Reputation des kaiserzeitlichen Arztes im Spiegel der Epigramme Martials


Facharbeit (Schule), 2008

19 Seiten, Note: 1,6


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis:

1. Einleitung

2. Überblick über die Geschichte der Ärzte in Rom

3. Der Stand der Medizin im Rom der Kaiserzeit
3.1 Krankheiten
3.2 Behandlungsmöglichkeiten, Diagnosen und Vorgehensweisen

4. Kurzzusammenfassung von Martials Leben und Werk

5. Der kaiserzeitliche Arzt im Spiegel der Epigramme Martials
5.1 Über Wesen und Herkunft des Epigramms 9
5.2 Martials Aussagen über Ärzte
5.3 Bilanzierung der Ergebnisse

6. Schlusswort

7. Bibliographie
7.1 Primärliteratur
7.2 Sekundärliteratur
7.2.1 Buchquellen
7.2.2 Internetquellen

1. Einleitung

Betrachtet man die westliche – moderne Gesellschaft, so ist Medizin in der heutigen Zeit eine weitgehend schmerzreduzierte Wissenschaft, in der die Zielrichtung der Forscher mittlerweile großteils in der Optimierung der Medikamente und der Maximierung der Komplikationslosigkeit liegt. Ärzte sind doch meist gut bezahlte, gesellschaftlich hoch angesehene Akademiker mit gesicherter Kompetenz und geprüften Fähigkeiten, die sowohl umfassende Kenntnisse ihres Fachgebietes als auch überdurchschnittliche Intelligenz und staatlich anerkannte Lizenzen zur legalen Ausübung ihres Berufes benötigen. Behandlungen und Operationen sind durch die Entdeckung der Narkose weitgehend schmerzarme Dinge geworden, schmerzintensive Krankheiten haben aufgrund hoch spezifischer Medikamente, die durch Krankenkassen und staatliche Subventionen für praktisch jeden Bürger erhältlich sind, im Allgemeinen ihren Stachel verloren.

Dass all diese Errungenschaften einem höchst bestaunenswerten Fortschritt des letzten Jahrhunderts zu verdanken sind, welches nur einen Bruchteil der Menschheitsgeschichte ausmacht, wird nur äußerst selten bewusst wahrgenommen. Auch im neunzehnten Jahrhundert - noch keine 200 Jahre zurück - waren die Wirkungen von Äther und Morphium, ersten Narkotika, der operativen Medizin noch so wenig geläufig wie der Physik die Quantentheorie. Chirurgie war ein riskantes Handwerk, die Operationen die Hölle[1]. Ärzte waren zwar notwendig, aber nicht beliebt, der Beruf nur für Menschen mir einem starken Herzen zu empfehlen1. Allerdings befinden wir uns dort bereits in der Zeit der Industrialisierung, in der der wissenschaftliche Fortschritt nicht mehr aufzuhalten und die Medizin auf dem Vormarsch war1. Die Zeit aber, die uns beschäftigt, liegt über eintausend Jahre zurück, es ist die Zeit der römischen Kaiser, in der Wissenschaft noch gar kein eindeutig definiertes Wort ist. Medizin und Ärzte gibt es auch hier, doch wie muss man sie sich in den Jahren um Christi Geburt vorstellen? Wie haben Ärzte gearbeitet und vor allem, welchen Ruf konnte ein Arzt in einer Welt ohne Narkose und Aspirin, in der beinahe jede seiner Handlungen für seinen Patienten mit großem Schmerz verbunden ist, überhaupt haben? Nachdem die Heilkunst in der Antike mehr von Mythos als Vernunft umrankt war, stellt sich zudem die Frage, ob in der Kaiserzeit eine ordnungsgemäße Qualifizierung des angehenden Arztes vonnöten war und wenn nicht, welchen Teilen der römischen Gesellschaft dieser Beruf eigentlich gestattet war und welchen Ruf die Heilkunst im Allgemeinen unter der Bevölkerung hatte. Um diese Fragen beantworten zu können, ist es unumgänglich, zuerst einmal die Geschichte der Medizin in der römischen Welt kurz zu beleuchten. Dadurch wird es wesentlich leichter sein, die Situation der Ärzte in den Jahrhunderten der Kaiser zu verstehen, wobei auch hier darauf geachtet werden muss, dass sich in dieser Zeit, die immerhin mit der Machtergreifung Cäsars ein halbes Jahrhundert vor Christi Geburt beginnt und erst im Jahr 476 n. Chr. durch den Skiren Odoaker beendet wird - ein halbes Jahrtausend Geschichte also - vieles verändert, erweitert und verworfen wurde und sich das Bild des Arztes drastisch verändert hat. Da der Blick auf die Zeit Octavians und seines Ziehvaters und auch auf die gesamte Zeit danach, die Soldatenkaiser und den langsamen Zerfall des römischen Reiches ein den Rahmen dieser Facharbeit sprengendes Spektrum verschiedener Ärzteschulen, Heilmethoden und somit auch Resonanzen in der Bevölkerung eröffnet, die zu Cäsars Zeiten noch ganz andere als zu denen des letzten weströmischen Kaisers waren, Romulus Augustulus, wird zur Eingrenzung auch der vielfältigen schriftlichen Hinterlassenschaften der römischen Kaiserzeit ein Zeitraum von etwa vierzig Jahren betrachtet, der Wirkungszeit des römischen Dichters M. Valerius Martialis. Doch da auf alles Übrige später detailliert eingegangen werden wird, sei hiermit den einleitenden Worten Genüge getan.

