Ist Glück lernbar?


Wissenschaftlicher Aufsatz, 2010

19 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Definitionen von Glück
1.1 Etymologische und lexikalische Definition
1.2 Alltägliches Glücksverständnis
1.3 Theoretisch-konzeptionelle Definitionen
1.4 Glücksdefinition nach DIENER
1.5 Glücksdefinition nach VEENHOVEN
1.6 Meine Definition

2 Ist Glück lernbar?
2.1 Ein Philosoph geht davon aus
2.2 Experimente, die dafür sprechen
2.3 Experimente, die zunächst dagegen sprechen
2.4 Förderung der Selbstbildungspotentiale
2.5 Ist auch langfristiges Glück lernbar?

3 Meine Studie
3.1 Glück und Selbstwirksamkeit
3.2 Definitionen
3.3 Ergebnisse meiner Studie

4 Fazit

Literaturverzeichnis

1 Definitionen von Glück

Den Begriff Glück zu definieren, ist ein höchst interessantes Unterfangen. Sein hoher Abstraktionsgrad, die vielfältigen Konnotationen, die ihm zugeschrieben werden, und die inter-individuell sehr unterschiedlichen Assoziationen, die mit ihm einher gehen, gestalten die Lektüre seiner Definitionsversuche spannend. „Sowohl die wissenschaftli- chen Definitionsansätze als auch das Alltagsverständnis von Glück sind heterogen, widersprüchlich und schwankend.“ schreibt MAYRING (1991, 8). Obwohl er sich über die dadurch aufkommenden Schwierigkeiten beklagt, findet er einen eleganten Weg, mit ihnen umzugehen. Er schlägt eine Betrachtung von Glücksdefinitionen sowohl aus e- tymologischer, als auch aus lexikalischer, empirischer und theoretischer Perspektive vor (MAYRING, 1991, vgl. 11), welche hier kurz zusammengefasst werden sollen.

1.1 Etymologische und lexikalische Definition

Etymologisch „war mit Glück ursprünglich ein positives Schicksal gemeint“ (MAYRING, 1991, 11). Diese Bedeutung existiert bis heute; der BROCKHAUS hält im Jahre 2005 fest, Glück sei im Allgemeinen eine „günstige Fügung des Schicksals“ (GLÜCK, allgemein). Es tritt jedoch eine weitere lexikalische Bedeutung hinzu. Mit Glück ist im Rahmen der Psychologie ein „seelisch gehobener Zustand“ (GLÜCK, Psychologie) gemeint.

Hiermit wird ein essentieller Bedeutungsunterschied unverkennbar, nämlich der zwi- schen ‚Glück haben’ und ‚glücklich sein’. Bei der Konnotation ‚Glück haben’ vermischt sich die Dimension des Zufalls, also einer Ursache des Glücks, mit dem daraus resul- tierenden positiven Gefühlserleben. Dahingegen schließt die Konnotation ‚glücklich sein’ die Quelle des Glücks nicht mit ein, sondern zielt nur auf eine (oder mehrere) positive Emotionen ab. Diese semantische Differenzierung wird in der deutschen Spra- che morphologisch nicht aufgegriffen, wie dies andere Sprachen sehr wohl tun. Die englische, französische, italienische und spanische Sprache besitzen beispielsweise jeweils ein Wort für Glück im Sinne von Zufall (luck, fortuna, fortuna) und Glück im Sinne eines positiven Gefühls (happiness, felicità, felicidad).

Es zeichnen sich meines Erachtens bereits zwei Aspekte ab, welche grundlegend in eine größere psychologische Konzeption des Glücksbegriffes integriert werden sollten: Was ist Glück und woher kommt es? Es geht also um ein Gefühl und seine Quelle. Für meine Studie (siehe Kapitel 3) ist es wichtig, die Konnotation ‚glücklich sein’ des Glücksbegriffs als zentral zu erachten und die periphere Position zu verstehen, welche die andere Bedeutung -‚Glück haben’ - innerhalb einer Glückskonzeption einnimmt.

