Bedeutung, Potenzial und Praxis eines nachhaltigen Ökotourismuskonzepts in Ecuador am Beispiel der Reserva Natural Maquipucuna


Magisterarbeit, 2010

105 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Problemstellung
1.1 Thematische Vorgehensweise
1.2 Bearbeitungsmethode

2 Theoretische Einführung
2.1 Historischer Überblick über die Entwicklung des internationalen Tourismus
2.2 Das Ökotourismuskonzept
2.2.1 Ökotourismus und Nachhaltigkeit
2.2.2 Ökotouristische Zielgebiete
2.2.3 Naturschutz durch Ökotourismus
2.2.4 Akteure eines nachhaltigen Ökotourismusmanagement
2.2.5 Untersuchungsrahmen für gute Praxis bei der Entwicklung eines nachhaltigen Ökotourismuskonzepts

3 Ökotouristisches Potenzial Ecuadors
3.1 Physisch-geographische Bedingungen
3.1.1 Geographische Lage
3.1.2 Topographie
3.1.3 Der Einfluss der Meeresströmungen auf das Klimageschehen in Ecuador
3.2 Zielgebietskriterien
3.2.1 Kriterium 1: Natürlicher Ausstattung
3.2.2 Kriterium 2: Zusätzliche Attraktionen
3.2.3 Kriterium 3: Erreichbarkeit/Infrastruktur
3.2.4 Kriterium 4: Klima
3.2.5 Kriterium 5: Politische und soziale Rahmenbedingungen

4 Bedeutung einer nachhaltigen Entwicklungsstrategie für Ecuador
4.1 Sozio-ökonomische Bedeutung
4.1.1 Wirtschaftsgeschichte Ecuadors: Eine Geschichte von steilen Aufschwüngen und tiefen Einbrüchen einer exportorientierten Volkswirtschaft
4.1.2 ( Öko-)Tourismus in Ecuador: Stabilisator in einer Instabilen Wirtschaft?
4.2 „Hotspot“ Ecuador: Rettung der Vielfalt durch Tourismus?

5 Naturschutzpolitik in Ecuador
5.1 Tourismus und Naturschutz in Ecuador
5.2 Correa: „ El futuro de este país es el turismo”
5.3 Ökotourismus auf privater Ebene

6 Fundación Maquipucuna
6.1 Entstehungsgeschichte
6.2 Ziele und Strategien der Fundación Maquipucuna
6.2.1 Der Choco-Anden Korridor
6.2.1.1 Konservierungs- und Aufforstungsmaßnahmen
6.2.1.2 Handel mit Verschmutzungsrechten
6.2.1.3 Organischer Schattenkaffee
6.2.1.4 Bildung
6.2.1.5 Wissenschaftliche Forschung
6.2.1.6 Unterstützung von Schutzmaßnahmen und unternehmerischer Aktivitäten in der Umgebung des Reservats
6.3 Ökotourismusprogramm der Fundación Maquipucuna
6.3.1 Ökotouristisches Potenzial der Reserva Natural Maquipucuna
6.3.1.1 Kriterium 1: Natürliche Ausstattung
6.3.1.2 Kriterium 2: Zusätzliche Attraktionen
6.3.1.3 Kriterium3: Erreichbarkeit und Infrastruktur
6.3.1.4 Kriterium 4: Klimatische Verhältnisse
6.3.1.5 Kriterium 5: Soziale Rahmenbedingungen
6.3.2 Ökotourismusprojekt der FM: Ziele und Strategien
6.3.3 Nachhaltigkeit des Ökotourismuskonzepts Maquipucuna im Bereich Naturschutz ...
6.3.4 Ökonomische Nachhaltigkeit des Ökotourismuskonzepts Maquipucuna
6.3.5 Nachhaltigkeit des Ökotourismusprojekts Maquipucuna in Bezug auf die sozio-ökonomische Entwicklung der lokalen Bevölkerung
6.3.6 Nachhaltigkeit des Ökotourismusprojekts Maquipucuna in Bildung und Forschung
6.3.7 Nachhaltigkeit des Ökotourismuskonzepts Maquipucuna bei Infrastruktur und Dienstleistung
6.3.8 Besondere Probleme, Mängel und Herausforderungen bei der Umsetzung des Ökotourismuskonzepts der Fundación Maquipucuna
6.3.9 Erreichte Ziele und Status

7 Schlussfolgerungen

8 Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1 Magische Fünfeck-Pyramide einer nachhaltigen touristischen Entwick-

Abb. 2 Naturgemälde der Anden nach Alexander von Humboldt

Abb. 3 Klimazonen und Vegetationsgürtel an der Küste Ecuadors

Abb. 4 Entwicklung des Bruttoinlandprodukts Ecuadors

Abb. 5 Handelsbilanz Ecuadors

Abb. 6 Gastarbeiterüberweisungen nach Ecuador

Abb. 7 Deviseneinnahmen einzelner Wirtschaftsektoren

Abb. 8 Entwicklung internationaler Touristenankünfte und Deviseneinnahmen in Ecuador

Abb. 9 Saisonale Schwankungen bei den Touristenankünften in Ecuador

Abb. 10 Die 25 Hotspots der Erde

Abb. 11 Entwicklung der Touristenzahlen auf den Galápagos-Inseln

Abb. 12 Maquipucuna und Cuanca Alta Rio Guayllabamba

Abb. 13 Monatliche Einnahmen aus dem Tourismusbetrieb der Fundación Ma-

Abb. 14 Touristenankünfte im Reservat Maquipucuna

Abb. 15 Anzahl der Übernachtungen im Reservat Maquipucuna

Tabellenverzeichnis

Tab. 1 Internationale Touristenankünfte

Tab. 2 Begriffe alternativer Tourismusformen im englischen Sprachgebrauch

Tab. 3 Prinzipien des Ökotourismus

Tab. 4 Kriterien für das touristische Potenzial eines Schutzgebiets

Tab. 5 Schutzgebietskategorien des IUCN

Tab. 6 Artendichte der Wirbeltiere

Tab. 7 Anteil der wichtigsten Exportprodukte Ecuadors an den Gesamtexport-

Tab. 8 Internationale Touristenankünfte und daraus generierte Einnahmen in Ecuador im Vergleich wichtiger lateinamerikanischer Staaten

Tab. 9 Wanderwege der Reserva Natural Maquipucuna

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Problemstellung

Im Vergleich zu seinen südamerikanischen Nachbarstaaten führt Ecuador als Tourismusdesti- nation eher eine untergeordnete Rolle. Abseits der Galápagos-Inseln verirren sich vergleichs- weise wenige internationale Touristen auf das ecuadorianische Festland. Lateinamerikaurlau- ber, die die Anden erleben wollen, zieht es meist nach Peru oder Bolivien; wer in den tropi- schen Regenwald will, geht häufiger nach Brasilien und wer an Palmenstränden Erholung sucht, den lockt es eher nach Mexico oder auf die Karibischen-Inseln. Dabei bietet Ecuador eine schier unglaubliche Vielfalt: tropischer Regenwald und Wüste, eisbedeckte Berggipfel und weite, fruchtbare Ebenen, feuchte Berg- und Nebelwälder und ausgedorrte Trockenwäl- der. Alles liegt nur wenige Fahrstunden voneinander entfernt. Kein Land der Erde hat eine größere Artendichte als Ecuador.

Allerdings hat auch kein Land auf dem amerikanischen Kontinent eine höhere Entwaldungs- rate als Ecuador. Hinzu kommt, dass Ecuador gekennzeichnet ist von politischen und wirt- schaftlichen Krisen. Präsidenten wurden reihenweise gestürzt und die Wirtschaft erlitt regel- mäßig tiefe Einbrüche. Ecuador ist ein Land, in dem das ganze Jahr über gesät und geerntet wird, aber gleichzeitig viele Menschen hungern. Es ist ein Land, das zu den größten Erdölex- porteuren des Kontinents zählt und zugleich an Energieknappheit leidet, ein Land, das von seinen Bewohnern geliebt, aber millionenfach verlassen wird, weil seine Bewohner in den USA oder Europa eine bessere Zukunft suchen. All dies deutet darauf hin, dass Ecuador bis- her noch weit davon entfernt ist, einen nachhaltigen Entwicklungsprozess zu vollziehen; we- der ökologisch, noch wirtschaftlich oder sozial.

