Nachwachsende Rohstoffe als Basis für eine zukünftige stoffliche Ressource der Industrie


Bachelorarbeit, 2010

89 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1 Aktuelle Nutzung Nachwachsender Rohstoffe
1.1 energetische Nutzung
1.2 stoffliche Nutzung
1.2.1 aktuelle Situation in Deutschland
1.2.2 Produkte aus nachwachsenden Rohstoffen
1.3 ökologische Bewertung der Biomassepfade
1.3.1 Biokraftstoffe
1.3.2 Biohydraulik- und Bioschmieröle
1.3.3 Biokunststoffe

2 Zukünftige stoffliche Nutzung von Nachwachsenden Rohstoffen
2.1 chemische Grundstoffe
2.2 Das Konzept der Bioraffinerie
2.2.1 Prozesse und Technologien in Bioraffinerien
2.2.2 System der LCF-Bioraffinerie
2.2.3 System der Getreide-Ganzpflanzen
2.2.4 System der grünen Bioraffinerie
2.2.5 Das 2-Plattform-Konzept
2.2.6 Unterschiede zur Erdölraffinerie
2.3 Bewertung der ökologischen Bilanzierung von Bioraffinerien

3 Flächen- und Nutzungskonkurrenzen von Nachwachsenden Rohstoffen

4 Marktaspekte von Produkten aus Nachwachsenden Rohstoffen
4.1 Biokraftstoffe
4.2 Biokunststoffe
4.3 chemische Grundstoffe
4.4 Interessen und Erwartungen

5 Fazit und Handlungsbedarf

6 Literaturverzeichnis

7 Abbildungsverzeichnis

Einleitung

Als um 1850 die Pottwale beinahe ausgerottet wurden, zeichnete sich in Amerika eine Rohstoffkrise ab, da das aus Walfett gewonnene Lampenöl knapp wurde. Innerhalb der nächsten Jahrzehnte konnte die Krise durch die Entdeckung und Förderung von Rohöl für die anschließende Destillation von Petroleum überwunden werden. Nach und nach wurde Erdöl zu einem der wichtigsten Rohstoffe für die Weltwirtschaft, einer der bedeutendsten Ressourcen zur Erzeugung von Energie, Wärme, Kraftstoffen und der Herstellung chemischer Produkte. Experten aus der Ölindustrie erwarten, dass das Maximum der Förderung des fossilen Rohstoffs, auch als „Peak-Oil“ bezeichnet, kurz bevorsteht. Andere Theorien gehen wiederum davon aus, dass sich Erdöl im Gegensatz zu bisherigen Annahmen abiotisch im Inneren des Erdmantels unter hohem Druck und Temperatur ständig neu bildet. Der Gedanke einer zukünftig verstärkten stofflichen Nutzung nachwachsender Rohstoffe soll in Anlehnung an die Entwicklung von Erdölraffinerien im 19. Jahrhundert aber nicht nur eine langfristige Versorgung mit Produkten wie z.B. chemischen Grundstoffen gewährleisten. Eine weitere Motivation ist die Erkenntnis, dass fossiler Kohlenstoff bislang in einem solchen Grad und Volumen anthropogen freigesetzt wurde, dass sich die Zusammensetzung der Atmosphäre im Vergleich zu geologisch und evolutionären Zeiträumen bereits rapide verändert hat – mit potentiell negativen Folgen für sowohl ökologische als auch ökonomische Systeme. Auch die steigenden Preise für Erdöl machen die Nutzung regenerativer Kohlenstoffträger zunehmend attraktiver. Die Frage ist, stehen wir vor einer neuen Revolution oder ist die Vision der Konversion von Biomasse in Chemikalien, Energie, Kraftstoffe etc. noch nicht ausgereift? In dieser Arbeit soll anhand einer Analyse der zur Verfügung stehenden Literatur gezeigt werden, dass nachwachsende Rohstoffe als Basis einer zukünftigen stofflichen Ressource der Industrie großes Potential bieten. Neben der Darstellung ausgewählter Produkte auf Basis nachwachsender Rohstoffe sowie der punktuell ökologischen Bewertung einiger bereits heute hergestellter Produkte, soll veranschaulicht werden, mit welchen Technologien, Anlagekonzepte und Rahmenbedingungen die zukünftige Nutzung nachwachsender Rohstoffe in der Industrie erfolgreich umgesetzt werden kann. Im Fokus dieser Arbeit steht die stoffliche Nutzung (Kapitel 1.2) von nachwachsenden Rohstoffen, wobei untergeordnet auch die energetische Nutzung (Kapitel 1.1) und Produktion von Kraftstoffen thematisiert wird, da es bei der Nutzung zu Überschneidungen kommen kann. Anhand der Bereiche, die bezüglich der Produktionsmengen bereits heute einen Stellenwert erreicht haben, soll ein Einblick in die aktuelle stoffliche Nutzung und eine Bewertung zur ökologischen Einordnung (Kapitel 1.3) der Nutzung nachwachsender Rohstoffe im Vergleich zu fossilen Rohstoffen gegeben werden. Das Kapitel der zukünftigen stofflichen Nutzung thematisiert das Potential nachwachsender Rohstoffe für die Herstellung chemischer Grundstoffe (Kapitel 2.1). Zudem werden erfolgsversprechende Technologien sowie Anlagenkonzepte (Kapitel 2.2) für die integrierte Herstellung von Produkten auf der Basis von Biomasse vorgestellt und exemplarisch ausgewählte Übersichtsökobilanzen verschiedener Bioraffinerie-Konzepte zusammengefasst (Kapitel 2.3). Im Folgenden werden die Flächen- und Nutzungskonkurrenzen nachwachsender Rohstoffe (Kapitel 2.3) im Vergleich der stofflichen und energetischen Nachfrage vorgestellt. Anschließend werden ökonomische Aspekte (Kapitel 4) von Biokraftstoffen, Biokunststoffen und chemischen Grundstoffen thematisiert und die Erwartungen von Akteuren aus Unternehmen, wissenschaftlichen Einrichtungen, Vereinen und Verbänden unterschiedlicher Bereiche der stofflichen Nutzung dargestellt. Abschließend werden die wichtigsten Punkte zusammengefasst, Defizite für eine zukünftig verstärkt stoffliche Nutzung nachwachsender Rohstoffe aufgezeigt und Handlungsoptionen vorgeschlagen (Kapitel 5).

