Die lexikalischen Entlehnungen aus dem Deutschen in der polnischen Sprache


Magisterarbeit, 2004

80 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1. Einleitung

2. Erläuterung der Termini: Lehnwort, Fremdwort, Lehnprägung und Germanismus
2.1. Zur Geschichte der Lehnprägungen im Polnischen

3. Deutsches Lehngut im Polnischen
3.1. Zum Anteil deutscher Entlehnungen im Polnischen
3.2. Das Problem etymologischer Angaben in polnischen Wörterbüchern

4. Zur tschechischen Vermittlung der deutschen Lehnwörter

5. Sprachliche Kriterien der Entlehnungen
5.1. Phonetisch- phonologische Merkmale
5.1.1. Im Bereich der Vokale
5.1.2. Im Bereich der Diphthonge
5.1.3. Im Bereich der Konsonanten
5.2. Morphologische Merkmale
5.2.1. Nomina
5.2.1.1. Genus
5.2.2. Verben
5.2.3. Adjektive
5.3. Zur Wortbildung
5.3.1. Adaptation deutscher Komposita im Polnischen
5.3.2. Wortbildungsmorpheme deutscher Herkunft
5.3.3. Zur Substitution der Affixe

6. Semantische Probleme

7. Zur Chronologie deutscher Lehnwörter im Polnischen

8. Der Einfluss deutscher Dialekte auf die polnische Sprache

9. Zur Geschichte deutscher Einflüsse im Polnischen
9.1. Die altpolnische Periode
9.1.1. Die frühmittelalterliche Periode
9.1.2. Die spätmittelalterliche Periode
9.1.3. Sachbereiche der altpolnischen Entlehnungen
9.2. Die mittelpolnische Periode
9.2.1. Sachbereiche der mittelpolnischen Entlehnungen
9.3. Die neupolnische Periode
9.3.1. Sachbereiche der neupolnischen Entlehnungen
9.4. Zu neuesten Entlehnungen aus dem Deutschen

10. Zur Einstellung gegenüber deutschen Entlehnungen in Polen
10.1. Die alt- und mittelpolnische Periode
10.2. Die neupolnische Periode

11. Zum Bestand deutscher Entlehnungen in der heutigen polnischen Sprache
11.1. Germanismen, die außer Gebrauch kamen

12. Zu häufigen Entlehnungen aus dem Deutschen in der polnischen Gegenwartssprache

13. Zusammenfassung

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

Die vorliegende Magisterarbeit betrachtet Entlehnungen aus dem Deutschen im Wortschatz der polnischen Standardsprache. Sie ist gleichzeitig ein Versuch, sich kurz mit allen Proble-men und Standpunkten, welche die Entlehnungen aus dem Deutschen in der polnischen Spra-che betreffen, auseinander zu setzen. Der eigentliche Schwerpunkt dieser Arbeit sind direkte Entlehnungen aus dem Deutschen. Es werden zunächst die verschiedenen Möglichkeiten und Verfahren aufgezeigt, wie sich die polnische Sprache Wörter aneignete, danach wurde im zweiten Kapitel analysiert. Zu dem Lehngut einer Sprache gehören allerdings nicht nur die di-rekten Entlehnungen, also Fremdwort und Lehnwort, sondern auch die sog. Lehnprägungen, auf die, deren Arten sowie deren Geschichte im Polnischen ebenfalls im zweiten Kapitel ein-gegangen wird.

Um das breite und immer noch nicht genügend erforschte Thema in der polnischen Sprache zu ergründen, muss das deutsche Lehngut in polnischen Wörterbüchern analysiert werden. So werden im dritten Kapitel anhand von Tabellen und verschiedenen Wörterbüchern der polni-schen Sprache die Probleme der deutschen Entlehnungen im heutigen Polnischen betrachtet. Es wird sowohl auf den Anteil deutscher Entlehnungen in der heutigen polnischen Lexik als auch auf die etymologischen Angaben in Wörterbüchern eingegangen. Es wird der Unter-schied zwischen dem direkten Sprachkontakt und der Etymologie als Kriterium der Entleh-nungen verdeutlicht. Denn die Entlehnungen aus dem Deutschen konnten auf verschiedene Weise, nach diesen Kriterien, ins Polnische gelangt sein, entweder als „echte Germanismen“, also Lehnwörter, die aus dem deutschen bzw. deutschsprachigen Raum stammen und nicht Wanderwörter aus dritten Sprachen sind oder nichtdeutsche Wörter, die ins Polnische durch die deutsche Sprache gekommen sind, was auf die wichtige Rolle des Deutschen als Vermitt-lersprache hindeuten soll.

Da in vielen polnischen Quellen oft der Unterschied zwischen dem direkten Sprachkontakt und der Etymologie einer Entlehnung nicht gemacht wird, werden oft unterschiedliche Anga-ben über die Herkunft eines Wortes angegeben. Daran schließt das vierte Kapitel über die tschechische Vermittlung der deutschen Lehnwörter an, das für das Thema dieser Magisterar-beit aus besagtem Grund relevant ist. Denn betrachtet man die Entlehnungen nach dem Prin-zip des direkten Sprachkontakts, muss man feststellen, dass viele Lehnwörter, die in manchen polnischen Quellen als Germanismen bezeichnet werden, nicht direkt vom Deutschen über nommen wurden, sondern zunächst durch die tschechische Sprache ins Polnische vermittelt worden sind. In diesem Kapitel werden die etymologischen Angaben in drei verschiedenen etymologischen Wörterbüchern des Polnischen analysiert und verglichen. Im fünften Kapitel der Arbeit werden die sprachlichen Kriterien der Entlehnungen dargestellt. Zu diesen gehören unerlässlich die phonetischen und die morphologischen Merkmale der Lehnwörter. Auch die Substitution der Entlehnungen in dem wortbildenden Bereich stellt einen interessanten Abschnitt der gegenseitigen deutsch-polnischen Sprachbeziehung dar. Denn das Hauptverfahren der Bildung von Wörtern ist im Polnischen die Derivation während es im Deutschen Zusammensetzungen sind. So handelt das fünfte Kapitel auch von der Wort-bildung.

