Fußballvereine als Wirtschaftsunternehmen


Diplomarbeit, 2010

97 Seiten, Note: 2,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Aufbau der Arbeit

2 Fußball in Deutschland - Institutioneller Rahmen und seine Akteure
2.1 Begriffsabgrenzungen und Definitionen
2.1.1 Wirtschaftsunternehmen
2.1.1.1 Erfolg und Misserfolg
2.1.1.2 Unternehmensgrößen
2.1.2 Fußballvereine
2.1.2.1 Gründung eines Vereins
2.1.2.2 Abgrenzung zwischen Profisport und Amateursport
2.1.2.3 Vereinsnamen
2.2 Die Fußballorganisatoren
2.2.1 Federation Internationale de Football Association (FIFA)
2.2.2 Union des Associations Europeennes de Football (UEFA)
2.2.3 Deutsche Fußball-Bund (DFB)
2.2.4 Deutsche Fußball Liga GmbH (DFL)
2.3 Zusammenfassung

3 Von den Gründerjahren bis zur Gegenwart
3.1 Ursprung des Fußballs
3.2 Fußball in Deutschland von den Gründerjahren bis
3.2.1 Ursprung des Fußballs in Deutschland
3.2.2 Die V ereinsgründer
3.2.3 Gesellschaftliche Wahrnehmung und Beginn der Vermarktung
3.3 Fußball in Deutschland von 1900 bis
3.3.1 Eingeschränkte Partizipation
3.3.2 Wandel der Medienlandschaft
3.3.3 Internationale Wettkämpfe
3.3.4 Festlegung auf Amateurfußball
3.3.5 Politisierung des Sports
3.3.6 Arbeitszeitregelungen ermöglichen Zuwachs der Fußballbegeisterung
3.3.7 Infrastruktur
3.3.8 Kostenwachstum
3.3.9 Verfehlung des Amateurfußballs
3.3.10 Medienwachstum und Sponsoring
3.4 Fußball in Deutschland von 1933 bis
3.4.1 Fußball während der Diktaturzeit
3.4.2 Fußball nach dem Zweiten Weltkrieg
3.4.3 Profilierungsmöglichkeiten
3.4.4 Grundlegende Entwicklungsfaktoren
3.5 Fußball in Deutschland von 1963 bis
3.5.1 Grundlagen für den Profisport
3.5.2 Kostenprobleme und Reformen
3.5.3 Neue Sponsoringform
3.5.4 Liberalisierung des Rundfunks
3.5.5 Geänderte Rahmenbedingungen
3.5.5.1 Punkteschema
3.5.5.2 Bosman-Urteil
3.5.5.3 Rechtliche Begründung der Fußballunternehmen
3.5.6 Popularität
3.5.7 Die „Kirch-Krise“
3.5.8 Ligaverband und DFL
3.5.9 „Initiative Profisport“
3.6 Zusammenfassung

4 Ökonomische Betrachtung der Fußballvereine
4.1 Fußballvereine als Dienstleistungsunternehmen
4.2 Produktionsfaktoren des Fußballs
4.3 Das Produkt des Guts „Ligaspiel“ und „Meisterschaft“
4.4 Fußball als positionales Gut im Zusammenhang mit der Medienübertragung
4.5 Zusammenhang zwischen finanziellen und sportlichen Erfolg
4.6 Lizenzierungsverfahren
4.7 Organisationsstruktur
4.7.1 Teilbereiche des Managements
4.7.1.1 Sportlicher Bereich
4.7.1.2 Kaufmännischer Bereich
4.7.1.2 Kaufmännischer Bereich
4.8 Bereich Markenbildung und Öffentlichkeitsarbeit
4.9 Customer Relationship Management
4.9.1 Kundenwertsteigerung
4.9.2 Neukundengewinnung
4.10 Controlling-Instrument Balanced-Scorecard
4.11 Weitere Betrachtungsmerkmale der Fußballvereine
4.11.1 Gemeinnützigkeit
4.11.2 Zielsysteme
4.11.3 Professionalisierung
4.11.4 Fußballunternehmen als soziale Gebilde
4.11.5 Crowding out-Effekt
4.11.6 Mitgliedschaftsrechte
4.11.7 Das Produkt „Fußball“ als „privates“ Gut
4.11.8 Grenzkosten des Produktes „Fußball“
4.11.9 Konkurrenzsituation von Fußballunternehmen
4.12 Zusammenfassung

5 Umsatzerlöse ! im Profifußball-Geschäft
5.1 Vermarktungsagenturen
5.2 Transfers und Spielerbindung
5.2.1 Das Bosman-Urteil als Grundlage gegenwärtiger Transfergeschäfte
5.2.2 Der Transfermarkt
5.2.3 Spielergehälter
5.2.4 Ökonomische Betrachtung von Spielertransfers
5.3 Medieneinnahmen
5.3.1 Zentralvermarktung
5.4 Merchandising
5.4.1 Internationalisierung der Merchandisingaktivitäten
5.5 Ticketing und Stadien
5.5.1 Namensrechte an Sportarenen
5.5.2 „Erlebniswelt Stadion“
5.5.3 Öffentliche/private Investitionen und deren Folgen
5.6 Sponsoring
5.6.1 Trikotsponsoring
5.6.2 Ausrüstersponsoring
5.6.3 Spielersponsoring
5.6.4 Bandenwerbung
5.7 Zusammenfassung

6 „Alternative“ Finanzierungsmöglichkeiten für Profifußballvereine
6.1 Kreditfinanzierung
6.2 „Alternative“ Finanzierungsmöglichkeiten
6.2.1 F inanzinve storen
6.2.2 Strategische Investoren
6.2.3 Der Börsengang
6.2.3.1 Chancen und Risiken des Börsengangs
6.2.4 Asset Backed Securities
6.3 Zusammenfassung

7 Schlussbetrachtung und Ausblick

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1 Interne und externe Beziehungen des Betriebs

Abbildung 2 Fußball-Wettspiel zwischen dem Berliner und dem Dresdner Fußballclub auf dem Exerzierplatz „Einsame Pappel“ bei Berlin. Nach einer Skizze von E. Hosang, 1890

Abbildung 3 Rechtsformen des Lizenzspielerbetriebs der Vereine in der Bundesliga, Saison 2009/2010

Abbildung 4 Inelastisches Angebot bei positionalen Gütern

Abbildung 5 Entwicklung der Verbindlichkeiten bei Bundesligavereinen

Abbildung 6 Organisation einer Fußballkapitalgesellschaft

Abbildung 7 Anteil der Erlöse, Saison 2007/2008

Abbildung 8 Transfereinnahmen und -ausgaben der Bundesligavereine, 1998/1999-2008/2009

Abbildung 9 Ausprägungen des Merchandisings

Abbildung 10 Entwicklung der Stadionbesucher, 1963/1964-2008/2009

Abbildung 11 Bekanntheit ausgewählter Fußballvereine, 2008-2009

Abbildung 12 Kursverlauf der Borussia Dortmund GmbH & Co. KGaA Inhaber­Aktien O.N.