Seit etwa zwei Jahrzehnten setzen weltweit sowohl Entwicklungs- als auch Naturschutzorga- nisationen auf die Schaffung und den Ausbau eines nachhaltigen Ökotourismus. Gerade in Entwicklungs- und Schwellenländer, so die Hoffnung, könne ein solches Konzept einen be- deutenden Beitrag für eine nachhaltige wirtschaftliche, ökologische und soziale Entwicklung leisten.

Zielsetzung dieser Arbeit ist es, in Erfahrung zu bringen, ob Ökotourismus einen sinnvollen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung Ecuadors leisten kann und wie sich ein nachhaltiges Ökotourismuskonzept in der Praxis umsetzen lässt. Dazu soll folgenden Fragen nachgegangen werden:

- Welches natürliche Potenzial bietet Ecuador für eine erfolgreiche Entwicklung des Ökotourismus?
- Welche ökologische und sozio-ökonomische Bedeutung hat die Entwicklung eines nachhaltigen Ökotourismuskonzepts für Ecuador?
- Welche Bedeutung wird der Entwicklung eines nachhaltigen Tourismus von Sei- ten der Politik beigemessen und welche Strategien verfolgt diese?
- Wie lässt sich ein nachhaltiges Ökotourismuskonzept praktisch umsetzen?

1.1 Thematische Vorgehensweise

Nach einer theoretischen Einführung in das Konzept eines nachhaltigen Ökotourismus werden sich die ersten Kapitel der Arbeit mit dem Potenzial und der Bedeutung des Ökotourismus für das ecuadorianische Festland beschäftigen. Nach dieser großräumigen Betrachtung soll sich der Fokus anschließend auf die Mikroebene richten und anhand eines Praxisbeispiels unter- sucht werden, ob und wie sich ein nachhaltiges Ökotourismuskonzept praktisch umsetzen lässt.

Zu Beginn soll in Kapitel 2 der theoretischen Einführung der Begriff des „Ökotourismus“ klar definiert und dessen Prinzipien dargelegt werden. Dazu wird zunächst die Evolution des Tourismus unter besonderer Berücksichtigung der Tourismusentwicklung in Entwicklungs- ländern betrachtet. Alternative Tourismusformen werden vorgestellt und Nachhaltigkeitskrite- rien im Bereich Tourismus dargestellt. Anschließend wird auf die unterschiedliche Verwen- dung des Begriffs „Ökotourismus“ eingegangen, bevor er definiert wird und notwendige Prin- zipien aufgezeigt werden. Ferner werden die verschiedenen Akteure im Bereich Ökotouris- mus vorgestellt und Kriterien für das ökotouristische Potenzial benannt. Abschließend soll der Analyserahmen der Welttourismusorganisation der Vereinten Nationen UNWTO für gute Praxis bei der Entwicklung eines nachhaltigen Ökotourismuskonzepts vorgestellt werden, anhand dessen am Ende der Arbeit die Fallstudie Maquipucuna untersucht wird.

Im anschließenden Kapitel 3 soll das natürliche Potenzial Ecuadors für eine erfolgreiche Entwicklung des Ökotourismus untersucht werden. Dazu soll nicht nur das Potenzial beschrieben werden, sondern auch auf die physisch-geographischen Gegebenheiten in Ecuador eingegangen werden, die das natürliche Potenzial Ecuadors maßgeblich bestimmen. Anschließend wird Ecuador anhand der im vorherigen Kapitel beschriebenen ökotouristischen Zielgebietskriterien untersucht.

Um die mögliche sozio-ökonomische Bedeutung des Ökotourismus für Ecuador zu ergrün- den, soll in Kapitel 4 zunächst ein Blick auf die wirtschaftliche Entwicklung des Landes seit seiner Unabhängigkeit geworfen werden. Anschließend soll auf die Struktur der ecuadoriani- schen Wirtschaft und auf aktuelle sozio-ökonomische Probleme und Herausforderungen ein- gegangen werden. Zudem wird die Rolle des Tourismus in der ecuadorianischen Wirtschaft genauer untersucht.

Zur Untersuchung der möglichen ökologischen Bedeutung des Ökotourismus soll auf die Gefahren für die natürliche Vielfalt in Ecuador und die wesentlichen Ursachen für die Zerstörung der ecuadorianischen Wälder eingegangen werden.

Wesentlich für eine erfolgreiche Entwicklung des Ökotourismus ist neben der natürlichen Ausstattung auch welche Bedeutung die Politik diesem Sektor beimisst. Deshalb soll in Kapi- tel 5 auf die vergangene sowie aktuelle Naturschutz- und Tourismuspolitik Ecuadors einge- gangen werden.

Anhand des Fallbeispiels der Reserva Natural Maquipucuna soll in Kapitel 6 aufgezeigt wer- den, wie eine private Organisation versucht, durch die praktische Umsetzung eines nachhalti- gen Ökotourismuskonzepts die ökologische, ökonomische und soziale Situation in einer länd- lichen Region Ecuadors zu verbessern. Neben den Zielen und Strategien der Fundación Ma- quipucuna FM soll das Tourismusprojekt anhand des Analyserahmens der UNWTO einem Praxistest unterzogen werden. Ziel ist es herauszufinden, ob das Projekt tatsächlich ökolo- gisch, sozial und wirtschaftlich nachhaltig ist, welche Ziele erreicht wurden und welches die größten Probleme und Herausforderungen bei der Umsetzung des Projekts sind.

Abschließend sollen die gewonnenen Erkenntnisse zusammengefasst und im Hinblick auf die oben gestellten Leitfragen bewertet werden.

1.2 Bearbeitungsmethode

Bis einschließlich Kapitel 5 beruht die Bearbeitung im Wesentlichen auf dem Studium eng- lisch-, spanisch- und deutschsprachiger Quellen. Neben Lehrbüchern und Monographien sind dies vor allem wissenschaftliche Aufsätze aus Sammelwerken und Zeitschriften. Da von Sei- ten des Autors besonderer Wert auf Aktualität der Arbeit gelegt wurde, spielen auch Informa- tionen, die z.B. von verschiedenen internationalen Organisationen oder Ministerien im Inter- net veröffentlicht wurden, eine bedeutende Rolle. Vereinzelt fließen auch eigene Erfahrungen des Autors mit ein, die dieser bei zwei längeren Aufenthalten in Ecuador, zwischen Septem- ber 2006 und März 2007 sowie zwischen September 2009 und November 2009, gemacht hat.

Im sechsten Kapitel beruhen alle Informationen, die nicht genauer durch Literaturangaben verifiziert sind, auf Informationsmaterial, die dem Autor von der Fundación Maquipucuna zur Verfügung gestellt wurden, und auf eigenen Untersuchungen und Erfahrungen. Ferner fließen zahlreiche Informationen aus Gesprächen mit Verantwortlichen der Administration und mit den Angestellten des Ökotourismusbetriebs in die Bearbeitung und die Bewertung ein. Zur Bearbeitung dieses Kapitels hielt sich der Autor im September/Oktober 2009 für fünf Wochen im Reservat Maquipucuna auf. Als sehr hilfreich erwies sich dabei, dass er sich be- reits im Jahre 2006 für vier Monate im Reservat Maquipucuna aufhielt und in dieser Zeit an der Umsetzung des Ökotourismusbetriebs und an verschiedenen Projekten der FM mitgewirkt hat. Schon damals konnten so tiefere Einblicke in den Ökotourismusbetrieb der FM und die Arbeits- und Lebensweise vor Ort gewonnen werden. Dies erleichterte die Arbeit in vielerlei Hinsicht. So konnten etwa Entwicklungsprozesse mit eigenen Augen überprüft und kritisch hinterfragt werden. Als noch wichtiger für die Arbeit wirkte sich jedoch aus, dass bereits ein Vertrauensverhältnis zwischen Angestellten und dem Autor bestand. Nur so konnten Gesprä- che offen geführt werden und auch Probleme angesprochen werden, die den Touristen bei kurzen Aufenthalten meist verborgen bleiben.

