Die Generation Golf


Seminararbeit, 2003

19 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis:

1. Einleitung

2. Generation – Begriffsklärung
2.2 Die drei Formen der Generationszugehörigkeit
2.3 Die Definition des Generationsbegriffs nach Karl Mannheim

3. Kurze Vorstellung der bearbeiteten Literatur
3.1 „Woher komme ich. Wohin gehe ich. Und warum weiss mein Golf die Antwort?“

4. Lebensphilosophie und Prinzipien der “Generation Golf“
4.1 Die Schuldgefühle der “Generation Golf“
4.2 Das politische Verständnis der “Generation Golf“
4.3 Die 3-Generationen-Wählertypologie
4.4 Das Ideal der Ästhetik
4.5 Ästhetik kann Politik ersetzen

5.Generationsprägung durch die Vorgängergeneration
5.1 Die Beziehung zur Vorgängergeneration

6. Vorläufer der Pop-Literatur

7. Schluss

8. Literatur

Einleitung

Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit den beiden Debütromanen Florian Illies. “Generation Golf“ und “Anleitung zum Unschuldigsein“, beförderten den F.A.Z Feuilleton Redakteur zum Pop-Literaten. Der neue Archivismus wie ihn Baßler in seinem Buch “Der deutsche Pop-Roman“ beschreibt, hat es sich unter anderem zur Aufgabe gemacht, alltägliche Erlebnisse durch einen subjektiven Filter gezogen, zu katalogisieren. Florian Illies beschreibt dem Leser (s)eine Generation anhand von prägenden, kollektiven Erlebnissen in Kindheit und Jugend, wobei er den Slogan einer Werbekampagne der Firma Volkswagen als Titel adaptiert. Sein zweites Werk, die in 23 “Übungen“ eingeteilte “Anleitung zum Unschuldigsein“, formuliert die banalen Schulgefühle, unter welchen die “Generation Golf“ tagtäglich leiden muss. In trivialen Beispielen legt der Autor das ganz alltägliche, schlechte Gewissen einer Generation offen um es dann zu perfektionieren. „Wenn Generation Golf das Tagebuch einer vergangenen Kindheit und Jugend war, dann ist Anleitung zum Unschuldigsein, die Reise in unser innerstes Absurdistan, in dem uns Gewissensbisse täglich lustvoll quälen.“[1] Die Arbeit soll sich mit der Charakterisierung der, von Illies dargestellten Generation befassen, die sich zwischen Erholungsanspruch und Erledigungsdruck, Entpolitisierung und Entideologisierung bewegt.

Einführend ist es nötig den Begriff Generation soziologisch zu erörtern. Der erste Teil der Arbeit befasst sich somit, mit der Klärung des Begriffs selbst und der Darstellung generationsstiftender Merkmale. Der zweite Teil versucht eine nähere Umschreibung der von Illies dargestellten Generation, anhand der beiden Romane des Autors. Ziel ist, die Grundsätze und Prinzipien heraus zu arbeiten, die für die beschriebene Generation typisch sind. Auf die prägnantesten Merkmale und Symptome, soll im Verlauf der Arbeit näher eingegangen werden. Die beiden zentralen Aspekte, das Verhältnis der “Generation Golf“ zur Ästhetik und zur Politik werden aufgrund ihrer Relevanz gesondert behandelt. Auch das Verhältnis zu der Generation der Eltern ist für die Lebenseinstellung der “Generation Golf“ maßgebend und wird somit in einem eigenen Kapitel erläutert. Illies Generationsdefinition basiert nicht auf wissenschaftlichen Erkenntnissen. Die Bezeichnung “Generation Golf ist wird subjektiv vom Autor empfunden und ist bisher nicht allgemeingültig etabliert. Demnach kann auch die Interpretation seiner Romane im Bezug auf den Wahrheitsgehalt keinen kontinuierlichen, wissenschaftlichen Anspruch erheben.

2.Generation – Begriffsklärung

Gewöhnlich werden Generationen als Altersgruppen verstanden, die durch kollektive Erfahrungen, meist durch gesellschaftlich-historische Ereignisse entstehen.

Um auf die Darstellung einer Generation einzugehen bei der dies nicht zutrifft ist es nötig, die Dimension des Begriffs Generation zu einzugrenzen. Das Wort Generation entstammt dem griechischen “genos“ oder “genesthai“ und bedeutet “ins Leben kommen/ eintreten“. Das aus dem Römischen übernommene Wort “generatio“ bedeutet Zeugungsfähigkeit, Geschlechterfolge. Heute dient der Begriff Generation, wie die Wörter Klasse und Schicht, zur Strukturierung der Gesellschaft.