Das darauf folgende Kapitel betrifft die semantischen Probleme. Bei der Wortforschung des deutschen Lehngutes im Polnischen stellt sich nämlich oft die Frage: Wieso bedeuten viele Lehnwörter etwas anderes als ihre Entlehnungsquellen? So wird im sechsten Kapitel der Ver-such unternommen, diese Frage zu beantworten und verdeutlicht, inwieweit die entlehnten Wörter die Bedeutung des heimischen Wortgutes beeinflussen können. Bei der Analyse des deutschen Lehngutes in der polnischen Sprache muss ebenfalls die Chro-nologie der deutschen Sprachgeschichte einbezogen werden, denn mit dieser sind unter-schiedliche Veränderungen im Phonemsystem des Deutschen verbunden. Wenn man also her-ausfinden möchte, von welchem deutschen Wort ein bestimmtes Beispiel im Polnischen ent-lehnt wurde, müssen diese Änderungen einem bewusst sein, um zu wissen, ob es sich um ein althochdeutsches, mittelhochdeutsches oder neuhochdeutsches Entlehnungswort handelt. Hiervon handelt das siebte Kapitel. Im achten werden wiederum die Einflüsse der deutschen Dialekte auf den polnischen Wortschatz besprochen, weil auch diese ihre Einwirkung ausge-übt haben.

Der wesentlichste Teil dieser Arbeit ist das neunte Kapitel „Zur Geschichte deutscher Einflüs-se im Polnischen“. Es wird chronologisch in drei Sprachperioden, die kurz besprochen wer-den, aufgeteilt. Zu jeder werden reichlich Lehnwortbeispiele zu unterschiedlichen Sachberei-chen angegeben.

Anschließend folgt das zehnte Kapitel, in dem die Einstellung gegenüber deutschen Entleh-nungen in Polen während der alt- und mittelpolnischen und auch neupolnischen Sprachperi-ode dargestellt wird. Das darauf folgende Kapitel handelt vom Bestand der Germanismen in der heutigen polnischen Sprache. Neben den dauerhaften im Polnischen verwurzelten Wör tern deutscher Herkunft gibt es nämlich viele solche, die mit der Zeit durch polnische ersetzt worden sind oder die ganz aus dem Gebrauch gekommen und nicht mehr in den Wörterbüchern des Polnischen vorzufinden sind. Alle in der Arbeit angegebenen Beispiele wurden hinsichtlich ihrer Existenz in der polnischen Gegenwartssprache in einem der inhaltlich wohl umfangreichsten Wörterbucher der polnischen Sprache, dem „Praktyczny słownik współczesnej polszczyzny 1995-2004“, überprüft. Diejenigen, die dort nicht mehr vorzufinden sind, werden im elften Kapitel aufgelistet.

In dem abschließenden Teil dieser Magisterarbeit werden häufige Germanismen in der polnischen Gegenwartssprache in tabellarischer Form dargestellt. Das zwölfte Kapitel schließt die Magisterarbeit ab.

2. Erläuterung der Termini: Lehnwort, Fremdwort, Lehnprägung und Germanismus

Um dieses Thema richtig zu behandeln, muss zuerst erläutert werden, was unter Entlehnun- gen aus anderen Sprachen zu verstehen ist. In einer Sprache wird zwischen heimischen und fremden Wortgut unterschieden. Entlehnungen gehören zu dem fremden Wortgut, es sind also Wörter, die in die Lexik einer bestimmten Sprache aufgenommen werden, und die sich der Sprache, in die sie übernommen werden, auf verschiedene Weise anpassen. Sie können sich der entlehnenden Sprache vollkommen anpassen oder die Merkmale ihrer Herkunftssprache behalten.

Demzufolge wird im Hinblick auf den Anpassungsgrad der Entlehnungen an die graphische, phonetische und morphologische Gestalt zwischen Lehnwort und Fremdwort unterschieden. Man bezeichnet als Lehnwörter Wörter, die dem Sprachsystem der Sprache, in die sie über-nommen werden, angeglichen sind und nicht mehr als fremd erkannt werden, wie z. B. Wein, Abenteuer oder schreiben im Deutschen (Wotjak 2001/2002: 27f.). Wein ist eine Entlehnung aus dem Lateinischen von vīnum, Abenteuer wurde aus der altfranzösischen Sprache von dem Wort aventure übernommen, und schreiben ist auch eine Entlehnung aus dem Lateinischen von scr ī bere (vgl. dazu Etymologisches Wörterbuch 1995). Als Lehnwörter bezeichnet Ski-bicki alle lexikalischen Einheiten fremder Herkunft, die sich dem Polnischen in phonologi-scher und morphologischer Hinsicht völlig angepasst haben und dadurch zu dem Sprachsys-tem des Polnischen gehören (Skibicki 1979: 172).

Es gibt auch viele Lehnwörter im Polnischen, nicht nur aus dem Deutschen, sondern auch aus anderen Sprachen, wie z. B. dem Französischen fryzjer (Friseur) < friseur, dem Italienischen kapelusz (Hut) < cappello, dem Englischen d ż em (Marmelade) < jam, dem Russischen kom bajn (Vollerntemaschine) < kombájn u. a..

Fremdwörter sind im Gegensatz dazu solche Entlehnungen, welche die fremde orthographische, phonetische und oft auch die morphologische Form bewahren, wie z. B. Spaghetti, Kol portage oder Sympathisant im Deutschen (Wotjak 2001/2002: 27f.) oder show-biznes, story, seppuku, jury, menu, kakao, hobby, sinus usw. im Polnischen (vgl. dazu Słownik wyrazów obcych 1995). Brückner benutzt den Terminus „wyraz obcy“ (Fremdwort) für alle Wörter fremder Herkunft, die von den polnischen Muttersprachlern als fremd, nicht angeeignet empfunden werden (Brückner 1915: 101).