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1 Rechtsformen des Lizenzspielerbetriebs der Vereine in der Bundesliga, Saison 2009/2010

Tabelle 2 Merkmale von Dienstleistungsunternehmen

Tabelle 3 Typen von Kundenwertsteigerungsmaßnahmen

Tabelle 4 BSC-Verfahren

Tabelle 5 „Finanzausgleichsystem“ der Medieneinnahmen, Bundesliga, Saison 2008/2009

Tabelle 6 Namensponsoren von Stadien in der 1. Bundesliga, Saison 2009/2010

Tabelle 7 Börsennotierte Fußballunternehmen, 27.08.2004

1 Einleitung

„Schalke 04 hat in den vergangenen Jahren mehr den Eindruck vermittelt, ein Verein zu sein als ein Wirtschafts-Unternehmen“

-Felix Magath-

Das sportliche Ziel von Fußballvereinen im modernen Profifußball ist es, am Ende einer Saison einen Tabellenplatz zu erreichen, der in erster Linie zum Verbleib in der Liga berechtigt. Setzen Fußballvereine ihre sportlichen Ziele höher, streben sie die Qualifikation zu einem internationalen Wettbewerb, oder gar dem Gewinn der deutschen Meisterschaft an. Die internationalen Wettbewerbe, die jährlich ausgespielt werden, sind die UEFA Europa League und die UEFA Champions League. Diese Wettbewerbe sind besonders in ihrer wirtschaftlichen Bedeutung für die Teilnehmer interessant, da sie zusätzliche Einnahmen generieren, die wiederum in die Mannschaften reinvestiert werden können.

In Deutschland und in Europas Topligen erwirtschaften die Fußballvereine regelmäßig Umsätze, die mit mittelständischen Unternehmen vergleichbar sind. Die ehemals auf den Sport fokussierten Vereine ähneln in ihren Kommerzialisierungsaktivitäten den Entertainment-Anbietern. Von Kreuzfahrten und Bettwäsche über Kreditkarten werden selbst die kleinsten Produktideen mit dem Vereinslogo vermarktet. Das Privatleben der Fußballspieler wird in den Medien gespannt verfolgt und die Spieler selbst präsentieren die Vielfalt von Konsumprodukten auf dem Bildschirm und in Annoncen.

Die Fußballvereine in der Bundesliga sind allesamt eingetragene Vereine. Doch um den Verein herum wurden Tochtergesellschaften gegründet und Ausgliederungen von Lizenzspielabteilungen vorgenommen. Die als „gemeinnützig“ gegründeten Vereine, die ausschließlich der sportlichen Betätigung dienen sollten, entwickelten sich zu Vereinen mit unternehmensähnlichen Strukturen. Die seit ihrer Gründung jahrzehntelang ehrenamtlich geführten Fußballvereine sind heutzutage Arbeitgeber von hunderten Mitarbeitern. Der Entlohnung steht die Leistungserbringung der Fußballspieler gegenüber, die nach objektiven Kriterien bewertet werden können. Felix Magath, derzeitiger Trainer des FC Schalke 04, kritisierte öffentlich die Einstellung seiner Spieler und gibt somit eine offenkundige Erwartungshaltung an den modernen Fußball preis:

„In der Vergangenheit wurde auf Schalke alles getan, damit sich die Spieler in dieser Wellness-Oase wohl fühlen. Doch das führte nicht dazu, dass sie Leistung brachten. Jetzt tue ich alles dafür, dass sie sich auf ihren Job konzentrieren. Und dieser Job ist, mit Fußball Geld einzuspielen. “[1]

Aus Sicht von Fußball-Interessierten ist die Grenze zwischen Geschäft und Sport nur vage feststellbar. Eine Befragung ergab, dass 40% der Fußball-Interessierten den Fußball als „reines Geschäft“ auffassen, der nichts mehr mit dem Sport zu tun hat.[2]

Der These, dass die Vereine sich nur noch um die wirtschaftlichen Belange kümmern und damit ihre Vereinskonten füllen, steht die keineswegs unplausible Einschätzung gegenüber, dass die Vereine gewisse wirtschaftliche Ziele erfüllen müssen, damit die sportlichen Ziele erreicht werden können.

1.1 Problemstellung

Der Profifußball in Deutschland hat im historischen Verlauf eine gewaltige Entwicklung genommen. Aus den Amateurvereinen zur Gründerzeit entwickelten sich der Profisport und der Amateursport. Dabei ist der Profifußball in den Lizenzligen beheimatet. Die Bundesliga, die Zweite Bundesliga und die Dritte Liga werden als Lizenzligen bezeichnet. Die Fußballvereine dieser Ligen müssen jährlich die Lizenz zur Spielberechtigung beantragen.[3] Die wirtschaftlich und sportlich bedeutendste Liga in Deutschland ist die Bundesliga. Sie wurde 1963 gegründet und lockt Millionen Zuschauer vor den Fernseher und in die Stadien. Der Profifußball hat sich zu einem bedeutenden Wirtschaftssektor entwickelt, in dem über 37.000 Menschen beschäftigt sind. Sie zahlten 2008 über 665 Millionen Euro an Steuern und Abgaben an den Staat und investierten im gleichen Zeitraum über 69 Millionen Euro in den Nachwuchsbereich.[4]

Die Sportökonomie ist noch ein „junger“ Forschungsbereich innerhalb der Ökonomie. Das beweisen auch die Anzahl und die Veröffentlichungszeiträume von wissenschaftlichen Publikationen zu diesem Forschungsgebiet.[5] In dieser Arbeit werden einzelne Vereine vermehrt für die zu untersuchende Fragestellung aufgeführt, da sie für die Untersuchungsbereiche als Beispiel dienen.

Der vorliegenden Arbeit liegt die Fragestellung zugrunde, ob Fußballvereine als Wirtschaftsunternehmen charakterisiert werden können. Zur Ergebnisfindung hinsichtlich dieser Fragestellung findet eine Gegenüberstellung von Profifußballvereinen und „klassischen“ Unternehmen[6] im Hinblick auf deren Hauptfunktionen und weitere charakteristische Komponenten statt. Darüber hinaus soll die historische Entwicklung der Fußball-Rahmenbedingungen einer ökonomischen Betrachtung unterzogen werden, um zu beleuchten, inwiefern sich die wirtschaftliche Bedeutung der Vereine und des ordnungspolitischen Rahmen entwickelt hat.