2. Überblick über die Geschichte der Ärzte in Rom

Seit dem Jahr 275 v. Chr. kontrollierte Rom ganz Italien vom Appenninbogen bis zur Meerenge von Messina, nachdem es den letzten Angriff des Königs Pyrrhos abgewehrt hatte[2]. Ab diesem Zeitpunkt stieg der ursprüngliche Stadtstaat unaufhaltsam zu einer Großmacht auf, bis schließlich im Jahre 146 v. Chr., im dritten punischen Krieg, Karthago endgültig dem Erdboden gleich gemacht wurde und damit der letzte große Feind Roms besiegt war. Rom war nun unumstrittene Weltmacht, und man könnte meinen, dass es auch in kultureller und technischer Sicht sich auf dem Höhepunkt seiner Zeit befand. Sicher, blickt man auf militärische Strategien oder Staatswesen, so war Rom in dieser Zeit unzweifelhaft allen anderen Staaten überlegen. Doch in den Künsten der Geistes- und Naturwissenschaften, in der bildenden Kunst und nicht zuletzt auch in der Medizin kann Rom keinesfalls als die Grundlage der abendländischen Kultur gesehen werden. Diese Dinge waren in Rom reichlich vorhanden, insbesondere in der Kaiserzeit, doch ihren Ursprung hatten sie im antiken Griechenland, das nach dem ersten Punischen Krieg in Roms Machtbereich gelangte und auch besiegt wurde, jedoch nach seiner Annektierung seinerseits mehr Einfluss auf Rom hatte als jede andere Provinz des Reiches, oder wie Horaz es ausdrückte: "Graecia captam victorem cepit"[3].

Literatur wie auch Philosophie hielten mit bedeutenden Griechen wie Homer und Sokrates ab dem Jahre 140 v. Chr. in Rom erstmals Einzug. Und auch die (wissenschaftliche) Medizin kam erst relativ spät nach Rom. Zu einer Zeit, in der in Griechenland der fortschrittlichste Anspruch ärztlichen Handelns im Eid des Hippokrates festgehalten wurde, war in Italien noch die Ansicht verbreitet, dass wer krank wurde, entweder selbst wieder gesundete, indem er sich mit den einfachsten Mitteln behalf, oder aber in die andere Welt einging. Ärzte waren weder bekannt noch benötigt.

Doch wenn es auch keine Ärzte gab, so war doch zumindest eine gewisse medizinische Kunst vorhanden, die jedoch vor allem eine scientia herbarum war, Kräuterheilkunde, zu der ein wenig Zauberei hinzukam. Selbst Cato der Ältere (234 - 149 v. Chr.) schwor noch auf die medicina domestica , gewöhnliche Hausmittel, mit welchen er sich brüstete, ein rüstiges Alter erreicht und die Seinen stets bei guter Gesundheit erhalten zu haben[4]. Der erste griechische Arzt, der nach Italien kam, war der Überlieferung nach der Schlangengott Asklepios, dessen dramatische Ankunft in Rom während des dritten und letzten Samnitenkrieges Ovid in seinen Metamorphosen beschreibt[5]. Ihm wurde ein Tempel auf der Tiberinsel erbaut, in dem angeblich Äskulapius (wie der lateinische Name des Schlangengottes war) jeden, der von seiner Heilung träumte, gesund machte[6].