Aufgrund dieser These könnte hier der Rückschluss gezogen werden, dass die Grenze zwi-schen Lehnwort und Fremdwort im Polnischen oft fließend ist, denn das was einigen geläufig ist, kann für manche unbekannt sein. So ist es oft mit den Wörtern, die zu sogenannten Histo-rismen gehören, wie z. B. pr ę gierz (von dt. Pranger), komtur (von dt. Komtur), u. a. (vgl. dazu Słownik wyrazów obcych 1995). Manche Autoren machen bei der Aufzählung der Entlehnun-gen, die aus dem Deutschen stammen oder durch die deutsche Sprache ins Polnische gelangt sind, keinen Unterschied zwischen Lehnwörtern und Fremdwörtern, d. h. die Lehnwörter wer-den oft zusammen mit den Wörtern, die auch in den polnischen Lexika der Fremdwörter (z. B. in Słownik wyrazów obcych 1995) enthalten sind, aufgelistet, wie z. B. procent (Prozent), referat (Referat), liceum (Lyzeum), rakieta (Rakete) (Witaszek-Samborska 1993: 38 f.), uni wersytet (Universität), turniej (Turnier), gatunek (Gattung), fakultet (Fakultät) u.a. (Karszniewicz-Mazur 1988: 29 ff.).

Nicht jede Entlehnung ist an die äußerliche sprachliche Gestalt des fremden Wortes gebun-den. Zu dem Lehngut einer Sprache zählen also auch noch die Lehnprügungen. Die Lehnprä-gung ist eine Neubildung eines fremden Inhalts mit den Sprachmitteln der entlehnenden Spra-che. Bei den Lehnprägungen wird zwischen Lehnbildungen und Lehnbedeutung unterschieden (Wotjak 2001/2002: 28). Schumann charakterisiert die Lehnbildung in den slawischen Spra-chen als „die Übersetzung einer mehrgliedrigen fremdsprachlichen Bezeichnung mit Mitteln der nachbildenden Sprache. Damit entsteht eine Wortbildung bzw. eine Wortverbin-dung, mit der die im Wortvorbild bestehende Kombination von zwei Bedeutungsträ-gern zur Bezeichnung eines neuen Begriffes nachgeahmt wird“ (Schumann 1965: 62).

Unter den Lehnbildungen wird im Polnischen des weiteren zwischen Lehnübersetzung und Lehnübertragung unterschieden. Um eine Lehnübersetzung handelt es sich, wenn die einzel-nen Wortbildungs- bzw. Kompositionselemente semantisch genau wiedergegeben werden, d. h. jedes Glied (Wort, Stamm, Präfix, Suffix) des Wortvorbildes durch eine semantisch genaue Entsprechung der nachbildenden Sprache übersetzt wird. Zu typischen Lehnübersetzungen vom Deutschen ins Polnische gehören z. B. Wunderkind[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]. Die Gruppe der Lehnübersetzungen macht im Pol-nischen den überwiegenden Teil der Lehnbildungen aus (Doberstein 1968: 9 f.). Lehnübertragungen, freie Nachbildungen, geben wiederum nur einen Teil des fremden Aus-drucks semantisch genau wieder, während der andere Teil freier, sinngemäß übersetzt wird. So wurde das deutsche Kompositum Backenbart als bokobrody (bok = Seite, brody = Bärte) ins Polnische übersetzt, da hier die genaue Nachbildung ("policzkobrody") offenbar als zu schwerfällig empfunden wurde. Ähnlich verhält es sich im Polnischen mit der Lehnübertragung prapremiera, die auf Uraufführung zurückgeht. Auch wurde eine wörtliche Wiedergabe, die "praprzedstawienie" lauten müsste, wohl deshalb gemieden, weil sie weniger gewandt klingt als prapremiera (Doberstein 1968: 12).

Der zweite Grundtyp der durch Lehnprägung entstandenen Bezeichnungen umfasst die Wör-ter mit einer Lehnbedeutung. Die polnische Sprache weist zwei Arten von Lehnbedeutungen aus dem Deutschen auf: Die synonymen Wörter mit Lehnbedeutung, die ein- oder mehrglied-rig sein können, und die nichtsynonymen Wörter mit Lehnbedeutung, die stets mehrgliedrig sind. Der erste Typ entsteht, indem ein Wort nach dem Vorbild eines fremdsprachlichen Aus-drucks, mit dem es bereits eine oder mehrere Bedeutungen gemeinsam hat, eine zusätzliche Bedeutung erhält, wodurch die im Wortvorbild bestehende Bedeutungskombination durch das Wort der nachbildenden Sprache nachgeahmt wird. Als Beispiel kann das polnische Wort [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] dienen. Die urspüngliche Bedeutung des Wortes war 'Ruhe, Frieden'. Unter dem Einfluss des deutschen Substantivs Gemach, das im Mittelhochdeutschen außer 'Ruhe' auch 'Zimmer' bedeutete, hat das Polnische auch diese Bedeutung im 17. Jahrhundert übernommen (Dober-stein 1968: 17). Ein anderes Beispiel verdeutlicht das Wort zamek. Im Altpolnischen bedeute-te es 'eine Vorrichtung an Türen, Schränken oder Koffern zum Verschließen'. Das deutsche Wort Schloss hatte außer dieser Bedeutung noch die Bedeutung 'eine Art von Bauwerk in dem Könige oder Fürsten lebten', die dann das Polnische unter dem Einfluss der deutschen Sprache mit der Zeit übernommen hat (Walczak 1987: 28). Während bei den oben beschriebenen Bei-spielen das Wortvorbild und das Wortnachbild vor der Bedeutungsübertragung eine gemein-same Gesamtbedeutung haben, besteht bei den nichtsynonymen Wörtern mit Lehnbedeutung nur zwischen den einzelnen Bedeutungsträgern des fremdsprachlichen und des entlehnenden Wortes ein semantischer Zusammenhang. Diese Übereinstimmung kann entweder zwischen mehreren (auch allen) oder nur zwischen einem Bedeutungsträger vorliegen, im letzten Fall kann es nur das bedeutungstragende Morphem bzw. bei einem Kompositum - das Grundwort sein. Ein Beispiel mit semantischer Übereinstimmung in nur einem Bedeutungsträger wäre hier das polnische Wort [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten], das zum Verb przebić ('durchschlagen') gehört und ursprüng-lich 'Durchbruch' bedeutete, sodann nur noch im Sport für schnelle Angriffe verwendet wurde und im zweiten Viertel des 20. Jahrhunderts vom Substantiv Schlager die zusätzliche Bedeu-tung 'populäres Tanzlied' erhielt. Schlager und przebój hatten zwar keine gemeinsame Ge samtbedeutung, doch gehen sie auf synonyme Verben (schlagen - bić) zurück, woraus sich die Synonymität ihrer Wurzelmorpheme ergibt (Doberstein 1968: 29).

