Privatisierung eines Weihnachtsmarktes


Wissenschaftlicher Aufsatz, 2010

12 Seiten


Leseprobe


Privatisierung eines Weihnachtsmarktes*[1]

„In der Gemeinde liegt die Stärke der freien Völker. Kommunale Selbstverwaltung ist für die Freiheit, was die Volksschule für die Bildung ist, sie bringt sie in greifbare Reichweite aller“

Alexis de Toqueville

„Wir Deutsche leben in einer selbstbewusst gelassenen Demokratie.“

Bundespräsident Wulff

Die Finanz- und Wirtschaftskrise führte zu einer Renaissance des „starken Staates” und der kommunalen Daseinsvorsorge, „Re-Kommunalisierung” öffentlicher Aufgaben; Präferenz der Bürger zu mehr Sicherheit, Verlässlichkeit, sozialer Gerechtigkeit.“

Alfred Katz.[2]

Aus der bundesverfassungsrechtlichen Garantie der kommunalen Selbstverwaltung folgt, dass sich eine Gemeinde im Interesse einer wirksamen Wahrnehmung der Angelegenheiten[3] der örtlichen Gemeinschaft nicht ihrer gemeinwohlorientierten Handlungsspielräume begeben darf. Eine materielle Privatisierung eines kulturell, sozial und traditionsmäßig bedeutsamen Weihnachtsmarktes, der bisher in alleiniger kommunaler Verantwortung betrieben wurde, widerspricht dem. Eine Gemeinde kann sich nicht ihrer hierfür bestehenden Aufgabenverantwortung entziehen. Ihr obliegt vielmehr auch die Sicherung und Wahrung ihres Aufgabenbereichs, um eine wirkungsvolle Selbstverwaltung und Wahrnehmung der Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft zu gewährleisten.[4]

Zum Sachverhalt:

Der Kläger, Inhaber eines Imbissstandes, den er im März 2004 von einem anderen Marktbeschicker erwarb, wandte sich mit einer Feststellungsklage gegen die 1997 erfolgte “Privatisierung” des O. Weihnachtsmarktes. Die Bekl. hatte bis zu diesem Zeitpunkt über Jahrzehnte den Weihnachtsmarkt in O. selbst veranstaltet. Ausweislich einer Presseinformation zum Weihnachtsmarkt 1996 fand u. a. ein Rahmenprogramm auf dem Weihnachtsmarktgelände statt. So traten der Nikolaus, eine Puppenbühne an verschiedenen Tagen mit Puppentheaterstücken, ein Posaunenchor sowie ein Musikverein und andere Musikanten sowie ein Zauberer und Gaukler an verschiedenen Tagen auf. Unter dem 12.09.1996 beschloss die Stadtverordnetenversammlung der Bekl., den Magistrat der Stadt zu beauftragen, die Vergabe des Weihnachtsmarktes ab 1997 an einen Dritten vorzubereiten. Die abschließende Auswahl sollte durch den Magistrat erfolgen unter der Maßgabe, dass der Einfluss des Magistrats auf die Gestaltung des Weihnachtsmarktes sicherzustellen sei. Nach Durchführung verschiedener Bewerbergespräche übertrug der Magistrat der Bekl. die Vergabe des O. Weihnachtsmarktes an den Beigeladenen zu 1 mit Vertrag vom 26.09.1997. Noch am Tage des Vertragsschlusses übertrug der Beigeladene zu 1, ein Verein mit ca. 100 Mitgliedern, die schwerpunktmäßig aus dem Kreise des örtlichen Einzelhandels stammen, der Beigeladenen zu 2 vertraglich die Ausrichtung des Weihnachtsmarktes. Der Vertrag sah u. a. vor, dass die Beigeladene zu 2 den Weihnachtsmarkt zu den in dem mit der Bekl. geschlossenen Vertrag enthaltenen Bedingungen organisieren und durchführen müsse. Die Beigeladene zu 2 zahlte an den Beigeladenen zu 1 pro Weihnachtsmarkt einen Betrag von 5 000 DM. In der Folgezeit verpflichtete die Beigeladene zu 2 die von ihr ausgewählten Marktbeschicker u. a. dazu, bestimmte Waren in den Ständen zu vermarkten. Der 1997 zwischen dem Beigeladenen zu 1 und der Bekl. geschlossene Vertrag sah u. a. vor, dass der private Betreiber in eigener Verantwortung, für eigene Rechnung und unabhängig von Einzelfallanweisungen der Bekl. tätig sein soll. Die Übertragung geschah zunächst für einen Zeitraum von zwei Jahren. Zum Umfang der Übertragung ist geregelt, dass der Betreiber in eigener Verantwortung die Auswahl der Marktbeschicker, die Marktordnung und die Werbung und Marktdurchführung übernimmt. Die Auswahl der Marktbeschicker wurde an bestimmte Vorgaben geknüpft; so sollten bestimmte Anbietergruppen nach Anzahl und Verhältnis zu der Gesamtzahl der Anbieter berücksichtigt werden, so etwa eine bestimmte Anzahl von Ausschank-, Verköstigungs- und Süßwarenverkaufsbetriebe sowie Kunsthandwerksanbieter und Weihnachtsschmuckanbieter sowie mindestens ein Kinder- und/oder Nostalgiefahrgeschäft ohne Jahrmarktscharakter. Im Einzelnen wird auf den Inhalt des Vertrages vom 24.07. und 26.09.1997 Bezug genommen. Mit Änderungsvertrag vom 05. und 10.09.2002 ist der Zeitraum für die Ausrichtung des Weihnachtsmarktes um weitere sieben Jahre verlängert worden. Weiterhin ist eine automatische Verlängerung des Vertrages um jeweils ein weiteres Jahr vorgesehen, sofern nicht eine Kündigung mit einer 12-monatigen Frist zum jeweiligen Vertragsende erfolgt. Unter dem 30.03. und 06. 4.2006 schlossen die Bekl. und die Beigeladenen zu 1 und 2 eine Änderungsvereinbarung, wonach nunmehr die Auswahl der Weihnachtsmarktbeschicker durch die Betreiberin in eigener Verantwortung auf der Grundlage eines öffentlichen Bewerbungsverfahrens unter privatrechtlichen Grundsätzen erfolge. In diesem Vertrag ist zugleich das Ausscheiden des Beigeladenen zu 1 aus dem bisherigen Vertrag vereinbart worden. Mit einem am 02. und 26.03.2009 geschlossenen Vertrag über die Sondernutzung von Flächen in der O. Fußgängerzone zur Durchführung eines Weihnachtsmarktes wurde nunmehr nach Kündigung des vorausgegangenen Vertragsverhältnisses bestimmt, dass die Stadt der Beigeladenen zu 2 die Erteilung der Sondernutzungserlaubnis für Flächen in der Fußgängerzone zur Durchführung eines Weihnachtsmarktes in den Jahren 2009 bis 2011 zusichert. Im Einzelnen ist die Veranstaltungsfläche näher festgelegt worden, ebenso der Beginn des Weihnachtsmarktes. Zugleich sollte die Beigeladene zu 2 “zur Sicherung der innenstadtverträglichen Gestaltung des Weihnachtsmarktes und zur Qualitätssicherung und -steigerung” die Einhaltung des von ihr vorgelegten Veranstaltungskonzepts sichern. In der Vereinbarung ist auch eine Sonderregelung für außergewöhnliche Beschickerstände vorgesehen sowie die Zusicherung seitens der Bekl. zur Erteilung aller weiteren, für die Durchführung des Weihnachtsmarktes erforderlichen Genehmigungen. Für den 2004 veranstalteten Weihnachtsmarkt erstritt der Kl. eine Zulassung durch die Beigeladene zu 2 mit Hilfe eines einstweiligen Verfügungsverfahrens vor dem LG Darmstadt.[5] /[6]

