Harmonie und Subjektivität. Klassische und romantische Tendenzen im dritten Akt des Faust II


Hausarbeit (Hauptseminar), 2003

36 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Gegenstand und Ziel der Arbeit

2. Klassische und romantische Elemente
2.1 Schönheit, Sittlichkeit und harmonische Gesellschaftsordnung: Das klassische Ideal
2.1.1 Natur und Vernunft: Die menschliche Dublizität
2.1.2 Die klassische Gesellschaftsordnung
2.2 Romantische Elemente in der Szene „innerer Burghof“
2.2.1 Christliche Religion und ritterliche Tradition
2.2.2 Helena als mittelalterliches Minneideal

3. Klassische Idylle und romantische Subjektivität: Euphorion als Allegorie der romantischen Poesie
3.1 Die arkadische Idylle
3.2 Das Ende des Stillstands: Euphorions Auftritt
3.3 Die Zerstörung der Idylle

4. Die Problematik des Ideals

5. Literaturverzeichnis

1. Gegenstand und Ziel der Arbeit

Diese Arbeit befasst sich mit Goethes Faust II.[1] Dabei sollen der 3. Akt und insbesondere die Arkadien-Szene und die Figur Euphorion im Mittelpunkt des Interesses stehen. Ziel der Analyse ist es, die von Goethe gegenübergestellten klassischen und romantischen Ideen und Konzepte, die im 3. Akt in erster Linie von Helena und Euphorion verkörpert werden, mit Bezug auf die klassische und romantische Theorie zu benennen und ihr Verhältnis zu untersuchen.

Der 3. Akt des Faust II, der sich auf zeitlicher und räumlicher Ebene von der Antike (in der Szene „vor dem Palaste des Menelas zu Sparta“), über das Mittelalter (in der Szene „innerer Burghof“ bis zu der idyllisch-harmonischen Arkadienszene erstreckt, kann aufgrund dieser großen raumzeitlichen Sprünge zwischen den einzelnen Szenen nicht als einheitlicher und auf einen kontinuierlichen, auf Aktion und Entwicklung der Handelnden Charaktere konzentrierten Handlungsablauf verstanden werden. Auch eine Innenführung im klassischen Sinne, d. h. die dramatische Darstellung persönlich beschränkten Leids, findet nicht statt. Da der gesamte Faust II keine einheitliche Dramenhandlung enthält, kann er nicht aufgrund einer ausschließlich textimmanenten Analyse von Handlung und Charakteren untersucht werden. Die Breite des von Goethe behandelten Stoffes, die Tatsache, dass der Horizont des zweiten Teils der Tragödie den Zeitraum von der Antike bis zur Neuzeit und sowohl Elemente antiker Mythologie als auch des christlich geprägten Mittelalters und der durch Ökonomie, moderne Kriegsführung und den sich selbst stets erweiternden, autonomen modernen Menschen geprägten Neuzeit umfasst, legt eine über die Analyse von Handlung und Charakteren hinausgehende Betrachtungsweise nah. Wichtiger sind die mythologischen, historischen und kulturellen Entwicklungen, die der Faust II dramatisch darstellt und reflektiert. Die Untersuchung dieser im Drama allgegenwärtigen historischen Entwicklungen und kulturellen Strömungen dient nicht nur dem Verständnis, sie ist notwendig, um den hinter der vordergründigen dramatischen Handlung verborgenen Inhalt zu erfassen. Da in einem solchen Zusammenhang nicht das subjektive Schicksaal einzelner Personen im Vordergrund stehen kann, und da die Zeitspanne, in der sich die Handlung des Faust II bewegt, ein menschliches Leben um ein Vielfaches übersteigt, dienen die handelnden Personen nicht als subjektive und individuelle Handlungsträger, sondern als Träger und Repräsentanten von Ideen, als Allegorien. Die Sphäre von Kunst und Wissenschaft und der soziale und politische Bereich sind die Themen, mit denen sich Goethe im Faust II auseinandersetzt. Jochen Schmidt fasst diese Tendenz im Faust II treffend zusammen und weist dabei auch auf die Unterschiede zum Faust I und allgemein zu Dramen, in deren Mittelpunkt subjektiv und persönlich erfahrbare Handlungen stehen, hin: Im Gegensatz zum Faust I, dessen Geschehen im bürgerlich-beschränkten und im subjektiv-individuellen angesiedelt ist, erhält der Faust II sein Gepräge durch die große Welt und das gesellschaftlich-Allgemeine. Er folgt einer Tendenz zur Historisierung und Typisierung.“[2]