2 Theoretische Einführung

Als die Welttourismusorganisation der Vereinten Nationen UNWTO das Jahr 2002 zum „In- ternationalen Jahr des Ökotourismus“ erklärte, hatte der moderne Tourismus bereits einen langen Entwicklungsprozess hinter sich. In seiner Begründung hob die UNWTO die ökologi- sche, ökonomische und soziale Bedeutung dieses noch recht jungen Tourismussegments her- vor und verwies auf dessen dynamisches Entwicklungspotenzial (UNWTO 2001: 9). In den Jahrzehnten zuvor galt der Tourismus mal als Segen und mal als Fluch. Zum einen wurde die enorme ökonomische Bedeutung des Tourismus für die Weltwirtschaft und insbe- sondere für die wirtschaftliche Entwicklung von Entwicklungsländer betont, zum anderen wurden die negativen Effekte für Mensch und Umwelt, die der moderne Massentourismus mit sich brachte, immer mehr Anlass zur Kritik. Alternative Formen des Tourismus wurden ge- sucht, welche die ökonomischen Vorteile des Tourismus nutzen und zugleich die negativen auf die Natur und die Menschen minimieren. Mit dem „Internationalen Jahr des Ökotouris- mus“ machte die UNWTO deutlich, dass für die Vereinten Nationen der Ökotourismus in dieser Hinsicht eine bedeutende Rolle spielen könne.

Doch wie müsste der Ökotourismus ausgestaltet sein, damit er genau diese Anforderungen erfüllen kann?

Dazu soll zunächst anhand eines kurzen geschichtlichen Überblicks über die Entwicklung des internationalen Tourismus die Bedeutung, das Potenzial und die Problematik des Tourismus im Allgemeinen und mit besonderer Berücksichtigung von Entwicklungsländern aufzeigt werden. Anschließend findet eine Annäherung an den Begriff des Ökotourismus als alternative Tourismusform statt und es werden Voraussetzungen und Prinzipien definiert.

2.1 Historischer Überblick über die Entwicklung des internationalen Tourismus

Mit der Bahnreise von Leicester nach London im Jahre 1845 begann ein neues Kapitel in der Geschichte des Tourismus: Der modernen Massentourismus war geboren. Als Wegbereiter für diese neue Form des Reisens gelten die im Zuge der Aufklärung beginnende bürgerliche Bildungsreise und der zu Beginn des 19. Jahrhundert aufkommende Naturtourismus, der ne- ben dem Naturerlebnis auch erstmals das Bedürfnis nach Ruhe und Erholung befriedigen soll- te. Dies gewann mit zunehmender Industrialisierung und Verstädterung immer mehr an Be- deutung (HACHTMANN 2007: 61).

1841 organisierte Thomas Cook, Wanderprediger einer Baptistengemeinde, erstmals eine Bahnreise für eine Gruppe von 570 Personen, um vor den Gefahren des Alkoholmissbrauchs zu warnen. Während Cook seine ersten Gruppenreisen aus rein religiösen Motiven durchführ- te, entdeckt er bald den kommerziellen Wert solcher Gruppenreisen. So kam es, dass er 1845 erstmals eine Eisenbahnreise aus rein kommerziellen Gründen organisierte. Mit der Zeit ent- wickelte Cook immer neue Formen, um einer breiten Bevölkerungsschicht Reisen zu günsti- gen Konditionen anbieten zu können. Ab 1855 nahm er Reisen nach und durch Europa in sein Sortiment auf, 1862 mietete er Massenunterkünfte für seine Kunden und begründete damit die Pauschalreise. 1869 gelang ihm mit einer Reise zum Nil der Sprung über die Grenzen Euro- pas, wo er 1890 mit 15 Dampfschiffen das Monopol auf Nilkreuzfahrten besaß (HACHTMANN 2007: 68f).

Dem modernen Massentourismus schienen keine Grenzen gesetzt zu sein. Seit den 1950er Jahren stieg die Zahl der internationalen Tourismusankünfte rasant an (vgl. Tab. 1).

Tab. 1: Internationale Touristenankünfte (in Mio.)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: UNWTO 2006.

Bis in die 1960er Jahre entstand eine euphorische Stimmung über die Potenziale des Tourismus für die Weltwirtschaft. Insbe- sondere für weniger entwickelte Länder sah man hierin eine große Chance (SHARPLEY/TELFER 2008: 31). Man entdeckte den Tourismus als möglichen Wachstumspol für die Erreichung der Take-off-Phase für Entwicklungsländer im Sinne der Moderni- sierungstheorien (SHARPLEY/TELFER 2008: 11f). Dabei wurde dem Tourismus eine Reihe von Vorteilen beigemessen:

- Der Tourismus steigert die Deviseneinnahmen und bietet damit die Möglichkeit, die eigene Zahlungsbilanz aufzubessern (SHARPLEY/TELFER 2008: 17).
- Der Tourismus ist eine sehr arbeitsintensive Industrie. Es entstehen Arbeitsplätze di- rekt in der Tourismusindustrie und indirekt, etwa bei Handwerkern oder anderen Pro- duzenten und Dienstleistern, die vom Konsum der Touristen profitieren (GORMSEN 1996: 26).
- Da Touristen und Investitionen in den Tourismussektor meist aus Industriestaaten kommen, trägt der Tourismus zur Verteilung des weltweiten Reichtums bei (SHARPLEY/TELFER 2008: 19).
- Zudem galt der Tourismus lange als „weiße Industrie“. Er versprach die Möglichkeit für Entwicklungsländer, eine nachholende Entwicklung zu erlangen und gleichzeitig auf umweltverschmutzende Industriezweige weitgehend verzichten zu können (BACKES/GOETHE 2000).

Doch schon Ende der 1960er Jahre und in den 1970er Jahren wurden erste warnende Stimmen laut, die auf die negativen Effekte, die der schnell wachsende internationale Tourismus mit sich brachte, eingingen:

- Durch den Import von Gütern und Dienstleistungen für den touristischen Bedarf, die nicht im Zielland selbst bereitgestellt werden können, fließt ein Großteil der Deviseneinnahmen wieder ab. Diese sogenannte Sickerrate beträgt in Entwicklungsländern nach Schätzungen einiger Autoren bis zu 70 % (GORMSEN 1996: 25f).
- Der Tourismus ist extrem abhängig von externen Effekten, wie politische Unruhen, Naturkatastrophen oder Terroranschlägen.
- Die wachsende Bedeutung des Tourismussektors in Entwicklungsländern führt zu ei- ner neuen Abhängigkeit von Industrieländern (SHARPLEY/TELFER 2008: 3).
- Die Saisonalität des Tourismus sorgt für schwankende Einnahmen und unsichere Ar- beitsverhältnisse (GORMSEN 1996: 27).
- Der Tourismus führt zu extremen Schäden an der Natur und Umwelt und hat teilwei- se verheerende Auswirkungen auf die sozialen und kulturellen Lebensbedingungen der lokalen Bevölkerung (BACKES/GOETHE 2000).