Mit dem VGH ist davon auszugehen, dass die vorliegende Feststellungsklage zulässig ist. Der Kl. hat ein Interesse an der begehrten Feststellung. Hierzu genügt jedes nach Sachlage anzuerkennende schutzwürdige Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder auch ideeller Art.[7]

Es besteht auch die notwendige Klagebefugnis beim Kl. Über das in § 43 Abs. 1 VwGO geforderte berechtigte Interesse an der begehrten Feststellung hinaus ist nach ständiger Rechtsprechung § 42 Abs. 2 VwGO entsprechend anzuwenden.[8] Eine Feststellungsklage ist damit nur zulässig, wenn der Kl. geltend machen kann, in seinen Rechten verletzt zu sein, entweder weil er an dem feststellenden Rechtsverhältnis selbst beteiligt ist oder weil von dem Rechtsverhältnis eigene Rechte abhängen. Im vorliegenden Fall erscheint es aber nicht offensichtlich und eindeutig nach jeder Betrachtungsweise als unmöglich, dass dem Kl. ohne die seinerseits angegriffene Übertragung der Vergabe im Jahre 1997 ein Anspruch gegen die Bekl. auf Zulassung zu dem genannten Weihnachtsmarkt zustehen könnte. Bei Rechtswidrigkeit der von ihm gerügten Privatisierung kann ihm ein Anspruch auf Zulassung zur Nutzung öffentlicher Einrichtungen der Gemeinde eröffnet sein.

Gemäß Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG haben die Gemeinden das Recht, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft[9] im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung[10] zu regeln.[11] Den Gemeinden ist damit durch Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG ein grundsätzlich alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft umfassender Aufgabenbereich zugesichert und damit auch die Befugnis zu einer eigenverantwortlichen Führung der Geschäfte in diesem Bereich.[12] Die Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft sind nach ständiger Rechtsprechung dabei diejenigen Bedürfnisse und Interessen, die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln oder zu ihr einen spezifischen Bezug haben. Sie sind den Gemeindeeinwohnern gemeinsam, indem sie das Zusammenleben und das Zusammenwohnen der Menschen in der politischen Gemeinschaft betreffen. Auf die Verwaltungskraft der Gemeinde kommt es hierfür nicht an.[13] Der bundesrechtliche Rechtsbegriff der Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft ist dabei kein inhaltsloser disponibler Begriff, sondern er ist vom Sinne der grundgesetzlichen Selbstverwaltungsgarantie[14] her zu verstehen und auch zu interpretieren.[15] Die Gemeinden sind infolge der Selbstverwaltungsgarantie nicht nur vor Eingriffen[16] durch den Bund und die Länder in dem Kernbestand ihres Aufgabenbereichs geschützt, sondern aus Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG ergibt sich auch eine Bindung der Gemeinden hinsichtlich der Aufrechterhaltung dieses Bestandes und damit die grundsätzliche Pflicht der gemeindlichen Wahrung und Sicherung ihres eigenen Aufgabenbestandes, wenn dieser in den Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft wurzelt.

Auf die gemeindliche Aufgabenwahrnehmung bezogene inhaltliche Vorgaben des Gesetzgebers bedürfen eines rechtfertigenden Grundes, etwa um eine ordnungsgemäße Erledigung sicherzustellen. Diese Vorgaben müssen beschränkt bleiben “auf dasjenige, was der Gesetzgeber zur Wahrung des jeweiligen Gemeinwohlbelangs für erforderlich halten kann, wobei er angesichts der unterschiedlichen Ausdehnung, Einwohnerzahl und Struktur der Gemeinden typisieren darf und auch im Übrigen einen weiten Einschätzungs- und Beurteilungsspielraum hat”.[17] Dementsprechend hat der Gesetzgeber in § 19 Abs. 1 HGO festgelegt, dass die Gemeinde die Aufgabe hat, in den Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit die für ihre Einwohner erforderlichen wirtschaftlichen, sozialen, sportlichen und kulturellen Einrichtungen bereitzustellen. Die Einwohner der Gemeinden sind im Rahmen der bestehenden Vorschriften berechtigt, die öffentlichen Einrichtungen der Gemeinde zu benutzen, und verpflichtet, die Gemeindelasten zu tragen, § 20 Abs. 1 HGO. Die gesetzliche Regelung in Hessen trägt somit den Anforderungen, die sich aus Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG ergeben, Rechnung.

Es steht nicht im freien Ermessen einer Gemeinde, “freie Selbstverwaltungsangelegenheiten” zu übernehmen oder sich auch jeder Zeit wieder dieser Aufgaben zu entledigen. Gehören Aufgaben zu den Angelegenheiten des örtlichen Wirkungskreises, so darf sich die Gemeinde im Interesse einer wirksamen Wahrnehmung dieses örtlichen Wirkungskreises, der ausschließlich der Gemeinde, letztlich zum Wohle der Gemeindeangehörigen, anvertraut ist, nicht ihrer gemeinwohlorientierten Handlungsspielräume begeben. Der Gemeinde steht es damit nicht grundsätzlich zu, sich ohne Weiteres der Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft[18] zu entledigen. Anderenfalls hätten es die Gemeinden selbst in der Hand, den Inhalt der kommunalen Selbstverwaltung durch Abstoßen oder Nichtwahrnehmung ihrer ureigenen Aufgaben auszuhöhlen. Um ein Unterlaufen des ihr anvertrauten Aufgabenbereichs zu verhindern, muss sich die Gemeinde grundsätzlich zumindest Einwirkungs- und Steuerungsmöglichkeiten vorbehalten, wenn sie die Angelegenheiten des örtlichen Wirkungskreises anderen übertragen will. Sie kann sich damit nicht ihres genuinen Verantwortungsbereichs für die Wahrnehmung ihrer Angelegenheiten des örtlichen Wirkungskreises entziehen. Will sie Dritte bei der Verwaltung bestimmter Bereiche ihres eigenen Aufgabenbereichs einschalten, die gerade das Zusammenleben und das Zusammenwohnen der Menschen in der politischen Gemeinschaft betreffen, so muss sie ihren Einflussbereich über die Entscheidung etwa über die Zulassung im Grundsatz behalten. Der Gemeinde ist es verwehrt, gewissermaßen den Inhalt der Selbstverwaltungsaufgaben selbst zu beschneiden oder an Dritte abzugeben.