Es stellt sich nun die Frage nach dem Inhalt des 3. Aktes, mit dem sich diese Untersuchung beschäftigen soll. Im Mittelpunkt des 3. Aktes steht Helena, weshalb er auch häufig als Helena-Akt bezeichnet wird. Die Szene „Vor dem Palaste des Menelas zu Sparta“ zeigt Helena und ihre Anhängerschaft nach der Rückkehr aus dem trojanischen Krieg. In dieser Szene werden zunächst die Figur Helena als Symbol der Schönheit und Sittlichkeit und ihre widersprüchliche mythologische Vergangenheit und Wirkung reflektiert. Wichtig für diese Arbeit ist besonders die Problematisierung des klassischen Schönheitsideals, das von Helena verkörpert wird. Durch die Zusammenkunft mit Faust und insbesondere mit Mephisto in der Maske der Phorkyas wird das klassische Ideal mit dem modernen und selbstischen Menschen und mit dem Hässlichen konfrontiert.

Nach der Flucht vor Menelas tritt die antike Figur Helena in die Sphäre von Fausts mittelalterlicher Burg ein. Während die Szene „Vor dem Palaste des Menelas zu Sparta“ von antiker Mythologie bestimmt war, ist die Szene „Innerer Burghof“ stark vom christlichen Mittelalter geprägt und weist deutliche Bezüge auf die romantische Weltsicht auf. Die romantischen Elemente in dieser Szene stehen im Widerspruch zum klassischen Schönheits- und Sittlichkeitsideal und sollen, auch in Konfrontation mit dem durch Helena verkörperten klassischen Ideal, herausgearbeitet werden.

Die Arkadien-Szene schließlich beinhaltet die Verbindung von Faust und Helena und die Geburt Euphorions. Euphorion gilt als Allegorie der romantischen Poesie, diese Figur steht im Mittelpunkt der Analyse. Es soll gezeigt werden, welche charakteristisch-romantischen Vorstellungen und Ideen Euphorion repräsentiert. Da der gesamte 3. Akt das Klassische und Romantische gegenüberstellt, ist auch in der Arkadien-Szene die Konfrontation von Idylle und moderner Subjektivität ein zentrales Problem, zumal die Idylle durch Euphorions Verhalten zerstört wird.

Ziel der Arbeit ist es deshalb, die klassischen und romantischen Elemente des 3. Aktes gegenüberzustellen und sie auf ihre theoretischen Grundlagen zu beziehen. Aufgrund dieser Gegenüberstellung soll das Spannungsverhältnis dieser beiden Strömungen im Faust II untersucht werden. Zunächst werde ich auf die literaturtheoretischen Grundlagen eingehen und das klassische Schönheitsideal, das auch ein Sittlichkeitsideal und die Vorstellung einer zwanglos-harmonischen Gesellschaftsordnung beinhaltet, kurz umreißen. Danach sollen die romantische Weltsicht und für die Analyse wichtige Elemente der romantischen Theorie beleuchtet werden. Abschließend sollen dann Euphorion als Repräsentant der romantischen Poesie und die Konfrontation von klassischer Idylle und romantischer Subjektivität in der Arkadien-Szene untersucht werden.