Immer deutlicher wurde das Dilemma, in dem die Tourismusentwicklung steckte. Zum einen bestand zweifellos ein großes ökonomisches Potenzial in der weiteren Entwicklung des Tou- rismus, insbesondere für Entwicklungsländer, zum andern wurde deutlich, dass häufig ledig- lich die lokalen Eliten und internationalen Unternehmen tatsächlich wirtschaftlich vom Tou- rismus profitieren, während die arme, meist ländliche Bevölkerung die sozialen Kosten und die Kosten der Umweltzerstörung durch den Massentourismus zu tragen hat (SHARPLEY/TELFER 2008: 4). Als Reaktion darauf entwickelten sich in den 1980er Jahren vermehrt alternative Formen des Tourismus, die als Gegenpol zum Massentourismus gesehen werden können. Laut MIECZKOWSKI (1995: 457ff) ist alles, was nicht Massentourismus ist, alternativer Tourismus. Typische Merkmale für alternative Tourismusformen sind kleine Gruppen, geringe Intensität und ihre Verbreitung auf ländliche Gebiete. Zudem sprechen al- ternative Tourismusformen meist ein spezielles Klientel an, welches ein bestimmtes Interesse verfolgt, überdurchschnittlich gebildet ist und über ein relativ hohes Einkommen verfügt. Typische Formen des alternativen Tourismus sind etwa der Kulturtourismus, Bildungstourismus, Wissenschaftstourismus, Abenteuertourismus oder Agrartourismus. Dabei kann es Überschneidungen und unterschiedliche Ausprägungen alternativer Tourismusformen geben. Neben den genannten alternativen Tourismusformen kam vor allem im englischsprachigen Raum eine Vielzahl weiterer Begriffe auf, die sich auf drei unterschiedliche Dimensionen beziehen: das Zielgebiet, die Auswirkungen oder bestimmte Interessen und Aktivitäten der Touristen (Arbeitsgruppe Ökotourismus 1995: 35f) (vgl. Tab.2).

Viele dieser genannten Tourismusformen können in irgendeiner Weise mit dem Begriff des Ökotourismus in Verbindung gebracht werden, teilweise werden sie sogar gleichgesetzt. So macht LINDBERG (1991: 4) keine Unterscheidung zwischen Ökotourismus und Naturtouris- mus, während DRUMM (1991: 9) den Begriff Ökotourismus verwendet, um eine klare Abgrenzung zum allgemeineren Begriff des Naturtourismus herzustellen. Für ihn ist Na- turtourismus lediglich eine touristische Ak- tivität in naturnahen Gebieten.

Welche Aktivitäten dort stattfinden und welche Auswirkungen diese haben, wird hier nicht berücksichtigt. Hieran wird ein grundlegendes Problem bei der Verwendung des Ökotourismus-Begriffs deutlich. Die vielfältige Verwendung des Begriffs, die nach MÜLLER (1998: 13) „babylonische“ Ausmaße erreicht hat, birgt die Gefahr, dass der Begriff Ökotourismus lediglich aus

Tab. 2: Begriffe alternativer Tourismusformen im englischen Sprachgebrauch

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Arbeitsgruppe Ökotourismus 1995: 36.

Marketinggründen für eine Vielzahl unterschiedlicher Tourismusformen verwendet wird, ohne dass deutlich wird, was sich tatsächlich hinter diesem Begriff verbirgt.

2.2 Das Ökotourismuskonzept

Der Begriff des Ökotourismus geht bis zum Beginn der 1980er Jahre zurück. 1983 verwendete der mexikanische Wissenschaftler Héctor Ceballos-Lascurain erstmals den spanischen Terminus ‚ecoturisimo’, eine Kurzform, der von ihm seit 1981 verwendeten Bezeichnung ‚turismo ecológico’ für bestimmte ökologische Reiseformen (NEIL/WEARING 1999: 4). Auf ihn geht auch die erste wissenschaftliche Definition des Begriffs zurück:

„[Ökotourismus ist] Reisen in relativ ungestörte Gebiete oder unverschmutzte natürliche Gebiete mit der bestimmten Zielsetzung, die Landschaft und ihre wilden Pflanzen und Tiere sowie vorhandene kulturelle Sehenswürdigkeiten (sowohl aus der Vergangenheit als auch aus der Gegenwart), die in diesen Gebieten gefunden werden, zu studieren, zu bewundern und zu genießen“ (CEBALLOS-LASCURAIN 1987: 4, zit. nach: KURTE 2002: 22).

Wie beim Naturtourismus werden hier natürliche Gebiete als Zielregion angegeben, wobei diesen noch Adjektive wie ‚ungestört‘ und ‚unverschmutzt‘ zugefügt werden und auf das Vorhandensein wilder Tiere, Pflanzen und kultureller Sehenswürdigkeiten hingewiesen wird. Zudem wird mit den Aktivitäten, die vor Ort stattfinden, eine zweite Dimension angespro- chen. So soll neben dem Naturgenuss und der Bewunderung für Natur und Kultur diese auch aktiv studiert werden (KURTE 2002: 22f). Durch die Spezifizierung des Zielgebiets und die dort stattfindenden Aktivitäten lässt sich der Ökotourismus als Unterform des Natur- tourismus bezeichnen. Allerdings wird in dieser frühen Definition eine dritte Dimensi- on noch vollkommen außer Acht gelassen: die der Auswirkungen des Tourismus auf die Natur und die Menschen vor Ort. Bei der

Tab. 3: Prinzipien des Ökotourismus

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1990 gegründeten Internationale Ecotourism Society TIES findet diese Dimension bereits Berücksichtigung. Nach ihrer Definition ist Ökotourismus:

„ Responsible travel to natural areas that conserves the environment and improves the well-being of local people“ (TIES 1990).

Diese sehr knappe Definition beschreibt das Zielgebiet als ‚natürliche Gebiete‘, ohne genauer darauf einzugehen. Auch werden keine Aktivitäten explizit genannt, allerdings sollen sie ‚ver- antwortlich‘ durchgeführt werden und einem bestimmten Ziel dienen, womit die dritte Di- mension angesprochen wird. Der Ökotourismus soll helfen die ‚Umwelt zu schützen‘ und das ‚Wohlbefinden der lokalen Bevölkerung zu verbessern‘.

Die dritte Dimension ist anders als die ersten beiden Dimensionen nicht rein deskriptiv, sondern fügt der Definition eine normative Ebene hinzu. Mit Hilfe des Ökotourismus sollen bestimmte Ziele erreicht und Wunschvorstellungen und Erwartungen erfüllt werden (KURTE 2002: 34). Durch das Hinzufügen einer normativen Ebene stellt sich für CATER (1994: 3ff) die Frage, ob so aus dem Produkt Ökotourismus nicht eher ein Prinzip wird. Tatsächlich fügen die meisten Autoren ihrer Definition zum Ökotourismus eine Reihe von Prinzipien hinzu, ohne welche die Bedingungen für die Beschreibung eines Ökotourismuskonzepts im engeren Sinne nicht erfüllt sind (vgl. Tab. 3). Dabei sollten laut TIES (1990) alle Akteure, die am Ökotourismus teilnehmen, diesen Prinzipien folgen, um nachhaltiges Reisen zu ermöglichen. Doch was bedeutet Nachhaltigkeit in der Tourismusindustrie?

2.2.1 Ökotourismus und Nachhaltigkeit

Bereits in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts taucht der Begriff der Nachhaltigkeit erst- mals im deutschen Sprachgebrauch auf. Er beschrieb die Bewirtschaftung des Waldes in einer Weise, in der immer nur so viel Holz geschlagen wird, wie nachwachsen kann, damit der Wald nie vollständig abgeholzt wird (TREMMEL ²2003: 62). Weltweite Anerkennung und Ver- breitung fand der Begriff der Nachhaltigkeit bzw. Sustainability durch den Brundtland- Bericht 1987. Im Auftrag der Vereinten Nationen erstellte eine Kommission um die damalige norwegische Ministerpräsidentin Gro Harlem Brundtland den Zukunftsbericht „ Unsere ge- meinsame Zukunft “. Die Kommission sah eine dauerhafte Entwicklung nur dann gegeben, wenn sie den Bedürfnissen der heutigen Generation entspricht, ohne die Möglichkeiten künf- tiger Generationen zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen und ihren Lebensstil zu wählen. Gefährdet sah die Kommission eine solche Entwicklung vor allem durch die Nut- zung natürlicher Ressourcen vieler Menschen, die ein ökologisch erträgliches Maß bei weitem übersteigt (HAUFF 1987: 46f).

