Möglichkeiten und Grenzen des Financial Planning in der Vermögensverwaltung und -beratung

Unterstützt und dargestellt durch den Einsatz der Software "Liquana"


Diplomarbeit, 2003

113 Seiten, Note: 2,4


Leseprobe


INHALT

1 EINLEITUNG

2 ERWARTUNGEN, PROBLEMFELDER UND UMFELDBETRACHTUNG BEIM FINANCIAL PLANNING
2.1 Definition Vermogensverwaltung und Vermogensberatung
2.2 Komplexitat des Financial Planning
2.3 Bedarfsanalyse
2.3.1 Kundenbedurfnisse (ermittelt durch eine Kundenbefragung)
2.3.2 Berateranalyse
2.3.2.1 Steuerberater
2.3.2.2 Versicherungsfachleute und Rechtsanwalte
2.3.2.3 Vermogensverwalter und -berater
2.4 Individual-psychologische Problemstellungen
2.5 Software „Liquana“

3 DEFINITION DER INVOLVIERTEN FACHLEUTE BEIM FINANCIAL PLANNING
3.1 Rechtliche Situation
3.1.1 Rechtsberatungsgesetz
3.1.2 Haftungsrechtliche Gefahren
3.2 Rechtsanwalte
3.3 Steuerberater
3.4 Versicherer
3.5 Wertpapierberater
3.6 Finanzplaner

4 softwareunterstutzte DURCHFUHRUNG des FINANCIAL PLANNINGS IN DER PRAXIS
4.1 DURCHFUHRUNG UND VORGEHEN
4.2 Ermittlung der Datenbasis
4.3 Mandant
4.3.1 Personliche Daten
4.3.2 Berechnungseinstellungen
4.3.3 Steuerdaten und Kinder
4.3.4 Profil
4.3.5 Kommunikation, weitere Informationen und Termine
4.3.6 Absicherung Sollwerte und Vermogensbildung Sollwerte
4.3.7 Korrespondenz, DatenstAnde und Abrechnungsdaten
4.4 Bestandsdaten
4.4.1 Landwirtschaftliche Betriebe, Gewerbebetriebe und selbstAndige Unternehmen
4.4.2 Altersversorgung, Gesetzliche Versicherung und Versicherungen
4.4.3 Finanzierungen
4.4.4 Kapitalvermogen
4.4.5 Beteiligungen und Mitunternehmerbeteiligungen
4.4.6 InlAndische Immobilien
4.4.7 Sonstiges Vermogen
4.5 Einnahmen und Ausgaben

5 berechnungen und planungen im financial-planning- PROZESS
5.1 Ubersichten und Berechnungen
5.1.1 Ubersichten aus den Bestandsdaten
5.1.2 Gewerbe- und Einkommensteuer-Berechnungen
5.1.3 Ubersicht Steuern
5.1.4 Ubersicht LiquiditAt
5.1.5 Ubersicht Vermogen
5.1.6 Ubersicht Anlagenstruktur
5.1.7 Gesamtubersicht
5.1.8 Absicherungen Soll-/Istwerte
5.1.9 Vermogensbildung Soll-/Istwerte
5.1.10 Ubersichten Finanzierung und Beteiligungen
5.1.11 Immobilien
5.1.12 Berichte
5.2 Planungen
5.2.1 Planung fur Ruhestandsalter 55 Jahre
5.2.1.1 Planung fur Versicherungen
5.2.1.2 Planung fur Kapitalvermogen
5.2.1.3 Resultat der Planungen fur das Jahr
5.2.2 Planungsalternative
5.2.2.1 Grundsatzliche Veranderungen der Planung
5.2.2.2 Planung fur Versicherungen und Kapitalvermogen
5.2.2.3 Ergebnis aus den Planungsanalysen

6 moglichkeiten des financial planning
6.1 Vorteile fur den Kunden
6.1.1 Transparenz
6.1.2 Planungsgrundlage
6.1.3 Optimierung
6.1.4 Ergebnisliste fur den Kunden
6.2 Vorteile fur die Beratungsfirma
6.2.1 AnsAtze fur die Beratung

7 grenzen des financial planning
7.1 Konsequenzen der Irrationalitaten fur die Finanzplanung
7.2 Nachteile fur den Kunden
7.3 Nachteile fur die Beraterfirma
7.4 Unwagbarkeit der Planungsgroben
7.4.1 Planung der privaten Lebenshaltungskosten
7.4.2 ZINS- UND ZINSESZINSEFFEKTE BEI DEN HOCHRECHNUNGEN
7.4.3 Marktentwicklungen
7.4.4 Zeithorizont
7.5 Softwarebedingte Leistungseinschrankungen

8 FAZIT

literatur- und quellenverzeichnis

abbildungs- und tabellenverzeichnis

ABKURZUNGSVERZEICHNIS

1 Einleitung

Ziel dieser Arbeit ist es, der Consulting Team Vermogensverwaltung AG in Hildesheim eine Entscheidungsgrundlage zu geben, um ein Finanzplanungssystem einzufuhren.

Im Rahmen der Einfuhrung dieser Dienstleistung in der Consulting Team Vermogens- verwaltung AG sollen der Nutzen, sowohl fur die Kunden als auch fur die Beratungs- firma ermittelt, analysiert sowie die Moglichkeiten und Grenzen aufgezeigt werden. Als Unterstutzung kommt dabei die Software „Liquana“ zum Einsatz, um die Vielzahl an gewonnenen Informationen auswerten und Aussagen zur finanziellen Situation des Kunden treffen zu konnen.

Um eine qualitativ hochwertige Beratung im Finanzdienstleistungssektor gewahrleisten zu konnen, wird eine Koordination und korrekte Abstimmung der Bereiche Altersvor- sorge, Finanzierungen, Wertpapiere, Beteiligungen, Immobilien, die familiare und die steuerliche Situation durch die zunehmende Komplexitat der einzelnen Bereiche immer sinnvoller und wichtiger fur die strategische und langfristige Planung von privaten Kunden. Dies wird durch die Zielsetzung des Financial Planning verfolgt, die im Rah­men dieser Arbeit beleuchtet wird.

Die Struktur der heute am Markt tatigen Berater zeigt oft, dass zwar eine Beratung statt- findet, diese aber hauptsachlich auf die eigenen Ziele konzentriert wird - z.B. fndet in deutschen Grofibanken eine qualitativ hochwertige Wertpapierberatung statt, eine struk- turierte Koordination mit dem Steuerberater, dem Rechtsanwalt oder dem Versiche- rungsfachmann wird oft nur begrenzt wahrgenommen.

Genau diese Schwachstelle soll durch den Einsatz des Financial Planning fur die Kun- den der Consulting Team Vermogensverwaltung AG eliminiert werden.