Zwar war das bereits im Jahr 292 v. Chr., zur Zeit, als Rom bereits auf dem Weg in die Republik war - und sieht man ab von etwas jüngeren Berichten griechischer Ärzte in Rom wie dem von Archagathos - so ist doch eigentlich Asklepiades als derjenige zu nennen, der die griechische Medizin nach Rom brachte. Seine Werke wurden während der gesamten Kaiserzeit bis in die Spätantike des 4. Jh. n. Chr. gelesen und diskutiert[7]. Seit dieser Zeit begann sich in Rom ein dichtes Netz von öffentlichen wie privaten Ärzten zu bilden, die sich auf die griechische Heilkunde beriefen, wie die vielen archäologischen Funde in Pompeji zeigen, die auf das Jahr 79 datiert wurden. Am Ende der Republik schließlich gab es neben den unabdinglichen Armeeärzten auch Ärzte in den verschiedensten Schichten der römischen Gesellschaft.

3. Der Stand der Medizin im Rom der Kaiserzeit

Die politischen Geschehen in Rom und der Mittelmeerwelt darum herum hatten im Allgemeinen wenig Einfluss auf die Entwicklung der Medizin während der Kaiserzeit. Noch vierhundert Jahre nach dem Ende der Diktatur war die öffentliche Gesundheit in Rom, für welche die Medizin Schutz und Gefahr zugleich bedeutete, rein privat geregelt. "Ein jeder kurierte sich oder ließ sich nach eigenem Belieben kurieren; erst wenn irgendein schweres Unglück geschehen war, griff die strafende Justiz ein."[8] Erst in dieser Zeit "erhielt jede der vierzehn regiones , in die Rom durch Augustus eingeteilt war, einen Amtsarzt […]"[9]. Mit diesem Vorwissen können wir nun die verschiedenen Aspekte der medizinischen Situation während der Kaiserzeit betrachten.

3.1 Krankheiten

Es lohnt sich, kurz ins Gedächtnis zu rufen, mit welchen Krankheiten sich die Antike zu beschäftigen hatte, nachdem viele der damaligen Leiden heutzutage ausgerottet sind (wie Kinderlähmung, Skorbut oder Pocken) und an deren Stelle in der westlichen Gesellschaft ganz andere wie Aids, chronisches Übergewicht und vermehrt e Süchte getreten sind.

Die unvermeidlichen Verletzungen und Krankheiten, die das Kriegswesen mit sich bringt, das in Rom ja eifrigst betrieben wurde, und die immer gleich bleibenden Alltags- und Kinderkrankheiten wie Grippe, Röteln, Masern, Pocken, Wassersucht, Fallsucht, Gelbsucht, Schwindsucht, Asthma, Rippenfellentzündungen, Hühneraugen, Zahnschmerzen und ähnlichen, noch bis vor gar nicht all zu langer Zeit gefährliche Krankheiten, waren in Rom wie zu jeder anderen Zeit auch (bis auf die Gegenwart) jene Hauptprobleme, mit denen sich Roms Ärzte immer wieder auseinandersetzen mussten. Jedoch gab es schon bald – wie immer, wenn die Facetten-Vielfalt eines Berufes dem Einzelnen zuviel werden – eine Spezialisierung der Ärzteschaft, die jedoch häufig „weit über die Grenzen des Notwendigen und Vernünftigen“[10] hinausgingen, sodass es spezielle Ärzte für Ohren-, Augen-, Zahn-, Hals- und Frauenkrankheiten und auch verschiedene Abteilungen innerhalb der Chirurgie gab, für Amputationen, Verwundungen, Brüche und Massagen.

[...]


[1] s. GEO (10). Oktober 2006. S. 125 f.

[2] s. Res Romanae (Begleitbuch für die lateinische Lektüre). Hrsg. v. Krefeld H. u.a. Berlin 19971. S. 8.

[3] s. a. a. O. S.80.

[4] s. Das Leben im alten Rom. Hrsg. v. Ugo Enrico Paoli. Bern 19612. S. 239.

[5] s. Medizin in der Antike. Hrsg. v. Ernst Künzl. Stuttgart 2002. S. 24.

[6] vgl. http://www.roemische-imperium.de/page/html_alltag_13.html

[7] s. Medizin in der Antike. S. 26.

[8] s. Das Leben im alten Rom. S. 237.

[9] s. a. a. O. S. 238.

[10] s. a. a. O. S. 246.

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Details

Titel
Reputation des kaiserzeitlichen Arztes im Spiegel der Epigramme Martials
Note
1,6
Autor
Jahr
2008
Seiten
19
Katalognummer
V158203
ISBN (eBook)
9783640717064
ISBN (Buch)
9783640815067
Dateigröße
483 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Martial, Epigramme, Arzt, Kaiserzeit, Medizin, Lyrik, Rom, Antike
Arbeit zitieren
Christian Ebert (Autor:in), 2008, Reputation des kaiserzeitlichen Arztes im Spiegel der Epigramme Martials, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/158203

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