Ansätze, Probleme und Verbesserungsmöglichkeiten der Risikokommunikation


Hausarbeit, 2003

22 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Risikokommunikation und Risikomanagement

2. Theorien und Modelle der Kommunikation
2.1 Die Informationstheorie von Claude E. Shannon
2.2 Die Kybernetik von Norbert Wiener
2.3 Die Transaktionstheorie der Kommunikation von Raymond A. Bauer
2.4 Die Axiome der Kommunikation von Paul Watzlawick
2.5 Die Theorie des kommunikativen Handelns von Jürgen Habermas
2.6 Gerold Ungeheuers anthropologische Kommunikationstheorie
2.7 Die sozialbehavioristische Kommunikationstheorie von George Herbert Mead
2.8 Die selbstreferentielle Kommunikationstheorie von Niklas Luhmann

3. Ursachen und Ziele der Risikokommunikation

4. Das Gelingen von Risikokommunikation

5. Divergenzen bei der Risikobewertung
5.1 Bewertungsdivergenzen zwischen Laien und Experten
5.2 Ein allgemeines Modell von Bewertungsdifferenzen

6. Gattungen von Risikokommunikation
6.1 Koordination von Risikodialogen und –diskursen
6.2 Risikoaufklärung

7. Ansätze zur Verbesserung der institutionellen Risikokommunikation

8. Vorschläge für die Verbesserung der Risikokommunikation
8.1 Strukturelle und institutionelle Verbesserungen
8.2 Organisatorische Verbesserungen
8.3 Forschung und Entwicklung

9. Literatur

1. Risikokommunikation und Risikomanagement

„Risiko ist die Antwort unserer Kultur auf Ungewissheit und Ungesichertheit. Unser Menschsein wird prinzipiell von Wissenslücken, von Unglücken, von Katastrophen, vom „Schiefgehen“ be-gleitet.“ (Obermeier (1999) S. 9) Von Risiko lässt sich nur dann sinnvoll sprechen, wenn Ein-fluss auf die Ungesichertheit ausgeübt werden kann. Gilt dies nicht, handelt es sich um Bedro-hungen bzw. Gefahren, denen man ausgesetzt ist. Das deutet bereits auf den fundamentalen Zwiespalt der Risikokommunikation hin: was die einen nur als „Risiko“ ansehen, stellt sich für die anderen als „reale Gefahr“ dar. Wir unterscheiden zwischen gerichteter Risikokommunikation und „frei floatender“ Risikokommunikation (Krimsky et al. (1988)). Frei floatende Risikokom-munikation ist eine Grundvariante der Kommunikation moderner Gesellschaften. Sie tritt in un-terschiedlicher Gestalt auf: als Gerücht, Pressebericht, PR-Kampagne oder Unternehmensinfor-mation. Diese Form der Risikokommunikation hat oft keine spezielle Zielgruppe und stammt aus verschiedenen Quellen. Im Unterschied dazu bezieht sich gerichtete Risikokommunikation auf alle Kommunikationsprozesse, die sowohl die Identifikation, Analyse, Bewertung und das Ma-agement von Risiken als auch die dafür nötigen Voraussetzungen und Beziehungen zwischen den daran beteiligten Personen, Gruppen und Institutionen zum Gegenstand haben. Gerichtete Risiko-kommunikation ist Teil des Risikomanagements. Sie ist ziel- und zweckbezogen und gemäß dem National Research Council der USA (NRC (1996)) eine Querschnittsfunktion, die den gesamten Managementprozess von der Identifikation und Bewertung der Risiken, über die Entscheidung bis hin zur Risikokontrolle betrifft.

Akteure in diesem Prozess sind sowohl Entscheidungsträger und Wissenschaftler als auch alle in-teressierten Parteien. Dabei sind bei der Risikoidentifikation, -bewertung, -entscheidung und der Risikokontrolle wissenschaftliche Erkenntnisse mit einem größtmöglichen gesellschaftlichen Wertberücksichtigungspotential (Akademie der Wissenschaften zu Berlin (1992)) zu verknüpfen. Alle Bewertungen – also auch Risikobewertungen - als wesentliche Bestandteile von Manage-mentprozessen stellen einen Vergleich von Soll- und Istwerten dar. Um ein Risiko entweder als ‘nicht erheblich’, ‘akzeptabel’ oder als ‘nicht tragbar’ einstufen zu können, ist ein Maßstab er-forderlich. Solche Maßstäbe sind willkürlich. Es wäre also ein Fehler, die Risikobewertung allein auf naturwissenschaftlicher Basis vorzunehmen, die nur das ‘So-Sein’ feststellen kann. Risiko-kommunikation wird gebraucht, damit Wissenschaft und Werte gleichermaßen Berücksichtigung finden.

