Langzeitkonten, Sabbaticals und Zeitwertpapiere

Verführung zum Stundensammeln oder Bindung von Fachkräften?


Studienarbeit, 2003

32 Seiten, Note: 1,5


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

1. Die Notwendigkeit der Arbeitszeitflexibilisierung

2. Langzeitkonten, Sabbaticals und Zeitwertpapiere
2.1 Das Langzeitkonto
2.1.1 Allgemeine Beschreibung
2.1.2 Art der Kontospeisung
2.1.3 Art der Kontoführung
2.1.4 Kritik
2.2 Das Sabbatical
2.2.1 Allgemeine Beschreibung
2.2.2 Mögliche Ansparprozesse
2.2.3 Kritik
2.3 Das Zeitwertpapier
2.3.1 Allgemeine Beschreibung
2.3.2 Durchführung
2.3.3 Vorteile für die Beteiligten
2.3.4 Kritik

3. Rahmenbedingungen
3.1 Rechtliche Grundlagen
3.2 Sozialversicherungsrechtliche Grundlagen
3.2 Steuerliche Grundlagen

4. Die Verführung zum Stunden-Sammeln

5. Die Bindung von Fachkräften

6. Fazit

7. Ausblick

1. Die Notwendigkeit der Arbeitszeitflexibilisierung

Gerade in der heutigen Zeit, in der die Wirtschaft eher verhalten reagiert und die Arbeitslosigkeit ein neues Rekordhoch erreicht hat, wird der Ruf nach einer flexibleren Gestaltung der Arbeitszeit immer lauter. Auch die Unternehmen müssen, wenn noch nicht geschehen, umdenken und auf Zwänge und Anreize entsprechend reagieren. Die so genannten Push- und Pull-Faktoren machen eine Arbeitszeitflexibilisierung nahezu unumgänglich. Dieser Sachverhalt soll anhand folgender Graphik verdeutlicht werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.: 1: Zwänge und Anreize einer flexiblen Arbeitszeitgestaltung[1]

Die Push-Faktoren sind Zwänge und werden oft auch als Motor der Flexibilisierung bezeichnet. Beispielsweise beinhalten Tarifverträge oftmals eine Reduzierung der Wochenarbeitszeit, die die Maschinenlaufzeiten und somit auch die Produktivität senkt, wenn nicht mit Mitteln der Arbeitszeitflexibilisierung entgegen gewirkt wird. Die Betriebszeit muss also klar von der reinen Arbeitszeit getrennt werden.

Die Pull-Faktoren stellen Anreize dar, um die Flexibilität im Unternehmen auszubauen. Durch eine flexible Arbeitszeitgestaltung können Schwankungen in der Auftragslage abgefedert werden. Überstundenzuschläge können umgangen und Kurzarbeit vermieden werden, ohne dass wesentliche Nachteile für den Mitarbeiter oder den Arbeitgeber entstehen.

Sowohl die Push- als auch die Pull-Faktoren manövrieren ein Unternehmen in Richtung einer flexiblen Gestaltung der Arbeitszeit. Man darf sie allerdings nicht isoliert betrachten, sondern stets im inner- und außerbetrieblichen Gesamtkontext.[2]

Im weiteren Verlauf dieser Studienarbeit werden drei verschiedene Modelle der Arbeitszeitgestaltung detaillierter vorgestellt. Dabei wird genauer darauf eingegangen, ob sie zum Stunden-Sammeln verführen oder Fachkräfte langfristig an ein Unternehmen binden.

2. Langzeitkonten, Sabbaticals und Zeitwertpapiere

2.1 Das Langzeitkonto

2.1.1 Allgemeine Beschreibung

„Ein Langzeitkonto ist ein Mitarbeiterkonto, auf dem Ansprüche auf bezahlte Freistellung festgehalten werden […]“[3]. Das Langzeitkonto verfolgt also den Zweck, den Mitarbeitern längere Freistellungsphasen z.B. für Weiterbildungsmaßnahmen, familiäre Belange oder Langzeiturlaube zu ermöglichen. Aber auch ein Einstieg in die Teilzeitarbeit wird dadurch realisierbar. Man bezeichnet sie auch als Sabbaticals, die in Punkt 2.2 noch genauer erklärt werden.

