Einfluss der Hugenotten auf das kulturelle Leben Berlins im 17. und 18. Jahrhundert


Hausarbeit (Hauptseminar), 2010

28 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Gliederung

1. Einleitung

2. Einfluss der Hugenotten auf das kulturelle Leben Berlins
2.1. Das Edikt von Potsdam und seine Bedeutung
2.1.1. Die 14 Artikel des Edikts
2.2. Die französische Kirche in Berlin
2.3. Eingliederungsbereitschaft der Hugenotten
2.3.1. Verbreitung in Berlin
2.4. Einflüsse der französischen Sprache
2.5. Ärzte und Apotheker der Hugenotten
2.5.1. Wohltätigkeit
2.6. Die gewerbliche Entwicklung mit den Hugenotten
2.6.1. Textilien
2.6.2. andere Berufe
2.6.3. Agrargewerbe
2.7. Einfluss der Hugenotten auf die Wissenschaften in Berlin
2.7.1. Schulwesen
2.7.2. Einflussnahme in der Literatur

3. Zusammenfassung

4.Quellen und Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Hugenotten ist die Bezeichnung für die französischen Protestanten im vorrevolutionären Frankreich. Sie zeichneten sich durch religiösen Zusammenhalt und gleichen theologischen Hintergrund aus. Deren Glauben, Religion Prétendue Réformée, der so genannte reformierte Glauben, war stark beeinflusst von Johannes Calvin.

Zunächst gab es in Deutschland eine Reformation durch die Thesen Luthers. Dies geschah fast zeitgleich in Zürich durch Zwingli. Die Reformation in Frankreich war abhängig von Calvin, da der Calvinismus zwischen 1535 und 1560 immer mehr das Protestantentum durchdrang und den Freidenkern Zulauf verschaffte.

Sehr schnell setzte jedoch eine katholische Gegenbewegung ein. Die Amtsträger der Kirche sahen ihre Lehren und ihre Macht durch die aufkommende Bewegung gefährdet. Um ca. 1530 wurde die Glaubensausübung der Protestanten durch den katholischen Klerus und den König unterdrückt. Kirchen und Klöster wurden zerstört und geplündert. Die Verfolgung von Ludwig den XIV. nahm immer mehr zu, was um 1685 eine Fluchtwelle von tausenden Hugenotten in die umliegenden, protestantischen Länder auslöste.[1]

Auch Deutschland zählte zu diesen Ländern. Die Franzosen brachten ihre Sprache, Bräuche und Sitten mit. Sie kamen aus verschiedensten sozialen Schichten Frankreichs. Neben Berlin zählten auch Hamburg, Hessen, die Pfalz, Württemberg, Braunschweig und andere deutsche Städte als Zufluchtsorte.[2] In Deutschland waren die Hugenotten hoch angesehen auf Grund der überragenden politisch-militärischen Stellung Frankreichs in Europa. Zudem wurde damals alles was aus Frankreich kam übernommen und nachgeahmt.

In wieweit die Hugenotten die Sprache und die Alltagskultur der Berliner beeinflussten, möchte ich in dieser Seminararbeit versuchen zu erörtern.

2. Einfluss der Hugenotten auf das kulturelle Leben Berlins

2.1. Das Edikt von Potsdam und seine Bedeutung

Das Edikt von Kurfürst Friedrich Wilhelm, mit seinem eigentlichen Namen

Chur-Brandenburgisches Edict, Betreffend Diejenige Rechte,

Privilegia und andere Wolthaten, welche Se. Churf. Durchl.

Zu Brandenburg denen Evangelisch-Reformirten

Französischer Nation, so sich in Ihren Landen

niederlassen werden daselbst zu verstatten gnädigst

entschlossen seyn „ [1],

beinhaltet 14 Artikel mit den Rahmenbedingungen für die Aufnahme der Hugenotten. Diese versprachen ihnen unter anderem Schutz, Zuflucht, Hilfe und Freundschaft.

1685 wurde das Edikt von Potsdam schließlich von Friedrich Wilhelm unterzeichnet und gedruckt. Es erschienen Flugblätter u.a. in Halle, Regensburg, in den Niederlanden und in der Schweiz, aber auch in Frankreich.[2]

Das Edikt löste einen beachtenswerten Einwandererstrom von Hugenotten aus. Ca. 20 000 der Flüchtlinge folgten den Aufruf des Kurfürsten und siedelten sich in dessen Land an. Zur damaligen Zeit war es eine ungewöhnlich hohe Immigrationsrate. Diese sollte Friedrich Wilhelm großen Nutzen bringen, verursachte zunächst jedoch hohe Kosten und Probleme.[3] Entscheidend für den Erlass des Ediktes waren vornehmlich wirtschafts- und machtpolitische Gründe. Brandenburg- Preußen war nach dem dreißigjährigen Krieg mit am schwersten betroffen. Seuchen, Verwüstungen und Hungersnöte standen an der Tagesordnung und ließen die Bevölkerung schrumpfen. Sogar ganze Landstriche waren verödet. Die Lebensbedingungen und –qualitäten waren beachtlich gesunken.[4]