2. Klassische und romantische Elemente

Der 3. Akt geht auf das bereits im Jahre 1800 entstandene Fragment „Helena im Mittelalter“ zurück. Die Verse dieses Fragments übernahm Goethe weitgehend, als er 1825 die Arbeit am 3. Akt des Faust II wieder aufnahm. 1827 wurde er unter dem Titel „Helena. Klassisch-romantische Phantasmagorie“ erstmals veröffentlicht.[3] Schon dieser Untertitel weist deutlich auf die klassischen und romantischen Motive im 3. Akt hin. Ein noch deutlicherer Verweis darauf ist jedoch eine Äußerung Goethes, die belegt, dass er im Faust II und insbesondere im Helena-Akt klassische und romantische Motive gegenüberstellt: Er bezeichnet es in einem Brief an Iken vom 27. September 1827 als den „Hauptsinn“ des Helena-Aktes, dass „der alte Zwiespalt zwischen Klassikern und Romantikern sich endlich versöhne.“[4] Der von Goethe benannte Zwiespalt besteht im Gegensatz zwischen dem klassischen Kunstideal und der romantischen Sehnsucht nach Subjektivität, Transzendenz und Selbsterweiterung. Wenn es auch zunächst fraglich bleibt, ob die Vermittlung zwischen klassischem Ideal und der romantischen Negation dieses Ideals gelingt und ob der Zwiespalt wirklich versöhnt wird, so legt die Äußerung Goethes die Notwendigkeit nah, den 3. Akt des Faust II nach klassischen und romantischen Tendenzen zu untersuchen und auf den dargestellten Zwiespalt, die Unterschiede und Konfrontationslinieneinzugehen.

2.1 Schönheit, Sittlichkeit und harmonische Gesellschaftsordnung: Das klassische Ideal

2.1.1 Natur und Vernunft: Die menschliche Duplizität

Die klassische Theorie geht von einem menschlichen Dualismus aus, d. h. dass das menschliche Wesen von zwei unterschiedlichen Trieben bestimmt wird. Dabei wird zwischen der Natur und der Vernunft unterschieden. Da die wechselseitige Bestimmung durch Natur und Vernunft niemals ausgeglichen sein kann, wird der Mensch immer einseitig von seiner Natur oder seiner Vernunft dominiert. Der durch die Natur bestimmte Mensch ist auf das sinnlich erfahrbare fixiert und wird von seinen Trieben beherrscht, während der durch die Vernunft bestimmte Mensch nach moralischen Maßstäben, nach Kriterien der Sittlichkeit und nach Gesetzen handelt. Mit Dieser menschlichen Duplizität, die dem klassischen Schönheitsideal zugrunde liegt, befasst sich Schiller in den Briefen über die Ästhetische Erziehung des Menschen. Dort bezeichnet er den durch die Natur dominierten Zustand als physischen Zustand, den durch die Vernunft bestimmten als moralischen Zustand. Im 24. Brief erwähnt Schiller ein weiteres wesentliches Moment, dass er dem physischen Zustand zuordnet und das für die klassische und romantische Theorie wesentlich und auch für den Charakter von Faust zentral ist: Den sich selbst erweiternden Menschen, der im physischen Zustand die Kriterien von Sittlichkeit und Moral ignoriert: „Nie erblickt er andre in sich, nur sich in andern, und die Gesellschaft, anstatt ihn zur Gattung auszudehnen, schließt ihn nur enger und enger in sein Individuum ein.“[5] Hier wird nicht nur die Absicht der Selbstverabsolutierung und Selbsterweiterung des Menschen im physischen Zustand deutlich, sondern auch die damit einhergehende, als negativ empfundene Beschränkung durch die Gesellschaft. Der von der Vernunft bestimmte Mensch dagegen erkennt seine Beschränkung durch die Gesellschaft positiv an, seine Absicht ist es nicht, sein Individuum zu erweitern und sich über seine durch Moral, Sittlichkeit und Gesetz auferlegten Grenzen hinwegzusetzen. Im moralischen Zustand sollen demnach die sittliche Neigung des Menschen und die ihm vom Sittengesetz auferlegten Beschränkungen im Einklang stehen. Da jedoch wie bereits erwähnt die wechselseitige Dominanz von Natur und Vernunft niemals ganz aufgehoben sein kann, bleibt der moralische Zustand ein Ideal. Dem einseitig von seiner Natur bestimmten Menschen steht der einseitig durch die Vernunft bestimmte Mensch gegenüber. Diesen unvollkommenen moralischen Zustand bezeichnet Schiller als Barbarei.