Geht es allein um eine wirtschaftliche Betätigung der Gemeinde, bei der von vornherein zweifelhaft sein kann, ob es sich um eine Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft handelt, die das Zusammenleben und Zusammenwohnen der Menschen in der politischen Gemeinschaft betrifft, so wird die Frage einer Pflicht der gemeindlichen Wahrung und Sicherung ihres eigenen Aufgabenbestandes anders zu beantworten sein, als wenn es sich um öffentliche Einrichtungen mit kulturellem, sozialen und traditionsbildenden Hintergrund handelt, die schon lange Zeit in der bisherigen kommunalen Alleinverantwortung lagen. Je länger die kommunale Verantwortung für derart geprägte öffentliche Einrichtungen dauerte, umso mehr ist die Gemeinde zu einer wirksamen Wahrnehmung dieser Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft verpflichtet. Eine Gemeinde kann sich damit nicht der Aufgabenverantwortung für die so geprägten eigenen Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft entziehen. Vielmehr obliegt ihr auch die Sicherung ihres Aufgabenbereichs, um eine wirkungsvolle Selbstverwaltung und die effektive Wahrnehmung der ureigenen Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft sicherzustellen.

Aus dem Gebot der Sicherung und Wahrung des Aufgabenbestandes der Gemeinden ergibt sich, dass eine vollständige Übertragung von Aufgaben besonderer sozialer, kultureller und traditioneller Prägung wie ein Weihnachtsmarkt, an Dritte nicht zulässig ist. In welcher Weise die Gemeinde ihren Einflussbereich auf die Wahrnehmung für derartige Angelegenheiten des örtlichen Wirkungskreises sich vorbehält, etwa durch eine funktionale oder formelle Privatisierung ist dabei eine Frage ihres Ermessens.

Die Gemeinde hat die Möglichkeit, durch die sog. “formelle Privatisierung”[19] bei der Veranstaltung etwa von Märkten, Messen, aber auch von Weihnachtsmärkten, die unmittelbare Veranstaltungszuständigkeit der Gemeinde einer kommunalen Eigengesellschaft zu übertragen. Die Verantwortlichkeit der Gemeinde für die Angelegenheit des örtlichen Wirkungskreises bleibt damit vollständig erhalten.

Weiterhin ist der Gemeinde die Möglichkeit einer sog . “funktionellen Privatisierung”[20] eröffnet. Dabei kommt es zu einem Zusammenwirken von Privatrechtsträgern und der Gemeinde, so etwa in Form von Betreiber- und Betriebsführungsmodellen. Die Gemeinde kann etwa einen privaten Unternehmer als Erfüllungsgehilfen im sog. Submissionsmodell mit der Durchführung der Veranstaltung in ihrem Namen betrauen. Damit bleibt die Gemeinde aber in rechtlicher Hinsicht der Veranstalter des Marktes. Ebenso kann das sog. Konzessionsmodell zu Grunde gelegt werden, wonach eine öffentliche Einrichtung verpachtet werden und die Wahrnehmung an private Unternehmer weitergegeben werden kann. Hierbei ist allerdings zu beachten, dass die Rechtspflichten der Gemeinden gegenüber Beschickern, Besuchern und Dritten fortbestehen müssen. Die Gemeinde muss sich in diesem Fall jedenfalls Kontroll- und Einwirkungsrechte vorbehalten.

Die Veranstaltung eines Weihnachtsmarktes mit kulturellem, sozialem und traditionsbildendem Charakter gehört zur Wahrnehmung der Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft. Bei einem Weihnachtsmarkt mit dem umschriebenen Charakter treten die wirtschaftlichen Belange eindeutig zurück. Im Vordergrund steht das Vorliegen der sozialen, kulturellen und traditionellen, gemeinschaftsbezogenen Gemeinwohlbelange, das örtliche Zusammengehörigkeitsgefühl unter den Gemeindebürgern, die Wahrung von Tradition und religiösen und historischen ortsbezogenen Gebräuchen. Eine Reduzierung dieser gemeinwohlorientierten Belange auf eine wirtschaftliche Betätigung im Zusammenhang mit der Veranstaltung eines Weihnachtsmarktes verkennt den Begriff der Angelegenheiten des örtlichen Wirkungskreises.[21]

Die Entledigung von Aufgaben[22] /[23] wie traditionsreichen, kulturellen und sozialen Weihnachtsmärkten, die zu den Angelegenheiten des örtlichen Wirkungskreises gehören, führt damit inhaltlich zu einer unzulässigen Selbstbeschränkung der kommunalen Selbstverwaltung.[24]

Zusammenfassend folgt somit aus Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG auch eine Pflicht der Gemeinde zur grundsätzlichen Sicherung und Wahrung des Aufgabenbestandes, der zu den Angelegenheiten des örtlichen Wirkungskreises gehört. Zu diesem Bestand gehört auch die Veranstaltung eines traditionsbildenden und traditionellen Weihnachtsmarktes mit kommunalpolitischer Relevanz, der zugleich das Besucherinteresse an vertrauten und beliebten Darbietungen aus früheren Veranstaltungen beachtet und zur Förderung der Kontakte der Gemeindebürger untereinander beiträgt, bei dem damit soziale und kulturelle Gesichtspunkte prägend sind. Der Gemeinde ist es bei einem derartigen Aufgabenbereich verwehrt, sich der Verantwortung für die Durchführung von Veranstaltungen dieser Art endgültig zu entledigen. Sie muss sich Steuerungs- und Einwirkungsmöglichkeiten zu einer dem Wohl der Gemeindeeinwohner verpflichteten Durchführung von traditionellen Weihnachtsmärkten vorbehalten. Wie wichtig ein derartiger neutraler, “unbefangener”, auch einen fairen Wettbewerb sichernder Einfluss des Hoheitsträgers ist, zeigt gerade der vorliegende Fall, bei dem die “Befangenheit” der Marktveranstalter im Verhältnis zu den Marktbeschickern offensichtlich ist, wovon auch der VGH ausgeht. Auch ein weiterer fallbezogener Umstand zeigt die Notwendigkeit des Bestehens einer Steuerungsmöglichkeit durch die Gemeinde selbst.[25]

[...]


* Mit Anmerkungen von Prof. Dr. Dr. Siegfried Schwab, Mag. rer. publ. unter Mitarbeit von Diplom-Betriebswirtin (DH) Silke Schwab und Referendarin Heike Schwab.

[1] BVerwG, Urt. v. 27.05.2009 – 8 C 10.08, KommJur 2009, 424 ff.