1.2 Aufbau der Arbeit

Diese Arbeit lässt sich in folgende Bearbeitungsschritte untergliedern: Nach einer einführenden Definition der grundlegenden Begriffe werden im zweiten Kapitel spezifische Charakteristika der Fußballvereine untersucht und die Organisatoren des Fußballsports aufgeführt. Der Fokus dieses Kapitels richtet sich auf den rechtlichen und organisatorischen Rahmen des Profifußballs.

Im dritten Kapitel soll die historische Entwicklung unter Betrachtung der ökonomisch bedeutsamen Faktoren aufgezeigt werden. Der Betrachtungszeitraum reicht von den Gründerjahren der Fußballvereine bis hin zur Gegenwart. Die im Laufe der Zeit veränderten rechtlichen und finanzwirtschaftlichen Komponenten liefern einen Überblick über die Entwicklungen.

Das vierte Kapitel veranschaulicht die wirtschaftlichen Komponenten innerhalb der Fußballvereine. Dabei werden die Eigenschaften des Fußballsports untersucht und die Anforderungen an die Verantwortlichen bestimmt.

Im fünften Kapitel werden die Bereiche aufgeführt, aus denen die Fußballvereine ihre Einnahmen erzielen. Dabei bilden die quantitativen und qualitativen Komponenten das Hauptaugenmerk.

Im sechsten Kapitel werden die Finanzierungsmöglichkeiten für die Vereine betrachtet. Dabei werden „klassische“ und „neuartige“ Modelle vorgestellt.

Zum Abschluss dieser Arbeit werden in Kapitel sieben die wichtigsten Erkenntnisse zusammenfassend reflektiert und anhand dieser ein möglicher Ausblick für die zukünftigen Entwicklungen gegeben.

2 Fußball in Deutschland - Institutioneller Rahmen und seine Akteure

2.1 Begriffsabgrenzungen und Definitionen

Die Union des Associations Europeennes de Football (UEFA) hat 1993 den Zusammenhang zwischen Fußball und Ökonomie folgendermaßen definiert:

„Die UEFA ist der Ansicht, dass die Spieler, ob nun bezahlt oder nicht, vor allem Sportler sind und daher nicht mit anderen Arbeitnehmern verglichen werden können. Ihre Verträge 'sui generis ’ müssen im Lichte der besonderen Strukturen und Gebote des Spiels geprüft werden. Übersehen werden darf nicht der emotionale, ja leidenschaftliche Aspekt des Fußballs, der jede Gleichstellung mit einem von der berechnenden Wirtschaftslogik beherrschten gewerblichen Unternehmen ausschließt. “[7]

Fußballvereine sollen wie Wirtschaftsunternehmen geführt werden. Diese Forderung stößt auf Zustimmung von Verantwortlichen. Wenn dies aber dadurch begründet wird, dass Fußballvereine auch Wirtschaftsunternehmen seien, dann beginnt die Auseinandersetzung um die Abgrenzung beider Akteure.[8]

2.1.1 Wirtschaftsunternehmen

Ein Wirtschaftsunternehmen ist nach Wöhe ein Betrieb in einem marktwirtschaftlichen Wirtschaftssystem. Demnach ist ein Betrieb eine planvoll organisierte Wirtschaftseinheit, in der Sachgüter und Dienstleistungen erstellt und abgesetzt werden. Damit ein Unternehmen langfristig existieren kann, muss das „finanzielle Gleichgewicht“ gewahrt werden, d.h. dass der Betrieb seinen Zahlungsverpflichtungen termingerecht nachkommen muss. Ein anderes Prinzip innerhalb eines Unternehmens ist das „erwerbswirtschaftliche Prinzip“. Diesem zufolge wird versucht bei der Leistungserstellung und - Verwertung das Gewinnmaximum zu erreichen.[9]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1 Interne und externe Beziehungen des Betriebs10

2.1.1.1 Erfolg und Misserfolg

In der betriebswirtschaftlichen Literatur gibt es unterschiedliche Definitionen für unternehmensspezifischen Erfolg. Wöhe definiert den Erfolg als: „die Differenz zwischen bewertetem Ertrag und bewertetem Einsatz der Produktionsfaktoren“.[10] [11]

In dieser Untersuchung wird unter Erfolg das Erreichen eines zuvor definierten Ziels verstanden.[12]

Übertragen auf die Fußballbranche sind die Produktionsfaktoren eingeschränkt einsetzbar und bei den erzielbaren Erträgen stehen vorrangig sportliche und die damit einhergehenden wirtschaftlichen Erfolge im Mittelpunkt.

Das Gegenteil von Erfolg ist der Misserfolg, der durch die Verfehlung des definierten Ziels charakterisiert ist.

2.1.1.2 Unternehmensgrößen

Um die Unternehmensgrößen voneinander abzugrenzen, hat die Europäische Union folgende Einteilung vorgenommen. Ein kleines Unternehmen beschäftigt weniger als 50 Mitarbeiter und überschreitet nicht einen Umsatz / eine Jahresbilanz von max. 50 Millionen Euro. Ein mittleres Unternehmen beschäftigt max. 250 Mitarbeiter und hat einen maximalen Umsatz von 50 Millionen Euro, oder eine Jahresbilanz von max. 43 Millionen Euro. Große Unternehmen überschreiten die quantitativen Grenzen für mittlere Unternehmen.[13]

2.1.2 Fußballvereine

Nach Artikel 9 Absatz 1 GG haben alle Deutschen „das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden.“[14] Thyll definiert dabei einen Verein als eine dauernde Verbindung einer größeren Anzahl von Personen, die einen gemeinsamen Zweck erfüllt und auf einen wechselnden Mitgliedsbestand angelegt ist.[15]

Sportvereine sind Zweckgebilde, die ihren Mitgliedern die aktive Sportausübung in ihren Sportstätten und mit ihren Sportgeräten ermöglichen. Das ausschließliche Ziel eines Vereins ist die Konsumerfüllung ihrer Mitglieder.[16] Somit können sie als abgeschlossene Konsumgemeinschaften betitelt werden.[17] Das „erwerbswirtschaftliche Prinzip“ findet in einem Sportverein keine Berücksichtigung. Das „finanzielle Gleichgewicht“ zu wahren, ist hingegen ein Prinzip, um den Bestand des Vereins langfristig zu erhalten.

2.1.2.1 Gründung eines Vereins

Voraussetzung zur Gründung eines Sportvereins ist die Einberufung einer Gründerversammlung, die Anmeldung zur Eintragung und die Prüfung durch das Registergericht.[18]

Ein Fußballverein ist ein Sportverein. Die Gründung eines eingetragenen Vereins hat Vorteile aufgrund der geringen Regulierung und der steuerlichen Förderung. Zur Gründung wird eine Rechtsformeignung vollzogen. Wurde diese nachgewiesen, wird sie zukünftig nicht mehr überprüft, auch wenn die tatsächlichen Voraussetzungen nicht mehr erfüllt werden.

