Konturen einer Theologie der Familie


Hausarbeit (Hauptseminar), 1999

22 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 »Familie« in der katholischen Lehre
2.1 »Familie« in den Texten des Zweiten Vatikanischen Konzils
2.2 »Familie« in der Folge des Zweiten Vatikanischen Konzils

3 Das Verhältnis Ehe - Familie
3.1 Geschichtliche Veränderungen innerhalb von Ehe und Familie
3.1.1 Die Bedeutung der Liebe in Ehe und Familie
3.1.2 Neue Funktionen von Ehe und Familie
3.1.3 Grundlegende Werte der christlichen Familie

4 Das Verhältnis Kirche - Familie
4.1 Familie als Kirche im Kleinen
4.2 Der Ort der Familie in der Gemeinde
4.3 Die Abhängigkeit der Kirche von der Familie
4.4 Familienspiritualität

5 Mögliche Konturen für eine Theologie der Familie

6 Abschließende Bemerkungen

Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Innerhalb des Seminars “Ehe, Familie und neue Lebensformen” beschäftigt sich diese Arbeit und das ihr zugrundeliegende Referat mit den “Konturen einer Theologie der Familie”.

Die Familie hat trotz aller politischen und wirtschaftlichen, wie auch kulturellen Veränderungen und Entwicklungen in der Einschätzung der Menschen “nichts von ihrem hohen gesellschaftlichen und individuellen Stellenwert verloren.”[1] In der nun mehr theologischen Auseinandersetzung wird zunächst auf kirchliche Texte, in denen die Familie und ihr Sinn und Zweck behandelt werden, eingegangen. Die darin erkennbaren Entwicklungen in der Argumentationsweise und die damit verbundenen Konsequenzen werden kurz aufgezeigt. Im Anschluß wird das Verhältnis von Ehe und Familie in Blick genommen. Das Zweite Vatikanische Konzil sagt dazu:

“Aus diesem Ehebund nämlich geht die Familie hervor, in der die neuen Bürger der menschlichen Gesellschaft geboren werden, die durch die Gnade des Heiligen Geistes in der Taufe zu Söhnen Gottes gemacht werden, um dem Volk Gottes im Fluß der Zeiten Dauer zu verleihen. In solch einer Art Hauskirche sollen die Eltern durch Wort und Beispiel für ihre Kinder die ersten Glaubensboten sein und die einem jeden eigene Berufung fördern, die geistliche aber mit besonderer Sorgfalt.”[2]

Das Verhältnis zwischen Kirche[3] und Familie wird unter dem vierten Punkt behandelt. Es wird durch Probleme in der Rollenzuteilung und die kirchliche Abhängigkeit von der Familie als Ort der Primärsozialisation geprägt. Im letzten Teil soll versucht werden, Konturen einer Theologie der Familie zu zeichnen - oder besser gesagt - die ekklesiale Bedeutung der Familie zusammenzufassen. Deren Bedeutung drückt Johannes Paul II. wie folgt aus:

“Die christliche Familie ist eine spezifische Darstellung und Verwirklichung der kirchlichen Gemeinschaft. Sie kann und muß deshalb auch “Hauskirche” genannt werden.”[4]

2 »Familie« in der katholischen Lehre

Die Familie wurde in den kirchlichen Schreiben seit dem Ende des letzten Jahrhunderts häufig thematisiert. Doch bezogen sich die Enzykliken entweder auf gesellschaftliche[5] und soziale[6] Problemfelder - wie Rerum novarum (1891) und in neuerer Zeit Centesimus annus (1991) -,[7] oder auf moralische Einzelfragen. So wurde

“im Zusammenhang mit der Enzyklika Humanae vitae (1968) und in ihrem Gefolge das Thema Familie mehr oder weniger auf die Frage der sog. Familienplanung enggeführt.”[8]

Ähnliches gilt für die bischöflichen Hirtenworte, in denen es für die Familien “allenfalls moralische Mahnungen”[9] gab, ihre ekklesiologische Dimension aber in keiner Weise berührt war. Die Institution der Familie war aus der Perspektive der Kirche ein solch selbstverständlicher gesellschaftlicher, wie auch kirchlicher Funktionsträger, daß sie in ihrer Rolle scheinbar “nicht eigens theologisch begründet oder vertieft werden mußte.”[10]

2.1 »Familie« in den Texten des Zweiten Vatikanischen Konzils

Die Wahrnehmung der Familie ändert sich mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil, das sie neu und explizit in den Blick nimmt, was sich auch in seinen Texten niederschlägt. Dort erscheint die Familie in einem ganz anderen Licht. Die Konzilsväter wenden sich von den alten Zugängen zu ihr ab und anerkennen ihren gesamtgesellschaftlichen und kirchlichen Wert.