1 Aktuelle Nutzung Nachwachsender Rohstoffe

Die industrielle Nutzung nachwachsender Rohstoffe findet schon heute eine Vielzahl von Anwendungsmöglichkeiten und die chemische Industrie engagiert sich zunehmend ihre Rohstoffbasis auf nachwachsende Rohstoffe umzustellen. Im Vergleich zur stofflichen, hat sich die energetische Nutzung von nachwachsenden Rohstoffen in Deutschland bereits etabliert. Der Fokus im folgenden Kapitel liegt darauf, einen Überblick über die aktuellen Produkte aus nachwachsenden Rohstoffen zu geben, die wichtigsten stofflichen Einsatzbereiche zu identifizieren und im Rahmen einer ökologischen Betrachtung zu bewerten.

1.1 energetische Nutzung

Die Förderung der Energiebereitstellung aus nachwachsenden Rohstoffen hat im Laufe der letzten Jahre in Deutschland zu einer Produktionssteigerung in dem Sektor der Bioenergie geführt (Bundesministerium für Umwelt).

Nahezu alle Arten von Biomasse können als Energieträger eingesetzt werden. (Reinhardt, et al., 2005 S. 1) Als Bioenergie-Träger werden verstanden:

- nachwachsende Rohstoffe: Holz, ein und mehrjährige Pflanzen (Getreide, Raps, Miscanthus, etc.)
- organische Neben- und Reststoffe: Durchforstungs-Holz, Stroh
- organische Abfallstoffe: Abfälle aus der Holzverarbeitung, Landwirtschaft (Gülle, etc.), Gewerbe, Haushalten, Abfälle in Abwässern, Klärschlämmen und Deponien

(Heinloth, 2003 S. 339)

Die folgende Abbildung gibt einen Überblick über die verschiedenen Möglichkeiten sowie über die Bereitstellungsketten zur Nutzung von Bioenergie.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Schematischer Aufbau typischer Bereitstellungsketten zur End- bzw. Nutzenergiebereitstellung aus Biomasse (grau unterlegte Kästen: Energieträger, nicht grau unterlegte Kästen: Umwandlungsprozesse, PME Pflanzenölmethylester)

Quelle: (Kaltschmitt, et al. 2009 S. 4)

Der Anbau von Bioenergieträgern zur energetischen Nutzung steht allerdings auch in Konkurrenz zum Erhalt der biologischen Artenvielfalt, dem Erhalt der natürlichen Lebensräume, der vorrangingen Nutzung von Biomasse als Nahrungsträger und der nicht-energetischen Nutzung. (Heinloth, 2003 S. 341).