Zu Beginn dieser Arbeit sollen Anspruche an das Financial Planning ermittelt werden, um somit die Grundlage fur das weitere Vorgehen zu schaffen und den Bedarf an theo- retischem Fachwissen eingrenzen zu konnen (vgl. Kapitel 2 Erwartungen, Problemfel- der und Umfeldbetrachtung beim Financial Planning). Dieses Kapitel wird sich in erster Linie mit den Anforderungen an eine Finanzanalyse auseinandersetzen und anhand ei- ner Bedarfsanalyse Ziele und Wunsche sowohl aus Sicht des Kunden als auch aus Sicht der involvierten Berater sammeln und zusammenfassen.

Zu diesem Zweck werden verschiedene Kunden und Berater befragt und die Aussagen analysiert, um somit die Basis fur diese Arbeit zu schaffen.

Im Anschluss an diese Bedarfsermittlung werden im Kapitel 3 die Fachbereiche erlau- tert, die aufgrund der Bedarfsermittlung fur notwendig eingestuft werden. Die hier be- schriebenen Fachbereiche sind von elementarer Bedeutung fur das komplexe Financial Planning. Erst durch das Zusammenspiel der hier beschriebenen Fachbereiche wird der Erfolg fur die Finanzplanung gesichert.

In Kapitel 4 erfolgt die Stammdatenerfassung fur das Praxisbeispiel. Gleichzeitig wird mit dem Aufbau des Beispiels die Arbeitsweise der Software „Liquana“ und die Struk- tur einer Finanzplanung aufgezeigt.

Im folgendem Kapitel werden die aus Kapitel 4 erfassten Daten analysiert und mittels der Szenariotechnik aufbereitet. Die hieraus gewonnenen Ergebnisse sollen die Trag- weite und den Umfang der Finanzplanung darstellen und dienen im Anschluss den Ka- piteln 6 und 7 zum Lokalisieren von etwaigen Moglichkeiten und Grenzen

Aus der Darstellung der Ergebnisse sollen die Moglichkeiten und Grenzen fur die Bera- ter und fur die Kunden festgehalten und kritisch betrachtet werden, sodass im letzten Kapitel die folgenden Fragen beantwortet werden sollen:

- Fur wen und unter welchen Umstanden ist ein Financial Planning sinnvoll?
- Wie aussagekraftig sind die Ergebnisse der Software „Liquana“ und eignet sich die­se Software mit ihrem Leistungsspektrum fur die Consulting Team Vermogensver- waltung AG?
- Welcher Nutzen kann daraus gezogen werden (sowohl fur den Kunden als auch fur die Beratungsfirma)?

Die Aufteilung dieser Arbeit stellt sich wie folgt dar:

Leif Richter hat die Kapitel 2 und 6 verfasst, Marcus Graffius die Kapitel 3 und 7. Die Kapitel 1, 4, 5 und 8 wurden gemeinschaftlich zu gleichen Teilen angefertigt.

2 Erwartungen, Problemfelder und Umfeldbetrachtung beim Financial Planning

Das nachfolgende Kapitel soil eine Verknupfung zwischen dem Anwendungsbereich in der Praxis und den Anforderungen an die Finanzplanung herstellen. Der Anwendungs­bereich der Finanzplanung soll in dieser Arbeit im Rahmen der Vermogensverwaltung liegen, welche im nachfolgenden als erstes definiert wird.1 1st die Definition des An- wendungsbereiches abgeschlossen, wird die eigentliche Anwendung in ihren Grund- uberlegungen beschrieben, d.h. was ist Financial Planning und was stellt dieses Kon- strukt laut Definition dar?2

Ist der grobe Definitionsprozess abgeschlossen, werden Bedurfnisse und Anforderungen sowohl der Kunden als auch der involvierten Berater ermittelt und festgehalten.3 Im Anschluss daran werden mogliche Problemfelder die wahrend des Finanzplanungs- prozess auftreten konnen dargestellt, um eine Sensibilitat fur das Vorgehen in der Arbeit zu entwickeln.4

Am Ende dieses Kapitel wird die Software fur die Finanzplanung kurz beschrieben - die eigentliche Erklarung dieses Werkzeuges findet in den Kapiteln 4 und 5 statt.5

2.1 Definition Vermogensverwaltung und Vermogensberatung

Der Begriff der Vermogensberatung unterliegt in Deutschland keiner eindeutigen Defi­nition oder Zertifizierung von staatlicher Seite. Dieser Begriff wird im Zusammenhang mit Vermogensanlagen6, Versicherungen und Immobilien benutzt.

Um in dieser Arbeit dem wissenschaftlichen Anspruch und gleichzeitig einem hohen Qualitatsniveau gerecht zu werden, soll im weiteren Verlauf der Begriff der Vermo- gensberatung mit dem Begriff der Vermogensverwaltung bzw. Finanzportfolioverwal- tung gleichgesetzt werden.

„Finanzportfolioverwaltung (Nr. 3)

Wesentliches Kriterium far eine Einstufung als Finanzportfolioverwalter ist das Vor- handensein von Entscheidungsspielraum bei den zu treffenden Anlageentscheidungen. Ein Entscheidungsspielraum ist gegeben, wenn die konkreten Anlageentscheidungen im eigenen Ermessen des Verwalters liegen.

Wertpapiere hat der Portfolioverwalter in einem Wertpapierdepot des Kunden bei einem Kreditinstitut verwahren zu lassen; andernfalls bedarf er einer Erlaubnis zum Betreiben des Depotgeschafts und ware damit selbst Kreditinstitut.“7

Unter Vermogensberatung soll also im weiteren Verlauf dieser Arbeit nicht die Idee von Strukturvertrieben oder ahnlichen - mit negativ behafteten Assoziationen - Beratungs- ansatzen verstanden werden, sondern eine qualitativ hochwertige Beratung, wie Sie von Banken und vom Bundesaufsichtsamt fur das Finanzwesen zugelassenen Vermogens- verwaltern durchgefuhrt wird.8

Zu den zugelassenen und zertifizierten Unternehmen nach § 32 KWG zahlt in diesem Zusammenhang auch die Consulting Team Vermogensverwaltung AG, fur die die Er- gebnisse dieser Arbeit zur praktischen Umsetzung bestimmt sind.

Unter Qualitat nach dem Gesetz soll die Beratung nach § 31 Abs. 2 WpHG verstanden werden, die Kunden anleger- und objektgerecht zu beraten. Diese Eigenschaft bezieht sich bisher nur auf die Beratung bei liquiden Anlagen, d.h. die Betrachtung der Gesamt- heit der Anlagen und die Analyse der Verflechtungen wird bisher nur zu einem geringen Anteil wahrgenommen.

2.2 Komplexitat des Financial Planning

Ziel des Financial Plannings in der modernen Vermogensberatung ist die Entwicklung der Fahigkeit, konzeptionell zu denken und Situationen ganzheitlich zu erfassen9.

Die private Finanzplanung ist eine Beratungsdienstleistung, die eine sehr komplexe ver- netzte Betrachtung der gesamten Einkommens- und Vermogenssituation des Mandanten erfordert und in die auch die personliche und steuerliche Situation des Mandanten ein- bezogen werden muss. Die Komplexitat der Betrachtung kann nur mit den entsprechen- den Mitteln gewahrleistet werden. Die Durchfuhrung einer umfassenden Finanzplanung ohne Unterstutzung von Computerprogrammen ist heutzutage nicht mehr moglich.