Durch die Einwanderung der Hugenotten erhoffte sich Friedrich Willhelm einen Wiederaufbau bzw. eine Verbesserung der Macht – und Wirtschaftsverhältnisse in seinem Land und damit unmittelbar verbunden einen Anstieg der Bevölkerungszahl.[1] Da Frankreich im 17ten Jahrhundert als hohe Kultur angesehen wurde und Fachkenntnissen, sowie Neuerungen in verschiedensten wissenschaftlichen und handwerklichen Bereichen bestanden, sah der Kurfürst die Einwanderung der Hugenotten als optimale Lösung für einen Macht- und Wirtschaftszuwachs.[2]

2.1.1. Die 14 Artikel des Edikts

Das Edikt enthielt vorwiegend wirtschaftliche Vergünstigungen für die Hugenotten, Versicherungen auf Wohn- und Verdienstmöglichkeiten, Abgabenbefreiung und vor allem das Recht auf freie Religionsausübung.

Im ersten Artikel wurden Gesandte angewiesen die Hugenotten über den Seeweg nach Hamburg zu bringen und von da aus nach Brandenburg-Preußen.

Unter dem zweiten Punkt wurde Frankfurt am Main als Anlaufpunkt für die Einwanderer genannt. Dort sollten sie mit Schiffen den Rhein hinunter nach Kleve, was zum Kurfürstentum Brandenburg-Preußen gehörte, gebracht werden. Im dritten Artikel wurden Ansiedlungen in den Städten Stendal, Werben, Rathenow, Königsberg und anderen vorgeschlagen. Es wurde betont, dass sie dort gut aufgenommen werden und Hilfe erhalten würden.

Der darauf folgende Punkt verspricht eine Befreiung von Zöllen und anderen Auflagen.[3]

Im fünften Artikel wurde angekündigt, dass den Einwanderern wüste und unbewohnte Häuser zur Verfügung gestellt werden, sowie das notwenige Baumaterial für die Instandsetzung.

Auch freie Plätze, Wiesen und Äcker sollten, so nach Punkt sechs, zur Bebauung für die Hugenotten zur Verfügung gestellt werden.

Im Artikel sieben wurden Gebühren für Bürger- und Meisterrecht, sowie Heimfallrecht aufgehoben.

Gründungen von Manufakturen wurden mit dem achten Punkt unterstützt. Der diese mit Geldern, Privilegien und Freiheiten förderte.

Zudem kommt im neunten Artikel, dass den Hugenotten Land zum urbar machen versprochen wurde.

Streitigkeiten zwischen den Franzosen sollten mit einer selbst gewählten Person gütlich beigelegt werden, so nach Punkt zehn.

Im nächsten Artikel sollte den Hugenotten das Privileg gewährt werden, einen eigenen Prediger zu halten, den Gottesdienst in Französisch und ihnen übliche Zeremonien und Bräuche abzuhalten.

Des weiteren, so in Punkt zwölf, sollten den Hugenotten Amtsstellen in Aussicht gestellt werden und die Gleichstellung des französischen Adels mit dem Deutschen.

Der vorletzte Artikel wies daraufhin, dass auch Einwanderer, die vor Veröffentlichung des Ediktes nach Brandenburg-Preußen kamen, diese Privilegien nutzen konnten mit Ausnahme der französischen Katholiken.

Im letzten Artikel wurde kenntlich gemacht, dass zukünftig gewisse Kommissare eingesetzt werden, bei denen sich die Einwanderer Rat und Hilfe holen konnten.[1]

Obwohl Berlin im Edikt von Potsdam nicht als Ansiedlungsort erwähnt wurde, wurde die Stadt zum Zentrum des brandenburgischen Refuge. Ein Grund dafür war, dass die Hugenotten hofften in der Umgebung der kurfürstlichen Residenz besonders gute Existenzmöglichkeiten zu finden. Ein anderer Grund war, dass seit 1672 bereits eine kleine französische Gemeinde existierte, die unter kurfürstlichen Schutz stand und für viele Einwanderer ein erster Anlaufpunkt war.[2]

2.2. Die französische Kirche in Berlin

Die Könige Frankreichs blieben immer der katholischen Kirche treu und drängten den Einfluss anderen Glaubens immer mehr zurück. Ein Viertel der Pfarrer schwor ab und die anderen verließen das Land.

Die Flüchtlinge, die in Bandenburg- Preußen eintrafen, hatten es anfangs trotz des Ediktes nicht leicht. Im Jahr 1685 gab es nur eine französische Gemeinde, die auch nach der Ankunft zahlreicher Flüchtlinge die größte blieb. Im Land herrschte konfessioneller Zwiespalt. Der reformierte Landesherr konnte nur mit Mühe und Not den Berliner Klerus dazu bringen die reformierten Neuankömmlinge zu dulden.