Die kommunale Selbstverwaltung hat in Deutschland eine lange Tradition. Schon in der Steinschen Städteordnung von 1808, der Paulskirchenverfassung 1848 und der württembergischen Verfassung von 1819 wurde die Bedeutung der Gemeinen für das Staatswesen erkannt. Die kommunale Selbstverwaltung ist zu einem festen Bestandteil des staatlichen Organisationsgefüges geworden und ein tragfähiges Fundament unseres Staatswesens. Ihrem Wesen und ihrer Intension nach kann man die kommunale Selbstverwaltung als Aktivierung der Bürger für ihre eigenen Angelegenheiten durch Einräumung der Möglichkeit zu aktiv gestalterischer Mitwirkung in einem für sie überschaubaren Gemeinwesen umschreiben, vgl. Schwab, Neubestimmung der Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft, S. 11. Sie macht Demokratie für die Bürger erlebbar und ist durch Einräumung bürgerlicher Mitverantwortung und Mitentscheidung Garant gegen einen Untertanengeist. Kommunale Selbstverwaltung darf daher nicht zur bloß polit-professionellen Verwaltungstätigkeit denaturieren, sondern muss eine Selbstverwaltung der Bürger durch und für den Bürger bleiben. In Art. 28 Abs. 2 GG ist eine subjektive Rechtsstellungsgarantie der Gemeinden enthalten, Schmidt-Aßmann, FS 50 Jahre BVerfG II, 2001, S. 812 ff.; Maurer, FS für Christian Starck, 2007, S. 339 mit FN 21. Sie hat zur Folge, dass Gemeinden nur solche Eingriffe in das Selbstverwaltungsrecht hinnehmen müssen, die im Einklang mit Art. 28 Abs. 2 GG stehen, und notfalls eine Beschwerdemöglichkeit daraus herleiten können. Zwar ist mit Art. 28 Abs. 2 GG kein Recht auf Bestandsschutz verbunden ist, doch erwächst der einzelnen kommunalen Gebietskörperschaft aus Art. 28 Abs. 2 GG verfassungsunmittelbar ein verfassungsmäßiges subjektives Recht.

[2] Vgl . Landsberg, KommP 2008, 85ff.; Schaidinger, in: Pressemitteilung Bay. Städtetag v. 28.10.2009; Brüning , VerwArch 2009, 453; „Privatisierung – Mehr Markt oder mehr Staat”, in: Parlament 2010, Nr. 2/3.

[3] Das GG hat sich für eine auf Selbstverwaltungskörperschaften aufbauende, hierdurch verfasste und gegliederte Demokratie entschieden, in der die Gemeinden Bürgernähe, Überschaubarkeit der organisierten Staatlichkeit, Flexibilität und Spontaneität verkörpern. Verfassungsrechtlich wird das Recht der kommunalen Selbstverwaltung in Art. 28 Abs. 2 GG, und den Landesverfassungen, etwa Art. 71 Abs. 2 LVerfB-W, 78 Abs. 2 LVerfNW garantiert. Den Gemeinden wird die Befugnis eingeräumt, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft eigenverantwortlich im Rahmen der Gesetze zu regeln. Art. 28 GG enthält eine dreifache Garantie:

- eine institutionelle Rechtssubjektsgarantie; Für eine institutionelle Garantie ist kennzeichnend, dass sie einerseits auf (öffentlich-rechtliche) gesetzliche Regelung angewiesen ist, zugleich aber verfassungsrechtlich gegenüber dem ausgestaltenden und beschränkenden Gesetzgeber schützen soll. Als institutionelle Garantie ist Art. 28 Abs. 2 GG im Ansatz keine individuelle und subjektiv-rechtliche, sondern eine auf die Einrichtung als solche gerichtete, objektiv-rechtliche Gewährleistung, die freilich unter dem GG auch einzelne Kommunen subjektiv berechtigt, Hellermann, in Epping/Hillgruber, Beck'scher Online-Kommentar, Art. 28 GG, RN 33;
- eine objektive Rechtsinstitutionsgarantie;
- eine subjektive Rechtsstellungsgarantie der Gemeinden bei Angriffen auf die beiden zuerst genannten Gesichtspunkte.

Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG gewährt den Gemeinden als Teil des mehrfach gegliederten Staatsaufbaus kein Grundrecht. Gemeinden üben als Teil der Staatsgewalt nämlich Hoheitsgewalt aus. Sie sind Verwaltungsträger i. S. des Art. 20 Abs. 3 GG. Die einzelne Gemeinde kann dennoch die Einhaltung der Gewährleistungsinhalte verlangen. Sie hat Unterlassungs-, Beseitigungs-, Teilhabe- und Leistungsansprüche. Die einzelne Gemeinde kann von den nach Art. 28 Abs. 2 GG Verpflichteten die Einhaltung der von Art. 28 Abs. 2 gesicherten Garantien (institutionelle Rechtssubjekts- und objektive Rechtsinstitutionsgarantie) einfordern. § 91 BverfGG - Gemeinden und Gemeindeverbände können die Verfassungsbeschwerde mit der Behauptung erheben, dass ein Gesetz des Bundes oder des Landes die Vorschrift des Artikels 28 des Grundgesetzes verletzt. § 91 BVerfGG, der an die - insoweit - materielle Rechtsposition des Rechts auf Selbstverwaltung nach Art. 28 Abs. 2 GG anknüpft, setzt eine irgendwie geartete subjektivierte Rechtsposition der beschwerdeführenden kommunalen Gebietskörperschaft voraus, Bethge, in Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, Bundesverfassungsgerichtsgesetz, § 91 RN 15. Dass Art. 28 Abs. 2 GG kein Grundrecht, sondern eine kompetenzrechtliche Verteilungsgarantie darstellt, ist unerheblich. Auch Kompetenzen sind „subjektivierbar“, Roth, Verwaltungsrechtliche Organstreitigkeiten, 2001; Bauer, Die Bundestreue, 1992; Lechner/Zuck, BVerfGG, 5. Aufl., 2006, § 91 RN 2 mit FN 6, was durch prozessuale Vorschriften wie Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 und 3 GG bestätigt wird, Schmidt-Aßmann, FS 50 Jahre BVerfG II, 2001, S. 807 FN18.

[4] Die Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft werden als diejenigen Bedürfnisse und Interessen verstanden, die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln oder zu ihr einen spezifischen Bezug zur örtlichen Gemeinschaft haben, die also den Gemeindeeinwohnern gerade als solchen gemeinsam sind, indem sie das Zusammenleben und -wohnen der Menschen in der (politischen) Gemeinde betreffen, BVerfG, NVwZ 1989, 347; Gern, Deutsches Kommunalrecht, RN 58. Den Gemeinen wird damit ein Aufgabenfindungsrecht garantiert. Sie können aus eigenem Antrieb alle in ihrem Wirkungsbereich, d. hl in ihrem Gebiet entstehenden Aufgaben an sich ziehen, um die Wohlfahrt des Ganzen sowie die materiellen Interessen und die Entwicklung des einzelnen fördern. Den Gemeinden soll kein enumerativ abschließend begrenzter und dauerhafter Aufgabenbereich zugewiesen werden. Die Aufgaben sind vielmehr einem ständigen Entwicklungsprozess unterworfen. Aus dem Zusammenleben der Menschen in einem konsum- und komfortorientierten Gemeinwesen entstehen ständig neue Bedürfnisse, werden ständig anspruchsvolle Wünsche an die Gestaltung des Wohnraums, der Einkaufsmöglichkeiten, Freizeit und Bildungseinrichtungen gestellt, die die Kommunen im Rahmen ihres Leistungsvermögens zu bewältigen suchen (entwicklungsdynamischer Aufgabenkreis),vgl. Thiele, Allzuständigkeit im örtlichen Wirkungskreis, DVBl 1980, 13; Krüger, VBlBW 1987, 97ff – die Allzuständigkeit ein verfassungsrechtliches Hindernis für eine leistungsfähige Verwaltung? Die Gemeinden können durch Zugriff auf neue Sachaufgaben ihre Zuständigkeit begründen (Recht auf Spontaneität); vgl. Schoch, Neukonzeption der kommunalen Selbstverwaltung, DVBl 2008, 937ff; Burgi, Künftige Aufgaben der Kommunen im sozialen Bundesstaat, DVBl 2007,70; Gebhardt, Das kommunale Selbstverwaltungsrecht, 2007; Clemens, Kommunale Selbstverwaltung und institutionelle Garantie, NVwZ 1990, 834; Schmidt-Aßmann, Die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung, Festschrift 50 Jahre BVerfG II 2001, 497. Art. 28 Abs. 2 GG enthält ein Regel-Ausnahmeverhältnis für die Zuständigkeit bei „unbesetzten“ Aufgaben, BVerfGE 107, 113.