Unter dem Vereinsdach können „wirtschaftliche Geschäftsbetriebe“ entstehen, wie sie in Profifußballvereinen vorkommen.[19] Dem Betreiben eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs in Unternehmensdimensionen fehlt rechtlich gesehen die Grundlage, da diese die Wirtschaftlichkeit nur als Nebenzweck sieht und die Gemeinnützigkeit fordert. Diese „Rechtsformverfehlung“ wurde bisher aus sportpolitischen Gründen toleriert. Politische Entscheidungsträger scheuen sich davor Verfehlungen der Gemeinnützigkeit zu sanktionieren.[20]

Fußballvereine besaßen vor den Ausgliederungsmöglichkeiten in Kapitalgesellschaften allesamt den Status eines „Nichtwirtschaftlichen Vereins“. Die Rechtsgrundlage stellte der § 21 BGB dar. Dieser Paragraph definiert den so genannten „Idealverein“. Wirtschaftliche Tätigkeiten werden zwar nicht ausgeschlossen, aber sie sind als Nebenzweck zu charakterisieren.[21]

2.1.2.2 Abgrenzung zwischen Profisport und Amateursport

Die Spielordnung des DFB regelt die Abgrenzung zwischen dem Amateurstatus und dem Profistatus. Danach gelten Spieler nach § 8 der DFB-Spielordnung als Profis, wenn sie für ihre sportlichen Aktivitäten ein Gesamteinkommen erzielen, welches mindestens der Existenzsicherung dient. Amateurspieler hingegen erhalten kein Entgelt, oder eines, welches maximal die nachgewiesenen Auslagen und eine Aufwandentschädigung von maximal 149,99 Euro umfasst.[22] Als Profisport wird damit der Sport bezeichnet, bei dem die Spieler entgeltlich einen Sport betreiben, der mindestens das Existenzminimum dieser deckt.

2.1.2.3 Vereinsnamen

Die Vereinsnamen der aktuell achtzehn Bundesligisten geben Aufschluss über die Vereinsmotive und den Amateurgedanken zur Gründerzeit. Die Vereinsnamen mit dem Kürzel „VfL“, wie beim VfL Bochum oder VfL Wolfsburg, werden als „Verein für Leibesübungen“ benannt, die Bezeichnung „VfB“, wie beim VfB Stuttgart, bezeichnet einen „Verein für Bewegungsspiele“ und „TSG“, für die TSG Hoffenheim, bezeichnet die „Turn- und Sportgemeinschaft“. Andere Vereine verwenden den Ortsnamen oder Bundesländer (FC Bayern München), lateinische Bestandteile (Borussia für Preußen, Eintracht für Zusammenhalt), den Unternehmensnamen (Bayer 04 Leverkusen) sowie ihr Gründungsjahr (Hannover 96, BVB 09, 1. FSV Mainz 05).[23] Die jahrhundertlange Geschichte eines Vereins drückt gesellschaftliche und sportliche Akzeptanz und eine „Fankultur“ aus. Daher wird dieses geschichtsträchtige Image besonders im Marketing-Bereich eines Vereins verwendet.

2.2 Die Fußballorganisatoren

Die Fußballvereine verpflichten sich mit der Teilnahme am Profisport, den nationalen und internationalen Anforderungen (FIFA, UEFA, DFB, DFL) zu entsprechen.[24]

2.2.1 Federation Internationale de Football Association (FIFA)

Die 1904 gegründete FIFA[25] entwickelte sich zu dem internationalen Fußballverband, der aktuell 207 Mitgliedsländer aufweist und damit mehr Mitglieder hat als die Vereinten Nationen. Selbst politisch bedeutende Länder mussten schon „erfahren“, dass der Verband die politische Neutralität wahrt. China machte beispielsweise seinen Beitritt zu den Vereinten Nationen davon abhängig, dass Taiwan ausgeschlossen wurde. Hingegen gab China 1979 bei der FIFA nach, da der Verband Taiwan nicht ausschloss.[26] Die FIFA ist Organisator der Weltmeisterschaften der nationalen Auswahlmannschaften und organisiert durch Satzungen, Vorschriften und Entscheidungen den Fußballsport.

2.2.2 Union des Associations Europeennes de Football (UEFA)

Die UEFA wurde 1954 gegründet und ist der europäische Kontinentalverband des Fußballsports. Sie zählt 53 nationale Fußballsverbände als ihre Mitglieder und organisiert die Europameisterschaft und internationale Klubwettbewerbe (Champions League, Europa League). Des Weiteren entwickelt die UEFA mit Hilfe der Nationalverbände das Schiedrichter- und Trainerwesen.[27]

2.2.3 Deutsche Fußball-Bund (DFB)

Am 28. Januar 1900 gründeten 36 Vertreter aus 86 Vereinen den Deutschen Fußball-Bund.[28] Der DFB organisiert den Fußballsport in Deutschland. Er ist ein eingetragener Verein, der nach § 5 seiner Satzung ausschließlich gemeinnützige Zwecke verfolgt. Zu den grund­legenden Aufgaben gehören die Entwicklung und Förderung des Fußballsports und die Organisation der Bundesliga, der Zweiten Bundesliga, der Dritten Liga und der Regionalliga. Dazu verantwortet sie die Bildung von nationalen Auswahlmannschaften und deren Teilnahme an internationalen Wettbewerben.[29] Er ist der weltgrößte Sportfachverband mit aktuell 6, 684 Millionen Mitgliedern.[30]

2.2.4 Deutsche Fußball Liga GmbH (DFL)

Die DFL organisiert das operative Geschäft des Vereins „Die Liga - Fußballverband e.V.“. Der Ligaverband ist Vertreter der lizenzierten Fußballvereine und Kapitalgesellschaften der Bundesliga und der Zweiten Bundesliga. Die DFL vermarktet die Medienrechte und lizenziert jährlich die Fußballvereine zur Teilnahme am Liga-Spielbetrieb durch eine Analyse der wirtschaftlichen Situation betreffender Fußballvereine mit Hilfe eines Lizenzierungsverfahrens. Der Ligaverband ist einziger Gesellschafter der DFL.[31] Innerhalb des Ligaverbandes und der DFL versuchen die Fußballvereine individuelle Interessen durchzusetzen. Dabei können größere und erfolgreiche Vereine durch ihre informale Macht versuchen, durch öffentliche Akzeptanz und ökonomische Relevanz, ihren besonderen Einfluss versuchen geltend zu machen.[32]

2.3 Zusammenfassung

Die rechtliche Grundlage eines Vereins stellt §21 BGB dar. In der Gesetzesgrundlage wird vorausgesetzt, dass der Zweck des Vereins nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb ausgerichtet ist. Diese Grundlage steht im Gegensatz zur Definition eines Wirtschaftsunternehmens. Der Zweck eines Wirtschaftsunternehmens ist die Ausrichtung auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb. Damit sind beide Akteure grundsätzlich getrennt voneinander zu betrachten.