Die umfassende Betrachtung und Analyse der finanziellen Situation erfordert auch ei- nen entsprechend strukturierten Ablauf. Dieser Ablauf muss eine Mindestzahl von Schritten umfassen, die die komplexe Betrachtung der Vermogensstruktur ermoglichen. Der Anbieter muss die einzelnen Schritte der Beratung entsprechend dokumentieren und dafur geeignete Hilfsmittel einsetzen. Hierzu gehoren10

- Identifikation der finanziellen und personlichen Ziele des Mandanten
- strukturierte und umfassende Datensammlung
- regelmabige Gesprache mit dem Mandanten
- personlicher Kontakt zu dem Berater

Ein weiteres wesentliches Merkmal der Finanzplanung ist die strukturierte Vorgehens- weise. Die umfassende und vernetzte Analyse der Situation des Mandanten erfordert vom Finanzplaner eine unvoreingenommene und objektive Betrachtung. Damit ist ge­wahrleistet, dass die identifizierten Wege zum Erreichen der gestellten Ziele der Bera­tung tatsachlich den Vorstellungen und Wunschen des Mandanten entsprechen. Die Ergebnisse der Beratung mussen stets nachvollziehbar und uberprufbar sein. Objektivi- tat und Neutralitat sind wesentliche Merkmale eines Finanzplaners. Da diese aber nur schwer messbar sind, werden diese impliziert, so lange der Anbieter einer Finanzpla­nung die Ergebnisse der Beratung als unverbindliche Empfehlung sieht. Es darf kein Zwang zur Umsetzung der Empfehlung oder zum Kauf von Produkten bestehen.

Die Finanzplanung ist ein kontinuierlicher, lebenslanger Prozess. Der Finanzplan muss regelmabig uberwacht und uberpruft werden, um notwendige Anderungen vornehmen zu konnen, die sicherstellen, dass weiterhin der individuelle Bedarf des Mandanten ge- deckt ist und die individuelle Situation des Kunden widergespiegelt wird.

Die Ausarbeitung einer Anlagestrategie fur das Gesamtvermogen erfordert langfristige Projektion und Prognose. In Abhangigkeit von der Anlageform oder vom Problemfeld des Anlegers kann die Betrachtung von sehr groBen Zeitraumen notwendig sein. Die Langfristigkeit der Betrachtung ist daher in der Finanzplanung von hoher Bedeutung.

Die Finanzplanung ist definiert durch:

- ein immaterielles Leistungsergebnis. Das Ergebnis der Beratungsleistung ist eine mehr oder weniger erfolgreiche Erkenntnis, die vom Informationsaustausch zwi- schen Mandant und Berater lebt. Das Ergebnis der Finanzplanung ist die aufgezeigte Strategie fur die Erreichung bestimmter, vor der Beratung festgesetzter Ziele.
- den stark integrativen Charakter des Leistungserstellungsprozesses. Der Mandant ist im Beratungsprozess der privaten Finanzplanung ein wichtiger Teil der Dienstlei- stung selbst. Er ist Mitgestalter der Beratung. Die Mitwirkung des Mandanten be- schrankt sich nicht auf bestimmte Teile des Beratungsprozesses, er befindet sich stets in einem interaktiven Austausch mit seinem Berater.
- den hohen Individualisierungsgrad der Dienstleistung. Erst die individuelle qualita­tive Analyse dokumentiert die fachliche Kompetenz des Anbieters. Die individuelle Beratungskomponente ist daher essenzieller Bestandteil der Finanzplanung.11

Neben dieser Klassifikation der Beratungsleistung im Prozess der Finanzplanung gibt es seitens der Deutschen Gesellschaft fur Finanzplanung e.V. die „Grundsatze ordnungs- maBiger Finanzplanung“, die erfullt werden mussen. Diese sind:

- Vollstandigkeit: Vollstandigkeit bedeutet, alle Kundendaten zweckadaquat zu erfas- sen, zu analysieren und zu planen. Dieses beinhaltet alle Vermogensgegenstande und Verbindlichkeiten, Einnahmen und Ausgaben, die Erfassung notwendiger per- sonlicher Informationen und die Abbildung des personlichen Zielsystems des Kun- den.
- Vernetzung: Vernetzung bedeutet, alle Wirkungen und Wechselwirkungen der ein- zelnen Daten in Bezug auf Vermogensgegenstande und Verbindlichkeiten, auf Ein- nahmen und Ausgaben unter Einschluss personlicher, rechtlicher, steuerlicher und volkswirtschaftlicher Faktoren zu berucksichtigen.
- Individuality: Individuality bedeutet, den jeweiligen Mandanten mit seiner Person, seinem familiaren und beruflichen Umfeld, seinen Zielen und Bedurfnissen in den Mittelpunkt der Finanzplanung zu stellen und keine Verallgemeinerung zu diesen Punkten vorzunehmen.
- Richtigkeit: Richtigkeit bedeutet, die Finanzplanung im Grundsatz fehlerfrei, nach dem jeweils aktuellen Gesetzgebungsstand und nach den Methoden der Finanzpla­nung durchzufuhren. Planungen konnen per se nicht sicher, sondern nur plausibel sein und den Verfahren der Planungsrechnung entsprechen.
- Verstandlichkeit: Verstandlichkeit bedeutet, dass die Finanzplanung einschliefilich ihrer Ergebnisse so zu prasentieren ist, dass der Kunde sie verstehen und nachvoll- ziehen kann sowie im Rahmen des Auftrages gestellte Fragen beantwortet erhalt.
- Dokumentationspflicht: Dokumentationspflicht bedeutet, dass die Finanzplanung einschliefilich ihrer Pramissen und Ergebnisse in schriftlicher oder anderer geeigne- ter Form dem Mandanten zur Verfugung gestellt wird.
- Einhaltung der Berufsgrundsatze: Einhaltung der Berufsgrundsatze bedeutet, dass ein Finanzplaner die fur ihn geltenden Berufsgrundsatze - Integritat, Vertraulich- keit, Objektivitat, Neutralitat, Kompetenz und Professionalitat - beachten muss.12

Der hochqualifizierte und dienstleistungsorientierte Beratungsansatz der Finanzplanung, muss sich auch in der Unternehmensphilosophie wieder finden, wenn die Produktein- fuhrung langfristig Erfolg haben soll.

Die private Finanzplanung soll dabei keine Kundengruppen ausgrenzen, sondern die Beratung vielmehr an die Bedurfnisstruktur anpassen. Aufgrund der Komplexitat der Anforderungen in diesem Beratungssegment, ist die Notwendigkeit einer qualitativ hochwertigen Beratung unter den Aspekten Langlebigkeit, Partnerversorgung, Kosten- entwicklung im Gesundheitsbereich, Entwicklung der Steuern und Inflation, Altersvor- sorge usw. unabhangig vom vorhandenen Kapitalvermogen13. Bei naherer Betrachtung kann sogar der Schluss gezogen werden, dass je geringer das Vermogen, desto grofier der Planungs- und Beratungsbedarf besonders im Hinblick auf die Altersvorsorge, wel- che durch die permanent sinkenden Aussichten auf Altersrente durch staatliche Seite immer mehr an Bedeutung gewinnt.

Die Praxisbezogenheit soll bei der Betrachtung oberste Prioritat haben. Aus diesem Grund wird sich das nachfolgende Kapitel mit einer Bedarfsanalyse beschaftigen. Aus der Kombination der Bedarfsanalyse und den theoretischen Moglichkeiten im Financial Planning14 soll dann das tatsachliche Aufgabenspektrum, welches in den Kapiteln 4 und 5 durch ein Beispiel untermauert wird, dargestellt und in den Kapiteln 6 und 7 analysiert werden.

Diese Arbeit versteht sich als Modell fur eine Gesamtbetrachtung eines Strategiemo- dells, in dem eine Vielzahl einzelner Wissensgebiete zum Tragen kommt. Basiswissen zu einzelnen Fachbereichen wird in dieser Arbeit als grundlegend vorausgesetzt, da die Erklarung und Definition einzelner Produkte und Fachbereiche den Rahmen dieser Ar­beit sprengen wurden.

2.3 Bedarfsanalyse

2.3.1 Kundenbedurfnisse (ermittelt durch eine Kundenbefragung)

Die Kundenbedurfnisse wurden in Form eines Stimmungsbildes durch einen eigens dafur konzipierten Fragebogen aufgenommen. Aufgrund der geringen Grundgesamtheit und der hohen Merkmalsauspragung kann und soll die Befragung den statistischen Grundsatzen nicht genugen. Den Autoren ist dieser Mangel bewusst. Ziel dieser Befra- gung war es, ein Stimmungsbild in dem zu betrachtenden Kundensegment zu erhalten und die Eindrucke und Erfahrungen der Autoren aus der Praxis zu bestatigen. Die For- mulierung der Fragen wurde bewusst sehr offen gewahlt, da die Komplexitat des The- mas nicht durch standardisierte Vorgaben abgebildet werden kann und jeder Kunde an- dere Schwerpunkte und Sichtweisen von diesem Thema hat. Bei den befragten Kunden war es den Autoren bewusst, dass diese uber ein entsprechendes Vorwissen verfugen und dadurch in der Lage sind, zu den Fragen konkret Stellung zu nehmen

Die Auswertung erfolgt in der Form, dass alle erwahnten Punkte vorgestellt werden und im Anschluss an die Vorstellung eine ungefahre Schwerpunktgewichtung vorgenom- men wird. Eine Darstellung in absoluten Zahlen soil hier nicht erfolgen, da diese Um- frage als Instrument zur Ideenfindung und -bestatigung dienen soll. Die Fragen bezie- hen sich auf alle involvierten Fachbereiche, d.h. Anlageberatung, Versicherungen, Im- mobilien, rechtliche Fragen usw. - alle beteiligten Fachbereiche werden in Kapitel 3 dieser Arbeit vorgestellt und beschrieben. Das Financial Planning soll als individueller Losungsansatz verstanden werden, wodurch eine Standardisierung hier bewusst nicht wahrgenommen wird. Im folgenden Verlauf werden die Fragen und die Ergebnisse dar- aus vorgestellt und beschrieben.

Frage 1: Wie fuhlen Sie sich bisher bei Ihrer Bank beraten und inwiefern werden alle Komponenten in die Beratung mit einbezogen?

- „Eine Bedarfsermittlung15 wurde zu Beginn der Beratung nicht vorgenom- men!“

Die fehlende Bedarfsermittlung wurde nur von wenigen Kunden erwahnt, war aber als Ergebnis aus fast allen Schilderungen zu entnehmen. Aus dieser fehlenden Er- mittlung ergaben sich dann die Beratungsfehler. Z.B. hat ein Kunde von seinem De­pot berichtet, welches von seinem Bankberater zu 100% aus Aktien zusammenge- setzt wurde. Der Kunde selber befindet sich aber seit einem Jahr im Vorruhestand und ist auf kontinuierliche Einkunfte zur Unterstutzung seiner Vorruhestandszah- lungen angewiesen. Das starken Schwankungen unterworfene Aktiendepot kann diesem Wunsch nicht nachkommen.

- „Die Unabhangigkeit in der Beratung und der vorgestellten Produkte ist zweifelhaft!“

Die Unabhangigkeit in der Beratung wurde von jedem Befragten als sehr zweifel- haft genannt und eingestuft. Speziell im Anlage- und Versicherungsbereich wurde vorgeworfen, dass nur die Produkte der Kooperationspartner in der Beratung vorge­stellt werden. Ein Grofiteil der Befragten sehen in der steigenden Abhangigkeit ei- nen Vertrauensverlust zu ihren bisherigen Verbindungen und orientieren sich neu.

- „Die Beratung ist sehr schwer nachzuvollziehen und die vorgestellten Losungen sind schwer zu verstehen!“

Die Kritik an der zu undurchsichtig erscheinenden Beratung kam in erster Linie von den alteren Befragten. Die standig wachsende Produktpalette und die Komplexitat der Produkte wurden hier stark kritisiert.

- „Bei der Beratung durch Banken ist eine starke Standardisierung und damit ein Verlust der individuellen Beratung festzustellen!“

Parallel zur Unabhangigkeit in der Beratung war die Standardisierung einer der meistgenannten Kritikpunkte. Kunden fuhlen sich nicht mehr individuell beraten und sehen sich selbst als Rechengrofie.

- „Konsequenz in der Beratung fehlt - vor allem in schlechten Zeiten!“

Als Reaktion auf die negative Performance im Anlagebereich wurde von einigen Kunden die Konsequenz in der Beratung vermisst.

- „Ziele werden nicht oft genug exakt formuliert und verfolgt!“

Im Vergleich zu der fehlenden Bedarfsermittlung wurde die fehlende Formulierung und Verfolgung von Zielen von jedem Befragten vermisst.

- „Die Betrachtung des gesamten Kunden erfolgt nicht umfassend - jeder Bera- ter ist auf seinen eigenen Bereich fixiert!“

Diese Antwort wurde in abgewandelter Form von jedem Kunden genannt. Hierbei wurde immer deutlich gemacht, dass die Koordination aller Fachbereiche (Wertpa- pieranlagen, Immobilien, Versicherungen, rechtliche Fragen) nur mangelhaft vor- handen ist.

Ergebnis Frage 1:

Die Befragten wunschen sich eine transparente, unabhangige und nachvollziehbare Be- ratung, die auf ihren Zielen und Wunschen aufbaut und diese systematisch verfolgen soll.

Frage 2: Was erwarten Sie von einer Planung Ihrer personlichen Finanzen?

- „Individuelle und langfristige Betrachtung der Vermogenssituation und - entwicklung!“

Die Befragten wunschten sich ausnahmslos, im Mittelpunkt der Betrachtungen zu stehen und das Gefuhl vermittelt zu bekommen, sich nicht an standardisierte Lo- sungsmodelle anschlieBen zu mussen.

- „Strukturierte und strategische Planung!“

Der Wunsch einer langfristig und strategisch ausgelegten Planung war bei allen Be­fragten von groBter Wichtigkeit. Nicht nur einzelne Komponenten sollen in die Be- ratung mit einbezogen werden, sondern auch aufeinander abgestimmt werden. Wei- terhin soll diese Planung und die sich daraus ergebenden Alternativen kritisch unter- sucht werden (ist z.B. wirklich noch eine Lebensversicherung notwendig, wenn be- reits ein entsprechend groBes Anlagevermogen vorhanden ist?).

- „Erkennen von Vorsorgelucken - Planung der Altersvorsorge!“

Dieser Punkt war Grundbedurfnis bei allen Befragungen. Bezogen wurde diese Pro- blematik auf die Kombination von privater Vorsorge durch Sparplane, vorhandenes Anlagevolumen und Versicherungen (insbesondere Kapitallebens- und Rentenversi- cherungen) im Hinblick auf das Rentenalter und die Befurchtung, dass auf Zahlun- gen aus gesetzlichen Rentenversicherungen kein Verlass ist.

- „Steuerliche Betrachtung des gesamten Konstruktes!“

Hier haben sich viele der Befragten gewunscht, dass eine aktive Ruckkopplung mit dem Steuerberater vollzogen wird (mehr dazu unter Frage 4).

- „Einbeziehung des gesamten privaten Besitzes!“

Dieser Wunsch wurde von einigen Befragten geauBert, um die Moglichkeit zu er- offnen, nicht nur eine Wertaussage uber das Wertpapierdepot zu erhalten, sondern z.B. auch uber die Entwicklung der Ruckkaufswerte der Versicherungen oder der selbst- und fremdgenutzten Immobilien.

Ergebnis Frage 2:

Der Wunsch nach einer individuellen und langfristigen Beratung steht fur eine Vielzahl der Befragten im Vordergrund. Dabei soll das gesamte Vermogen des Kunden betrach- tet werden.

Frage 3: Inwiefern wurde schon einmal eine Planung und Analyse Ihrer gesamten wirt- schaftlichen Situation durchgefuhrt?

Diese Frage und damit auch die Unterpunkte konnten von keinem der Befragten mit „Ja“ beantwortet werden.

Ergebnis Frage 3:

Eine Gesamtplanung wurde bei keinem Kunden durchgefuhrt.

Frage 4: Inwiefern halten Sie eine Zusammenarbeit und Abstimmung zwischen Ver- mogensberater, Bank, Versicherungskaufmann, Rechtsanwalt und Steuerberater fur sinnvoll und waren Sie personlich bereit, Ihre Berater zusammenarbeiten zu lassen?

Diese Frage wurde grundsatzlich damit beantwortet, dass man eine Zusammenarbeit fur sehr sinnvoll halten wurde und dies auch eigentlich ein Grundsatz und eine Selbstver- standlichkeit in der Beratung sein sollte.

Zweifel wurden jedoch von einigen wenigen Befragten dahingehend geauBert, dass die­se Art der Zusammenarbeit ein sehr hohes MaB an Vertrauen vom Kunden an die ihm angeschlossenen Berater voraussetzen wurde.

Ergebnis Frage 4:

Die Zusammenarbeit wird als grundsatzlich sinnvoll und erstrebenswert eingestuft.

Frage 5: Was waren Sie bereit, fur eine Finanzplanung zu investieren?

Als erste Reaktion auf diese Frage wurde sehr oft eine erfolgsabhangige Vergutung vorgeschlagen, wobei sich diese nur auf den Anlagebereich beziehen konnte, da ein Erfolg z.B. im Bereich der Versicherungen nur schwer zu quantifizieren ware.

Bis auf wenige Ausnahmen war eine grundsatzliche Bereitschaft, fur diese Dienstlei- stung Geld zu bezahlen vorhanden. Die Ausnahmen haben die Dienstleistung der Fi­nanzplanung als Selbstverstandlichkeit angesehen.

Von einem Grofiteil der Befragten wurde vorgeschlagen, eine kombinierte Bezahlung fur diese Dienstleistung einzufuhren, die sich danach richtet, inwiefern durch Umstruk- turierungsmafinahmen Provisionen fliefien. Diese sollten dann mit dem Entgelt fur die Dienstleistung der Finanzplanung verrechnet werden.

Einig waren sich alle Befragten dabei, dass es eine Hochstgrenze fur die Entlohnung geben sollte. Keiner der Befragten ware bereit, mehr als 1.000 € fur diese Dienstleistung zu bezahlen.

Als Ziele und Wunsche der Kunden werden folgende Punkte festgehalten:

- Genaue Bedarfs- und Zielermittlung.
- Individuelle Ausrichtung.
- Unabhangige Beratung.
- Transparente Vorgehensweise und konsequente Beratung.
- Strategische bzw. langfristige Betrachtung der Kundenbedurfnisse.
- Umfassende und ganzheitliche Beratung.
- Aktive Kommunikation und Ruckkoppelung zwischen allen Beteiligten.
- Ausgewogene Kosten-/Nutzen-Struktur.

2.3.2 Berateranalyse

2.3.2.1 Steuerberater

Der Befragung der Steuerberater wurde besonderem Wert beigemessen, da diese mit ihrem Wissen und ihren Vorschlagen von grundlegender Bedeutung sind, wie im weite- ren Verlauf dieser Arbeit herausgestellt wird.

Mit den funf befragten Steuerberatern und ihrer Einstellung und ihren Erwartungen zur Finanzplanung wurde ein offenes Gesprach gefuhrt, um Wunsche, Anforderungen und Vorschlage zur Finanzplanung zu erhalten.

Alle Steuerberater haben eine Finanzplanung als sehr wichtig eingestuft. Vier der funf Steuerberater fuhren fur die steuerliche Seite bereits fur ausgesuchte Kunden eine „ab- gespeckte“ Version einer Finanzplanung durch. Die Planungen werden mit Hilfe einer eigens dafur erstellten Microsoft Excel Tabelle16 erstellt. Dieses Verfahren ist nach Aussage der Steuerberater jedoch sehr zeit- und kostenintensiv. Eine Software mit ei- nem guten Preis-/Leistungsverhaltnis wurde von Seiten der Steuerberater gewunscht, um diese Dienstleistung allen Kunden anzubieten. Unter Finanzplanung wurde bei den Steuerberatern allerdings nur die Entwicklung des Einkommens und der dazugehorigen Komponenten gesehen, mit dem Ziel, Aussagen uber die Entwicklung der Liquiditat des Kunden zu treffen. Die strategische Betrachtung von Altersvorsorge und Anlagenstruk- turierung waren dabei nur von untergeordnetem Interesse.

Fur sinnvoll haben alle Steuerberater die Moglichkeit einer Verknupfung eingestuft, die es erlauben wurde, sowohl von den Anlage- bzw. Vermogensberatern als auch von den Steuerberatern selbst Anderungen und Analysen mit einer einheitlichen Software durchzufuhren.