Bei der UN-Konferenz 1992 in Rio de Janeiro verabschiedeten die Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen die „Agenda 21“. Danach sollten die Prinzipien der Nachhaltigkeit bei der Entwicklung politischer Strategien auf allen politischen Ebenen Berücksichtigung finden. Die Agenda 21 fand weltweite Beachtung, nicht nur auf politischer, sondern auch auf privater Ebene (SHARPLEY/TELFER 2008: 30).

Nachhaltige Entwicklung, die die Lebensbedingung aller Menschen dauerhaft verbessert, schließt ökonomische, ökologische und soziale Ziele ein, die nicht nur gleichrangig behandelt, sondern möglichst auch gleichzeitig erreicht werden sollten:

- Ökonomische Dimension: Nur durch erfolgreiches Wirtschaften kann mehr Wohl- stand generiert werden.

- Soziale Dimension: Für eine dauerhafte Entwicklung müssen die Chancen gerecht verteilt werden; zwischen arm und reich, Nord und Süd, Mann und Frau.
- Ökologische Dimension: Natürliche Ressourcen zum Wohl der Menschen müssen heute so genutzt werden, dass sie auch noch für künftige Generationen erhalten bleiben (Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit GTZ 2005: 2).

Nachhaltige Entwicklung folgt dabei drei fundamentalen Prinzipien:

- Ganzheitlichkeit: Entwicklungs- und Umweltfragen werden in einem globalen sozia- len, ökonomischen und ökologischen Kontext gesehen.
- Zukunftsfähigkeit: Der Fokus richtet sich auf die langfristige Überlebensfähigkeit des globalen Ökosystems und der in diesem System lebenden Menschen.
- Gleichheit: Entwicklung muss fair und gerecht vonstatten gehen, damit allen Mitglie- dern aller gegenwärtigen und zukünftigen Gesellschaften der Zugang und Nutzen von Ressourcen ermöglicht wird (SHARPLEY/TELFER 2008: 36).

Da diese Dimensionen und Prinzipien für alle Entwicklungsstrategien gelten sollten, stellt sich die Frage, in wieweit sie sich auf die Entwicklung der Tourismusindustrie übertragen lassen. Laut Agenda 21 gilt der Tourismus als einer der wenigen Wirtschaftsbereiche, die gute Voraussetzungen mit sich bringen, um zu mehr Nachhaltigkeit beizutragen (WOLTERS 1998: 21). Laut dem Positionspapier der deutschen Umwelt- und Entwicklungsorganisationen CSD

- Deutschland, welches sie bei der 7. Konferenz der Kommission für Nachhaltige Entwicklung CSD der Vereinten Nationen 1999 vorlegte, ist nachhaltiger Tourismus:

„…von den Grundsätzen der Erklärung von Rio über Umwelt und Entwicklung und den Empfehlungen der Agenda 21 geleitet. Er muss in Einklang mit den relevanten internationalen Abkommen und Erklä- rungen ausgestaltet sein. Nachhaltiger Tourismus muss soziale, kulturelle, ökologische und wirtschaftli- che Verträglichkeitskriterien erfüllen. Nachhaltiger Tourismus ist langfristig, in Bezug auf heutige wie auf zukünftige Generationen, ethisch und sozial gerecht und kulturell angepasst, ökologisch tragfähig so- wie wirtschaftlich sinnvoll und ergiebig“ (CSD - Deutschland 1999, zit. nach: BAUMGARTNER 2002: 4).

Doch allein der CO2-Ausstoß, der bei einer Flugreise anfällt, sorgt dafür, dass Ferntourismus allein wegen sei- ner Reiseökobilanz nicht nachhaltig sein kann (WOLTERS 1998: 20). Als möglicher Lösungsansatz gilt die Monetarisierung dieser negativen Ef- fekte, beispielsweise über Sondersteu- ern und Abgaben oder durch Einbezug des Flugverkehrs in den internationa- len Emissionshandel (BECKEN 2002:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Magische Fünfeck-Pyramide einer nachhaltigen

126). Ab 2012 werden alle Flugge- touristischen Entwicklung

Quelle: Müller 32007: 29.

sellschaften, die in der Europäischen

Union starten und landen, in den EU-Emissionshandel mit einbezogen. Ziel ist es, die Emissi- onen des Luftverkehrs um 5 % gemessen an den Jahren 2004-2006 zu reduzieren (Europäi- sches Parlament 2008). Auch wenn dies ein erster wichtiger Schritt sein mag, so müssen doch noch viele weitere folgen, um Nachhaltigkeit im Flugverkehr zu erreichen. Vor Ort kann laut Müller (32007: 28) nur dann von einer nachhaltigen Tourismusentwicklung gesprochen werden, wenn die Entwicklungsprozesse langfristig auf mehr Umweltverantwort- lichkeit, Sozialverträglichkeit und wirtschaftlicher Ergiebigkeit ausgelegt sind. Dazu entwi- ckelte er ein Zielsystem, dass er als „magische Fünfeck-Pyramide“ bezeichnet (vgl. Abb. 1). An den Eckpunkten dieser Pyramide stehen:

- Materieller Wohlstand: Einkommen, Wertschöpfung, Abbau von Disparitäten etc.
- Subjektives Wohlbefinden: Eigenständigkeit, Freiheit, Selbstverwirklichung, kultu- relle Identität, Anpassungsfähigkeit etc.
- Gästezufriedenheit: optimale Befriedigung der vielfältigen Gästeerwartungen etc.
- Natur- und Ressourcenschutz: Biodiversität, Ressourcenschutz, landschaftliche Vielfalt etc.
- Kulturelle Vielfalt: kulturelles Schaffen, Pflege einheimischer Kultur, Kulturgüter- schutz etc.

Die Entwicklung dieser fünf Eckpunkte muss zudem langfristig ausgerichtet sein, damit auch zukünftige Generationen nichts an Gestaltungsfreiheit einbüßen.

In wieweit Ökotourismus mit nachhaltigem Tourismus gleichzusetzen ist, darüber gibt es in der Literatur unterschiedliche Auffassungen (KURTE 2002: 66f). Wie bei TIES (1990) oder UNWTO (2001: 9) wird in dieser Arbeit Ökotourismus nur dann als Ökotourismus betrachtet, wenn er an den Zielen der Nachhaltigkeit ausgerichtet ist. Ökotourismus wird hier eher als eine Unterform des nachhaltigen Tourismus verstanden. Der Unterschied zwischen nachhalti- gem Tourismus und Ökotourismus besteht in der Zielregion. Während sich Ökotourismus, nach der bereits zitierten Definition von Ceballos-Lascurain auf „relativ ungestörte Gebiete oder unverschmutzte natürliche Gebiete“ mit „wilden Pflanzen und Tieren“ sowie „kulturelle Sehenswürdigkeiten“ beschränkt, ist nachhaltiger Tourismus an sich nicht auf natürliche Ge- biete beschränkt, sondern kann gleichermaßen in Kulturlandschaften führen.

2.2.2 Ökotouristische Zielgebiete

Ceballos-Lascurain deutet mit seiner Definition zum Zielgebiet zwei Punkte an. Als erstes verweist er auf die relative Ungestörtheit und Unverschmutztheit des Zielgebiets hin. Aller- dings sind solche Gebiete heute sehr rar, weshalb sich Ökotourismus in den meisten Fällen auf Schutzgebiete beschränkt. Als zweites verweist er auf das touristische Potenzial des Ziel- gebiets, in dem er das Vorhandensein wilder Tiere und Pflanzen und kulturelle Sehenswür- digkeiten erwähnt. MÜLLER (1998: 14ff) fasst eine Reihe von Kriterien für das touristische Potenzial von Schutzgebieten zusammen (vgl. Tab. 4). Neben der Außergewöhnlichkeit der Landschaft gibt es eine Reihe weiterer Faktoren, die für die Eignung eines Gebiets zur Öko- tourismusdestination zu beachten sind:

- Schutzstatus: er bestimmt die Zulässigkeit von Ökotourismus je nach Schutzkategorie
- ökologische Empfindlichkeit gegenüber touristischer Nutzung
- zu erwartende Nutzungskonflikte mit Zielen des Naturschutzes
- Vorhandensein alternativer Entwicklungsoptionen
- demographische Strukturmerkmale sowie sozio-ökonomische und institutionelle

Dazu kommen Merkmale der touristischen Aktivitäten, wie Art und Umfang des Tourismus, die zu erwartenden Umweltauswirkungen und sozio-ökonomischen Effekte sowie die Frage nach der Naturschutzkompetenz und dem touristischen Know-how der Träger.