Die rechtlichen und organisatorischen Rahmenbedingungen regeln in Deutschland auf nationaler Ebene der DFB und die DFL. Als internationale Fußballverbände sind die FIFA als Weltverband und die UEFA als europäischer Kontinentalverband die Organisatoren des Fußballsports.

3 Von den Gründerjahren bis zur Gegenwart

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2 Fußball-Wettspiel zwischen dem Berliner und dem Dresdner Fußballclub auf dem Exerzierplatz „Einsame Pappel“ bei Berlin. Nach einer Skizze von E. Hosang, 1890[33]

3.1 Ursprung des Fußballs

Das Mutterland des Fußballs war England. Schon 1863 wurde die Football Association (FA) in London gegründet. Der Fußball entstand aus der Modifizierung des Rugbysports. Die neue Spielvariante wurde von der Football Assoziation übernommen und verbreitet. [34]

Wegweisend für die Entwicklung des Profisports war, dass 1885 der englische Verband die Bezahlung von Fußballspielern erlaubte.[35] Zuvor fanden in England aber intensiv geführte Auseinandersetzungen über die Entlohnung statt. Die FA wollte den Berufsfußball unterbinden, bis 28 englische Vereine damit drohten, einen eigenen Verband zu gründen, die British Football Assoziation. Charles Alcock, der Generalsekretär der FA, entschärfte die Situation, indem er die Entlohnung von Fußballspielern erlaubt.[36]

3.2 Fußball in Deutschland von den Gründerjahren bis 1900

3.2.1 Ursprung des Fußballs in Deutschland

Die Ursprünge in Deutschland gehen auf 1874 zurück. Der Braunschweiger Turnlehrer Konrad Koch bot Fußball als Alternative zum Turnsport an und gründete den ersten Fußball­Schülerverein. Der Fußball blieb in den folgenden Jahren ein „Schulspiel“.

Die erste Vereinsbildung erfolgte 1880 mit dem Bremer Fußball-Club. Anschließend fanden die ersten öffentlichen Wettkämpfe zwischen Mannschaften dieses Clubs und englischem Schiffspersonal statt. In den Großstädten, wie Berlin, Hamburg und Leipzig, gründeten sich Vereine (Fußballklub 88 - Hamburg, Germania 88 - Berlin) und Fußballabteilungen in bestehenden Vereinen (Allgemeiner Turnverein Leipzig). Eine regelrechte Gründungswelle in Deutschland ließ sich in den 90'er Jahren verzeichnen. Die ersten Wettkämpfe fanden in und zwischen den Städten statt, auch wenn bis dahin terminliche Schwierigkeiten und ein uneinheitliches Regelwerk bestanden. So entstand zu dieser Zeit das Gemälde von Hosang, das eine Vorstellung der Gründerjahre ermöglicht. Bis zur Jahrhundertwende wurden 80 Fußballvereine gezählt.[37]

3.2.2 Die Vereinsgründer

Der ehemalige DFB-Präsident Felix Linnemann erklärte in den 20'er Jahren des 20. Jahrhunderts in einem Schreiben, dass die Gründer „Männer“ waren. Doch konnte nachgewiesen werden, dass es nicht „Männer“ waren, sondern „Jugendliche“, die den Fußball im Vereinswesen begründeten. Es kann davon ausgegangen werden, dass die Wortwahl zur Legitimierung der Ernsthaftigkeit des Fußballs diente und die Anerkennung durch einen „Knabensport“ gelitten hätte, denn die öffentliche Meinung zum Fußballsport war sehr kritisch.[38]

Des Weiteren waren die Gründer und Mitglieder von Fußballvereinen allesamt Angehörige des Bildungs- und Wirtschaftsbürgertums, welches gerade einmal einen Anteil von 15% an der Gesamtbevölkerung hatte. Erst 1891 ermöglichte ein Gesetzeserlass dem Kleinbürgertum den arbeitsfreien Sonntag, so dass Freizeitaktivitäten möglich waren und sie an dem Sport partizipieren konnten.[39]

3.2.3 Gesellschaftliche Wahrnehmung und Beginn der Vermarktung

In der Presse, den Schulbehörden und den staatlichen Organen wurde der Fußball sehr kritisch und feindlich betrachtet. Als „nationaler Traditionssport“ war das Turnen bekannt und die Erziehungsziele der Jugend, aufgrund des wieder erstarkenden Militarismus, wurden als Widerspruch zum Fußball betrachtet. Dennoch tat dies der Popularität des Fußballs keinen Abbruch.

Zum Ende des Jahrhunderts begann die „Kommerzialisierung“ der Sportart. Die erste Fußballzeitung wurde 1894 gegründet und die ersten Sportgaststätten und Umzäunungen zur Zugangskontrolle wurden als erste Ertragsquellen entdeckt.[40]

3.3 Fußball in Deutschland von 1900 bis 1933

3.3.1 Eingeschränkte Partizipation

Trotz Gewährung von geringfügig Freizeit für das Kleinbürgertum war der Beitritt in den Fußballsport immer noch den wohlhabenden Schichten vorbehalten. Die Wettkampfausübung war mit hohen Kosten für die Ausrüstung, wie Sportstiefel, Trikot, Hose, den Reisekosten und den Vereinsbeiträgen verbunden.[41] Darüber hinaus wurde in den wenigsten Fällen Geld verdient. Die Spieler mussten stattdessen in den Sport investieren. Auch die Pokale mussten von den Mannschaften bezahlt werden - zu zwei Dritteln vom Verlierer und zu einem Drittel vom Gewinner.[42]

3.3.2 Wandel der Medienlandschaft

Im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts folgten die Medien dem ansteigenden Interessentrend. 1902 wurden die Zeitschriften „Sportwoche“ und „Rasensport“ gegründet. Die „Münchener Neueste Nachrichten“ erhöhte zwischen 1900 und 1914 den Anteil ihrer Fußballberichterstattung im Vergleich zur allgemeinen Sportberichterstattung von 0,5% auf 10%. Durchschnittlich wurde in den Zeitungsredaktionen ein Sportredakteur beschäftigt. 1904 beschäftigte die „Berliner Zeitung am Mittag“ für den Sportbereich sechs Redakteure und einen Chefredakteur.[43] Auch die Vereine beteiligten sich eigenständig an der Meinungsbildung. So begannen um 1910 die größeren Vereine, eigene Vereinsblätter und Vereinszeitungen an ihre Zuschauer zu verteilen.[44]