Außer den oben genannten Termini prägte sich im Polnischen der Terminus „Germanizm“ (Germanismus). Kuryłowicz bezeichnet als Germanismen lexikalische Einheiten, die aus verschiedenen germanischen Sprachen in der urslawischen bzw. westslawischen Periode entlehnt wurden (1951: 191) und Damborský bezeichnet alle Wörter deutscher Herkunft als Germanismen, außerdem zählt er auch Entlehnungen im phraseologischen und syntaktischen Bereich zu den Germanismen in der polnischen Sprache (1974: 341).

2.1. Zur Geschichte der Lehnprägungen im Polnischen

Im Polnischen gibt es - wie in anderen europäischen Sprachen - Lehnprägungen. Im Altpolni-schen sind Lehnprägungen, besonders Lehnübersetzungen deutscher Komposita, sehr selten, weil zu dieser Zeit deutsche Lehnwörter vorgezogen wurden (Pohl 1987a: 132). Die ältesten Lehnprägungen gehören zu dem christlichen Grundwortschatz und gelangten über Prag aus dem alten Wortschatz der westlichen Slawenmission ins Polnische. Als Beispiel kann hier das Wort mi ł osierny (barmherzig) dienen. Es ist eine Lehnprägung aus dem ahd. miltherzi, das seinerseits auf das lat. misericors zurückgeht. Eine weitere Gruppe von Lehnprägungen kann auf etwa um 1300 und später datiert werden. Es handelt sich um Sprachkontakte, welche die Folge der sog. deutschen Ostsiedlung (siehe dazu Kap. 9.1.2.) sind. Als Bespiel kann hier ei-nes der im Polnischen relativ seltenen Komposita aufgeführt werden: chlebojed ź ca (Diener) (Vincenz 1991: 104). Im Mittelpolnischen nimmt die Anzahl der Lehnprägungen aus dem Deutschen langsam zu, dies ist zu Ungunsten der deutschen Lehnwörter. Ebenso wird der pol-nische Wortschatz im 16. Jahrhundert vor allem durch Lehnprägungen nach lateinischem Vorbild erweitert. Es gibt jedoch auch Lehnprägungen nach deutschem Vorbild, wie z. B. prawodawca (Gesetzgeber). Aber erst zu Ende des 18. Jahrhunderts erscheinen häufiger Lehnprägungen als Ersatz für bereits vorhandene Lehn- oder Fremdwörter, wie die schon ar-chaischen Wörter: wodorzut (Springbrunnen) oder ciep ł omierz (Wärmezähler). Viele der Lehnprägungen entstanden als Versuch der Sprachreinigung, um die deutschen Wörter zu er-setzen, besonders im 19. Jahrhundert als Reaktion auf die politische Situation Polens, das un-ter drei Großmächten (Russland, Preußen und Österreich) aufgeteilt war (siehe dazu Kap.

9.3.). Zu solchen Lehnprägungen gehört: krajobraz, wo es sich um eine genaue Entsprechung nach dem deutschen Vorbild Landschaftsbild handelt. Zu weiteren im 19. Jahrhundert entstandenen Lehnprägungen gehören: listonosz (nach dem dt. Vorbild Brieftrüger), dworzec kolejowy (dt. Vorbild: Bahnhof), papier szklany (dt. Vorbild: Glaspapier), statek parowy (dt. Vorbild: Dampfschiff), kamienio ł om (dt. Vorbild: Steinbruch), wiatro ł om (dt. Vorbild: Windbruch), szybko ś ciomierz (dt. Vorbild: Geschwindigkeitsmesser), wiatromierz (dt. Vorbild: Windmesser) (Vincenz 1991: 104 ff.).

Walczak betont, dass die Lehnprägungen relativ selten in der polnischen Sprache im Vergleich zu den direkten Entlehnungen, also Fremdwort und Lehnwort, vorkommen, da das Polnische öfter auf die Wörter aus anderen Sprachen zugegriffen und diese dann mit ihrem „originalen Klang“ übernommen habe. Das ist wiederum mit der polnischen Geschichte verbunden, in der die nationale Identität nie so stark bedroht wurde wie z. B. die tschechische. Der Drang nach einer Reinigung der Sprache von fremden Einflüssen war also in der polnischen Geschichte nicht so stark (Walczak 1987: 28).