[5] Die Bewerbung des Antragstellers für die Teilnahme am Weihnachtsmarkt 2005 lehnte die Beigeladene zu 2 ebenfalls ab. Dagegen erhob der Kl. bei der Bekl. Widerspruch, den die Bekl. für unzulässig hielt, da kein Bescheid seitens der Bekl. erlassen worden sei. Im danach angestrengten einstweiligen Rechtsschutzverfahren vor dem VG Darmstadt lehnte das Gericht den Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen die Bekl. ab. Die dagegen erhobene Beschwerde hat der Hessische VGH mit Beschluss vom 11.11.2005 zurückgewiesen. Im September 2005 hat der Kl. beim VG Klage erhoben.

[6] Das Berufungsgericht hat die Berufung zurückgewiesen; die Revision wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen, da bisher weder durch das BVerwG noch durch die Rechtsprechung anderer OVG geklärt sei, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen eine Privatisierung bisheriger öffentlicher Einrichtungen von Gemeinden zulässig sei.

[7] BVerwGE 53, 134 [137].

[8] BVerfGE 74, 1 [4]; BVerwGE 100, 262 [264] = NJW 1996, 2046 [2048].

[9] Die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung aus Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG sichert den Kommunen das Recht, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Die Gewährleistung kommunaler Selbstverwaltung sichert ihnen dabei einen grundsätzlich alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft umfassenden Aufgabenbereich sowie die Befugnis zu eigenverantwortlicher Führung der Geschäfte in diesem Bereich zu, BVerfG, NVwZ 2004, 1477 [1482]; KommJur 2006, 297 [298]). Zur allgemeinen Regelungsgarantie der Gemeinden gehört auch die gemeindliche Rechtssetzungshoheit (Satzungsautonomie).

[10] Eigenverantwortung bedeutet in erster Linie frei von Zweckmäßigkeitserwägungen und Beschränkungen anderer Hoheitsträger. Die Gemeinden haben einen politischen Gestaltungsspielraum, den sie demokratisch legitimiert, Art. 28 Abs. 1 S. 2 GG verantwortungsvoll und unter Beachtung der Gesetze und des Rechts gestalten können (ob, wann und wie). Der Gesetzesvorbehalt („in den Grenzen“) bezieht sich auf die Eigenverantwortlichkeit und die Universalität. Der Gesetzesvorbehalt ermächtigt den Gesetzgeber zur Konkretisierung verfassungsimmanenter Grenzen, aber auch zu Eingriffen in den verfassungsunmittelbaren Garantiebereich. Gesetz i. S. des Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG sind neben förmlichen Landes- und Bundesgesetzen untergesetzliche Rechtsnormen als materielle Gesetze. Die Kernbereichsgarantie schützt den Wesensgehalt kommunaler Selbstverwaltung. Für die kommunale Selbstverwaltung unverzichtbar sind die:

- Finanzhoheit,
- Personalhoheit,
- Raum- und Planungshoheit
- die Organisations- bzw. Kooperationshoheit.
- Die Planungshoheit umfasst die Befugnis, die eigene raumbezogene Entwicklung konzeptionell zu gestalten. Die Planung ist eine strukturelle Methode der Aufgabenerledigung. Die Raumplanungshoheit umfasst die Befugnis zur planerischen Entwicklung der gebietsbezogenen Nutzung. Die Organisationshoheit betrifft die Befugnis, die Aufbau- und Ablauforganisation der eigenen Beschluss- und Vollzugsorgane zu regeln. Aus der Finanzhoheit wird die Befugnis der Gemeinden für eine verantwortliche Einnahmen- und Ausgabenwirtschaft abgeleitet. Die Organisationshoheit umfasst auch die Befugnis einzelner Gemeinden mit anderen Gemeinden gemeinschaftliche Organisationseinheiten (Kooperationshoheit) zu gründen und unter Beachtung des Rechtsstaatsprinzips neue Handlungsinstrumente zu schaffen, BVerfG-K, NVwZ 1987, 124; Schaffarzik, DÖV 1996, 155f.; Frenz, VerwArch 1995, 378; Nierhaus, in Sachs, Art. 28 GG, RN 53. Aus der Befugnis zur Eigengestaltung der Aufgabenerledigung folgt auch der Schutzanspruch, nicht zu Zwangsverbänden zusammengeschlossen zu werden. Die Grenzen des Schutzbereichs der Selbstverwaltungsgarantie sind zugleich Kompetenzgrenzen, BVerfGE 79, 147; Tettinger, in v. Mangoldt/Klein/Starck, Art. 28 GG, RN 173. Art. 28 Abs. 2 GG steht demnach einer landesgesetzlichen Ausdehnung des Tätigkeitsbereichs über die Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft hinaus, auch auf gemeindefreiem Gebiet, BVerwG, NVwZ 1998, 952f, nicht entgegen, Pieroth, in Jarass/Pieroth, Art. 28 GG, RN 10; Jarass, DVBl 2006, 3.

[11] Die Kommunen sind als Verwaltungsträger in den staatlichen Bereich eingefügt, Grawert, Die Kommunen im Länderfinanzausgleich, 1989, S. 27. Die Finanzverfassung des Grundgesetzes ist auch insofern eine Folgeverfassung, als dass sie sich grundsätzlich an dem zweistufigen Staatsaufbau orientiert. Sie ordnet die Kommunen den Ländern zu (Art. 106, 107 Abs. 2 GG), BVerfGE 86, 215, und überlässt es diesen, eine abschließende Entscheidung über die tatsächliche Finanzausstattung ihrer Kommunen zu treffen, Groh, Schuldenbremse und kommunale Selbstverwaltungsgarantie, LKV 2010, 2. Art. 106 Abs. 5 und 6 GG regelt eine (Mit-)Ertragshoheit der Gemeinden aus dem allgemeinen Steueraufkommen. Auf der Einnahmeseite der Kommunen sind schließlich die staatlichen Abgeltungszahlungen für die Übertragung konkreter Aufgaben durch die Länder, die in den Landesverfassungen normiert sind, zu buchen. An diesen sog. aufgabenakzessorischen Finanzausgleich (Konnexitätsprinzip) schließt sich dann der allgemeine kommunale Finanzausgleich des Art. 106 Abs. 7 GG an. Die Kommunen haben auf die Höhe ihrer Finanzausstattung einen nur sehr begrenzten Einfluss, Brems, Die Aufgabenverlagerung des Landes Nordrhein-Westfalen auf die Kommunen und die Frage der Finanzierungsfolgen, 2006, S. 331. Trotz ihrer Finanzautonomie wird das Ertragsvolumen der Kommunen weitgehend von Bundes- und Landesgesetzgebern fremdbestimmt, Kirchhof , DVBl 1980, 712.

