Gesundheitsregion Mittelhessen - entsteht in Gießen ein Medizincluster?


Diplomarbeit, 2010

119 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Verzeichnisse

Tabellenverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Problemstellung und Zielsetzung
1.2 Aufbau der Arbeit

2 Einführung in das Clusterkonzept
2.1 Was ist ein Cluster?
2.1.1 Die Bedeutung räumlicher und technologischer Nähe für Cluster
2.1.2 Cluster als Wertschöpfungssystem
2.1.3 Cluster als mehrdimensionales Modell
2.2 Die Typisierung von Clustern
2.2.1 Clustertypen nach TICHY
2.2.2 Clustertypen nach ENRIGHT
2.3 Der Cluster-Lebenszyklus
2.3.1 Entstehungsphase eines Clusters
2.3.2 Die Wachstumsphase eines Clusters
2.3.3 Die Reifephase eines Clusters
2.3.4 Die Schrumpfungsphase eines Clusters
2.4 Zusammenfassung des theoretischen Teils

3 Methodik

3.1 Der Analyserahmen
3.2 Die Experteninterviews
3.2.1 Was ist ein Experteninterview?
3.2.2 Die Planung der Interviews
3.2.3 Die Interviewpartner
3.2.4 Die Durchführung und Auswertung der Interviews

4 Analyse
4.1 Quantitative Erfassung des Untersuchungsraumes
4.1.1 Die Unternehmen
4.1.2 Die Hochschulen
4.1.3 Die Netzwerkorganisationen
4.1.4 Die Universitätskliniken
4.1.5 Besonderheiten
4.1.6 Zwischenfazit Kapitel
4.2 Qualitative Merkmale des Untersuchungsraumes
4.2.1 Wertschöpfungskette
4.2.2 Kooperationsbeziehungen
4.2.3 Wettbewerb
4.2.4 Zwischenfazit Kapitel
4.3 Rahmenbedingungen
4.3.1 Humankapital
4.3.2 Institutionelle Dimension
4.3.3 Infrastruktur
4.3.4 Zwischenfazit Kapitel
4.4 Externe Clusterdimension
4.5 Wahrnehmung
4.6 Zwischenergebnis der Analyse
4.7 Typisierung
4.7.1 Typisierung nach TICHY
4.7.2 Typisierung nach ENRIGHT
4.8 Einordnung in den Clusterlebenszyklus
4.9 Ergebnis

5 Zusammenfassung
5.1 Fazit
5.2 Handlungsempfehlungen
5.3 Forschungsbedarf

6 Literaturverzeichnis

7 Anhang

Verzeichnisse

Tabellenverzeichnis

Tabelle I: Clusterdefinitionen

Tabelle II: Relevante Studiengänge der FACHHOCHSCHULE GIEßEN-FRIEDBERG .

Tabelle III: Relevante Studiengänge der JLU

Tabelle IV: Relevante Studiengänge der PHILIPPS-UNIVERSITÄT MARBURG

Abbildungsverzeichnis

Abbildung I: Aufbau der Arbeit

Abbildung II: Schematische Darstellung einer Wertschöpfungskette

Abbildung III: Schematische Darstellung eines Wertschöpfungssystems

Abbildung IV: Cluster als lokalisiertes Wertschöpfungssystem

Abbildung V: Local buzz und Globale Pipelines

Abbildung VI: Clustertypen nach TICHY

Abbildung VII: Unterscheidungsmerkmale der Clusterstufen

Abbildung VIII: Der Clusterlebenszyklus

Abbildung IX: Schematische Darstellung des Analyserahmens

Abbildung X: Ergebnis bis Punkt 5 des Analyserahmens

Abbildung XI: Untersuchungsergebnis der Clusterstufen

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

1.1 Problemstellung und Zielsetzung

Seit PORTER in seinem Werk „The Competitive Advantage of Nations” 1990 dem Clusterkonzept zu Popularität verholfen hat und es somit in die Wirtschaftswissen- schaften und in andere verwandte Wissenschaftsbereiche wie der Wirtschaftsgeographie eingeführt hat, erfreut sich das Clusterkonzept einer großen Beliebtheit. Diese Beliebt- heit zeichnet sich darin aus, dass der Begriff Cluster nicht mehr nur in der Wissenschaft Verwendung findet, sondern auch in Politik und Wirtschaft. Man kann hier von einem regelrechten Boom sprechen (vgl. KIESE/SCHÄTZL 2008: 1 / TRIPPL 2004: 1). Nach An- sicht von KIESE/SCHÄTZL muss dieser Umstand als „… historische Gelegenheit zur stärkeren Verzahnung der Wissenschaft mit Politik und Praxis “ (KIESE/SCHÄTZL 2008:

1) angesehen werden. KIESE/SCHÄTZL stellen jedoch fest, dass in Deutschland das Gegenteil vorzufinden ist, da von einer Verzahnung zwischen Wissenschaft, Politik und Praxis nicht die Rede sein kann. Es ist vielmehr so, dass gerade die Politik im Zuge der Cluster-Euphorie der Wissenschaft, die durch theoretisches und empirisches Verständ- nis gekennzeichnet ist, durch Handeln vorauseilt (vgl. KIESE/SCHÄTZL 2008: 1). Die Popularität des Cluster-Begriffs wirkt sich ebenfalls dahingehend nachteilig aus, dass der Begriff Cluster von vielen auf individuelle Art verstanden wird, da es keine ge- meinsame Norm oder einheitliche Definition gibt (vgl. KIESE 2008: 10 f.). Wie sehr der Cluster-Begriff in der Alltagswelt angekommen ist, zeigt sich darin, dass beinahe in jedem Wirtschaftszweig und in jeder Region scheinbare Cluster auszumachen sind. Triebkraft für diese Entwicklung ist oftmals die Politik, die ein großes Interesse daran hat, Städte und Regionen im Zuge der Globalisierung und des fortschreitenden Wett- bewerbs als innovativ und wettbewerbsfähig darzustellen (vgl. HENN 2006: 19 ff.; KIESE/SCHÄTZL 2008: 1 ff.). Grund dafür ist die Annahme, dass Cluster zu einer „… Erh ö hung der betrieblichen Produktivität beitragen, die Innovationsfähigkeit von Unternehmen steigern und Unternehmensgr ü ndungen stimulieren “ (HENN 2008: 19), kurzum die Wettbewerbsfähigkeit von Regionen erhöhen und zum Wohlstand beitragen (vgl. TRIPPL 2004: 1).

Auch in und um Gießen in der Region Mittelhessen wird ein Cluster von verschiedenen Stellen ausgemacht. Bei dem Cluster soll es sich laut den meisten Quellen um einen sogenannten „ Medizincluster “ handeln (vgl. z. B. LOHEIDE 2006: 1-2 / TIMM- MITTELHESSEN 2007). Dabei spielt neben dem Wirtschaftszweig der Medizintechnik in der Einschätzung der Situation durch verschiedene Akteure auch die Pharmaindustrie eine tragende Rolle (vgl. TIMM-MITTELHESSEN 2007).

