.12: Selbstwirksamkeitserwartungen in den einzelnen Kompetenzbereichen

Tab. 4.13: Selbstwirksamkeitserwartungen (Vorher-Nachher-Messung)

0. Einleitung

Endlich 18 und den Fuhrerschein in der Tasche! Das Erreichen der Volljahrigkeit und die Moglichkeit, Auto zu fahren und mobil zu sein, ist ein bedeutendes Erlebnis im Lebenjunger Menschen. Fakt ist aber auch, dass laut statistischem Bundesamt im Jahr 2005 in Deutschland 87.597 junge Menschen im Alter von 18- bis unter 25 Jahren verungluckten und davon 1.097 getotet wurden (Rietig, 2006). Neben einer nicht angepassten Geschwindigkeit als haufigste Ursache, ist das Nichtbeachten der Vorfahrt, unkorrekte Abbiege- und Wendevorgange und zu geringer Abstand ein weiterer Grund, warum junge Fahrer/innen haufig verunglucken (Limbourg, Raithel & Reiter, 2001). Trotz einer ausgiebigen Fahranfangervorbereitung ist das Risiko, in einen Verkehrsunfall verwickelt zu werden, bei Fahranfangern um ein Vielfaches hoher als bei erfahrenen Kraftfahrern (Willmes-Lenz, 2001). Besonders kritisch scheint die Phase nach 6-monatiger Fahrpraxis. In dieser Zeit neigen junge Fahrer/innen dazu Gefahren im StraBenverkehr zu unterschatzen und die eigenen Fahigkeiten zu uberschatzen (Limbourg & Reiter, 2002).

Notwendig ist ein wirkliches Verstandnis fur die Lebenssituationjunger Fahrer/innen, die sich ganz am Anfang eines Lernprozesses befinden. Personliche Mobilitatswunsche treffen auf gesellschaftlichen Perfektionszwang, und weder die Fahr- und noch die Verhaltenskompetenz sind ausgereift. Dieser Lernprozess bedeutet, dass junge Fahrer/innen eine Vielfalt von Fahr- und Verhaltensstrategien ausprobieren und sich nach dem Schema „try and error“ jeweils fur sich bewerten. (zit. nach Schulte, 2002, S.38)

Dies lasst vermuten, dass neben der Fahrkompetenz ebenso motivationale Aspekte und Personlichkeitsfaktoren das Verhaltenjunger Fahrer/innen im StraBenverkehr beeinflussen. Nicht zuletzt wurde in der Fachoffentlichkeit die Sorge geauBert, dass problematische Verhaltensweisen junger Fahrer/innen durch den Gebrauch von Rennspielen beeinflusst werden konnte. Die Bedenken wurden hauptsachlich durch die groBe Beliebtheit solcher Spiele und den bemerkenswerten Grad an Realitatsnahe begrundet (Klimmt & Vorderer, 2006). Um der Frage nach dem Einfluss von Video- und Computerrennspielen auf das Fahrverhalten junger Fahrer nachzugehen, hat die Musikhochschule Hannover im Auftrag fur die Bundesanstalt fur StraBenwesen eine Studie durchgefuhrt (Klimmt & Vorderer, 2006). Dabei wurden nach dem Konsum von Rennspielen wie „Need for Speed“ mit den Probanden Simulationsfahrten durchgefuhrt, um festzustellen, inwiefern kritische Verhaltensweisen gezeigt werden. Es wurde beobachtet, dass die Spieler Verhaltensweisen ausleben, die in der Realitat verboten sind, aber nur Vielspieler unmittelbar nach dem Spielen geringfugig schneller fahren und einen etwas geringeren Sicherheitsabstand zu vorausfahrenden Fahrzeugen einhalten.

In der vorliegenden Arbeit wird der Zusammenhang zwischen der Qualitat der Performanz einer praxisnahen Fahraufgabe im Rahmen eines Computerrennspiels und der wahrgenommenen Selbstwirksamkeit fur reale Fahr- und Verkehrssituationen untersucht. Zugrunde liegt dabei die Annnahme, dass der Grad der Realitatsnahe den Zusammenhang beeinflusst. Da die Fahraufgabe mit Hilfe eines Computerrennspiels realisiert wurde, wird zu Beginn die mit Beispielen unterlegte Realitatsnahe von Video- und Computerrennspielen beschrieben (Kap. 1.1). Anschliefiend zeigt die „Perceived-Reality“-Forschung auf, mit welchen Anforderung das „mehr“ an Realitat verbunden ist (Kap. 1.2). Anschlussfragen zu den moglichen Wirkungen fahrzeugbezogener Computerspiele werden im Kapitel 2 erlautert. Dabei wird das A-Priori-Modell von Klimmt und Vorderer (2006) visualisiert und zusammenfassend erlautert. Auf Grundlage einer kritischen Betrachtung und im Hinblick auf die empirischen Arbeit wird das Modell modifiziert. Das Kapitel 3 steht ganz im Zeichen der Selbstwirksamkeit von Bandura (1997). Ausgehend von der sozial-kognitiven Theorie Banduras (1997) wird der Begriff Selbstwirksamkeit zunachst definiert. Es folgt die Darstellung der Selbstwirksamkeit in Bezug auf ihre Entstehung, Erfassung und verhaltensregulativen Funktionsweisen. Anschliefiend erfolgt die Darstellung der empirischen Studie (Kap. 4), in der der Frage nach dem Zusammenhang zwischen der wahrgenommenen Leistung und der Selbstwirksamkeitserwartung fur reales Fahren unter dem Kriterium der Realitatsnahe nachgegangen wird. Im darauf folgenden Kapitel 5 werden die empirischen Befunde diskutiert. Das Kapitel 6 schliefit das Thema meiner Arbeit ab, indem es die empirischen Untersuchung zusammenfasst.

1. Entwicklung von Computerrennspielen

1.1 Computerspiele auf dem Weg zur virtuellen Realitat

Mit dem Satz ,,Spielen liegt einfach in der Natur des Menschen - einzig sein Spielzeug verandert sich mit der Zeit.“ begrufit die Internetseite der Games Conventions (GC) ihre Besucher (verantwortlich fur den Inhalt der Internetseite: Leipziger Messe GmbH , 2007). Video- und Computerspiele sind zweifellos die erfolgreichsten interaktiven Unterhaltungsangebote. Die Besucherzahlen der diesjahrigen Leipziger Computerspielmesse GC liefern den Beweis: 185.000 Menschen (2006: 183.000) haben nach Angaben der Veranstalter die Messe besucht. Im Vergleich zum Vorjahr wurde die Ausstellungsflache nach Auskunft der Leipziger Messe GmbH nochmals um 25.000 auf jetzt 115.000 Quadratmeter vergrofiert und bietet fur jedes Spielerherz etwas: von altersgerechten Kinder- und Familienspielen, uber Bildungssoftware bis hin zu spannenden spafi- und strategiestarken Spielen fur Jugendliche und Erwachsene. Wie die Besucherrekorde auf der GC, so beeindruckt ebenfalls die Entwicklung der Computerspiele von ihren Anfangen in den 70er- Jahren (Hengst, 1997) bis hinzu den photorealistische Welten der heutigen Video- und Computerspiele. Das Rennspiel ,,Night Driver“ aus dem Jahr 1976 zeigte lediglich eine Andeutung einer Motorhaube und weifie Strafienposten als Fahrbahnmarkierung (Klimmt & Vorderer 2002). Vergleicht man die Schwarz-Weifi-Rennsimulation mit aktuellen Rennspielen wie zum Beispiel ,,Gran Turismo 5 - Prologue“ (GT 5), so fragt man sich, wie weit die Entwicklung in zehn oder zwanzig Jahren fortgeschritten sein wird.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1.1: Grand Turismo 5 - Prologue (Quelle: Computerbild, 2007).

In dem Rennspiel GT 5 fahren die Spieler/innen durch realistisch wirkende Stadte und Landschaften und blicken dabei aufgrund der Cockpitansicht auf Armaturen wie einem Tacho, einem Drehzahlmesser und einer Tankanzeige. Daruber hinaus beinhaltet sein Vorganger „Gran Tourismo 4“ (GT4) ca. 50 Strecken, davon einige real existierende wie zum Beispiel die Rennstrecke von Le Mans, Suzuka oder die Nurburgring-Nordschleife, wobei es bei der Letzteren keine Abweichung von mehr als funf Zentimeter in alle Richtungen gegenuber der Originalstrecke geben soll. Der Realismusanspruch des Entwicklerteams ging dabei so weit, dass fast alle Fahrzeuge im Original gefahren wurden und die dabei entstandene Gerauschkulisse in das jeweilige Fahrzeugmodell im Spiel integriert wurde (Sony Computer Entertainment Europe, 2007).