3. Deutsches Lehngut im Polnischen

3.1. Zum Anteil deutscher Entlehnungen im polnischen Wortschatz

Der polnische Sprachwissenschaftler Gabriel Korbut behauptet, dass keine Sprache dem Pol-nischen so viele Lehnwörter gegeben habe wie das Deutsche. Dabei seien deutsche Entleh-nungen, im Gegensatz zu Latinismen, meist völlig assimiliert, so dass sie von polnischen Muttersprachlern nicht mehr als fremd empfunden würden (Korbut 1935: 136). Der tschechi-sche Linguist Jiři Damborský stellt nach einer Lehnwortanalyse in einem polnischen Wörter-buch (1 von Skorupka 1968) fest, dass die deutschen Entlehnungen zahlenmäßig erst die vierte Stelle hinter den lateinischen, französischen und griechischen einnehmen würden (1974: 341f.). Eine Untersuchungen des Anteils deutscher Entlehnungen im Polnischen führte auch der deutsche Polonist Ulrich Drechsel und fand im Großwörterbuch Polnisch - Deutsch (²von Piprek 1971) 3419 (ca. 1,71%) und in einem wissenschaftlich- technischen Wörterbuch Pol-nisch-Deutsch (³von Sokołowska 1995) 870 (ca. 0,87%) deutsche Lehnwörter. Bei der Unter suchung ließ er jedoch manche Wörter umstrittener Herkunft sowie Lehnübersetzungen außer Acht. Er kommt zu dem Schluss, dass der deutsche Anteil am heutigen polnischen Fachwortschatz der Wissenschaft und Technik eher unbedeutend ist. Innerhalb des allgemein-sprachlichen Wortschatzes hingegen haben Wörter deutscher Herkunft ihren festen Platz und stellen in ihrer Ge-samtheit seit längerem eine relativ konstante Größe dar“ (Drechsel 1996: 49).

Ihr besonderes Charakteristikum sei in der Gegenwart nicht in einer außergewöhnlichen Quantität zu sehen, sondern darin, dass es sich bei den Lehnwörtern aus dem Deutschen und ihren Derivaten nach wie vor um Elemente des Alltagswortschatzes mit einer beachtlichen Gebrauchshäufigkeit und einem hohen Assimilationsgrad handelt (Drechsel 1996: 49). In weiteren Quellen, wie z. B. dem kleinen Lexikon sprachwissenschaftlicher Termini schät-zen die Autorinnen, Aldona Skudrzykowa und Krystyna Urban, die Zahl der Germanismen im heutigen Polnisch auf ca. 4000 (Skudrzykowa/Urban 2000: 41). Zum Vergleich wird für Lati-nismen die Zahl 10 000 (abgesehen vom Fachwortschatz) und für Gallizismen 3500 angege-ben. Die deutschen Lehnwörter im Polnischen sind überwiegend Wörter, die Dinge des All-tags sowie berufssprachliche Lexik bezeichnen (Lipczuk 1999: 293) und dies sind vor allem Substantive (Nowowiejski 1990: 119).

Danuta Buttler untersuchte wiederum den Anteil von Fremdwörtern deutscher Herkunft in ei-nem polnischen Fremdwörterlexikon (4 von Tokarski 1978). In ihrer Untersuchung betont die Autorin, dass es sich um Fremdwörter mit einer sehr langen Tradition in der polnischen Spra-che handeln würde. So ist von den über 600 Wörtern deutscher Herkunft, die unter den Buch-staben A-K registriert sind, fast die Hälfte (47,5%) schon seit dem 18. Jahrhundert gebräuch-lich und nicht ganz ein Fünftel sind Übernahmen aus dem 20. Jahrhundert. Folglich stammen über 33% des Wortbestandes deutschen Ursprungs, die im modernen Polnisch lebendig oder zumindest allgemein bekannte Historismen sind, aus dem 19. Jahrhundert (Buttler 1986: 559). Stanisław Rospond betrachtet wiederum, wie lange und in welchen Zeitperioden der deutsche Wortschatz am stärksten auf das Polnische wirkte. So sollen deutsche Wörter in der Zeit von

13. bis Ende des 16. Jahrhunderts ihren Einfluss am stärksten ausgeübt haben. Somit platziert sich das Deutsche hinsichtlich der Länge des Einflusses nach der lateinischen und dann tschechischen Sprache an dritter Stelle:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab. 1 (Rospond 1973: 176).

3.2. Das Problem etymologischer Angaben in polnischen Wörterbüchern

Der polnische Linguist Ryszard Lipczuk betont, dass manche statistische Analysen von Wör-terbüchern hinsichtlich deutscher Entlehnungen der Rolle des Deutschen für den polnischen Wortschatz nicht gerecht werden, weil nicht alle deutschen Lehnwörter in einsprachigen pol-nischen Wörterbüchern als solche gekennzeichnet sind (Lipczuk 1993: 32). Als Beispiele für diese Beobachtung wurden hier alltagsgebräuchliche Wörter wie szynka (Schinken), drut (Draht), dach (Dach), rynek (Marktplatz), mur (Mauer), firanka (Fenstervorhang), szafa, (Schrank), talerz (Teller), rura (Rohr), smalec (Schmalz), zupa (Suppe), pieni ą dz (Geldstück), zegar (Uhr), szyba (Scheibe), olej (Öl), cukie r (Zucker), bigos (Sauerkraut mit Fleisch stücken), kierowa ć (leiten, steuern), malowa ć (malen), szuka ć (suchen) ausgewählt und in fol genden einsprachigen Wörterbüchern der polnischen Sprache geprüft:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab. 2

Die Wörter, die als deutsche Entlehnungen in den oben genannten Wörterbüchern gekenn-zeichnet wurden, sind hier mit einem (+) versehen und die, welche nicht als Entlehnungen ge-kennzeichnet werden, sind hier mit einem (-) versehen. Die übrigen weisen auf eine Entleh-nung aus dem Lateinischen (lat.) hin. Bei vielen der Wörter fehlt überhaupt die Angabe über die Herkunft. Man kann hier also den Rückschluss ziehen, dass sich viele Wörter deutscher Herkunft im Polnischen (insbesondere die mit alltagssprachlichem Charakter) wahrscheinlich so fest eingebürgert haben, dass sie selbst von einigen Wörterbuchautoren nicht mehr als fremd erkannt werden.