Die vorliegende Arbeit soll überprüfen, ob in Mittelhessen tatsächlich ein Medizin- cluster entsteht oder schon existiert. Um sich dem Thema zu nähern, wird zu Beginn der Arbeit dargestellt, was unter einem Cluster zu verstehen ist und wie dessen Funktions- weisen sind. Ziel ist es, dem Leser das Clusterkonzept möglichst kompakt zu vermitteln und eine gemeinsame Wissensbasis zu generieren, um keine Missverständnisse durch unterschiedliche Vorstellungen der Clusteridee zu provozieren. Anhand der festgelegten Kriterien wird im Verlauf der Arbeit ein Analyseinstrument entwickelt. Das Analyse- instrument soll unabhängig von der in dieser Arbeit zu untersuchenden Branche funktionieren und somit auch für zukünftige Untersuchungen universell einsetzbar sein. Mit Hilfe dieses Instrumentes wird die Situation der Medizintechnischen- und Pharmazeutischen-Branche in Mittelhessen überprüft und ein Ergebnis herausgearbeitet. Dieses Ergebnis wiederum wird durch Experteninterviews auf seine Stichhaltigkeit hin überprüft. Dabei soll darauf geachtet werden, dass sich die Experten aus möglichst unterschiedlichen Blickwinkeln mit der Thematik beschäftigen. Auf Grundlage der Er- gebnisse sollen abschließend ein Fazit, Handlungsempfehlungen und der weitere Forschungsbedarf erarbeitet werden.

Folgende Fragen sollen im Verlauf der Arbeit geklärt werden: Was ist ein Cluster?

➔ Wie funktioniert ein Cluster?

➔ Welche Struktur kann ein Cluster aufweisen? Wie stellt sich ein Clusterlebenslauf dar?

➔ Wie kann ein Cluster identifiziert werden?

➔ Wie können die Ergebnisse überprüft werden?

➔ Gibt es in Mittelhessen einen Medizincluster?

➔ Welche Eigenschaften weist der Medizincluster in Gießen auf? Welche Handlungsempfehlungen können gegeben werden?

1.2 Aufbau der Arbeit

Die vorliegende Arbeit gliedert sich in fünf Bereiche, die in Abbildung I dargestellt werden. Nach der Einleitung wird in das Clusterkonzept eine Einführung gegeben. Darauf folgt ein Methodik-Kapitel, in dem die in der Einführung festgelegten Kriterien verarbeitet werden. Dem methodischen Part schließt sich das Analyse-Kapitel an. Die Arbeit abschließen wird eine Zusammenfassung.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung I: Aufbau der Arbeit

Quelle: eigene Darstellung

2 Einführung in das Clusterkonzept

Die Erkenntnis, dass sich Unternehmen der gleichen oder einer verwandten Branche in einer räumlichen Konzentration finden lassen, ist nicht neu. Bereits der Ökonom Alfred MARSHALL erkannte diesen Umstand und wies in seinem Hauptwerk „Principles of Economics“ aus dem Jahr 1890 darauf hin (vgl. KIESE 2008: 9). Genau 100 Jahre später entwickelte PORTER in seinem Werk „The Competitive Advantage of Nations“ seinen Clusteransatz (vgl. PORTER 1990). Seitdem wurd]e das Cluster-Konzept von einer Viel- zahl von Autoren neu interpretiert und weiterentwickelt, sodass es inzwischen eine schier unübersichtliche Anzahl von Definitionen gibt (vgl. TRIPPL 2004: 9 / MARTIN/ SUNLEY 2003: 12 f.). Dies wird in Tabelle I deutlich, in der nur einige Cluster- definitionen genannt werden. Um zu verdeutlichen, wie sehr der Cluster-Begriff bereits im Alltag angekommen ist, wurde die von WIKIPEDIA bereitgestellte Definition eben- falls in der Tabelle I mit aufgeführt. Aufgrund der hohen Anzahl unterschiedlicher Clusterdefinitionen kann die hier vorliegende Arbeit jedoch nur einen begrenzten Über- blick über divergierende Meinungen und Kritiken der jeweiligen Modelle vermitteln.

Um dem Problem der Unübersichtlichkeit zu begegnen, wird daher unter Punkt 2.1 der Cluster-Begriff definiert, wie er für diese Arbeit gelten soll. Des Weiteren wird er- läutert, welche Bedeutung geographische und technologische Nähe in einem Cluster haben. Die Funktionsweisen eines Clusters wird mit Hilfe des Modells eines Wert- schöpfungssystems erklärt, und eine Erläuterung der verschiedenen Akteure be- ziehungsweise Dimensionen wird vorgenommen. Anhand dieser Kriterien soll später erarbeitet werden, ob ein Cluster im Untersuchungsgebiet mit denen im Idealfall existierenden Komponenten vorliegt. Unter Punkt 2.2 werden zwei verschiedene Möglichkeiten erläutert, wie Cluster zu typisieren sind. Beide Typisierungen sollen auf das Untersuchungsgebiet angewandt werden. Ziel ist es die Struktur des Clusters herauszuarbeiten, um eine Bewertung vorzunehmen zu können, inwieweit der Cluster in einer funktionsfähigen Art und Weise vorliegt. In Kapitel 2.3 werden die verschiedenen Phasen des Cluster-Lebenszyklus erörtert. Anhand dieser Phasen soll in der späteren Untersuchung festgelegt werden, in welcher Lebensphase sich der zu untersuchende Cluster derzeit befindet. Auf Grund dieser Einordnung sollen später eine Prognose und Handlungsempfehlungen erstellt werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

2.1 Was ist ein Cluster?

A cluster is a geographically proximate group of interconnected companies and asso- ciated institutions in a particular field, linked by commonalities and complementarities “ (PORTER 1998c: 199). Diese Definition beinhaltet alle wesentlichen Elemente, wie sie nach Meinung der meisten Autoren auf Cluster zutreffen (vgl. MARTIN/SUNLEY 2003:

12 / MENZEL/FORNAHL 2005: 132). Cluster werden demnach „… als geographische Konzentrationen miteinander verbundener Unternehmen, spezialisierter Zulieferer und Dienstleister, Unternehmen in verwandten Branchen und weiteren Organisationen wie z. B. Universitäten, Standardagenturen, Industrieverbände in einem bestimmten Bereich (Branche, Technologiefeld), die miteinander im Wettbewerb stehen und gleichzeitig kooperieren “ definiert (KIESE 2008: 10). Die Organisationen, wie zum Beispiel Universitäten, werden in dieser Arbeit als Institutionelles Umfeld bezeichnet (vgl. MENZEL/FORNAHL 2005: 132). Nicht zu verwechseln ist der Begriff des Institutionellen Umfeldes mit dem der Institutionellen Dimension, die ein Normen- und Regelsystem beschreibt (vgl. BATHELT/GLÜCKLER 2003: 213).

Im Zusammenhang mit Clustern wird häufig der Begriff der Netzwerke genannt. Cluster sind jedoch von Netzwerken zu unterscheiden. Netzwerke bestehen aus Knoten (z. B. Individuen, Unternehmen) die durch Verbindungen (z. B. Kommunikationskanäle, Straßen) miteinander verknüpft sind. Zwischen den Knoten werden durch die Ver- bindungen Transfergüter (z. B. Ideen, Daten) transferiert (vgl. SCHRICKE 2007: 32). Diese Verbindungen können unterschiedlich stark, beziehungsweise schwach aus- geprägt sein, man spricht von „ strong ties “ und „ weak ties “ (BATHELT/GLÜCKLER 2003: 165). SCHRICKE stellt fest, dass Netzwerke das Ergebnis gut funktionierender Cluster sind und einen seiner Hauptbestandteile darstellen. Netzwerke werden dabei von Ko- operationen geprägt, wohingegen die Konkurrenz ein wesentlicher Bestandteil von Clustern ist. Diese Konkurrenz trägt zu einer Wettbewerbsfähigkeit bei. Netzwerke werden jedoch „… als wesentlicher Erfolgsfaktor f ü r wirtschaftliches Wachstum und innovative Aktivität angesehen “ (SCHRICKE 2007: 36). Infolge dessen ist es im Interesse von Clusterakteuren, Netzwerken anzugehören (vgl. SCHICKE 2007: 36).