1.2 Alltägliches Glücksverständnis

Weiter gibt es Studien, die sich um eine empirische Definition von Glück bemühten. Das heißt, es wurden Umfrage über das Alltagsverständnis der Menschen von Glück durchgeführt (MAYRING, 1991, vgl. 14ff). Antworten können sein: Mit sich zufrieden sein; Radio hören und lesen; gesund sein; zu wissen, dass die Familie glücklich ist, und vieles mehr. Die Antworten sind mannigfaltig. Hier soll keine Interpretation oder Klassifikation der Antworten vorgenommen werden. Stattdessen gebe ich an dieser Stelle den Hinweis, dass die Antwortvariationen die verschiedenen Aspekte widerspie- geln, die in eine umfassende Glückskonzeption integriert werden sollten: Glücksquel- len müssen von Glücksvorstellungen unterschieden werden. In den von MAYRING ange- führten Untersuchungen (MAYRING, 1991, vgl. 14ff) wird deutlich, dass es im Alltags- verständnis Verwechslungen gibt zwischen dem, was glücklich macht und dem, was Glück ist.

1.3 Theoretisch-konzeptionelle Definitionen

Eine theoretisch-konzeptionelle Betrachtung kann wiederum aus verschiedenen Blick- winkeln je nach Wissenschaftskontext vorg]enommen werden. Es gibt eine ganze Reihe dieser Kontexte: Philosophie, Theologie, Literatur-, Wirtschafts-, Sozialwissenschaften, Physiologie und nicht zuletzt die Psychologie beschäftigen sich je auf ihre Weise mit dem Glück (MAYRING, 1991, vgl. 18). Diese Arbeit beschäftigt sich mit dem Glückserle- ben von Menschen und mit dem Verhalten derer, die für das Glück offen sein möchten. Daher stehen die weiteren Ausführungen im Zeichen der psychologischen Glücksbe- trachtung. Nun stelle ich die Glücksdefinitionen von zwei psychologischen Wissenschaftlern vor.

1.4 Glücksdefinition nach DIENER

DIENER ET AL. stellen ein breites Konzept unter dem Begriff des subjektiven Wohlbefindens auf: “subjective well-being is a broad concept” (DIENER ET AL., 2002, 63). DIENER erläutert selbst, dass es sinnvollerweise aus trennbaren Komponenten besteht:

“there are a number of separable components of SWB [subjective well- being; Anm. d. Verf.]: life satisfaction (global judgments of one's life), satisfaction with important domains (e.g., work satisfaction), positive affect (experiencing many pleasant emotions and moods), and low levels of negative affect (experiencing few unpleasant emotions and moods).” (DIENER, 2000, 34).

Dieses Konzept stellt sowohl affektive wie kognitive Prozesse zusammen. Bei dem Einsatz eines solchen Begriffes in der Forschung wären isolierte Operationalisierungen der einzelnen Bestandteile erforderlich.

1.5 Glücksdefinition nach VEENHOVEN

VEENHOVEN lehnt die Notwendigkeit ab, affektive und kognitive Prozesse innerhalb des Glücksbegriffs zu differenzieren. Dementsprechend liest sich die seinem Glückskonzept zugrundeliegende Definition so:

„Overall happiness is defined as the degree to which an individual judges the overall quality of his life favorably. In other words: how well he likes the life he leads." (VEENHOVEN, 1984, 7).

Dazu sagt er: „The present conceptualization recognizes that there are reasons for distinguishing ‚affective’ experiences from more ‚rational’ appraisals, but it does not fall into an either/or choice.“ (VEENHOVEN, 1984, 28).

1.6 Meine Definition

Ich definiere Glück als alle positiven Gefühle. Diese können sprachlich zum Teil durch Adjektive benannt werden: Glücklich, beschwingt, erfrischt, unbekümmert, mutig et cetera. Damit lässt sich meine Glücksdefinition in den Bereich der affektiven Ansätze einordnen. Meine Definition korrespondiert beispielsweise mit HOFFMANNS Aussage: „Es gibt keinen stichhaltigen Grund für die Annahme, dass es eine allgemeingültige, un- verwechselbare Glücksdimension gibt, denn Glück umfasst viele Formen des Erlebens.“ (1981, 12). Das Wort Glück ist also eine Art Sammelbezeichnung für verschiedenste, teilweise sprachlich näher identifizierbare Gefühle, welche subjektiv als positiv erlebt werden. Ich grenze mich davon ab, nur eine intensive positive Emotion als Glück zu bezeichnen.