[12] BVerfGE 79, 127 [142]; auch BVerwGE 125, 68 [72] = Buchholz 415.1 Allg. KommunalR Nr. 156.

[13] BVerfGE 79, 127 [148].

[14] Aus der Selbstverwaltungsgarantie, insbesondere der Planungshoheit, ergibt sich ein Mitwirkungsrecht an überörtlichen Planungen und Maßnahmen, soweit diese Auswirkungen auf das Gemeindegebiet haben, BVerwGE 97, 211f. Konkret bedeutet dies ein Recht auf Beteiligung und ein subjektives Klagerecht, BVerwG, NVwZ 2000, 1049.

[15] Püttner, Kommunale Selbstverwaltung, in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. VI, 3. Auflage 2008, S. 1151.

[16] Aus der institutionellen Rechtssubjektsgarantie folgt, dass zwar eine einzelne Gemeinde, nicht aber Gemeinden als Teil des Staatsaufbaus abgeschafft werden dürfen. Bei der Einschränkung durch Gesetz, etwa bei der „Hochzonung“ von Aufgaben ist ein Kernbereich der Selbstverwaltung, der identitätsbestimmend für die kommunale Selbstverwaltung ist, unantastbar, BVerfGE 56, 312; 107, 12f, damit den Gemeinden ein ausreichender Spielraum zur verantwortlichen Aufgabenerledigung bleibt. Der unantastbare Wesenskern bildet für den Gesetzgeber die äußerste Schranke für die Begrenzung der Selbstverwaltung, Nierhaus, in Sachs, Art. 28 GG, RN 64. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, BVerfGE 56, 319 und das Willkürverbot sind bei der Einschränkung des kommunalen Selbstverwaltungsrechts zu beachten. Das Übermaßverbot ist das wirkungsvollste Schutzelement kommunaler Selbstverwaltung, Nierhaus, a.a.O., RN 72.

[17] BVerfGE 83, 363, 382 f..

[18] Keine Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft: allgemeinpolitische Fragen, BVerfGE 79, 147ff; Anordnung des Anschluss- und Benutzungszwangs, BVerwG, NVwZ 2006, 596 - Art. 20a GG ermächtigt eine Gemeinde nicht, Aufgaben des Umweltschutzes losgelöst von ihrem Kompetenzbereich an sich zu ziehen, BVerwG , KommJur 2006 Heft 8, 297. Die Gewährleistung des Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG hinsichtlich des Aufgabenbereichs, der alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft umfasst, und der Organisationshoheit ist in ihrem Wesensgehalt nicht berührt. Die Anordnung eines Anschluss- und Benutzungszwangs, der jedenfalls das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG einschränkt, bedarf einer gesetzlichen Ermächtigung und gehört nicht von vornherein zum Inhalt der gemeindlichen Satzungshoheit. Er ist damit nicht automatisch von der Garantie des Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG umschlossen, vgl. BVerwG, Buchholz 415.1 Allgemeines Kommunalrecht Nr. 58 S. 52= NVwZ 1986, 754; BVerwG, NVwZ 2005, 963. Die Gemeinden dürfen und sollen sich derjenigen Bedürfnisse und Interessen annehmen, die in der örtlichen Gemeinschaft wurzelten oder auf sie einen spezifischen Bezug haben. Die von der Kommune mit der Maßnahme verfolgten Ziele des überörtlichen Umweltschutzes und einer vernünftigen Energiepolitik können nicht unter den Begriff des "öffentlichen Bedürfnisses" i. S. v. § 11 Abs. 2 BadWürttGO a. F. subsumiert werden, weil dieses voraussetze, dass durch den Anschluss- und Benutzungszwang an die Fernwärmeversorgung objektiv das Wohl der Gemeindeeinwohner gefördert wird ; dies ist nicht der Fall, weil die Maßnahme keinen hinreichenden örtlichen Bezug aufweist. Insoweit scheidet auch eine Verletzung der Organisationshoheit aus, zur Organisationshoheit vgl. BVerwG, NVwZ 2005, 963. Die Eigenverantwortlichkeit der Gemeinde kann nur verletzt sein, wenn es sich um die Wahrnehmung einer Aufgabe handelt, die in den Kompetenzbereich der Gemeinde fällt.; eisenbahnrechtliche Planfeststellung, BVerwG, NVwZ 2001, 89; Nutzungsberechtigungen an öffentlichen Straßen, BVerfG, NVwZ 1999, 520; Werbeverbote für Alkohol, VGH B-W, NVwZ 1993, 905.

[19] Die materielle Privatisierung (sog. Aufgabenprivatisierung) beinhaltet die vollständige oder teilweise Übertragung einer Verwaltungsaufgabe auf private Dritte, Gern, DÖV 2009, 270. Die öffentlich-rechtliche Zuständigkeit wird durch die materielle Privatisierung beendet. Bei der funktionalen Privatisierung wird lediglich der Vollzug der Aufgabe auf einen Privaten übertragen, der als Verwaltungshelfer fungiert. Die Aufgabenzuständigkeit und -verantwortung verbleibt bei dem Träger der öffentlichen Verwaltung, Schmitz, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Auflage 2008, § 1 RN 134; Hoppe/Bleicher, NVwZ 1996, 423.Für eine Privatisierung wird im Regelfall angeführt, dass die jeweilige Aufgabe von Privaten schneller, besser, flexibler und wirtschaftlicher wahrgenommen werden und der Staat Dynamik, Know-how, Wirtschaftskraft und Initiative der privaten Akteure im Interesse des Gemeinwohls einsetzen kann. Einzuwenden ist, dass die Zuverlässigkeit der Aufgabenwahrnehmung, der Schutz von Drittbetroffenen, die Umweltverträglichkeit der Aufgabenerledigung, die Sozialverträglichkeit. Die Rechtsprechungspraxis hatte sich bislang vornehmlich mit Privatisierungsmaßnahmen im Bereich kommunaler Pflichtaufgaben zu befassen, Schulze-Fielitz , in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts, Band I, 2006, § 12 RN 108 ff. Referenzgebiete insoweit sind die öffentliche Wasserversorgung (nach § 50 Abs. 1 WHG (vgl. Gesetz vom 31. 7. 2009, BGBl I S. 2585) ist die der Allgemeinheit dienende Wasserversorgung (öffentliche Wasserversorgung) eine Aufgabe der Daseinsvorsorge. – zu Fragen der Privatisierung vgl. Emmerich-Fritsche, BayVBl 2007, 1 ff.; Kahl, GewArch 2007, 441 ff.; Sander, VBlBW 2009, 161 ff) die Abwasserbeseitigung (nach § 56 S. 1 WHG ist Abwasser von den juristischen Personen des öffentlichen Rechts zu beseitigen, die nach Landesrecht hierzu verpflichtet sind (Abwasserbeseitigungspflichtige). – zur Privatisierungsdebatte Zacharias , DÖV 2001, 454 ff.; Franz, NWVBl 2002, 51 ff.; Bohne/H. Heinbuch, NVwZ 2006, 489 ff.; Fenzel/ Biesecke, LKV 2007, 296) und die Abfallentsorgung (pflichtig sind die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger (§ 15 KrW-/AbfG), die nach Landesrecht zu bestimmen sind (§ 13 Abs. 1 S. 1 KrW-/AbfG); in der Regel sind dies die Stadtkreise und die Landkreise; Tettinger, in: FS Friauf, 1996, S. 569 ff.; Kummer/Giesberts, NVwZ 1996, 1166 ff.; Weidemann, GewArch 1997, 311 ff.; Schink, NVwZ 1997, 435 ff.

[20] Die Privatisierung als vorurteilsfreier Zukauf gesellschaftlicher Rationalität kommt als aufgabenorientierte und funktionelle Privatisierung in Betracht. Anstoß ist häufig die Finanzkrise des Staates. Dies zwingt ihn zum Rückzug bzw. einer Verlagerung der Staatsaufgaben. Bei einer Organisationsprivatisierung steht die Wahrnehmung von Staatsaufgaben durch Private im Mittelpunkt. Es handelt sich hierbei um privatrechtsförmig organisierte, verselbständigte Verwaltungseinheiten der mittelbaren Staatsverwaltung. Mit dem Wechsel der Rechtsform (z. B. GmbH) verändert sich auch die Ebene des Handelns. Die funktionale Privatisierung (bei verfahrensbezogenen, entscheidungsverarbeitenden und aufgabenbezogenen Maßnahmen) führt zu einer Veränderung der Verantwortungsstruktur (Zurechnung) der betroffenen Aufgaben. Teilbereiche werden von der umfassenden Erfüllungsverantwortung abgespalten und Privaten übertragen. Die Tätigkeit Dritter unterstützt die Aufgabenerfüllungsfunktion, sodass sich die Bezeichnung „ Verwaltungshelfer“ für diese eingebürgert hat. Die Rechtsfigur der Beleihung ermöglicht es dem Staat, Privatpersonen oder juristische Personen des Privatrechts mit der Aufgabenwahrnehmung unter Einsatz des ihm vorbehaltenen öffentlich-rechtlichen Handlungsinstrumentariums einzusetzen. Hierfür bedarf es aber einer gesetzlichen Regelung (Ermächtigung). Verwaltungsrechtlich gelten dann für den Beliehen die §§ 1 Abs. 4, 35 VwVfG mit den verfahrensrechtlichen Konsequenzen. Der Beliehene ist Verwaltungsträger und Teil der mittelbaren Staatsverwaltung.

[21] Die Gerichte haben seit jeher bei der Ausrichtung von traditionellen und traditionsbildenden Volksfesten und Weihnachtsmärkten den Charakter der freien Selbstverwaltungsaufgabe und der Daseinsvorsorge hervorgehoben haben, BayVGH GewArch 1988, 245. Die sozialen Gesichtspunkte wie Veranstaltung von Altennachmittagen, das Auftreten von Musikkapellen und das Bestehen von Kindernachmittagen spielen bei derartigen Veranstaltungen eine erhebliche Rolle, vgl. BayVGH, GewArch 1988, 245 [246]. Es ist auch seit langem anerkannt, dass für einen traditionsbildenden und traditionellen Weihnachtsmarkt mit kommunalpolitischer Relevanz das Besucherinteresse, vertraute und beliebte Darbietungen aus früheren Veranstaltungen wieder zu finden und den Kontakt mit den Bürgern untereinander sicherzustellen, eine wesentliche Rolle spielt, BayVGH, GewArch 1980, 299.

[22] Der Selbstverwaltungsgarantie soll schließlich, da sie keinen Bereich freien Beliebens, sondern Kompetenzbereiche abschirmt, grundsätzlich auch ein Element der Pflicht für die von ihr erfassten Kommunen selbst innewohnen können, BVerwG, NVwZ 2009, 1305; Schoch, DVBl 1994, 5 f; vgl. Katz, Verantwortlichkeiten und Grenzen bei „Privatisierung” kommunaler Aufgaben, NVwZ 2010, 405 - das BVerwG nur die Übertragung/Privatisierung der städtischen Veranstaltung/öffentlichen Einrichtung eines kulturell, sozial und traditionsmäßig bedeutsamen Weihnachtsmarktes auf einen privaten Verein mangels Festlegung ausreichender, nachhaltiger Steuerungs-, Einwirkungs- und Kontrollrechte als aus „bürgerorientierter Sicht” mit Art. 28 Abs. 2 GG grundsätzlich unvereinbar erklärt. Nicht unmittelbar behandelt wurde ein generelles Privatisierungsverbot; vgl. Ehlers, DVBl 2009, 1456ff. - Das kommunale Selbstverwaltungsrecht bezieht sich nicht nur auf die „Art und Weise“ der Aufgabenwahrnehmung, sondern auch auf das „Ob“ der Aufgabenstellung. Soweit sich aus dem europäischen Gemeinschaftsrecht, dem sonstigen Verfassungsrecht oder dem einfachgesetzlichen Recht nichts anderes ergibt, bleibt es daher grundsätzlich den Gemeinden überlassen, welcher Angelegenheiten sie sich annehmen wollen. Dürfen die Gemeinden ›frei‹ entscheiden, müssen sie auch das Recht haben, eine Aufgabe wieder aufzugeben oder in den privaten Sektor zu verlagern; Winkler , JZ 2009, 1169ff.; Schoch, Das gemeindliche Selbstverwaltungsrecht gem. Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG als Privatisierungsverbot?, DVBl 2009, 1533ff - Von einer verfassungsunmittelbaren Aufgabenwahrnehmungspflicht ist in Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG keine Rede; die Pflicht kann den Gemeinden allenfalls gesetzlich auferlegt werden. Lässt sich demnach Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG verfassungsunmittelbar eine gemeindliche Aufgabenpflicht nicht entnehmen, ist seit jeher unbestritten, dass die Gemeinden in Bezug auf die ihnen zustehenden freiwilligen Selbstverwaltungsaufgaben eigenverantwortlich über das ›Ob‹, ›Wann‹ und ›Wie‹ der Aufgabenwahrnehmung entscheiden, so Schoch, a.a.O., S. 1353. Die durch Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG den Gemeinden verbriefte Freiwilligkeit umfasse im Rechtssinne die Befugnis sowohl zur Kommunalisierung einer gesetzlich ungeregelten öffentlichen Aufgabe, als auch zur Beendigung einer bislang freiwillig wahrgenommenen Tätigkeit, BbgOVG, Beschl. v. 30. 12. 1996 – 4 B 175/96 – NVwZ-RR 1997, 555: Schließung einer Kindertagesstätte wegen Finanzierungsschwierigkeiten. Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG könne lege artis keine Selbstverwaltungspflicht, sondern nur ein Selbstverwaltungsrecht entnommen werden, Klement, Verantwortung – Funktion und Legitimation eines Begriffs im Öffentlichen Recht, 2006, S. 471. Katz, a.a.O., S. 410 weist darauf hin, dass im Einzelfall zu ermitteln sei, ob für eine Kommune entsprechend ihrer Größe, Struktur, Tradition usw. eine Abgabe/Entledigung an einen Dritten zulässig ist oder nicht bzw. welche Einwirkungs- und Kontrollrechte zur Sicherung der kommunalen Aufgaben gewährleistet sein müssen. Je gemeinwohlintensiver, kommunalpolitisch bedeutsamer eine Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft sich darstellt, je stärker eine breite Einwohnerbetroffenheit vorliegt usw., desto weniger darf sich eine Kommune ihrer gemeinwohlorientierten Handlungsspielräume begeben. Dem ist zuzustimmen schließlich hat die Kommune als Teil der Staatsgewalt unter Beachtung des Harmonisierungsgedankens in Art. 28 Abs. 2 GG sozialstaatliche und Daseinsvorsorgeleistungen zu erbringen. Je stärker die Leistung zur Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums gehört, umso enger sind die Grenzen für eine Aufgabenentledigung. Wenn einem Menschen die zur Gewährleistung eines menschenwürdigen Daseins notwendigen materiellen Mittel fehlen, weil er sie weder aus seiner Erwerbstätigkeit, noch aus eigenem Vermögen noch durch Zuwendungen Dritter erhalten kann, ist der Staat (und die staatlichen Gliederungen) im Rahmen seines/ihres Auftrags zum Schutz der Menschenwürde und in Ausfüllung seines sozialstaatlichen Gestaltungsauftrags (die Sozialstaats-Staatszielbestimmung richtet sich auch an die vollziehende Gewalt) verpflichtet, dafür Sorge zu tragen.