2.1.1 Die Bedeutung räumlicher und technologischer Nähe für Cluster

Laut PORTER lassen sich Cluster nicht auf eine bestimmte räumliche Ausdehnung be- schränken. Er ist der Ansicht, dass ein Cluster sich sowohl in Stadtteilen, Städten, Regionen als auch in Staaten oder mehreren Staaten lokalisieren lässt (vgl. PORTER 1998c: 199). PORTER stellt jedoch auch fest, dass Konzentrationen vieler international erfolgreicher Branchen innerhalb einer bestimmten Region oder gar einer bestimmten Stadt zu finden sind. Seiner Ansicht nach fördert die Konzentration von Konkurrenten, Kunden und Lieferanten die Leistungsfähigkeit und Spezialisierung sowie Innovationen (vgl. PORTER 1999: 178). Grund hierfür ist nach PORTER, dass sich „ … dicht auf- einandersitzende Konkurrenten .. oft [als] eifers ü chtige und emotionale Wettbewerber “ (PORTER 1999: 179) herausstellen, was dazu führt, dass die jeweiligen Akteure zum Beispiel mit Universitäten zusammenarbeiten, was meist zu einer Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit beiträgt, da aus solchen Kooperationen Innovationen entstehen können (vgl. PORTER 1999: 179 f.). Ein anderer Aspekt der geographischen Konzentration beziehungsweise räumlichen Nähe ist die Anziehungskraft auf spezialisierte Arbeitskräfte und dass der allgemeine Informationsaustausch vereinfacht wird. Ebenfalls erleichtert wird die Suche nach potentiellen Geschäftspartnern (vgl. PORTER 1999: 180 f.). Grund dafür sind die sogenannten „ face-to-face-Kontakte “, die sich vertrauensbildend auf Geschäftsbeziehungen auswirken (vgl. SCHRICKE 2007: 25). Für Geschäftsbeziehungen gilt dann innerhalb eines Cluster ein Zwang zu richtigem Handeln, da ein Fehlverhalten unter Geschäftspartnern unattraktive Konsequenzen nach sich ziehen würde, da die Informationen eines Fehlverhaltens innerhalb des Clusters in kürzester Zeit jedem Akteur zur Verfügung stehen würde (vgl. MASKELL 2001: 925 f.).

MENZEL/FORNAHL verfeinern den Aspekt der Abgrenzung von Clustern, indem sie fest- stellen, dass ein Cluster über eine Grenze verfügt, weil nur bestimmte Unternehmen und Institutionen zu einem Cluster gehören (vgl. MENZEL/FORNAHL 2005: 133). Die Grenze ist durch das „ particular field “ gekennzeichnet. Dieses als „spezielles Feld“ zu über- setzende Attribut von Clustern bedeutet, dass Unternehmen und Institutionen „… eine gewisse technologische Nähe innerhalb eines Clusters [haben], welche die Grundlage f ü r vielfältige Austauschprozesse und Synergien darstellt “ (MENZEL/FORNAHL 2005: 133). Nicht in dem jeweiligen Cluster integriert sind demnach Unternehmen und Institutionen, die nicht die gleichen Technologien verwenden. Daher stellt das „ particular field “ eine Grenze dar.

Neben der technologischen Grenze gibt es auch eine räumliche Grenze. Die Unter- nehmen und ihr institutionelles Umfeld konzentrieren sich ebenfalls räumlich. Die geringe räumliche Distanz wird unterstützt durch geringe kognitive Distanz, was wiederum bedeutet, dass die kognitive Distanz zwischen einzelnen Clustern umso höher ist, selbst zwischen Clustern derselben Industrie (vgl. MENZEL/FORNAHL 2005: 133). Ebenfalls positiv wirkt sich auf die Entstehung von Innovationen als auch für die Kommunikation ein gemeinsames soziokulturelles Umfeld mit einer gemeinsamen Sprache aus, was bei einer geographischen Nähe meist der Fall ist (vgl. TRIPPL 2004: 88 / SCHRICKE 2007: 29).

2.1.2 Cluster als Wertschöpfungssystem

Cluster werden aus der Sicht einiger Autoren als Wertschöpfungsketten bezeichnet (vgl. z. B. MOßIG/KLEIN 2003: 2), was jedoch sowohl nach Ansicht von KIESE als auch von SCHRICKE die Situation nicht richtig beschreibt. Sie plädieren dafür, Cluster als den lokalisierten Teil eines Wertschöpfungssystems zu betrachten (vgl. KIESE 2008: 11 / SCHRICKE 2007: 13 f.). Im Gegensatz zu einer Wertschöpfungskette werden in einem Wertschöpfungssystem dem Systemcharakter von Produktion und Innovation sowie den horizontalen und diagonalen Verbindungen in Clustern Rechnung getragen (vgl. KIESE 2008: 11). Um die Funktionsweisen, die innerhalb eines Clusters ablaufen, besser zu verstehen, wird daher im Weiteren erläutert, was unter einem Wertschöpfungssystem in dieser Arbeit verstanden wird.

Wertschöpfungssysteme zeichnen sich durch einen breiten Fokus aus. Im Gegensatz zu der vertikal-linearen Dimension einer Wertschöpfungskette werden auch horizontale und diagonale Verbindungen beachtet (vgl. SCHRICKE 2007: 15). Wichtiger Bestandteil des Wertschöpfungssystems ist weiterhin die Wertschöpfungskette mit ihrer vertikal- linearen Dimension. Während in der Literatur einige Autoren die Wertschöpfungskette, auch Wertkette genannt, innerhalb eines Unternehmens verorten (vgl. PORTER 1999: 63), sehen andere die Wertschöpfungskette auch zwischen verschiedenen Unternehmen bestehen (vgl. TATIKONDA/STOCK 2003: 445 ff.). Die Wertschöpfungskette, im Eng- lischen „Supply Chain“, wird definiert als ein „… network of organizations involved from beginning to end in transforming and transporting materials and information in order ultimately to create and to deliver valued products to end customers “ (TATIK- ONDA/STOCK 2003: 446). Abbildung II zeigt eine schematische Darstellung einer Wert- schöpfungskette, die lediglich eine vertikal-lineare Dimension aufweist, in der Waren in die eine Richtung fließen und Informationen in die andere Richtung.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung II: Schematische Darstellung einer Wertschöpfungskette

Quelle: eigene Bearbeitung nach DICKEN 2003: 15 und SCHRICKE 2007: 13

Die in Abbildung II beschriebene vertikal-lineare Dimension wird durch Faktoren be- einflusst, die ein Gesamtgebilde ergeben, welches als Wertschöpfungssystem bezeichnet werden kann. Abbildung III stellt ein Wertschöpfungssystem schematisch dar. Die Wertschöpfungskette mit seinen Bestandteilen Input, Transformation und Distribution wird in einem Wertschöpfungssystem durch technologischen Input ergänzt, beeinflusst und dadurch weiterentwickelt. Dieser technologische Input wird durch das Institutionelle Umfeld geleistet, zu dem zum Beispiel Universitäten gezählt werden. Des Weiteren ist jede Wertschöpfungskette in ein Finanzsystem eingegliedert, welches die nötigen Investitionen tätigt und notwendiges Betriebskapital liefert, insbesondere Kredite (vgl. DICKEN 2003: 16). In den meisten Definitionen von Clustern ist nicht ex- plizit die Rede davon, dass das Finanzsystem als notwendiger Teil eines Clusters vor- handen sein muss (vgl. z. B. KIESE 2008: 10). In dieser Arbeit wird davon ausgegangen, dass ein Finanzsystem, also Banken und andere Investoren, ein Teil des Institutionellen Umfeldes sind, da sie ein Teil des Wirtschaftssystems sind.