Der Wissenschaftliche Beirat globale Umweltveränderung geht davon aus, dass eine nachhaltige Erzeugung von Biomasse zur energetischen Nutzung „etwa im Bereich von einem Viertel des derzeitigen und unter einem Zehntel des in 2050 zu erwartenden globalen Primärenergieeinsatzes liegt. Diese Bandbreite stelle allerdings die Obergrenze dar [...] Das wirtschaftlich mobilisierbare Potenzial könnte bei etwa der Hälfte des nachhaltigen technischen Potenzials liegen.“ (WBGU, 2008 S. 4)

Angesichts des wirtschaftlichen Potenzials solle die energetische Nutzung von Biomasse daher nicht überschätzt werden (vgl. WBGU). Eine effiziente Verwendung von Biomasse sei ohnehin „nur über eine Kaskadennutzung zu erreichen, bei der zunächst die einmalige oder mehrfache stoffliche Nutzung […] und am Lebensende erst die energetische Nutzung steht.“ (nova-Institut, 2010 S. 20) Dieses Prinzip biete nicht nur ökonomische Vorteile für einzelne Unternehmen durch verringerte Rohstoffkosten und Entsorgungsgebühren, sondern berge auch Potenzial positiver makroökonomischer Effekte. (Kristof, et al., 2009 S. 19)

Zudem bietet die Bereitstellung erneuerbarer Energien durch Sonne und Wind, Wasserkraft sowie Geothermie im Energiebereich bereits heute eine Vielzahl von Alternativen als der energetischen Nutzung von Biomasse.

1.2 stoffliche Nutzung

„Nachwachsende Rohstoffe [...] sind die einzige alternative Kohlenstoffquelle für die Erzeugung chemischer Produkte, im Gegensatz zur Energieerzeugung, die nicht unbedingt auf kohlenstoffhaltige Rohstoffe angewiesen ist.“ (Hirth, 2009)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Anteil der Chemie am Erdölverbrauch, Deutschland 2008

Quelle: eigene Darstellung mit Daten aus (VCI, 2010)

Die chemische Industrie in Deutschland nutzt derzeit ca. 14 % des Erdöls zur stofflichen Verarbeitung (VCI, 2010). Vor dem Hintergrund steigender Ölpreise und endlicher Verfügbarkeit fossiler Rohstoffe engagiert sich die chemische Industrie daher zunehmend, die Rohstoffversorgung auf nachwachsende Rohstoffe umzustellen (Dechema, GDCh, GGMK, VCI, 2010).

1.2.1 aktuelle Situation in Deutschland

Bei einer Gesamtfläche von 35,7 Mio. ha, verfügt Deutschland über rund 17 Mio. ha landwirtschaftlicher Nutzfläche (bestehend aus 12 Mio. ha Ackerland und 5 Mio. ha Grünland) als Quelle von Agrarrohstoffen sowie etwa 11 Mio. ha Waldfläche als Holzquelle. Holz findet fast ausschließlich in der Säge- und Holzwerkstoff-, Papier- und Zellstoffindustrie, sowie in der energetischen Nutzung Beachtung (Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V., 2009). Von den im Jahre 2008 72 Mio. Kubikmeter stofflich genutzten Holzrohstoffen fielen über 96 % auf die oben genannten Industrien (Peters, et al., 2010 S. 66-68). In Kapitel 2 wird das Konzept der Lignocellulose-(LCF)-Bioraffinerie erläutert, welches die Herstellung von Plattformchemikalien aus Lignocellulose vorstellt. Die folgenden Darstellungen fokussieren sich daher auf die Nutzung von Agrarrohstoffen als nachwachsende Rohstoffe.

Die stoffliche Nutzung von Agrarrohstoffen in den Industrien, die nicht zum Nahrungs- oder Futtermittelbereich gehören, entspricht ca. 15 % (Peters, et al., 2010 S. 9). Im industriellen Bereich wurden damit im Jahre 2007 insgesamt 3,6 Mio. t der Agrarrohstoffe genutzt, von denen 2,3 Mio. t (64 %) importiert und 1,3 Mio. t (36%) im Inland gewonnen werden. (nova-Institut, 2010 S. 10). Die Importquote erscheint hoch. Doch dürfe man laut Peters (2010, S. 9) auch nicht vergessen, dass wiederum ein beträchtlicher Teil der auf Basis nachwachsender Rohstoffe hergestellten Produkte exportiert werde.