Dieser ,,Wechsel des Realitatsbezugs“ ist fur viele Erwachsene sehr unterhaltsam und auch reizvoll, weil sie auf diese Weise Erfahrungen sammeln konnen, die in der Realitat nur sehr schwer zuganglich sind wie zum Beispiel in die Rolle ihres Vorbildes Michael Schumacher zu schlupfen und sich als Rennfahrer zu profilieren (Oerter, 1999, S. 9). ,,Sie erleben in stellvertretend-simulierter Weise den Druck, der auf Profisportler/innen lastest, die Faszination, moderne (Waffen-)Technologien einzusetzen, [...] das Triumphgefuhl, einen wirtschaftlichen Konkurrenten zu uberflugeln.“ (zit. nach Klimmt, 2006, S. 99) Dabei geht der Trend zu immer alltagsnahen Spielkontexten, die ahnlich wie realitatsnahe Angebote aus Film und Fernsehen sein sollen. Beispiele ist die Spielreihe die ,,Sims“ oder das Online- Game ,,Second Life“. Unabhangig davon, welche Handlungsrolle eingenommen wird, konnen Computerspiele Erfahrungen nachahmen wie kein anders Medienangebot. Dazu tragt auch der Perfektionszwang hinsichtlich der audiovisuellen Darstellungen bei, um die Realitatstreue, mit der das Spielgeschehen wiedergegeben wird, zu steigern (Klimmt, 2006).

Die Begeisterung fur die interaktiven Spielwelten ist besonders bei Jugendlichen zu beobachten. Die Bedeutung und Akzeptanz dieser Spiele in der Gesellschaft ist jedoch sehr umstritten. Seit Erfurt, Emsdetten oder aktuell die Tragodie im finnischen Tuusula gibt es in Deutschland viele Vorurteile gegen so genannte ,,Killer-Spiele“ (Kneip, 2007). Neben der Debatte zum Verbot solcher Computerspiele versuchen Medienwissenschaftler auf Fragen, wie die Nutzer/innen mit den interaktiven Computerspielen umgehen und welche Auswirkungen das ,,mehr an Realitat“ haben, eine Antwort zu erlangen. Bevor die moglichen Wirkungen fahrzeugbezogener Computerrennspiele naher betrachtet werden (Kap. 2), soll zunachst ein Forschungsansatz zur wahrgenommenen Realitatsnahe Aufklarung daruber gegeben, weshalb auch das Unterhaltungsmedium Computerspiel zur Debatte uber Medienwirkung beitragt.

1.2 Realitatsnahe - mehr als ein Gestaltungsaspekt

Die wahrgenommene Realitatsnahe (englisch: „perceived reality“) wurde bisher in der Medien- und Kommunikationswissenschaft hauptsachlich im Zusammenhang der Fernsehrezeption untersucht (Rothmund, Schreier & Groeben 2001a, 2001b). Ziel der „Perceived Reality“-Forschung ist es, herauszufinden, inwieweit die Einschatzung von Medienangeboten als „Realitat“ oder „Fiktion“ die Wirkung dieser Angebote beeinflusst. Die rasanten medialen Entwicklungen fuhren u.a. zu einem Verschwimmen der Grenzen zwischen „Realitat“ und „Fiktion“, weswegen die Fahigkeit zu Realitats-Fiktions- Unterscheidungen zunehmend wichtiger wird. Den theoretischen Hintergrund solcher Unterscheidungen liefert u.a. die psychologische Forschung zur so genannten „Perceived Reality“-Forschung. Eine bekannte Dimensionierung liegt von Potter (1988) vor. Er unterteilt drei Dimensionen (Klimmt & Vorderer, 2002):

- „Magic Window“ beschreibt die Vorstellung, das Fernsehen bilde die Realitat „exakt“ ab und dient als Erweiterung der Sinneswahrnehmung, indem die sonst nicht erfahrbare Wirklichkeit wahrnehmbar wird.
- Die Dimension „Utility“ nimmt Bezug auf die Medienwirkungsforschung und verweist auf die Folgen einer Medienbotschaft fur die eigene Wirklichkeit. Sie beschaftigt sich mit den Fragestellungen, ob durch Medienbotschaften Einstellungen und Verhalten beeinflusst werden oder aus den prasentierten Ereignissen etwas gelernt werden kann. Die Dimension erscheint dabei als sehr realistisch, wenn Medienangebote sehr gut in das Leben der Rezipienten adaptierbar sind.
- Die Komponente „Identity“ bezieht sich auf die Beziehung des Rezipienten zur Medienfigur. Diese Dimension wurde bereits intensiv untersucht und ist unter den Begriffen „parasoziale Interaktionen“ bzw. „parasoziale Beziehungen“ bekannt (Hartmann, 2004). Dabei werden solche Medienangebote als realitatsnah empfunden, bei denen eine starke Bindung bzw. Beziehung zur Medienfigur besteht.

Eine interessante Adaption dieses Konzepts bezuglich interaktiver Video- und Computerspiele haben Klimmt und Vorderer (2002) vorgenommen. Die Autoren verweisen dabei auf die Dimensionen „magic window“ und „identity“, die in Bezug auf die wahrgenommene Realitatsnahe besondere Fortschritte machen. Den Autoren zufolge sind moderne Video- und Computerspiele solche so genannten „magic windows“, weil die audiovisuelle Darstellungen der Computerspiele der Wirklichkeit sehr nahe kommen, „die Simulation der thematisierten Realitatsbereiche [..] immer besser wird.“ (Klimmt & Vorderer, 2002, S. 319). Dazu tragen die immer komplexer werdenden Interaktionen der Charaktere zur Steigerung der Dimension „identity“ bei (Klimmt & Vorderer, 2002). Auswirkungen werden dabei auf der sozio-emotionalen Ebene des Unterhaltungserleben angenommen (Klimmt & Vorderer, 2002): Da weniger Anstrengung der eigenen Phantasie notwendig ist, sind die Spiele den Nutzer/innen zum einen leicht zuganglich, zum anderen sehr attraktiv, da die Vorstellung bzw. der Wunsch einer realitatsnahen Erfahrung erfullt werden kann. Ein Sieg oder eine Niederlage durfte somit intensiver erlebt und das Unterhaltungserleben begunstigen. ,,Wenn das Spielvergnugen darin besteht, sich selbst als wirksam und erfolgreich in neuen Aktionszusammenhangen zu erfahren [...], dann sollte es umso intensiver ausfallen, je genauer das jeweilige Computerspiel diese Lebensbereiche abzubilden vermag.“ (zit. nach Klimmt & Vorderer, 2002, S. 320) Dagegen raumen sie jedoch ein, dass mit der Erhohung der Realitatsnahe auch eine Zunahme der Komplexitat einhergeht. Die Spieler/innen mussen mehr Zusammenhange erkennen und schwierigere Probleme losen. Da der Ausgang einer Episode mafigeblich von den Fahigkeiten der Spieler/innen abhangig ist, mussen die Spieler/innen dementsprechend kompetent sein, die Anforderungen zu bewaltigen (Klimmt & Vorderer, 2002).

Ausgehend von der ,,Perceived Reality“-Forschung ergeben sich weitere Anschlussfragen der Wirkungsforschung zum Einfluss der Realitatsnahe von Video- und Computerspielen auf Verhaltensweisen in realen Situationen. Empirische Untersuchungen zum Einfluss der Realitatsnahe von Computerspielen sind rar. Bisher untersuchte Klimmt (2002) den Einfluss der narrativen und technischen Realitatsadaquanz eines Renn-Videospiels auf das Unterhaltungserleben. Daruber hinausgehende Auswirkungen auf das reale Fahrverhalten wurden im Rahmen eines Forschungsprojektes der Bundesanstalt fur Strafienwesen (BASt) untersucht (Klimmt & Vorderer, 2006). Bestandteil des Projektes war u.a. die theoretische Modellierung moglicher Auswirkungen fahrzeugbezogener Computerspiele auf das reale Fahrverhalten. Das Modell erfasst zudem die Eigenschaften typischer Rennspiele und beschreibt vermittelnde Prozesse, welche die Wahrscheinlichkeit der moglichen Wirkungen beeinflussen (konnen). Das Modell wird im folgendem Kapitel vorgestellt (Kap. 2). Neben der Explikation der Modellkomponenten wird auf Grundlage einer kritischen Betrachtung und im Hinblick auf die empirische Untersuchung versucht, das Modell zu modifizieren.

2. A-Priori-Modell zu den moglichen Wirkungen fahrzeugbezogener Computerspiele auf das Fahrverhalten

Das A-Priori-Modell vom Klimmt und Vorderer (2006) wurde im Rahmen eines Forschungsprojektes der Bundesanstalt fur Strafienwesen entwickelt. Ziel des Projektes war es, potenzielle Risiken aber auch mogliche Chancen von Rennspielen fur die Verkehrssicherheitsarbeit theoretisch und empirisch zu untersuchen, um einen aktiven Beitrag zur Forderung der Verkehrssicherheit zu leisten. Dabei stand in der ersten Phase des Projektes die Modellierung moglicher Wirkungspotenziale im Mittelpunkt (siehe Abb. 2.1):

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2.1: A-Priori-Modell zu den moglichen Wirkungen fahrzeugbezogener Computerspiele auf das Fahrverhalten (Quelle: Klimmt & Vorderer, 2006, S.25).