Die Steuerberater wurden sich weiterhin eine engere Zusammenarbeit mit den jeweili- gen Anlageberatern wunschen.

Als Ziele bzw. Wunsche fur die Steuerberater sollen hier folgende Punkte festgehalten werden:17

- Genaue Analysemoglichkeiten der Einkommens- und damit steuerlichen Entwick- lung der Kundenverbindung.
- Liquiditatsvorschau.
- Moglichkeit zur Durchfuhrung von Szenarioanalysen (Was-ware-wenn?).

2.3.2.2 Versicherungsfachleute und Rechtsanwalte

Versicherungsfachleute und Rechtsanwalte wurden nicht befragt. Das Aufspuren von Vorsorgelucken soll in den Handen des Vermogens- und des Steuerberaters liegen. Bei Bedarf und nach Feststellung der notwendigen Dienstleistung sollen Versicherungsfach­leute bzw. Rechtsanwalte hinzugezogen werden.

Vorsorge- und Versicherungsprodukte - wie z.B. die klassische Rentenversicherung - die zur Altersvorsorge dienen, konnen auch durch den Vermogensverwalter mit abge- deckt werden.

2.3.2.3 Vermogensverwalter und -berater

Der Bedarf der Vermogensverwalter soll in dieser Arbeit aus den Anforderungen der Consulting Team Vermogensverwaltung AG hergeleitet werden.

Als oberstes Ziel steht die ganzheitliche Beratung der Kunden. Dies ist grundsatzlich notwendig, um Kunden entsprechende Vorschlage zu unterbreiten, die das gesamte Um- feld mit einbeziehen. Je transparenter die Beratungssituation und damit die Bedurfnisse des Kunden, umso effektiver kann dieser beraten werden. Mit der umfassenden Bera­tung und den daraus abzuleitenden Handlungsalternativen soll ein hoher Qualitatsstan- dard geschaffen werden, der damit eine Abgrenzung zu den Marktteilnehmern18 schaf- fen soll.

Im Vergleich zu allen anderen Marktteilnehmern ist die Consulting Team Vermogens- verwaltung AG nicht an Vertriebsabkommen und Vertrage gebunden, die den Absatz von bestimmten Produkten und Anbietern voraussetzt. Die Provisionsstruktur bei den Produkten, die Kunden empfohlen werden konnen, ist so aufgebaut worden, dass die Provisionen fur alle Produkte gleich sind. Durch diese Unabhangigkeit soll gewahrlei- stet werden, dass keine Abhangigkeit von bestimmten Produkten entsteht.

Bei den uber 1.000 vorhandenen Kundenbeziehungen wurde bereits aufgrund der lang- jahrigen Zusammenarbeit festgestellt, dass der Beratungsanspruch oft weitaus komple- xer ist, als auf den ersten Blick festgestellt werden kann. Mit dieser Voraussetzung be- notigt die Consulting Team Vermogensverwaltung AG jetzt ein Instrument, um die Er- mittlung der Anspruche der Kunden strukturiert aufzunehmen und analysieren zu kon- nen. Nur wenn diese Voraussetzung erfullt wird, kann eine Steigerung der Qualitat er- reicht werden. Dabei wird das Financial Planning als Werkzeug gesehen, um genau die­ses Ziel erreichen zu konnen. Inwiefern dieses Ziel so umzusetzen ist und wo die Schwachstellen bzw. Grenzen liegen, soll durch diese Arbeit eroffnet werden. Gleich- zeitig sollen auch Moglichkeiten ausgeleuchtet werden, die bisher noch nicht bedacht wurden.

Somit kann als Ziel fur die Consulting Team Vermogensverwaltung AG die folgenden Punkte festgehalten werden:

- Strukturierte Erfassungsmoglichkeit der Kunden-Situation.
- Standardisierung der Vorgehensweise, ohne die Moglichkeit der Individualisierung zu verlieren. Damit soll lediglich eine grobe Vorgehensweise geschaffen werden, die anderen involvierten Beratern bzw. Kollegen die Moglichkeit des Nachvollzie- hens gewahrleisten soll.
- Durchfuhrbarkeit fur eine entsprechend grobe Kundenzahl.
- Wirtschaftliche Relation zwischen Aufwand fur die Arbeit und den daraus resultie- renden Ertragen.
- Prognosemoglichkeiten.
- Durchfuhrbarkeit von Szenarioanalysen (Wie verhalten sich bestimmte Groben, wenn sich ein oder mehrere Parameter verandern?).
- In diesem Zusammenhang soll auch die Software „Liquana“ getestet werden, ob die Leistungsfahigkeit ausreichend fur die Wunsche und Ziele ist.

2.4 Individual-psychologische Problemstellungen

Bedingt durch die Tatsache, dass Individuen an dem Finanzplanungsprozess beteiligt sind, und Reaktionen dadurch nicht immer auf einer logischen Basis getroffen werden, kann die Leistungsfahigkeit der Finanzplanung erheblich eingeschrankt werden. In die­sem Kapitel werden theoretische Grundlagen geliefert, um mogliche Problemquellen im Umgang mit Individuen aufzuzeigen.19

Irrationalitaten in der Beratung konnen sowohl durch den Kunden, als auch durch den Finanzplaner bzw. Berater entstehen.

Kundenseitige Irrationalitaten konnen dabei sein:

- Kunden sprechen z.B. gewisse Themen nicht an, um damit verbundene Probleme zu verdrangen,
- Kunden geben ungern Auskunft uber „intime“ Details,
- Kunden haben Zukunftsangste (Konkurs der Pensionskasse, wirtschaftliche Krisen, Arbeitslosigkeit, Schicksalsschlage usw.),
- Kunden haben Angst vor einer langen Bindung (langfristige Anlagestrategien).
- Irrationalitaten durch den Berater bzw. Finanzplaner:
- Berater sprechen wichtige Themen nicht an bzw. fragen nicht im Detail nach, weil es ihnen unangenehm ist, intime Fragen zu stellen.
- Finanzplaner denken „in Schubladen“, weil dies bequem und einfach ist, oder weil sie es aufgrund ihrer Herkunft (fachliche Praferenzen) unbewusst tun.
- Es gibt Sachzwange durch den Arbeitgeber.
- Finanzplaner bevorzugen gewisse Produkte.
- Es werden Losungen gesucht, die dem Kunden am angenehmsten, aber nicht am sinnvollsten sind.

Um die Herkunft dieser Aussagen zu untermauern sollen nachfolgend Phanomene aus der Verhaltenswissenschaft beschrieben werden:

Status-quo-Bias

Personen neigen dazu, die Auswirkungen der von ihnen getroffenen Entscheidungen ge- nau zu beobachten, wahrend sie die Konsequenzen der Handlungsalternativen, die sie eben nicht gewahlt haben, nicht mehr genau weiterverfolgen. Es handelt sich um eine Tendenz, den Status quo zu bewahren, weil daruber die meisten Informationen und Er- fahrungen vorliegen.20

Bedeutung fur die Finanzplanung: Wenn sich ein Kunde fur einen Financial Planner, eine Bank, einen Vermogensverwalter, eine bestimmte Anlagestrategie, eine Immobilie usw. entschieden hat, dann berucksichtigt oder verfolgt er die moglichen Konsequen- zen, der Unterlassungsalternativen nicht mehr.