Die folgende Abbildung gibt einen Überblick über den Einsatz von Agrarrohstoffen in den relevanten verarbeitenden Industrien des Non-Food-Bereichs.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Einsatz von Agrarrohstoffen, Deutschland 2007

Quelle: eigene Darstellung mit Daten aus (nova-Institut, 2010 S. 12)

Nachwachsende Rohstoffe, insbesondere Agrarrohstoffe, werden also besonders im chemischen Bereich eingesetzt. Neben einer Vielzahl von Produkten, die beinahe ausschließlich oder hauptsächlich aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt werden, findet man aber auch oft Kombinationen zusammen mit fossilen Rohstoffen wie Erdöl. (Peters, et al., 2010 S. 11)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Rohstoffmix in der Chemie, Deutschland 2008

Quelle: eigene Darstellung mit Daten aus (VCI, 2010)

In Deutschland wurden 2008 insgesamt 108 Mio. t an Rohöl abgesetzt, das mit knapp 16 Mio. t Rohbenzin (Mineralölwirtschaftsverband e.V., 2009 S. 29/52) als Naphtha in die stoffliche Weiterverarbeitung der Petrochemie einging (vgl. Oertel, 2007 S. 40). Der stoffliche Einsatz fossiler Rohstoffe in der chemischen Industrie im Jahre 2008 betrug insgesamt 18,5 Millionen Tonnen. Nachwachsende Rohstoffe, mit einem Beitrag von etwa 2,7 Millionen Tonnen (Peters, et al., 2010 S. 9) pro Jahr, sind in der chemischen Industrie bereits seit langem etabliert (VCI, 2010).

Die wichtigsten Gruppen der nachwachsenden Rohstoffe in der chemischen Industrie im Jahre 2008 waren nach (VCI, 2010) Fette/Öle mit einer Einsatzmenge von 1,45 Mio. t/Jahr, Cellulose (320.000 t/Jahr), Stärke (272.000 t/Jahr), Zucker (136.000 t/Jahr), sowie sonstiger nachwachsender Rohstoffe (Naturkautschuk, Pflanzenwachse, Harze, Gerbstoffe, Glycerin, Arzneipflanzen) mit 582.000 t/Jahr.

1.2.2 Produkte aus nachwachsenden Rohstoffen

Das Spektrum der stofflichen Verwendungsmöglichkeiten nachwachsender Rohstoffe ist vielfältig. Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über die genutzten Inhaltsstoffe verschiedenster Rohstoffquellen und der Produkte aus nachwachsenden Rohstoffen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Produkte aus nachwachsenden Rohstoffen im Non-Food Bereich

Quelle: eigene Darstellung mit Daten aus (AGENS Arbeitsgemeinschaft NaturStoffe)

Neue Biowerkstoffe wie naturfaserverstärkte Kunststoffe (NFK), Wood-Plastics-Composites und Biokunststoffe erleben seit 2006 einen Boom, sind mit Wachstumsraten von über 20 % sehr erfolgreich. (Centrales Agrar-, Rohstoff-, Marketing- und Entwicklungs-Netzwerk e.V., 2009 S. 423).

Die auf Basis nachwachsender Rohstoffe hergestellten Produkte sind zudem eine attraktive Alternative zur Petrochemie, da die Synthesevorleistung der Natur im Endprodukt zumindest teilweise erhalten werden kann (Peters, et al., 2010 S. 12).

Die biobasierten Produktgruppen/Anwendungsmöglichkeiten lassen sich mengenmäßig grob in vier Bereiche einordnen:

- oleochemische Anwendungen und Produkte
- Biowerkstoffe
- Kohlenhydratbasierte organische Grundchemikalien, Fein- und Spezialchemikalien, chemische Zwischenprodukte
- stoffliche Anwendungen und Produkte auf Basis von verschiedenen sonstigen nachwachsenden Rohstoffen