“Das Wohl der Person sowie der menschlichen und christlichen Gesellschaft ist zuinnerst mit einem Wohlergehen der Ehe- und Familiengemeinschaft verbunden.”[11]

Sie beschäftigen sich u.a. in zwei Konstitutionen, einer Erklärungen und einem Dekret näher mit der Rolle und der Funktion, der Aufgabe und dem Wesen der Familie.[12] In diesen Texten wird deutlich, daß die Begriffe der Ehe und Familie eng miteinander verbunden sind, daß sie aber nicht auf konkrete Erscheinungsformen festgelegt, sondern diese Lebensformen überhaupt als “Grundbedingung humanen Menschseins”[13] verstanden werden.

Im Verhältnis zwischen den Institutionen Ehe und Familie setzt das II. Vatikanum neue Akzente und tritt mit der Bezeichnung der Familie als “einer Art Hauskirche”[14] einer Überbetonung der Ehe als Vertrag, wie sie seit dem Trienter Konzil verbreitet war, entgegen. Damit schärft es das Bewußtsein, “daß das christliche Ehepaar und seine Kinder an einer dauerhaften sakramentalen Realität teilhaben.”[15] Das Konzil löst sich zudem von der “Fixierung auf den institutionellen Charakter der Familie”[16] und vollzieht

“eine Aufwertung der ekklesiologischen Bedeutung der Familie, wenn sie zum »häuslichen Heiligtum der Kirche« (Apostolicam actuositem 11), zu »einer Art Hauskirche« (Lumen gentium 11) erklärt wird.”[17]

Die Familie gehört so

“als wesentliches Element zur kirchlichen Verfassung, weil sie der einzige Ort ist, in dem sich die Kirche als spezifisches Ergebnis der ehelichen Liebe Christi zur ganzen Menschheit mit der dem Sakrament eigenen Wirksamkeit verwirklicht.”[18]

In diesem ekklesiologischen Sinn von Familie kann das Konzil auch in Bezug auf die ganze Kirche von der »Familie Gottes«[19] reden.

Exkurs: Deduktive oder induktive Argumentation?

Die Entwicklungen in den Perspektiven und Aussagen des Konzils zur Familie im Vergleich zu vorherigen Verlautbarungen basieren auf einer Veränderung der Argumentationslinie. Mit der Abkehr von einer bloß deduktiven Herleitung, mit der die kirchliche Sittenlehre “in hohem Maße dem Bestreben, Wesensaussagen zu machen und von diesen sittlich bedeutsame Schlußfolgerungen abzuleiten”[20], folgte, wird nun der Weg zu einer Auseinandersetzung geöffnet, in der sich die tatsächlich gelebte Ehe- und Familienrealität erst wiederfinden kann. Denn das bisherige deduktive Denken hatte

“dazu geführt, daß bei der Wahrnehmung familiärer Lebenswirklichkeit immer stärker abstrakte, idealisierte und synthetische Leitbilder in den Mittelpunkt rückten, während gleichzeitig die Wirklichkeit gelebter, leidvoll erlittener und auch gescheiterter Familien- und Ehewirklichkeit aus dem Blick geriet.”[21]

Das Zweite Vatikanische Konzil und die in seiner Folge entstandenen päpstlichen und synodalen Dokumente “brechen mit der rein deduktiven und objektiv-institutionellen Betrachtung der Familie und beschreiben ihre personale Struktur.”[22]

Sie bestätigen zwar “die theologische Rede, daß Gott Ehe und Familie gestiftet hat,”[23] wenden sich aber gegen deren eindimensionale Interpretation, die den menschlichen Ursprung und die Geschichte beider Institutionen leicht aus den Augen verliert. Damit machen sie sich auch die Erkenntnis zu eigen,

“daß es eine beschreibbare Geschichte der Familie gibt und daß es in den verschiedenen Kulturen zur Entwicklung teilweise voneinander verschiedener und sogar gegensätzlicher Formen der Familie”[24]

gekommen ist. Die Anerkennung dieser kulturellen Verschiedenheit und des geschichtlichen Wandels in den jeweiligen Ausprägungen hat Konsequenzen für die wissenschaftliche Beschäftigung der Kirche und den pastoralen Umgang mit der Familie. Nun kann es in einer theologischen Wesensbeschreibung der Ehe und Familie nicht mehr darum gehen,