Die Vorteile eines Langzeitkontos für den Arbeitgeber liegen auf der Hand. Ist das Unternehmen von häufigen Schwankungen in der Auftragslage oder in der Produktion betroffen, wie aktuell die Maschinenbaubranche, kann das Guthaben auf dem Langzeitkonto zum Ausgleich verwendet werden, um beispielsweise Kurzarbeit zu vermeiden. Somit besitzt es vor allem bei Minderauslastungen seine Relevanz. Aber auch bei Überlastung oder Fachkräftemangel, lässt sich die im Betrieb vorhandene Personalkapazität ausdehnen, ohne dass zwangsläufig hohe Überstundenzuschläge bezahlt werden müssen. Durch häufigere oder längere Freistellungsphasen kann der Mitarbeiter sich erholen und seinen persönlichen Bedürfnissen nachkommen. Somit kann das Burning-Out der Mitarbeiter zwar nicht gänzlich unterbunden, zumindest aber abgemildert werden.

Eine besondere Ausprägung des Langzeitkontos ist das Lebensarbeitszeitkonto, bei dem der Arbeitnehmer ausschließlich auf einen frühzeitigen oder gleitenden Eintritt in den Ruhestand „spart“. Der positive Nebeneffekt dabei ist die Verjüngung der Belegschaft.

Für Langzeitkonten gibt es einige Unterscheidungsmerkmale, die in den nächsten Gliederungspunkten angeführt werden.[4]

2.1.2 Art der Kontospeisung

Langzeitkonten unterscheiden sich einmal dadurch, dass sie entweder mit Zeit-, z.B. Überstunden oder mit Entgeltbestandteilen, z.B. 13. Monatsgehalt befüllt werden können. Welche Variante bevorzugt wird, liegt an der jeweiligen Zielsetzung des Unternehmens.

Verfolgt der Arbeitgeber mit dem Langzeitkonto die Absicht, dass seine Mitarbeiter möglichst oft ihre Zeitguthaben abbauen z.B. für längere Reisen, Bildungsurlaube etc. wird er sich für die Zuführung von Zeitbestandteilen aussprechen, da in diesem Fall die Abwicklung leichter durchführbar ist.

Die alleinige Zufuhr von Entgeltbestandteilen ist nur dann zu bevorzugen, wenn die Mitarbeiter in unterschiedlichen Arbeitszeitsystemen angesiedelt sind und dadurch eine Ungleichbehandlung bei der Befüllung des Langzeitkontos mit Zeit entstehen würde, z.B. erwirtschaftet ein Außendienstmitarbeiter in aller Regel mehr Überstunden als ein Sachbearbeiter.

Die letzte Möglichkeit besteht nun darin, sowohl Zeit als auch Geld in Form von Entgelt in das Langzeitkonto einzubringen. Dies ist allerdings nur dann empfehlenswert, wenn alle Mitarbeiter der gleichen Arbeitszeitsituation unterliegen, was relativ selten der Fall sein dürfte, oder der Arbeitgeber einem bestimmten Personenkreis, z.B. den Schichtarbeitern die Chance einräumen möchte, ihr Guthaben durch das Einzahlen von Zeit leichter und schneller zu erhöhen.

Oft sind die Arten der Zuführung schon tarifvertraglich vorgegeben. Deshalb ist es dringend erforderlich, den anzuwendenden Tarifvertrag genauestens zu hinterfragen.[5]

2.1.3 Art der Kontoführung

Ein weiterer Unterschied der Langzeitkonten liegt darin, dass sie sowohl in Zeit als auch in Geld geführt werden können. Wird ein Konto in Zeit geführt, wird der Freistellungsanspruch in Zeit ausgewiesen, analoges gilt bei der Kontoführung in Geld. Die Art der Kontoführung ist aber völlig unabhängig von der Befüllung des Kontos. Dies bedeutet, dass einem in Zeit geführten Konto neben Zeitbestandteilen auch Entgeltbestandteile zugeführt werden können.