Quelle: (Peters, et al., 2010 S. 26)

oleochemische Anwendungen und Produkte

Die mengenmäßig bedeutungsvollste Stoffgruppe in der Oleochemie sind heutzutage die Tenside, in deren Herstellung in Deutschland jährlich 430.000 t pflanzlicher Öle eingehen. Tenside werden vorrangig aus importiertem Kokos- sowie Palmkernöl hergestellt (Peters, et al., 2010 S. 28/31) und für die Herstellung von Wasch- und Reinigungsmitteln, Pharmaka, Kosmetikprodukten, Textilhilfsmitteln, für die Produktion von Lacken und Farben wie auch als Polymere für die Produktion von Kunststoffen verwendet. Da Tenside sowohl auf Basis petrochemischer als auch oleochemischer Grundstoffe gewonnen werden können (derzeit liegt der Anteil bei je 50%), konkurrieren diese miteinander. Produkte wie Wasch- und Reinigungsmittel aus nachwachsenden Rohstoffen sind im Gegensatz zu auf Basis von Erdöl hergestellten Produkten hautverträglicher und in Abwässern relativ schnell biologisch abbaubar (Oertel, 2007 S. 54)

Eine weitere bedeutende Produktgruppe der Oleochemie ist die Herstellung von Polymeren und Polymeradditiven, Linoleum, Polyurethanen, Polyester, Lacke/Farben und Beschichtungen sowie Lösungsmitteln. In diesem Bereich werden rund 400.000 t pflanzlicher Öle und Fette eingesetzt Durch die Hinzugabe von Polymeradditiven aus Pflanzenölen werden beispielsweise bereits heute die Einsatzeigenschaften petrochemisch basierter Kunststoffe verbessert (Peters, et al., 2010 S. 31f)

Die Nutzung von Bioschmierstoffen und Bio-Ölen stellt mit einem Absatz von ca. 40.000 t jährlich (Marscheider-Weidemann, et al., 2005 S. 104) nur einen kleinen Bereich der oleochemischen Anwendungen dar. Allerdings ist es gerade aufgrund hoher Verluste (Ölverluste ohne betriebsbedingte Schmierstoffverbrennung wie Leckverluste oder der Verbleib in Maschinen) (Marscheider-Weidemann, et al., 2005 S. 101) und den daraus resultierenden Umweltbelastungen ökologisch sinnvoll, verstärkt auf Bioschmierstoffe und -Öle zurückzugreifen.

Biowerkstoffe

Zu den biobasierten Werkstoffen zählen biobasierte Kunststoffe , naturfaserverstärkte Werkstoffe und natürliche, biogene Materialien. Letztere sind zum Beispiel Holz für den Haus- und Schiffsbau oder Flachs- und Hanffasern zur Herstellung technischer Textilien wie Segel (Peters, et al., 2010 S. 35).

Der Preis von Kunststoffen ist direkt an die Preisentwicklung des Erdöls als Rohstoffbasis des für die Kunststoffproduktion genutzten Naphthas gebunden. Etwa 4-5 % des in Europa genutzten Erdöls werden in der Chemie für die Herstellung von Kunststoffen verwendet (Endres, et al., 2009 S. 14-16). Das Spektrum biobasierter Kunststoffe hat sich daher im Lauf der letzten Jahre mit Wachstumsraten von 20% in Europa stark erweitert.

Den größten Teil in dem Bereich der Biokunststoffe nimmt die thermoplastische Stärke ein, die durch den Zusatz von natürlichen Weichmachern und Plastifizierungsmitteln, sowie wasserabweisenden biologisch abbaubaren Polymeren, zu Stärkeblends weiterverarbeitet wird (Oertel, 2007 S. 55f). In Granulatform können diese in bereits bestehenden Anlagen zu Folien, tiefziehbaren Flachfolien, Spritzgussartikeln oder Beschichtungen weiterverarbeitet werden (Lörcks, 2005 S. 14).

Zusätzlich zu den neu entwickelten kompostierbaren Kunststoffen (PLA , Stärke- und Cellulosewerkstoffe) werden 2010 auch die bekannten Massenkunststoffe PE (Polyethylen), PP (Polypropylen) und PVC (Polyvinylchlorid) erstmals durch Biomassekonversion hergestellt werden können (Centrales Agrar-, Rohstoff-, Marketing- und Entwicklungs-Netzwerk e.V., 2009 S. 483). Neben biologisch abbaubaren Verpackungen wie Mater-Bi TM (Novamont GmbH, 2010) können biobasierte Kunststoffe je nach Anforderungsprofil aber auch eine lange Lebensdauer haben. Werkstofflich verwendete biogene Thermo- und Duroplaste finden sich heute in vielen Bereichen:

- Verpackungen (Leicht- und Lebensmittelverpackungen, Blister, Loose- Fill, Tragetaschen, Beschichtungen von Papier- und Kartonverbunden)
- Catering (Becher, Teller, Besteck), Bioabfallsäcke
- Agrarbereich, Garten- und Landschaftsbau (Abdeckfolien, Mulchfolien, Pflanz- und Anzuchttöpfe, Bindegarne, Friedhofsartikel)
- Hygieneartikel und Convenience-Produkte
- Spiel-, Sport- und Büroartikel (Baukästen/-steine, PlayMais, Golf-Tees, Kugelschreiber)
- Textilien, Haushaltsartikel (T-Shirts, Matratzen);
- Medizintechnik (Operationsmaterial, Nähfaden, Schrauben, Kapseln, Implantate).
- Strukturbauteile im Automobilbau, der Elektronikindustrie und Haushaltswarenherstellung (Profile, Rohre, Schläuche, technische Gewebe)

Quelle: (Peters, et al., 2010 S. 39)

Diese Biokunststoffe erreichen mit einer Verbrauchsmenge von 45.000 t einen Anteil von nicht einmal 1% im Bereich der werkstofflich verwendeten Kunststoffprodukte. Die nicht-werkstofflich verwendeten biobasierten Kunststoffe stellen mit 340.000 t die überwiegende Menge der biogenen Thermo- und Duroplaste dar. Diese entspricht rund 10 % des Verbrauchs in dem Bereich der nicht-werkstofflich verwendeten Kunststoffprodukte. Die Haupteinsatzgebiete liegen in der Papierherstellung (44%) und der Baustoffchemie (26%). Cellulosederivate finden beispielsweise ihre Anwendung als Wasserrückhaltemittel für den Baubereich und als Bindemittel für Lacke und Farben. (Peters, et al., 2010 S. 38-41). Cellulose wird für die Herstellung von Celluloseacetat und Celluloseester (z.B. als technische Kunststoffe, Zigarettenfilter und Isolierlacke (Fink, et al., 2005)) sowie Cellophan, einem der bekanntesten Kunststoffe für Verpackungen (Eyerer, et al., 2005 S. 43), verwendet. .Pflanzenöl basierte, nicht werkstofflich verwendete Kunststoffe wurden im Abschnitt der oleochemischen Anwendungen und Produkte bereits behandelt.

In der Gruppe der biogenen Elastomere wird Naturkautschuk (oder synthetischer Kautschuk) hauptsächlich für die Produktion von PKW-, LKW- und Flugzeugreifen eingesetzt (Peters, et al., 2010 S. 42). Weitere Einsatzbereiche finden sich in der Produktion von Gummi Handschuhen, Dichtungen, Luftballons, Schläuchen, Gummistiefeln, Schuhsohlen und Transportbändern (Bader, et al., 2009 S. 40)

[...]

Ende der Leseprobe aus 89 Seiten

Details

Titel
Nachwachsende Rohstoffe als Basis für eine zukünftige stoffliche Ressource der Industrie
Hochschule
Hochschule Ravensburg-Weingarten  (Technologie und Management)
Note
1,3
Autor
Jahr
2010
Seiten
89
Katalognummer
V160028
ISBN (eBook)
9783640737840
ISBN (Buch)
9783640737888
Dateigröße
934 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
nachwachsende rohstoffe, erdöl, bioraffinerien, chemische prozesse, biologische prozesse, biomassewirtschaft, stoffliche nutzung, biokunststoffe, biokraftstoffe, petrochemie, ökologische bilanzierung, chemische grundstoffe, biomasse, bioenergie, oleochemie, biodiesel, rapsmethylester, bioschmieröle, biohydrauliköle, biopolymere, naturfaserverstärkte kunststoffe, synthesegas, bio, pyrolyse, enzyme, hydrolyse, fermentation, anaerobe gärung, umesterung, LCF, lignocellulose, lignin, cellulose, hemicellulose, flächen- und nutzungskonkurrenz, flächenkonkurrenz, nutzungskonkurrenz, markt, verbraucher, erdölverbrauch
Arbeit zitieren
Stefan Reinhardt (Autor:in), 2010, Nachwachsende Rohstoffe als Basis für eine zukünftige stoffliche Ressource der Industrie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/160028

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