Die Wertschöpfungskette mit ihrer Ergänzung durch technologischen Input und den Austauschbeziehungen zwischen den Kettengliedern unterliegt dabei einer Regelung, Koordinierung und Kontrolle (vgl. DICKEN 2003: 16). Diese Regelung, Koordination und Kontrolle erfolgt zum einen durch das Institutionelle Umfeld. So gibt zum Beispiel der Staat Regelungen als Ge- und Verbote in Form von Gesetzen vor. Kontrolle erfolgt durch den Staat zum Beispiel durch die Kartellämter (vgl. BUNDESKARTELLAMT 2009). Aber auch Industrieverbände, die Teil des institutionellen Umfeldes sind, geben Regel für ihre Mitglieder vor und kontrollieren diese. Zum anderen erfolgt auch eine Kontrolle und Regelung durch das soziokulturelle Umfeld, welches elementarer Bestandteil der institutionellen Dimension ist (vgl. MASKELL 2001: 925 f.).

Wenn die beschriebenen Teile eines Wertschöpfungssystems, also Unternehmen gleicher oder ähnlicher Branche, Forschungseinrichtungen und Dienstleister in einem größeren Ausmaß in einer räumlichen Konzentration vorzufinden sind und diese unter- einander agieren, ist nach SCHRICKE von Clusterstrukturen zu sprechen. In welchem Ausmaß die Konzentration vorliegen muss, wird allerdings offen gelassen (vgl. SCHRICKE 2007: 15).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung III: Schematische Darstellung eines Wertschöpfungssystems

Quelle: eigene Bearbeitung nach DICKEN 2003: 15

2.1.3 Cluster als mehrdimensionales Modell

Das in 2.1.2 erklärte Modell eines Clusters weist in seinem Aufbau Lücken auf. Zum Beispiel wird der Aspekt der Konkurrenz nicht beachtet. Ein gelungener Ansatz die vollständige Funktionsweise eines Cluster zu beschreiben ist die Möglichkeit, Cluster als mehrdimensionales Modell darzustellen. Dieses Modell beinhaltet den Ansatz des Wertschöpfungssystems, wird jedoch um einige entscheidende Komponenten erweitert

(vgl. HENN 2006: 49 ff. / BATHELT/GLÜCKLER 2003: 212 f. / KIESE 2008: 11 ff. / SCHRICKE 2007: 75). Zum vollständigen Verständnis über die Funktionsweisen eines Clusters wird daher im Weiteren das mehrdimensionale Clustermodell erklärt, wobei auf die verschiedenen Dimensionen eingegangen wird. Abbildung IV stellt dieses Modell dar.

- Horizontale Clusterdimension: Der horizontalen Dimension wird eine zentrale Rolle im Entstehungs- und Spezialisierungsprozess eines Clusters beigemessen (vgl. BATHELT/GLÜCKLER 2003: 213). Diese Dimension umfasst alle Unternehmen, die in einer Region oder an einem Standort ansässig sind, ähnliche Produkte herstellen und miteinander im Wettbewerb stehen. Diese Unternehmen kooperieren nicht mit- einander, profitieren jedoch von der Existenz der Konkurrenz, da sie jederzeit über die Produkte der Mitbewerber informiert sind. Durch Beobachten werden Lern- und Verbesserungsprozesse ausgelöst, die dazu führen, dass Verbesserungen und Innovationen an eigenen Produkten durchgeführt werden können und eine Vielfalt an Produkten entsteht. Voraussetzung dafür ist, dass eine ähnliche Wissensbasis vorhanden ist, was meist bei räumlicher und kultureller Nähe gegeben ist (vgl. BATHELT/GLÜCKLER 2003: 212 f.). Die kulturelle Nähe ist in diesem Fall das ge- meinsame soziokulturelle Umfeld (vgl. MASKELL 2001: 925 f.).
- Vertikale Clusterdimension: Unternehmen dieser Dimension liefern komplementäre, also ergänzende Produkte. Das können zum Beispiel Zulieferer und Dienstleister in verschiedenen Wertschöpfungsstufen sein (vgl. BATHELT/GLÜCKLER 2003: 213 / HENN 2006: 51). Umso mehr Unternehmen in der horizontalen Dimension an einem Ort zu finden sind, umso höher ist der Anreiz für komplementäre Unternehmen sich ebenfalls in räumlicher Nähe anzusiedeln. Grund dafür ist die erhöhte Nachfrage der spezialisierten Unternehmen der horizontalen Dimension nach spezifischen Inputfaktoren. Ursächlich für die erhöhte Nachfrage ist die sich vergrößernde Arbeitsteilung in der Wertschöpfungskette (vgl. BATHELT/GLÜCKLER 2003: 213). Vorteile ergeben sich auch, weil die Transport- und Transaktionskosten auf Grund der räumlichen Nähe gering sind. Zum Anderen ergeben sich durch die räumliche Nähe technologische Übertragungseffekte, auch „ Spillovers “ genannt, sowie ein Lernprozess, der sich bei intensiver zwischen- betrieblicher Kommunikation einstellen kann (vgl. HENN 2006: 51).
- Institutionelle Clusterdimension: Diese Dimension bezieht sich auf die formelle und informelle Organisation des Normen- und Regelsystems eines Clusters (vgl. HENN 2006: 52 / BATHELT/GLÜCKLER 2003: 213). Dieser gemeinsame institutionelle Rahmen und die gemeinsame Sprache ermöglichen es zum Einen, dass sich Kooperationen zwischen Unternehmen leichter durchführen lassen. Grund dafür ist die Existenz von allgemein anerkannten Regeln, die von den Akteuren im Normalfall eingehalten werden. Diese allgemein anerkannten Regeln sorgen neben der normalerweise existierenden Rechtssicherheit für zusätzliche Sicherheit und Vertrauen. Zum Anderen lassen sich durch das gemeinsame Regelsystem und dem damit verbundenen gemeinsamen Technologieverständnis Informationen, die im so- genannten lokalen Rauschen, dem „ local buzz “ (siehe Abbildung V), sozusagen in der Luft sind erfassen und dekodieren. Um an den Informationen, die zum Beispiel in Form von Gerüchten oder Gerede vorhanden sind, teilzuhaben, benötigt man keine Investitionen, die Informationen sind „ einfach da “. Die Qualität dieser Informationen ist jedoch sehr unterschiedlich, so können sie zum Beispiel in einer Umgebung, in der Misstrauen vorherrscht, äußerst negativ sein (vgl. BATHELT ET AL. 2004: 32 ff.).
- Externe Clusterdimension: Die externe Dimension beschreibt die Beziehungen der Clusterakteure zu Akteuren außerhalb des Clusters (vgl. HENN 2006: 54). Der Wissensaustausch erfolgt über sogenannte Pipelines. Der Austausch durch die Pipe- lines, auch „ global Pipelines “ genannt, erfolgt nicht automatisch. Es muss im Gegensatz zum „ local buzz “ in die Verbindungen investiert werden. Dadurch ist ein zeit- und kostenintensiver Entstehungsprozess von Nöten. Auch hier ist die Voraus- setzung für ein Funktionieren eine gemeinsame Sprache, gemeint ist damit eine ge- meinsame Wissensbasis (vgl. BATHELT ET AL. 2004: 43). Abbildung V stellt die „ global Pipelines “ und den „ local buzz “ schematisch dar. Die externe Dimension wird als überaus wichtig für das Funktionieren und Fortbestehen des Clusters an- gesehen. Durch Kontakt von Clusterakteuren zu externen Akteuren wird verhindert, dass die Beziehungen innerhalb des Clusters zu eng, zu exklusiv und zu starr werden, sodass die Beziehungen der Clusterakteure durch blindes Vertrauen oder „ overembeddedness “ beherrscht wird (vgl. HENN 2006: 54). „ Overembeddedness “ bedeutet, dass ein Netzwerk eine zu große Geschlossenheit aufweist, was dazu führen kann, dass Clusterakteure beispielsweise für Geschäftsbeziehungen auf andere Clusterakteure zurückgreifen, selbst wenn diese nicht die nötigen Kompetenzen zur Problemlösung bereithalten (vgl. HENN 2006: 54 / BATHELT/GLÜCKLER 2003: 213). Wenn diese „ overembeddedness “ eintritt, spricht man auch von einem „ lock-in “, der dazu führen kann, dass zum Beispiel ein regionales Unternehmensnetzwerk auf Grund fehlender technologischer Weiter- entwicklungen in eine Strukturkrise gerät (vgl. BATHELT/GLÜCKLER 2003: 164 f.). Wenn ein Cluster jedoch offen ist, kann er neue Technologien wahrnehmen und akquirieren und somit Wachstums- und Innovationsprozesse generieren und eine Strukturkrise abwenden (vgl. BATHELT/GLÜCKLER 2003: 213). Dieser ideale Zu- stand der Offenheit gegenüber Einflüssen kann auch als „ embedded “ bezeichnet werden. Ist ein Netzwerk jedoch zu lose strukturiert und beruht auf reinen Markt- beziehungen und nicht auf einem Mix von Kooperationen und Marktbeziehungen kann man es als „ underembedded “ bezeichnen (vgl. BATHELT/GLÜCKLER 2003: 164 f.).