Tab. 4: Kriterien für das touristische Potenzial eines Schutzgebiets

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: MÜLLER 1998: 14.

Besonderes Potenzial bieten möglichst unberührte einzigartige Landschaften wie tropische Regenwälder, Savannen, Wüsten oder Steppen. Viele dieser Gebiete befinden sich in Ent- wicklungs- oder Schwellenländern und sind besonders von Zerstörung bedroht, weshalb gro- ße Teile dieser potenziellen Zielgebiete zu Schutzgebieten erklärt worden sind. Doch touristische Aktivitäten in Schutzgebieten ergeben zwangsläufig Konflikte mit den Zie- len des Naturschutzes, denn jede touristische Aktivität ist ein Eingriff in die natürliche Um- welt. Nach den Prinzipien des Ökotourismus sollen dessen Auswirkungen zwar auf ein Mini- mum reduziert werden, ganz ohne Auswirkungen kommt aber auch er nicht aus. Auf der an- deren Seite kann der Ökotourismus positive Folgen für den Naturschutz haben, indem er der Natur einen ökonomischen Wert verleiht.

2.2.3 Naturschutz durch Ökotourismus

Das Dilemma der Naturschutzpolitik ist es, dass der Naturschutz allgemein als öffentliches „Gut ohne Marktpreis“ gesehen wird. Da sich der langfristige gesellschaftliche Nutzen des Naturschutzes, beispielsweise durch den Erhalt der Artenvielfalt oder dessen Beitrag zum Klimaschutz, ökonomisch nur sehr schwer beziffern lässt, hat er am Markt keine Chance ge- gen kurzfristig, wirtschaftlich klar bezifferbare Nutzungsarten, wie z.B. dem Abbau natürli- cher Ressourcen. Um diesem Marktversagen zu begegnen gibt es zweierlei Möglichkeiten: Zum einen sind dies staatliche Interventionen, die über ordnungspolitische Regelungen, wie Verbote oder Gebote, die Interessen des Naturschutzes wahren. Zum anderen sucht man nach Substituten, durch die dem Naturschutz indirekt ein Marktwert verliehen wird, wodurch man Anreize bietet, den Naturschutz wirksam umzusetzen und zu unterstützen (Arbeitsgruppe Ökotourismus 1995: 19).

Staatliche Interventionen bestehen darin, dass der Staat Gebiete zu Schutzgebieten erklärt und andere Nutzungsarten ganz verbietet oder nur insoweit zulässt, wie sie im jeweiligen Gebiet ökologische verträglich sind. Die bereits 1948 gegründete und in 140 Ländern vertretene International Union for Conservation of Nature and Natural Resources IUCN teilt die Schutzgebiete in sieben Kategorien ein, wobei sie die unterschiedlichen Kategorien danach einordnet, zu wel- chem Zweck diese dienen (Vgl. Tab. 5). Jeder Kategorie weist sie mögliche Nutzungsarten zu. Während Gebiete der Kategorie Ia ausschließlich für wissenschaftliche Forschung und Umwelt-Monitoring zugänglich sind,

Tab. 5: Schutzgebietskategorien des IUCN

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Zusammenstellung nach WWF 2008.

ist Tourismus in allen anderen Kategorien theoretisch möglich, solange die Ziele der jeweiligen Schutzkategorie nicht gefährdet werden (World Wide Fund For Nature WWF 2008).

Die Arbeitsgruppe Ökotourismus (1995: 20f) hält diese Art von staatlicher Naturschutzpoli- tik, besonders in Entwicklungsländer, aus dreierleich Hinsicht für problematisch:

- Durch die Ausschreibung eines Naturschutzgebietes verzichtet nicht nur der Staat oder kommerzielle Ressourcennutzer auf eine alternative Nutzung, sondern auch die ein- heimische, häufig indigene Bevölkerung. Sie muss auf traditionelle Jagd- und Sam- melaktivitäten verzichten und wird bei Zuwiderhandlung als Wilderer kriminalisiert. Dies kann zu einer Gegnerschaft gegenüber der Naturschutzpolitik in der Bevölke- rung führen.
- Als zweites spielt die Gefahr des Staatsversagens und die Schwächen politisch- administrativer Steuerungsmechanismen in Entwicklungsländern eine Rolle. Fehlende Kontrollkapazitäten und das Konfliktpotenzial zwischen staatlichen Akteuren und der lokalen Bevölkerung kann zu Korruption und Vetternwirtschaft führen und so Schutz- ziele aushebeln.
- Da Schutzgebiete meist in peripheren Gebieten mit häufig armer Bevölkerung liegen, birgt eine zu strenge Schutzpolitik die Gefahr, dass diesen Bevölkerungsgruppen weitere Ressourcen und damit Entwicklungsmöglichkeiten genommen werden. Die Lebensbedingungen verschlechtern sich weiter, was zu erhöhter Abwanderung aus diesen Gebieten führen kann.

Eine Schutzpolitik die sich nur auf Gebote und Verbote stützt, kann also dafür sorgen, dass das Konfliktpotenzial in der Bevölkerung steigt, Entwicklungschancen genommen werden und letztendlich die Natur dennoch nicht effektiv geschützt wird.

Da staatliche Interventionen allein negative Folgen mit sich bringen können, stellt sich die Frage nach Substituten, um dem Naturschutz einen Marktwert zu verleihen. Eine ganz neue Möglichkeit, wie man dem Naturschutz einen Marktwert verleihen könnte, geht auf die ecua- dorianische Regierung zurück. Im Jahr 2007 schlug der Staatspräsident des Landes Rafael Correa den Vereinten Nationen vor, auf die Ölförderung im besonders artenreichen Gebiet des Yasuni-Nationalpark zu verzichten, wenn das Land im Gegenzug von der Weltgemeinschaft mehr Entwicklungshilfe und Schuldenerlass bekommt. Noch gibt es keine endgültige Ent- scheidung, aber am wahrscheinlichsten erscheint heute die Einrichtung eines internationalen Treuhandfonds, in welchen Industrienationen in den kommenden Jahren 3,5 Mrd. Euro ein- zahlen sollen, was in etwa der Hälfte der Einnahmen entspräche, die Ecuador durch die För- derung des Öls generieren würde. Eine weitere Möglichkeit wäre es, den Nationalpark als CO2-Speicher in einem Post-Kyoto-Prozess in den internationalen Emissionshandel mit ein- zubeziehen (KORNEFFEL 2009: 27).

Bis es in dieser Hinsicht zu einer befriedigenden Lösung kommt, besteht die Möglichkeit Schutzgebiete aus dem Status der „Nicht-Nutzung“ zu befreien und sie stattdessen in den Sta- tus einer „Sondernutzung“ zu heben (Arbeitsgruppe Ökotourismus 1995: 21). Um das Ziel des Naturschutzes nicht zu gefährden, muss diese Nutzung nachhaltig sein. Die negativen Effekte auf die Natur und die sozio-kulturelle Umwelt müssen so gering wie möglich gehalten werden und es müssen ausreichend Einnahmen generiert werden, die dem Ziel des Natur- schutzes dienen. Dazu gehört auch, dass die lokale Bevölkerung von den Einnahmen profi- tiert, denn nur so wird sie bereit sein, auf andere, nicht nachhaltige Nutzungsarten wie Jagd oder Landwirtschaft in den zu schützenden Gebieten zu verzichten (WUNDER 2000: 466).