2. Theorien und Modelle der Kommunikation

Kommunikation ist der Pulsschlag jeder Gesellschaft. Gleichgültig, welches Medium verwandt wird, bindet Kommunikation die Menschen oder entzweit sie. Selbst der Dissens wird kommu-niziert und Zwistigkeiten besonders heftig. Bei dieser elementaren Bedeutung von Kommuni-kation für unsere Gesellschaft liegt es nahe, sich die einzelnen Modelle der Kommunikation nä-her zu betrachten. Im Folgenden soll kurz auf verschiedene Theorien und Modelle eingegangen werden.

2.1 Die Informationstheorie von Claude E. Shannon

Basis der Informationstheorie Shannons sind seine frühen Arbeiten auf dem Gebiet der Nachrich-tentechnik um 1930. Der Prozess der linearen Signalübertragung wird von Shannon wie folgt charakterisiert:

Die Nachrichtenquelle wählt aus einem Set möglicher Nachrichten eine gewünschte aus. Bei der Nachrichtenquelle kann es sich sowohl um Maschinen als auch um Lebewesen handeln. Die Art der Nachricht kann ebenfalls unterschiedlicher Natur sein: gesprochene oder geschriebene Wör-ter, Bilder, Laute etc..

Der Sender transformiert die Nachricht in Signale, die für die Übertragung durch einen Kanal geeignet sind. Man spricht hierbei von der Kodierung der Nachricht.

Der Kanal ist das Übertragungsmedium (Schall, Licht, elektromagnetische Wellen etc.), um die Signale vom Sender zum Empfänger zu übermitteln. Während der Übertragung können nicht gewünschte Veränderungen (Störungen) aus einer Störquelle auf das Medium einwirken, die das Signal verrauschen.

Der Empfänger als umgekehrter Sender empfängt das u.U. verrauschte Signal und hat die Auf-gabe, aus dem Signal die Nachricht zurückzukonstruieren oder besser gesagt, zu dekodieren und das dekodierte Signal an das Nachrichtenziel weiterzuleiten.

Als Nachrichtenziel können wiederum sowohl Menschen als auch Maschinen fungieren, für die die Nachricht bestimmt war. (Krallmann et al. (2001))

2.2 Die Kybernetik von Norbert Wiener

Die Kybernetik Norbert Wieners ist eine Weiterentwicklung des oben vorgestellten linearen Sen-der-Empfänger-Modells.

Damit sich Kommunikation im erweiterten Sinne als wechselseitiger Prozess überhaupt entwik-keln kann, ist eine Rückkoppelung zwischen Empfänger und Sender notwendig. Der Sender muss den Effekt seiner Mitteilung erkennen können; nur dann wird er auch weiter die angewendete Kommunikationsform anwenden. Die von dem amerikanischen Mathematiker Norbert Wiener begründete Kybernetik beschäftigt sich mit der Betrachtung komplexer Rückkoppelungsmecha-nismen – also speziellen zyklischen Strukturen in Systemen – wie sie auch bei der Kommunika-tion vorhanden sind (Naschold (1988)).

2.3 Die Transaktionstheorie der Kommunikation von Raymond A. Bauer

Raymond A. Bauer geht in seiner Transaktionstheorie der Kommunikation – anders als bei den beiden bereits vorgestellten, eher einbahnigen Modellen - von Kommunikation als einem zwei-seitigen Prozess aus. Bei diesem zweiseitigen Prozess kommuniziert nicht nur der Sender aktiv, sondern auch der oder die Empfänger nehmen aktiv am Kommunikationsprozess teil, wodurch - ähnlich wie bei Wieners Ansatz - eine Rückkopplung entsteht. „Das Publikum reagiert nicht passiv auf Informationen, sondern ist in eine Entscheidungssituation gestellt, es wählt nach sei-nen Bedürfnissen für seine Zwecke bestimmte Informationen aus und vernachlässigt andere.“ (Naschold (1988) S. 63) Da aber nicht nur der Sender oder Kommunikator einen bestimmten Zweck mit der Verbreitung der Information verfolgt, sondern der Empfänger ebenfalls die Auf-nahme der Informationen für seine Zwecke selektiv vornimmt, entsteht ein gegenseitiges Nutzen-kalkül, wodurch die Kommunikation langfristig nur dann aufrecht erhalten werden kann, wenn beide Seiten Nutzen daraus ableiten können. Kurz- und mittelfristig ist jedoch auch eine domi-nante Stellung eines der Kommunikationspartner möglich (Schreiber (1990)).