- Laterale/diagonale Clusterdimension: Sowohl SCHRICKE als auch KIESE erweitern die Dimensionen um die laterale/diagonale Dimension. Dazu zählen sie zum Bei- spiel Bildungs- und Forschungseinrichtungen, Kammern, unternehmensorientierte Dienstleister (Banken etc.), spezialisierte Dienstleister, Netzwerkorganisationen etc. (vgl. KIESE 2008: 11 / SCHRICKE 2007: 57). In der lateralen/diagonalen Dimension tauschen die im Cluster lokalisierten Unternehmen Leistungen und Wissen zum Bei- spiel mit Dienstleistern und Forschungseinrichtungen aus. Durch diese Austausch- beziehungen der lateralen/diagonalen Komponente wird es erst möglich, dass ein Cluster als ein Wertschöpfungssystem verstanden werden kann, da Verflechtungen nicht nur in vertikaler und horizontaler Sicht vorhanden sind (vgl. KIESE 2008: 11). Diese Dimension ist mit dem Institutionellen Umfeld zu vergleichen. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass Unternehmen eines Clusters und ihr Institutionelles Umfeld nicht getrennt voneinander gesehen werden können, da ihre Entwicklung eng miteinander verknüpft ist, da sie zum Beispiel Kooperationen ein- gehen und gemeinsame Forschung betreiben (vgl. MENZEL/FORNAHL 2005: 132 f.).

- Machtdimension: HENN ergänzt die bisher herausgearbeiteten Dimensionen durch die Machtdimension (vgl. HENN 2006: 56). Er leitet die Machtdimension von BATHELT ab, der diese Dimension nicht explizit ausweist, jedoch den Macht-Begriff einführt. BATHELT konstatiert, dass ein Cluster nur als solcher bezeichnet werden kann, wenn sich die Akteure und Unternehmen als eine Einheit wahrnehmen, welche sich hinreichend von der Umgebung unterscheidet und entsprechend handelt. Geschieht dies bereits in der Entstehungsphase eines Clusters können auch externe Akteure den Cluster wahrnehmen. Akteure innerhalb des Clusters, die diesen Um- stand erkennen, haben in dem Fall die Macht, durch Einbeziehung anderer Cluster- akteure Netzwerke zu bilden und den Cluster zu entwickeln (vgl. BATHELT 2005: 210). Die Macht eines Clusters kann verstanden werden „… as the potential to enrol cluster firms in joint enterprises “ (BATHELT 2005: 210). Da theoretisch jeder Akteur das Wissen um die Macht haben kann, ist diese Dimension allumfassend und nur schwer mess- und identifizierbar. Wenn sich in einem Cluster ein Unternehmen herauskristallisieren sollte, welches sich als Leitunternehmen innerhalb des Clusters sieht und auch so handelt, kann davon ausgegangen werden, dass es am mächtigsten ist.

- Beziehungen zwischen den Dimensionen: Die Dimensionen können nicht isoliert voneinander betrachtet werden, da sie sich untereinander beeinflussen und in einem Abhängigkeitsverhältnis zueinanderstehen. Hierbei gibt es drei verschiedene Ab- tausch-Beziehungen, auch „ Trade-Off-Beziehungen “ genannt (vgl. HENN 2006: 56 f.):

I. Vertikale versus horizontale Clusterdimension: Die durch die vertikale Dimension geschaffenen Ansiedlungsanreize sind umso größer, je größer die zwischenbetriebliche Arbeitsteilung ist. Gleichzeitig kann jedoch die Zahl der Wettbewerber in der gleichen Wertschöpfungsstufe abnehmen, was dazu führt, dass auch die Variationsvielfalt abnimmt. Das führt zu einer Ver- ringerung der Heterogenität des Clusters, was negative Auswirkungen mit sich bringen kann. In Kapitel 2.3 wird dies näher erläutert.
II. Globale Offenheit versus interne Kohärenz: Ein Cluster muss ein be- stimmtes Maß an Offenheit haben, damit er Wachstums- und Innovations- impulse erfährt. Werden die globalen Pipelines jedoch zu dominant gegen- über dem regionalen Milieu kann sich das Interesse der Clusterakteure für lokale Neuigkeiten verringern. Das kann dazu führen, dass sich das „ local buzz “ verringert und der Standort an Attraktivität verliert.
III. Machtasymmetrie versus blindes Vertrauen: Zu großes Vertrauen kann sich schädlich auf den Cluster auswirken, wenn dadurch blindes Vertrauen entsteht. Ein Cluster kann dadurch einem falschen Entwicklungspfad ver- haftet bleiben, was zu einem „ lock-in “ führen kann. Daher ist ein gewisses Misstrauen innerhalb der Entscheidungsstrukturen eines Clusters von Nutzen, da so das Risiko eines kollektiven Scheiterns verringert wird. Ist dieses Misstrauen jedoch zu groß, kann es zu einem Bruch von Akteursbeziehungen führen und der Cluster nimmt ebenfalls Schaden.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass sich ein vollständiges Bild eines Clusters ergibt, wenn alle Dimensionen gegeben sind. Das Bild setzt sich zum Einen aus dem unter 2.1.2 erklärten Wertschöpfungssystem zusammen, zum anderen wird das System noch durch einige Ergänzungen in Form von Dimensionen komplettiert. Es wird davon ausgegangen, dass neben dem Institutionellen Umfeld eine Institutionelle Dimension existiert, in dem Normen und Regeln verankert sind, die nicht festgeschrieben sind. Es handelt sich vielmehr um allgemein anerkannte Verhaltensweisen. Des Weiteren besteht die wichtige Externe Dimension, die dem lokalisierten Wertschöpfungssystem den Zu- gang zu anderen Clustern und clusterexternen Akteuren mit Hilfe der Pipelines ermög- licht. Die horizontale Dimension fügt dem lokalisierten Wertschöpfungssystem noch Wettbewerber hinzu, was das Modell zu einem vereinfachten aber realistischen Abbild der Wirklichkeit werden lässt. Abbildung IV gibt das Bild der Dimensionen wieder, wobei die Machtdimension nicht mit aufgeführt ist, da diese Dimension jedem Akteur anhaften kann. Abbildung V verdeutlicht anschaulich, was unter lokalem Rauschen und globalen Pipelines verstanden wird.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung IV: Cluster als lokalisiertes Wertschöpfungssystem