Dem Ökotourismus in seiner nahhaltigen Form kommt hier eine besondere Bedeutung zu. Doch wie lässt sich ein nachhaltiges Ökotourismuskonzept umsetzen, wie lassen sich die er- forderlichen Ziele und Prinzipien erreichen und welche Akteure sind an diesem Konzept be- teiligt?

2.2.4 Akteure eines nachhaltigen Ökotourismusmanagement

Wie Tabelle 3 zeigt, gilt es als erstes Prinzip für ein nachhaltiges Ökotourismusmanagement, dass die negativen Auswirkungen auf die Natur und die sozio-kulturelle Entwicklung mini- miert werden. Die Zerstörung lokaler Wirtschaftsstrukturen, Verdrängung angepasster traditi- oneller Lebens- und Wirtschaftssysteme, Migration, soziale Polarisierung und die Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlage sind nur einige dieser möglichen negativen Effekte durch den Tourismus. Die Schwere dieser möglichen negativen Auswirkungen hängt neben der Art der touristischen Aktivitäten vor allem von der Anzahl der Touristen ab. Einer vielleicht gro- ßen touristischen Nachfrage steht ein sozio-kulturell und ökologisch sehr fragiles Zielgebiet gegenüber, das eine nur sehr begrenzte Anzahl an Touristen verträgt. Der Anspruch, negative Effekte so gering wie möglich zu halten, bedeutet daher, dass sich der Ökotourismus nicht von der Nachfrage leiten lassen darf, stattdessen muss das Angebot die Nachfrage bestimmen. Ein solch angebotsorientiertes Tourismusprodukt erfordert jedoch eine genaue Planung und strenge Kontrollen (NEIL/WEARING 1999: 23).

An der Planung, im Management und bei der Kontrolle des Ökotourismus ist eine Reihe von Akteuren beteiligt, denen unterschiedliche Aufgaben zukommen.

Politische Akteure:

Der Regierung kommt bei der Forcierung, der Planung, dem Management und der Regulierung von touristischen Aktivitäten eine bedeutende Rolle zu. Als Verantwortliche für Nationalparks ist sie die einzige Institution, die langfristigen legislativen und judikativen Schutz für natürliche Ressourcen garantieren kann. Zudem kann sie Standards für die Tourismusindustrie festlegen und diese Standards kontrollieren.

Da viele Regierungen den Ökotourismus als langfristige Einnahmequelle entdeckt haben, entwickeln immer mehr Staaten nationale Entwicklungsstrategien für den Tourismus, die dabei helfen sollen, die Einnahmen langfristig zu steigern und gleichzeitig natürliche Ressourcen zu schützten. Als Werkzeuge bei der Umsetzung dieser Pläne dienen Gesetzgebung, Regulierung, Kontrolle, die Koordinierung unterschiedlicher politischer Programme, Infrastrukturmaßnahmen und Anreiz-Systeme.

Um die Nachhaltigkeit und Durchführbarkeit solcher langfristiger Strategien zu steigern, müssen alle Akteure in den Planungsprozess mit einbezogen werden, die vom Ökotourismus betroffen sind. Dazu gehören, neben den unterschiedlichen politischen Ebenen, die private Tourismusindustrie, Nichtregierungsorganisationen und die betroffene Bevölkerung vor Ort. Alle Ziele und Maßnahmen müssen die natürliche, wirtschaftliche und sozio-kulturelle Di- mension berücksichtigen. Mögliche Maßnahmen, die einer nachhaltigen Entwicklung dienen könnten, sind beispielsweise neben Regulierung und geeigneten Infrastrukturmaßnahmen, das Monitoring der touristischen Auswirkungen, Festlegung von Standards und Zulassungsbe- schränkungen für die Tourismusindustrie, Bildungsprogramme und Marketing (NEIL/WEARING 1999: 24ff).

Einen genaueren Einblick auf die Rolle des politischen Akteurs bietet das Kapitel 5 am Beispiel Ecuadors. Tourismusindustrie:

Von gesetzlichen Regulierungen besonders betroffen ist in erster Linie die Tourismusindustrie selbst. Dem kann die Tourismusindustrie mit einer geeigneten Selbstregulierung entgegen- treten. Zudem kann Selbstregulierung aus zweierlei Motiven sinnvoll sein. Zum einen aus eigenem Antrieb die Umwelt schützen zu wollen, zum anderen aber aus marketingstrategi- schen Gründen, wobei sich der Anbieter eines nachhaltigen Tourismusprodukts einen Wett- bewerbsvorteil verspricht.

Dabei gibt es unterschiedliche Arten der Selbstregulierung. Beispielsweise kann sich der An- bieter darauf verpflichten, bestimmte Verfahrensregeln und Richtlinien zu befolgen und zu- 18 dem seinen Klienten, also den Touristen, bestimmte Verhaltensregeln auferlegen. Desweite- ren kann eine übergreifende Organisation die Einhaltung bestimmter Verfahrensregeln und Richtlinien kontrolliert und fördern und Prüfsiegel vergeben. Dies bietet den Touristen eine gewisse Qualitätsgarantie und dem Anbieter einen Marketingvorteil. Eine weitere Möglichkeit bietet ein Zulassungssystem, welches reguliert, wann, wer und wie viele Touristengruppen in ein bestimmtes Gebiet reisen dürfen.

Das Hauptproblem solcher Selbstregulierungsmaßnahme bleibt jedoch, dass diese nicht ausreichend kontrolliert werden und meist nur ein Mindeststandard eingehalten wird (NEIL/WEARING 1999: 28ff).

Nichtregierungsorganisationen:

Nichtregierungsorganisationen haben eine vielfältige Bedeutung für die Entwicklung des Ökotourismus. So machen Natur- und Umweltschutzorganisationen auf die Gefahren der Natur- und Umweltzerstörung aufmerksam, sie unterstützen Projekte im Bereich Ökotourismus und können eine Vermittlerrolle zwischen Regierung, der Tourismusindustrie und der lokalen Bevölkerung einnehmen. Zudem stellen sie Wissen, Informationen und Erfahrungen über erfolgreiches Ökotourismusmanagement zur Verfügung. Immer häufiger besitzen sie eigene private Schutzgebiete oder übernehmen die Verwaltung staatlicher Schutzgebiete. Je nach Ausrichtung der Organisation kann ihnen der Ökotourismus als nützliches Werkzeug dienen, um die Artenvielfalt und Umwelt zu schützen und/oder die nachhaltige Entwicklung der lokalen Bevölkerung zu fördern. Besonders bedeutsam wird ihre Rolle dann, wenn der Staat nicht in der Lage ist die Natur und Umwelt ausreichend zu schützen.

Neben einer Vielzahl kleiner Nichtregierungsorganisationen sind es weltweit agierende Organisationen wie Conservation International oder der World Wide Fund for Nature, welche die Bedeutung des Ökotourismus für den Natur- und Umweltschutz propagieren und Ökoreisen in alle Welt veranstalten (VERDENY 2006a: 45f).

Lokale Bevölkerung:

Bei der betroffenen Bevölkerung handelt es sich nicht um eine homogene Gruppe. Kultur, sozialer Status und Glaube können innerhalb und zwischen den Gemeinden sehr unterschied- lich sein. Gemeinsam ist ihnen, dass ihr Territorium und ihre Arbeitsplätze vom Tourismus beeinflusst werden. Zugleich kommt ihnen eine Schlüsselrolle beim Naturschutz zu, da sie in direkter Nachbarschaft zu den Schutzgebieten leben. Ihr Gebrauch und ihr Verhältnis zu den natürlichen Ressourcen beeinflusst maßgeblich den Erfolg von Schutzgebieten. Gleichzeitig können ihre Traditionen und ihr Wissen über die Region den Erfahrungsschatz der Touristen erweitern.