[23] Als zuständigkeitsleitende Verfassungsnorm legt sie strukturelle und organisatorische Rechte und Verantwortlichkeiten fest, deren Einhaltung sich die Kommunen als Teil des Staatsganzen nicht einfach durch Verzicht entziehen können. Art. 28 Abs. 2 GG ist mehr als bloßes Abwehrrecht gegen staatliche Eingriffe. Für die in Art. 28 Abs. 2 GG verbürgten Aufgabenbereiche, die in besonderer Weise in unserer demokratischen Rechtsordnung der öffentlichen Erörterung und der rechtsstaatlichen Absicherung bedürfen, sind die Kommunen in eigener Verantwortung selbst zuständig, Katz, a.a.O., S. 406f. Um eine kraftvolle, effektive Selbstverwaltung und eine wirkungsvolle Wahrnehmung der ureigenen Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft sicherzustellen, die Gemeinwohl- und bürgerschaftlich-demokratischen Funktionen zu erfüllen, besteht das Gebot der Sicherung, Bewahrung und Weiterentwicklung eines breiten Aufgabenbestandes, besonders auch in den kulturellen, sozialen und klassisch kommunalen Bereichen, BVerfG, NJW 2010, 505

[24] Zu Recht wird in der Literatur, vgl. Gröpl, Privatisierung von Messen, Märkten und Volksfesten, GewArch 1995, 370 f., darauf hingewiesen, dass bei einer privaten Veranstaltung von sozial, kulturell und traditionsgeprägten Weihnachtsmärkten mit einer erhöhten Gewinnerzielung der privaten Veranstalter zu rechnen ist und deshalb die Standvergütungen von den Beschickern erhöht und auf die Besucher umgelegt werden. Ein erhöhtes Preisniveau schließt aber gerade sozialschwächere Gemeindeeinwohner vom Marktgeschehen aus, erschwert die gesellschaftliche Kommunikation im örtlichen Bereich und trägt darüber hinaus zur Kommerzialisierung des gesamten kommunalen Lebens mit bei.

[25] Viele Kommunen haben erkannt, dass auch im Bereich der örtlichen Daseinsvorsorge ein Stück ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit verborgen sein kann. Deshalb beobachtet der Deutsche Städte- und Gemeindebund nach einigen Jahren der Privatisierung von Leistungen seit kurzem eine gewisse Trendwende. So werden ehemals privatisierte Leistungen rekommunalisiert. Andere Aufgaben möchten die Kommunen weiterhin von privaten Dritten erledigen lassen, zum Beispiel weil diese für sie unwirtschaftlich sind. Einer grenzenlosen Privatisierung hat das BVerwG mit seiner vorstehend abgedruckten Entscheidung zur Zulässigkeit der Privatisierung eines kulturell, sozial und traditionsmäßig bedeutsamen Weihnachtsmarktes mit überzeugenden Argumenten eine klare Absage erteilt, anders noch HessVGH, Urt. v. 17. 4. 2008 – 8 UE 1263/07; vgl. auch allgemein zum Auswahlverfahren Braun, NVwZ 2009, 747). Dabei stellt das BVerwG in den Vordergrund, dass sich eine Gemeinde im Interesse einer wirksamen Wahrnehmung der Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft nicht ihrer gemeinwohlorientierten Handlungsspielräume begeben darf. Grundsätzlich stehen den Gemeinden mehrere Möglichkeiten der Privatisierung zur Verfügung, zum vergaberechtlichen Aspekt der Privatisierung Schimanek, NZBau 2005, 304 [305]. Eine formelle Privatisierung (sog. Organisationsprivatisierung) findet statt, wenn die Kommune eine Aufgabenstellung aus dem unmittelbaren Verwaltungsbereich herauslöst und ein kommunales wirtschaftliches oder nichtwirtschaftliches Unternehmen in Gestalt einer Gesellschaft des Privatrechts (z.B. AG, GmbH) mit ihrer Erfüllung betraut. Die kommunale Aufgabe als solche verbleibt aber bei der Kommune und wird lediglich einem anders strukturierten Rechtsträger der Kommune zugeordnet, Gern, DÖV 2009, 269.

Ende der Leseprobe aus 12 Seiten

Details

Titel
Privatisierung eines Weihnachtsmarktes
Autor
Jahr
2010
Seiten
12
Katalognummer
V160812
ISBN (eBook)
9783640747870
ISBN (Buch)
9783640748082
Dateigröße
474 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Privatisierung, kommunale Selbstverwaltung, Demokratie, Grundgesetz, Feststellungsklage, VwGO, Verwaltungsgerichtsordnung
Arbeit zitieren
Prof. Dr. Dr. Assessor jur., Mag. rer. publ. Siegfried Schwab (Autor:in), 2010, Privatisierung eines Weihnachtsmarktes, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/160812

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