Für das Führen in Zeit spricht eine vereinfachte sozialversicherungstechnische Abwicklung im Störfall, d.h. wenn die Freistellung unterbleibt. Zu sozial-versicherungsrechtlichen Aspekten wird in Gliederungspunkt 3.2 noch Stellung genommen. Des Weiteren besteht eine Verknüpfungsmöglichkeit mit den weit verbreiteten Gleitzeitkonten. Deren positive Salden, die den gesetzlich oder tarifvertraglich vorgeschriebenen Ausgleichszeitraum übersteigen, werden dann automatisch auf das Langzeitkonto verbucht. Auch sind in Zeit geführte Konten für den Mitarbeiter übersichtlicher, da der jeweilige Freistellungsanspruch stets bis auf die Minute genau abrufbar ist. Beim Langzeitkonto, das in Zeit geführt wird, liegt das Risiko der Verwaltungskosten und der Entgeltzahlung während der Freistellung beim Arbeitgeber.

Aber auch die Kontoführung in Geld weist ihre Vorteile auf. So können Mitarbeiter ihre Guthaben in Fonds anlegen und im Ertragsfall ihren Kontostand aufpolieren. Wegen der Fondsanlage werden Langzeitkonten meist von externen Dienstleistungsgesellschaften verwaltet, sodass die daraus resultierenden Kosten ertragsschmälernd auf den Mitarbeiter abgewälzt werden können. Allerdings unterliegen Langzeitkonten, die in Geld geführt werden, häufig dem so genannten Störfall. Dieser besagt, dass es nie zu einer Freistellung kommt. Denn den Mitarbeitern wird ständig der (hohe) „Preis“ dafür vor Augen geführt.

Für welche Art der Kontoführung sich der Unternehmer entscheidet, hängt im Wesentlichen von den Zielsetzungen und den betrieblichen Möglichkeiten ab.[6]

2.1.4 Kritik

Langzeitkonten weisen sowohl für den Arbeitnehmer als auch für den Arbeitgeber zahlreiche Vorteile auf. Aber dennoch möchte die Verfasserin auf einige Nachteile und Schwierigkeiten aufmerksam machen.

Langzeitkonten bergen eine große Gefahr der Stunden-Hamsterei. Dieser Aspekt soll hier jedoch nicht vertieft werden, da eine detaillierte Beschreibung in Punkt 4 dieser Arbeit folgt.

Ein weiterer Kritikpunkt sind sicherlich die Kosten, die mit Langzeitkonten verbunden sind. Für die Einführung sind oftmals Experten erforderlich, für die Abwicklung besondere Zeitlesegeräte und eine entsprechende Software. Zusätzlich trägt der Arbeitgeber die Verwaltungskosten, wenn das Langzeitkonto in Zeit geführt wird. Weiterhin ist er zur Entgeltzahlung verpflichtet, sobald der Mitarbeiter die Freistellungsphase antritt.

Ein weiterer Aspekt, der unbedingt berücksichtigt werden sollte, ist die Beschaffung von Ersatzpersonal, wenn sich ein Mitarbeiter freistellen lässt. Die Aushilfe muss zum einen über die erforderliche Qualifikation für die zu besetzende Stelle verfügen und zum anderen auch die Bereitschaft zeigen, ein zeitlich begrenztes Arbeitsverhältnis anzutreten. Schwierig ist es vor allem Führungskräfte und Spezialisten zu ersetzen, da die Anforderungen besonders hoch liegen.

Kehrt ein Mitarbeiter von seiner Auszeit wieder an den alten Arbeitsplatz zurück, muss er oftmals neu eingearbeitet werden, da die heutige Arbeitswelt durch eine enorme Schnelllebigkeit geprägt ist. Dies wirkt sich vor allem für den Arbeitgeber nachteilig aus, da jede Einarbeitung zusätzliche Kosten verursacht.