Friedrich Wilhelm und auch sein Sohn Friedrich III. zeigten sich als sehr tolerant bei der Behandlung der Kirchenangelegenheiten der Réfugiés und erlaubten eine Selbstverwaltung und Eigenverantwortung der Kirchen vor Ort.

Die Arbeit der Französischen Kirche wandte sich vorwiegend dem Gottesdienst und der Armenfürsorge zu.[1]

In den Anfangsjahren der französischen Kolonien bildete die Kirche den Mittelpunkt deren gesellschaftlichen Lebens. Die Kirche fungierte auch als Ort der Erhaltung der französischen Muttersprache. Pastoren der französischen Kirche waren gegen Ehen zwischen Deutschen und Refugiès, wie die Heiratsregister in Berlin zeigen. In den Jahren 1695 bis 1704 gab es keine Mischehen zwischen Pastoren und anderen akademisch Gebildeten und Deutschen. Erst zum Ende des 18. Jahrhunderts stieg der Prozentsatz auf Dreizehn an.[2]

Im Laufe der Zeit und speziell zum Ende des 18.Jahrhunderts änderte sich diese Situation erheblich. Die Gottesdienste wurden immer seltender besucht und die Nachkommen der Hugenotten schlossen sich nun meist Deutschen Gemeinden an. [3]

Und auch die Bindung innerhalb der französischen Gemeinde lockerte sich immer mehr. Diese Tatsache wurde natürlich auch dadurch hervorgerufen, dass die französische Sprache immer mehr verblasste. In der zweiten und dritten Generation wurde immer weniger Französisch gesprochen. Dadurch konnten viele den französischen Gottesdienst nicht mehr verstehen. 1831 waren dann endgültig alle Gottesdienste auf Deutsch. [1]

[...]


[1] Walter KASPER: Lexikon für Theologie und Kirche, Bd.5, Herder: Freiburg in Breisgau 2006,
S. 302.

[2] Gerhard FISCHER: Die Hugenotten in Berlin: Zum 300. Jahrestag des Ediktes von Potsdam. Berlin 1985, S.9.

[1] Jürgen WILKE: Berlin zur Zeit des Edikts von Potsdam. Das Edikt und seine Bedeutung, in: Gottfried Bregulla: Hugenotten in Berlin, Berlin 1988, S.13.

[2] Frèdèric HARTWIG, Stefi JERSCH-WENZEL: Die Hugenotten und das Refuge: Deutschland und Europa. Berlin 1990,S.7.

[3] Conrad GRAU: Berlin, Französische Straße: Auf den Spuren der Hugenotten. Berlin 1987, S.22.

[4] Ebd., S.20-23.

[1] Susanne LACHENICHT: Migration, Migrationspolitik und Integration, Hugenotten in Dandenburg- Preußen, Irland und Großbritannien, in: Manuela Böhm: Hugenotten zwischen Migration und Integration, Berlin 2005, S.40.

[2] Ebd., S.3.

[3] Jürgen WILKE: Berlin zur Zeit des Edikts von Potsdam. Das Edikt und seine Bedeutung, in: Gottfried Bregulla: Hugenotten in Berlin, Berlin 1988, S.23-28.

[1] Jürgen WILKE: Berlin zur Zeit des Edikts von Potsdam. Das Edikt und seine Bedeutung, in: Gottfried Bregulla: Hugenotten in Berlin, Berlin 1988, S.23-28.

[2] Ebd., S. 33

[1] Magarete WELGE: Die Französische Kirche zu Berlin, in Gottfried Bregulla: Hugenotten in Berlin, Berlin 1988, S.88ff.

[2] Susanne LACHENICHT: Migration, Migrationspolitik und Integration, Hugenotten in Brandenburg- Preußen, Irland und Großbritannien, in: Manuela Böhm: Hugenotten zwischen Migration und Integration, Berlin 2005, S.55.

[3] Laure GRAVIER: Sprachwechsel in der Schule - Erscheinungsformen und Folgen, in: Manuela Böhm: Hugenotten zwischen Migration und Integration, Berlin 2005, S. 169.

Ende der Leseprobe aus 28 Seiten

Details

Titel
Einfluss der Hugenotten auf das kulturelle Leben Berlins im 17. und 18. Jahrhundert
Hochschule
Friedrich-Schiller-Universität Jena  (Institut für Volkskunde und Kulturgeschichte)
Note
1,7
Autor
Jahr
2010
Seiten
28
Katalognummer
V164576
ISBN (eBook)
9783640795734
Dateigröße
532 KB
Sprache
Deutsch
Arbeit zitieren
Carolin Faulwasser (Autor:in), 2010, Einfluss der Hugenotten auf das kulturelle Leben Berlins im 17. und 18. Jahrhundert, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/164576

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