Schiller unterscheidet weiterhin den Form- und den Stofftrieb. Diese beiden Triebe hängen mit den oben erläuterten von Natur bzw. Vernunft bestimmten Zuständen zusammen. Der Stofftrieb geht von der physischen Natur des Menschen aus. Der durch den Stofftrieb bestimmte Mensch abstrahiert nicht von seinem Individuum, er konzentriert sich auf seine sinnliche Natur. Dabei geht er nicht von einem Ganzen aus, ist sich also einem absoluten Dasein und seiner Identität mit der Menschheit und der Gesellschaft nicht bewusst. Der durch den Formtrieb bestimmte Mensch ist nicht sinnlich und physisch dominiert, er ist auf seine Identität mit der Menschheit und der Gesellschaft fixiert. Er beschränkt sich demnach nicht auf sein Individuum, sondern handelt und denkt in der Kategorie eines Ganzen, eines gesellschaftlichen Gefüges und geht von einem absoluten Dasein des Menschen aus. Schiller spricht von der Identität und Harmonie des Menschen in der „Verschiedenheit seines Erscheinens“.[6] Die Beschreibung dieser beiden den Menschen bestimmenden Triebe erscheinen fast wie eine Charakterisierung Fausts. Faust beklagt die Widersprüchlichkeit seines Wesens im Dialog mit Wagner im Faust I, er spricht von zwei Seelen und schreibt ihnen verschiedene Bedürfnisse und Absichten zu. Dabei erwähnt er eben die Momente, die Schiller dem Form- und dem Stofftrieb zuordnet, er spricht die zwei unterschiedlichen Triebe sogar direkt an:

„Du bist dir nur des einen Triebs bewusst;

o lerne nie den andern kennen!

Zwei Seelen wohnen, ach! In meiner Brust!

Die eine will sich von der andern trennen;

Die eine hält, in derber Liebeslust,

Sich an die Welt mit klammernden Organen;

Die andre hebt gewaltsam sich vom Dust

Zu den Gefilden hoher Ahnen.“[7]

Den auf physische Erfahrung und Sinnlichkeit konzentrierten Stofftrieb empfindet Faust mit „derber Liebeslust“, während er sich, vom Formtrieb bestimmt, zur ganzen Menschheit erweitern möchte, er strebt zu den „Gefilden hoher Ahnen“. In den Studierzimmerszenen des Faust I ist Faust deutlich vom Formtrieb dominiert, z. B. bei der Erdgeist-Vision versucht er, die Ganzheit der Natur zu erfahren. Nach dem Pakt mit Mephisto überwiegt dann der Stofftrieb, Faust wird von seiner Sinnlichkeit getrieben und konzentriert sein Handeln auf die Verbindung mit Gretchen.

Ähnlich wie bei physischem und moralischem Zustand ist auch die Bestimmung durch Form- oder Stofftrieb niemals ausgeglichen, der Mensch ist durch jeweils einen der beiden Triebe stärker bestimmt. Der ideale Zustand wäre eine ausgeglichene, wechselseitige Bestimmung, ein Schwanken zwischen beiden Trieben, wobei nicht einer der dominierende ist. Bei dieser Wechselbestimmung beschränken sich beide Triebe gegenseitig, wobei diese Begrenzung positiv anerkannt wird und nicht erzwungen ist. Der Ausgleich der triebe ist nur im vollkommenen moralischen Zustand vorstellbar. Da dieser Zustand nicht real erfahrbar ist, kann er nur durch den Schein, also in der Kunst vermittelt werden. Deshalb bezeichnet Schiller das Mittelglied zwischen physischem und unvollkommenem moralischen Zustand als Ästhetischen Zustand. Die klassische Kunst soll den Ausgleich zwischen Natur und Vernunft, Sinnlichkeit und Sittlichkeit schaffen. Sie macht den harmonischen, zwanglosen Ausgleich zu ihrem Mittelpunkt. Der ideale Zustand soll im Kunstwerk durch die Schönheit verkörpert werden, weshalb das Schönheitsideal in der klassischen Literatur einen zentralen Platz einnimmt.