Meine Definition von Glück ist mit der dritten Komponente (positive affect, siehe oben) von DIENERS breitem Konzept des Wohlbefindens vergleichbar. Ich denke, dass kogniti- ve Prozesse enorm wichtig sind, zum Beispiel wie nach DIENER jemand seine Lebenszu- friedenheit oder seine Zufriedenheit in wichtigen Bereichen einschätzt. Dies hat einen großen Einfluss auf Qualität, Häufigkeit, Dauer und Empfänglichkeit positiver Gefühle. Dennoch schließe ich die kognitive Komponente bewusst aus der Definition von Glück aus. Dies tue ich erstens, da ich zwei solch unterschiedliche Komponenten in einer Definition nicht mischen möchte. Zweitens sind kognitive Prozesse fast immer von Gefühlen begleitet; und daher rücke ich sie auf die Position der Glücksquellen inner- halb eines Glückskonzeptes.

2 Ist Glück lernbar?

2.1 Ein Philosoph geht davon aus

Der französische Philosoph ALAIN ging schon vor 85 Jahren davon aus, dass Glück lern- bar sei. „Auf allen Schulen müsste es Unterricht geben in der Kunst, glücklich zu sein.“ (ALAIN, 2002, 221). Und damit wird er mit Sicherheit nicht der Erste gewesen sein. Ganz besonders bemerkenswert finde ich, dass er das Glücklichsein eine Kunst nennt! Dieser Ausdruck bezeichnet so viel! Einmal sagt er aus, dass Glück machbar ist - eine extremst wichtige Voraussetzung für die Lernbarkeit von Glück!!! Er malt ein Bild vom Glücklichen als Künstler, als Erschaffer seines Glücks! Außerdem sagt dieser Begriff aus, dass Glück kein Normalzustand ist, sondern ein künstliches im Sinne von kre- atives, geschaffenes, erstrebtes, von Schönheit durchströmtes Erleben.

Ich denke, dass der menschliche Körper dazu bestimmt ist, zu funktionieren. Auch das Gehirn ist darauf ausgerichtet, das Überleben zu sichern. Da bleibt zwischen Beobach- ten, Einschätzen, Bewerten, Ängsten, Sorgen, Vorausschauen, Planen etc. nicht mehr viel Raum für Glück. Doch halt! Das Geniale an unserem Gehirn ist, dass es dennoch mit allen Fähigkeiten und Möglichkeiten ausgestattet ist, die wir für das Glücklichsein brauchen. Das bedeutet, wenn eine Person einen schweren Schicksalsschlag erlebt hat oder um existentielle Dinge kämpfen muss, ist es ganz natürlich, dass sie nicht glück- lich sein kann.

Wenn allerdings nichts Schlimmes vorliegt, schaffen es dennoch viele Menschen nicht, glücklich zu sein. Sie beschäftigen sich dann eben mit den Dingen, die nach ihren mo- mentanen Maßstäben die Schlimmsten sind, selbst wenn es sich nur um eine kleine Magenverstimmung oder einen regnerischen Tag handelt. Auch ALAIN meint nicht Un- terricht „in der Kunst, glücklich zu sein, wenn einen das Unglück beim Wickel hat [...]; vielmehr in der Kunst, glücklich zu sein, wenn die Umstände erträglich sind und die Bitternis des Lebens sich auf Kleinigkeiten beschränkt.“ (ALAIN, 2002, 221).

[...]

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Ist Glück lernbar?
Hochschule
Universität zu Köln
Autor
Jahr
2010
Seiten
19
Katalognummer
V164140
ISBN (eBook)
9783640789801
Dateigröße
431 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Glück, glücklich, Selbstwirksamkeit, Überzeugung, Bandura, self efficacy, belief, Philosophie, Alain, Definition
Arbeit zitieren
Diplom-Pädagogin Anna Bachem (Autor:in), 2010, Ist Glück lernbar?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/164140

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Ist Glück lernbar?



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden