Die Mutterfigur in Strittmatters "Laden Band I"


Hausarbeit, 2005

17 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die Struktur des Romans „Der Laden“
2.1 Die Charakterisierung des Romans
2.2 Die Erzählstruktur des Romans

3. Die Darstellung der Figur der Mutter
3.1 Beziehungen zu den einzelnen Familienmitgliedern
3.2 Ihr Geschäftssinn
3.3 Ihre persönlichen Eigenschaften
3.4 Ihre Sinn für das Moderne
3.5 Ihre Stellung im Dorf

4. Zusammenfassung

5. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Der Roman „Dar Laden“ ist 1983 im Aufbau-Verlag erschienen und erzählt die Geschichte des Jungen Esau Matt und seiner Familie. Diese ziehen von Grauschteen nach Bossdom um dort einen Laden mit Bäckerei zu übernehmen. Es werden im Roman zahlreiche Episoden erzählt, nicht nur über die Familie der Zentralfigur, sondern auch über die Bewohner des Dorfes, so dass der Leser einen recht umfassenden Einblick in das Leben dieser Menschen erhält. In dieser Arbeit soll es allerdings speziell um die Analyse der Figur der Mutter – Helene Matt – gehen.

Bevor ich mich allerdings der genaueren Darstellung dieser Figur zuwende, soll im ersten Teil zuerst einmal die Struktur des Romans erläutert werden. Dabei werde ich auf die Anlage des Werks eingehen und versuchen, die Einordnung des Romans als Entwicklungsroman zu erläutern. Weiterhin soll anschließend ein Überblick über die Erzählstruktur des Strittmatterschen Werks gegeben werden.

Im nächsten Teil dieser Arbeit wird auf die Darstellung der Figur der Mutter durch die Aufteilung in fünf Unterpunkte erfolgen. Der Abschnitt über die Beziehungen dieser Person zu den einzelnen Familienmitgliedern soll einerseits den liebevollen Umgang der Mutter mit ihren Kindern beschreiben und andererseits die durch den Laden bestimmten Verhältnisse dieser Frau zu allen Familienmitgliedern aufzeigen. Im zweiten Unterpunkt soll es dann um den Geschäftssinn der Mutter gehen, welcher auf der einen Seite durch immer wieder neu auftauchende Ideen geweckt wird, auf der anderen Seite allerdings durch ihre Naivität und Unachtsamkeit im Umgang mit Geld untergraben wird. In den letzten Abschnitten werde ich auf die charakteristischen Eigenschaften dieser Figur eingehen, ihren Sinn für das Moderne beleuchten, welcher vorwiegend durch das Lesen von „Vobachs Modenzeitung“ geprägt ist, und ihre Stellung im Dorf beschreiben.

2. Die Struktur des Romans „Der Laden“

2.1 Charakterisierung des Romans

Generell ist die Einordnung des Romans als Gesellschafts-, Provinz- oder Entwicklungsroman schwierig, da keine klaren Abgrenzungen zwischen den einzelnen Formen möglich sind. Es erfolgt im Roman eine Beschreibung der Familiengeschichte und der dörflichen Gemeinschaft durch einzelne Episoden, in welchen sich zum Teil auch die gesellschaftlichen Verhältnisse dieser Zeit wiederspiegeln (z.B. die Inflation). Trotzdem würde ich den „Laden“ als Entwicklungsroman bezeichnen, da die Entwicklung des Erzählers, eingebettet in die der Familie und der dörflichen Gemeinschaft, beschrieben wird. Der Leser begleitet den fünfjährigen Esau von dessen Umzug von Grauschteen nach Bossdom über seine ersten Schuljahre bis hin zu seinem Eintritt in die „hoche Schule“ (E. Strittmatter, S. 544) und erfährt dabei einiges über dessen Familie sowie die Menschen im Dorf.

2.1 Erzählstruktur des Romans

Der Roman „Der Laden“ (Band 1) weist einen Episodencharakter auf, in welchem die Entwicklung von Esau Matt relativ chronologisch geordnet erzählt wird. In dieser Chronologie erfolgen Rückblicke der Zentralfigur, die diese lineare Entwicklungsgeschichte immer wieder unterbrechen („Aus jeder Lebens-Ecke unserer Eltern und Großeltern drängen Geschichten heran; [...]. Wie soll ich sie alle bändigen und ordnen, damit sie wenigstens Kulissen in meinem kleinen Tautropfen-Welt-Theater abgeben!“ E. Strittmatter, S. 97). Die Entwicklungsgeschichte Esau Matts hält die Gesamthandlung zusammen, auch wenn sich oftmals die Episoden in den Vordergrund drängen.

Im Roman „Der Laden“ gibt es einen Ich-Erzähler, auch wenn man zwischen einem Erzählenden Ich und einem Erlebenden Ich unterscheiden muss. Der Ich-Erzähler berichtet aus der Perspektive mehrerer Jahrzehnte sowie von Erinnerungen aus seiner Kindheit und Jugend. Er versucht sich an das zu erinnern, was er damals gefühlt, gesehen oder gedacht hat („Das schreibst du heute [...], aber hast dus damals so gesehen? Ich habe es damals so gesehen [...]. E. Strittmatter, S. 9).

Der Roman weist einen besonderen Einstieg auf, da mit der Vorgeschichte des eigentlichen Geschehens begonnen wird („In Grauschteen, von wo wir herkommen, war alles anders [...]. E. Strittmatter, S. 7). Der Ich-Erzähler befindet sich erst in der Vergangenheitsebene, wechselt dann in die Gegenwartsebene und beschreibt die Geschichte aus seinen Erinnerungen. Durch diese Erzählweise entsteht der Eindruck, dass erzähltes (also erlebendes Ich) und erzählendes Ich sehr nahe beieinander liegen, allerdings drängt sich das erlebende Ich in den Vordergrund und lässt die Distanz mehrerer Jahrzehnte verschwimmen. „Es verschmilzt die Zeit, in denen die Erinnerungen spielen mit der Erzählzeit“ (Jarmatz, K., S. 1778). Trotzdem nimmt das erzählende Ich Wertungen vor, die das erlebende Ich noch nicht kennt.

Der Erzähler beschreibt eine Geschichte, die über 40 Jahre zurückliegt, aus seinen Erinnerungen heraus. Diese sehr detaillierten Erinnerungen nach so langer Zeit sprechen dafür, dass es sich bei dem Roman um keine Autobiographie handelt, da man davon ausgehen kann, dass sich kein Mensch so genau an seine Kindheit erinnert. Strittmatter verfolgte mit diesem Roman die Absicht, nur dass zu schreiben, was er wirklich weiß, fühlt und sieht. Die Erinnerungen werden also reflektiert in dem Glauben, damals so gedacht zu haben. Außerdem erfolgen Rückblicke auf die eigene Kindheit meist mit verklärtem Blick. Aus erinnerten Eigenschaften, Verhaltensweisen und Begebenheiten schafft der Autor detaillierte Geschichten, in welchen Dichtung und Wahrheit nah beieinander liegen.

Der Ich-Erzähler versucht eine Distanz zwischen Erzähltem und Erzählgegenwart deutlich, zu machen, indem er auf einer eigenen Identität dieser Beiden baut. Dies erfolgt zum Beispiel durch das direkte Benennen der unterschiedlichen Betrachtungsweisen von damals und heute („Das schreibst du heute [...], aber hast dus damals so gesehen? Ich habe es damals so gesehen [...]. E. Strittmatter, S. 9), durch das Nennen des Alters des erzählten Ichs beim Einstieg in den Roman („Ich war fünf Jahre alt“ Strittmatter, S. 7) oder durch Hinweise auf eine zeitliche Distanz durch Vorausschauen („Viele Jahre meines Lebens gingen dahin [...].“ E. Strittmatter, S. 9). Weiterhin gibt es im Roman typische Strittmattersche Verallgemeinerungen. Es wird das Wissen über Gesetzmäßigkeiten, z.B. dass alles Spuren hinterlässt, erwähnt, die ein Fünfjähriger noch nicht wissen kann („Die Räder des Möbelwagens sind athletisch. Ihre metallenen Reifen rieben sich an den Landstraßensteinen silbrig; auch die Steine werden was von der Reibung gehabt haben, aber unsere Augen sind grob, sie sehen die Reibspuren auf den Straßensteinen nicht.“ E. Strittmatter, S. 8). Auch die oftmals auftretenden philosophischen Überlegungen („Können die Dinge denn dies oder das sein?“ E. Strittmatter, S. 12) wären eine Überforderung für einen fünfjährigen Ich-Erzähler.

Für die Betrachtung dieses Romans ist es außerdem wichtig, sich darüber bewusst zu sein, dass der Erzähler versucht, sich kindliche Erinnerungen zu vergegenwärtigen, somit ist die empirisch überprüfbare Autobiographie nicht gegeben (Dichtung und Wahrheit). Weiterhin ist eine Überprüfung der Wertungen des kindlichen Erzählers notwendig. Die Urteile dessen decken sich nicht mit denen des erwachsenen Erzählers. Dadurch kommt es zu einer teilweise ironischen Darstellung der Figuren, durch welche man das Gefühl bekommt, dass beim Blick Strittmatters auf seine Figuren viele der Ironie zum Opfer fallen. Die immer wieder auftretende Bezeichnung der Mutter als „ausgezeichnet“ (E. Strittmatter, S. 80) lässt beispielsweise die ironische Wertung des Erzählers erkennen. Zum ersten Mal kommt es zu dieser Beschreibung, als Esau das „Ausgezeichnet“ unter einem Aufsatz seiner Mutter entdeckt („Aber unter den Aufsatz über die Ungetrübte Freude schrieb Mutters Lehrer: Ausgezeichnet! Und das mit roter Tinte“ E. Strittmatter, S. 27). An dieser Stelle kann man noch davon ausgehen, dass es der Erzähler ernst meint und tatsächlich glaubt eine „ausgezeichnete Mutter“ zu haben. Danach folgt allerdings bei jeder Gelegenheit der Beschreibung des Verhaltens oder der Ansichten der Mutter die Aussage „meine ausgezeichnete Mutter“. Genau diese ständige Wiederholung der Worte verleiht der Beschreibung der Mutter eine ironische Wertung.

[...]

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Die Mutterfigur in Strittmatters "Laden Band I"
Hochschule
Universität Potsdam
Note
2,0
Autor
Jahr
2005
Seiten
17
Katalognummer
V161103
ISBN (eBook)
9783640748372
Dateigröße
467 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Mutterfigur, Strittmatters, Laden, Band
Arbeit zitieren
Sabrina Oertel (Autor:in), 2005, Die Mutterfigur in Strittmatters "Laden Band I", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/161103

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