Quelle: eigene Bearbeitung nach KIESE 2008: 12 und SCHRICKE 2007: 57

Abbildung V: Local buzz und Globale Pipelines

Quelle: eigene Bearbeitung nach BATHELT ET AL. 2004: 46

2.2 Die Typisierung von Clustern

Um Cluster zu charakterisieren und sie einzuordnen ist es von Nutzen sie zu typisieren. Die verschiedenen Herangehensweisen haben jedoch für eine Vielzahl von Cluster- typisierungen und entsprechenden Clustertypen geführt (vgl. SCHRICKE 2007: 47 ff.). Im Hinblick auf die in dieser Arbeit anstehenden Untersuchung werden zwei Varianten der Typisierung vorgestellt, die beide angewandt werden sollen. Zum Einen wird die Typisierung nach TICHY vorgestellt werden, zum Anderen die Typisierung nach

2.2.1 Clustertypen nach TICHY

TICHY unterscheidet Netzwerkcluster, Sterncluster und Pseudocluster. Das Hauptaugenmerk liegt auf der Organisationsstruktur der Cluster. Abbildung VI verdeutlicht den schematischen Aufbau der drei verschiedenen Clustertypen.

- Netzwerkcluster: In Netzwerkclustern können Clustervorteile am deutlichsten zum Tragen kommen. In diesen Clustern ist eine größere Zahl von Firmen untereinander verflochten, es bestehen Verbindungen zwischen allen oder mehreren Unternehmen. Die identifizierten Firmen können Unternehmen in einem engen Spezialisierungsfeld sein, die primär Lokalisationsvorteile genießen. Es kann sich bei den Firmen auch um Unternehmen aus einer verwandten Branche handeln. Diese Firmen nutzen dann Urbanisationsvorteile (vgl. TICHY 2001: 190).
- Sterncluster: In einem Sterncluster haben sich Unternehmen, zum Beispiel Zu- lieferer, um ein dominierendes Unternehmen angesiedelt. Diese Art von Cluster kann die Clustervorteile nur begrenzt nutzen. Wenn es nicht gelingt zwischen den Zulieferern Querverbindungen zu schaffen, sind diese Cluster eher instabil (vgl. TICHY 2001: 190 f.)

Pseudocluster: Bei ihnen handelt es sich um hierarchische Strukturen zwischen Unternehmen und ihren Zulieferern. Die Zulieferer haben untereinander keine Beziehungen, weitere Zulieferer entlang dieser Wertschöpfungskette sind ebenfalls hierarchisch organisiert. Ein Pseudocluster kann keine Clustervorteile nutzen (vgl. SCHRICKE 2007: 48 / TICHY 2001: 191).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung VI: Clustertypen nach TICHY

Netzwerkcluster Sterncluster Pseudocluster

Quelle: TICHY 2001: 191

2.2.2 Clustertypen nach ENRIGHT

ENRIGHT nimmt ebenfalls eine Typisierung von Clustern vor, ergänzt diese jedoch um die politische Einflussnahme. In der vorliegenden Arbeit wird die politische Einflussnahme nur begrenzt untersucht. ENRIGHTS Typisierung eignet sich jedoch auch für die vorliegende Untersuchung, da der politische Aspekt nicht das alleinige Unterscheidungsmerkmal ist. ENRIGHT differenziert fünf verschiedene Typen (vgl. ENRIGHT 2003: 104 / SCHRICKE 2007: 48 f.):

- „ Working clusters “: In solchen Clustern wurde eine kritische Masse an Unter- nehmen, lokalisiertem Wissen, Fähigkeiten und spezialisierten Arbeitskräften er- reicht. Agglomerationsbedingte Einsparungseffekte kommen zum Tragen und werden von den Unternehmen des Clusters im Wettbewerb mit den Unternehmen außerhalb des Clusters genutzt. In „ working clusters “ existiert das Wissen um gegenseitige Abhängigkeit der lokalen Wettbewerber, Zulieferer, Kunden und Institutionen.
- „ Latent clusters “: Eine kritische Masse wurde auch hier erreicht um die Vorteile eines Clusters zu erlangen. Die Interaktion zwischen den Akteuren weist jedoch Defizite auf, sodass die Vorteile nicht vollends zum Tragen kommen.
- „ Potential clusters “: Diese Cluster haben einige der nötigen Elemente eines funktionierenden Clusters herausgebildet. Um Vorteile der Agglomerationseffekte zu erlangen, müssen die Elemente jedoch vertieft und erweitert werden.
- „ Policy driven clusters “: Diese Cluster wurden von der jeweiligen staatlichen Ver- waltung auserwählt, um unterstützt zu werden, oftmals auf Grund von politischem Druck. Jedoch fehlt dem Cluster die kritische Masse um zu Funktionieren, somit er- geben sich nur wenige Vorteile.
- „ Wishful thinking clusters “: Diese Cluster sind ebenfalls von Seiten der Politik konstruierte Cluster. Ihnen fehlt neben der kritischen Masse auch eine spezielle Ressource, auf der eine Entwicklung eines Clusters basieren könnte. Viele der von staatlicher Seite als „ potential clusters “ bezeichneten Cluster sind laut ENRIGHT in diese Kategorie einzuordnen.

2.3 Der Cluster-Lebenszyklus

Cluster unterliegen nach Ansicht einiger Autoren einem Lebenszyklus (vgl. z. B. HENN 2006 / MENZEL/FORNAHL 2005 / MENZEL/FORNAHL 2007 / MOßIG 2008 / TRIPPL 2004 / TICHY 2001). Es wird als sinnvoll erachtet den Cluster einer Lebensphase zuzuordnen, da ein Cluster in der jeweiligen Phase bestimmte Verhaltensmuster aufweist. Anhand dieser Muster lassen sich Prognosen erstellen, wie er sich unter welchen Umständen entwickelt. Ist die zu erwartende Entwicklung negativ, kann mit Hilfe dieses Wissens eine Handlungsempfehlung entwickelt werden, um die zu erwartenden negative Entwicklungen zu verhindern oder zumindest zu bremsen.