Ebenso schwanken die Aussagen über die Herkunft eines fremden Elementes im Polnischen in vielen Quellen (siehe dazu Tabelle 2 und 4). Deshalb stellt sich die Frage, wieso bei dem selben entlehnten Wort verschiedene Angaben in verschiedenen Wörterbüchern der polni-schen Sprache aufgeführt werden. So schwanken die Herkunftsangaben zwischen Deutsch und Latein in einzelnen Wörterbüchern des Polnischen bei solchen Lehnwörtern wie z. B. fa ł sz (falsch), zwischen Deutsch und Tschechisch, z. B. bei koszt (Kosten) und zwischen Deutsch und Italienisch z. B. bei filar (Pfeiler) (vgl. dazu Wörterbücher in der Tabelle 2). Eg-gers und Hentschel betonen den Unterschied zwischen dem direkten Sprachkontakt und der Etymologie als Entlehnungskriterium, um die Ausgangsquelle zu bestimmen. So wird z. B. ein großer Teil des christlich-religiösen Wortschatzes des Polnischen von der bisherigen For-schung zu den deutschen Entlehnungen des Polnischen gezählt (wobei gelegentlich die tsche-chische Vermittlung angesprochen wird). Offensichtlich gehen diese Arbeiten eher von dem direkten Sprachkontakt aus als von der Etymologie. Aber weder Christentum noch die mit ihm verbundene Terminologie stammen aus dem deutschsprachigen Raum. Das heißt, diese vermeintlich deutschen Lehnwörter des Polnischen sind Elemente des deutschen Wortschat-zes bereits Lehnwörter aus einer dritten bzw. vierten Sprache (Eggers/Hentschel 1987: 220). Es ist von Belang, hier zu betonen, dass die deutsche Sprache auch eine Vermittlerrolle zwi-schen anderen Sprachen und dem Polnischen spielte. So stammen die deutschen Wörter, wie z. B. Mauer, Ziegel, Zins, Zwiebel aus dem Lateinischen, die polnischen mur, ceg ł a, czynsz, cebula aus dem Deutschen; die deutschen marschieren, Platz, Runde sind aus dem Französi-schen gekommen, während die polnischen maszerowa ć, plac, runda aus dem Deutschen über-nommen wurden; im Deutschen stammen Kartoffel, mustern, Zucker aus dem Italienischen -die analogen Ausdrücke im Polnischen (kartofel, musztrowa ć, cukier) sind aus dem Deut-schen, von Kartoffel, mustern, Zucke r übernommen worden (Lipczuk 1999: 293). Auch Ry-bicka weist auf die Rolle des Deutschen als eine Vermittlersprache hin, mit deren Hilfe, auf-grund des direkten Sprachkontaktes, viele Wörter, die ihren Ursprung in anderen Sprachen hatten, ins Polnische gelangen konnten (Rybicka 1976: 48). So konnten viele Wörter, beson-ders romanischen Ursprungs, durch das Deutsche ins Polnische gelangen: p ę dzel (Pinsel) < mhd. pënsel < mlat. < pinsellus, koszt (Kosten) < mhd. kost < mlat. costus, talerz (Teller) < mhd. talier < ital. tagliere, pancerz (Panzer) < mhd. panzier < ital. panciera < mlat. pancerea, laweta (Lafette) < nhd. Lafette < frz. l'affût, usw. (Korbut 1935: 24).

Viele Lehnwörter gelangten allerdings zuerst vom Deutschen (abgesehen ihrer vorhergehenden Etymologie) in eine der anderen slawischen Sprachen, meistens ins Tschechische (besonders im Frühmittelalter im religiösen Bereich). Von dort konnten sie aufgrund des direkten Kontakts ins Polnische gelangen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab. 3 (Rybicka 1976: 48).

Zu den „direkten“ Lehnwörtern, also solchen, die keine Wanderwörter aus anderen Sprachen sind, d. h. solche, die direkt aus dem Deutschen bzw. Germanischen und nicht durch die Ver-mittlung anderer Sprachen gekommen und in der gegenwärtigen polnischen Sprache vorzufin-den sind, zählt Czarnecki etwa los (Los) < mhd. los, skarb (Schatz) < ahd. scerf oder stal (Stahl) < mhd. stāl (Czarnecki nach Lipczuk 2003: 4). Karszniewicz-Mazur (1988: 29 ff.) lis-tet folgende Wörter auf: cech (Zunft) < mhd. zëche, dach (Dach) < mhd. dach, dyszel (Deich-sel) < mhd. dīhsel, fala (Welle) < mhd. wëlle, blok (Block) < nhd. Block, bunt (Aufruhr) < nhd. Bund, druk (Druck = Typographie) < nhd. Druck, drut (Draht) < mhd. drāt, fach (Beruf, Beschäftigung) < nhd. Fach, rachunek (Rechnung) < nhd. Rechnung, szuflada (Schublade) < mnd. schūflade, malowa ć (malen) < mhd. mālēn, musie ć (müssen) < mhd. müe“en, ratusz (Rathaus) < mhd. rāthūs, rura (Rohr) < mhd. rōre, roere, smakowa ć (schmecken) < mhd. smecken, sznur (Schnur) < mhd. snuor, szufla (Schaufel) < mnd. schūfel(e), szynka (Schin-ken) < mhd. schinke, trafi ć (treffen) < mhd. trëffen, tratowa ć (zertreten) < mhd. trëtten, treten, hak (Haken) < mhd. hāke(n), handlowa ć (handeln) < mhd. handeln, huta (Hütte) < mhd. hütte, jarmark (Markt) < mhd. jār-market, kierowa ć (leiten, steuern) < mhd. kēren, kloc (Klotz) < mhd. kloz, ł adowa ć ((auf-)laden) < mhd. laden, gmach (Gebäude) < mhd. gemach, folgowa ć (nachlassen, nachgeben) < mhd. volgen, grunt (Boden, Grund) < mhd. grunt, haft (Stickerei) < mhd. haft u. a..

