Aktuelle Familienstrukturen in der Bundesrepublik Deutschland und sich daraus ergebende Rollenangebote für das Kind


Hausarbeit, 2004

15 Seiten


Leseprobe


1. Einleitung

Die Familienstruktur hat sich in den letzten ca. 40 Jahren verändert. Ein Wandel der Familienstrukturen hat tief greifende Konsequenzen für die Gesellschaft und alle sozialen Sicherungssysteme. Indikatoren dafür und eventuelle Folgen für die Sozialisation möchte ich im Rahmen dieser Hausarbeit aufzeigen, was durch den begrenzten Umfang nur ein Anreißen der Thematik sein kann.

Eingangs wird eine Einordnung der Familie als Gruppe und deren Funktion erläutert. Im Anschluss möchte ich kurz die historische Entwicklung der Familie und die Stellung in der Gesellschaft darstellen. Dann soll anhand von statistischem Datenmaterial der demographische Wandel die Familienstruktur betreffend dargelegt werden. Im Punkt 4 möchte ich den Wandel in der sozialen Struktur unserer Gesellschaft darstellen und dabei eventuelle Folgen für die Kinder aufzeigen. Daran schließt sich ein Schlusswort an.

1.1 Kleingruppen, Primärgruppen

Ihr ganzes Leben hindurch agieren die Menschen größtenteils in kleinen Primärgruppen, wie z.B. die Familie, der Verein, Spiel- oder Interessengruppen, in denen die Interaktionen zwischen den Mitgliedern von Angesicht zu Angesicht, also persönlich stattfinden. Im Gegensatz zu Sekundärgruppen, wie z.B. die Gemeinde oder der Betrieb repräsentiert die Primärgruppe die konkrete soziale Situation, die das soziale Verhalten direkt beeinflusst. Aufgrund der engen Gefühlsbindungen, die innerhalb dieser Gruppen vorkommen, werden Wertvorstellungen des Einzelnen in dieser Umgebung herausgebildet. Mann beschreibt die Gruppenstruktur als „ein relativ stabiles Beziehungsmuster zwischen den Gruppenmitgliedern" (1997, S.53) und nennt Macht-, Kommunikations- und Rollenstrukturen als die wichtigsten Gruppenstrukturen für das Funktionieren der Gruppe. Cooley schreibt, Primärgruppen wie „die Familie, die Spielgruppe der Kinder, die Nachbarschaft oder die Gemeinschaft der Alten sind praktisch universal.

(...) Sie sind nach übereinstimmender Auffassung eine wichtige Grundlage für das, was in der menschlichen Natur und den menschlichen Idealen als universal anzusehen ist" (1909, S.24 zitiert nach Abels 2001, S.273). Wertvorstellungen von Liebe, Gerechtigkeit und Freiheit entstehen also in diesen Primärgruppen, in welchen wir auch das gesellschaftlich gewollte ablesen können. Gesellschaftlicher Wandel zeichnet sich in Lebensformen ab, und das sind Gruppenprozesse. Heinz Abels schreibt dazu: „Wenn heute über Gruppe und Gruppen­prozesse gesprochen wird, dann meist in indirekter Form. Wo z.B. beklagt wird, dass die Familie heute auseinanderfällt, geht es um Gruppenprozesse" (2001, S.269).

2. Die Familie im Spiegel der Geschichte

Erst im 18. Jahrhundert hat der Begriff „Familie" Eingang in die deutsche Umgangssprache gefunden. In den Jahrhunderten davor war das wichtigste und am weitesten verbreitete Wirtschafts- und Sozialgebilde die besonders für die bäuerliche und handwerkliche Lebensweise typische Sozialform des „ganzen Hauses". Diese hielt sich über den 30-jährigen Krieg hinaus aufrecht. Mit den Anfängen der Industrialisierung wurde diese Lebensform einem Veränderungs- und allmählichen Auflösungs- prozess unterworfen.