2.4 Die Axiome der Kommunikation von Paul Watzlawick

Der Axiome der Kommunikation nach Watzlawick beschreiben wichtige Aspekte der Kommu-nikation aus Sicht der Sozialpsychologie.

1. Axiom: „Man kann nicht nicht kommunizieren.“

(Watzlawick et al. (1996) S. 53) Das Material jeglicher Kommunikation sind nicht nur Worte, sondern alle paralinguistischen Phänomene (Tonfall, Schnelligkeit oder Langsamkeit der Spra-che, Pausen, Lachen und Seufzen), Körperhaltung, Ausdrucksbewegungen (Körpersprache) kurz, Verhalten jeder Art. Wenn alles Verhalten jedoch in einer interpersonalen Situation Mitteilungs-charakter hat, also Kommunikation ist, so folgt daraus, dass man nicht nicht kommunizieren kann. Dies gilt auch dann, wenn Kommunikation nicht bewusst, absichtlich oder erfolgreich ist.

2. Axiom: „Jede Kommunikation hat einen Inhalts- und einen Beziehungsaspekt, derart, dass letzterer den ersten bestimmt, und daher eine Metakommunikation ist.“

(Watzlawick et al. (1996) S. 56) Dazu ein Beispiel: Frau A fragt Frau B: „Sind die Perlen echt?“ Frau B kann nun die Frage auf der Inhaltsebene auffassen, die sich direkt auf den Sachverhalt der Echtheit der Perlen bezieht. Auf der Beziehungsebene aufgefasst, kann Frau B verstehen, dass Frau A ihr gegenüber Neid oder Bewunderung zum Ausdruck bringt. Dies ist ein gutes Beispiel für den Konstruktivismus nach Watzlawick, da Frau A Frau B auf der Inhaltsebene anspricht, Frau B sich aber auf der Beziehungsebene angesprochen fühlt. Somit sehen beide jeweils nur ihre Realität, was in ihrer Kommunikation zu Störungen führen kann.

3. Axiom: „ Jedes Ereignis innerhalb des Kommunikationsablaufes kann gleichzeitig Reiz, Reaktion und Verstärkung sein.“

(Watzlawick et al. (1996) S. 57) Auch hierzu ein Beispiel: Eine Ehefrau nörgelt ständig an ihrem Ehemann herum, da sich dieser nach ihren Angaben bei Konfliktsituationen immer zurückziehe. Der Mann hingegen gibt an, er ziehe sich deshalb zurück, weil seine Frau immer nur nörgele. Im wesentlichen erweisen sich ihre Streitereien als monotones Hin und Her der gegenseitigen Vor-würfe. Beide Partner nehmen ihr Verhalten nur als Reaktion auf das Verhalten des anderen wahr, ohne zu sehen, dass sie mit ihrem Verhalten das Verhalten des anderen bedingen. Beide inter-punktieren den Kommunikationsablauf gemäß ihrer subjektiven Realitätswahrnehmung.

4. Axiom: „Menschliche Kommunikation bedient sich digitaler und analoger Modalitäten.“

(Watzlawick et al. (1996) S. 67) Objekte können auf zwei verschiedene Arten zum Gegenstand von Kommunikation werden. Sie lassen sich entweder durch Analogie (z.B. eine Zeichnung) oder durch einen Namen darstellen. Ein Beispiel für eine digitale Ausdrucksweise: Das Wort „Hund“ benennt ein bestimmtes Tier, jedoch stehen die Buchstaben „h“, „u“, „n“ und „d“ in keiner Be-ziehung zu dem benannten Tier, es besteht nur ein semantisches Übereinkommen für die Be-ziehung zwischen Wort und Objekt. Digitales Mitteilungsmaterial ist viel komplexer, vielseitiger und abstrakter als analoges. Da jede Kommunikation einen Inhalts- und einen Beziehungsaspekt hat, wird deutlich, dass die digitalen und analogen Kommunikationsweisen nicht einfach neben-einander bestehen, sondern sich in jeder Mitteilung gegenseitig ergänzen. Daher ist die Vermu-tung zulässig, dass der Inhaltsaspekt digital übermittelt wird, der Beziehungsaspekt vorwiegend analoger Natur ist.