Die lokale Bevölkerung sollte bei der Planung und Entwicklung von Schutzgebieten und Tou- rismusentwicklung beteiligt werden, um ihr Wissen über die Region und die Natur zu nutzen und um Entwicklungen gegen den Willen der lokalen Bevölkerung zu vermeiden. Zudem sollten die Menschen vor Ort auch aktiv am Tourismusgeschäft partizipieren und von ihm profitieren, damit der meist armen Bevölkerung weitere Einkommensquellen zur Verfügung stehen und die Akzeptanz gegenüber dem Naturschutz und dem Tourismus gestärkt wird (VERDENY 2006a: 46f).

Park- und Tourismusverwaltung:

Die entscheidende Verantwortung bei der Umsetzung eines nachhaltigen Ökotourismuskon- zepts liegt allerdings bei der Parkverwaltung. Im Rahmen des internationalen Jahres des Öko- tourismus 2002 präsentierte die UNWTO (2001: 11ff) zahlreiche Beispiele aus aller Welt, welche nach ihrer Meinung beispielhaft für gute Praxis im Ökotourismus darstellen. Dabei verglich sie die unterschiedlichen Konzepte anhand bestimmter Kriterien, nach welchen auch das Ökotourismuskonzept der Fundación Maquipucuna am Ende dieser Arbeit unter die Lupe genommen werden soll.

2.2.5 Untersuchungsrahmen für gute Praxis bei der Entwicklung eines nachhaltigen Ökotourismuskonzepts

Verantwortliche Akteure:

Zunächst stellt sich die Frage nach den Akteuren, die für die Verwaltung und das Management des Tourismus verantwortlich sind. In den meisten Fällen wird die Entwicklung des Ökotourismus in Kooperation unterschiedlicher Träger organisiert. Dazu können öffentliche Behörden genauso gehören wie private Konzerne, Nichtregierungsorganisationen oder wissenschaftliche Institutionen.

Auch die Gründung und Finanzierung des Ökotourismus geht häufig auf Kooperationen zwi- schen unterschiedlichen Sektoren zurück, kann aber auch auf rein staatliche oder private Initi- ative oder auf Nichtregierungsorganisationen zurückgehen. Häufig werden Ökotourismuspro- jekte in der Dritten Welt von Entwicklungsbehörden aus Industrieländern technisch und fi- nanziell unterstützt. Zudem spielen private Spenden in vielen Fällen eine bedeutende Rolle.

Ziele und Strategien:

Die Strategien und Projekte verfolgen in der Regel drei Hauptziele: Natur- und Umweltschutz, Entwicklung der lokalen Bevölkerung und die Tourismusentwicklung.

- Schutzziele: Die Erhaltung der Artenvielfalt und des natürlichen Erbes sowie die Konservierung der natürlichen und kulturellen Umwelt sind meist die Hauptziele. Da- zu gehören Projekte, die die lokale Bevölkerung vom illegalen Gebrauch und von der Übernutzung der natürlichen Ressourcen abhalten. Diese Schutzziele sollen häufig in regionale und lokale Entwicklungspläne und Entwicklungsstrategien integriert wer- den.

- Lokale Bevölkerung: Das Bewusstsein in der Bevölkerung für die möglichen Vortei- le und Einflüsse des Tourismus soll gestärkt und die Bedeutung der eigenen kulturel- len und natürlichen Ressourcen verdeutlicht werden. Die lokale Bevölkerung soll in die Lage versetzt werden selbst bei den Entscheidungsprozessen zur Entwicklung und zum Management des Tourismus beizutragen. Zudem soll sie direkte und indirekte fi- nanzielle und soziale Vorteile aus dem Tourismus ziehen. Um die wirtschaftliche und soziale Entwicklung in der Bevölkerung voran zu treiben, sollen die Management- und Geschäftsfähigkeiten der Bevölkerung gestärkt werden, damit diese auch selbstständig vom Ökotourismus profitieren können. Desweiteren sollen Arbeitsplätze entstehen, von denen vor allem auch Frauen profitieren.

- Tourismusentwicklung: Das Produktangebot soll in einer Weise ausgestaltet sein, dass ein bestimmtes Klientel angesprochen wird und zugleich die saisonalen Schwan- kungen bei den Touristenzahlen möglichst klein gehalten wird. Dazu muss eine adä- quate und umweltfreundliche Infrastruktur erstellt und natürliche Attraktionen geboten werden. Zudem soll das Ökotourismusprodukt erfolgreich vermarktet werden.

Nachhaltigkeitsaspekte der Projekte:

Alle Projekte, die diesen Zielen folgen, müssen auf ihre Nachhaltigkeit hin untersucht werden. Dabei bezieht sich die Nachhaltigkeit auf:

- die Konservierung der natürlichen Umgebung,
- die finanziellen Einnahmen für die Schutzorganisationen und die Verwaltung,
- die Einbeziehung und die wirtschaftlichen und sozialen Vorteile für die lokale Bevöl- kerung,
- das Bildungs- und Forschungsangebot und
- die Umwelt- und Sozialverträglichkeit der Tourismusinfrastruktur, Einrichtungen und Dienstleistungen.

Probleme und Lösungsansätze:

Von besonderem Interesse war für die UNWTO die Identifizierung besonderer Probleme bei der Planung und Umsetzung der Projekte und möglicher Lösungsansätze für diese Probleme. Dabei können sich die Probleme und Lösungen beispielsweise auf die Beteiligung der lokalen Bevölkerung, Schwierigkeiten mit öffentlichen Behörden oder den Umgang mit den Touristen beziehen. Dabei zeigt sich, dass in unterschiedlichen Entwicklungsphasen unterschiedliche Probleme auftauchen, auf die flexible Antworten gefunden werden müssen.

Erreichte Ziele:

Der Erfolg der Projekte zeigt sich darin, wie nah die Ergebnisse an den zuvor ausgegebenen Zielen liegen. Dabei kann man die Ergebnisse in vier Kategorien einteilen:

- Politik und Management: Hierzu gehört beispielsweise, ob eingeführte Regeln und Instrumente den Schutz der natürlichen Ressourcen verbessert haben, ob die Koopera- tion zwischen der Verwaltung und den lokalen Behörden und der lokalen Bevölkerung funktioniert oder ob sich die Infrastruktur und die Kompetenzen des Personals verbes- sert haben.
- Anerkennung und Status: Beispielsweise kann das Gebiet offiziell von öffentlichen Behörden als Zielregion für den Ökotourismus anerkannt werden oder der Organisati- on können von nationalen oder internationalen Institutionen Auszeichnungen verlie- hen werden.
- Wachstum des Tourismus und des Profits: Dies zeigt sich z.B. am Wachstum der Touristenzahlen und den Einnahmen durch den Tourismus oder an den geschaffenen Arbeitsplätzen. Umgekehrt lässt sich der Profit für die Touristen beispielsweise an einem verbesserten Feedback der Touristen erkennen.
- Schutzziele: Mögliche Ergebnisse wären z.B., das Ansteigen der Artenvielfalt, die Steigerung des Wertbewusstseins der lokalen Bevölkerung für ihre natürliche Umge- bung und ihre kulturellen Traditionen oder das Pflegen und Restaurieren alter Kultur- stätten.

[...]

Ende der Leseprobe aus 105 Seiten

Details

Titel
Bedeutung, Potenzial und Praxis eines nachhaltigen Ökotourismuskonzepts in Ecuador am Beispiel der Reserva Natural Maquipucuna
Hochschule
Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Note
1,0
Autor
Jahr
2010
Seiten
105
Katalognummer
V159276
ISBN (eBook)
9783640722150
ISBN (Buch)
9783640722297
Dateigröße
1116 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Ökotourismus, Ecuador, nachhaltige Entwicklung, Biodiversität
Arbeit zitieren
Simon Deges (Autor:in), 2010, Bedeutung, Potenzial und Praxis eines nachhaltigen Ökotourismuskonzepts in Ecuador am Beispiel der Reserva Natural Maquipucuna, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/159276

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