3.3.3 Internationale Wettkämpfe

Die deutschen Vereine spielten aber nicht nur in den innerdeutschen Grenzen. Schon früh wurden Spiele auch international ausgetragen. Der SC Freiburg reiste in die Schweiz und spielte in Basel. 1914 reiste der Verein nach Italien und spielte in Genua. Die Spieler waren im Durchschnitt 21 Jahre alt. Die Reisen waren ein Abenteuer und der vorsichtige Beginn einer moderneren Jugendkultur.[45]

3.3.4 Festlegung auf Amateurfußball

Das Amateurideal als Leitmotiv des DFB verbot Berufsspieler im Fußballsport. Dabei wurden Spieler als Berufsspieler angesehen, wenn sie für ein Spiel Geld oder Gegenstände erhielten oder zum Lebensunterhalt als Trainer arbeiteten. Als erlaubte Entschädigung galten bei Auswärtsspielen die Erstattung der Fahrtkosten und der Erhalt eines sehr niedrigen Tagessatzes, der zudem noch gestaffelt wurde. Bei Heimspielen wurde keine Entschädigung akzeptiert und auch der Lohnausfall wurde nicht erstattet.[46] Die Vereinsführung wurde von Ehrenamtlichen getätigt. Dabei wurden Ehrenamtliche als Mitarbeiter verstanden, die sich freiwillig, meist unentgeltlich, in ein Amt für einen bestimmten oder unbestimmten Zeitraum wählen ließen.[47]

3.3.5 Politisierung des Sports

Der Fußball wurde kurz vor und während des Ersten Weltkriegs in Deutschland, wie auch in den anderen europäischen Ländern, von der Politik erfasst. Der „Allgemeine Deutsche Sprachverein“ forderte Spieler auf, kein englisches Vokabular mehr zu benutzen. Die Verantwortlichen im Militärwesen konnten dem Sport ebenfalls Begeisterung abgewinnen. Ein Fußballspiel hatte Ähnlichkeiten mit dem Krieg. Ein Spieler musste auf einer Position ganzen Einsatz bringen, um seine Aufgabe für seine „Mannschaft“ zu erfüllen.[48]

Doch auch nach dem Ersten Weltkrieg wurde der Fußball noch immer teils kritisch betrachtet. Ein Zitat von Joachim Ringelnatz charakterisiert die teilweise vorherrschende Meinung zum Fußballsport:

„Der Fußballwahn ist eine Krank/heit, aber selten, Gott sei Dank. “[49]

3.3.6 Arbeitszeitregelungen ermöglichen Zuwachs der Fußball­begeisterung

Den werktätigen Gesellschaftsschichten wurde ab 1918 mehr Freizeit zugesprochen. Das „Reichsamt für wirtschaftliche Demobilmachung“ ordnete die durchschnittliche Arbeitszeit von maximal acht Stunden täglich an, wonach diese Arbeitszeitverordnung 1923 in der Gesetzgebung verankert wurde. In Folge dessen konnten Ende der 20'er Jahre 80% der Gesamtmitglieder des DFB aus den betroffenen Schichten gezählt werden. Auch der durchschnittliche Zuschauerbesuch pro Spiel stieg zwischen 1920 und 1933 von 11.150 auf 20.000. Der Fußball wurde zum „Massensport“ und „Zuschauersport“.[50]

3.3.7 Infrastruktur

Auch die Infrastrukturen der Vereine veränderten sich. So wurden Stadionneubauten nach dem Ersten Weltkrieg begonnen, deren Finanzierung durch unterschiedliche Lösungen zustande kam. Die Mannesmann-Röhrenwerke überließen dem FC Schalke 04 pachtweise ein Firmengelände. Der Verein verschuldete sich, um den Bau zu tätigen und als Gläubiger trat die Stadt Gelsenkirchen ein. Zudem wurde der Kredit durch die Eintrittserlöse getilgt, was zum sportlichen Erfolg zwang, damit die Popularität gewahrt werden konnte. Die SpVgg Fürth finanzierte ihren Bau durch die Emission von Schuldscheinen. In Köln und Düsseldorf nahmen die Städte Anleihen auf oder der Staat beteiligte sich. Außerdem wurden die beiden Neubauten mit Hilfe von genehmigten Arbeitsbeschaffungsprogrammen fertig gestellt.[51]

3.3.8 Kostenwachstum

Die Kostenfaktoren nahmen immer größere Ausmaße an. Die Instandhaltung der Sportanlagen, der Spielbetrieb, Verwaltungsaufwand und die Nachwuchsförderung zwangen die Vereine, verfügbare Einnahmemöglichkeiten auszunutzen.

Allein die Mannschaftsunterhaltung betrug pro Monat bis zu 1000 Mark, bei einer Kaderstärke von 15 Spielern. Die Ausrüstung, zu der u.a. Spielerkleidung und Fußbälle gehörten, war ebenfalls mit 1000 Mark im Monat zu beziffern. Somit war ein Verein „gezwungen“ bei durchschnittlichen 50 Pfennig Eintrittspreis pro Zuschauer mindestens 1000 Zuschauer während seiner beiden Heimspiele pro Monat zu haben. Selbst wenn das gelang, wurden dabei nur diese beiden Kostenpunkte gedeckt.[52]

3.3.9 Verfehlung des Amateurfußballs

Aufgrund des Wettbewerbs der „größeren“ Vereine um „gute“ Spieler reichten die durch den DFB geregelten offiziellen Aufwendungen nicht aus, Talente zu ködern. Dabei wurde schon früh von Mitteln Gebrauch gemacht, die dem definierten Amateurideal zuwider liefen. Zunächst wurden noch Geschenke, wie Fahrräder, versprochen, doch die Entwicklung zu immer höherwertigeren Zuwendungen war in vollem Gang. Die Vermittlung von Arbeitsplätzen mit geringem Arbeitsaufwand, das Verschenken kleiner Tabak- oder Zeitungsgeschäfte, Schwarzgeldzahlungen und Darlehensgewährungen wurden üblich.[53] Nachdem der DFB die Kassenbücher des FC Schalke 04 nach dem Verdacht auf Verletzung des Amateurwesens untersuchte, wurden dem Verein im Jahr 1930 zahlreiche Verstöße durch Geldzahlungen und Vergaben von Geschenken und Darlehen nachgewiesen. Von den 16 Spielern wurden 14 als Berufspieler angesehen und daraufhin vom Verband ausgeschlossen. Der Ausschluss betraf auch acht Vorstandmitglieder. Nach Prüfungsabschluss wurden 1.000 Reichsmark Strafe für den Verein verhängt. Der DFB wollte ein Exempel statuieren, obwohl beinahe alle größeren Vereine diese Praxis anwendeten. Das Amateurwesen war die Begründung des DFB, um gegenüber dem Gesetzgeber die Steuerbefreiung zu wahren.[54]