Nach allgemeiner Auffassung umfasst eine Generation einen Zeitraum von circa dreißig Jahren und schließt eine für die Zugehörigen homogene Bewusstseinslage ein. Das heißt, der Begriff Generation „setzt eine Mentalität voraus, aus der sich ein Gefühl der Gleichartigkeit und der Zusammengehörigkeit ergibt.“[2]

Die hier dargestellte Generation konzentriert sich überwiegend auf die Phase der Jugend. Wobei der Begriff Jugend heute den Zeitraum bis zum 30.Lebensjahr meinen kann.

2.2 Die drei Formen der Generationszugehörigkeit:

In seinem Aufsatz “Generationen, Gedächtnis und Erzählen“ erläutert M.von Engelhardt den Begriff Generation differenzierter, wobei er zwischen drei obligatorischen Generationserfahrungen unterscheidet .

Die familliale Generationszugehörigkeit:

Jedes Individuum wird in eine Generationsfolge hineingeboren, die familliale Folge von Großeltern, Eltern und Kind. Während des Lebens wandelt sich die familliale Generationszugehörigkeit. Die Kinder werden zu Eltern, die Eltern werden zu Großeltern. In Verlauf seiner Jugend und Identitätsbildung gewinnt der Mensch eine charakteristische Beziehung zu der Generation seiner Eltern.

Die gesellschaftliche Generationszugehörigkeit:

Alle Generationen sind in ein gesellschaftliches System eingebunden. Innerhalb dieses Systems und seinen zentralen Institutionen kommen jedem Mitglied spezifische Aufgaben und Rollen zu. Es orientiert sich zu bestimmten gesellschaftlichen Gruppen, ordnet sich also einer Generation zu.

Die historische Generationszugehörigkeit:

Neben der Einbindung des Individuums in biologisch und sozio-kulturelle Systeme wirken historische Ereignisse auf die Gesellschaft. Lebensgeschichte wird durch historische Begebenheiten beeinflusst, die sich aufschlüsselt in politische, kulturelle oder auch ästhetische Ereignisse (wie beispielsweise die Erscheinung des Romans „Die Leiden des jungen Werthers“). Der Umgang mit den jeweiligen historischen Begebenheiten ist jedoch unterschiedlich, was sich in politischen Gruppierungen, Religion oder literarischen Richtungen ausdrücken kann.

Es ist also zwischen aktuell: Familie und Gesellschaftsgeneration und historisch: Verwandtschaft und Geschichtsgeneration zu unterscheiden. Wobei Gesellschafts- und Geschichtsgeneration den Makrokosmos und Familie und Verwandtschaft den Mikrokosmos betreffen.

Generationen können nebeneinander bestehen, so können beispielsweise Mitglieder zweier familiär unterschiedlicher Generationen, durch ein historisches Ereignis zu einer Generation werden deren spezifisches Merkmal eben dieses Ereignis darstellt. Man spricht von einem “Wandel der Generationszugehörigkeit“.[3]

2.3 Die Definition des Generationsbegriffs nach Karl Mannheim

Im Zusammenhang mit dem Generationsbegriff wird häufig die Definition Karl Mannheims erwähnt, die eine Charakterisierung des Generationsbegriffs versucht und die Beziehung von Generation und Klasse analysiert.

Nach Mannheim ist „die kollektive Ausgangsbedingung einer Generation, die schicksalsmäßig verwandte Lagerung eines Geburtsjahres.“ Die Generationszugehörigkeit resultiert aber nicht nur aus der „chronologische[n] Gleichzeitigkeit der Geburt.“ Eine Generation entsteht erst „wenn aufgrund einer gemeinsamen Problemlage ein bewusster Zusammenschluss von Individuen stattfindet.“[4]

Gustav Seibt folgert in seinem Artikel über die Pop-Literatur „Aussortieren, was falsch ist“ aus Mannheims Untersuchungen: „Wo wenig Klasse ist, ist viel Generation.“[5] Der Begriff Generation beschreibt jedoch bei Mannheim keinen Gegensatz, sondern vielmehr eine veränderte oder angepasste Gesellschaft. Benutzte man hierzu Lande lange Zeit den Klassenbegriff, erscheint dieser heute in der Bundesrepublik aufgrund der hohen sozialen Mobilität als Atavismus. Der Klassenbegriff setzt höhere soziale Ungleichheit bei gleichzeitig mangelnder Schichtdurchlässigkeit voraus und taugt damit nicht zu einer Beschreibung der postmodernen Gesellschaft. Eine Generation hingegen grenzt gesellschaftliche Gruppen nicht durch soziale Differenzierung voneinander ab, sondern sieht unterschiedliche Gruppenzugehörigkeit unter zeitlichem Aspekt. Individuen definieren sich also nicht mehr durch ihre Klassen, sondern meist durch Generationszugehörigkeit.