2.2 Das Sabbatical

2.2.1 Allgemeine Beschreibung

Das Wort Sabbatical stammt aus dem Hebräischen von „schabbat“ und heißt ruhen. Auf die heutige Arbeitswelt übertragen, bedeutet dies, dass der Mitarbeiter für einen bestimmten Zeitraum seinen Arbeitsplatz verlassen und eine Ruhepause einlegen kann. Das Konzept des Sabbaticals sieht dabei vor, dass der Arbeitnehmer während der Freistellung weiterhin sein Entgelt erhält. Sabbaticals umfassen in der Regel drei bis sechs Monate und werden meist für Langzeiturlaube, Familienphasen oder Weiterbildungsmaßnahmen verwendet, ohne dass der Mitarbeiter finanzielle Einbußen erleidet.

Das Sabbatical ist letztlich eine besondere Verwendungsmöglichkeit des Langzeitkontos. In der Ansparphase wird genauso viel Zeit im Langzeitkonto angesammelt, wie für die gewünschte Freistellungsdauer benötigt wird. Auf gängige Ansparmodelle wird im folgenden Gliederungspunkt noch näher eingegangen. Der Ansparprozess ist dadurch geprägt, dass für die Dauer der Freistellung die entsprechende Arbeitsleistung erbracht werden muss, das Mehr aber nicht entlohnt wird. Gelegentlich wird die Arbeitsleistung auch erst nach dem Sabbatical eingefordert, in den meisten Fällen jedoch erbringt der Mitarbeiter eine Vorleistung. Diese wird ihm dann nachträglich in der Freistellungsphase im Rahmen der gewohnten Entgeltzahlung vergütet. Dem Ansparprozess soll in aller Regel unmittelbar das Sabbatical folgen, um die Abwesenheit des Mitarbeiters für den Arbeitgeber besser kalkulierbar zu machen.

[...]


[1] Vgl. Dörsam, Pia: Flexible Arbeitszeitgestaltung in mittelständischen Unternehmen. Stuttgart 1997. S. 15

[2] Vgl. Dörsam, Pia: Flexible Arbeitszeitgestaltung in mittelständischen Unternehmen. Stuttgart 1999. S. 14

[3] Hoff, Andreas: Zeitkonto und Langzeitkonto - Grundlagen und Gestaltungsempfehlungen
Teil 2: Langzeitkonto, S. 1

[4] Vgl.: Hoff, Andreas: Zeitkonto und Langzeitkonto - Grundlagen und Gestaltungsempfehlungen
Teil 2: Langzeitkonto, S. 4

[5] Vgl.: Hoff, Andreas: Zeitkonto und Langzeitkonto - Grundlagen und Gestaltungsempfehlungen
Teil 2: Langzeitkonto, S. 13-16

[6] Vgl.: Hoff, Andreas: Langzeit- und Lebensarbeitszeitkonto: Grundfragen und Entwicklungstrends.
In: www.arbeitszeitberatung.de/dateien/publikationen/pub29-lebensarbeitszeitkonten.htm, S. 2-3

Ende der Leseprobe aus 32 Seiten

Details

Titel
Langzeitkonten, Sabbaticals und Zeitwertpapiere
Untertitel
Verführung zum Stundensammeln oder Bindung von Fachkräften?
Hochschule
Duale Hochschule Baden-Württemberg, Ravensburg, früher: Berufsakademie Ravensburg
Veranstaltung
Personal
Note
1,5
Autor
Jahr
2003
Seiten
32
Katalognummer
V16423
ISBN (eBook)
9783638212847
ISBN (Buch)
9783638644587
Dateigröße
636 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Schlagworte
Langzeitkonten, Sabbaticals, Zeitwertpapiere, Personal
Arbeit zitieren
Daniela Abele (Autor:in), 2003, Langzeitkonten, Sabbaticals und Zeitwertpapiere, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/16423

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