3.3.10 Medienwachstum und Sponsoring

Auch das Medieninteresse für den Fußball stieg weiterhin beständig. Der „Kicker“ wurde 1920 gegründet. 1933 gab es schon 400 Sportzeitschriften.[55]

Der DFB untersagte 1926 das Sponsoring einzelner Spieler, nachdem zuvor einzelne Spieler als Werbeträger für die Kaffee- oder Zigarettenindustrie tätig waren.[56]

3.4 Fußball in Deutschland von 1933 bis 1963

3.4.1 Fußball während der Diktaturzeit

Der Fußball erfuhr unter dem Regime der Nationalsozialisten den bedeutendsten Einschnitt darin, dass jüdische Mäzene und Kreditgeber aus dem Fußballsport ausgegrenzt und der Spielbetrieb stark eingeschränkt wurde. Einberufungen, Verletzungen und Todesfälle behinderten einen geregelten Wettkampfsablauf. Die Finalspiele um die Deutsche Meisterschaft wurden zwar zu Beginn der Kriegsjahre noch außerordentlich gut besucht, doch im Verlauf der Kriegsjahre sank der Zuschaueranteil in steigendem Maße.[57]

3.4.2 Fußball nach dem Zweiten Weltkrieg

Nach Kriegsende konnte der Fußballbetrieb wieder uneingeschränkt aufgenommen werden. Ein Professionalisierungsschritt war 1948 die Einführung eines Vertragsspielerstatuts. In Absprache mit den Finanzbehörden wurde ein Höchstsatz an Vergütung von 320 Mark festgelegt, wobei dieser einem Facharbeiterlohn entsprach. Auch die Gestaltung von Ablösesummen im Falle eines Vereinswechsels wurde geregelt. Erstmalig sprach man von einem Vertragsspieler. Die Abgrenzung zum Berufsspieler bestand weiterhin, da der Spieler kein Arbeitnehmer des Vereins sein durfte, sondern weiterhin einen anderen Beruf ausüben musste. Überdies wurden die Bezahlungen als „Entschädigungen“ firmiert.[58]

Die UEFA wurde 1954 als europäischer Fußballverband gegründet.[59]

3.4.3 Profilierungsmöglichkeiten

Als im Endspiel 1954 die westdeutsche Mannschaft um den Weltmeisterschaftstitel spielte, befand sich kein deutscher Spitzenpolitiker im Stadion: Weder der damalige Bundeskanzler Konrad Adenauer noch der Bundespräsident Theodor Heuss noch der für den Sport zuständige Innenminister Gerhard Schröder. Die Popularität des Sports wurde noch nicht als Bühne für das eigene Image benutzt. Dem Fußball galt ausschließlich das private, aber nicht das öffentliche Interesse.[60]

3.4.4 Grundlegende Entwicklungsfaktoren

1958 wurde der erste Vertrag zur Fernsehübertragung unterzeichnet und in den folgenden Jahren hob man den Satz für Bezüge der Vertragsspieler bis auf 500 Deutsche Mark an. 1963 wurde eine Profiliga, die Bundesliga, gegründet. Die Bundesliga sollte aus 16 Mannschaften bestehen. 46 Vereine beworben sich für die Liga. Unter sportlichen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten wurden 16 Vereine ausgewählt.[61]

3.5 Fußball in Deutschland von 1963 bis 2010

3.5.1 Grundlagen für den Profisport

Die Gründung der Bundesliga bedeutete die Anerkennung von Berufsfußballspielern und Profisport. Die Spieler wurden durch die Einführung eines Lizenzspielerstatuts als Arbeitnehmer des Vereins rechtlich akzeptiert. Dennoch unterlagen die Gehälter großen Restriktionen. Hertha BSC Berlin zahlte seinen Spielern mehr als in den vorgeschriebenen Gehaltsgrenzen vorgesehen, woraufhin der Verein nach einem Urteilsspruch des DFB- Sportgerichts 1965 aus der Bundesliga in die Regionalliga zwangsversetzt wurde. Doch auch andere Vereine zahlten mehr als erlaubt. Aufgrund der Gehaltsbeschränkungen entstand ein „riesiger“ Schwarzmarkt für Spielerzuwendungen.[62]

3.5.2 Kostenprobleme und Reformen

Die Kosten und die Einnahmen für die Vereine stiegen seit der Einführung der Bundesliga kontinuierlich an. Der erhöhten Anzahl von Spielen im gesamten Bundesgebiet und dem starken Anstieg der Teamgehälter standen höhere Eintrittspreise, vereinzelte Werbeeinnahmen und unregelmäßige TV-Einnahmen gegenüber. In der Saison 1967/1968 war die Hälfte der Bundesligavereine verschuldet.

In der Saison 1969/1970 betrug der Gesamterlös für die Übertragungsrechte 2,6 Millionen DM. Dabei wurden die Erlöse seit 1965/1966 kollektiv an alle Vereine verteilt.[63]

1970/1971 wurde ein riesiger Bestechungsskandal aufgedeckt. 72 Partien, 50 Spieler, zwei Trainer und sechs Vereinsfunktionäre waren beteiligt, wobei über 1 Million Deutsche Mark Bestechungsgeld floss.

Der DFB zog daraus die Konsequenzen, dass die Freigabe der Spielergehaltsbeschränkungen erfolgte und 1974/1975 die Zweite Bundesliga gegründet wurde. Der sportliche Abstieg aus der Bundesliga, konnte den wirtschaftlichen Ruin bedeuten. Die Zweite Bundesliga sollte die Ausfälle begrenzen.[64]

3.5.3 Neue Sponsoringform

1973 wurde das Trikotsponsoring vom DFB erlaubt. Eintracht Braunschweig konfrontierte den DFB, bevor dieser sich überhaupt mit dem Thema befasste, mit vollendeten Tatsachen. Am 24.03.1973 liefen die Spieler mit dem Firmenemblem, dem Hirschkopf, der Spirituosenfirma Jägermeister, auf ihrem Trikot auf. Der DFB stritt ein halbes Jahr mit dem Verein aufgrund dieser Aktion, bis er letztendlich im Oktober des Jahres die grundsätzliche Erlaubnis für diese Werbeform gewährte. Doch erst 1982 erteilte der DFB die Erlaubnis auch für den Frauen- und Jugendbereich.[65]

3.5.4 Liberalisierung des Rundfunks

Die Liberalisierung des Rundfunksystems ab Januar 1984 ermöglichte erstmalig die Übertragung von Fußball bei privaten Sendeanstalten. RTL und SAT 1 integrierten 1984 und 1985 Fußballsendungen in ihr Programm. Die neuen Ausschreibungen zur Übertragung generierten erhöhte Einnahmen. Auch die jährlichen Steigerungsraten seit der Liberalisierung erreichten neue Dimensionen.[66]

In den 90'er Jahren entstand die „Königsklasse“ des Fußballs. Die Gründung der Champions League zur Saison 1992/1993 stellte die wirtschaftlich und sportlich höchste Spielklasse in Europa dar.[67]

1991 wurde in Deutschland das Pay-TV durch das Unternehmen Premiere geschaffen. Die neue Vermarktungsmöglichkeit verkaufte zeitlich befristete Abonnements für den Konsum von Fußballübertragungen.[68]

[...]