1.1.1 Das klassische Schönheitsideal

Die Schönheit verknüpft die beiden gegensätzlichen Triebe miteinander, sie schafft den harmonischen Ausgleich und die zwanglose gegenseitige Begrenzung. Schiller und Goethe haben die klassische Theorie der Schönheit entwickelt, dabei sind die Elemente des harmonischen Ausgleichs und der zwanglosen Ordnung zentral.

Schiller bezieht sich dabei auf seine Theorie des Form- und Stofftriebs. In der Kunst soll eine getrennte Ausbildung von Sinnlichkeit und Vernunft bei gleichzeitiger Vermittlung stattfinden. Die Erfahrung des Schönen soll dem Menschen die Idee der vollkommenen Synthese von Sinnlichkeit und Vernunft ermöglichen. Die Schönheit hebt die einseitige Bestimmung auf. Schiller unterscheidet zwischen „schmelzender“ und „energischer Schönheit“, Die energische Schönheit wirkt auf den Stofftrieb. Durch ihren Scheincharakter ermöglicht sie zwar die sinnliche Betrachtung, setzt aber die Begierde außer Kraft. Durch die Suspendierung der Begierde wird die einseitige Dominanz des Stofftriebs aufgehoben, die die Unterdrückung des Formtriebs zur Folge hat. Schiller bezeichnet die Begierde in seiner Schrift „Über Anmut und Würde“ als „für den Geist erschlaffend“.[8] Diese Wirkungsweise der Schönheit ist energisch, sie „rührt aus der bestimmenden Kraft des Geistes“.[9] Der energischen, die Begierde außer Kraft setzenden Wirkungsweise der Schönheit steht die schmelzende Kraft entgegen, die auf den zu stark ausgeprägten und dominierenden Formtrieb wirkt. Die schmelzende Schönheit setzt die zu starke Bestimmung durch den Verstand und die Vernunft, die die einseitige Unterdrückung der Sinnlichkeit bewirkt. Außer Kraft. Durch die energische Schönheit wird die Sinnlichkeit angesprochen, ohne wiederum die einseitige Bestimmung durch die Sinnlichkeit und die Begierde zu erzeugen. Sie ermöglicht die verstand- und vernunftorientierte Betrachtung, ohne das Sinnliche auszuschließen.

Der Idealzustand, d. h. die Synthese von energischer und schmelzender Schönheit, ist das Idealschöne. Es beinhaltet beide Wirkungsweisen im wechselseitigen Ausgleich. Das Idealschöne ermöglicht die künstlerische Darstellung des real unerreichbaren vollkommenen moralischen Zustands. Dieser wird im Kunstwerk durch den ästhetischen Zustand erfahrbar und soll durch den schönen Gegenstand, der schmelzende und energische Wirkung vereint, dargestellt werden. Der schöne Gegenstand wird zum Symbol der „ausgeführten Bestimmung“[10] des Menschen.