Zu einem wichtigen Problem bei der Analyse des Lehnguts im Polnischen gehören hier auch Unterschiede in Angaben über verschiedene Lehnwörter, die nicht nur in den Wörterbüchern differieren, sondern auch in anderen Quellen. So werden oft Lehnwörter (insbesondere im Be-reich der Verben), die von einigen Autoren für direkte Entlehnungen gehalten werden, wie-derum von anderen als Derivate angesehen, die schon von entlehnten Wörtern gebildet wor-den sind. Als Beispiel kann hier farbowa ć (färben) dienen, das Korbut (1935: 130) für eine di-rekte Entlehnung hält und Bańkowski in seinem etymologischen Wörterbuch des Polnischen (2000: 360, Band I) für ein Derivat von farba (Farbe). Ebenfalls l ą dowa ć (landen), das von Korbut für eine direkte Entlehnung (1935: 130) und von Bańkowski wiederum für ein Derivat von l ą d (Land) (2000: 10, Band II) gehalten wird. Das Wort budowa ć (bauen) halten sowohl Korbut (1935: 133) als auch Bańkowski (2000: 90, Band I) für ein Derivat von buda (Bude) und Karszniewicz-Mazur (1988: 45) lässt die Möglichkeit einer direkten Entlehnung von dem mittelhochdeutschen Wort b ū den zu (siehe dazu Tabelle 5).

Ebenfalls sind die Angaben zur chronologischen Einstufung der Lehnwörter in den Quellen nicht einheitlich. So halten z. B. Kaestner (1939: 37 ff.) und Karszniewicz-Mazur (1988: 53) das Wort fala (Welle) für eine Entlehnung von dem mittelhochdeutschen Wort w ë lle aber Bańkowski für eine Entlehnung von dem deutschen Verb fallen (siehe dazu Tabelle 5).

4. Zur tschechischen Vermittlung der deutschen Lehnwörter

Wenn man die Entlehnungen nach dem Prinzip des direkten Sprachkontakts betrachten wür-de, müsste man feststellen, dass viele Lehnwörter, die in den polnischen Quellen als Germa-nismen bezeichnet werden, nicht direkt vom Deutschen übernommen wurden, sondern zuerst über die tschechische Sprache ins Polnische vermittelt worden sind. So wurden hier folgende Wörter, die von manchen Autoren für tschechische Entlehnungen gehalten werden, in drei etymologischen Wörterbüchern der polnischen Sprache geprüft: barwa (Farbe) < alttsch. bar-va < ahd. farawa, chwila (Weile) < alttsch. chvíle < ahd. hwīl, ć wiczy ć (üben) < alttsch. cvičiti <mhd. zwicken, dzi ę kowa ć (danken) < alttsch. diek < mhd. danc, kuchnia (Küche) < alttsch. kuchyně < ahd. kuchĭna (Karszniewicz-Mazur 1988: 29 ff.), jedwab (Seide) < alttsch. hedváb < ahd., germ. *godawëbbi, fartuch (Schürze) < alttsch. fěrtuch < mhd. fürtuoch, latarnia (La-terne) < alttsch. laterna < mhd. latërne, kosztowa ć (kosten) < alttsch. koštovati < mhd. kosten, sztuka (Stück; Kunst) < alttsch. štuka < mhd. stücke, szanowa ć (hochachten) < alttsch. šano-vati < mhd. schōnen, bawe ł na (Baumwolle) < alttsch. bavlna < mhd. boumwolle, cebula (Zwiebel) < alttsch. cebula < mhd. zibolle, kszta ł t (Gestalt) < alttsch. kštalt < mhd. gestalt, taca (Tablett) < alttsch. tác < mhd. dëzem, puszka (Dose) < alttsch. puška < mhd. bühse (Czarnecki 1970: 40 ff.), post (Fasten) (Brückner 1974: 370):

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab. 4

*Wörterbuch enthält Stichwörter nur bis zu dem Buchstaben „P“

** Wörterbuch enthält Stichwörter nur bis zu dem Buchstaben „L“

So sind zunächst die Angaben in den drei etymologischen Wörterbüchern des Polnischen nicht bei jedem Wort einheitlich. Unterschiede bestehen bei dzi ę kowa ć, kosztowa ć und bawe ł -na. Die Beispiele wie kszta ł t, fartuch, latarnia, post, szanowa ć und cebula werden meist nicht als tschechische sondern als rein deutsche Lehnwörter genannt, die drei vorher erwähnten Beispiele nur zum Teil. Da die polnische Sprache nicht nur von der deutschen, sondern auch von der tschechischen Sprache stark beeinflusst wurde, hatte das Tschechische nicht nur viele deutsche Entlehnungen selbst übernommen, sondern vermittelte diese auch an die polnische Sprache. Deshalb ist es wichtig, die Vermittlerrolle des Tschechischen als eine wichtige Quel-le der Übernahmen der deutschen Entlehnungen zu berücksichtigen. Urbańczyk schreibt:

"Die Entlehnungen aus diesen beiden Sprachen sind oft schwer zu unterscheiden, da etwa zwei Drittel der deutschen Lehnwörter im Polnischen durch die Vermittlung des Tschechischen übernommen wurde" (Urbańczyk 1972: 133).

Von den Lehnwörtern, die ursprünglich ein Bestandteil des deutschen Wortschatzes waren (ungeachtet ihrer vorhergehenden Etymologie) und die Aufnahme in die tschechische Sprache fanden, wurde ein Teil wiederum von der polnischen Sprache übernommen. "Somit ist Polnisch die Zielsprache geworden und Tschechisch in die Position einer Vermittlungssprache gerückt" (Lambert 1991: 62).