3. Kurze Vorstellung der bearbeiteten Literatur

“Generation Golf“ und “Anleitung zum Unschuldigsein“, die beiden Romane zählen weder zur Belletristik, noch können sie als Sachbücher bezeichnet werden. Sie entbehren jegliches Handlungsgerüst und jeglichen Spannungsbogen. Der Autor bezeichnet “Generation Golf“, ein Buch welches das Lebensgefühl einer Generation an anschaulichen, prägenden Beispielen in Kindheit und Jugend demonstriert, als eine Konsumbiographie. Die zeitliche Grenze der “Generation Golf“ zieht Florian Illies bei den zwischen 1965 und 1975 unter Willy Brandt Geborenen und Aufwachsenden, die den Mauerfall und das Ende des Kalten Krieges zwar unter zeitlichem Aspekt erlebt, jedoch lediglich als kurzes Medienereignis realisierten. Bei der zeitlichen Definition der Gruppenzugehörigkeit der “Generation Golf“ werden zudem Ausnahmen gemacht werden. Der Titanic! Kolumnist Max Goldt, Jahrgang 1958 gilt als eines der Ehrenmitglieder der “Generation Golf“ und Prinz William, 1982 geboren zählt für den Autor dazu, da der britische Thronfolger einer der Ersten war, der den neuen der den neuen Golf fuhr.

In seinem zweiten Werk, mit dem zu zwei Drittel von Watzlawick gestohlenem Titel: “Anleitung zum Unglücklichsein“, deckt er das kollektive, deutsche, schlechte Gewissen auf und führt die Leserschaft sich selbst vor. In 23 Übungseinheiten werden Möglichkeiten vorgestellt um an ein schlechtes Gewissen zu gelangen und es zu trainieren, indem man beispielsweise den Müll nicht trennt oder „bei rot“ die Straße überquert, obwohl da eine Mutter mit ihrem Kind wartet. Illies beschäftigt sich mit persönlichen, alltäglichen Problemen und ist nicht wie die Pop-Literaten Kracht oder von Stuckrad-Barre nur einer elitären Gruppe von Avantgardisten zugewandt. „Generation Golf [...] ist eine menschenfreundliche Volksausgabe dieses Unternehmens...“[6] Die “Anleitung zum Unschuldigsein“ ist geschrieben für die “Generation Golf“ die in einer irritierenden Welt lebt. Es existieren „keine verbindliche Moral mehr“[7] und keine einfachen Regeln für Gut und Böse. Dafür stellt Florian Illies ein Regelsystem fest, das die Selektion von Richtig und Falsch ermöglicht

[...]


[1] Illies, Florian: Anleitung zum Unschuldigsein. Berlin 2002; Künftig zitiert als: “Anleitung zum Unschuldigsein“

[2] Lüscher, Kurt: Generationsbeziehungen. In: Schultheis, Franz/ Lüscher, Kurt (Hrsg.): Generationsbeziehungen in “postmodernen“ Gesellschaften. Konstanz 1993. S. 18; Künftig zitiert als: “Generationsbeziehungen“

[3] von Engelhardt, Michael: Generationen, Gedächtnis und Erzählen. In: Liebau, Eckart (Hrsg.): Das Generationenverhältnis. München 1997. S.57; Künftig zitiert als: “von Engelhardt“.

[4] Hoerning, Erika: Grundfragen der Soziologie des Lebenslaufs. Hagen 1994. S. 51

[5] Seibt, Gustav: Aussortieren, was falsch ist. In: Die Zeit, 2.3.2000. S.38; Künftig zitiert als: “Aussortieren, was falsch ist“.

[6] Aussortieren, was falsch ist, S.37

[7] Anleitung zum Unschuldigsein, S. 235

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Die Generation Golf
Hochschule
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf  (Neuere Deutsche Philologie)
Veranstaltung
Proseminar: Jüngste deutschsprachige Literatur
Note
1,0
Autor
Jahr
2003
Seiten
19
Katalognummer
V15958
ISBN (eBook)
9783638209335
Dateigröße
378 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die Arbeit bei einem klar gegliederten Aufbau eine interdisziplinäre Darstellung und Analyse der Generationsthematik im Kontext der Werke Illies.
Schlagworte
Generation, Golf, Proseminar, Jüngste, Literatur
Arbeit zitieren
Julia Hennenberg (Autor:in), 2003, Die Generation Golf, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/15958

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