Da auch in dem Lebenszyklus-Modell wie bei der Clusterdefinition je nach Autor unterschiedliche Meinungen und Ansätze kursieren, wird der Lebenszyklus eines Clusters so definiert, wie er für diese Arbeit gelten soll.

Der Ablauf des Cluster-Lebenszyklus ist in Analogie zum Produktlebenszyklus und zum „ industry life cycle “ zu sehen (vgl. TICHY 2001: 190 ff.). „ Die Produktzyklus- Hypothese besagt, da ß [!] Produkte nur eine begrenzte Lebensdauer besitzen. … Generalisierend lässt sich der Lebenszyklus eines neuen Gutes (oder einer neuen Branche) in vier Phasen gliedern “ (SCHÄTZL 2003: 211): In die Entwicklungs- und Ein- führungsphase, die Wachstumsphase, die Reifephase und die Schrumpfungsphase (vgl. SCHÄTZL 2003: 211 ff.). Im Folgenden wird jede dieser Phasen des Clusterlebenszyklus erläutert. Zur besseren Übersicht dient Abbildung VII, in der die jeweiligen Unter- scheidungsmerkmale der Lebensphasen erläutert werden. Abbildung VIII stellt den Lebenslauf mit seinen vier Phasen schematisch dar.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung VII: Unterscheidungsmerkmale der Clusterstufen

Quelle: eigene Bearbeitung nach MENZEL/FORNAHL 2005: 138

2.3.1 Entstehungsphase eines Clusters

Einen entstehenden Cluster auszumachen ist äußerst schwierig, da er bei seiner Ent- stehung noch kein Cluster ist. Die Anzahl von Firmen gleicher oder ähnlicher Branche ist meist noch gering und ein spezielles Institutionelles Umfeld ist noch nicht vor- handen. Insgesamt lässt sich die ökonomische Aktivität in einer Region mit ent- stehendem Cluster nicht von der ökonomischen Aktivität einer Region ohne Clusterent- stehung unterscheiden (vgl. MENZEL/FORNAHL 2005: 138). Die Faktoren, warum sich

Unternehmen einer bestimmten Branche in einem bestimmten Gebiet ansiedeln werden in der Literatur unterschiedlich begründet (vgl. z. B. TICHY 2001 / MOßIG 2008). Zum einen kam es gerade zu Beginn der Industrialisierung zu Unternehmensgründungen auf Grund des Vorhandenseins bestimmter Ressourcen, zum Beispiel von Kohle und Eisen. Dies änderte sich im Laufe der Zeit, sodass heute die Existenz von Wissen und Fertig- keiten in einer Region zu Gründertätigkeiten führen (vgl. TICHY 2001: 192). Ähnlich begründet ist der Ansatz, dass das Vorhandensein von spezifischen regionalen Kompetenzen, also die Existenz von Humankapital oder Forschungseinrichtungen, zu Gründungsaktivitäten führt (vgl. TRIPPL 2004: 45). Ein anderer Ansatz begründet die Entstehung von Clustern mit der Existenz von Pionierbetrieben. Dabei wird davon aus- gegangen, dass Unternehmen einer schnell wachsenden Branche während der Lokalisationsphase Wahlfreiheit bezüglich ihres Standortes haben, man spricht auch vom „ window of locational opportunity “. MOßIG ist der Meinung, dass letztlich Zu- fälligkeiten, individuelle Entscheidungen von Unternehmerpersönlichkeiten und historische Ereignisse zu Gründungen von Unternehmen führen. Diese Ereignisse können dann als Beginn des Entwicklungspfades eines Clusters gesehen werden (vgl. MOßIG 2008: 53 f.). Auch die Existenz von bestimmten Nachfragebedingungen oder Zulieferfirmen wird als Grund für Unternehmensgründungen gesehen (vgl. TRIPPL 2004: 45 / HENN 2006: 60).

Die wenigen Unternehmen des entstehenden Clusters können zwar bereits die technologische Ausrichtung des Clusters darstellen, jedoch ist der Cluster an sich sehr heterogen, da die Zahl der Unternehmen sehr gering ist und jedes dieser Unternehmen in neue technologische Bereiche vorstößt (vgl. MENZEL/FORNAHL 2005: 136). Dies wird in Abbildung VIII verdeutlicht. Durch die hohe Heterogenität und der daraus resultierenden technologischen Vielfalt werden Austauschbeziehungen zwischen den einzelnen Firmen erschwert und Kooperationen finden nur partiell statt. In dieser Phase ist die Existenz einer Wissenschaftsinfrastruktur von besonderer Bedeutung, da fast nur durch Synergien zwischen Unternehmen und der Wissenschaftsinfrastruktur positive Effekte entstehen können (vgl. MENZEL/FORNAHL 2005: 138 f.).

Unterscheiden lassen sich entstehende Cluster von Regionen ohne Cluster durch zwei Merkmale. Zum Einen existieren in der Region „... eine oder mehrere Firmen, die eine nachhaltige Vision f ü r einen regionalen Technologiepfad bieten “ (MENZEL/FORNAHL 2005: 139). Zum Anderen ist in der Region des entstehenden Clusters zum Beispiel eine starke Wissenschaftsbasis oder eine politische Einflussnahme vorhanden, wodurch der entstehende Cluster das Potential besitzt, eine kritische Masse zu erreichen (vgl. MENZEL/FORNAHL 2005: 139). TICHY spricht in diesem Zusammenhang auch von einer kritischen Dichte (vgl. TICHY 2001: 193). Mit dem Begriff der kritischen Masse ist das Vorhandensein von ausreichend Firmen, Arbeitnehmern, Forschungseinrichtungen, Wissen etc. gemeint. Für einen solchen „frischgebackenen-Cluster“, im Englischen „ Fledgling-Cluster “ genannt, sind laut SWANN circa 2.000 bis 10.000 Beschäftigte von Nöten (vgl. SWANN 1998: 89 f.).

2.3.2 Die Wachstumsphase eines Clusters

Die Wachstumsphase eines Clusters ist durch die Entfaltung einer großen Dynamik ge- prägt, in der viele Effekte zum Tragen kommen (vgl. TRIPPL 2004: 45). So ist in wachsenden Clustern eine starke Zunahme der Beschäftigtenzahl zu beobachten, was auf das starke Wachstum der bereits vorhandenen Unternehmen zurückzuführen ist. Verstärkt wird dieser Prozess noch durch einen Anstieg von Neugründungen (vgl. MENZEL/FORNAHL 2005: 139). Abbildung VIII verdeutlicht diesen starken Anstieg der Beschäftigtenzahlen in der Wachstumsphase mit einem gleichzeitigen Sinken der Heterogenität. Ursächlich für das Sinken der Heterogenität ist, dass sich bestimmte Technologien durchgesetzt haben (MENZEL/FORNAHL 2007: 18 f.).