Die Entlehnungen aus dem Tschechischen fanden vor allem im Frühmittelalter statt und sind vor allem mit dem religiösen Bereich verbunden. Dies hängt mit der Annahme des Christen tums in Polen zusammen und hierbei spielte auch die Heirat des polnischen Herzogs Mieszko I. mit der tschechischen Prinzessin Dubrawa (siehe dazu auch Kap. 9.1.1.) eine wichtige Rolle. So konnten viele Entlehnungen aus dem Deutschen (ursprünglich meistens lateinischer Herkunft) durch das Tschechische ins Polnische gelangen. Brückner zählt zu solchen Wörtern: papie ż (Papst), biskup (Bischof), kap ł an (Priester), opat (Abt), przeor (Prior), mnich (Mönch), ko ś ci ół (Kirche), o ł tarz (Altar), krzy ż (Kreuz), chrzest (Taufe), bi(e)rzmowanie (Konfirmation), msza (Messe), op ł atek (Oblate), nieszpory (Vesper), ja ł mu ż na (Almosen), post (Fasten), kielich (Kelch), klasztor (Kloster) (Brückner 1974: 370) .

Neben der kirchlichen Terminologie gibt es im Polnischen viele deutsche Lehnwörter des praktischen Lebens aus den Handels- und Handwerksbereichen (insgesamt etwa 1500) (Ur-bańczyk 1972: 133). Da die Handelsbeziehungen zwischen Schlesien und Tschechien im 13. Jahrhundert und besonders im 14. Jahrhundert sehr ausgedehnt waren, sind viele deutsche Lehnwörter durch die tschechische Vermittlung ins Polnische gelangt (Schlüer 1991: 86). Zu den Entlehnungen im Bereich Handel gehören: manholt (Mangold) < alttsch. manholt < mhd. mangolt, wyderkouf (Wiederkauf) < alttsch. viderkouf < mhd. widerkouf, durszlak (Durch-schlag) < alttsch. dršlák < mhd. durchslac, jedwab (Seide) < alttsch. hedváb < ahd., germ.

*godawëbbi, pytel (Mehlbeutel) < alttsch. pytel < mhd. biutel, puszka (Dose) < alttsch. puška < mhd. bühse, fartuch (Schürze) < alttsch. fěrtuch < mhd. fürtuoch, latarnia (Laterne) < alttsch. laterna < mhd. latërne, hakownica < alttsch. hākovnicě < mhd. hâken-bühse (Czar-necki 1970: 40).

Nach Czarnecki stammt die Mehrheit der mittelalterlichen Entlehnungen in der Zeit von 1250-1500 und später meistens direkt aus dem Deutschen ohne die tschechische Vermittlung. Er nimmt auch an, dass die Übernahme des deutschen Wortschatzes in dieser Zeitperiode in das Tschechische hauptsächlich von den drei dialektalen Gruppen erfolgte: Schlesisch, Bai-risch und Obersächsisch (Czarnecki 1970: 38). Auch Kleczkowski bestätigt, dass die Phonetik der entlehnten Wörter auf die oberdeutsche und bairische Quelle hinweist (Kleczkowski 1928: 343). Kaestner behauptet, dass das Polnische mit den oberdeutschen Dialekten keine di-rekte Berührung gehabt hätte. Oberdeutsche Wörter können daher nur durch die tschechische Vermittlung ins Polnische gelangt sein. Seit dem 15. Jahrhundert verliert die Übernahme deutscher Wörter ins Tschechische zunehmend an Bedeutung. Die oberdeutschen Lehnwörter wären so (aus den angeführten Gründen) daher nur für die älteren sprachlichen Perioden zu erwarten (Kaestner 1939: 28). Czarnecki schlägt solche Beispiele für den entlehnten Wort schatz in der Zeit vom 13. bis zum Ende des 16. Jahrhunderts aus dem Bairischen über das Tschechische ins Polnische vor: hynszt (Wallach, Handpferd) < alttsch. hynšt < mhd. hengest, kosztowa ć (kosten) < alttsch. koštovati < mhd. kosten, kunszt (Kunstfertigkeit) < alttsch. kunšt < mhd. kunst, kramarz (Krämer) < alttsch. kramář < mhd. kraemaere, szanowa ć (hochachten) < alttsch. šanovati < mhd. schōnen, sztuka (Stück; Kunst) < alttsch. štuka < mhd. stücke, ku ś nierz (Kürschner) < alttsch. kušníř < mhd. kürsenaere, ć wiek (Zwecke) < alttsch. cvek < mhd. zwëcke, sztrucla (Stolle) < alttsch. štrucla < mhd. strützel, bawe ł na (Baumwolle) < alttsch. bavlna < mhd. boumwolle, masztalerz (Stallmeister) < alttsch. maštalíř < mhd. marstalaære, kszta ł t (Gestalt) < alttsch. kštalt < mhd. gestalt (Czarnecki 1970: 41f.).

Beispiele für entlehnte Wörter aus dem Obersächsischen oder Bairischen sind: cebula (Zwiebel) < alttsch. cebula < mhd. zibolle, barwinek (bot. Immergrün) < alttsch. barvínek < mhd. bärvinke, pervinke, herold (Herold) < alttsch. herold < mhd. herolt, kruchta (Vorhalle einer Kirche) < alttsch. kruchta < mhd. gruft, grajcar (Kreuzer) < alttsch. grajcar < mhd. kriuzaere, taca (Tablett) < alttsch. tác < mhd. dëzem (Czarnecki 1970: 39 ff.).

[...]


1 Skorupka, S. 1968: Mały słownik języka polskiego. Warszawa.

2 Piprek, J. 1971: Großwörterbuch Polnisch-Deutsch. Warszawa.

3 Sokołowska, M. 1995: Słownik naukowo-techniczny polsko-nie-miecki. Warszawa.

4 Tokarski, J. 1978: Słownik wyrazów obcych. Warszawa.

Ende der Leseprobe aus 80 Seiten

Details

Titel
Die lexikalischen Entlehnungen aus dem Deutschen in der polnischen Sprache
Hochschule
Universität Leipzig
Note
1,3
Autor
Jahr
2004
Seiten
80
Katalognummer
V165001
ISBN (eBook)
9783640808212
ISBN (Buch)
9783640807970
Dateigröße
871 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
entlehnungen, deutschen, sprache
Arbeit zitieren
Magdalena Eiden (Autor:in), 2004, Die lexikalischen Entlehnungen aus dem Deutschen in der polnischen Sprache, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/165001

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