Mit der Ausbreitung der kapitalistischen Produktionsweise im Verlauf der Industrialisierung vollzog sich die Trennung von Arbeits- und Wohnstätte. Zuerst im gebildeten und wohlhabenden Bürgertum ( hohe Beamte, Unternehmer ), wo Frauen und Kinder von der Erwerbsarbeit freigestellt werden konnten, bildete sich ein Typ der bürgerlichen Familie, die nun emotional-intime Funktionen hatte, heraus.

Durch die Trennung von Arbeit und Familienleben und den die Industrialisierung begleitenden Prozeß der Verstädterung bilden sich neue Normen und Werte wie die Privatheit des Einzelnen und die Intimität des Familienlebens heraus. Die Liebesheirat wurde zum kulturellen Leitbild des aufsteigenden Bürgertums, und später auch für andere Sozialschichten. In den Arbeiterfamilien hat die Emotionalisierung und Intimisierung des Familienlebens in dem Umfang nicht stattgefunden. Das bürgerliche Familienideal mit der Vorstellung von der nichterwerbstätigen Hausfrau und Mutter wird aber auch unter Arbeiterfrauen des ausgehenden 19. beginnenden 20. Jahrhunderts immer populärer. Erst in der Mitte des 20. Jahrhunderts etablierte sich das moderne bürgerliche Familienmuster in der gesamten Bevölkerung. Die privatisierte Kleinfamilie wird zur Normalfamilie, welche nun intime und Sozialisationsfunktionen hat.

Seid etwa Mitte der 70'er Jahre ist eine Destabilisierung der Normalfamilie durch demographische Indikatoren und eine Pluralisierung der Lebensformen zu verzeichnen, welche hier aufgezeigt werden soll.

2.1 Das mittelalterlich - feudale Menschenbild

Viele familienhistorische Untersuchungen zeigen auf, dass es lange vor der Industrialisierung eine große Vielfalt familiärer Lebensformen gegeben hat. Wahrscheinlich hat es alle heutigen Lebensformen in unserer Geschichte schon gegeben, auch wenn die kulturelle und gesellschaftliche Bedeutung der einzelnen Lebensformen sich mit der Zeit verändert. Es gab vielfältige Haushaltstypen, in denen entfernt verwandte und nichtverwandte Menschen lebten.

„Die feudale Wirtschafts- und Sozialverfassung ist durch eine strenge Gliederung der Gesellschaft nach Ständen zu charakterisieren"(Overbeck, 1984, S.38). Die Struktur und Funktion der Gruppen waren dabei eng mit der Produktionsweise verbunden. Die vorindustrielle Wirtschaft war überwiegend „Familienwirtschaft", und die „Familien" waren überwiegend Produktionsstätten. Hier war das wichtigste und am weitesten verbreitete Wirtschafts- und Sozialgebilde die Sozialform des „ganzen Hauses", besonders für die bäuerliche und handwerkliche Lebensweise. Das „ganze Haus" erfüllte viele gesellschaftlich wichtige Funktionen, wie Produktion, Konsumtion und Altersvorsorge. Zentrales Merkmal dieser Lebensweise war die Einheit von Produktion und „Familienleben". Dem „Hausvater" unterstanden nicht nur verwandte Familienmitglieder, nichtverwandte Angehörige des Hauses wie Knechte und Mägde auf den Bauernhöfen oder Gesellen im Handwerksbetrieb zählten genauso zum Hausverband.

[...]

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Aktuelle Familienstrukturen in der Bundesrepublik Deutschland und sich daraus ergebende Rollenangebote für das Kind
Hochschule
FernUniversität Hagen  (Soziologie)
Autor
Jahr
2004
Seiten
15
Katalognummer
V162183
ISBN (eBook)
9783640758036
ISBN (Buch)
9783656202530
Dateigröße
516 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Aktuelle, Familienstrukturen, Bundesrepublik, Deutschland, Rollenangebote, Kind
Arbeit zitieren
Harald Schälike-Ollig (Autor:in), 2004, Aktuelle Familienstrukturen in der Bundesrepublik Deutschland und sich daraus ergebende Rollenangebote für das Kind , München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/162183

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