“quasi von einer höheren Warte her objektive, von Gott ein für allemal festgesetzte Definitionen und Zwecke der Institutionen Ehe und Familie anzuführen, denen dann nur subjektiv entsprochen werden müßte.”[25]

Nichtsdestotrotz bedarf das sittliche Handeln “notwendig auch einer theologisch-anthropolo-gischen Gesamtdeutung des Menschen, seines Lebens in Gemeinschaft und in seiner Welt.”[26] Doch gilt es, das richtige Gleichgewicht zwischen Ideal und Realität zu finden. Dem Konzil ist dies bewußt, und sein Bemühen darum wird sowohl inhaltlich, als auch in der Art und Weise des Ausdrucks - wie z.B. in den Artikeln 8 und 52 der Pastoralkonstitution Gaudium et spes - deutlich.

2.2 »Familie« in der Folge des Zweiten Vatikanischen Konzils

Die positiven Fortschritte in der Interpretation und Bedeutung der Familie auf dem II. Vatikanum sind in seiner Folge leider nicht verinnerlicht oder weiterentwickelt worden. Der angeratenen Öffnung der Theologie auf andere Wissenschaften hin - wie es das Konzil empfiehlt[27] -, um sich deren Erkenntnisse zu Nutze zu machen, wird größtenteils nicht entsprochen.

“Statt dessen herrscht in sehr vielen Lehrtexten, trotz der Bemühung um die Deutung der »Zeichen der Zeit«, der Versuch vor, sich auf eine überzeitliche Wesenswahrheit (z.B. das sog. sittliche Naturrecht) zu berufen; und ebenso erscheint die Berufung auf den göttlichen Schöpferwillen und auf Gottes Heilsplan bei kritischer Betrachtung nicht selten als Versuch, eine Begründung der Moral jenseits geschichtlicher Bedingtheit zu gewinnen.”[28]

[...]


[1] Gruber, H.-G., Familie und christliche Ethik, 9.

[2] LG 11.

[3] Im Folgenden ist unter dem Begriff »Kirche« insbesondere die römisch-katholische Kirche gemeint.

[4] FC 21.

[5] Vgl. Divini illius magistri (1929) DH 3685-3690.

[6] Vgl. Quadragesimo anno (1931) DH 3735.

[7] Vgl. Süßmuth, R., Familie - Menschwerdung - Gesellschaft, 114.

[8] Mette, N., Die Familie in der kirchenamtlichen Verkündigung, 342; vgl. DH 4470-4479.

[9] Eid, V., Elemente einer theologisch-ethischen Lehre über die Familie, 179.

[10] Mette, N., Die Familie als Kirche im Kleinen, 265.

[11] GS 47; vgl. GE 3.

[12] Vgl. LG 6; 11; 32; 35; GS 52; GE 3; AA 11.

[13] Riedel-Spangenberger, I., Familie als »Schule reich entfalteter Humanität«, 131.

[14] LG 11.

[15] Fahey, M. A., Die christliche Familie als Hauskirche im Zweiten Vatikanischen Konzil, 350.

[16] Mette, N., Die Familie in der kirchenamtlichen Verkündigung, 342.

[17] Ebd.

[18] Correco, E. Das Sakrament der Ehe, Eckstein der Kirchenverfassung, AfkKR 148, 1979, S.374 - zitiert nach Riedel-Spangenberger, I., a.a.O., 137.

[19] Vgl. LG 28; 32; GS 42.

[20] Eid, V., a.a.O. 182.

[21] Schmälzle, U., Kirche und Familie, 13f.

[22] A.a.O. 12.

[23] Eid, V., a.a.O. 185.

[24] A.a.O. 185f.

[25] Riedel-Spangenberger, I., a.a.O. 131.

[26] Eid, V., a.a.O. 182.

[27] GS 52.

[28] Eid, V., a.a.O. 183.

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Konturen einer Theologie der Familie
Hochschule
Philosophisch-Theologische Hochschule Sankt Georgen in Frankfurt am Main  (Moraltheologie)
Veranstaltung
Ehe, Familie und neue Lebensformen
Note
1,3
Autor
Jahr
1999
Seiten
22
Katalognummer
V15775
ISBN (eBook)
9783638207966
ISBN (Buch)
9783638644266
Dateigröße
523 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Konturen, Theologie, Familie, Lebensformen
Arbeit zitieren
Cornelius Keppeler (Autor:in), 1999, Konturen einer Theologie der Familie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/15775

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