5. Axiom: „Kommunikationsabläufe sind symmetrisch, wenn die Beziehung zwischen den Kommunikationspartnern auf Gleichheit beruht oder komplementär, wenn sie auf Un-gleichheit beruht.“

(Watzlawick et al. (1996) S. 71) Dieses fünfte und letzte von Watzlawick aufgestellte Axiom be-zieht sich mehr auf die Verhaltensebene zwischen den Kommunikationspartnern. Symmetrische Beziehungen zeichnen sich durch Streben nach Gleichheit und Verminderung von Unterschieden zwischen den Partnern aus, während komplementäre Interaktionen auf sich gegenseitig ergän-zenden Unterschiedlichkeiten beruht. In der komplementären Kommunikation gibt es zwei ver-schiedene Positionen: Ein Partner nimmt die sogenannte superiore, primäre Stellung ein, der an-dere die entsprechend inferiore, sekundäre. Diese Begriffe, dürfen nicht mit „gut“ oder „schlecht“, „schwach“ oder „stark“ verwechselt werden. Komplementäre Beziehungen beruhen auf gesellschaftlichen oder kulturellen Kontexten (wie z.B. im Fall von Mutter – Kind, Arzt – Pa-tient, Lehrer – Schüler)

2.5 Die Theorie des kommunikativen Handelns von Jürgen Habermas

Habermas stellt in seiner Handlungstheorie verschiedene Modelle des Handelns vor. Zunächst unterteilt er in strategisches und kommunikatives Handeln.

Das strategische Handlungsmodell ist stark manipulativ und erfolgsorientiert. Die Sprache dient in erster Linie der Realisierung des angestrebten Handlungsziels. Der Sender wirkt aufgrund in-dividueller, am Erfolg der Handlung orientierter Verfahren steuernd auf seinen Kommunikations-partner ein (Habermas (1987)).

Habermas unterteilt weiter das kommunikative Handeln in drei reine Typen. Je nachdem, welche Sprechakte, Geltungsansprüche und Weltbezüge in verständigungsorientierter Einstellung bedient werden, stehen normatives, dramaturgisches und kommunikatives Handeln im engeren Sinne analytisch nebeneinander.

Das kommunikative Handlungsmodell im engeren Sinne hat den Zweck, innerhalb einer sozialen Gruppe eine kollektive Verständigung zu schaffen, die dazu dient, Handlungspläne gemeinsam umsetzen zu können (Habermas (1987)).

Normenreguliertes Handeln bezieht sich auf Mitglieder einer sozialen Gruppe, die ihr Handeln an gemeinsamen Werten orientieren. Alle Mitglieder einer Gruppe, für die eine bestimmte Norm gilt, dürfen in bestimmten Situationen voneinander erwarten, dass die jeweils gebotenen Hand-lungen ausgeführt oder unterlassen werden. Normenreguliertes Handeln setzt ebenfalls Sprache voraus, um damit einen normativen Konsens an kulturellen Werten zu aktualisieren und gleich-zeitig interpersonale Beziehungen herzustellen. (Habermas (1987), Krallmann et al. (2001)).

Innerhalb des dramaturgischen Handlungsmodells dient die Sprache als Medium zur Selbstdar-stellung des Kommunikators. Dabei steht nicht der Inhalt der Information im Vordergrund, son-dern der Sprecher selbst und seine persönliche Ansicht (Habermas (1987)).

Um diese Handlungsmodelle umsetzen zu können, müssen zwei wesentliche Risiken vermieden werden. Zum einen sollte dem Risiko des Fehlschlagens der Verständigung, zum anderen dem Risiko, dass der Handlungsplan selbst fehlschlägt, ausgewichen werden (Krallmann et al. (2001)).

[...]

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Ansätze, Probleme und Verbesserungsmöglichkeiten der Risikokommunikation
Hochschule
Universität Bielefeld  (Fakultät für Gesundheitswissenschaften)
Note
1,0
Autor
Jahr
2003
Seiten
22
Katalognummer
V16186
ISBN (eBook)
9783638211079
ISBN (Buch)
9783640157075
Dateigröße
512 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Dichter Text - einzeiliger Zeilenabstand.
Schlagworte
Ansätze, Probleme, Verbesserungsmöglichkeiten, Risikokommunikation
Arbeit zitieren
Reinhold Ballmann (Autor:in), 2003, Ansätze, Probleme und Verbesserungsmöglichkeiten der Risikokommunikation, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/16186

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