[1] Vgl. Wenzel (WWW) / Magath mistet Schalke aus

[2] Vgl. Zeltinger (2004), S. 20.

[3] Siehe Abschnitt 4.5.5

[4] Vgl. Bundesliga.de / o.A. (WWW) / Bundesliga Report 2009

[5] Vgl. Kohl (2001), S. 8ff.

[6] Siehe Abschnitt 2.1.1

[7] Vgl. Franck (1995), S. VII.

[8] Vgl. Sigloch / Klimmer (2001), S.3.

[9] Vgl. Wöhe (2002), S. 5ff.

[10] Vgl. Wöhe (2002), S. 11.

[11] Ebenda (2002), S. 46.

[12] Siehe Abschnitt 4.5.1

[13] Vgl. Europa.eu / o.A. (WWW) / Definition kleiner und mittlerer Unternehmen

[14] Vgl. Gesetze-im-internet.de / o.A. (WWW) / Artikel 9

[15] Vgl. Hammann et. al. (2004), S. 165.

[16] Vgl. Sigloch / Klimmer (2001), S. 4ff.

[17] Vgl. ebenda (2001), S. 9.

[18] Vgl. Lsb-Brandenburg.de / o.A. (WWW) / Merkblatt zur Gründung

[19] Vgl. Sigloch / Klimmer (2001), S.11.

[20] Vgl. Hammann et. al. (2004), S. 165ff.

[21] Vgl. Sigloch / Klimmer (2001), S. 62.

[22] Vgl. DFB.de / o.A. (WWW) / Spielordnung

[23] Vgl. Vereinsnamen.de / o.A. (WWW)

[24] Vgl. Uefa.com / o.A. (WWW) / UEFA-Klublizenzierungsreglement

[25] Vgl. FIFA.com / o.A. (WWW) / Geschichte der FIFA

[26] Vgl. Brüggemmeier (2006), S. 5.

[27] Vgl. Uefa.com / o.A. (WWW) / Übersicht

[28] Vgl. DFB.de / o.A. (WWW) / Die DFB-Geschichte

[29] Vgl. DFB.de / o.A. (WWW) / Satzung

[30] Vgl. DFB.de / o.A. (WWW) / Mitglieder 2009: Mitglieder-Boom im DFB hält an

[31] Vgl. Bundesliga.de / o.A. (WWW) / Satzung

[32] Vgl. Berens /Schewe (2003), S. 76.

[33] Vgl. DFB.de / o.A. (WWW) / Die Gründerjahre

[34] Vgl. Fanizadeh et. al. (2002), S. 39.

[35] Vgl. Schulze-Marmeling (2005), S. 16.

[36] Vgl. Mrazek (2005), S. 12ff.

[37] Vgl. Schilhaneck (2006), S. 3ff.

[38] Vgl. Binz (1988), S. 21ff

[39] Vgl. Schilhaneck (2006), S. 3ff

[40] Vgl. Schilhaneck (2006), S. 3ff.

[41] Vgl. ebenda (2006), S. 6ff

[42] Vgl. Fanizadeh et. al. (2002), S.43.

[43] Vgl. Schilhaneck (2006), S. 10.

[44] Vgl. ebenda (2006), S .12.

[45] Vgl. Brüggemmeier (2006), S. 11.

[46] Vgl. Schilhaneck (2006), S. 11.

[47] Vgl. Senn et al. (2004), S. 30.

[48] Vgl. Brüggemmeier (2006), S. 12.

[49] Vgl. Brüggemmeier (2006), S. 5.

[50] Vgl. Schilhaneck (2006), S. 13ff.

[51] Vgl. ebenda (2006), S. 16.

[52] Vgl. Schilhaneck (2006), S. 19.

[53] Vgl. ebenda (2006), S. 21.

[54] Vgl. ebenda (2006), S. 22ff.

[55] Vgl. ebenda (2006), S. 16.

[56] Vgl. ebenda (2006), S. 20.

[57] Vgl. Schilhaneck (2006), S. 28ff.

[58] Vgl. ebenda (2006), S. 34ff

[59] Vgl. UEFA.com / o.A. (WWW) / Gründung der UEFA

[60] Vgl. Brüggemmeier (2006), S. 4.

[61] Vgl. Schilhaneck (2006), S. 41ff.

[62] Vgl. ebenda (2006), S. 47ff

[63] Vgl. ebenda (2006), S. 53ff

[64] Vgl. Schilhaneck (2006), S. 59ff.

[65] Vgl. Rohlmann (1998), S. 10.

[66] Vgl. Schilhaneck (2006), S.74ff.

[67] Vgl. ebenda (2006), S. 84.

[68] Vgl. ebenda (2006), S. 87.

Ende der Leseprobe aus 97 Seiten

Details

Titel
Fußballvereine als Wirtschaftsunternehmen
Hochschule
Universität Kassel
Note
2,7
Autor
Jahr
2010
Seiten
97
Katalognummer
V158876
ISBN (eBook)
9783640719303
ISBN (Buch)
9783640719723
Dateigröße
958 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Fußball, Verein, Vereine, Bundesliga, FC Bayern München, Profifußball, Wirtschaftsunternehmen, Fußballgeschäft, Stadion, Stadien, 1.Bundesliga, DFB, DFL, Fußballorganisatoren, FIFA, UEFA, Vermarktung, Marketing, Amateurfußball, Amateur, Profi, Wettkampf, Wettkämpfe, Sport, Begeisterung, Fußballbegeisterung, Sponsoring, Bosman, Bosman-Urteil, Kirch, Kirch-Krise, Profisport, Dienstleistungsunternehmen, HSV, 1.FC Köln, Ronaldo, Zidane, Beckham, Produktionsfaktoren, Meisterschaft, Medien, Erfolg, Organisationsstruktur, Markenbildung, Öffentlichkeitsarbeit, Rummenigge, Hoeneß, Magath, FC Schalke 04, e.V., GmbH, Balanced-Scorecard, Controlling, Gemeinnützigkeit, Grenzkosten, Vermarktungsagenturen, Spielergehälter, Transfer, Spielertransfer, Transfermarkt, Zentralvermarktung, Merchandising, Ticketing
Arbeit zitieren
David Nix (Autor:in), 2010, Fußballvereine als Wirtschaftsunternehmen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/158876

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