Das Modell setzt sich aus vier Komponenten zusammen. Die Autoren gehen davon aus, dass bestimmte Merkmale der Rennspielnutzung (Aufgabenstruktur und Belohnungsstruktur) auf relevante Komponenten des Fahrverhaltens, die in sowohl perzeptuell-motorischen als auch kognitiv-mentalen Fahigkeiten und Fertigkeiten sowie in Motive untergliedert sind, wirken. Dabei stehen Prozesse des Simulationslernens und des sozialen Lernens im Mittelpunkt. Sie argumentieren weiter, dass eine intensive Rennspielnutzung das Auftreten solcher Lernprozesse und somit die fahrbezogenen Fahigkeiten und Motive beeinflussen kann. Eine zentrale Rolle spielt dabei die Realitatsnahe der Rennspiele, die als intervenierende Variable die beiden Lernprozesse moderiert. So hangt es von der objektiven Realitatsnahe ab, ob bestimmte Fahigkeiten „geubt“ werden konnen. Die subjektive Realitatsnahe dagegen beeinflusst soziale Lernprozesse in Bezug auf sicherheitsrelevante Motive.

Im Folgenden werden die einzelnen Komponenten des Modells betrachtet. Dabei kann auf eine umfassende Darstellung der Modellkomponenten verzichtet werden, da dies bereits im Rahmen des Projektes von Klimmt und Vorderer (2006) geleistet wurde. Die Beschreibung des Modells beginnt mit einer zusammenfassenden Darstellung der fahrrelevanten Fahigkeiten (Kap. 2.1) und Motiven des Fahrverhaltens (Kap. 2.2), die im Rahmen des Modell als abhangige Variablen zu verstehen sind. Anschliefiend werden die begleitenden Lernprozesse bei der Rennspielnutzung (Kap. 2.3), die Eigenschaften von Rennspielen (Kap. 2.4) und der Einfluss der Realitatsnahe (Kap. 2.5) erlautert. Auf welche Weise eine moglichst grofie „Fidelity“ (deutsch: Genauigkeit) die Ubertragung gesammelter Erfahrungen auf die Realitat ermoglichen, zeigt der Exkurs einer anderen Beschreibungsdimension von Realitatsnahe (Kap. 2.6). Die kritische Betrachtung und Modifikation des Modells schliefit das Kapitel ab (Kap. 2.7).

2.1 Fahigkeiten und Fertigkeiten

Fur das Steuern eines Fahrzeuges wird eine Vielzahl von Kompetenzen benotigt. Grundlegend werden zwischen perzeptuell-motorische Fahigkeiten, die Wahrnehmungs- und Informationsverarbeitungsprozesse sowie motorische Aktivitaten beschrieben und kognitiv- mentale Fahigkeiten, zu denen komplexere Aufgaben zahlen, unterschieden. Zu den perzeptuell-motorischen Fahigkeiten zahlen die Stressresistenz, die Aufmerksamkeits- allokation, die Reaktionsgeschwindigkeit und die Auge-Hand- bzw. Auge-Fufi-Koordination. Zu den kognitiv-mentalen Fahigkeiten gehoren das Wissen uber Verkehrsregeln, die

Fahrtaktik, die Fahigkeit zur Risikowahrnehmung und die mentale Representation von Verkehrssituationen. Alle genannten Kompetenzbereiche werden im Folgenden naher beschrieben (Klimmt & Voderer, 2006).

a. Perzeptuell-motorische Fahigkeit: Stressresistenz

In den meisten Situationen ist die kognitive Kapazitat ausreichend, um die eingehenden Informationen aufzunehmen (Klimmt & Vorderer, 2006). Ist der Fahrer jedoch zusatzlichen visuellen Reizen im Fahrzeug oder komplexen Fahrsituationen ausgesetzt, dann kann die mentale Leistungsfahigkeit abnehmen (Renner, 1995). Insbesondere im Strafienverkehr fuhrt Stress zu Verhaltensweisen, die zu kritischen Situationen und schlimmstenfalls zu Unfallen fuhren konnen. Die Fahigkeit, „in kurzer Zeit mit relativ viel eingehenden Informationen umzugehen, ohne dabei Fehlleistungen zu produzieren [...] kann demnach als in hohem Mafie sicherheitsrelevante Qualifikationen fur die Fahrzeuglenkung verstanden werden.“ (zit. nach Klimmt & Vorderer, 2006, S.9).

b. Perzeptuell-motorische Fahigkeit: Aufmerksamkeitsallokation

Eng im Zusammenhang mit der Fahigkeit zur Stressresistenz stehen Aufmerksamkeits- prozesse. Besonders in sehr intensiv genutzten Verkehrsraumen wie zum Beispiel im Stadtverkehr ist eine effektive Strategie zur Aufmerksamkeitsteilung erforderlich. Dabei kann das sichere Steuern eines Fahrzeuges nur gelingen, wenn die Steuerung der eigenen Aufmerksamkeit auf zweckdienliche Informationen funktioniert und der Fahrer sich nicht von irrelevanten Reizen ablenken lasst (Klimmt & Vorderer, 2006). Die Schwierigkeit der selektiven Aufmerksamkeitslenkung1beim Autofahren besteht darin, dass der Fahrer kontinuierlich sehr viele dynamische Reize erfassen muss, er also seine Ressourcen teilen muss (,,geteilte Aufmerksamkeit“), um moglichst alle relevanten Informationen (Verkehrsteilnehmer, Verkehrsschilder) wahrzunehmen.

c. Perzeptuell-motorische Fahigkeit: Reaktionsgeschwindigkeit

Eine weitere, sehr wichtige Kompetenz ist die Fahigkeit, auf unvorhergesehene Verkehrsereignisse bzw. plotzlich auftretende Hindernisse (z.B. auf gelb bzw. rot springende Ampeln) die angemessene Verhaltensoption zu erkennen und auszufuhren (Klimmt & Vorderer, 2006), d.h. also so schnell wie moglich zu reagieren.

d. Perzeptuell-motorische Fahigkeit: Auge-Hand- und Auge-Fufi-Koordination

Neben der Reaktionsgeschwindigkeit des Fahrers gehort das Lenken eines Fahrzeuges zu den perzeptuell-motorischen Fahigkeiten im Bereich der Fahrzeugfuhrung. Unter Auge-Hand- bzw. Auge-Fufi-Koordination ist das Zusammenspiel von eingehenden visuellen (und auditiven) Informationen und dem motorischen Output gemeint (Klimmt & Vorderer, 2006). Das Herunterdrucken des Bremspedals aufgrund eines Fufigangers, der die Strafie uberquert, ist ein Beispiel fur die Auge-Fufi-Koordination, das Steuern des Fahrzeuges entlang der Fahrbahn fur die Auge-Hand-Koordination.

e. Kognitiv-mentale Fahigkeit: Regelbezogenes Wissen

Das Ein-Mal-Eins der Strafienverkehrsordnung stellt neben der Fahrpraxis den Schwerpunkt der Fahrschulausbildung dar. Regelwissen kann in jeder Verkehrssituation als handlungsleitende Orientierungshilfe herangezogen werden und dient der Strukturierung und Selektion von Handlungsmoglichkeiten (Klimmt und Vorderer, 2006).

f. Kognitiv-mentale Fahigkeit: „Fahrtaktik“

Eng verbunden mit dem Regelwissen ist das „strategische“ Fahren. Darunter zahlen alle Fahrhandlungen und Manover, die einer Person nutzlich sein konnen (Klimmt & Vorderer, 2006). Ein Beispiel ist das Beobachten der Fufigangerampel bzw. der separaten Ampel fur Fahrradfahrer, um der eigenen Ampelschaltung zuvorzukommen. Dabei ist zu vermerken, dass einige Fahrhandlungen im Widerspruch mit den geltenden Verkehrsregeln stehen wie z.B. das Fahren der „Ideallinie“, um schneller durch die Kurve zu fahren.

g. Kognitiv-mentale Fahigkeit: Risikowahrnehmung

Eine weit wichtigere Komponente, die auch im Hinblick auf die Verkehrssicherheit von besonderer Relevanz ist, ist die Risikowahrnehmung. Dabei ist das Erkennen von Gefahren ebenso wichtig wie die Auswahl einer angemessen Fahrhandlung. Werden Gefahren nicht erkannt oder unterschatzt, so gefahrdet man nicht nur sich selbst, sondern auch andere Verkehrsteilnehmer (Klimmt & Vorderer, 2006). Renge (1998) konnte zeigen, dass sich mit einer zunehmenden Fahrpraxis die Leistung der Gefahrenerkennung verbessert. Dennoch unterschatzen viele Menschen das Unfallrisiko beim Autofahren, weil sie ihre Fahrkompetenz fur uberdurchschnittlich beurteilen und Gefahren unterschatzen (Klimmt & Vorderer, 2006).

h. Kognitiv-mentale Fahigkeit: mentale Reprasentation von Verkehrssituationen

Mentale Reprasentationen in Form von mentalen Modellen sind ,, interne Objekte [...], die einen Sachverhalt aufgrund seiner inharenten Struktureigenschaften reprasentieren.“ (zit. nach Schnotz, 2002, S. 67). Ein Beispiel fur eine mentale Reprasentation einer Verkehrssituation ist das Fahren im Stadtverkehr. 1st so ein mentales Modell ausreichend ausgepragt, dann „weifi“ ein/e Fahrer/in, dass man in einer Stadt mit einem hohen Verkehrsaufkommen (Bussen, Strafienbahnen) rechnen muss und mogliche Gefahren durch Fufiganger und Fahrradfahrer umfasst.