Overconfidence

Menschen halten sich selbst bei gewissen, speziellen Fahigkeiten fur uberlegen. Diese Verhaltensweise aubert sich meist in einer Uberschatzung der eigenen Fahigkeiten.21 Bedeutung fur die Finanzplanung: Ein Physiker konnte meinen, er vermoge alle Fi- nanzfragen analytisch zu durchdringen. Ein Beamter konnte meinen, er fulle eine Steu- ererklarung gewissenhafter aus als ein Finanzplaner. Ein Bankmitarbeiter konnte davon uberzeugt sein, immer die richtigen Aktien zu kaufen oder zu verkaufen. Ein Daytrader wird sich grundsatzlich als hochst flexibel einschatzen. Ein Mathematiker konnte davon ausgehen, Renditen am genauesten berechnen und damit schliefilich auch erwirtschaften zu konnen.

Selfattribution

Bei Erfolg neigen Menschen dazu, ihn allein mit hervorragenden eigenen Leistungen zu begrunden. Dieser Selbstbezug hat haufig zur Folge, dass die Wahrnehmung anderer Sichtweisen verhindert wird.22

Bedeutung fur die Finanzplanung: Wird mit einer Anlagestrategie eine uberdurch- schnittliche Rendite erzielt, dann wird dieser Erfolg allein dem eigenen Fachwissen, den eigenen Beziehungen oder der eigenen Intuition zugeschrieben. Unter Umstanden kann eine Fixierung auf diese Strategie stattfinden und eine Diversifikation von verschiede- nen Strategien zur Risikominimierung reduziert werden.

Disjunktion-Effect

Personen suchen genauere Informationen uber unsichere Einflussfaktoren und sind be- reit, dafur zu bezahlen, auch wenn diese keine Bedeutung fur spatere Entscheidungen haben. Dieses Verhalten kann soweit gehen, dass Personen nach umgesetzten Entschei­dungen immer noch mehr Informationen suchen, um festzustellen, welche Alternativen vielleicht besser gewesen waren.23 24

Bedeutung fur die Finanzplanung: Unsichere Menschen suchen nach immer mehr In­formationen zur Absicherung ihres Finanzplans. Wenn sie eine Finanzierungs- oder Anlageentscheidung und die damit verbundenen Konsequenzen und Verantwortungen vermeiden wollen, dann fordern sie nach immer mehr Informationen, mit dem Ziel, kei- ne selbstandige Entscheidung treffen zu mussen.

Social Contract

Der Mensch neigt dazu, Aussagen logischer Art mit dem Ziel einer negativen oder posi- tiven Wertung zu interpretieren.

Im Rahmen der Finanzplanung: Das Vorhandensein eines Problems (d.h. der Unter- schied zwischen Ist und Soll) wird haufig als schlecht gewertet. Eine hohe Verzinsung eines Vermogens wird haufig als gut, eine niedrige als schlecht beurteilt.

Mangel an Selbstkontrolle

Es wird unterstellt, dass Menschen sich nur unter psychischen Kosten an langfristige Planungen halten konnen, selbst wenn sie einsehen, dass diese Planungen ihren Ge- samtnutzen steigern. Nur mit geeigneten Bindungen kann man spontanen Versuchungen widerstehen.25

Im Rahmen der Finanzplanung: Der Mangel an Selbstkontrolle lasst sich in der Finanz­planung durch entsprechende Produkte uberwinden:

- die Altersvorsorge,
- Zwangssparen uber verschiedene Finanzprodukte, Lebensversicherungen,
- automatisches Uberweisen eines Betrages auf ein Sparkonto,
- Sperrkonto,
- Sparplane.

Bildung mentaler Konten

Investoren teilen Einkommen, Vermogen und Kreditlinien mental in verschiedene Kon­ten ein und assoziieren mit jedem Konto eine bestimmte Verwendungsart. Ein Wechsel der zugedachten Verwendungsarten ist mit hohen psychischen Kosten verbunden.26 Bedeutung fur die Finanzplanung: Einnahmen aus Erwerbstatigkeit, Zinsen oder Divi- denden konnen konsumiert werden, da sie „wohlverdientes" Einkommen darstellen (mentales Konto 1). Die Wertsteigerung eines Aktiendepots darf nicht konsumiert wer­den, weil es sich nicht um Einkommen, sondern um Vermogenszuwachs handelt (men- tales Konto 2). Der Erlos aus einem Immobilienverkauf oder die Auszahlung einer Le- bensversicherungssumme darf nicht zur Finanzierung des Lebensunterhalts verwendet werden, sondern ist wieder zu investieren: „Ich darf doch meine Substanz nicht angrei- fen!" (mentales Konto 3). Die Aufnahme von Krediten wird verweigert, obwohl ein langfristiger Finanzplan dafur spricht: „Ich kann doch keine Schulden machen!" (menta­les Konto 4). Weil mentale Konten tief im individual-psychologischen Verhalten veran- kert sind, mussen in der Finanzplanung Losungen gefunden werden, die es den Kunden erlauben, das langfristig optimale Spar- und Entsparverhalten zu verwirklichen, ohne dabei die durch die mentalen Konten gegebenen individual-psychischen Grenzen zu verletzen.

Framing

Menschen behandeln gewisse Einkommens- oder Vermogensveranderungen je nach Art und Grofie der „Verpackung" unterschiedlich. Es gilt somit, die Erfullung finanzwirt- schaftlicher Funktionen eines Kunden in solche Rahmen (Frames) zu setzen, die dem Kunden lenkende Signale geben. In der Problemlosung ist das Bewusstmachen dieser Frames ein wichtiger Schritt in der Phase des Entdeckens und Identifizierens.27

Bedeutung fur die Finanzplanung:

- Kleine Zuwendungen, wie z.B. ein kleines Geschenk oder ein kleiner Lottogewinn, werden meist als laufende Einnahme verstanden und auch gleich wieder fur Konsum ausgegeben. Die Art des Konsums ist oftmals wieder geframt („Mit einem Lottoge­winn gehen wir auswarts essen!").
- Grofie Zuwendungen, wie z.B. ein grofies Geschenk, eine grofie Erbschaft, ein gro- fier Lottogewinn, die Barauszahlung einer Lebensversicherung, werden meist als Vermogenszuwachs verstanden und nicht ausgegeben, sondern „investiert" oder an- gelegt.

2.5 Software „Liquana“

Die Software „Liquana“ (www.liquana.de) basiert auf den Entwicklungen eines Steuer- beraters um sich uber die gesamte steuerliche Situation eines Kunden einen Uberblick zu verschaffen. Erweitert um die Bedurfnisse eines Vermogensverwalters wurde die Software weiter zu einem Finanzplanungsinstrument ausgebaut. Die Software wurde gewahlt, um einerseits die Kosten moglichst gering zu halten (99,- €/Monat pro Lizenz) und gleichzeitig einen moglichst hohen Grad an Individualitat zu gewahrleisten. Die individuellen Anpassungs- und Erweiterungsmoglichkeiten werden durch die Schnitt- stelle zu Microsoft Excel sichergestellt. Ist das Grundkonzept einmal aufgestellt, kon- nen beliebige Anderungen in Excel hinzugefugt werden.