Die „ausgeführte Bestimmung“, die im schönen Gegenstand erfahrbar werden soll, beinhaltet nicht nur eine ästhetische, sondern auch eine gesellschaftlich-moralische Dimension. Nicht nur das ästhetische, sondern auch das moralische Element spielt für das klassische Schönheitsideal eine wesentliche Rolle. Schiller knüpft an Kants „Kritik der Urteilskraft“ an, in der es heißt: „Das Schöne ist das Symbol des Sittlichguten“.[11] Mit dem Begriff des „Sittlichguten“ geht Kant über die rein ästhetische Beurteilung hinaus und erweitert den Schönheitsbegriff auf die Ebene der moralischen Beurteilung. Danach soll die Betrachtung eines ästhetisch-schönen Gegenstandes den Menschen zum Sittlichguten hinleiten, der Schöne Gegenstand in der Kunst führt den Menschen zur moralischen Anschauung und zum sittlichen Urteilsvermögen hin. Während sich bei der rein ästhetischen Betrachtungsweise die Einbildungskraft und der Verstand gegenseitig positiv beschränken, bringt der Mensch auf moralischer Ebene seinen Willen und die Sittlichkeitsgesetze in Einklang.

[...]


[1] Goethe, Johan Wolfgang: Faust. Der Tragödie zweiter Teil. In: Goethe, Johan Wolfgang: Werke in 14 Bänden (Hamburger Ausgabe). Hrsg. Von Erich Trunz. München 1998. Bd. 3

[2] Schmidt, Jochen: Goethes Faust. Erster und zweiter Teil. Grundlagen - Werk - Wirkung. München 1999. S. 213.

[3] Goethe, Johan Wolfgang: Helena. Klassisch-romantische Phantasmagorie. Zwischenspiel zu Faust. In: Goethes Werke. Vollständige Ausgabe letzter Hand. Stuttgart u. Tübingen 1827. Bd. 4, S. 229-307.

[4] 27.09.1827 an Iken. In: Goethe, Johan Wolfgang: Briefe. Hamburger Ausgabe in 4 Bänden. Hrsg. Von Karl-Robert Mandelkow unter Mitarbeit von Bodo Morawe. Hamburg o. J. Bd. 4, S. 249.

[5] 24. Brief über die ästhetische Erziehung des Menschen. In: Schiller, Friedrich: Werke. Nationalausgabe. Hrsg. Von Julius Petersen u. a. Weimar 1943. Bd. 20, S. 389.

[6] Zitiert nach Zabka, Thomas: Faust II - das Klassische und das Romantische. Goethes Eingriff in die Neueste Literatur. Tübingen 1993. S. 28.

[7] Goethe, Johan Wolfgang: Faust. Der Tragödie erster Teil. In: Goethe, Johan Wolfgang: Werke in 14 Bänden (Hamburger Ausgabe). Hrsg. Von Erich Trunz. München 1998. Bd. 3. V. 1110 - 1117.

[8] Schiller, Friedrich: Über Anmut und Würde. In: Schiller, Friedrich: Werke. Nationalausgabe. Hrsg. Von Julius Petersen u. a. Weimar 1943. Bd. 20, S. 302.

[9] Zabka, Thomas: Faust II - das Klassische und das Romantische. Goethes Eingriff in die Neueste Literatur. Tübingen 1993. S. 33[9]

[10] Zitiert nach Zabka, Thomas: Faust II - das Klassische und das Romantische. Goethes Eingriff in die Neueste Literatur. Tübingen 1993. S. 33.

[11] Zitiert nach Zabka, Thomas: Faust II - das Klassische und das Romantische. Goethes Eingriff in die Neueste Literatur. Tübingen 1993. S. 33 f.

Ende der Leseprobe aus 36 Seiten

Details

Titel
Harmonie und Subjektivität. Klassische und romantische Tendenzen im dritten Akt des Faust II
Hochschule
Philipps-Universität Marburg  (Institut für neuere deutsche Literatur und Medien)
Veranstaltung
HS: Goethes Faust II
Note
1
Autor
Jahr
2003
Seiten
36
Katalognummer
V16365
ISBN (eBook)
9783638212403
ISBN (Buch)
9783668248960
Dateigröße
476 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Harmonie, Subjektivität, Klassische, Tendenzen, Faust, Goethes
Arbeit zitieren
Markus Busche (Autor:in), 2003, Harmonie und Subjektivität. Klassische und romantische Tendenzen im dritten Akt des Faust II, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/16365

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