2.2 Sicherheitsrelevante Motive

Zu den sicherheitsrelevanten Motiven zahlen die Autoren zum einen die Neigung zu aggressivem Verhalten und zum anderen die Risikowahl beim Fahren (Klimmt & Vorderer, 2006). Personen konnen aggressives Fahrverhalten zeigen, wenn sie ihren Weg in moglichst kurzer Zeit zurucklegen (mussen) und dabei andere Verkehrsteilnehmer als „Konkurrenten“ wahrnehmen. Der direkte Wettbewerb mit anderen Fahrzeugen ist auch ein wichtiges Merkmal in Rennspielen. Das in Rennspielen gezeigte „aggressive“ Verhalten ist jedoch wichtiger Bestandteil, der zum Unterhaltungserleben der Spieler/innen beitragt. Riskantes Autofahren zahlt ebenfalls zu den hochst problematischen Verhaltensweisen im Strafienverkehr, weil mit der Herstellung von unnotigen Gefahrensituationen eine Bedrohung fur alle Verkehrsteilnehmer einhergeht (Risikowahl). „Riskante“ Fahrweisen in einem Rennspiel wie z.B. Uberholmanover tragen ebenso wie aggressive Verhaltenweisen zum Unterhaltsamkeit bei.

Sowohl aggressives Verhalten als auch das Risikoniveau stehen unmittelbar mit den verkehrssicherheitsrelevanten Aspekten beim Fahren im Zusammenhang. Sicherheitsrelevant sind beide Motive allerdings nur, wenn solche Verhaltensweisen nicht gezeigt werden.

2.3 Lernprozesse

Die Autoren Klimmt und Vorderer (2006) gehen davon aus, dass Beeinflussungen auf das Fahrverhalten in realen Verkehrssituationen, welche mit der intensiven Nutzung von Rennspielen einhergehen, als Lernprozesse verstanden werden konnen. Der Erwerb von Fahigkeiten und die Aneignung von Motiven konnte unter Umstanden im realen Fahrverhalten wirksam werden. In Anlehnung an die Einteilung in Fahigkeiten und Motiven schlagen sie zwei unterschiedliche Lernprozesse vor.

a. Simulations- bzw. Erfahrungslernen

Simulations- bzw. Erfahrungslernen meint dabei das Lernen von Fahigkeiten bzw. Fertigkeiten durch die Rennspielnutzung. Mit Fahigkeiten sind die oben genannten Komponenten des Fahrverhaltens gemeint, die in realen Fahrsituationen wirksam werden (Kap. 2.1) und bei der Rennspielnutzung erworben bzw. geubt werden konnen. Die Autoren gehen davon aus, dass sich aufgrund der strukturellen Ahnlichkeit die Rennspielnutzung direkt auf die perzeptuell-motorischen Fahigkeiten und Fertigkeiten auswirkt und die Komponenten wie Aufmerksamkeitsallokation, Stressresistenz, Reaktionsgeschwindigkeit und Auge-Hand- bzw. Auge-Fufi-Koordination trainiert werden konnen. Solche Lerneffekte konnen jedoch auch negative Konsequenzen nach sich ziehen. Stimmen zum Beispiel die „Genauigkeit“ bzw. die Abstimmung zwischen einem realen Lenkrad und einem Simulations-Lenkrad nicht uberein, dann konnte ein unrealistisches „Gefuhl“ fur die Steuerung eines Fahrzeuges entstehen. Die Autoren (Klimmt & Vorderer, 2006) argumentieren weiter, dass sich auch die kognitiv-mentalen Fahigkeiten trainieren lassen, wobei sie eher den Begriff Erfahrungslernen in Betracht ziehen. Dabei sollten erfahrene Computerspieler im Vergleich zu Personen, die keine fahrzeugbezogenen Computerspiele gebrauchen, uber mehr Erfahrung verfugen, wie zum Beispiel das Fahren der Ideallinie (Kap. 2.1). Im Hinblick auf die Fahigkeit, Gefahren zu erkennen, konnte der grofie Erfahrungsschatz jedoch zu einigen problematischen Verhaltensweisen im realen Strafienverkehr fuhren und zwar dann, wenn Gefahrensituationen unterschatzt und die eigenen Fahigkeiten uberschatzt werden und damit die Fahigkeit zur Risikoerkennung beeintrachtigt wird (Kap. 2.1), vor allem solche Situationen, die im Spiel haufig erfolgreich gelost wurden wie zum Beispiel riskante Uberholmanover.

b. Soziale Lernprozesse

Soziale Lernprozesse beziehen sich auf die Veranderung von sicherheitsbezogenen Motiven (Aggressives Verhalten, Risikowahl) in realen Fahrsituationen. Bandura (1997) geht in seiner sozial-kognitiven Lerntheorie davon aus, dass Personen aus den Beobachtungen bzw. Erfahrungen anderer Personen (so genannte Modellpersonen) lernen und das beobachtete Verhalten in das eigene Verhaltensrepertoire integrieren. Die Ubertragung solcher Lernprozesse auf das Fahrverhalten scheint daher moglich: ,,Legt man die Vorstellung der sozial-kognitiven Lerntheorie zugrunde, so kann man also davon ausgehen, dass die intensive Nutzung von Rennspielen, welche aggressives und/oder riskantes Fahren belohnen und gleichzeitig die Konsequenzen solcher Verhaltensweisen nicht angemessen abbilden, die Motive einer Person, aggressiv und/oder riskant im realen Verkehr zu fahren, fordern kann.“ (zit. nach Klimmt & Vorderer, 2006, S. 17).

Problematisch im Kontext der Rennspielnutzung ist, dass die tatsachlichen Konsequenzen wie menschliches Leid oder Sachschaden an Fahrzeugen und Umweltobjekten im Spiel grundsatzlich verharmlost werden (Kap. 2.4.2) und somit die Abnahme inhibitorischer Krafte von Bedeutung ist (Klimmt & Vorderer, 2006).

Nachdem die zentralen Lernprozesse der Rennspielnutzung vorgestellt wurden, werden die Merkmale von Rennspielen angefuhrt, die als Ausgangspunkt fur die Lernprozesse betrachtet werden.

2.4 Merkmale von Rennspielen

Als Strukturierungshilfen wurden die relevanten Merkmale den Lernprozessen, mit denen sie zusammenhangen konnten, zugeordnet. Somit ergeben sich Rennspielmerkmale mit Bezug zum Simulations- und Erfahrungslernen (Kap. 2.4.1) und Merkmale, welche sozialen Lernprozessen anschliefien (Kap. 2.4.2).

a. Rennspielmerkmale mit Bezug zum Simulations- bzw. Erfahrungslernen

Zu den Eigenschaften von Rennspielen, die sich auf Lernprozesse hinsichtlich fahrrelevanter Fahigkeiten beziehen, gehoren die Geschwindigkeit, Komplexitat, Aktualisierung von Verkehrsregeln und der Erwerb von Fahrtaktiken (Vgl.Tab.2.1).

Tab.2.1: Rennspielmerkmale mit Bezug zum Simulations- und Erfahrungslernen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

b. Rennspielmerkmale mit Bezug zum sozialen Lernen

Zu den im Rahmen des Modells relevanten Merkmalen von Rennspielen mit Bezug zum sozialen Lernen gehoren folgende Eigenschaften, die durch Anreize bzw. Belohnungen zum riskanten und/oder aggressiven Fahren anstofien konnen (Vgl. Tab. 2.2). Dazu gehoren die Wettbewerbsorientierung, Anreize zu aggressivem Verhalten und die Verharmlosung von negativen Konsequenzen (Klimmt & Vorderer, 2006):

Tab. 2.2: Rennspielmerkmale mit Bezug zum sozialen Lernen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

2.5 Objektive und subjektive Realitatsnahe als intervenierende Variablen

Grundsatzlich geht es bei der Betrachtung des Modells von Klimmt und Vorderer (2006) um Transferprozesse der Rennspielnutzung auf das reale Fahrverhalten. Die Wahrscheinlichkeit, dass solche Prozesse eintreten, hangt davon ab, inwiefern sich das Fahren in einer simulierten Welt und das Fahren im Strafienverkehr miteinander vergleichen lassen. Die Autoren vermuten, dass der angenommene Wirkungsmechanismus von der Realitatsnahe beeinflusst wird (Klimmt & Vorderer, 2006). Hierbei ist zwischen der objektiven und der subjektiven Realitatsnahe zu unterscheiden. Beide Realitatsbereiche sind als intervenierende Variablen zu verstehen.

a. Objektive Realitdtsndhe

Die objektive Realitatsnahe bezieht sich auf die Vergleichbarkeit einer Rennspielsimulation mit dem realen Autofahren angesichts ihrer „Genauigkeit“ (Fidelity). Diese „Genauigkeit“ lasst sich anhand von drei Dimensionen beschreiben:

(1) Eingabegerate: Unterschiede zwischen dem Drucken einer Taste, dem Steuern des Joysticks und dem Drehen eines Lenkrades, stellen erhebliche Unterschiede der objektiven Realitatsnahe dar.
(2) Audiovisuelle Darstellung: Die Reichhaltigkeit der Darstellung, wie zum Beispiel die Sichtweise des Spielers auf Fahrzeugelemente (Tacho, Ruckspiegel) und die auditiven Darbietung (Motoren- und Bremsgerausche), tragen mafigeblich zu einer verbesserten Realitatsnahe bei(Kap. 1.1).
(3) Soziale Dimension: Diese Dimension bezieht sich auf die wirklichkeitsgetreue Darstellung anderer Verkehrsteilnehmer (z.B. Fufiganger, Radfahrer, Polizei) und deren Verhaltensweisen (z.B. Bestrafung durch Regelverstofi). Die Analyse von 54 marktublichen Video- und Computerspielen zeigte, dass solche komplexen soziale Systeme in den meisten Video- und Computerrennspielen nicht vorzufinden sind (Klimmt & Vorderer, 2006).

b. Subjektive Realitatsnahe

Die subjektive Realitatsnahe geht der Frage nach, inwiefern die Spieler/innen selbst Parallelen und zwischen einem Rennspiel und dem realen Strafienverkehr erkennen bzw. wann und unter welchen Umstanden die Prozesse des sozialen Lernens wirksam werden. Die Autoren beziehen sich dabei auf so genannte Realitats-Medialitats-Unterscheidungen (Rothmund, Schreier & Groeben, 2002a, 2002b). Darunter versteht man die Fahigkeit, zwischen eigenen und medial vermittelten Erfahrungen zu unterscheiden. Grundsatzlich unterscheidet man Realitats-Virtualitats-Unterscheidungen und Realitats-Fiktions- Unterscheidungen. Im Kontext der Untersuchung moglicher Wirkungsmechanismen ist die Frage relevant, ob wahrend des Fahrens die Wirklichkeit mit dem Spiel verwechselt werden kann, indem zum Beispiel die im Spiel belohnten Verhaltensweisen wie Aggressivitat auch in realen Fahrsituationen gezeigt werden konnen (Klimmt & Vorderer, 2006). Realitats-Fiktions-Unterscheidungen geht der Frage nach, inwieweit Personen Realitat von Fiktion unterscheiden (konnen). Dabei hangt die Bewertung, wie realitatsnah ein Medienangebotes wahrgenommen wird, drei Dimensionen ab (Rothmund, Schreier & Groeben, 2001a & 2001b):

(1) Werkkategorie: meint den generellen Anspruch eines Medienangebotes bezuglich ihrer Fiktionalitat bzw. Non-Fiktionalitat.
(2) Erfahrungsinhalt: bezieht sich auf Ereignisse eines Medienangebotes, die auch in der Realitat moglich sind. Die Einschatzung, ob es sich dabei um Realitat oder Fiktion handelt, trifft der Rezipient auf Grundlage seiner Erfahrungen bzw. seines Weltwissens. Dabei gilt, dass „je mehr Erfahrung uber Medienangebote ein Subjekt besitzt, desto souveraner werden seine Urteile uber die Realitatsnahe eines Rennspiels ausfallen. Das subjektive Erfahrungswissen ist maBgeblich das Unterscheidungsmerkmal zur objektiven Realitatsnahe, weil die Analyse der objektiven Realitatsnahe eher die Merkmale eines Medienangebotes betrachtet, um die Echtheit eines Medienangebotes zu bewerten.
(3) Erfahrungsmodus: auf dieser Dimension werden die vermittelten Inhalte auf ihre „Echtheit“ bewertet. Auf dieser Dimension schatzen Personen ein, ob die vermittelten Inhalte authentisch sind und dem wahren Leben entsprechen.

Die Ubertragung der Realitats-Fiktions-Unterscheidungen auf den Kontext Computerrennspiele liegt nahe, wobei nicht zwangsweise von negativen Einflussen auf das reale Fahrverhalten auszugehen ist (Klimmt & Vorderer, 2006). Auf welche Weise das Fahrverhalten beeinflusst werden kann, wurde im Kapitel 2.3 erlautert.

2.6 Exkurs: Physische und funktionale Genauigkeit

Klimmt und Vorderer (2006) fuhrten in ihrem A-Priori-Modell die Begriffe objektive und subjektive Realitatsnahe (Kap. 2.5) an. Eine weitere Beschreibungsdimension von Realitatsnahe liegt in ,,Harard Perception and Responding by Motorcyclists44 von Haworth et al. (2005) vor. Der Artikel gibt einen Uberblick uber verschiedene Trainingsmethoden u.a. Simulationstraining fur Motorradfahrer und zeigt auf, welche Methode fur das Uben der Risikowahrnehmung am besten geeignet ist. Fur die Analyse der Trainingsmethoden wurden die Beschreibungsdimensionen ,,physische Genauigkeit“ und ,,funktionale Genauigkeit44 verwendet. Die physische Genauigkeit, d.h. ,,how much they look and feel like the realworld task44 (zit. nach Haworth et al., 2005, S.5) beschreibt, inwieweit die Simulation der Realitat im Hinblick auf unterschiedlich angesprochener Modalitaten, wie zum Beispiel die reale Darstellung der Umgebung und des Fahrzeuges, die Wahrnehmung von Gerauschen des Motors und der Umwelt, das Empfinden von Vibrationen und Fliehkraft, etc. entspricht. Die funktionale Genauigkeit, d.h. ,,how much they share the same functions and responses as the realworld task44 (zit. nach Haworth et al., 2005, S.5), bezieht sich auf fahrzeugbezogene Funktionen, die man gleichermafien bei einer Simulation ausfuhren kann, wie zum Beispiel das Steuern des Fahrzeuges mit einem Lenkrad und die entsprechende Richtungsanderung oder das Bremsen mit Bremspedal und die Verringerung der Geschwindigkeit. Die Bewertung unterschiedlicher Simulationstrainings reicht von Simulationen mit geringer bis hoher physischer und funktionaler Genauigkeit. Damit das Uben von fahrzeugbezogenen Fahigkeiten effektiv ist, muss die Ahnlichkeit zwischen der Ubungstatigkeit und einer realen Fahrsituation moglich grofi sein. 1st diese Realitatsnahe bei einer Simulation nicht gegeben, so besteht fur die erworbenen Fahigkeiten kaum Anwendung in realen Fahrsituationen (Klimmt & Vorderer, 2006). Im Rahmen des A-Priori-Modells von Klimmt und Vorderer (2006) konnte man die Begriffe physische und funktionale Genauigkeit der Modellkomponente ,,objektive Realitatsnahe“ unterordnen und als Realitatsnahe der Darstellung (physische Genauigkeit) bzw. Realitatsnahe der Interaktion (funktionale Genauigkeit) bezeichnen.

2.7 Zusammenfassung und Kritik

Das A-Priori-Modell von Klimmt und Vorderer (2006) visualisiert mogliche Einflusse fahrzeugbezogener Computerspiele auf das Fahrverhalten in realen Verkehrssituationen. Die vorgestellten Komponenten des Fahrverhaltens wurden bezuglich der Fragestellung des Forschungsprojektes als ausreichend erachtet, erheben aber nicht den Anspruch auf Vollstandigkeit Daruber hinaus weisen sie darauf hin, dass die Komponenten fahrbezogener Fahigkeiten und Fertigkeiten zwar analytisch voneinander unterscheidbar sind, jedoch nicht unabhangig voneinander sein mussen wie zum Beispiel die Komponenten Regelwissen und mentale Reprasentationen von Verkehrssituationen. Im Hinblick auf die sicherheitsrelevanten Motive scheint die Einschrankung auf Aggression und Risikowahl vor dem Hintergrund ihrer Untersuchungen zu problematischen Verhaltensweisen als ausreichend, kann aber auch hier nicht den Anspruch auf Vollstandigkeit erheben. Die Autoren nehmen an, dass neben den genannten Motiven die wahrgenommene Selbstwirksamkeit (Kap. 3) ,,die Erwartung der Spieler/innen bezuglich ihrer Einflussmoglichkeiten im realen Fahrsituationen beeinflussen“ (zit. nach Klimmt & Vorderer, 2006, S. 16). Daruber hinaus wurde neben dem narrativen Kontext (Belohnungsstruktur) und der Art der Aufgabe (Aufgabentypen) die mediale Prasentation (Darstellungsform) als dritte Merkmalsdimension von Computerspielen (Klimmt, 2004) lediglich als intervenierende Variable angefuhrt. Fur eine sinnvolle Koharenz eines Computerspiels, sollten alle drei Merkmalsdimensionen berucksichtigt werden (Klimmt, 2004). Und gerade weil Computer- und Videospiele der Realitat in perzeptiver Hinsicht immer ahnlicher werden (Kap. 1.2), sind Wirkungspotenziale auch im Bereich des Merkmals Realitatsnahe zu suchen, so dass auch diese Merkmalsdimension in das Modell integriert werden sollte. Dabei geht esjedoch nicht mehr, wie es die ursprungliche Definition meinte (Klimmt, 2004), um Dreidimensionalitat (Spiel-Raum) und Echt-Zeit (Spiel-Zeit), sondern um die von Klimmt und Vorderer (2006) bezeichnete „objektive Realitatsnahe“. Aus diesem Grund und auch in Anlehnung an die empirische Untersuchung wurde das A-Priori- Modell von Klimmt und Vorderer (2006) uberarbeitet. Welche Anderungen vorgenommen wurden, zeigt die uberarbeitete Version des Modells, die im Rahmen der empirischen Untersuchung dargestellt wird (Kap. 4).

Zunachst soll als zweiter theoretischer Hintergrund die wahrgenommene Selbstwirksamkeit (Bandura, 1997) naher betrachtet werden. Ausgehend von der sozial-kognitiven Theorie (Bandura, 1997) werden in folgendem Kapitel die Grundlagen fur das Verstandnis der Selbstwirksamkeitstheorie thematisiert.

3. Selbstwirksamkeit - ein Merkmal unserer Personlichkeit

Die Erfahrungen, die ein Mensch im Lauf seines Lebens gemacht hat, sind fest in seinem Gehirn verankert, sie bestimmen seine Erwartungen, sie lenken seine Aufmerksamkeit in eine ganz bestimmte Richtung, sie legen fest, wie er das, was er erlebt, bewertet, und wie er auf das reagiert, was ihn umgibt und auf ihn einsturmt. (zit. nach Huther, 2004, S. 12).

Menschen verfugen uber die Fahigkeit, das eigene Verhalten wahrnehmen und analysieren zu konnen, um daraus Schlusse fur das weitere Vorgehen zu ziehen. Bevor sie eine Handlung bzw. ein bestimmtes Verhalten ausfuhren, vergleichen sie die gestellten Anforderungen mit den eigenen Fahigkeiten, um einschatzen zu konnen, ob ihre Kompetenzen fur die Zielereichung ausreichen. Das Ergebnis dieser Kompetenzeinschatzung bezeichnet Bandura (1997) als Selbstwirksamkeitserwartung. Er definiert Selbstwirksamkeit als “beliefs in one’s capabilities to organize and execute courses of action required to produce given attainments44 (zit. nach Bandura, 1997, S. 3). Solche selbstbezogenen Kognitionen von Personen uber die eigenen Fahigkeiten sind zukunftgerichtet und beeinflussen Personen bezuglich ihrer Wahrnehmung, ihrer Motivation und ihrer Leistung auf vielerlei Weise (Bandura, 1997). Wenn in der Literatur von Selbstwirksamkeit die Rede ist, stellt man fest, dass sich die Auffassung daruber, ob Selbstwirksamkeit ein Konzept, ein Konstrukt oder ein eigener Theorieansatz darstellt, teilt. Diese Unstimmigkeit ist auf Banduras (1997) umfangreiche Forschungstatigkeit zuruckzufuhren. Selbstwirksamkeit war zunachst zentraler Bestandteil seiner sozial-kognitiven Theorie. Aufgrund zunehmender Bedeutung des Konstruktes entwickelte er eine eigene Selbstwirksamkeitstheorie. In der Literatur finden sich einige Begriffe, die synonym fur Selbstwirksamkeitserwartungen verwendet werden: wahrgenommene/personliche/subjektive Selbstwirksamkeit, Selbstwirksamkeitsuberzeugung/ Kompetenzerwartung/ Kompetenzuberzeugung (Schwarzer, 1996). Im Rahmen der vorliegenden Arbeit werden die Begriffe „Selbstwirksamkeitserwartungen“ und ,,wahrgenommene Selbstwirksamkeit“ verhaltnismaBig haufig verwendet. Es sei darauf hingewiesen, dass beide Begriffe als synonym verstanden und auch angewendet werden. Daruber hinaus wird von der Kurzfassung des Begriffes („Selbstwirksamkeit“) Gebrauch gemacht. Damit sind jedoch keine Unterschiede fur das generelle Verstandnis dieses Konstruktes verbunden.

Ziel dieses Kapitels ist das Verstehen der Selbstwirksamkeitstheorie von Bandura (1997). Dies wird erleichtert, wenn man die Grundzuge der sozial-kognitiven Theorie von Bandura (Kap. 3.1) kennt, aus der die Theorie entstanden ist. Im Folgenden werden die wichtigsten Aspekte der Selbstwirksamkeitstheorie von Bandura dargestellt, insofern sie fur die Fragestellung der Untersuchung von Bedeutung sind. Im Einzelnen wird die Entstehung (Kap. 3.2), die Abgrenzung von anderen selbstbezogenen Erwartungen und verschiedene Aspekte ihrer Erfassung (Kap. 3.3) sowie ihr Struktur (Kap. 3.4) thematisiert. Es folgt die Darstellung von kognitiven und affektiven Folgen in Leistungssituationen (Kap. 3.5). AnschlieBend werden uber geschlechtstypische Unterschiede der Selbstwirksamkeit berichtet (Kap. 3.6). Den Abschluss bildet die Darstellung der empirischen Befundlage im Hinblick auf computerspielbezogene Aktivitaten (Kap. 3.7).

3.1 Ausgangspunkt: sozial-kognitive Theorie von Bandura

Die sozial-kognitive Theorie von Bandura (1997) beschreibt und erklart, wie kognitive und soziale Faktoren das menschliche Verhalten beeinflussen. Die Theorie unterscheidet vier psychosoziale Determinanten von Verhalten (siehe Abb. 3.1): Selbstwirksamkeitswartungen (self-efficacy), Ergebniserwartungen (outcome expectatoions), Ziele (goals) und Barrieren (impediments):

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3.1: Die sozial-kognitive Theorie (Bandura 1998, unveranderte Wiedergabe).

Die wahrgenommene Selbstwirksamkeit nimmt dabei eine Schlusselrolle ein. Sie wirkt sich zum einen direkt auf das Verhalten aus, zum anderen indirekt uber die anderen Einflussfaktoren. Entscheidend ist die Uberzeugung von Personen, dass sie die Fahigkeit haben, eine bestimmte Handlung auch selbst ausfuhren zu konnen (Donke, 2002). Allein das Wissen, dass ein bestimmtes Verhalten einen gewunschten Effekt haben kann (Ergebniserwartung), ist nicht ausreichend (Bandura, 1997). Bandura (1997) nimmt weiterhin an, dass Selbstwirksamkeit vor allem die Auswahl von Situationen, Zielen und Handlungen, das Ausmafi investierter Anstrengung im Prozess der Zielerreichung, die Ausdauer angesichts von Schwierigkeiten und Barrieren, den Umgang mit Ruckschlagen sowie indirekt den Grad des Handlungserfolgs beeinflusst.

3.2 Entstehung

Selbstwirksamkeit entwickelt sich in verschiedenen Lebensphasen bei jedem Individuum unterschiedlich. Bandura (1997) nennt vier Erfahrungsquellen individueller Selbstwirksamkeitsuberzeugungen (siehe Abb. 3.2):

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Abb. 3.2: Informationsquellenvon Selbstwirksamkeitserwartungen.

Auf der untersten Ebene konnen korperliche und emotionale Zustande (emotional and physical reactions) Personen beeinflussen, wie sie ihre Fahigkeiten einschatzen. Menschen nutzen solche Stressreaktionen und andere Zeichen der Anspannung, wie zum Beispiel Schweifiausbruche, hoher Puls, etc. als Grundlage fur Kompetenzeinschatzungen, wenn sie sich in einer Situation befinden, die sie als physisch und/oder psychisch belastend empfinden (Bund, 2001). Ein erroteter Kopf eines Fahrschulprufling, kann als Hinweis ausgelegt werden, dass der Fahrschuler womoglich nicht uber ausreichende Fahigkeiten verfugt, das Fahrzeug zu steuern und in verschiedenen Fahr- und Verkehrssituationen zurechtzukommen. Erwartungen hinsichtlich der eigenen Leistungsfahigkeit lassen sich aber auch aus verbalen oder schriftlichen Mitteilungen (verbal persuasion) oder Uberredungen aufbauen bzw. untergraben. Dabei konnen Aussagen anderer Personen wie zum Beispiel „Du wirst es nie begreifen!“ selbstwertbedrohend auf Menschen wirken. Positive Mitteilungen wie beispielsweise „Du schaffst das schon!“ stabilisieren Selbstwirksamkeitserwartungen und konnen uberzeugen, eine bestimmte Aufgabe erfolgreich zu bewaltigen. Auch indirekte (stellvertretende) Erfahrungen (social models) konnen das Vertrauen in die eigenen Fahigkeiten beeinflussen. Aus der Beobachtung eines Verhaltens einer anderen Person konnen Informationen daruber gesammelt werden, wie eine Handlung erfolgreich auszufuhren ist. Dabei ist der Informationsgehalt umso grofier, je mehr Ubereinstimmungsmerkmale eine Person zwischen sich und der Vergleichsperson festzustellen glaubt. Wenn ein 16jahriger Schuler davon uberzeugt ist, Autofahren zu konnen, dann konnte diese Behauptung aus den Beobachtungen als Beifahrer begrundet sein.

Die vierte Stufe zur Bildung von Selbstwirksamkeitserwartungen ist die direkte Erfahrung (mastery experience). Direkte Erfahrungen sind fur den Erwerb von Selbstwirksamkeits­erwartungen am effektivsten. Generell gilt, dass man durch die erfolgreiche Bewaltigung schwieriger Anforderungen (Mastery) erfahrt, dass die eigenen Anstrengungen zu den gewunschten Ergebnissen gefuhrt haben. Dieser Grundsatz tritt jedoch nicht zwangslaufig ein, da auch andere Faktoren wie die wahrgenommene Schwierigkeit, die investierte Anstrengung oder auch die Konsistenz der vorausgegangenen Leistungsergebnisse zur Einschatzung der Leistungsfahigkeit beitragen (Bund, 2001). Wenn zum Beispiel nach einer Erfolgsserie ein Misserfolg eintritt oder eine Person bei der Bewaltigung einer als schwierig eingeschatzten Aufgabe scheitert, dann wird der eine Fehlschlag nicht zu einem labilen Bild der eigenen Kompetenz fuhren. Zudem machen sich Menschen auch daruber Gedanken, was die Ursache fur ihre Leistung gewesen ist. Solche Ursachenzuschreibungen (so genannten Kausalattributionen) spielen bei der Verarbeitung der eigenen Leistung eine wichtige Rolle und haben je nach Ergebnis (Erfolg vs. Misserfolg) unterschiedliche Konsequenzen. Zusammenhange zwischen Selbstwirksamkeitserwartungen und Kausalattributionen werden im Kapitel 3.5.1 naher erlautert.

3.3 Abgrenzung und Erfassung

Erwartungen spielen in einigen Theorien eine Rolle. Die folgende Abbildung (siehe Abb. 3.3) visualisiert die Abgrenzung von Selbstwirksamkeitserwartungen von selbstbezogenen Kognitionen(Schwarzer, 1996):

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3.3: Hierarchie von Erwartungen als handlungstheoretisches Erwartungs-mal-Wert-Modell (Quelle: Schwarzer & Jerusalem, 1989).

Wahrend Selbstwirksamkeitserwartungen beschreiben, ob eine Person davon uberzeugt ist, eine Handlung erfolgreich ausfuhren zu konnen, beziehen sich Ergebniserwartungen auf die Wahrscheinlichkeit, durch Handeln ein erwunschtes Ergebnis zu erzielen (z.B. „Wenn ich fur die Fahrprufung regelmafiig lerne, kann ich die theoretische Prufung gleich beim ersten mal bestehen.“). Selbstwirksamkeitserwartungen sind, wie die Abbildung zeigt, den Ergebniserwartungen kausal vorgeschaltet. Instrumentalitatserwartungen sind Einschatzungen hinsichtlich beabsichtigter Folgen, d.h. das bestimmte Ergebnisse Mittel zum Zweck sind (z.B. „Mit dem Fuhrerschein bin ich endlich ungebunden.“).

Im erweiterten Motivationsmodell nimmt Heckhausen (1989) ebenso eine Differenzierung der Erwartungskonstrukte vor und orientiert sich an der Abfolge einer Handlungssequenz. Er unterscheidet drei Arten von Erwartungen: Situations-Ergebnis-Erwartung, Ergebnis-Folge- Erwartung und Handlungs-Ergebnis-Erwartung (Heckhausen, 1989). Handlungs-Ergebnis- Erwartung bezieht sich jedoch auf die Wahrnehmung von Kontingenzen zwischen einer Handlung und ihren Konsequenzen und sollte von der Selbstwirksamkeitserwartung in Sinne von Bandura (1986) abgegrenzt werden. Selbstwirksamkeitserwartungen beziehen sich auf bestimmte Verhaltensweisen, die zu bestimmten Handlungsergebnissen fuhren; fur diese moglichen Handlungsergebnisse haben Personen wiederum Handlungs-Ergebnis- Erwartungen.

Die Abgrenzung von Selbstwirksamkeitserwartungen von anderen selbstbezogenen Kognitionen einer Person macht sich auch in der psychometrischen Erfassung des Konstruktes deutlich (Jerusalem & Schwarzer, 1999): Selbstwirksamkeitserwartungs-Items sollten zunachst in der ersten Person Singular formuliert sein („Ich“) und Verben bzw. Formulierungen enthalten, die das Konnen zum Ausdruck bringen wie z. B. ,,sich in der Lage sehen“, „konnen“ oder „zurechtkommen“. Es sollte aufierdem der Schwierigkeitsgrad der Aufgabe deutlich werden. Bei der Formulierung der Items sollte zudem der Schwierigkeitsgrad der Aufgabe deutlich werden, indem Handlungsbarrieren einbezogen werden, wie zum Beispiel „Ich werde keine Probleme haben, wahrend des Fahrens die Geschwindigkeit auf dem Tacho im Blick behalten zu konnen, ohne dabei von der Fahrbahn abzukommen“. Zum Vergleich werden Handlungs-Ergebnis-Erwartungen meist in Form von Wenn-Dann-Satzen formuliert wie beispielsweise „Wenn ich das Autofahren ofter ube, dann bin ich in derpraktischen Fahrprufung sicherer.“.

Selbstwirksamkeitserwartungen konnen allgemein oder bereichsspezifisch formuliert werden. In den empirischen Arbeiten von Bandura werden Selbstwirksamkeitserwartungen immer spezifisch formuliert, d.h. bezuglich konkreten Leistungen oder Verhaltensablaufen, die unter bestimmten situativen Bedingungen gezeigt werden (Bund, 2001). Parallel dazu wurden in der Forschungspraxis auch Skalen entworfen, die generalisierte, also allgemeine Selbstwirksamkeitserwartungen erfassen sollen. So wurden z.B. Selbstwirksamkeitsskalen zur korperlichen und sportlichen Aktivitat entworfen (Garcia & King, 1991; Fuchs & Schwarzer, 1994). Prinzipiell wird empfohlen, die Untersuchung der Selbstwirksamkeit an denjeweiligen Untersuchungskontext anzupassen (Jerusalem & Schwarzer, 1999).

3.4 Dimensionen der Selbstwirksamkeit

Selbstwirksamkeitserwartungen werden nach Bandura (1997) durch drei Merkmale charakterisiert: ihren Allgemeinheitsgrad, ihr Niveau und ihre Gewissheit. Der Allgemeinheitsgrad (generality) bezieht sich auf den Gultigkeitsbereich der Selbstwirksamkeitserwartung. So konnen sich Menschen in vielen verschiedenen Bereichen als kompetent erleben oder nur hinsichtlich einer spezifischen Situation. Die Generalitat bzw. die Generalisierung von Selbstwirksamkeitserwartungen (Transfer) ist bisher kaum untersucht worden. Unter welchen Bedingungen solche Generalisierungen von Menschen vorgenommen werden und in welchem Umfang bereits beherrschte Fahigkeiten neue Aktivitaten aufbauen ist weitgehend ungeklart. Eine wichtige Rolle durfte in diesem Zusammenhang die von einer Person wahrgenommene Ahnlichkeit der Aufgabe spielen. Die wenigen Studien im Bereich sportlicher Leistungen bestatigen eine hohe Transferabilitat der sportbezogenen Selbstwirksamkeit (Bund, 2001). Das Niveau (magnitude, level) der wahrgenommenen Selbstwirksamkeit bezieht sich auf die Schwierigkeit bzw. die Komplexitat der Aufgabe. In der Beurteilung unterschiedlich schwieriger Aufgaben zeigt sich, ob eine Handlung ausfuhrbar ist oder nicht. Fur die Bewaltigung einer sehr leichten Aufgabe ist ein geringes Niveau an Selbstwirksamkeit ausreichend. Stellt eine Aufgabe hingegen eine Herausforderung dar, so muss das Niveau der personlichen Uberzeugung sehr hoch sein. Das Mafi an Gewissheit bzw. Starke (strength) der wahrgenommenen Wirksamkeit gibt an, wie sicher sich eine Person ist, ein Verhalten durchfuhren zu konnen. Personen, die trotz wiederholter negativer Erfahrung an ihren Fahigkeiten glauben, verfugen uber starke Selbstwirksamkeitserwartungen. Zweifeln hingegen Personen an ihren Fahigkeiten, wenn sie vor einer komplexen Aufgabe stehen oder Schwierigkeiten auftreten, dann ist die Selbstwirksamkeitserwartung schwach ausgepragt.

3.5 Selbstwirksamkeit und (Leistungs-)Verhalten

Die Bedeutung der wahrgenommenen Selbstwirksamkeit far (Leistungs-)Verhalten wurde bereits in den vorausgegangenen Kapiteln skizziert. Banduras Theorie (1997) zufolge resultieren Selbstwirksamkeitserwartungen hauptsachlich aus aufgaben- bzw. situationsspezifischen Erfahrungen und beeinflussen vor allem die Auswahl von Handlungen (Schwierigkeitsgrad), die investierte Anstrengung und die Ausdauer (Persistenz), mit der man angesichts von Schwierigkeiten und Barrieren eine Aufgabe zu losen versucht. Bandura (1997) unterscheidet vier Prozesse, die den Einfluss von Selbstwirksamkeitserwartungen auf das menschliche Verhalten nehmen: Selektionsprozesse sowie kognitive, emotionale und motivationale Prozesse. In Bezug auf den empirischen Teil dieser Arbeit werden im Folgenden nur die kognitiven und affektiven Prozesse erlautert.

a. Kognitive Konsequenzen

In kognitiver Hinsicht nehmen Selbstwirksamkeitserwartung Einfluss auf Erfolgserwartungen, die personliche Zielsetzung und die Art der Attribution (Bandura, 1997). Das Ausmafi an wahrgenommener Selbstwirksamkeit beeinflusst die anvisierten Ziele (personliche Zielsetzung). Je hoher die Einschatzung der eigenen Fahigkeiten, desto anspruchsvoller sind die angestrebten Ziele und desto starker wird an den Zielen festgehalten. Je nachdem far wie kompetent sich Personen einschatzen, antizipieren sie Erwartungen bezuglich einer bevorstehenden Handlung mit einer optimistischen oder pessimistischen Einstellung (Erfolgserwartungen). Bei hoher Selbstwirksamkeit sind sie der Aufgabe gegenuber zuversichtlich. Sollten trotz allem Probleme auftreten, so werden diese als Herausforderung angesehen. Personen mit gering ausgepragter Selbstwirksamkeit stehen der eigenen Leistung mit Pessimismus gegenuber und antizipieren deshalb eher Misserfolgsszenarien (Bund, 2001).

Drittens bestimmen Kausalattributionen (mit), ob und in welcher Richtung Leistungs- informationen selbstwirksamkeitsrelevant werden. Umgekehrt ist aber auch zu erwarten, dass das aktuelle Niveau der erlebten Selbstwirksamkeit mit bestimmten Attributionsmustern einhergeht (Bandura, 1997). Attributionstheorien beschaftigen sich mit der subjektiv wahrgenommenen Ursache von Handlungen und Handlungsergebnisse. Personen streben danach, Ereignisse kausal zu erklaren (z.B. „Warum habe ich bei der Prufung versagt?“). Solange keine Widerspruche zu wahrgenommenen Ereignissen auftreten, besteht kein Anlass nach dem „Warum?“ zu fragen (Meyer, Schutzwohl & Reisenzein, 1993). Erst dann, wenn ein Ereignis nicht mit unseren Erwartungen ubereinstimmt, wird nach den Ursachen geforscht (Meyer, 1988; Meyer, Niepel & Schutzwohl, 1994; Weiner, 1986). Weiner geht davon aus, dass die Suche nach einer Ursache immer dann eintritt, wenn das Ergebnis (1) unerwartet aufgetreten ist, (2) wichtig ist oder (3) negativ bewertet wurde. Die wahrgenommenen Ursachen von Ereignissen werden als Attributionen bezeichnet (Heider, 1958; Kelley & Michela, 1980; Weiner, 1986). Attributionen konnen inhaltlich nach so genannten Kausaldimensionen klassifiziert werden. Die wesentliche Funktion der Kausalattribution ist die Vorhersage und Kontrolle von Umweltbedingungen (Heckhausen, 2006).

Weiner fuhrte drei Unterscheidungsdimensionen ein (Weiner et al., 1971; Heckhausen, 2006). Die erste Unterscheidung bezieht sich auf die Lokation der Handlungskontrolle (locus of control) mit den Polen ,,internale Kausalattribuierung“ und ,,externale Kausalattribuierung44. So kann die Ursache innerhalb der Person liegen bzw. in einem Merkmal der Person gesehen werden (internale Kausalattribuierung), wie zum Beispiel Anstrengung oder Fahigkeit. Eine externale Kausalattribuierung liegt vor, wenn eine Person die Ursache eines Ergebnisses bei anderen Personen, Umwelteinflussen oder Faktoren sieht, sie also aufierhalb der Person liegt, wie zum Beispiel die Stimmung eines Prufers. Gleichzeitig kann die Ursache zeitlich stabil (z.B. Intelligenz) oder variabel (z.B. Wetter) sein. Hier ist die Dimension der Stabilitat einer Ursache gemeint. Eine dritte Attributionsdimension ist die Kontrollierbarkeit der Ursache. Kontrollierbarkeit meint, ob die Ursache durch die Person kontrolliert werden konnte (z.B. Anstrengung) oder nicht (z.B. Laune des Prufers).

Empirische Studien zum Attributionsstil (z.B. Silver, Mitchell & Dist, 1995) von Menschen weisen darauf hin, dass Personen mit stark ausgepragter Selbstwirksamkeit, Erfolgserlebnisse subjektiv selbstverursacht attribuieren (internal) und Misserfolge fremdverursacht verarbeiten (external). Dabei ist es sehr wahrscheinlich, dass sie Erfolge ihren eigenen Fahigkeiten zuschreiben und Misserfolge eher auf Aufgabenschwierigkeit oder ungunstigen Umstanden (Zufall) zuruckfuhren, da man bestrebt ist, den Selbstwert zu schutzen. Ein moglicher Erklarungsansatz liegt in der Konsistenztheorie (Heider, 1958; Festingen, 1957). Die Theorie geht davon aus, dass Menschen versuchen, ein konsistentes Bild der eigenen Person aufrechtzuerhalten. Dabei bevorzugen sie Informationen, die konsistent zum eigenen Begabungskonzept sind und ignorieren solche, die als inkonsistent erscheinen (Heckhausen, 2006). Es wird weiterhin angenommen, dass internal-stabile Attributionen von Erfolgen stabilisierend auf die wahrgenommene Selbstwirksamkeit wirken, wahrend Misserfolge, die auf die eigene Unfahigkeit zuruckgefuhrt werden, Selbstwirksamkeitserwartungen (mitunter massiv) beeintrachtigen konnen. Das heifit, dass umgekehrt die Ursachenzuschreibung von Leistungen fur die Starkung und der Schwachung der Selbstwirksamkeit angesehen wird. Die Bedeutung internal variabler Attributionen als Einflussgrofie auf die Selbstwirksamkeit ist hingegen nicht eindeutig festzumachen (Bandura, 1997). Im Vergleich dazu neigen Personen mit gering ausgebildeten Selbstwirksamkeitserwartungen dazu, Misserfolge starker ihrer mangelnden Fahigkeit (internal) und Erfolge gunstigen Umstanden zuzuschreiben (external). In beiden Fallen konnen sie keine Informationen fur hohe Selbstwirksamkeit entnehmen, vielmehr bestatigen sie ihre geringen Kompetenzen (Dohnke, 2002).

Ursachenzuschreibungen, insbesondere hinsichtlich ihrer Charakterisierung in Lokalitat, Stabilitat und Kontrollierbarkeit nehmen ebenso Einfluss auf die affektive Konsequenzen (Heckhausen, 2006).

b. Affektive Konsequenzen

Die kausalen Ursachenzuschreibungen und deren Eigenschaften rufen unterschiedliche Gefuhle hervor (Heckhausen, 2006). Die Art und die Auspragung der Emotion werden von den Eigenschaften der kausalen Zuschreibung beeinflusst. Auf der Dimension der Lokalitat treten Gefuhle wie Stolz oder Selbstachtung dann auf, wenn man einen Erfolg auf interne Ursachen zuruckfuhrt wie z.B. den eignen Fahigkeiten oder Anstrengungen. Wird eine gute Leistung in Zusammenhang mit Gluck gebracht, die Aufgabe als zu leicht bewertet oder ein Misserfolg auf Pech oder anderen externalen Ursachen attribuiert, dann bleiben Gefuhle wie Stolz oder Selbstachtung aus. Auch die Dimension der Kontrollierbarkeit hat einen Einfluss auf selbst- und fremdgerichtete Gefuhle. Dabei werden Gefuhle der Schuld verursacht, wenn Misserfolgserlebnis auf mangelnde Anstrengung, eine internal-kontrollierte Ursache, zuruckgefuhrt wird. Wenn ein Misserfolg hingegen auf eine internale-unkontrollierte Ursache attribuiert wird wie beispielsweise mangelnde Fahigkeiten, dann werden Schamgefuhle hervorgerufen. Gefuhle, wie Arger, Dankbarkeit und Mitleid werden ebenfalls auf Dimension Kontrollierbarkeit determiniert.

[...]


1 Selektive Aufmerksamkeit ist ein Prozess, Anteile der ankommenden Information gezielt auszublenden, um bestimmte Wahrnehmungsinhalte bewusst wahrnehmen zu konnen (Goldstein, 2002).

Ende der Leseprobe aus 140 Seiten

Details

Titel
Computerrennspiele im pädagogischen Kontext
Untertitel
Die Bedeutung der Realitätsnähe von Lernaktivitäten für fahraufgabenrelevante Motive Masterarbeit
Hochschule
Technische Universität Chemnitz  (Philosophische Fakultät)
Note
1,0
Autor
Jahr
2008
Seiten
140
Katalognummer
V165827
ISBN (eBook)
9783640817580
ISBN (Buch)
9783640821167
Dateigröße
1142 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Mit empirischer Untersuchung
Schlagworte
Comuterspiele, virtuelle Realität, Selbstwirksamkeit
Arbeit zitieren
Kristin Arendt (Autor:in), 2008, Computerrennspiele im pädagogischen Kontext, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/165827

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