Die eigentlichen Leistungsmerkmale von Liquana werden mit dem Aufbau des Bei- spiels in den Kapitel 4 und 5 schrittweise und ausfuhrlich erklart.

Eine aktuelle Version von Liquana ist auf der Homepage der Firma zu erhalten - um eine uneingeschrankte Nutzung der Software erfahren zu konnen ist ein „Dongle“ not- wendig, der die Registrierung als Nutzer und damit die Entrichtung der Lizenzgebuhr voraussetzt. Ein „Dongle“ liegt der Arbeit nicht bei. Die Betrachtung der Beispieldatei ist moglich - lediglich Rechenoperationen konnen nicht durchgefuhrt werden.

[...]


1 Vgl. 2.1 Definition Vermogensverwaltung und Vermogensberatung.

2 Vgl. 2.2 Komplexitat des Financial Planning.

3 Vgl. 2.3 Bedarfsanalyse.

4 Vgl. 2.4 Individual-psychologische Problemstellungen.

5 Vgl. 2.5 Software „Liquana“.

6 Z.B. Wertpapiere und Beteiligungen.

7 “Merkblatt uber die Erteilung einer Erlaubnis zum Erbringen von Finanzdienstleistungen gemaB § 32 Abs. 1 KWG”, Deutsche Bundesbank, August 2002, Seite 4.

8 “Merkblatt uber die Erteilung einer Erlaubnis zum Erbringen von Finanzdienstleistungen gemaB § 32 Abs. 1 KWG”, Deutsche Bundesbank, August 2002, Seite 10ff.

9 Vgl. 2. Krauss, Peter J. - „Neue Kunden mit Financial Planning - Strategien fur die erfolgreiche Finanz- und Vermogensberatung“, S. 1 ff.

10 Vgl. Kruschev, Wesselin - „Private Finanzplanung - Die Neue Dienstleistung fur anspruchsvolle An- leger“, S.17.

11 Vgl. Kruschev, Wesselin - „Private Finanzplanung - Die Neue Dienstleistung fur anspruchsvolle An- leger“, S.17.

12 Vgl. Bockhoff, Michael - „Der Finanzplaner - Handbuch der privaten Finanzplanung und individuellen Finanzberatung“, S. 32ff.

13 Vgl. 2. Krauss, Peter J. - „Neue Kunden mit Financial Planning - Strategien fur die erfolgreiche Fi- nanz- und Vermogensberatung“, S. Vff.

14 Vgl. Kapitel 3.

15 Als Bedarfsermittlung soll hier die Erfragung der Kundenziele und -wunsche verstanden werden. Dazu zahlen beispielsweise die Risikoneigung des Kunden, gewunschte Anlagedauer usw. (vgl. dazu 4.3.4 Profil).

16 Der Aufbau dieser Tabellen ist so individuell, dass fur diese Arbeit kein theoretischer oder praktischer Wert entnommen werden kann.

17 Die formulierten Ziele und Wunsche beziehen sich auf eine Finanzplanung fur privat Personen.

18 Als Marktteilnehmer am Standort Hildesheim sollen in diesem Fall die ansassigen GroBbanken, Spar- kassen und Volksbanken verstanden werden. Andere - vom Bundesaufsichtsamt fur das Finanzwesen -

zugelassene und zertifizierte Vermogensverwalter existieren in der Region Hannover und Umgebung

nicht. Strukturvertriebe und vermeintliche Anlagelageberater werden in diesem Zusammenhang aufgrund ihrer Leistungsfahigkeit nicht als Konkurrenz gesehen.

19 In der finanztheoretischen Forschung dienen solche Theorien dazu, gewisse Phanomene besser zu er- klaren, zu verstehen - und dann zu prognostizieren. Mehr dazu und zahlreiche Quellenangaben bieten zwei Essays, beide aus dem Journal of Economic Literature, vol. XXXVI (Marz 1998): Mathew Rabin - „Psychology and Economcs“ - S. 11-46 und John Elster - „Emotions and Economic Theory“ - S. 47-74. Ein vielbeachtetes Buch stammt von Richard H. Thaler - „The Winners Curse - Paradoxes and Anoma­lies of Economic Life“ - Macmillan, New York, 1992.

20 Vgl. Spremann, Klaus - „Vermogensverwaltung“ - Munchen, Wien, 1999, S. 163.

21 Vgl. Spremann, Klaus - „Vermogensverwaltung“ - Munchen, Wien, 1999, S. 163f.

22 Vgl. grundsatzlich Brauchlin, E.; Heene, E. - „Problemlosungs- und Entscheidungsmethodik“ - 4. Auf- lage - Bern, Stuttgart, Wien, 1995 und Spremann, Klaus - „Vermogensverwaltung“ - Munchen, Wien, 1999, S. 163f.

23 Vgl. grundsatzlich Gomez, P.; Probst, G. - „Die Praxis des ganzheitlichen Problemlosens“ - 3. Auflage - Bern, Stuttgart, Wien, 1999 und Spremann, Klaus - „Vermogensverwaltung“ - R. Oldenbourg Verlag Munchen Wien, 1999, S. 164f.

24 Vgl. Spremann, Klaus - „Vermogensverwaltung“ - Munchen, Wien, 1999, S. 164f.

25 Vgl. Krauss, Peter J. - „Neue Kunden mit Financial Planning - Strategien fur die erfolgreiche Finanz- und Vermogensberatung“ - Wiesbaden, 2003, S. 13.

26 Vgl. Krauss, Peter J. - „Neue Kunden mit Financial Planning - Strategien fur die erfolgreiche Finanz- und Vermogensberatung“ - Wiesbaden, 2003, S. 13.

27 „Neue Kunden mit Financial Planning - Strategien fur die erfolgreiche Finanz- - Betriebswirtschaftlicher Verlag Dr. Th. Gabler GmbH, Wiesbaden, 2003, S.

Ende der Leseprobe aus 113 Seiten

Details

Titel
Möglichkeiten und Grenzen des Financial Planning in der Vermögensverwaltung und -beratung
Untertitel
Unterstützt und dargestellt durch den Einsatz der Software "Liquana"
Hochschule
Private Fachhochschule für Wirtschaft und Technik Vechta-Diepholz-Oldenburg; Abt. Vechta
Note
2,4
Autoren
Jahr
2003
Seiten
113
Katalognummer
V159298
ISBN (eBook)
9783640726462
ISBN (Buch)
9783640726578
Dateigröße
1606 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Möglichkeiten, Grenzen, Financial, Planning, Vermögensverwaltung
Arbeit zitieren
Leif Richter (Autor:in)Marcus Graffius (Autor:in), 2003, Möglichkeiten und Grenzen des Financial Planning in der Vermögensverwaltung und -beratung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/159298

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