Der eigendynamische Prozess führt zu einer starken Differenzierung und zu einem Aus- bau der technologischen Kapazität. Es kommt zu einer Ausbildung von dauerhaften Agglomerationsvorteilen, die insbesondere auf Humankapital eine hohe Anziehungs- kraft ausüben. Die von Unternehmen geschaffenen Vorteile können eine kritische Schwelle erreichen, sodass die räumliche Wahlfreiheit sowohl von Humankapital als auch von Unternehmen eingeschränkt wird. Dadurch schließt sich das Fenster der freien Standortwahl (vgl. MOßIG 2008: 54). In dieser Phase der zunehmenden Dichte von Institutionen und Unternehmen ist die vereinfachte Möglichkeit gegeben, dass sich Lieferbeziehungen und Innovationsnetzwerke herausbilden. Wichtig hierbei ist, dass das fortlaufende Entstehen neuer potentieller Netzwerkpartner eine Abschottung einzelner Netzwerke vermeidet, das zu befürchtende „ lock-in “ wird dadurch verhindert (vgl. MENZEL/FORNAHL 2005: 139). Die neue Ansiedlung von Unternehmen ist auch insofern notwendig für die Weiterentwicklung des Clusters, da dadurch neues Wissen in den Cluster eingebracht wird. Dies führt zu einer Vielfalt und Vitalität des Clusters. Die Ansiedlungen von neuen Unternehmen ist des Weiteren für das selbstständige und selbsttragende Fortbestehen des Clusters wichtig, da nur so eine kritische Masse erreicht und erhalten werden kann (vgl. TICHY 2001: 193). Ist dies erreicht, kommt es zu einem „ take-off “, also zu einem starken Wachstum der Unternehmenspopulation. Die dafür erforderliche kritische Masse liegt bei etwas unter 10.000 Beschäftigten, für einen gut funktionierenden Cluster benötigt man etwa 100.000 Beschäftigte (vgl. SWANN 1998: 89). Fraglich ist an dieser Stelle, ob die von SWANN aufgestellten Kriterien verallgemeinert werden können.

In der Wachstumsphase ist es auch erstmals möglich, die Grenzen des Clusters näher zu bestimmen. Zum Einen sind durch die Wachstumsgrenzen auch die räumlichen Grenzen beschränkt, da nur wachsende und entstehende Unternehmen in einer bestimmten Region auszumachen sind. Auch die technologische Grenze wird bemerkbar, da der Cluster immer spezialisierter wird und sich ein Milieu beziehungsweise institutionelle Dimension entwickelt, welches sich positiv auf die bestehenden Unternehmen und Unternehmensgründungen auswirkt (vgl. MENZEL/FORNAHL 2005: 139).

2.3.3 Die Reifephase eines Clusters

Die Reifephase zeichnet sich durch eine hohe Stabilität der Beschäftigtenanzahl und Firmengröße und -anzahl aus (vgl. HENN 2006: 61 / MENZEL/FORNAHL 2005: 139). Der Cluster ist in dieser Phase sehr leistungsfähig, da Unternehmen bis zu diesem Ent- wicklungspunkt dichte und leistungsfähige Netzwerke aufgebaut haben. Im Idealfall sind die Verbindungen der Unternehmen über die Clustergrenzen nach außen hin offen, sodass kontinuierlich neues Wissen zugeführt werden kann (vgl. MENZEL/FORNAHL 2005: 139).

Cluster neigen jedoch in der Reifephase dazu, Regionen und deren regionale Wirt- schaftsstruktur zu dominieren. Es besteht die Gefahr, dass durch die hohe Produktivität des Clusters steigende Preise entstehen, was sich auf dem Arbeits-, Boden- und Grund- stücksmarkt bemerkbar macht. Das kann so weit gehen, dass die Produktion in kosten- günstigere Standorte außerhalb der Region verlagert wird, es kommt somit zu einer Internationalisierung der Produktion und Arbeitsplätze gehen verloren (vgl. TRIPPL 2004: 46). Weiterer Aspekt der Dominanz des Clusters ist, dass sich auch branchen- fremde Unternehmen durch die steigenden Preise abschrecken lassen, dadurch sinkt die Attraktivität der Region als möglicher Standort (vgl. TICHY 2001: 194). Somit ist ein Cluster in der Lage, Stagnations- und Schrumpfungsprozesse auszulösen, dieses Phänomen wird als „ cluster-competition effect “ bezeichnet (vgl. HENN 2006: 61).

Ein anderer negativer Aspekt der starken Konzentration in einem Cluster ist die schwindende Innovationskraft (vgl. TICHY 2001: 194 f. / TRIPPL 2004: 46 f.). Es gibt mehrere Gründe für dieses Phänomen. Zum Einen sinkt die Zahl der im Cluster tätigen Unternehmen, was zum Beispiel auf Fusionen oder Aufkäufe der Marktführer zurückzu- führen ist. Das führt dazu, dass es zu einer Verkleinerung und Schließung der regionalen Netzwerke kommt, was wiederum bewirkt, dass die innovationsrelevanten Informationen innerhalb des Clusters weniger werden. Innovationen oder gar radikale Innovationen, die einen neuen Produktzyklus in Gang setzen können, werden somit ge- hemmt (vgl. TRIPPL 2004: 46). Die Innovationskraft kann auch sinken, weil sich Unter- nehmen eines Clusters aufeinander eingespielt haben. So sind die Firmen zwar darum bemüht, Innovationen an die Bedürfnisse der bestehenden Kunden anzupassen, jedoch verlieren die Unternehmen dadurch potentielle Neukunden und neue Technologien aus ihrem Fokus. Bedürfnisse von neuen Kunden werden dann durch neue Firmen gestillt, die sich durch neue Technologien von den Clusterunternehmen absetzen konnten. Diese Firmen sind dann meist nicht im gleichen Cluster zu verorten (vgl. TICHY 2001: 194 f.). Ebenfalls negativ auf die Innovationskraft in Clustern wirken sich Verhaltensweisen von Unternehmen aus. So bilden Firmen unter Umständen innovationsfeindliche Strukturen aus, schotten sich gegenüber externen Einflüssen ab und werden dadurch zu schwerfällig um neue Technologien zu akquirieren (vgl. TRIPPL 2004: 47).

2.3.4 Die Schrumpfungsphase eines Clusters

Verstärken sich die oben beschriebenen negativen Prozesse, kann der Cluster von einer Stagnationsphase in eine Schrumpfungsphase übergehen. Die Alterung und Schrumpfung des Clusters bewirken, dass die ehemals prosperierende Region zu einer Problemregion wird und der Cluster stirbt (vgl. TRIPPL 2004: 47). Im Cluster beginnen die Beschäftigtenzahlen und die Firmenzahlen zu sinken, was auf Firmenschließungen und Rationalisierungen zurückzuführen ist. Unternehmensgründungen sind in dieser Phase selten und Insolvenzen treten vermehrt auf (vgl. MENZEL/FORNAHL 2005: 139 / HENN 2006: 61).

MENZEL/FORNAHL stellen fest, dass „ eine Region, die einen schrumpfenden Cluster enthält, .. durch einen starken clusterorientierten Bias der ö konomischen Aktivität ge- kennzeichnet [ist]“ (MENZEL/FORNAHL 2005: 139).

[...]

Ende der Leseprobe aus 119 Seiten

Details

Titel
Gesundheitsregion Mittelhessen - entsteht in Gießen ein Medizincluster?
Hochschule
Justus-Liebig-Universität Gießen  (Institut für Geographie)
Note
1,7
Autor
Jahr
2010
Seiten
119
Katalognummer
V162400
ISBN (eBook)
9783640767243
ISBN (Buch)
9783640767359
Dateigröße
1383 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Gesundheitsregion, Mittelhessen, Giessen, Medizincluster
Arbeit zitieren
Frederik Hohnstein (Autor:in), 2010, Gesundheitsregion Mittelhessen - entsteht in Gießen ein Medizincluster?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/162400

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